Beschluss vom 28.02.2022 -
BVerwG 9 A 12.21ECLI:DE:BVerwG:2022:280222B9A12.21.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 28.02.2022 - 9 A 12.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:280222B9A12.21.0]
Beschluss
BVerwG 9 A 12.21
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 28. Februar 2022 durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger beschlossen:
- Das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht F vom 7. September 2021 wird verworfen.
- Das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E vom 2. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 1. Der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts wies mit Urteil vom 2. Juli 2020 (9 A 8.19 ) durch den damaligen Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G, die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht A und D sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C die Klage der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. Mai 2012 in Gestalt der Planänderungsbeschlüsse vom 9. Oktober 2013, 20. Januar 2017 und 17. Januar 2019 als unzulässig ab.
2 Einen Antrag auf Berichtigung der Sitzungsniederschrift vom 23. Juni 2020 lehnte der Senat durch Beschluss vom 8. Juli 2020 ab. Mit weiterem Beschluss vom 10. Mai 2021 lehnte der Senat durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands des Urteils vom 2. Juli 2020 ab. Die gegen das vorgenannte Urteil erhobene Anhörungsrüge wies der Senat mit Beschluss vom 17. Mai 2021 (9 A 7.20 ) durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E zurück, nachdem zuvor ein Ablehnungsgesuch gegen die an dem vorgenannten Urteil beteiligten Richterinnen und Richter keinen Erfolg hatte (BVerwG, Beschluss vom 14. April 2021 - 9 A 8.19 , 9 A 7.20 ).
3 2. Mit ihrer am 2. Juli 2021 erhobenen Klage begehren die Kläger, gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 (9 A 8.19 ), hilfsweise dessen Beschluss vom 17. Mai 2021 (9 A 7.20 ), aufzuheben und das zugrunde liegende Klage- bzw. Anhörungsrügeverfahren wiederaufzunehmen.
4 Mit der Klage lehnen sie die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D aufgrund deren Vorbefassung mit der Sache in dem Urteil vom 2. Juli 2020 sowie die Vorsitzende Richterin A und die Richterinnen D und E aufgrund ihrer Mitwirkung an dem angefochtenen Beschluss vom 17. Mai 2021 wegen der Besorgnis einer Befangenheit ab. Letzterem entnehmen sie zudem ebenso eine Vorfestlegung hinsichtlich der Nichtigkeitsklage betreffend das Urteil vom 2. Juli 2020 wie dem Schreiben A vom 21. Juni 2021, worin sie ausführte, dass sich die gerügte fehlende Mitwirkung des Richters F in den Verfahren der Kläger aus der senatsinternen Geschäftsverteilung ergebe, und die Frage der Kläger nach einer Verhinderung des Richters als nicht nachvollziehbar bezeichnete. Darüber hinaus lehnen sie die Vorsitzende Richterin A sowie die Richterinnen D und E mit der Begründung ab, Mitarbeiter der Vorhabenträgerin hätten schon vor der Zustellung der Beschlüsse vom 10. und 17. Mai 2021 Kenntnis von deren Inhalt gehabt, woraus zu schließen sei, dass eine der an den Entscheidungen mitwirkenden Richterinnen die Betroffenen vorab informiert habe, ohne die Kläger zu unterrichten.
5 Mit Schriftsatz vom 7. September 2021 haben die Kläger als weiteren Ablehnungsgrund bzgl. der Vorsitzenden Richterin A, der Richter B und C sowie der Richterin D geltend gemacht, das Urteil vom 2. Juli 2020 beruhe auf Willkür. In ihrer dienstlichen Stellungnahme zu dem Ablehnungsgesuch habe die Vorsitzende Richterin A erneut ihre Vorfestlegung bzgl. der Ordnungsgemäßheit der Spruchkörperbesetzung bekundet, die Gegenstand der Nichtigkeitsklage sei, und damit zugleich gegen die Wartepflicht nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO verstoßen. Die dienstlichen Äußerungen der Vorsitzenden Richterin A sowie der Richterinnen D und E seien zudem unvollständig, weil sie lediglich Gespräche bzw. Telefonate mit Vertretern der Vorhabenträgerin, nicht aber andere Kontakte verneinten; hierin liege ein weiterer Ablehnungsgrund. Zudem lehnen die Kläger den Richter am Bundesverwaltungsgericht F ebenso wie die Vorsitzende Richterin A, die Richter B und C sowie die Richterinnen D und E wegen deren Mitwirkung an den Beschlüssen zur senatsinternen Geschäftsverteilung für die Geschäftsjahre 2020 bzw. 2021 ab; die Nichtigkeitsklage sei auf die Fehlerhaftigkeit der Geschäftsverteilung des 9. Senats gestützt, weshalb die abgelehnten Richterinnen und Richter - wie auch das Schreiben der Vorsitzenden Richterin A vom 21. Juni 2021 zeige - nicht unvoreingenommen hierüber entscheiden könnten. Dass der Richter F dies nicht selbst angezeigt habe, begründe zusätzlich die Besorgnis der Befangenheit. Auch sei er gehindert, an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch mitzuwirken, da er andernfalls über einen Ablehnungsgrund entscheiden müsse, der auch gegen ihn selbst geltend gemacht werde. Schließlich ergebe sich ein weiterer Ablehnungsgrund gegen Richter F daraus, dass das Auskunftsbegehren der Kläger vom 16. Juni 2021 noch nicht erledigt worden sei.
II
6 Die Ablehnungsgesuche, über die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters am Bundesverwaltungsgericht F (1.) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (2.) entschieden werden kann, haben keinen Erfolg (3.).
7 1. Über die Ablehnungsgesuche entscheidet der Senat gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO in seiner im Präsidiumsbeschluss nach § 21e Abs. 1 GVG vom 13. Dezember 2021 (3101 E-23-2021/16) in Abschnitt B. I. und Abschnitt C. III. vorgesehenen Zusammensetzung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters am Bundesverwaltungsgericht F. Das grundsätzliche Verbot der Selbstentscheidung (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO) steht dem nicht entgegen. Denn die Ablehnung des Richters ist unzulässig.
8 a) Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise unter Mitwirkung abgelehnter Richter verworfen werden, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt oder sonst offensichtlich unzulässig ist. Davon ist auszugehen, wenn keine geeigneten Befangenheitsgründe vorgetragen werden, vielmehr das Vorbringen von vornherein, d.h. ohne Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens, ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 15 ff. und Beschluss vom 20. Juli 2021 - 2 BvE 41/20 u.a. - juris Rn. 35; BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5, vom 16. April 2020 - 5 B 15.20 D - juris Rn. 3 und vom 3. August 2021 - 9 B 48.20 - juris Rn. 26).
9 Eine völlige Ungeeignetheit liegt regelmäßig bei Gesuchen vor, die Handlungen des Richters beanstanden, welche nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind oder sich ohne Weiteres aus der Stellung des Richters ergeben (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 24. Februar 2006 - 2 BvR 836/04 - BVerfGK 7, 325 Rn. 49 und vom 11. März 2013 - 1 BvR 2853/11 - juris Rn. 30). Hierzu zählt die Mitwirkung an der senatsinternen Geschäftsverteilung, die gemäß § 21g GVG allen Berufsrichtern obliegt, die dem Spruchkörper angehören. Dass die Kläger mit ihrer Nichtigkeitsklage Fehler bei der Abfassung der Senatsgeschäftsverteilungspläne für die Jahre 2020 und 2021 geltend machen, rechtfertigt keine abweichende Betrachtung. Die Anwendung und ggf. Auslegung des Geschäftsverteilungsplans liegt der Entscheidung jedes Verfahrens zugrunde (vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330>; BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2014 - 2 StR 104/14 - juris Rn. 6); dies schließt die Möglichkeit der Erkenntnis einer etwaigen Fehlerhaftigkeit ein. Es handelt sich daher auch insoweit um prozessual vorgegebene Handlungen des Richters, die ersichtlich ungeeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.
10 Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Beschluss des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 28. Februar 1994 (5 AR 2/94 - NJW-RR 1994, 763). Dieser betraf einen anders gelagerten Fall. Darin stand der Vorwurf einer nicht lediglich (unbewusst) unvollständigen und deshalb fehlerhaften, sondern einer gänzlich fehlenden festen Geschäftsverteilung innerhalb des Spruchkörpers, d.h. einer Besetzung nach freiem Ermessen des Vorsitzenden, und damit letztlich ein bewusster Verstoß gegen den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG inmitten. Aufgrund dessen erschienen nach Ansicht des Oberlandesgerichts Saarbrücken aus dem Horizont des Klägers betrachtet Motive der Selbstrechtfertigung als naheliegend. Hier steht indes im Rahmen der Nichtigkeitsklage nicht infrage, ob die Organisation des Senatsbetriebs insgesamt infolge einer schlechthin unvertretbaren Mitwirkungsregelung fehlerhaft ist, sondern ob die senatsinterne Geschäftsverteilung hinreichend regelte, dass der Richter am Bundesverwaltungsgericht F neben seiner Berichterstattung in den Klageverfahren gegen die Feste Fehmarnbeltquerung an keinen straßenrechtlichen Verfahren des Senats mitwirkte. Für den Fall, dass ein Mitwirkungsplan unzweifelhaft vorgelegen hätte, hat das Oberlandesgericht Saarbrücken die Gefahr einer Selbstrechtfertigung dem entsprechend ausgeschlossen (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28. Februar 1994 - 5 AR 2/94 - NJW-RR 1994, 763 <764>). Soweit die Kläger im Schreiben der Vorsitzenden Richterin A vom 21. Juni 2021 einen Beleg für ein Motiv der Selbstrechtfertigung erblicken, lässt dies ungeachtet der Frage der Berechtigung einer dahingehenden Befürchtung keine Rückschlüsse auf eine Befangenheit des Richters F zu.
11 Hieraus folgt zugleich, dass auch der Umstand, dass die Kläger hinsichtlich der weiteren Mitglieder des Senats ebenfalls eine Besorgnis der Befangenheit aus deren Mitwirkung an den Geschäftsverteilungsplänen herleiten, von vornherein in jeglicher Hinsicht ungeeignet ist, eine Mitwirkung des Richters F an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen die übrigen Richterinnen und Richter des Senats mit der Begründung auszuschließen, er müsse andernfalls mittelbar über die Rechtmäßigkeit auch seiner Mitwirkung entscheiden. Entsprechendes gilt für den Vorwurf einer vermeintlich pflichtwidrig unterlassenen Selbstablehnung nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 ZPO.
12 Das Auskunftsersuchen der Kläger vom 16. Juni 2021, ob der Richter F an der Mitwirkung im Verfahren 9 A 8.19 verhindert war, hat die Vorsitzende Richterin A am 21. Juni 2021 dahingehend beantwortet, dass sich aus der Senatsgeschäftsverteilung vom 5. Dezember 2019 die Nichtmitwirkung des Richters ergebe. Zwar rügen die Kläger diese Auskunft als inhaltlich unzutreffend; gleichwohl ist weder ersichtlich, warum das Auskunftsbegehren nicht erledigt worden wäre, noch wieso hieraus - wie mit Schriftsatz der Kläger vom 7. September 2021 (S. 53) geltend gemacht - eine Besorgnis der Befangenheit des Richters F folgen könnte.
13 b) Ist das Vorbringen somit von vornherein ersichtlich ungeeignet, die Besorgnis der Befangenheit des Richters F zu rechtfertigen, so konnte des Weiteren über das Ablehnungsgesuch ohne vorherige Einholung einer dienstlichen Äußerung nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO entschieden werden. Diese dient allein der Tatsachenfeststellung (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10 - NJW-RR 2012, 61 Rn. 11). Bei eindeutig unzulässigen Ablehnungsgesuchen sowie dann, wenn sich - wie hier - die geltend gemachten Ablehnungsgründe sämtlich auf aktenkundige Vorgänge beziehen, kann eine dienstliche Erklärung zur Sachaufklärung nichts beitragen und ist daher entbehrlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 15; BVerfG, Beschluss vom 20. Mai 2019 - 2 BvC 3/18 - juris Rn. 2; BGH, Beschlüsse vom 2. November 2016 - AnwZ (Brfg) 61/15 - NJW-RR 2017, 187 Rn. 17 und vom 8. Juli 2019 - XI ZB 13/19 - juris Rn. 4).
14 2. Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch ohne die von den Klägern beantragte mündliche Verhandlung.
15 Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 46 Abs. 1 ZPO ist über Ablehnungsgesuche durch Beschluss und damit grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 101 Abs. 3 VwGO). Umstände, die ihre Durchführung gleichwohl als sinnvoll erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine bessere Klärung und Erledigung der Sache fördern könnte oder zur Wahrung rechtlichen Gehörs geboten wäre (vgl. Fritsche, in: MünchKommZPO, 6. Aufl. 2020, § 128 Rn. 21; Dolderer, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 101 Rn. 50).
16 Die Beteiligten hatten - auch hinsichtlich der eingeholten dienstlichen Äußerungen - Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme, von der sie umfassend Gebrauch gemacht haben. Aus dem Hinweis der Kläger auf die öffentliche Bedeutung des Ablehnungsverfahrens (Göertz, in: Anders/Gehle, ZPO, 80. Aufl. 2022, § 46 Rn. 4) lassen sich keine Schlüsse auf die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung ziehen. In dem Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 21. Mai 1992 - V B 232/91 - (BFHE 168, 22 <24>), auf den die Kläger verweisen, wird lediglich ausgeführt, dass das Finanzgericht über ein Ablehnungsgesuch aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden durfte ; zur Erforderlichkeit einer solchen Verhandlung äußert sich der Bundesfinanzhof nicht. Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung lässt sich auch nicht unmittelbar aus dem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG ableiten (stRspr des BVerfG, vgl. etwa Kammerbeschluss vom 3. Juli 2019 - 1 BvR 2811/18 - NJW 2019, 2919 Rn. 9).
