Beschluss vom 11.01.2005 -
BVerwG 2 WDB 1.05ECLI:DE:BVerwG:2005:110105B2WDB1.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.01.2005 - 2 WDB 1.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:110105B2WDB1.05.0]

Beschluss

BVerwG 2 WDB 1.05

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier als Vorsitzender,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
am 17. März 2005
b e s c h l o s s e n :
Die von der Einleitungsbehörde mit Verfügung vom 11. Januar 2005 angeordnete Einbehaltung von 30 vom Hundert der Dienstbezüge des Antragstellers ab 1. Februar 2005 wird aufgehoben.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

Der im Jahre 1953 geborene Antragsteller ist seit August 1973 Angehöriger der Bundeswehr. Die Eigenschaft eines Berufssoldaten wurde ihm am 18. März 1980 verliehen. Seine Dienstzeit wird bei planmäßigem Verlauf durch Versetzung in den Ruhestand wegen Erreichens der besonderen Altersgrenze des Dienstgrades voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 2006 enden. Seit dem 1. November 2002 wurde der Soldat im Zentrum für ... der Bundeswehr (...-Zentrum Bw) bis zu seiner durch Verfügung der Einleitungsbehörde vom 29. März 2004 erfolgten vorläufigen Dienstenthebung verwendet.

Mit Anschuldigungsschrift vom 19. September 2003, dem Antragsteller zugestellt am 26. September 2003, legte der Wehrdisziplinaranwalt dem Soldaten folgenden Sachverhalt als Dienstvergehen zur Last:

„1. Der Soldat ist im Zeitraum vom 28. November 2002 bis 18. Dezember 2002 dem ihm am 27. November 2002 eröffneten schriftlichen Befehl seines damaligen Vorgesetzten, des stellvertretenden Leiters ...zentrum ..., den auf seinem Arbeitszeitkonto ausgewiesenen Minus-Saldo von 60:41 Stunden bis zum 18. Dezember 2002 auf den gemäß Stabsdienstanordnung zulässigen Minus-Saldo von 40 Stunden zurückzuführen, nicht nachgekommen, sondern erhöhte den Fehlstundensaldo auf 65:26 Stunden.

2. Er verweigerte am 11. Februar 2003 gegen 11.10 Uhr im Beisein des Hauptfeldwebels Görlich die Ausführung des wiederholt gegebenen Befehls seines Fachgruppenleiters 2, Oberst K., mit dem Dienst-Kfz nach Düsseldorf zu fahren, um bereits vor Ort befindliche Soldaten des ...-Zentrum Bw bei Überprüfungsarbeiten zu unterstützen, mit der Begründung, dass ihm eine Rückkehr bis 16.30 Uhr zur Dienststelle in E. nicht verbindlich zugesagt werden könne. In der Folge wurde er durch Oberst K. vorläufig festgenommen.

3. Um 11.30 Uhr desselben Tages lehnte der Soldat gegenüber dem damaligen Leiter Zentrum für ... der Bundeswehr, Oberst L., erneut die Befolgung des Befehls ab, nachdem er durch diesen auf die Folgen einer Gehorsamsverweigerung hingewiesen worden war, worauf die vorläufige Festnahme bis 18.00 Uhr aufrechterhalten wurde.

4. Am 6. März 2003 verließ der Soldat während der Dienstzeit die

...-Kaserne in E. von 10.55 Uhr bis 12.50 Uhr zur Wahrnehmung eines Arzttermins für seinen Sohn, ohne sich bei einem Vorgesetzten abgemeldet und ohne sich gemäß dem ihm bekannten schriftlichen Befehl des Leiters ...-Amt zur Dienstzeitregelung vom 10. Juni 2002, hier: Ziffer 5, in das Abwesenheitsbuch eingetragen zu haben.“

Die Truppendienstkammer hat den Antragsteller mit Urteil vom 21. Januar 2004 eines Dienstvergehens für schuldig befunden und ihn in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt. In den Gründen wird ausgeführt, der Antragsteller habe in allen vier Anschuldigungspunkten vorsätzlich seine Dienstpflichten zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG) sowie zur Wahrung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt. Die gegen dieses Urteil von ihm in vollem Umfang eingelegte Berufung - BVerwG 2 WD 13.04 - hat der Antragsteller durch seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom 15. März 2005 zurückgenommen.

