Beschluss vom 12.02.2024 -
BVerwG 6 A 1.24ECLI:DE:BVerwG:2024:120224B6A1.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.02.2024 - 6 A 1.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:120224B6A1.24.0]

Beschluss

BVerwG 6 A 1.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Februar 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Tegethoff und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers vom 1. Februar 2024 gegen das Urteil des Senats vom 21. August 2023 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Urteils des Senats vom 21. August 2023 wird abgelehnt.
  3. Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger, ein eingetragener Verein, wendet sich mit seiner mit Schriftsatz vom 1. Februar 2024 erhobenen Anhörungsrüge gegen das Urteil des Senats vom 21. August 2023 (BVerwG 6 A 3.21 ), mit dem seine Klage gegen die Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern vom 22. März 2021 abgewiesen worden ist. Er rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil der Senat einen Teil der von ihm in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens BVerwG 6 A 3.21 gestellten und beschiedenen Beweisanträge nicht habe ablehnen dürfen. Die Rüge beziehe sich auf die in der Begründung der Anhörungsrüge aufgeführten Beweisanträge; des Weiteren mache er sich den Inhalt der bereits mit Schriftsatz vom 4. September 2023 erhobenen Anhörungsrüge im vorliegenden Verfahren zu eigen.

2 Die Beklagte ist der Anhörungsrüge entgegengetreten.

II

3 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Sie ist teilweise unzulässig (1.) und im Übrigen unbegründet (2.), sodass auch der Antrag auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung keinen Erfolg haben kann (3.).

4 1. Soweit der Kläger auf die Begründung seiner mit Schriftsatz vom 4. September 2023 erhobenen Anhörungsrüge Bezug nimmt und sich im vorliegenden Verfahren zu eigen macht, ist sie unzulässig. Diesem Vorbringen fehlt es - wie der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage im Verfahren BVerwG 6 A 5.23 entschieden hat - an den nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 6 VwGO erforderlichen Darlegungen zum Vorliegen einer entscheidungserheblichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die angegriffene Entscheidung.

5 2. Im Übrigen, soweit der Kläger im Schriftsatz vom 1. Februar 2024 im Einzelnen die Ablehnung von Beweisanträgen rügt, ist die Anhörungsrüge jedenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Fortführung des Klageverfahrens nach § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO, da er durch das Urteil des Senats vom 21. August 2023 nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wird. Ausgangspunkt hierfür ist, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht gegen eine nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines Beweisantrags schützt, sondern Art. 103 Abs. 1 GG nur verletzt ist, wenn die Ablehnung eines als sachdienlich und erheblich angesehenen Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 23. August 2006 - 4 A 1066/06 - juris Rn. 4 m. w. N.).

6 a) Der Kläger sieht sich in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, soweit der Senat auf einzelne Tatsachen bzw. Tatsachenkomplexe bezogene Beweisanträge als nicht entscheidungserheblich abgelehnt hat, aber dennoch die unter Beweis gestellten Tatsachen im Urteil berücksichtigt habe. Dies ist indes nicht der Fall.

7 aa) Entgegen den Ausführungen des Klägers hat der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise darauf abgestellt, dass M. C. in den Einrichtungen des Klägers ein islamistisches Weltbild gepredigt habe. Der Senat hat in den Urteilsgründen lediglich festgestellt, dass Herr M. C. in den Einrichtungen des Klägers tätig war, nicht aber, dass er dort auch sein islamistisches Weltbild verbreitet hat. Die Überzeugung des Senats, dass in den Einrichtungen des Klägers ein islamistisches Weltbild verbreitet wird, hat der Senat zum einen auf die jahrelange enge Zusammenarbeit des Klägers mit dem als islamistisch einzuordnenden Prediger M. C. und zum anderen auf die ideologische Ausrichtung des Klägers gestützt, der sich mit den Zielen der genannten völkerverständigungswidrig handelnden Terrororganisationen in Syrien, dem Gazastreifen sowie in Zentral- und Südsomalia einschließlich der Einführung der Scharia identifiziert; diese als völkerverständigungswidrig anzusehende Ideologisierung hat der Senat als Grundlage der Missionierungstätigkeit des Klägers angesehen (Rn. 253 des Urteils). Ob Herr M. C. in den Einrichtungen sein islamistisches Weltbild gepredigt hat, war hiernach für den Senat nicht entscheidungserheblich. Angesichts dessen stellt die Ablehnung des Beweisantrags Nr. 222, 2. Teil keine Verletzung rechtlichen Gehörs dar.