17 Soweit die Kläger zum Beweis für ihren Vortrag, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Kenntnis des Ergebnisses der Senatsbeschlüsse vom 10. und 17. Mai 2021 Vertreter der Vorhabenträgerin durch eine Kommunikation einer der Richterinnen unmittelbar oder mittelbar erreicht habe, und dass im Hinblick auf die Vollständigkeit Zweifel an den dienstlichen Erklärungen bestünden, das Zeugnis der Vorsitzenden Richterin am Bundesverwaltungsgericht A sowie der Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E anbieten, begründet dies schon deshalb keine Notwendigkeit für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, weil damit keine einem Beweis zugänglichen Tatsachen dargelegt werden, sondern es sich um bloße Spekulationen und einen Ausforschungsbeweis ins Blaue hinein handelt.
18 Schließlich ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht deshalb angezeigt, weil die Kläger ihre Ablehnungsgesuche teilweise auf denselben Vortrag wie ihre Nichtigkeitsklage stützen, über welche in Senatsbesetzung aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist. Wie die Kläger selbst an anderer Stelle zutreffend ausführen, hat das Ablehnungsverfahren nicht den Sinn, die Entscheidung der Hauptsache vorwegzunehmen oder vorzuprägen. Dementsprechend wird dort nicht rechtskräftig über die Begründetheit der Nichtigkeitsklage, sondern allein darüber entschieden, ob die Kläger das Vorliegen eines Ablehnungsgrunds substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht haben. Dementsprechend schreibt § 101 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur für das Hauptsacheverfahren grundsätzlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor, während § 101 Abs. 3 VwGO diese für das Ablehnungsverfahren in das Ermessen des Gerichts stellt.
19 3. Das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E hat keinen Erfolg. Soweit die Kläger eine Besorgnis der Befangenheit aus der Mitwirkung an den senatsinternen Geschäftsverteilungsplänen für die Jahre 2020 und 2021 herleiten, gilt das vorstehend Ausgeführte und ist das Ablehnungsgesuch unzulässig. Im Übrigen ist es unbegründet.
20 Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht dagegen, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen nicht aus (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 182/09 - BVerfGK 15, 111 Rn. 13; BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 9 A 16.16 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 83 Rn. 2). Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO muss der Ablehnungsgrund - individuell bezogen auf den oder die an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter - substantiiert dargelegt werden; die zur Begründung des Ablehnungsgesuchs geltend gemachten Tatsachen sind gemäß § 294 ZPO glaubhaft zu machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 - 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <37>; Beschluss vom 29. November 2018 - 9 B 26.18 - juris Rn. 9).
21 Derartige Gründe haben die Kläger nicht glaubhaft gemacht. Weder die Mitwirkung an den mit der Nichtigkeitsklage angefochtenen Entscheidungen (a) noch der Vorwurf einer Vorfestlegung (b), die Behauptung nicht aktenkundiger Gespräche mit Vertretern der Vorhabenträgerin (c) oder eine Gesamtschau der erhobenen Rügen (d) begründen eine Besorgnis der Befangenheit.
22 a) Die Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin A, der Richter B und C sowie der Richterin D an dem mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Urteil vom 2. Juli 2020 sowie der Vorsitzenden Richterin A und der Richterinnen D und E an dem Beschluss vom 17. Mai 2021 rechtfertigt kein Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit im vorliegenden Verfahren.
23 Insoweit entspricht es der ganz herrschenden Meinung, dass die zur Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage berufenen Richter nicht schon deshalb kraft Gesetzes gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen sind, weil sie an der angefochtenen Entscheidung beteiligt waren. Denn § 41 Nr. 6 ZPO erfasst nur den Fall der Mitwirkung an einer Entscheidung in einer unteren Instanz, nicht aber denjenigen, dass der Richter in der gleichen Instanz an einer vorangegangenen Entscheidung mitgewirkt hat. Das Fehlen einer § 23 Abs. 2 Satz 1 StPO entsprechenden Regelung schließt zudem eine dahingehende erweiternde Auslegung von § 41 Nr. 6 ZPO aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 1974 - 5 ER 263.73 - WKRS 1974, 13674, S. 4; BGH, Urteil vom 5. Dezember 1980 - V ZR 16/80 - NJW 1981, 1273; BFH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2012 - I B 22/12 - juris Rn. 14 und vom 22. Mai 2019 - IV B 11/18 - juris Rn. 11).
24 Die bloße Mitwirkung an den angefochtenen Entscheidungen allein rechtfertigt darüber hinaus keine Besorgnis der Befangenheit i.S.v. § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO. Die vorstehend beschriebene gesetzgeberische Wertung, dass die Beteiligung an der Ausgangs- und an der Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren einander grundsätzlich nicht ausschließen, findet auch darin ihren Ausdruck, dass - anders als in Strafsachen (vgl. § 140a GVG) – gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 584 Abs. 1 ZPO für Nichtigkeitsklagen ausschließlich das Gericht und damit regelmäßig derjenige Spruchkörper zuständig ist, welches bzw. welcher die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Sie ist bei der Auslegung der vorgenannten Bestimmungen zu berücksichtigen und kann nicht dadurch umgangen werden, dass ein Sachverhalt, der bewusst keinen gesetzlichen Ausschlussgrund darstellt, ohne Hinzutreten weiterer Umstände ein Ablehnungsrecht begründet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1997 - 11 B 30.97 - Buchholz 303 § 42 ZPO Nr. 2; BAG, Beschluss vom 29. Oktober 1992 - 5 AZR 377/92 - BAGE 71, 293 <296>; Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 54 Rn. 57). Ein allein hierauf gestützter Befangenheitsantrag knüpft daher lediglich an einer sich aus der Stellung als Richter ergebenden Handlung an und ist unzulässig (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. März 2013 - 1 BvR 2853/11 - juris Rn. 30; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 6 PKH 10.15 - Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 37 Rn. 4). Die in den Beschlüssen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. September 1970 (3 W 198/70 - NJW 1971, 1221) und des Oberlandesgerichts Koblenz vom 9. Juni 1967 (4 W 121/67 - NJW 1967, 2213) vertretene gegenteilige Ansicht, auf die sich die Kläger stützen, überzeugt daher nicht und hat sich zu Recht nicht durchgesetzt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Juli 1998 - 11 W 45/98 - NJW-RR 1998, 1763).
25 b) Verständiger Anlass zu einem aus einer solchen "Vorbefassung" hergeleiteten Misstrauen einer Partei gegen die Unparteilichkeit des Richters besteht vielmehr erst dann, wenn sich aufgrund besonderer, zusätzlicher Umstände der Eindruck einer unsachlichen, auf Voreingenommenheit beruhenden Einstellung des Richters gegenüber der Partei oder der streitbefangenen Sache aufdrängt (BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1997 - 11 B 30.97 - Buchholz 303 § 42 ZPO Nr. 2; BGH, Beschluss vom 13. April 2021 - RiZ 2/16 - juris Rn. 5; Stackmann, in: MünchKommZPO, 6. Aufl. 2020, § 42 Rn. 20). Derartige Umstände können die Kläger nicht mit Erfolg geltend machen.
26 aa) Eine fehlende Offenheit der Vorsitzenden Richterin A sowie der Richterinnen D und E folgt nicht aus dem Beschluss über die Anhörungsrüge vom 17. Mai 2021 (9 A 7.20 ). Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen der Kläger, sowohl das fehlende als auch das erfolgte Eingehen auf materiell-rechtliche Fragen begründe eine Besorgnis der Befangenheit, bereits derart widersprüchlich ist, dass es den Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit rechtfertigt. Es ist jedenfalls unbegründet.
27 Gegenstand der Anhörungsrüge ist gemäß § 152a VwGO, ob das Gericht den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, nicht jedoch die inhaltliche Richtigkeit der Gerichtsentscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 1 B 24.09 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 10). Der Hinweis darauf, dass das Verfahren nicht einer Überprüfung der materiell-rechtlichen Richtigkeit der zugrunde liegenden Entscheidung dient, entspricht daher dem geltenden Recht und lässt keine Rückschlüsse auf eine Vorfestlegung hinsichtlich eines Wiederaufnahmeverfahrens zu. Der Hinweis der Kläger auf verfassungsgerichtliche Rechtsprechung, der zufolge eine Anhörungsrüge dem Gericht zugleich die Gelegenheit bietet, auch andere verfassungsrechtliche Mängel als die Verletzung rechtlichen Gehörs zu beseitigen (vgl. BVerfG, Kammerbeschuss vom 8. März 1994 - 2 BvR 477/94 - NStZ 1994, 498, Beschlüsse vom 21. Juni 2005 - 2 BvR 658/05 - juris Rn. 8 und vom 9. März 2009 - 2 BvR 120/09 - juris Rn. 21), geht fehl. Abgesehen davon, dass auch danach das Anhörungsrügeverfahren keinen Raum für eine umfassende materiell-rechtliche Überprüfung der Ausgangsentscheidung, sondern lediglich für die Beseitigung etwaiger Verfassungsverstöße bietet, liegt darin keine Erweiterung der Anhörungsrüge, sondern die Begründung dafür, warum der verfassungsprozessuale Grundsatz der Subsidiarität zur Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde nicht nur wegen der gerügten Verletzung des rechtlichen Gehörs, sondern auch hinsichtlich weiterer behaupteter Verfassungsverletzungen führt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 - NJW 2005, 3059). Denn im Falle eines Gehörsverstoßes wird das Verfahren gemäß § 152a Abs. 5 VwGO fortgeführt und in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand.
28 Dass das Übersenden einer mehr als 400 Seiten umfassenden Verfassungsbeschwerdeschrift in der Erwartung, das Gericht möge sich das im Anhörungsrügeverfahren Passende heraussuchen, nicht den Darlegungsanforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO genügt, bedarf keiner weiteren Begründung. Der Hinweis hierauf lässt daher ebenfalls keine Vorfestlegung befürchten. Entsprechendes gilt für die Ausführungen in den Rn. 9 und 18 des Beschlusses vom 17. Mai 2021, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den von den Klägern in ihrer Anhörungsrüge erhobenen Einwänden stehen.
29 bb) Eine Vorfestlegung der Vorsitzenden Richterin A folgt des Weiteren nicht aus deren Schreiben vom 21. Juni 2021.
30 Darin hat sie vor Erhebung der Nichtigkeitsklage auf die Frage der Kläger, ob Richter F an der Mitwirkung im Verfahren 9 A 8.19 verhindert war, darauf hingewiesen, dass sich der Übergang des Verfahrens auf die Richterin D und die Nichtmitwirkung des Richters F aus Nr. II. 8. der den Klägern vorliegenden Senatsgeschäftsverteilung für das Jahr 2020 ergebe. Der Senatsgeschäftsverteilungsplan vom 5. Dezember 2019 bestimmt in Nr. II. 1. b), dass von den vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen und noch anhängigen Verfahren aus dem Dezernat von Richter F die zwischen dem 1. Januar und 30. November 2019 eingegangenen A-Sachen - darunter das Verfahren 9 A 8.19 - auf die Richterin D als Berichterstatterin übergehen. Nr. II. 8. a) sieht des Weiteren vor, dass in allen Verfahren "zu Nr. 2" einschließlich derjenigen, in denen die Richterin D Berichterstatterin ist, der Richter F nicht mitwirkt. Unter Nr. II. 2. a) regelt der Geschäftsverteilungsplan "[d]ie Berichterstattung in den neu eingehenden Sachen aus dem Straßen- und Wegerecht".
31 Bei ihrer Antwort ist die Vorsitzende Richterin A ersichtlich davon ausgegangen, dass sich der Verweis in Nr. II. 8. a) auf das Straßen- und Wegerecht insgesamt bezieht. Träfe dies zu, hätte es weder einer Verhinderung des Richters F bedurft noch wäre diese nachzuweisen gewesen, um seine fehlende Mitwirkung im Verfahren der Kläger zu erklären. Hierauf bezieht sich die weitere Ausführung der Vorsitzenden Richterin, die Anfrage der Kläger nach einer Verhinderung des Richters F sei nicht nachvollziehbar. Eine anderweitige Auslegung des Geschäftsverteilungsplans und damit die Frage, ob der Verweis in Nr. II. 8. a) nur neu eingehende Verfahren aus dem Straßen- und Wegerecht erfasst mit der weiteren Folge, dass der Geschäftsverteilungsplan hinsichtlich der am 1. Januar 2020 bereits anhängigen Verfahren keine Regelung der Zusammensetzung des Spruchkörpers träfe, haben die Kläger erstmals mit ihrer am 2. Juli 2021 erhobenen Nichtigkeitsklage geltend gemacht. Gleichlautende Bezugnahmen enthielten indes bereits die senatsinternen Geschäftsverteilungspläne vom 1. November und vom 18. Dezember 2018, sodass das Verständnis der Verweisung als solche auf anhängige und neu eingehende Verfahren des Straßen- und Wegerechts der bisherigen Übung im Senat entsprach und im Übrigen auch dem Verweis auf Nr. II. 2. a) in Nr. II. 5. zugrunde liegt. Dies schließt eine andere Auslegung möglicherweise nicht von vornherein aus, verdeutlicht indes, dass eine solche der Vorsitzenden Richterin A im Zeitpunkt ihres Antwortschreibens nicht vor Augen stehen musste und Letzteres damit keine Vorfestlegung hinsichtlich einer erst nachfolgend aufgeworfenen Frage darstellt, sondern Ausdruck des bisherigen Verständnisses ist. Da sich danach die fehlende Mitwirkung aus dem Geschäftsverteilungsplan ergab, kam es auf eine etwaige Verhinderung des Richters F nicht an und wurde den Klägern in keiner die Besorgnis einer Befangenheit rechtfertigenden Weise eine Auskunft verweigert.
