Beschluss vom 11.10.2016 -
BVerwG 1 WNB 2.16ECLI:DE:BVerwG:2016:111016B1WNB2.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 11.10.2016 - 1 WNB 2.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:111016B1WNB2.16.0]

Beschluss

BVerwG 1 WNB 2.16

  • TDG Süd 6. Kammer - 09.09.2014 - AZ: TDG S 6 BLa 17/13 und S 6 RL 3/14

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz als Vorsitzende,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister
am 11. Oktober 2016 beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 9. September 2014 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die am 13. November 2014 eingelegte und somit fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde gegen den dem Antragsteller am 13. Oktober 2014 zugestellten Beschluss des Truppendienstgerichts vom 9. September 2014, der es am 23. Juni 2016 nicht abgeholfen hat, hat keinen Erfolg. Die gerügten Verfahrensmängel (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO) einer Verletzung der gerichtlichen Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 18 Abs. 2 Satz 1 WBO) und des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) liegen, soweit prozessordnungsgemäß dargelegt, nicht vor.

2 Nach der Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts sind an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie von den Revisionssenaten des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entwickelt worden sind (BVerwG, Beschlüsse vom 1. Juli 2009 - 1 WNB 1.09 - Buchholz 450.1 § 22a WBO Nr. 1 Rn. 2 und vom 17. Juni 2010 - 2 WNB 7.10 - Buchholz 450.1 § 22b WBO Nr. 2 Rn. 9).

3 Danach setzt die ordnungsgemäße Darlegung einer Aufklärungsrüge unter anderem die Angabe voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Truppendienstgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären und inwiefern die angegriffene Entscheidung auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Juli 2011 - 2 WNB 3.11 - Rn. 5 und vom 10. Dezember 2003 - 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 <628>). Weiter muss dargelegt werden, welche konkreten Beweismittel zur Klärung der für entscheidungserheblich gehaltenen Behauptungen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und dass entsprechende Beweisanträge im gerichtlichen Verfahren gestellt wurden oder warum sich dem Gericht die weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Beschlüsse vom 27. Juli 2011 - 2 WNB 3.11 - Rn. 5 und vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f. m.w.N.). Dabei findet die gerichtliche Aufklärungspflicht dort ihre Grenze, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zur weiteren Aufklärung bietet (BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2012 - 1 WNB 3.12 - juris Rn. 3 m.w.N.).

4 Die Rüge der Verletzung der Pflicht zur Gewährung des rechtlichen Gehörs erfordert regelmäßig die substantiierte Darlegung dessen, was von der Vorinstanz nicht zur Kenntnis genommen worden ist und inwiefern dies für die Entscheidung erheblich gewesen wäre (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 2 WNB 4.13 - Rn. 6 m.w.N.).

5 1. Die Beschwerde macht geltend, das Truppendienstgericht habe auf Seite 5 der angefochtenen Entscheidung im Rahmen der Auslegung des vom Antragsteller formulierten Sachantrages Zweifel an dessen Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität des Feststellungsbegehrens geäußert und den Antrag sodann - jeweils ohne Anhörung des Antragstellers - wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt. Dabei habe das Truppendienstgericht, auch insoweit ohne dem Antragsteller dazu rechtliches Gehör zu gewähren, zur Begründung ausgeführt, dass selbst bei unstreitiger Unbefangenheit des Beurteilenden und unverzüglicher Weitergabe der Beurteilungsbeschwerde und Bearbeitung und bei Zuerkennung eines Notendurchschnitts von 6,7 auch dieser (offenbar gemeint: Notendurchschnitt) für eine Förderung des Antragstellers nicht ausgereicht hätte. Hätte das Truppendienstgericht dem Antragsteller vor Ergehen der angefochtenen und überraschenden Entscheidung rechtliches Gehör gewährt und den Sachverhalt von Amts wegen aufgeklärt, hätte der Antragsteller mit seinem Begehren eine Besserstellung erreichen können.