8 bb) Die von dem Kläger mit den Beweisanträgen Nr. 167, 216, 218 und 219 unter Beweis gestellten Tatsachen des Fehlens einer Trennung der Geschlechter sowie von Kleidervorschriften innerhalb des Vereins waren für den Senat nicht entscheidungserheblich. Den mit den Beweisanträgen verbundenen Vortrag des Klägers hat der Senat zur Kenntnis genommen und erwogen, aber als nicht entscheidungserheblich eingestuft und daher diese vier in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge mangels Entscheidungserheblichkeit abgelehnt. Dies ist unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 1987 - 9 CB 20.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 31). Die für seine Auffassung eines islamistischen, gewaltbereiten Weltbildes des Klägers maßgebenden Erwägungen hat der Senat in seinem Urteil dargelegt.

9 cc) Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich zugleich, dass auch die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 248 und 249 keine Gehörsverletzung darstellt. Der Senat hat der unter Beweis gestellten Tatsache, dass Herrn K. von einem nicht namentlich genannten Gutachter bescheinigt worden sei, keine politisch- oder jihadistisch-salafistische Ideologie zu vertreten, aus materiellen Gründen am Maßstab der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung maßgeblichen Zeitpunkts (Rn. 64 des Urteils) mangels hinreichender Aussagekraft keine Entscheidungserheblichkeit beigemessen.

10 dd) Ebenso wenig verletzt die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 211 bis 213 den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör. Die von ihm geltend gemachte Überprüfung des "Home of Taqwa" hat nach dem eigenen Vorbringen erst nach dem Vereinsverbot stattgefunden (Replik S. 71), weshalb es aufgrund der maßgeblichen Sach- und Rechtslage aus materiellen Gründen hierauf nicht ankam.

11 ee) Der Senat hat aus materiellen Gründen den Beweisantrag Nr. 272 als nicht entscheidungserheblich abgelehnt, weil es für das Vorliegen von Verbotsgründen - wie der Kläger selbst einräumt - weder auf die Fremdsprachenkenntnisse der Mutter des Zeugen Sü. Z. noch auf die Feststellung ankam, ob der Zeuge seine Mutter geschlagen hat. Mit Blick auf die Glaubwürdigkeit der Zeugin Si. Z. war der Senat ebenso wenig gehalten, die vom Kläger zum Beweis dieser Tatsachen benannte Zeugin zu vernehmen. Denn der Senat hat in seinem Urteil berücksichtigt, dass sich die Aussagen der Zeugin Si. Z. und ihres geschiedenen Ehemannes in Bezug auf die familiären Verhältnisse diametral gegenüberstehen. Er ist aber davon ausgegangen, dass dies die Glaubwürdigkeit der Zeugenaussage nicht berührt, soweit die Aussage den nach materiellem Recht maßgebenden entscheidungserheblichen Sachverhalt der Verwirklichung von Verbotsgründen betrifft (Rn. 175 des Urteils). Der Senat hat damit zu erkennen gegeben, dass er auch im Falle einer Unrichtigkeit dieses Teils der Aussage der Zeugin Si. Z. den entscheidungserheblichen Teil ihrer Aussage für glaubhaft und die Zeugin selbst für glaubwürdig hält. Beides hat der Senat unter Berücksichtigung der von dem Kläger erhobenen Einwände gewürdigt (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 3. Juni 2010 - 2 A 4.09 - juris Rn. 2).