In einem weiteren Verfahren wird dem Antragsteller in der Anschuldigungsschrift vom 8. Juni 2004 folgender Sachverhalt als Dienstvergehen zur Last gelegt:

„Obwohl der Soldat am 21. Januar 2004 durch Urteil der 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord (N 1 VL 14/03, noch nicht rechtskräftig) wegen wiederholter Verstöße gegen die Dienstleistungs- und Gehorsamspflicht in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt worden ist,

1. trat er am 1. März 2004 und am 2. März 2004 trotz des für ihn festgelegten Dienstbeginns um 7.30 Uhr seinen Dienst jeweils erst um 7.50 Uhr an;

2. meldete er sich am 4. März 2004 gegen 13.00 Uhr nach Rückkehr von einer truppenärztlichen Untersuchung im Sanitätsbereich M. bei seinem Fachgruppenleiter, Oberst K., nach Hause ab, nachdem er diesem der Wahrheit zuwider mitgeteilt hatte, der Truppenarzt, Stabsarzt M., habe ihn für zwei weitere Tage ‚Krank zu Hause’ geschrieben. Zuvor hatte er auf dem an Oberst K. übereichten Krankenmeldeschein zusätzlich zu der ärztlichen Empfehlung einer Marsch-, Sport- und Geländedienstbefreiung unter der Rubrik ‚Krank zu Hause’ das Feld ‚ja’ angekreuzt, um seine wahrheitswidrige Behauptung zu untermauern;

3. trat er am 5. März 2004 den Dienst erst um 7.58 Uhr mit der Begründung an, dass er verschlafen habe, obwohl ihm am 4. März 2004 zwischen 16.15 Uhr und 16.45 Uhr in drei Telefonaten durch seinen nächsten Disziplinarvorgesetzten, Oberst i.G. P. der Befehl erteilt worden war, sich am 5. März 2004 um 7.30 Uhr bei seinem Fachgruppenteiler zum Dienst zu melden.“

Das Truppendienstgericht Nord hat den Antragsteller mit Urteil vom 10. August 2004 - N 1 VL 9/04 - eines Dienstvergehens für schuldig befunden und ihn in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt. In den Gründen wird ausgeführt, der Antragsteller habe vorsätzlich gegen die Dienstpflichten zum treuen Dienen (§ 7 SG), zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG), zur Wahrheit in dienstlichen Angelegenheiten (§ 13 Abs. 1 SG) sowie zur Wahrung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verstoßen. Gegen dieses Urteil haben sowohl der Antragsteller (in vollem Umfange) als auch der Wehrdisziplinaranwalt (beschränkt auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme) jeweils Berufung eingelegt, über die der Senat noch nicht entschieden hat (BVerwG 2 WD 26.04 ). Mit Beschluss vom 2. März 2005 hat der Senat das Berufungsverfahren (BVerwG 2 WD 26.04 ) bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Amtsgericht Euskirchen anhängigen Strafverfahrens 332 Js 222/04 gemäß § 83 Abs. 1 WDO ausgesetzt, da der dem Antragsteller im Verfahren BVerwG 2 WD 26.04 im Anschuldigungspunkt 2 der Anschuldigungsschrift vom 8. Juni 2004 gemachte Tatvorwurf auch Gegenstand dieses noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens ist.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2004 hat der Bundeswehrdisziplinaranwalt dem Senat mitgeteilt, gegen den Antragsteller seien weitere disziplinare Vorermittlungen aufgenommen worden, nachdem die Staatsanwaltschaft B. unter dem 18. November 2004 eine weitere Anklage gegen den Soldaten erhoben habe, deren Gegenstand der Vorwurf sei, der Soldat habe über das Internetauktionshaus „ebay“ als privater Anbieter in der Zeit vom 7. bis zum 17. Juli 2004 Waren zum Verkauf angeboten und dabei in drei Fällen Betrugshandlungen begangen:

1. Am 12. Juli 2004 habe die Zeugin Alexandra B. eine von dem Soldaten inserierte Sweatjacke, Größe 36/38, Farbe oliv, von der Firma „Esprit“ zum Preis von 20,50 € zzgl. 4,00 € Versandkosten ersteigert und den Betrag von 24,50 € auf das Konto des Soldaten überwiesen, der jedoch die Ware nicht geliefert habe.