32 Liegt damit schon aus den vorgenannten Gründen keine Vorfestlegung vor, so kann dahingestellt bleiben, ob eine Befangenheit auch deshalb nicht zu befürchten ist, weil der Geschäftsverteilungsplan die Senatsbesetzung hinreichend eindeutig regelte und daher von vornherein keine andere Beantwortung der klägerischen Anfrage zuließ.
33 cc) Die dienstliche Äußerung der Vorsitzenden Richterin A vom 29. Juli 2021 begründet gleichfalls keine Besorgnis der Befangenheit. Darin erläutert sie lediglich die Umstände ihres Schreibens vom 21. Juni 2021 im Zeitpunkt von dessen Abfassung, die - wie vorstehend dargelegt - keine Ablehnung tragen. Hierin liegt weder eine Vorfestlegung noch ein Verstoß gegen § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO. Im Übrigen haben die Kläger in ihrem Ablehnungsgesuch vom 2. Juli 2021 (S. 154) A selbst gebeten, in ihrer dienstlichen Äußerung darzulegen, ob sie den Klägern die begehrte Auskunft erteilt oder verweigert habe.
34 dd) Zu Unrecht leiten die Kläger eine Besorgnis der Befangenheit aus einer vermeintlichen Willkür des Urteils vom 2. Juli 2020 her.
35 Inhaltliche Einwände gegen vorhergehende Entscheidungen sind grundsätzlich nicht geeignet, eine Ablehnung wegen Befangenheit zu rechtfertigen. Denn sie zwingen nicht zu dem Schluss, dass der Richter, der sich im Rahmen seiner Befugnisse hält und das Recht in vertretbarer Weise anwendet, gegenüber einer Partei unsachlich, parteilich eingestellt ist. Das Ablehnungsverfahren darf nicht dazu dienen, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Erscheint die Rechtsanwendung des Richters vertretbar, so scheidet eine Ablehnung aus. Gerechtfertigt ist eine Ablehnung daher erst dann, wenn die Entscheidung so grob fehlerhaft ist, dass sie als Willkür erscheint, sie mithin bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2013 - AnwZ (Brfg) 51/12 - juris Rn. 9; BAG, Beschluss vom 29. Oktober 1992 - 5 AZR 377/92 - BAGE 71, 293 <296>).
36 Eine derartige Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils legen die Kläger nicht dar. Ihre Kritik beschränkt sich letztlich - neben der wiederkehrenden Bezeichnung einer von ihrer Rechtsauffassung abweichenden Sicht als willkürlich - darauf, die Übertragbarkeit der baunachbarrechtlichen Rechtsprechung auf das Planungsrecht zu bestreiten sowie eine fehlende Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses und eine unzureichende Beachtung von Art. 14 GG geltend zu machen. Dabei verkennen sie, dass der Senat die Rechtsprechung zum Baunachbarrecht nicht unbesehen auf das Planfeststellungsrecht übertragen, sondern sich mit ausführlicher Begründung lediglich von den dort angestellten Überlegungen hat leiten lassen. Auf den dahinterstehenden und für diese Erwägungen maßgeblichen Konflikt zwischen einerseits dem Eigentumsschutz und andererseits dem besonderen Interesse an einer rechtssicheren Planung und den erhöhten Bestandskraftwirkungen eines Planfeststellungsbeschlusses gehen die Kläger ebenso wenig ein wie auf den Umstand, dass es hierauf überhaupt nur ankommt, wenn nicht - was der Senat alternativ als möglich erachtet hat - der Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 durch öffentliche Bekanntmachung nach § 74 Abs. 5 VwVfG auch den Klägern zugestellt wurde. Die Annahme, dass es - sofern ihnen gegenüber nicht ohnehin Bestandskraft eingetreten ist - gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt, wenn sie nach der Kenntnis von sowohl dem Planfeststellungsbeschluss als auch ihrer Betroffenheit durch das Flurbereinigungsverfahren mehr als zwei Jahre mit der Klageerhebung zuwarten, ist selbst dann, wenn eine andere Auslegung vertretbar wäre, auf keinen Fall schlechterdings nicht mehr verständlich.
37 Auch der Einwand, die Anwendung eines aus dem Prinzip von Treu und Glauben abgeleiteten Verlustes der Anfechtungsbefugnis auf das Verhältnis von Vorhabenträger und Planungsbetroffenen setze tatbestandlich ein nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis voraus, führt daher auf keine Willkür. Insoweit ist zudem nicht ausgeschlossen, dass sich angesichts der Bedeutung wie auch des ungleich größeren Einwirkungsbereichs des Vorhabens die von den Klägern angeführte räumliche Nähebeziehung nicht auf die daran unmittelbar angrenzenden Grundstücke beschränkt.
38 Eine von den Klägern behauptete Rechtsschutzlücke ist dabei nicht ersichtlich, weshalb ihr Vorbringen auch insoweit auf keine Willkür des Urteils vom 2. Juli 2020 führt. Abgesehen davon, dass eine Verletzung von Art. 14 GG nicht automatisch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellte, schließt das angefochtene Urteil für den Fall, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht infolge der öffentlichen Bekanntmachung auch den Klägern gegenüber gemäß § 74 Abs. 5 Satz 3 VwVfG als zugestellt gilt, eine Anfechtung nicht aus, sondern beschränkt sie lediglich in Anlehnung an § 58 Abs. 2 VwGO zeitlich auf ein Jahr nach Kenntniserlangung von dem Planfeststellungsbeschluss und dessen Relevanz für das Grundeigentum eines Klägers.
39 c) Der Vorwurf nicht aktenkundiger Gespräche mit der Vorhabenträgerin rechtfertigt ebenfalls keine Besorgnis der Befangenheit der Vorsitzenden Richterin A oder der Richterinnen D und E. Die Richterinnen sowie der Syndikusanwalt der Vorhabenträgerin Dr. L., auf dessen Ausführungen in seinen Schriftsätzen an das Verwaltungsgericht Gießen vom 21. Mai 2021 sich die Kläger berufen, haben solche Gespräche übereinstimmend verneint. Dr. L. hat vielmehr detailliert klargestellt, dass seine in den vorgenannten Schreiben enthaltene Angabe, neben dem Befangenheitsgesuch der Kläger seien auch der Antrag auf Berichtigung des Tatbestands des Urteils vom 2. Juli 2020 und die gegen dieses Urteil erhobene Anhörungsrüge abgelehnt bzw. zurückgewiesen worden, auf einem Missverständnis beruht habe.
40 Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang die dienstlichen Erklärungen der Vorsitzenden Richterin A sowie der Richterinnen D und E als unvollständig rügen, weil darin nur Telefonate bzw. Gespräche mit zwei Mitarbeitern der Vorhabenträgerin, nicht aber anderweitige Kontakte mit dieser oder mit Dritten verneint würden, begründet dies gleichfalls keine Besorgnis der Befangenheit. Wenn in den Erklärungen Gespräche bzw. Telefonate verneint werden, knüpft dies ersichtlich daran an, dass die Kläger selbst in ihrem Schriftsatz vom 2. Juli 2021 wiederholt auf (vermeintliche) Gespräche abstellen und nur einmal die Umschreibung einer "Weitergabe von Informationen" verwenden. Die Erklärungen sind im Übrigen ohne Weiteres dahingehend zu verstehen, dass sie generell eine vorzeitige Mitteilung der Beschlüsse vom 10. und 17. Mai 2021 ausschließen. Sie decken sich insoweit mit den vorstehend wiedergegebenen Ausführungen von Herrn Dr. L.
41 Da somit der vorliegende wie auch bereits der zuvor erhobene Vorwurf von Gesprächen zwischen Richterinnen und Richtern des Senats sowie Vertretern der Beklagten- oder Beigeladenenseite unbegründet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2021 - 9 A 8.19 , 9 A 7.20 - juris Rn. 8 ff.), handelt es sich entgegen der klägerischen Behauptung auch um keinen "Wiederholungsfall".
42 d) Rechtfertigen somit die von den Klägern erhobenen Rügen keine Besorgnis der Befangenheit, besteht auch in deren Gesamtschau kein vernünftiger Grund, an einer Unparteilichkeit der abgelehnten Richterinnen und Richter zu zweifeln.
43 4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO).
Beschluss vom 11.10.2022 -
BVerwG 9 A 3.22ECLI:DE:BVerwG:2022:111022B9A3.22.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 11.10.2022 - 9 A 3.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:111022B9A3.22.0]
Beschluss
BVerwG 9 A 3.22
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 11. Oktober 2022 durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger beschlossen:
- Das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht St. vom 11. April 2022 wird verworfen.
- Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.
Gründe
I
1 Die Kläger haben am 2. Juli 2021 die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht ... B., die Richter am Bundesverwaltungsgericht ... M. und ... D. sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht ... S. und ... Sch. sowie am 7. September 2021 den Richter am Bundesverwaltungsgericht St. wegen der Besorgnis einer Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluss vom 28. Februar 2022 (9 A 12.21 ) hat der Senat unter Mitwirkung des Richters St. das gegen diesen gerichtete Ablehnungsgesuch verworfen und das Ablehnungsgesuch im Übrigen zurückgewiesen.
2 Die Kläger haben hiergegen mit Schriftsatz vom 11. April 2022 Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO erhoben und den Richter am Bundesverwaltungsgericht St. erneut wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
II
3 Das Ablehnungsgesuch, über das unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entschieden werden kann (1.), sowie die Anhörungsrüge (2.) haben, ohne dass es einer Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO bedurfte (3.), keinen Erfolg.
4 1. Der Senat entscheidet gemäß § 10 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO in seiner im Präsidiumsbeschluss nach § 21e Abs. 1 GVG vom 13. Dezember 2021 (3101 E-23-2021/16) in Abschnitt B. I. und Abschnitt C. III. vorgesehenen Zusammensetzung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters am Bundesverwaltungsgericht St. Das grundsätzliche Verbot der Selbstentscheidung (§ 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 1 ZPO) steht dem nicht entgegen. Denn die Ablehnung des Richters ist unzulässig.
5 Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise unter Mitwirkung abgelehnter Richter verworfen werden, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt oder sonst offensichtlich unzulässig ist. Dahingestellt bleiben kann, ob dies vorliegend schon deshalb der Fall ist, weil eine Richterablehnung im Rahmen einer Anhörungsrüge von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. zum Streitstand BVerwG, Beschluss vom 29. November 2018 - 9 B 26.18 - juris Rn. 3 ff.; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 54 Rn. 22 f.). Jedenfalls folgt die offensichtliche Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs daraus, dass sowohl über die von den Klägern erhobenen Bedenken hinsichtlich der Unvoreingenommenheit des Richters als auch über die Zulässigkeit seiner Mitwirkung an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vom 7. September 2021 mit Beschluss vom 28. Februar 2022 rechtskräftig entschieden wurde. Dessen Unanfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 VwGO) kann nicht dadurch umgangen werden, dass sein Inhalt zum Gegenstand eines weiteren Ablehnungsgesuchs gemacht wird.
6 Ist das Ablehnungsgesuch somit unzulässig, bedurfte es keiner Einholung einer dienstlichen Äußerung nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 44 Abs. 3 ZPO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 13). Eine Offenlegung der Rechtsansicht eines Richters in einem Verfahren kann darüber hinaus unabhängig von dem Zeitpunkt nicht verlangt werden.
7 Soweit die Kläger unter dem 7. Juni 2022 die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht ... B. aus Gründen, die bislang nicht Gegenstand des Verfahrens waren, erneut als befangen ablehnen, ist hierüber nicht im vorliegenden Verfahren zu entscheiden. Durch die Erhebung der Anhörungsrüge ist das Ende der Wartepflicht gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 47 Abs. 1 ZPO hinausgeschoben worden (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09 - NJW-RR 2011, 427 Rn. 17; BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2016 - 10 B 4.16 - juris Rn. 35), weshalb die Richterin von vornherein nicht zur Entscheidung über die Anhörungsrüge berufen ist.
8 2. Die Anhörungsrüge legt keine Verletzung des Anspruchs der Kläger auf rechtliches Gehör dar (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 6 VwGO).
9 Sie beschränkt sich vielmehr in der Sache darauf, der Senat sei von den von den Klägern vorgebrachten Rechtsansichten, Wertungen und Auslegungen gerichtlicher Entscheidungen abgewichen. Hierbei verkennen die Kläger weiterhin, dass die grundsätzliche Berufung zur Mitwirkung an der Entscheidung Voraussetzung für die Verhinderung eines Richters ist, weshalb Letztere - unabhängig davon, ob ein Richter abwesend oder, wie vorliegend, im Dienst war - weder vorliegen noch fehlen kann, wenn er nach der Geschäftsverteilung in dem Verfahren nicht mitwirken darf. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist indes nicht verletzt, wenn das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als es die Beteiligten für richtig halten (BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2008 - 9 VR 13.08 - NVwZ 2008, 1027 Rn. 3).