12 b) Den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör hat der Senat nicht dadurch verletzt, dass er die Beweisanträge Nr. 34, 120, 123, 165 und 193 wegen Ungeeignetheit des Beweismittels abgelehnt hat.

13 Die Ablehnung des Beweisantrags Nr. 34 findet ihre Stütze in dem Rechtsgedanken des § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 StPO. Die beantragte Einholung eines islamwissenschaftlichen Gutachtens zum Beweis der Tatsache, dass in dem vom Kläger betriebenen Waisenhaus keine politisch- oder jihadistisch-salafistische Ideologie gelehrt wurde, durfte der Senat als ungeeignet ablehnen, da der Kläger nicht dargelegt hat, dass für die Erstellung des Gutachtens im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch hinreichend aussagekräftige und weiter ermittelbare Anknüpfungstatsachen zur Verfügung standen.

14 Entsprechendes gilt für die Ablehnung des Beweisantrags Nr. 193, der im Einzelnen weder die Mitarbeiter noch die behaupteten religiösen Differenzen konkretisiert, die die Grundlage des aus klägerischer Sicht einzuholenden islamwissenschaftlichen Gutachtens bilden sollten. Welche Anknüpfungspunkte für die zu beurteilende Bedrohungslage herangezogen werden sollten, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ungeachtet dessen lassen die Ausführungen in der Anhörungsrüge eine Verletzung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise nicht erkennen. Der Senat hat maßgeblich darauf abgestellt, dass der Kläger sich aufgrund der jeweils festgestellten Indizien mit den Zielen der Terrorgruppen identifiziert. Die bloße Behauptung des Klägers, das Ergebnis der Beweisaufnahme über nicht konkretisierte religiöse Differenzen nicht benannter Mitarbeiter des Klägers zu den Terrorgruppen schlössen seine Identifizierung mit deren Zielen aus, lässt eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung nicht ansatzweise erkennen.

15 Auch in Bezug auf die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 120 und 123 betreffend zwei von dem Ummashop Düsseldorf vertriebene Bücher zeigt der Kläger keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auf. Der Senat hat am Maßstab von Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG, § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG die in den beiden Büchern enthaltenen Aussagen dahingehend tatrichterlich gewürdigt, dass sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten (Rn. 260 f. des Urteils). Auf die Annahme des Klägers, dass ein islamwissenschaftliches Gutachten die Bücher als nicht verfassungsfeindlich-islamistisch einstufen würde, kommt es hiernach aus materiellen Gründen nicht an. Die Rüge begründet keine Verletzung rechtlichen Gehörs.

16 Die Ablehnung des Beweisantrags Nr. 165 wegen Ungeeignetheit des Beweismittels verletzt den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör schon deshalb nicht, weil die Begründung des Beweisantrags nicht erkennen lässt, dass Herr Cö. die unter Beweis gestellte Aussage des Islampsychologen des Programms "Wegweiser" bestätigen könnte. Soweit der Kläger in seiner Anhörungsrüge ergänzend auf die Begründung seiner Anhörungsrüge zu den Beweisanträgen Nr. 248 und 249 verweist, ist dem entgegen zu halten, dass es auf dessen Aussage nach materiellem Recht am Maßstab des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung maßgeblichen Zeitpunkts (Rn. 64 des Urteils) mangels hinreichender Aussagekraft nicht ankam.