2. Am selben Tag (12. Juli 2004) habe die Zeugin Birte B. gegen das Meistgebot den Zuschlag für eine ebenfalls von dem Soldaten angebotene Jacke, Größe 92/98, Cool von „Esprit“ erhalten und den Preis von 15,50 € zzgl. 3,50 € Versandkosten auf das Konto des Soldaten überwiesen, der jedoch wiederum nicht geliefert habe.

3. Am 17. Juli 2004 habe die Zeugin Maria M. auf die Anzeige des Soldaten hin eine Jeanshose von „Esprit“ zum Gesamtpreis von 20,50 € ersteigert und den Betrag am 19. Juli 2004 an den Soldaten überwiesen, ohne dass anschließend die Ware geliefert worden sei.

Auch dieses strafgerichtliche Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Einleitungsbehörde hat auch insofern mit Verfügung vom 4. Februar 2005 ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet, das zunächst ausgesetzt worden ist. Eine Anschuldigungsschrift ist bislang nicht ergangen.

Mit der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens (BVerwG 2 WD 26.04 ; Anschuldigungsschrift vom 8. Juni 2004) hatte die Einleitungsbehörde durch Verfügung vom 29. März 2004 den Antragsteller vorläufig des Dienstes enthoben und ihm verboten, Uniform zu tragen. Ferner hatte sie für die Zeit ab 1. Mai 2004 die Einbehaltung von 30 v.H. seiner Dienstbezüge angeordnet. Auf Antrag des Soldaten wurde die letztere Anordnung mit Verfügung der Einleitungsbehörde vom 12. Mai 2004 dahingehend abgeändert, dass dem Antragsteller ab dem 1. Juni 2004 wieder die vollen Dienstbezüge auszuzahlen sind.

Mit Verfügung vom 11. Januar 2005 ordnete die Einleitungsbehörde für die Zeit ab 1. Februar 2005 erneut die Einbehaltung von 30 v.H. der Dienstbezüge des Antragstellers an. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass im gerichtlichen Disziplinarverfahren die Entfernung aus dem Dienstverhältnis zu erwarten sei. Nachdem die vom Antragsteller nach der Einbehaltungsverfügung vom 29. März 2004 im Hinblick auf seine wirtschaftliche Situation geltend gemachte Kautionsbelastung sowie die mutmaßlichen Mehrausgaben aus der Weihnachtszeit für die fünf unterhaltsberechtigten Familienangehörigen entfallen seien, reichten nach überschlägiger Berechnung nunmehr wieder die verminderten Dienstbezüge aus, um den Unterhaltsbedarf für eine bescheidene Lebensführung der Familie zu decken.

Den Antrag des Antragstellers vom 20. Januar 2005, diese erneute Einbehaltungsanordnung wegen im einzelnen näher geltend gemachter ihn belastender finanzieller Verpflichtungen wieder aufzuheben, lehnte die Einleitungsbehörde mit Bescheid vom 4. Februar 2005 ab. Der Ablehnungsbescheid wurde dem Soldaten nach seinen Angaben am 8. Februar 2005 bekannt. Als zuständige Stelle für den gegebenenfalls einzulegenden Rechtsbehelf war die 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord angegeben worden.