10 Soweit die Kläger rügen, der Senat habe in seiner Entscheidung auf ihnen nicht bekannte Geschäftsverteilungspläne vom 1. November und vom 18. Dezember 2018 Bezug genommen, räumen sie selbst ein, den letztgenannten Geschäftsverteilungsplan zu kennen. Da die hier maßgebliche Regelung in beiden Geschäftsverteilungsplänen gleich war, scheidet ein Gehörsverstoß bzw. eine Überraschungsentscheidung schon aus diesem Grunde aus.
11 3. Danach ist eine Vorgreiflichkeit der Entscheidung des vor dem Verwaltungsgericht Leipzig geführten Rechtsstreits, in welchem die Kläger auf die Erteilung u. a. der Auskunft klagen, ob der Richter am Bundesverwaltungsgericht St. verhindert war, an der Verhandlung und Entscheidung des Verfahrens 9 A 8.19 mitzuwirken, weder ersichtlich noch von den Klägern dargetan. Das vorliegende Verfahren war daher nicht nach § 94 VwGO auszusetzen.
12 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.
Beschluss vom 05.01.2023 -
BVerwG 9 A 12.21ECLI:DE:BVerwG:2023:050123B9A12.21.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 05.01.2023 - 9 A 12.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:050123B9A12.21.0]
Beschluss
BVerwG 9 A 12.21
In den Verwaltungsstreitsachen hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 5. Januar 2023 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und Dr. Dieterich sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch der Kläger gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht F, B und C sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E vom 28. Dezember 2022 wird verworfen.
Gründe
1 Über das gegen alle Mitglieder des Senats gerichtete Ablehnungsgesuch der Kläger vom 28. Dezember 2022 kann in der derzeit geschäftsplanmäßigen Besetzung des Senats und damit unter Mitwirkung von abgelehnten Richtern ohne Einholung dienstlicher Stellungnahmen entschieden werden. Denn es enthält lediglich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, und ist deshalb offensichtlich unzulässig (vgl. dazu nur BVerfG, Beschluss vom 1. März 2016 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 142, 1 Rn. 12 und Kammerbeschluss vom 28. Oktober 2022 - 2 BvR 1473/22 - juris Rn. 2).
2 Die Kläger leiten die Besorgnis der Befangenheit aus dem Beschluss des Senats vom 5. Dezember 2019 über die Senatsgeschäftsverteilung ab 1. Januar 2020 ab. Die Mitwirkung an der spruchkörperinternen Verteilung als solches führt von vornherein nicht zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der mitwirkenden Richter, auch wenn in einem nachfolgenden Verfahren Fragen zu einzelnen Formulierungen der Geschäftsverteilung zu klären sind. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. September 2020 - 1 BvR 2435/18 u. a. - juris Rn. 35). Derartige besondere Umstände sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dem Verdacht objektiver Willkür und einer manipulativen, einzelfallbezogenen Verfahrensauswahl unter Entzug des gesetzlichen Richters fehlt jede Grundlage.
3 Die Kläger stützen das Ablehnungsgesuch auf die Annahme, der Bestimmung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht D zur Berichterstatterin in dem von ihnen geführten Verfahren 9 A 8.19 liege eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl zugrunde; dies trifft nach dem Regelungsgehalt des Geschäftsverteilungsbeschlusses vom 5. Dezember 2019 offensichtlich nicht zu.
4 Hintergrund der Senatsgeschäftsverteilung für das Jahr 2020 war der Umstand, dass in diesem Jahr die Entscheidungen in zahlreichen Verfahren aus dem dem Senat und innerhalb des Senats dem Richter am Bundesverwaltungsgericht F als Berichterstatter zugewiesenen Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung zwischen Puttgarden und der deutsch-dänischen Grenze anstanden, die eine äußerst aufwändige und zeitintensive Vorbereitung erforderten. Dementsprechend ist im Geschäftsverteilungsplan geregelt, dass der Richter am Bundesverwaltungsgericht F im Jahr 2020 als Berichterstatter ausschließlich für alle Streitsachen aus dem Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung unabhängig vom Zeitpunkt ihres Eingangs zuständig sein sollte. Die Streitsachen aus den übrigen dem Senat zugewiesenen Sachgebieten wurden auf die weiteren Senatsmitglieder verteilt, indem Richter F aus der Verteilung der Neueingänge ausgenommen wurde und die in seinem Dezernat bereits anhängigen, nicht die Fehmarnbelt-Querung betreffenden Verfahren umverteilt wurden.
5 Dass dabei nur diejenigen erstinstanzlichen Verfahren (A-Sachen) auf Richterin am Bundesverwaltungsgericht D übergehen sollten, die nicht die Fehmarnbelt-Querung zum Gegenstand hatten, ergibt sich zweifelsfrei daraus, dass der Beschluss über die Senatsgeschäftsverteilung Streitsachen aus dem Sachgebiet Fehmarnbelt-Querung ausdrücklich Richter am Bundesverwaltungsgericht F zuweist. Die Umverteilung erfolgte demnach differenziert nach Verfahrensarten, Eingangszeitpunkt und Sachgebieten und damit anhand allgemeiner, abstrakter Kriterien. Die im Beschluss vom 5. Dezember 2019 genannten Aktenzeichen vollziehen lediglich diese Differenzierung nach und haben insoweit rein deklaratorische Bedeutung.
6 Dass dies im Geschäftsverteilungsbeschluss gegebenenfalls noch deutlicher hätte zum Ausdruck gebracht werden können - etwa im Sinne der von den Klägern vorgeschlagenen Formulierungen - ändert nichts daran, dass die Geschäftsverteilung tatsächlich anhand der abstrakten Merkmale Sachgebiet, Verfahrensart und Eingangszeitpunkt erfolgt ist. Die von den Klägern aufgezeigten Formulierungsalternativen zeigen im Übrigen, dass auch die Kläger dieses Verteilungsprinzip erkannt haben.
7 Da der senatsinterne Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2020 keine Einzelzuweisungen regelte, gehen auch die Ausführungen der Kläger zur Perpetuierung einer solchen Regelung durch eine unzureichende Überprüfung der Geschäftsverteilung anlässlich der Beschlüsse vom 10. Dezember 2020 über die Senatsgeschäftsverteilung ab 1. Januar 2021 und vom 25. März 2021 über die Ergänzung der Senatsgeschäftsverteilung für das Jahr 2021 sowie zur ungeprüften Anwendung der Senatsgeschäftsverteilung anlässlich der in den Verfahren 9 A 8.19 und 9 A 7.20 getroffenen Entscheidungen von vornherein ins Leere.
8 Das Ablehnungsgesuch der Kläger ist somit als unzulässig zu verwerfen, ohne dass es der von ihnen beantragten mündlichen Verhandlung bedurfte hätte (vgl. dazu auch Senatsbeschlüsse vom 14. April 2021 - 9 A 8.19 , 9 A 7.20 - Rn. 2 und vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - Rn. 14 ff.).
9 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO).
Beschluss vom 06.01.2023 -
BVerwG 9 A 12.21ECLI:DE:BVerwG:2023:060123B9A12.21.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 06.01.2023 - 9 A 12.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:060123B9A12.21.0]
Beschluss
BVerwG 9 A 12.21
In den Verwaltungsstreitsachen hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 6. Januar 2023 durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking als Berichterstatterin gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO beschlossen:
Auf Antrag der Kläger und mit Einverständnis des Beklagten und der Beigeladenen werden die Verfahren 9 A 12.21 und 9 A 6.22 bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die von den Klägern erhobene Verfassungsbeschwerde vom 9. November 2022 entsprechend § 94 VwGO ausgesetzt.
Beschluss vom 25.10.2024 -
BVerwG 9 A 18.24ECLI:DE:BVerwG:2024:251024B9A18.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 25.10.2024 - 9 A 18.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:251024B9A18.24.0]
Beschluss
BVerwG 9 A 18.24
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 25. Oktober 2024 durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen:
- Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D wird verworfen.
- Die Anhörungsrüge der Kläger vom 2. November 2023 gegen den Beschluss des Senats vom 5. Januar 2023 - BVerwG 9 A 12.21 , 9 A 6.22 - wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.
Gründe
I
1 Mit Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - wies der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts die Klage der Kläger gegen einen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss als unzulässig ab; eine nachfolgende Anhörungsrüge (9 A 7.20 ) blieb ohne Erfolg. Am 2. Juli 2021 erhoben die Kläger Nichtigkeitsklage nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (9 A 12.21 , nunmehr 9 A 16.24 ) mit dem Ziel, eine Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 wegen vorschriftswidriger Besetzung des Gerichts zu erreichen. Zugleich lehnten sie die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A sowie die Richter und Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht B, C, D und E und damit alle (damaligen) Mitglieder des 9. Senats, die an den vorausgegangenen Entscheidungen im Klage- und/oder Anhörungsrügeverfahren mitgewirkt hatten, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 7. September 2021 lehnten sie zudem den Richter am Bundesverwaltungsgericht F als weiteres Mitglied des 9. Senats wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 28. Februar 2022, der unter Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht F sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht G und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht H erging, wurden das Ablehnungsgesuch gegen den Richter F verworfen und das Ablehnungsgesuch gegen die weiteren Senatsmitglieder zurückgewiesen.
2 Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2022 Anhörungsrüge (9 A 3.22 ) und lehnten den Richter am Bundesverwaltungsgericht F (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Unter Mitwirkung des abgelehnten Richters sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht G und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht H wurden mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht F verworfen und die Anhörungsrüge zurückgewiesen.
3 Mit Schriftsätzen vom 7. Juni, 7. September und 22. November 2022 lehnten die Kläger im Klageverfahren 9 A 12.21 die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A (erneut) aus verschiedenen Gründen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Unter dem 19. Oktober 2022 erhoben sie zudem eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2022, soweit darin das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht F verworfen worden war, und lehnten diesen Richter wiederum wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 brachten die Kläger in diesem Anhörungsrügeverfahren (9 A 6.22 , nunmehr 9 A 17.24 ) sowie im Klageverfahren 9 A 12.21 ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht F, B und C sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E an. Dieses Ablehnungsgesuch wurde vom Senat mit Beschluss vom 5. Januar 2023 unter Mitwirkung der Richter B und C sowie der Richterin D verworfen.
4 Mit Beschluss vom 6. Januar 2023 wurden das Klageverfahren 9 A 12.21 und das Anhörungsrügeverfahren 9 A 6.22 auf Antrag der Kläger bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine von ihnen gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 erhobene Verfassungsbeschwerde entsprechend § 94 VwGO ausgesetzt. Noch vor Zustellung der Beschlüsse vom 5. und 6. Januar 2023 lehnten die Kläger mit Schriftsatz vom 11. Januar 2023 unter Hinweis auf die neue Jahresgeschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts die Richterin am Bundesverwaltungsgericht H und den Richter am Bundesverwaltungsgericht G wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.
5 Mit Schriftsatz vom 2. November 2023 haben die Kläger gegen den Beschluss vom 5. Januar 2023 Anhörungsrüge erhoben und die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
6 Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 mit Beschluss vom 25. Juli 2024 - 1 BvR 287/23 - nicht zur Entscheidung angenommen hat, sind das Klage- und das Anhörungsrügeverfahren unter den Aktenzeichen 9 A 16.24 bzw. 9 A 17.24 wiederaufgenommen worden, so dass zunächst über die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 5. Januar 2023 - 9 A 18.24 - sowie über das auf dieses Rügeverfahren sowie die beiden wiederaufgenommenen Verfahren bezogene Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 zu entscheiden ist.
II
7 1. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D ist offensichtlich missbräuchlich und damit unzulässig, weshalb es auch einer Mitwirkung der abgelehnten Richter an der Entscheidung nicht entgegensteht.
8 Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig; der abgelehnte Richter ist von der Entscheidung darüber nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Mai 2006 - 1 BvR 698/06 - BVerfGK 8, 59; Beschlüsse vom 1. März 2016 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 142, 1 Rn. 12 und vom 20. Juli 2021 - 2 BvE 4/20 u. a. - BVerfGE 159, 26 Rn. 13 m. w. N. sowie zuletzt Kammerbeschluss vom 2. August 2024 - 2 BvR 965/24 - juris). Indizien für einen Missbrauch des Ablehnungsrechts können darin liegen, dass die Begründung des Gesuchs nicht hinreichend konkret auf den bzw. die abgelehnten Richter bezogen ist, dass der Inhalt der Begründung von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, oder dass verfahrensfremde Zwecke wie etwa das Ziel, den Prozess zu verschleppen, verfolgt werden (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 29. November 2017 - 10 B 5.17 - juris Rn. 1 und vom 24. Juni 2019 - 6 AV 10.19 - juris Rn. 3, jeweils m. w. N.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die Kläger verfolgen mit ihrem Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 verfahrensfremde Zwecke.