17 c) Der Beweisantrag Nr. 222, 1. Teil war unsubstantiiert und daher vom Senat abzulehnen, da der Kläger keine Anknüpfungstatsachen dafür benannt hat, dass Herr M. C. kein politisch- oder jihadistisch-salafistisches Weltbild innehat. Zudem erweist sich der 1. Teil des Beweisantrags auch deshalb als unsubstantiiert, weil der Kläger das Beweisziel und nicht eine konkrete positive Beweistatsache zu seinem Gegenstand gemacht hat. Denn die substantiiert zu benennende Beweistatsache ist von dem weiteren Beweisgewinn zu unterscheiden, den der Kläger sich von dem beantragten Zeugenbeweis erhofft. Das ist das Beweisziel, zu dem der Tatrichter aufgrund von Schlüssen aus der Beweistatsache möglicherweise gelangen kann. Die Anführung möglicher Schlussfolgerungen aus der Bekundung eines Zeugen ersetzt jedoch nicht die Benennung konkreter Beweistatsachen, denn die Schlussfolgerungen hat das Gericht zu ziehen (BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - 5 StR 279/93 - NJW 1993, 2881).

18 d) Soweit der Kläger sich mit seiner Anhörungsrüge gegen die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 228 und 229 wendet, greift er die Würdigung der von den Beteiligten in das Verfahren eingeführten Unterlagen durch den Senat an und zieht hieraus den Schluss, die von dem Senat angenommene eigene Sachkunde zur detaillierten Bewertung der Lage in Syrien liege nicht vor. Dieses gegen die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgenommene Würdigung des Verfahrensstoffes gerichtete Vorbringen ist nicht geeignet, eine Gehörsverletzung aufzuzeigen.

19 Ungeachtet dessen ist die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 228 und 229 nicht zu beanstanden. Der Senat hat es in Ausübung des ihm gemäß § 98 VwGO i. V. m. § 412 ZPO zustehenden tatrichterlichen Ermessens unter Angabe der Gründe abgelehnt, zu den Herrschaftsverhältnissen der JaN/HTS in Syrien bezogen auf die im Beweisantrag Nr. 228 genannten Gebiete und Zeiträume sowie bezogen auf den Inhalt der Lagekarte der DEZ Idlib zusätzliche Sachverständigengutachten einzuholen, da es aus seiner Sicht zu den Herrschaftsverhältnissen dieser Terrororganisationen bereits ausreichende Behördenerklärungen, Berichte und Auskünfte gab, die der Senat aufgrund eigener Sachkunde insbesondere in der Auswertung von Karten und deren Legenden besitzt (vgl. zum rechtlichen Maßstab: BVerwG, Beschluss vom 24. März 2000 - 9 B 530.99 -‌ Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308). Die Behauptung des Klägers, die von der Beklagten vorgelegte Lagekarte der DEZ Idlib sei angesichts der von ihm vorgelegten Karte mit Militärstützpunkten, die im Rahmen der Operation Euphrates Shield errichtet worden seien, unvollständig und falsch, betrifft die Würdigung des jeweiligen Karteninhalts. Der Senat hat sich in seinem Urteil (Rn. 152) mit den einzelnen Karten einschließlich der von dem Kläger in dem Beweisantrag Nr. 229 vorgelegten Karte auseinandergesetzt und diese umfassend gewürdigt, sodass eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zu erkennen ist.

20 e) Die Ablehnung der jeweils auf die Feststellung von negativen Tatsachen gerichteten Beweisanträge Nr. 235 und 236 ist ebenfalls nicht am Maßstab des rechtlichen Gehörs zu beanstanden. An die Substantiierung eines auf solche Tatsachen gerichteten Beweisantrags sind besondere Anforderungen zu stellen. Ein Beteiligter, der das Nichtvorhandensein von Tatumständen behauptet - ihr Vorliegen also bestreitet –, ist von der Darlegungslast nicht befreit. Vielmehr muss er Tatsachen angeben, aus denen die negative Folgerung abgeleitet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 3 C 32.10 - juris Rn. 52; Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 1 B 162.92 - NJW 1993, 1346). Dem hat der Kläger mit den genannten Beweisanträgen nicht Rechnung getragen. Es fehlen Anknüpfungspunkte dafür, dass die benannten Zeugen nicht nur punktuell die bezeichneten Projekte vor Ort betreut haben und - entgegen den in das Verfahren eingeführten Unterlagen (s. dazu Rn. 156 und 228 des Urteils) – einen vollständigen Überblick über die Mittelverwendung hatten. Soweit der Kläger mit der Begründung der Anhörungsrüge die Darlegung etwaiger Anknüpfungstatsachen nachzuholen versucht, kann ihm dies nicht zum Erfolg verhelfen.