Mit Schreiben vom 10. Februar 2005, per Fax eingegangen beim Truppendienstgericht Nord am 11. Februar 2005, hat der Soldat beantragt, den Ablehnungsbescheid aufzuheben und die Dienstbezüge weiterhin in vollem Umfange zu gewähren. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen: Die Berechnung der Einleitungsbehörde entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Zwar treffe es zu, dass die monatliche Miete für das Haus nur 900 € betrage. Soweit er in seiner Kostenübersicht 1.000 € angegeben habe, beruhe dies darauf, dass er zur Zeit immer noch 100 € monatlich auf die Kaution zahle. Wenn diese Belastung ab April 2005 wegfalle, werde er diese Summe aber weiterhin benötigen, um eine zusätzliche Garage anzumieten. In dieser müsse er üblicherweise im Keller gelagerte Gegenstände unterbringen, über den sein Haus nicht verfüge. Der Verweis auf Lagermöglichkeiten im Spitzboden seines Hauses berücksichtige nicht, dass in etwa gleichem Umfange noch Platz von seiner Vermieterin in seiner ersten angemieteten Garage durch Baumaterialien belegt sei. Hinsichtlich der Telefonkosten ergäben sich aus den letzten beigefügten Rechnungen, dass er Telefongespräche in der Hauptzeit nur mit Unternehmen, Behörden, Schulen und sonstigen Stellen führe, die zu kostengünstigeren Zeiten nicht erreichbar seien. Die monatlichen Kfz-Kosten seien mit 200 € von der Einleitungsbehörde entschieden zu niedrig angesetzt worden. Durch entsprechende Internet-Ausdrucke könne er belegen, dass der ADAC und „Focus“ durchschnittliche Kosten für sein Fahrzeug von 467 € bzw. 567 € errechneten. Damit seien Fahrten zu den von seinen Kindern besuchten Schulen mit abgedeckt; wegen der unterschiedlichen Anfangszeiten (Gymnasium: 7.40 Uhr, Grundschule: 8.05 Uhr) sei eine Verbindung der Fahrten nicht möglich. Sein Sohn J. besitze kein Mofa. Selbst wenn er ein solches besitzen würde, müssten die Kosten für Fahrten und Unterhalt mit angerechnet werden. Festzuhalten sei auch, dass mit dem Pkw Einkäufe durchgeführt werden müssten, die bei einer sechsköpfigen Familie nicht zu Fuß erledigt werden könnten, darunter einmal wöchentlich eine Fahrt nach K. (einfache Entfernung von ca. 50 km). Die Einleitungsbehörde habe auch nicht berücksichtigt, dass Medikamente von ihm im Voraus bezahlt werden müssten. Sein Sohn K. sei auf ein Dauermedikament angewiesen. Der von der Einleitungsbehörde vorgenommene Vergleich mit seinen erwartbaren Versorgungsbezügen sei nicht nachvollziehbar. Für ihn selbst sei nach Eintritt in den Ruhestand eine Nebentätigkeit möglich, für seine Frau sei eine Halbtagsbeschäftigung vorgesehen. Selbst wenn der von der Einleitungsbehörde fiktiv errechnete verbleibende Betrag von 860,34 € zugrunde gelegt werde, liege dieser Betrag noch wesentlich unter den gesetzlichen Sozialhilfesätzen.

Der Vorsitzende der 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord hat mit Verfügung vom 14. Februar 2005 nach Anhörung des Soldaten, der keine Einwendungen erhoben hat, unter Bezugnahme auf § 126 Abs. 5 Satz 4 WDO den Antrag zuständigkeitshalber an das Bundesverwaltungsgericht übersandt.

Der Bundeswehrdisziplinaranwalt ist dem Antrag des Antragstellers entgegengetreten und hat ausgeführt: Die Einleitungsbehörde habe es zu Recht abgelehnt, die erneute Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge wieder aufzuheben. Die Voraussetzungen für die erfolgte Einbehaltung seien gegeben. Anhaltspunkte dafür, dass die vorläufige Dienstenthebung nicht berechtigt sei, bestünden nicht. Die Prognose einer Verhängung der Höchstmaßnahme im gerichtlichen Disziplinarverfahren sei nach wie vor berechtigt. Die erfolgte Anordnung der Einbehaltung von 30 v.H. der Dienstbezüge sei auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

II

Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers hat Erfolg.

Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist er wegen der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Bescheid fristgerecht erhoben. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts beruht auf § 126 Abs. 5 Satz 4 WDO, nachdem das gerichtliche Disziplinarverfahren (BVerwG 2 WD 26.04 ) nach der am 19. Oktober 2004 erfolgten Vorlage der Akten (§ 119 WDO) bei ihm anhängig geworden war.

Der Antrag ist auch begründet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die angeordnete vorläufige Einbehaltung von 30 v.H. der Dienstbezüge sind nicht erfüllt.