9 Das prozessuale Verhalten der Kläger, die mit dem Ausgang ihres Klageverfahrens 9 A 8.19 unzufrieden sind und die damalige Entscheidung des Senats für willkürlich halten, ist darauf gerichtet, die Wiederaufnahme dieses Verfahrens und eine erneute Entscheidung darüber nunmehr durch andere Richter zu erreichen. Die gewünschte Veränderung der Richterbank ist dabei ein wesentlicher Kern ihres Anliegens. Dass sie dies im Rahmen der erhobenen Nichtigkeitsklage, bei der eine Entscheidung durch denselben Spruchkörper gerade nicht gesetzlich ausgeschlossen, sondern als Regelfall vorgesehen ist, nicht erreichen können, hat der Senat mit Beschluss vom 28. Februar 2022 den Klägern gegenüber rechtskräftig entschieden und im Einzelnen begründet (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 22 ff.). Mit den nachfolgenden Anhörungsrügen und (wiederholten) Ablehnungsgesuchen, die sich inzwischen auf alle Richter erstrecken, die bisher in ihrem Verfahren tätig geworden sind und in denen sie die Rügen der willkürlichen Entscheidung im Verfahren 9 A 8.19 , der Vorfestlegung bezüglich der Auslegung der senatsinternen Geschäftsverteilung für das Jahr 2020 sowie diverser Unstimmigkeiten und Fehler in den Geschäftsverteilungsplänen des Senats in wechselnden Varianten wiederholen, versuchen sie, dieses Ziel gleichwohl zu erreichen. Damit missbrauchen sie das Ablehnungsrecht zur Erreichung eines im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklage gesetzlich nicht vorgesehenen Ergebnisses, weshalb sich das erneute Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 als unzulässig erweist.
10 2. Die Anhörungsrüge vom 2. November 2023 hat keinen Erfolg, so dass das Verfahren über das Ablehnungsgesuch vom 28. Dezember 2022 nicht fortzuführen ist.
11 a) Der Zulässigkeit der Anhörungsrüge steht allerdings nicht entgegen, dass die Kläger sie erst mit Schriftsatz vom 2. November 2023 und damit mehr als zwei Wochen nach Kenntnis des gerügten Beschlusses vom 5. Januar 2023 erhoben haben. Denn mit der Aussetzung der Verfahren durch Beschluss vom 6. Januar 2023 sind diese Verfahren zum Stillstand gekommen, und der Lauf der für die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO geltenden Frist hat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 249 Abs. 1 ZPO aufgehört.
12 b) Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.
13 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 - juris Rn. 2 m. w. N.).
14 aa) Worin die "Überraschungsentscheidung" durch die Ausführungen des Senats zum "Hintergrund" seiner Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2020 liegen soll, ist nicht ersichtlich. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Verletzung des Beratungsgeheimnisses oder von Dienstgeheimnissen nach § 43 DRiG und § 353b StGB ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. Auf welche der Geheimhaltung unterliegenden Umstände, geschweige denn Beratungsgeheimnisse i. S. d. § 43 DRiG, sich die Kläger beziehen, erschließt sich nicht. Die von ihnen insoweit wohl in Bezug genommenen Erläuterungen zum "Hintergrund" der Jahresgeschäftsverteilung 2020 betreffen ausnahmslos Umstände, die in der Öffentlichkeit ohne Weiteres bekannt waren oder hätten bekannt sein können, und basieren entgegen der Auffassung der Kläger offensichtlich nicht auf einem "rein senatsinternen Wissen". Die entsprechenden Informationen ergaben sich ohne Weiteres aus den Geschäftsverteilungsplänen des Bundesverwaltungsgerichts und des 9. Senats sowie der Berichterstattung in Presse und Internet über das Vorhaben der Festen Fehmarnbeltquerung, dem dazu ergangenen über 1 000 Seiten langen Planfeststellungsbeschluss und den dagegen im Frühjahr 2019 erhobenen Klagen. Dass sich die Bearbeitung dieser Verfahren angesichts der Komplexität und Einmaligkeit des Vorhabens und der - von den damaligen Klägern in diesen Verfahren selbst öffentlich gemachten - umfangreichen Rügen zeitlich und inhaltlich aufwändig gestalten würde, stellt ebenso wenig einen Gegenstand der Geheimhaltung dar wie der Umstand, dass diese 2019 eingegangenen Klagen im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden. Dass die Kläger von diesen Umständen persönlich keine Kenntnis genommen haben mögen, ist insoweit unbeachtlich. Im Übrigen hat der Senat diese Umstände lediglich als Hintergrundinformationen zur Erläuterung des objektiven Aussagegehalts seines Beschlusses zur Geschäftsverteilung 2020 angeführt, ohne dass ihnen insoweit eine eigenständige entscheidungstragende Bedeutung zukäme.
15 Soweit die Kläger nähere Ausführungen zu diesem "Hintergrund" und eine weitere Begründung des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans vermissen, beziehen sie sich auf das Dokumentations- und Begründungserfordernis für unterjährige nachträgliche Änderungen der Geschäftsverteilung nach § 21g Abs. 2 Halbs. 2 bzw. § 21e Abs. 3 GVG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03 - juris Rn. 19 und vom 18. März 2009 - 2 BvR 229/09 - juris Rn. 26), die für den vorliegenden Fall der vorab beschlossenen Jahresgeschäftsverteilung nach § 21g Abs. 2 Halbs. 1 GVG offensichtlich nicht einschlägig ist.
16 bb) Mit ihrem weiteren Rügevorbringen machen die Kläger der Sache nach im Wesentlichen geltend, der Senat habe zu Unrecht eine einzelfallbezogene Richterbestimmung verneint, und setzen den Erläuterungen des Senats zum Regelungsinhalt des Geschäftsverteilungsplans 2020 ihr abweichendes Verständnis davon entgegen. Ein Gehörsverstoß lässt sich damit nicht begründen.
17 Soweit die Kläger meinen, für die Beurteilung, ob der Zuständigkeit für ihr damaliges Verfahren eine einzelfallbezogene Auswahl zugrunde gelegen habe, dürfe nur die für die Zuteilung dieses Verfahrens letztlich maßgebliche Regelung in Ziff. II.1. Abs. 1 Buchst. b GVPl. 2020 betrachtet werden unter Ausblendung aller sonstigen Festlegungen des Geschäftsverteilungsplans, ist dies offensichtlich unzutreffend, da sich der objektive Aussagegehalt der Geschäftsverteilung aus der Gesamtschau aller Regelungen ergibt. Im Übrigen hat der Senat die Ausführungen der Kläger zu den Gründen, aus denen sie von einer einzelfallbezogenen Regelung ausgehen, nicht übergangen, sondern hält sie für nicht stichhaltig. Darin liegt keine Missachtung des rechtlichen Gehörs.
18 Die Ausführungen im gerügten Beschluss zu den "von den Klägern aufgezeigten Formulierungsalternativen" sind nicht entscheidungserheblich, so dass es auf den Vortrag der Kläger dazu nicht ankommt.
19 Die von den Klägern vermisste Auseinandersetzung mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07 - war entbehrlich, weil dieses Urteil den Fall einer einzelfallbezogenen Zuteilung, bei der die in der Geschäftsverteilung aufgeführten Aktenzeichen nicht nur rein deklaratorischen Charakter hatten, betraf und vorliegend nicht einschlägig ist.
20 cc) Soweit die Kläger schließlich einen Gehörsverstoß aus der Befangenheit der mitwirkenden Richter ableiten und auf ihren Ablehnungsantrag verweisen, hat dieser aus den oben ausgeführten Gründen keinen Erfolg.
21 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.
Urteil vom 13.03.2025 -
BVerwG 9 A 16.24ECLI:DE:BVerwG:2025:130325U9A16.24.0
Nichtigkeitsklage wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung
Leitsätze:
1. Der Beginn der Frist zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage setzt nach § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO positive Kenntnis voraus, ein bloßes Kennenmüssen reicht nicht aus; der positiven Kenntniserlangung steht es gleich, wenn eine Partei vorsätzlich eine auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit nicht ergreift, die jeder andere in ihrer Lage wahrgenommen hätte.
2. Die Monatsfrist des § 586 Abs. 1 ZPO ist für jeden Wiederaufnahmegrund gesondert zu bestimmen; ein Nachschieben von Gründen setzt voraus, dass diese ihrerseits die Monatsfrist wahren.
3. Die Anhörungsrüge ist kein Rechtsbehelf i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO, den ein Kläger vor Erhebung der Nichtigkeitsklage wegen vorschriftswidriger Besetzung vorrangig ergreifen muss.
4. Durch den spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplan gemäß § 21g Abs. 1 Satz 1 GVG muss normativ und abstrakt-generell mit hinreichender Klarheit im Voraus geregelt werden, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken.
5. Ob eine angewandte Zuständigkeitsregel eines Geschäftsverteilungsplans den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht und eine generell-abstrakte Regelung im Sinne der Garantie des gesetzlichen Richters darstellt, ist vollumfänglich zu überprüfen, das Gericht ist insoweit nicht auf eine Willkürkontrolle beschränkt.
6. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit und Eindeutigkeit der Regelungen über die Geschäftsverteilung ist kein Selbstzweck; auf die Frage, ob diese Regelungen klarer und einfacher hätten formuliert werden können, kommt es nicht an, wenn es an Spielräumen für eine einzelfallbezogene Auswahl und Einflussnahme auf die Spruchkörperbesetzung fehlt.
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Rechtsquellen
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GVG § 21g Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO § 153 Abs. 1 ZPO § 578 Abs. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 586 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 13.03.2025 - 9 A 16.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:130325U9A16.24.0]
Urteil
BVerwG 9 A 16.24
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking sowie den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Plog für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je einem Drittel.
Gründe
I
1 Die Kläger begehren die Wiederaufnahme ihres Klageverfahrens 9 A 8.19 und machen geltend, das in diesem Verfahren abschließend ergangene Urteil vom 2. Juli 2020 sei nichtig, weil der Senat nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei.
2 Streitgegenstand des Klageverfahrens 9 A 8.19 war der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - A 5, Teilabschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda (VKE 40) vom 30. Mai 2012 mit nachfolgenden Änderungen und damit zusammenhängenden wasserrechtlichen Entscheidungen. Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss hatte der Kläger zu 3 zunächst als Eigentumsbetroffener Klage erhoben, die er auf der Grundlage einer mit der (damaligen) Vorhabenträgerin und dem Land Hessen geschlossenen Vereinbarung später zurücknahm. Im Jahr 2017 ordnete die Obere Flurbereinigungsbehörde ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren an, um den im Zusammenhang mit der Realisierung des Vorhabens entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen. Die Kläger gehören zu den Teilnehmern des Flurbereinigungsverfahrens und sind Eigentümer verschiedener landwirtschaftlicher Nutzflächen, die im Flurbereinigungsgebiet liegen, von dem planfestgestellten Vorhaben selbst aber nicht in Anspruch genommen werden.
3 Am 26. April 2019 erhoben die Kläger Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 mit (damals) letzten Änderungen vom 17. Januar 2019 (Kläger zu 1 und 2) bzw. nur gegen den Planänderungsbeschluss vom 17. Januar 2019 (Kläger zu 3) und beriefen sich jeweils auf ihre Betroffenheit wegen der Einbeziehung in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren. Der Senat in der Besetzung mit dem (damaligen) Senatsvorsitzenden A. und den Richterinnen und Richtern am Bundesverwaltungsgericht B., C., D. und E. wies diese Klage mit Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - (BVerwGE 169, 78) als unzulässig ab. Die dagegen mit Schriftsätzen vom 26. Juni und 7. Juli 2020 erhobene Anhörungsrüge der Kläger wurde mit Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 A 7.20 - zurückgewiesen.
4 Am 2. Juli 2021 haben die Kläger Klage erhoben mit dem Ziel, die Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 und eine neue Entscheidung in der Sache zu erreichen. Sie berufen sich auf die Nichtigkeit des Urteils vom 2. Juli 2020 wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts.
5 Die Kläger machen zum einem geltend, der Senat sei bei seinem Urteil vom 2. Juli 2020 in Bezug auf die Mitwirkung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht B. sowie der Richter am Bundesverwaltungsgericht C. und D. nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Hiervon hätten die Kläger Kenntnis, seit sie am 5. Juni 2021 den erbetenen Geschäftsverteilungsplan des Senats für das Geschäftsjahr 2020 erhalten hätten. Dieser enthalte eine Regelungslücke, weil darin nicht geregelt worden sei, welche weiteren Mitglieder des überbesetzten Senats neben dem Vorsitzenden und der Berichterstatterin an dem Verfahren der Kläger mitwirken sollten.
6 Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 haben die Kläger ihren Vortrag um einen weiteren Nichtigkeitsgrund ergänzt und beanstanden nunmehr auch die Bestimmung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. zur Berichterstatterin. Diese sei nicht nach abstrakt-generellen Merkmalen erfolgt, sondern stelle eine auf den Einzelfall der Kläger bezogene Auswahl dar. Hiervon hätten sie erstmals durch das gerichtliche Schreiben vom 15. Dezember 2022 erfahren, mit dem ihre Anfrage zu bestimmten im Jahr 2019 im Senat anhängigen Verfahren beantwortet worden sei.
7 Im Übrigen machen die Kläger umfangreiche Ausführungen zur Hauptsache.
8
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufzuheben und das zugrunde liegende Klageverfahren 9 A 8.19 wiederaufzunehmen.