21 f) Die Fragen, ob in dem vom Kläger betriebenen Waisenhaus "Home of Taqwa" eine politisch oder jihadistisch-salafistische Ideologie gelehrt wurde (Beweisanträge Nr. 239 Nr. 1 und 240 Nr. 1) und ob Herr M. C. eine politisch- oder jihadistische Ideologie (Beweisantrag Nr. 262) vertritt, betreffen entgegen der Auffassung des Klägers in der Anhörungsrüge den Bereich der tatrichterlichen Würdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Hierbei handelt es sich mit Blick auf die Verbotsgründe jeweils um das Beweisziel, nicht um eine Beweistatsache. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör folgt hieraus nicht.

22 Nochmals klarstellend weist der Senat darauf hin, dass entgegen den Ausführungen des Klägers in der Begründung der Anhörungsrüge der Senat seine Überzeugung, in den Einrichtungen des Klägers werde ein islamistisches Weltbild verbreitet, zum einen auf die jahrelange enge Zusammenarbeit des Klägers mit dem als islamistisch einzuordnenden Prediger M. C. und zum anderen auf die ideologische Ausrichtung des Klägers gestützt hat, der sich mit den Zielen der genannten völkerverständigungswidrig handelnden Terrororganisationen in Syrien, dem Gazastreifen sowie in Zentral- und Südsomalia einschließlich der Einführung der Scharia identifiziert (s. o. unter II. 2. a) aa)). Auch hat der Kläger im gerichtlichen Verfahren die Aussagen des Herrn M. C. als solche nicht in Frage gestellt, sodass der Senat diese seiner tatrichterlichen Würdigung zugrunde legen konnte.

23 g) Soweit der Kläger die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 als Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör ansieht, weil nach seiner Auffassung die Voraussetzungen einer Präklusion nicht vorlagen, hat die Anhörungsrüge ebenso wenig Erfolg. Der Kläger hat im gerichtlichen Verfahren hinreichend Gelegenheit zur Äußerung und Ankündigung der Stellung von Beweisanträgen wie der Benennung der Zeugen zu den in den Beweisanträgen Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 genannten Tatsachen gehabt; er hat diese prozessuale Möglichkeit schuldhaft nicht genutzt. Er hat vorwerfbar gegen seine Prozessförderungspflicht verstoßen, weshalb die Anwendung des § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO in Bezug auf die beiden Beweisanträge keine Verletzung rechtlichen Gehörs darstellt.

24 aa) Die vom Kläger geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen. Der Kläger hat sich zwar in seiner Begründung der Anhörungsrüge mit der ersten Anordnung des Senats vom 14. Februar 2022 auseinandergesetzt. Es fehlen aber Ausführungen zur weiteren Anordnung nach § 87b Abs. 2 VwGO, die der Senat mit Schreiben vom 28. September 2022 gegenüber dem Kläger erlassen hat. Mit seiner Behauptung, die Anordnung vom 14. Februar 2022 sei unwirksam, weil sie den Anforderungen des § 87b Abs. 1 und 2 VwGO - vor allem der Benennung hinreichend bestimmter Vorgänge - nicht genüge, zeigt er eine Verletzung der Präklusionsvorschrift und damit eine Gehörsverletzung nicht auf. Hierzu hätte es einer Auseinandersetzung mit sämtlichen Anordnungen des Senats unter Berücksichtigung des jeweiligen Verfahrensstandes bedurft.