Nach § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO kann die Einleitungsbehörde gleichzeitig mit der nach § 126 Abs. 1 WDO erfolgten vorläufigen Dienstenthebung oder später anordnen, dass dem Soldaten ein Teil, höchstens die Hälfte der jeweiligen Dienstbezüge einbehalten wird, wenn im gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienstverhältnis oder Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Diese Anordnung setzt demzufolge neben der rechtswirksamen Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens die Prognose der voraussichtlichen Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme sowie eine rechtsfehlerfreie Ermessensentscheidung der Einleitungsbehörde voraus.

Zwar waren bei Ergehen der angegriffenen Einbehaltungsverfügung vom 11. Januar 2005 die Einleitungsverfügungen des Amtschefs des Streitkräfteamtes vom 21. Februar 2003 und vom 29. März 2004 dem Antragsteller am 28. Februar 2003 bzw. am 1. April 2004 zugestellt und damit beide gerichtliche Disziplinarverfahren rechtswirksam eingeleitet worden. Zuvor war dem Antragsteller auch jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 93 Abs. 1 Satz 2 WDO) und zur Anhörung der Vertrauensperson nach § 27 Abs. 2 SBG gegeben worden. Die von der Einleitungsbehörde getroffene Ermessensentscheidung ist jedoch rechtsfehlerhaft, weil die dafür im Gesetz vorgesehene Voraussetzung einer positiven Prognose der voraussichtlichen Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme nicht gegeben ist.

Bei der gerichtlichen Entscheidung darüber, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Einleitungsbehörde erfüllt sind, muss auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgestellt werden (stRspr., vgl. u.a. Beschlüsse vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB 1.02 - <Buchholz 235.01 § 126 WDO Nr. 1 = NZWehrr 2003, 79 = DokBer 2003, 29>, vom 18. November 2003 - BVerwG 2 WDB 2.03 - und vom 2. Juni 2004 - BVerwG 2 WDB 3.04 -). Die Sachprüfung in diesem vorläufigen Verfahren gemäß § 126 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. § 114 Abs. 3 Satz 2 WDO, das durch einen ohne mündliche Verhandlung ergehenden Beschluss abgeschlossen wird, muss sich hinsichtlich der zu treffenden tatsächlichen Feststellungen ihrem Wesen nach auf eine summarische Wertung und entsprechende auf Tatsachen gestützte Wahrscheinlichkeitserwägungen beschränken. Für eine eingehende Beweiserhebung ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum (stRspr.: vgl. u.a. Beschlüsse vom 19. Oktober 1992 - BVerwG 2 WDB 10.92 -, vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB 1.02 - <a.a.O.>, vom 18. November 2003 - BVerwG 2 WDB 2.03 - und vom 2. Juni 2004 - BVerwG 2 WDB 3.04 -). Für die notwendige positive Prognose der voraussichtlichen Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme ist die Feststellung erforderlich, dass der betreffende Soldat das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit begangen hat und dass dieses bei der gebotenen summarischen Betrachtung geeignet ist, das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Dienstherrn unheilbar zu zerstören. Daran fehlt es hier.

Aufgrund der mit Schriftsatz vom 15. März 2005 erfolgten Rücknahme der Berufung des Soldaten in dem Verfahren BVerwG 2 WD 13.04 steht zwar durch das Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 21. Januar 2004 - N 1 VL 14/03 -, durch das der Antragsteller in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt wurde, rechtskräftig fest, dass der Soldat in allen vier in der Anschuldigungsschrift vom 19. September 2003 enthaltenen Anschuldigungspunkten seine Dienstpflichten zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG) sowie zur Wahrung der Achtungs- und Vertrauenswürdigung im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) schuldhaft verletzt und insoweit ein Dienstvergehen begangen hat.

Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Antragsteller auch die ihm in der Anschuldigungsschrift vom 8. Juni 2004 zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat.