9
In Bezug auf die wiederaufzunehmende Hauptsache beantragen die Kläger zu 1 und 2,
den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 9. Oktober 2013, der Planänderungsbescheide vom 20. Januar 2017, vom 17. Januar 2019, vom 31. August 2020, vom 15. Juni 2022, vom 30. November 2022, vom 26. Juni 2024, vom 30. Juli 2024, vom 31. Juli 2024, vom 1. August 2024, vom 29. November 2024 und vom 19. Dezember 2024 aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
äußerst hilfsweise,
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass
- die planfestgestellten Unterlagen B 14.1, Blatt Nr. 11 (Grunderwerbsplan) und B 14.2 (Grunderwerbsverzeichnis) betreffend die Fläche Plan 11.073.02 nur eine auf 30 Jahre begrenzte dingliche Sicherung für die Zwecke der Umsetzung der Maßnahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans zulassen,
- die als "-Vorgesehene Regelung-" im Maßnahmenblatt VII.9 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) getroffenen Festsetzungen betreffend die auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... (nunmehr: Flurstück a) gemäß planfestgestellter Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 11 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.9 A allein eine Nutzungsänderung/-beschränkung zulassen, die vom angestammten Eigentümer hinzunehmen und zukünftig zu unterhalten ist,
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass die mit dem Maßnahmenblatt VII.9 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... (nunmehr: Flurstück a) gemäß planfestgestellter Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 11 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.9 A entfallen, soweit eine CEF-Maßnahme für den Gelbspötter und eine artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling und den Kuckuck festgesetzt werden,
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass die mit dem Maßnahmenblatt VII.12.1 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) auf den Grundstücken Gemarkung A., Flur ..., Flurstücke b bis h gemäß Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 10 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.12.1 A als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme für den Kuckuck festgesetzt werden, und
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 in der Gestalt, die er durch die Planänderungsbeschlüsse vom 9. Oktober 2013, 20. Januar 2017 und vom 17. Januar 2019 erhalten hat, dahin zu ändern, dass die mit den Maßnahmenblättern XI.12.1 A, XI.12.2 A, XIII.11 A, XIII.12.1 A und XIII.12.1 A (FFH) der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) festgesetzten Maßnahmen als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahmen für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling festgesetzt werden,
und der Kläger zu 3,
die Planänderungsbescheide vom 17. Januar 2019, vom 31. August 2020, vom 15. Juni 2022, vom 30. November 2022, vom 26. Juni 2024, vom 30. Juli 2024, vom 31. Juli 2024, vom 1. August 2024, vom 29. November 2024 und vom 19. Dezember 2024 aufzuheben,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Planänderungsbescheide rechtswidrig und nicht vollziehbar sind.
10
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
11 Er hält die Nichtigkeitsklage für unzulässig, denn sie sei verspätet erhoben worden, verstoße gegen den Grundsatz der Subsidiarität und stelle sich als rechtsmissbräuchlich dar. Zudem sei die Klage jedenfalls unbegründet, weil der Geschäftsverteilungsplan des Senats nicht zu beanstanden sei.
12 Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
II
13 Die Klage auf Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 hat keinen Erfolg. Die Nichtigkeitsklage ist zulässig (A.), aber unbegründet (B.).
14 A. 1. Gemäß § 153 Abs. 1 VwGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften der §§ 578 ff. ZPO wiederaufgenommen werden. § 578 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgt; die Fallkonstellationen, in denen eine Nichtigkeitsklage stattfindet, sind in § 579 ZPO abschließend geregelt. Die vorliegende Klage richtet sich gegen das Urteil des Senats vom 2. Juli 2020, mit dem das Klageverfahren 9 A 8.19 rechtskräftig abgeschlossen worden ist, wobei die Kläger sich darauf berufen, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, weil die Regelungen in der senatsinternen Geschäftsverteilung über die Bestimmung der Berichterstattung in diesem Verfahren sowie die Mitwirkung im überbesetzten Spruchkörper nicht den Anforderungen an die Gewährleistung des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügt hätten. Sie tragen dabei einen Sachverhalt vor, der geeignet sein könnte, den gerügten Verstoß darzutun (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 11), und machen in schlüssiger Weise den Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geltend, sodass die Nichtigkeitsklage als solche statthaft ist.
15 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Nichtigkeitsklage fristgemäß erhoben worden. Nach § 586 Abs. 1 ZPO ist die Klage vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben, wobei die Frist gemäß § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit dem Tag beginnt, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Das Gesetz stellt seinem eindeutigen Wortlaut nach auf eine tatsächliche, positive Kenntnis ab, ein bloßes Kennenmüssen reicht demnach nicht aus (BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 17; Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 16; Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 153 Rn. 14; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 153 Rn. 36; Rudisile, in: Schoch/Schneider, VerwR, Stand August 2024, § 153 VwGO Rn. 31; offen gelassen von BFH, Beschluss vom 11. Dezember 1996 - IV S 2/92 u. a. - juris Rn. 15 f.). Der positiven Kenntniserlangung i. S. d. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht es allerdings gleich, wenn sich eine Partei der Kenntnis relevanter Tatsachen bewusst verschließt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. November 2013 - 9 B 60.13 - juris Rn. 5 m. w. N.). Maßgebend ist die Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die zur Erhebung der Wiederaufnahmeklage berechtigen; auf deren rechtliche Würdigung kommt es nicht an (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 13; BFH, Beschluss vom 12. November 1996 - II K 1/93 - juris Rn. 9). Die Monatsfrist ist dabei für jeden geltend gemachten Wiederaufnahmegrund gesondert zu bestimmen; ein Nachschieben von Gründen während eines laufenden Wiederaufnahmeverfahrens setzt voraus, dass die nachgeschobenen Gründe ihrerseits die Monatsfrist wahren (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 25, 30 m. w. N.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe haben die Kläger beide Nichtigkeitsgründe fristgerecht geltend gemacht.
16 a) Die Kläger haben erstmals durch Einsicht in den senatsinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2020, den sie auf eine entsprechende Anforderung hin am 5. Juni 2021 erhalten haben, Kenntnis von den Regelungen erlangt, aus denen sie den Nichtigkeitsgrund vorschriftswidriger Besetzung im Hinblick auf die Bestimmung der mitwirkenden Richter ableiten, sodass die am 2. Juli 2021 erhobene Klage insoweit die Monatsfrist wahrt.
17 Entgegen der Auffassung des Beklagten kann den Klägern nicht entgegengehalten werden, dass sie den Geschäftsverteilungsplan erst mit Schreiben vom 29. Mai 2021 und damit fast ein Jahr nach Abschluss des Klageverfahrens durch Urteil vom 2. Juli 2020 und erst nach der Entscheidung über die dagegen erhobene Anhörungsrüge angefordert haben. Soweit der Beklagte argumentiert, ein Rechtsanwalt müsse in die Überprüfung einer für seinen Mandanten negativen Gerichtsentscheidung auch die Frage des gesetzlichen Richters einbeziehen, kann eine solche Überlegung allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines "Kennenmüssens" Bedeutung erlangen, worauf es hier aber, wie dargelegt, nicht ankommt. Der Gesetzeswortlaut erfordert eindeutige Kenntnis, ein etwaiger Verdacht reicht gerade nicht aus. Dass sich die Kläger der Kenntnis der relevanten Tatsachen bewusst verschlossen hätten, lässt sich nicht feststellen. Ein solcher Fall, der der positiven Kenntniserlangung i. S. d. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO gleichsteht, liegt vor, wenn eine Partei vorsätzlich eine auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit nicht ergreift, die jeder andere in ihrer Lage wahrgenommen hätte (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 16 m. w. N.; allgemein zur Gleichsetzung mit positiver Kenntnis auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 299/10 - NJW-RR 2010, 1215 Rn. 5). Hierfür genügt es nicht, dass es einem Beteiligten jederzeit möglich ist, von den gerichtsinternen Geschäftsverteilungsplänen Kenntnis zu erlangen (vgl. § 21g Abs. 7 i. V. m. § 21e Abs. 9 GVG). Maßgebend ist vielmehr, ob besondere Umstände vorliegen, die "jeden anderen" veranlassen würden, den Geschäftsverteilungsplan im Einzelfall zu überprüfen. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.
18 b) Entsprechendes gilt für den erstmals mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der fehlerhaften Regelung der Berichterstattung im Klageverfahren 9 A 8.19 . Hier rügen die Kläger, dass die Nennung der Aktenzeichen bei der Bezeichnung der Verfahren, die von dem Richter am Bundesverwaltungsgericht F. auf die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. übergehen sollten, nicht rein deklaratorischen Charakter habe, sondern eine einzelfallbezogene Auswahl darstelle. Grundlage für diese Rüge war die konkrete Kenntnis von den zum Zeitpunkt des Geschäftsverteilungsbeschlusses im Dezernat des Richters F. anhängigen Verfahren, die den Klägern erstmals mit dem gerichtlichen Schreiben vom 15. Dezember 2022 vermittelt wurde, sodass auch insoweit die Monatsfrist gewahrt ist.
19 c) Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs wegen verspäteter Anfragen zu dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan ist unbegründet. Eine solche Argumentation würde darauf hinauslaufen, hinsichtlich der Frist zur Klageerhebung doch auf ein "Kennenmüssen" abzustellen, was der Konzeption des § 586 ZPO widersprechen und die gesetzgeberische Entscheidung unterlaufen würde.
20 d) Da auch die Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO (5 Jahre ab Rechtskraft des Urteils) gewahrt ist, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine fristgerechte Klageerhebung insgesamt erfüllt.
21 3. Der Statthaftigkeit der Nichtigkeitsklage steht auch nicht die Subsidiaritätsklausel nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 2 ZPO entgegen, wonach die Klage in den Fällen des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht stattfindet, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte. Denn gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 war kein Rechtsmittel gegeben.
22 a) Die vom Beklagten angesprochene Möglichkeit einer Anhörungsrüge ist kein Rechtsmittel i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO, das die Kläger hier zur Beseitigung des geltend gemachten Besetzungsfehlers vorrangig hätten ergreifen können oder gar müssen (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 30; Meller-Hannich, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 16. Aufl. 2024, § 579 Rn. 19; a. A. ohne nähere Begründung Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 579 Rn. 3; Musielak/Spohnheimer, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 579 Rn. 12). Die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist schon ihrem Wortlaut nach auf die Rüge von Gehörsverstößen beschränkt und kann nicht auf die Verletzung anderer Verfassungs- und Verfahrensgarantien gestützt werden (BVerwG, Beschluss vom 20. März 2013 - 7 C 3.13 - juris Rn. 4 m. w. N.; eine Anwendung des § 152a VwGO auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ablehnend z. B. Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 152a Rn. 4 mit Nachw. zum Meinungsstand; in diese Richtung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Juni 2009 - 1 BvR 893/09 - juris Rn. 18).
23 Zudem erfordert das Eingreifen der Subsidiaritätsklausel des § 579 Abs. 2 ZPO, dass die unterbliebene Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO durch Einlegung eines Rechtsmittels schuldhaft erfolgt ist (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 31; Musielak/Spohnheimer, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 579 Rn. 12). Auch in diesem Zusammenhang muss gelten, dass bei fehlender Kenntnis vom Nichtigkeitsgrund das Unterlassen der Einlegung eines Rechtsmittels regelmäßig unverschuldet ist und bei Einlegung eines Rechtsmittels aus anderen Gründen der Nichtigkeitsgrund (erst) dann nachträglich geltend zu machen ist, wenn er bekannt geworden ist (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 31). Andernfalls bestünde ein Wertungswiderspruch zu den gesetzlichen Regelungen über Beginn und Dauer der Klagefrist (§ 586 ZPO). Den Klägern kann daher auch aus diesem Grund nicht entgegengehalten werden, dass sie im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens 9 A 7.20 die ihnen damals noch nicht bekannten Besetzungsfehler nicht gerügt haben.
24 b) Die Verfassungsbeschwerde ist ebenfalls kein vorrangiges Rechtsmittel i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO. Vielmehr geht das Bundesverfassungsgericht seinerseits davon aus, dass im Fall einer Verfassungsbeschwerde, die auf eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird, auch die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Hilfe einer Nichtigkeitsklage, soweit diese statthaft ist, zu dem Rechtsweg gehört, der nach § 90 Abs. 2 BVerfGG erschöpft sein muss (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. April 2021 - 1 BvR 2731/19 - juris Rn. 4 m. w. N.).
25 4. Da auch Form und Inhalt der Klageschrift die Anforderungen der §§ 587, 588 ZPO erfüllen, ist die Nichtigkeitsklage insgesamt gemäß § 589 ZPO zulässig.
26 B. Die Nichtigkeitsklage ist nicht begründet, denn das Gericht war bei seiner Entscheidung im Verfahren 9 A 8.19 durch Urteil vom 2. Juli 2020 vorschriftsmäßig besetzt. Der Nichtigkeitsgrund einer vorschriftswidrigen Besetzung nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wäre nur erfüllt, wenn zugleich eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorläge (Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 153 Rn. 50 m. w. N.; zum entsprechenden Maßstab bei § 138 Nr. 1 VwGO BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2022 - 8 B 1.22 - juris Rn. 30 m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall.
27 1. Mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird. Es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung - gleichgültig von welcher Seite - beeinflusst werden kann. Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden. Aus diesem Zweck des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, dass die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, im Voraus so eindeutig wie möglich festlegen müssen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalls berufen sind (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <327>; Kammerbeschlüsse vom 27. September 2002 - 2 BvR 1843/00 - NJW 2003, 345 und vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2011/16 u. a. - NJW 2017, 1233 Rn. 21 f.).