6 Die Rüge mangelhafter Aufklärung des Sachverhalts kann bereits deshalb nicht durchdringen, weil der Antragsteller einen Beweisantrag zu Fragen der Befangenheit beurteilender Vorgesetzter, zur Verzögerung und zur Kausalität zwischen Notendurchschnitt und seiner möglichen Förderung im Verfahren vor dem Truppendienstgericht nicht gestellt hat. Er hat im Begründungsschriftsatz seines Bevollmächtigten vom 4. März 2014 keinen Beweisantrag formuliert. Auch in dem dort in Bezug genommenen Beschwerdebegründungsschreiben vom 9. August 2013 (gegen den angefochtenen Beschwerdebescheid des Amtschefs des Streitkräfteamts vom 26. März 2013) wurde kein Beweisantrag gestellt. Soweit in den beiden genannten Schreiben (auf Seite 5 bzw. auf Seite 3) auf die Begründung des Antrags auf Entscheidung des Truppendienstgerichts im Verfahren S 6 BLa 6/13 vom 9. August 2013 verwiesen wird, ist darin (auf Seite 9) lediglich die Bitte des Antragstellers an das Truppendienstgericht enthalten, es möge vom "Beschwerdegegner" die "Vorlage überprüfbarer Nachweise und Unterlagen des Beschwerdegegners zur hier maßgeblichen Vergleichsgruppenbildung unter Offenlegung der maßgeblichen Richtwerte" anfordern. Es handelt sich dabei lediglich um eine Beweisanregung, die nicht den Anforderungen an einen konkreten Beweisantrag zu den Themen, die für den angefochtenen Beschluss des Truppendienstgerichts entscheidungserheblich waren, entspricht.

7 Ohne Erfolg rügt die Beschwerde in diesem Zusammenhang die Versagung rechtlichen Gehörs und das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung mit dem Vorbringen, das Truppendienstgericht habe vor seiner Entscheidung dem Antragsteller die dann im angefochtenen Beschluss niedergelegte Rechtsauffassung bekanntgeben und ihm insoweit Gelegenheit zur Äußerung gewähren müssen.

8 Mit dieser Rüge wird verkannt, dass Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verlangt, dass das Gericht vor seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; dem Gericht obliegt insoweit auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 WNB 4.10 - juris Rn. 16 m.w.N.). Deshalb ist das Gericht nicht gehalten, unter dem Blickwinkel der Gewährung rechtlichen Gehörs seine die Entscheidung tragende Rechtsauffassung schon vor der Urteils- oder Beschlussberatung im Einzelnen festzulegen und den Beteiligten zur Erörterung bekanntzugeben (BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 1 WNB 4.10 - juris Rn. 16 m.w.N.). Daher hat das Truppendienstgericht auch insoweit in dem angegriffenen Beschluss den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

9 2. Mit dem Vorbringen unter Punkten 1 b sowie 2 a und b greift die Beschwerde die Rechtsauffassung des Truppendienstgerichts mit abweichenden Argumenten an und verweist dabei pauschal auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im Verfahren S 6 BLa 6/13 (BVerwG 1 WNB 1.16 ), in dem der Antragsteller die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 7. August 2012 zu seiner planmäßigen Beurteilung vom 10. August 2011 (zum Vorlagetermin 30. September 2011) angefochten hat. Auf diese Weise wird ein gesetzlicher Zulassungsgrund nicht dargelegt, weil das Vorbringen nach Art einer Berufungsbegründung erfolgt, während vorliegend die Gründe für eine Zulassung darzulegen gewesen wären. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung im Einzelfall rechtfertigt nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 22b Abs. 2 WBO (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Mai 2011 - 1 WNB 3.11 - Rn. 3 m.w.N. und vom 5. November 2013 - 2 WNB 3.13 - juris Rn. 3).

10 Abgesehen davon ergibt sich aus dem Beschluss des Senats vom heutigen Tag im Verfahren BVerwG 1 WNB 1.16 , dass die in jenem Verfahren erhobene Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in der Entscheidung des Truppendienstgerichts vom 9. September 2014 im Verfahren S 6 BLa 6/13 keinen Erfolg hat.

11 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 23a Abs. 2 WBO in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.