Ein hinreichend begründeter Verdacht für das erfolgte Begehen eines Dienstvergehens ergibt sich nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Beschlüsse vom 18. November 2003 - BVerwG 2 WDB 2.03 - <BVerwGE 119, 206

= Buchholz 236.1 § 8 SG Nr. 5 = NVwZ-RR 2004, 760> m.w.N. und vom 2. Juni 2004 - BVerwG 2 WDB 3.04 -) zwar regelmäßig bereits aus der Erhebung der öffentlichen Anklage im sachgleichen Strafverfahren (§ 170 StPO) oder aus der erfolgten Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO). Im vorliegenden Fall sprechen für das Vorliegen des zur Last gelegten Fehlverhaltens auch die im Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 10. August 2004 - N 1 VL 9/04 -, durch das der Antragsteller in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt worden ist, enthaltenen Feststellungen der verletzten Dienstpflichten. Gegen die Richtigkeit dieser Feststellungen hat der Antragsteller jedoch in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht mit seiner Berufung vom 20. September 2004 Einwände erhoben, die in ihrer Substanz nicht schon vorweg gänzlich von der Hand zu weisen sind. Im Urteil der Truppendienstkammer wird zwar unter Hinweis auf die erfolgte Vernehmung der Zeugen Stabsarzt M. und Oberst i.G. P. hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 2 ausgeführt, es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Antragsteller das Feld „Ja“ im Krankenmeldeschein unter der Rubrik „KzH“ angekreuzt habe; das Gericht sei ferner davon überzeugt, dass der Antragsteller auch die weiteren ihm zur Last gelegten Dienstvergehen am 1. und 2. März 2004 (Anschuldigungspunkt 1), am 4. März 2004 (Anschuldigungspunkt 2) und am 5. März 2004 (Anschuldigungspunkt 3) begangen habe; damit habe er vorsätzlich gegen die Dienstpflichten zum treuen Dienen (§ 7 SG), zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG), zur Wahrheit in dienstlichen Angelegenheiten (§ 13 Abs. 1 SG) sowie zur Wahrung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verstoßen. Der Antragsteller hat jedoch mit seinem Berufungsschriftsatz vom 20. September 2004 Gesichtspunkte vorgetragen, die gewichtige Zweifel an den vom Truppendienstgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen sowie den daraus gezogenen rechtlichen Konsequenzen zu begründen vermögen und näherer Überprüfung im Berufungsverfahren bedürfen.

Hinsichtlich der dem Antragsteller in den Anschuldigungspunkten 1 und 3 gemachten Vorwürfe ist im Hinblick auf die ihm angelastete vorsätzliche Begehensweise zweifelhaft, welche Auswirkungen das von ihm angeführte Zusammenwirken einer schwierigen familiären Situation und zusätzlicher erheblicher materieller Belastungen „durch die übergroße Verschuldung in der Kombination mit den gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ sowie mögliche Folgen seiner Umstellung auf ein neues Medikament für das ihm angelastete Fehlverhalten tatsächlich hatte. In dem Urteil der Truppendienstkammer finden sich hierzu keine näheren Erwägungen oder Feststellungen, sodass eine eingehende Prüfung insoweit dem Berufungsverfahren vorbehalten bleiben muss. Auf der Grundlage der dem Senat bislang vorliegenden Akten und eingereichten schriftsätzlichen Stellungnahmen lässt sich die erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit einer - schuldhaften - Verletzung der Dienstpflichten nicht feststellen.