28 Auch die Regelungen in den jährlich aufzustellenden Geschäftsverteilungsplänen, die die gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeiten der Gerichte und der jeweiligen Spruchkörper ergänzen, müssen die wesentlichen Merkmale gesetzlicher Vorschriften aufweisen. Sie müssen daher zum einen der Schriftform genügen und zum anderen im Voraus generell-abstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper und die Zuweisung der einzelnen Richter regeln, damit die einzelne Sache aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale (gleichsam "blindlings") an den entscheidenden Richter gelangt und so der Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt ausgeschlossen wird (vgl. BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <328 f.>; Kammerbeschlüsse vom 27. September 2002 - 2 BvR 1843/00 - NJW 2003, 345 und vom 20. Februar 2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 <1156>). Diese Anforderungen gelten in gleicher Weise auch für die Verteilung der Geschäfte innerhalb eines mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers gemäß § 21g Abs. 1 Satz 1 GVG. Auch hier muss durch den spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplan insbesondere für einen überbesetzten Spruchkörper normativ und abstrakt-generell mit hinreichender Klarheit im Voraus geregelt werden, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <334>).
29 Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit schließt es jedoch nicht aus, zur Bestimmung des gesetzlichen Richters auf auslegungsbedürftige Begriffe zurückzugreifen, und auch die Verwendung unbestimmter Begriffe ist mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar, wenn die einzelne Regelung so beschaffen ist, dass sachfremden Einflüssen generell vorgebeugt und eine Beeinflussung des Ergebnisses der gerichtlichen Entscheidung durch eine gezielte Auswahl von Richtern vermieden wird (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330, 332 f.>).
30 Ob eine angewandte Zuständigkeitsregel eines Geschäftsverteilungsplans diesen Anforderungen entspricht und eine generell-abstrakte Regelung im Sinne der Garantie des gesetzlichen Richters darstellt, ist vollumfänglich zu überprüfen, das Gericht ist insoweit nicht auf eine Willkürkontrolle beschränkt (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 29, vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2011/16 u. a. - NJW 2017, 1233 Rn. 28 und vom 20. Februar 2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 Rn. 20; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 CB 4.86 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 17 S. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 41). Da der Senat hinsichtlich dieses Maßstabs nicht von der Entscheidung eines anderen Senats des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen obersten Gerichtshofs abweicht, besteht weder Veranlassung für die von den Klägern angeregte Vorlage der Frage, "ob spruchkörperbezogene Geschäftsverteilungsbestimmungen vollumfänglich zu überprüfen sind, wenn gerügt wird, dass sie selbst nicht den Gewährleistungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügen, und ob in diesem Fall eine Beschränkung auf eine bloße Willkürkontrolle nicht angezeigt ist," an den Großen Senat beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 11 Abs. 2 und 3 VwGO noch für die Vorlage der Frage, "ob die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen ist," an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG.
31 2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass das Urteil vom 2. Juli 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht A. sowie der Richterinnen und Richter am Bundesverwaltungsgericht B., C., D. und E. ergangen ist. Die Besetzung der Richterbank entsprach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2020, der seinerseits den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht wurde.
32
Für das erstinstanzliche Klageverfahren der Kläger gegen einen fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss war der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zuständig, der im Jahr 2020 mit dem Vorsitzenden Richter A., den Richterinnen B. und E. sowie den Richtern F., C. und D. besetzt war. Maßgebend für die Mitwirkung an der Entscheidung im Jahr 2020 waren die Regelungen im Beschluss des 9. Senats vom 5. Dezember 2019 über die Senatsgeschäftsverteilung ab dem 1. Januar 2020 (GVPl. 2020). Diese lauten auszugsweise:
"I.
33
- An Entscheidungen, die der Senat in der Besetzung mit fünf Richtern trifft, wirken außer dem Vorsitzenden, dem Berichterstatter und dem Mitberichterstatter die weiteren Senatsmitglieder mit Ausnahme desjenigen mit, dessen Nichtbeteiligung sich aus Nr. II 8 ergibt.
..."
"II.
34
- Für die vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen und noch anhängigen Verfahren aus dem Dezernat von Richter F. gelten mit Wirkung ab 1. Januar 2020 folgende Übergangsregelungen:
- Die im Jahr 2018 eingegangenen A-Sachen gehen auf Richter D. über (betrifft 9 A ...).
- Die zwischen dem 1. Januar und 30. November 2019 eingegangenen A-Sachen gehen auf Richterin E. über (betrifft 9 A 8.19 , 22.19, 23.19).
- Die zwischen dem 1. Januar und 30. November 2019 eingegangenen C-Sachen gehen auf Richter C. über (betrifft 9 C ...).
- Die zwischen dem 1. Januar und 31. März 2019 eingegangenen B-Sachen gehen auf Richterin E. über (betrifft 9 B ...).
- Die zwischen dem 1. April und 30. November 2019 eingegangenen B-Sachen gehen auf Richterin B. über (betrifft 9 B ...); insoweit findet Nr. 8 d) insgesamt Anwendung.
- Die ab 1. Dezember 2019 eingehenden Sachen werden nach den nachfolgenden Regeln verteilt.
Im Übrigen bleibt es für die vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen Verfahren bei der vorgesehenen Berichterstattung. Die Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder richtet sich nach Nr. 8.
...
- Die Berichterstattung in den neu eingehenden Sachen aus
- dem Straßen- und Wegerecht,
- dem Flurbereinigungsrecht und dem Recht des ländlichen Grundstücksverkehrs
übernehmen Richterin B., Richter C., Richter D. und Richterin E. in folgender Weise: ...
- Die Berichterstattung in Streitsachen, welche die Fehmarnbelt-Querung zwischen Puttgarden und der deutsch-dänischen Grenze betreffen, übernimmt Richter F.
- Unter Berücksichtigung von Nr. 2 Abs. 2 und Nr. 5 übernehmen die Berichterstattung in den neu eingehenden Sachen aus
- dem Erschließungsrecht sowie dem Erschließungs-, Straßenausbau-, Wasserversorgungs-, Entwässerungs-, Wasserverbands- und sonstigen Beitragsrecht: Richter C. und Richterin E.,
- dem übrigen Abgabenrecht: Richterin B. und Richter D.
- ...
- ...
- ...
- Den Berichterstattungen werden die Mitberichterstattungen sowie diejenigen Senatsmitglieder, die in der Fünferbesetzung an den jeweiligen Verfahren nicht mitwirken, wie folgt zugeordnet:
BE: | MBE: | nicht mitwirkend: |
a) zu Nr. 2: | ||
B. C. D. E. | C. D. E. B. | F. F. F. F. |
b) zu Nr. 3: | ||
F. | D. | E. |
c) zu Nr. 4 a): | ||
C. E. | E. C. | B. D. |
d) zu Nr. 4 b): | ||
B. D. | D. B. | F. F." |
35 Entgegen der Auffassung der Kläger hat dieser Geschäftsverteilungsplan sowohl die Mitwirkung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. als Berichterstatterin für das Verfahren der Kläger (a) als auch die Mitwirkung der weiteren Richter neben dem Vorsitzenden (b) in verfassungsgemäßer Weise geregelt.
36 a) Die Aufgabe der Berichterstattung innerhalb des Spruchkörpers ist Ausdruck und Folge der internen Arbeitsverteilung, woraus folgt, dass die Bestimmung eines Berichterstatters für sich genommen keine Frage des gesetzlichen Richters ist. Etwas anders gilt aber dann, wenn die Zusammensetzung der für die jeweilige Sache zuständigen Sitz- oder Spruchgruppe an die Person des Berichterstatters anknüpft (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330 f.>). So liegt der Fall hier, weil Nr. I.1 GVPl. 2020 bestimmt, dass an Entscheidungen des Senats in der Besetzung mit fünf Richtern neben dem Vorsitzenden, dem Berichterstatter und dem Mitberichterstatter die weiteren Senatsmitglieder mit Ausnahme desjenigen mitwirken, dessen Nichtbeteiligung sich aus Nr. II.8 GVPl. 2020 ergibt, und die Regelungen zur Mitberichterstattung und Nichtmitwirkung in Nr. II.8 GVPl. 2020 auf die Person des Berichterstatters abstellen.
37 Berichterstatterin im Verfahren 9 A 8.19 war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung im Jahr 2020 die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E., wie sich aus der Bestimmung in Nr. II.1 Abs. 1 b) GVPl. 2020 eindeutig ergibt. Danach ist die Berichterstattung im Verfahren 9 A 8.19 , das bei Eingang im Jahr 2019 nach dem damals geltenden Geschäftsverteilungsplan dem Dezernat des Richters am Bundesverwaltungsgericht F. zugeteilt worden war, zum 1. Januar 2020 auf die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. übergegangen.
38 Entgegen der Auffassung der Kläger liegt dieser Übertragung keine unzulässige, auf den Einzelfall ihres Verfahrens bezogene Auswahl zugrunde.
39 Die Umverteilung von anhängigen Verfahren bei der Verteilung der Geschäfte für das neue Geschäftsjahr ist als solches nicht zu beanstanden. Nach dem Jährlichkeitsprinzip des § 21g Abs. 2 Halbs. 1 GVG tritt der für die Dauer eines Jahres beschlossene Geschäftsverteilungsplan am Ende des Jahres ohne Weiteres außer Kraft, und nach dem Vollständigkeitsprinzip sind bei der für das neue Geschäftsjahr zu beschließenden Geschäftsverteilung sowohl die bisher anhängigen als auch die künftig anhängig werdenden Streitsachen (erneut) zu verteilen (vgl. für die Geschäftsverteilung nach § 21e GVG BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 10; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 4 Rn. 35). Da der Senat insoweit mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übereinstimmt, besteht für die von den Klägern angeregte Vorlage der Frage, "ob die Geschäftsverteilungsbeschlüsse nicht über das laufende Geschäftsjahr hinauswirken", an den Großen Senat beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 11 Abs. 2 und 3 VwGO kein Raum.
40 Die genannten Prinzipien schließen die Möglichkeit von Änderungen bisheriger Zuständigkeiten ein, ohne dass insoweit die Beschränkungen für unterjährige Änderungen nach § 21g Abs. 2 Halbs. 2 GVG gelten würden (Lückemann, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 21e GVG Rn. 44; zur Geschäftsverteilung durch das Präsidium auch Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2024, § 4 FGO Rn. 25). Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang das Abstraktionsprinzip zu beachten und zu gewährleisten, dass die Änderungen nach abstrakt-generellen Regeln erfolgen und frei von sachfremden, einzelfallbezogenen Auswahlüberlegungen sind (vgl. zur Geschäftsverteilung durch das Präsidium Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2024, § 4 FGO Rn. 25; zur Zulässigkeit eines bestimmten Maßes an Konkretheit, wenn nicht alle anhängigen Verfahren übertragen werden, Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 23; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 10). Diese Anforderungen sind hier erfüllt.
41 Die in Nr. II.1 Abs. 1 GVPl. 2020 geregelte Neuverteilung von Verfahren aus dem Dezernat des Richters F. in die Dezernate anderer Senatsmitglieder erfolgte differenziert nach Verfahrensart und Eingangszeitpunkt. Die nach der Bezeichnung dieser abstrakten Kriterien jeweils in Klammern genannten Aktenzeichen hatten dabei nur rein deklaratorische Bedeutung und waren nicht das Ergebnis einer einzelfallbezogenen Auswahl anhand weiterer, nicht im Geschäftsverteilungsplan niedergelegter Umstände. Dies gilt auch für den unter Buchstabe b) geregelten Übergang von A-Sachen, also erstinstanzlichen Klageverfahren, aus dem Eingangszeitraum 1. Januar bis 30. November 2019 in das Dezernat E. Auch die drei dort genannten Aktenzeichen - darunter das des Verfahrens der Kläger (9 A 8.19 ) – vollziehen nur vollständig die insoweit beschlossene Verfahrensübertragung nach. Soweit zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung 2020 am 5. Dezember 2019 neben den drei durch Aktenzeichen benannten Verfahren noch weitere A-Sachen aus dem genannten Eingangszeitraum im Dezernat F. anhängig waren, betraf dies ausnahmslos Klagen aus dem Sachgebiet der Festen Fehmarnbelt-Querung, die nicht von der Umverteilung gemäß Nr. II.1 GVPl. 2020 erfasst waren. Denn für diese Verfahren übernahm der Richter am Bundesverwaltungsgericht F. nach Nr. II.3 GVPl. 2020 die Berichterstattung insgesamt und somit sowohl für bereits anhängige Sachen als auch für etwaige Neueingänge. Soweit die Kläger aus der Formulierung "übernimmt" schließen wollen, dass Nr. II.3 GVPl. 2020 entgegen seinem uneingeschränkten Wortlaut nur Neueingänge betreffen sollte, ist dies nicht zutreffend und berücksichtigt nicht, dass entsprechend dem Jährlichkeitsprinzip mit Beginn des neuen Geschäftsjahres auch Altverfahren - erneut oder nach Berichterstatterwechsel erstmals – "übernommen" werden.
42 Für die Zuteilung der im Dezernat F. anhängigen A-Verfahren mit Eingang zwischen Januar und November 2019 bestand danach kein Spielraum, der Gegenstand einzelfallbezogener Überlegungen hätte sein können. Aus den Regelungen im GVPl. 2020 ergab sich vielmehr eindeutig, dass der Richter am Bundesverwaltungsgericht F. im Geschäftsjahr 2020 zum einen für sämtliche Streitsachen zur Fehmarnbelt-Querung als (einziger) Berichterstatter zuständig war <Nr. II.3, Nr. II.8 b) GVPl. 2020> und zum anderen von der Berichterstattung im Übrigen sowohl für Altverfahren als auch für Neueingänge ausgenommen war <Nr. II.1 Abs. 1 a) bis f), Nr. II.2, Nr. II. 4 a) und b) sowie Nr. II.8 a), c) und d) GVPl. 2020)>.
43 Diese auf das Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung bezogene Differenzierung war Grundlage für die (teilweise) Umverteilung der im Dezernat F. anhängigen Verfahren. Die damit verbundenen Änderungen der Zuständigkeit waren verfassungsrechtlich zulässig, wenn nicht gar geboten. Denn sie dienten dem Interesse einer gleichmäßigen Verteilung der Belastungen innerhalb des Spruchkörpers und erfüllten damit gerade die Aufgabe der Geschäftsverteilung, auf eine gleichmäßige Bearbeitung der Geschäfte hinzuwirken, um Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit zu gewährleisten (vgl. zur unterjährigen Änderung der Geschäftsverteilung aus diesem Grund BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 24 m. w. N.).
44 Soweit die Kläger geltend machen, der Geschäftsverteilungsplan sei nicht so klar und eindeutig gefasst worden, wie es möglich gewesen wäre, und Beispiele für Formulierungsalternativen anbieten, genügt dies nicht, um einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu begründen. Dass der Regelungszusammenhang zwischen den beiden Zuteilungsbestimmungen in Nr. II.1 Abs. 1 b) und Nr. II.3 GVPl. 2020 deutlicher hätte zum Ausdruck gebracht werden können, ändert nichts daran, dass die Geschäftsverteilung tatsächlich abstrakt-generell anhand der Merkmale Sachgebiet, Verfahrensart und Eingangszeitpunkt erfolgt ist und die von den Klägern gerügte Einzelzuweisung nicht vorliegt. Das rechtsstaatlich gebotene Erfordernis, dass die Regelungen über den gesetzlichen Richter hinreichend bestimmt sein müssen und sich aus ihnen möglichst eindeutig ergeben muss, welche Richter in einem konkreten Verfahren mitwirken (vgl. BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <329> und Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 23), ist kein Selbstzweck, sondern vor dem Hintergrund der Gewährleistungsfunktion des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu sehen. Die Garantie des gesetzlichen Richters soll von vornherein jeglichen Verdacht der Manipulation und der sachfremden Einflussnahme ausschließen. Aus diesem Grund dürfen die Geschäftsverteilungspläne der Gerichte sowie der einzelnen Spruchkörper keinen vermeidbaren Spielraum für die Heranziehung einzelner Richter eröffnen, der Grundlage für eine Einzelfallentscheidung sein könnte. Dies schließt jedoch die Verwendung auslegungsbedürftiger oder unbestimmter Begriffe nicht aus, sofern die einzelne Regelung so beschaffen ist, dass sachfremden Einflüssen generell vorgebeugt und eine Beeinflussung des Ergebnisses der gerichtlichen Entscheidung durch eine gezielte Auswahl von Richtern vermieden wird (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330, 332 f.>). Maßgebend ist, dass die Bestimmung der zur Mitwirkung berufenen Richter anhand von Kriterien erfolgt, die subjektive Wertungen weitgehend ausschließen, und dass alle vermeidbaren Freiräume etwa für Richter, die Geschäftsstelle oder die Posteingangsstelle des Gerichts ausgeschlossen werden, die Einfallstor für sachfremde Einflüsse sein könnten (Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 19). Es dürfen somit keine unnötigen Interpretations- und Handlungsspielräume verbleiben, die es einzelnen Akteuren ermöglichen könnten, im gerichtlichen Verfahrensablauf zwischen dem Eingang der Sache bei Gericht und dem Termin zur Entscheidung im Einzelfall Einfluss auf die Bestimmung der zuständigen Richter zu nehmen. Derartige Spielräume eröffnet die von den Klägern kritisierte Regelung in Nr. II.1 b) GVPl. 2020 nicht.
45 Aus diesem Grund ist das von den Klägern angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07 - (NJW-RR 2009, 1264) hier nicht einschlägig. Vorliegend geht es bei der Aufzählung der Aktenzeichen nicht um die Auswahl nach "mitbedachten", aber nicht schriftlich zum Ausdruck gebrachten zusätzlichen Kriterien. Vielmehr sind die maßgebenden abstrakten Zuteilungsparameter vollständig im Geschäftsverteilungsplan schriftlich niedergelegt worden mit der Folge, dass den genannten Aktenzeichen insoweit nur deklaratorischer Charakter zukommt. Vor diesem Hintergrund besteht mangels abweichender Entscheidung kein Anlass, dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entsprechend der Anregung der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG die Frage vorzulegen, "ob eine Aufzählung von Aktenzeichen, welche nicht nur der Klarstellung eines abstrakten Mitwirkungsgrundsatzes, welche Verfahren nach diesem abstrakten Mitwirkungsgrundsatz auf den zugeteilten Richter entfallen, dient, wenn vielmehr nicht alle nach dieser abstrakten Bestimmung verbleibenden Sachen diesem Richter zugeteilt wurden, den Anforderungen an eine abstrakt-generelle und hinreichend bestimmte Zuweisungsregelung nach § 21g GVG nicht gerecht wird und damit zu einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts führt."
46 Auch für die "Offenlegung der folgenden, laut Senatsbeschluss vom 25.10.2024, Rn. 14, öffentlich zugänglichen Informationen der Berichterstattung in Presse und Internet über das Vorhaben der Festen Fehmarnbeltquerung, des dazu ergangenen über 1000 Seiten langen Planfeststellungsbeschlusses, der Information über die dagegen im Frühjahr 2019 erhobenen Klagen, der von den (dortigen) Klägern in den Verfahren der Fehmarnbeltquerung selbst öffentlich gemachten umfangreichen Rügen, der Information über den Umstand, dass diese 2019 eingegangenen Klagen im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden, mit jeweiliger Bezeichnung der Quelle und mit 'Beleg' deren öffentlicher Zugänglichkeit im Zeitpunkt des Beschlusses vom 05.12.2019," sieht der Senat keine Veranlassung. Die Kläger nehmen mit ihrer Bitte der Sache nach Bezug auf zwei Beschlüsse des Senats, die im Zusammenhang mit dem hiesigen Verfahren ergangen sind. Dies betrifft den Beschluss vom 5. Januar 2023 - 9 A 12.21 , 9 A 6.22 -, mit dem ein Ablehnungsgesuch der Kläger gegen alle damaligen Senatsmitglieder verworfen worden ist, sowie den Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 -, mit dem die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge sowie ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen einzelne Senatsmitglieder zurückgewiesen worden sind. In diesen Beschlüssen hat der Senat zur Erläuterung des Hintergrunds der Senatsgeschäftsverteilung für das Jahr 2020 auf die dem Dezernat F. zugewiesenen zahlreichen Verfahren aus dem Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung hingewiesen, die im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden und eine äußerst aufwändige und zeitintensive Vorbereitung erforderten. Dabei geht es entgegen der Auffassung der Kläger nicht um Umstände, die vom Senat zur Bestimmung des objektiven Aussagegehalts seiner Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2020 herangezogen worden sind, sondern lediglich um nähere Ausführungen zu der mit der Umverteilung zu Beginn des Geschäftsjahres angestrebten gleichmäßigen Verteilung der anhängigen Geschäfte zur Gewährleistung zeitangemessenen Rechtsschutzes. Die Auslegung der Geschäftsverteilung ergibt sich ausschließlich aus den schriftlich niedergelegten Regelungen selbst.
47 b) Dass neben dem Vorsitzenden und der Berichterstatterin an dem streitgegenständlichen Verfahren der Kläger aus dem Sachgebiet des Straßenrechts als gesetzliche Richter die weiteren Mitglieder des 9. Senats mit Ausnahme des Richters am Bundesverwaltungsgericht F. mitzuwirken hatten, ergibt sich aus Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Nr. II.8 a), Nr. II.2 a) GVPl. 2020.
48 Nach der Regelung in Nr. II.8 GVPl. 2020, die nach Nr. I.1 GVPl. 2020 für alle Entscheidungen, die von fünf Richtern zu treffen sind, maßgeblich ist, werden die jeweils mitberichterstattenden bzw. nicht mitwirkenden Senatsmitglieder den Berichterstattungen nach den Vorgaben der in den Buchstaben a) bis d) aufgeführten Tabellen zugeordnet. Diese vier Tabellen differenzieren danach, ob sich die Person des Berichterstatters aus Nr. II.2, Nr. II.3 oder Nr. II.4 a) oder b) GVPl. 2020 herleitet, wobei Nr. II.2 GVPl. 2020 die Zuteilung neuer Sachen aus dem Straßen- und Wegerecht sowie dem Flurbereinigungsrecht, Nr. II.3 GVPl. 2020 die Streitsachen betreffend die Fehmarnbelt-Querung und Nr. II.4 a) und b) GVPl. 2020 die neuen Sachen aus dem Abgabenrecht betreffen. Dieses unmittelbar für die Neueingänge ab 2020 geltende Zuordnungssystem, das Mitberichterstattung und Nichtmitwirkung von der Person des Berichterstatters und dem Sachgebiet, aus dem die Sache stammt, abhängig macht, gilt gemäß Nr. II.1. Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auch für die Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder in den vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen Verfahren. Daraus folgt, dass für das streitgegenständliche Verfahren aus dem Sachgebiet des Straßen- und Wegerechts, für das Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. als Berichterstatterin zuständig war, die Mitwirkungsregel nach Nr. II.8 a) i. V. m. Nr. II.2 a) GVPl. 2020 einschlägig war, wonach Richter am Bundesverwaltungsgericht F. nicht zur Mitwirkung berufen war.
49 Soweit die Kläger demgegenüber einwenden, eine Mitwirkungsbestimmung nach Nr. II.8 a) i. V. m. Nr. II.2 a) GVPl. 2020 gehe vorliegend ins Leere, weil Nr. II.2. GVPl. 2020 nur Verfahren betreffe, die ab dem 1. Januar 2020 neu eingingen, berücksichtigen sie nicht, dass durch den Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 die Altverfahren ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Nr. II.8 GVPl. 2020 einbezogen wurden und die dort für Neueingänge festgelegten Regelungen damit auch auf die schon anhängigen Sachen erstreckt wurden mit der Folge, dass die in Nr. II.8 a) i. V. m. II.2 a) GVPl. 2020 für neu eingehende Sachen aus dem Straßen- und Wegerecht bestimmten Zuordnungen auch auf die Altverfahren aus diesem Sachgebiet Anwendung fanden. Hierfür bedurfte es entgegen der Ansicht der Kläger keiner mitgedachten "Analogie", weil sich die Anwendbarkeit auf Altverfahren unmittelbar aus dem Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 ergab.
50 Dieser Auslegung liegt ein sachgerechtes Verständnis der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans zugrunde (vgl. zu diesem Maßstab etwa BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 11), wohingegen die "Auslegung" durch die Kläger, wonach der Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 ins Leere ginge und der Senat die Mitwirkung weiterer Senatsmitglieder dahingehend geregelt habe, dass er keine Regelung getroffen habe, offensichtlich keinen sinnvollen Inhalt hätte und daher nicht als Auslegungsalternative und Beleg für die Unbestimmtheit und Unklarheit der Mitwirkungsregelungen in Betracht kommt. Auf die Frage, ob diese Regelungen gegebenenfalls klarer und einfacher hätten formuliert werden können, kommt es nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht an, weil es auch hier an Spielräumen für eine einzelfallbezogene Auswahl und Einflussnahme auf die Spruchkörperbesetzung jenseits der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans fehlt.
51 Soweit die Kläger Überlegungen zu denkbaren alternativen Regelungskonzepten für die Mitwirkung in den Altverfahren angestellt haben, können diese nicht überzeugen. Das von ihnen erwogene Konzept, auch für die Bestimmung der weiteren Senatsbesetzung an Verfahrensarten und Eingangsdatum anzuknüpfen, lässt sich nicht mit dem ausdrücklichen Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 in Einklang bringen, weil sich den damit in Bezug genommenen Tabellen nur eine Differenzierung nach Sachgebieten und nicht nach Verfahrensarten entnehmen lässt. Die Auffassung der Kläger, in Nr. II.8 GVPl. 2020 seien keine sachgebietsbezogenen Regelungssätze enthalten, weil darin nur nummerisch auf einzelne Zahlen verwiesen werde, blendet aus, dass die hinter den Zahlen stehenden Zuteilungsregelungen sich ihrerseits gerade auf die verschiedenen Sachgebiete beziehen und darin das maßgebliche Differenzierungsmerkmal liegt.
52 Der Ansatz der Kläger, dass der Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 ins Leere laufe, weil dort nicht auf die Verfahren nach Nr. II.1 Bezug genommen werde, stellt sich aus den dargestellten Gründen als unzutreffend dar, weshalb auch das von den Klägern vorgelegte rechtswissenschaftliche Gutachten nicht zu überzeugen vermag. Denn es geht ebenfalls von diesem Ansatz aus und berücksichtigt nicht, dass durch den genannten Verweis die Altverfahren ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Nr. II.8 GVPl. 2020 einbezogen worden sind.
53 3. Da der Senat die Entscheidung in dem Klageverfahren 9 A 8.19 in der vorschriftsmäßigen Besetzung getroffen hat, liegt ein Nichtigkeitsgrund nicht vor, so dass das Verfahren nicht wiederaufzunehmen ist. Über die auf diese Hauptsache bezogenen Anträge der Kläger war daher nicht zu entscheiden.
54 C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Es entspricht nicht der Billigkeit, den unterlegenen Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, weil sich die Beigeladene mangels Antragstellung selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt und das Verfahren auch nicht inhaltlich gefördert hat.