Soweit der Antragsteller hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 2 (Vorwurf der Fälschung des Krankenmeldescheines) weiterhin vorträgt, er habe „das fragliche Kreuz auf dem Krankenmeldeschein nicht gemacht“, gilt im Ergebnis nichts anderes. Insoweit ist zu konstatieren, dass der von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung am 10. August 2004 gestellte Antrag auf Einholung eines Schriftsachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, „dass Eintragungen in dem Krankenmeldeschein von dem Soldaten nicht vorgenommen wurden“, von der Truppendienstkammer zwar durch Beschluss zurückgewiesen wurde. Weder dem Protokoll der Hauptverhandlung vom 10. August 2004 noch dem Urteil der Truppendienstkammer lässt sich jedoch entnehmen, aus welchem Grunde dem gestellten Beweisantrag nicht entsprochen worden ist. Nach § 106 Abs. 1 WDO hat das Gericht zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Nach § 91 Abs. 1 WDO i.V.m. § 34 StPO muss der Gerichtsbeschluss über die Ablehnung eines Beweisantrages mit Gründen versehen und spätestens vor Schluss der Beweisaufnahme vollständig durch Verkündung bekannt gemacht werden (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 35 Abs. 1 StPO). Die Begründung des Ablehnungsbeschlusses muss den Antragsteller über die zur Ablehnung führenden tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen des Gerichts aufklären und ihn in die Lage versetzen, sein weiteres Prozessverhalten darauf einzustellen und die weitere Verfolgung seiner Rechte danach einzurichten. Dabei ist vom wirklichen Sinn des Antrages ohne jede Einengung und Verschiebung des Beweisthemas auszugehen und der Antrag ist unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt zu würdigen (Beschluss vom 15. April 1992 - BVerwG 2 WD 13.92 - m.w.N.). Ein Beweisantrag darf nur aus den in § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 244 Abs. 3 und Abs. 4 StPO abschließend aufgeführten Gründen abgelehnt werden. Die ergangene Entscheidung muss gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 273 StPO in ihrem vollen Wortlaut und, wenn sie eine Begründung enthält, mit den Gründen in das Protokoll aufgenommen werden. Wird der Beschluss mit der Begründung gesondert abgefasst, so braucht er nicht in die Sitzungsniederschrift aufgenommen zu werden, sondern es genügt, dass die mündliche Bekanntmachung im Protokoll vermerkt und auf dem Beschluss, der dem Protokoll als Anlage beigefügt wird, ausdrücklich Bezug genommen wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl. 2004, § 273 RNr. 11 m.w.N.). Im vorliegenden Falle ergibt sich zwar aus dem Protokoll der Verhandlung vor der Truppendienstkammer vom 10. August 2004, dass der Vorsitzende den ablehnenden Beschluss der Kammer begründete. Weder dem Protokoll oder einem Anhang zum Protokoll noch den Urteilsgründen lassen sich jedoch die Gründe entnehmen, die der erfolgten Ablehnung des Beweisantrages zugrunde gelegen haben. Der Senat kann daher im vorliegenden Verfahren auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Behauptungen des Antragstellers hinsichtlich seiner - von ihm bestrittenen - Urheberschaft an dem in Rede stehenden Eintrag auf dem Krankenmeldeschein nicht in hinreichendem Maße beurteilen. Da das Schwergewicht des dem Antragsteller in der Anschuldigungsschrift vom 8. Juni 2004 zur Last gelegten Fehlverhaltens gerade in dem von Anschuldigungspunkt 2 erfassten Vorwurf der Fälschung des Krankenmeldescheines liegt, kommt dieser Frage besonderes Gewicht zu.

Letztlich bedarf jedoch die Frage, ob auf der Grundlage der Anschuldigungsschrift vom 8. Juni 2004 ein hinreichend begründeter Verdacht für ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Antragstellers besteht, im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Entscheidung. Denn es lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Akten und schriftsätzlichen Stellungnahmen jedenfalls nicht die erforderliche positive Prognose treffen, dass gegen den Antragsteller - angesichts seiner mehr als 30jährigen Dienstzeit und seines bevorstehenden Ausscheidens aus der Bundeswehr im kommenden Jahr - gerade im Hinblick auf den Zweck einer disziplinargerichtlichen Maßnahme mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in dem durch die Verfügung des Amtschefs des Streitkräfteamtes vom 29. März 2004 eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren die Höchstmaßnahme verhängt werden wird. Der Antragsteller ist zwar aufgrund des zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteils des Truppendienstgerichts Nord vom 10. August 2004 - N 1 VL 9/04; Az.: des Berufungsverfahrens BVerwG 2 WD 13.04 - bereits in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt worden. Es lässt sich aber - auch im Hinblick auf die Regelung des § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO - nicht mit hinreichender Gewissheit absehen, dass nunmehr die Disziplinarmaßnahme einer Entfernung aus dem Dienst verhängt werden wird. Nach dem bisher für den Senat erkennbaren Sach- und Streitstand kann im Hinblick auf die vom Antragsteller angeführte schwierige familiäre und wirtschaftliche Situation sowie seinen geltend gemachten offenbar labilen Gesundheitszustand nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die in Rede stehenden Dienstpflichtverletzungen nicht vorsätzlich begangen worden sind und/oder dass ein Milderungsgrund im Hinblick auf die Umstände der Tat vorliegt. Ein solcher Tatmilderungsgrund ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 9. März 1995 - BVerwG 2 WD 1.95 - <BVerwGE 103, 217 = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 2 = NZWehrr 1995, 161 = ZBR 1995, 244 = NVwZ 1996, 402

= DokBer B 1995, 233> m.w.N., vom 24. Januar 1996 - BVerwG 2 WD 26.95 - <NZWehrr 1996, 126>, vom 18. Juni 1996 - BVerwG 2 WD 10.96 - <BVerwGE 103, 343 [347] = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 15 = NVwZ-RR 1997, 238> m.w.N., vom 18. März 1997 - BVerwG 2 WD 29.95 - <BVerwGE 113, 70 = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 28 = NZWehrr 1997, 212 = ZBR 1998, 38

= NVwZ-RR 1998, 320, insoweit nicht veröffentlicht>, vom 17. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 14.02 - <Buchholz 236.1 § 12 SG Nr. 19 = NZWehrr 2003, 127

= ZBR 2003, 392 = NVwZ-RR 2003, 366> und vom 13. März 2003 - BVerwG 1 WD 4.03 - <Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 2 = DokBer 2003, 303, insoweit nicht veröffentlicht>) dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte. Als solche Besonderheiten sind in der Rechtsprechung des Senats nicht nur ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise nicht zu beheben war, ein Handeln unter schockartig ausgelöstem psychischen Zwang oder unter Umständen, die es als unbedachte, im Grunde persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten erscheinen lassen, anerkannt worden. Ein solcher Fall liegt etwa auch dann vor, wenn sich der betreffende Soldat bei seinem Fehlverhalten unverschuldet einer außergewöhnlichen situationsgebundenen Erschwernis bei der Erfüllung eines dienstlichen Auftrages gegenübersah (vgl. dazu u.a. Urteile vom 28. Januar 1999 - BVerwG 2 WD 17.98 - <Buchholz 236.1 § 12 SG Nr. 8 = DokBer B 1999, 255>, vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - <Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 = NVwZ-RR 2004, 46; insoweit nicht veröffentlicht>, vom 2. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 47.02 - <Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 8 = NZWehrr 2004, 80 = NVwZ-RR 2004, 191 = DokBer 2004, 43> und vom 28. Januar 2004 - BVerwG 2 WD 13.03 - <BVerwGE 120, 105 = Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 53

= NZWehrr 2004, 169 = DokBer 2004, 261>). Zwar ist vorliegend nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller zum Tatzeitpunkt unter schockartig ausgelöstem psychischen Zwang handelte. Ferner spricht wenig dafür, dass bei einem oder mehreren Anschuldigungspunkten der Milderungsgrund einer unbedachten persönlichkeitsfremden Augenblickstat eingreift. Es lässt sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen, dass das Fehlverhalten in eine Zeitspanne fiel, in der der Antragsteller sich damals möglicherweise unverschuldet einer außergewöhnlichen situationsgebundenen Erschwernis bei der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben gegenübersah (vgl. dazu u.a. Urteil vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - <a.a.O.>), die möglicherweise zudem im Hinblick auf die Fürsorgepflicht (§ 10 Abs. 3 SG) unterstützende Maßnahmen seiner Dienstvorgesetzten erforderte, oder dass wegen der angeführten schwierigen familiären, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Probleme die Situation von sonstigen außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, sodass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte.

Angesichts dieser im vorliegenden Verfahren nicht aufklärbaren Ungewissheiten über Art, Gewicht und Ausmaß der angeführten erheblichen familiären, wirtschaftlichen und/oder gesundheitlichen Schwierigkeiten des Antragstellers und eines daraus möglicherweise resultierenden Tatmilderungsgrundes vermögen auch die gegen den Antragsteller durch die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Bonn vom 18. November 2004 des weiteren erhobenen Vorwürfe die im vorliegenden Verfahren erforderliche positive Prognose der voraussichtlichen Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme nicht zu tragen.

Da das gerichtliche Beschwerdeverfahren nach § 114 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 126 Abs. 5 Satz 3 WDO ein Nebenbestandteil des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist, bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten (§ 141 Abs. 1 und 2 WDO).