25 Die erste Anordnung des Gerichts nach § 87b Abs. 1 und 2 VwGO mit Schreiben vom 14. Februar 2022 erfolgte, nachdem mit der 87-seitigen Klagebegründung 29 Anlagen bzw. Videos im Umfang von ca. 780 Seiten sowie die 338-seitige Klageerwiderung vom 9. Februar 2022 mit weiteren 79 Belegen im Umfang von etwa 430 Seiten von den Beteiligten zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden. Die dem Kläger mit der ersten Anordnung gesetzte Frist bis zum 12. April 2022 hat der Senat mit Schreiben des Gerichts vom 17. März 2022 und vom 25. April 2022 jeweils unter erneuter Berufung auf § 87b Abs. 1 und 2 VwGO und Wiederholung der Belehrung über die Fristversäumnis zuletzt bis zum 17. Juni 2022 verlängert. In beiden Schreiben wurde der Kläger aufgefordert, sämtliche Tatsachen und Beweismittel anzugeben, die nach dessen Auffassung zu berücksichtigen sind, insbesondere diejenigen Tatsachen anzugeben und Beweismittel zu bezeichnen, die gegen sein Verbot und das Vorliegen von Verbotsgründen sprechen. Angesichts des Verfahrensstandes war der Kläger gehalten, insbesondere zu den neu in das Verfahren eingeführten Belegen und dem ergänzenden Vortrag in der Klageerwiderung zu den Verbotsgründen einschließlich der Zurechnung von Verhalten seiner Teilorganisationen Stellung zu nehmen. Auf der Grundlage der ersten gerichtlichen Anordnung ging die Replik des Klägers vom 17. Juni 2022 und die schriftsätzliche Ankündigung der Stellung von 219 Beweisanträgen innerhalb der gesetzten Frist bei Gericht ein, ohne dass der Kläger die in den Beweisanträgen Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 genannten Tatsachen mitsamt den Beweismitteln zum Nachweis für diese Tatsachen bezeichnet hat.

26 Im Anschluss hat der Senat die Beklagte mit Schreiben des Gerichts vom 24. Juni 2022 nach § 87b Abs. 2 VwGO unter Fristsetzung aufgefordert, diejenigen Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen usw., die für das Vorliegen der Verbotsgründe bei dem Kläger, insbesondere für die Verschleierung von Finanzströmen, für die Unterstützung der Hamas, Jabhat al Nusra und Al-Shabab durch den Kläger, für die Einordnung des WWR-Help. WorldWide Resistance-Help e. V. und des Somalisches Komitee Information und Beratung in Darmstadt und Umgebung e. V. als Teilorganisationen des Klägers sowie für die Einordnung der Blck Stone gGmbH als frühere Teilorganisation des Klägers sprechen. Nach einer erfolgten Fristverlängerung hat die Beklagte hierzu mit einem 304-seitigen Schriftsatz vom 16. September 2022 (Duplik) und weiteren 132 Belegen im Umfang von ca. 2745 Seiten (Beweismittel B80 bis B211), Audiodateien (Beweismittel-Audiodateien B1 bis B12) und Videos (Beweismittel-Videodateien B1 bis B4) insbesondere zu den in der gerichtlichen Verfügung bezeichneten Vorgängen Stellung genommen.

27 Hieran anknüpfend hat der Kläger eine weitere Anordnung des Senats nach § 87b Abs. 2 VwGO vom 28. September 2022 einschließlich der Belehrung nach § 87b Abs. 3 VwGO mit einer Frist bis zum 10. November 2022 erhalten, die unter Aufrechterhaltung der Anordnung und Belehrung bis zum 16. November 2022 verlängert worden ist. Der Senat hat mit dieser zweiten Anordnung den Kläger aufgefordert, innerhalb der gesetzten Frist in Bezug auf die Beweismittel B80 bis B211, die Beweismittel-Audiodateien B1 bis B12 und die Beweismittel-Videos B1 bis B4, welche die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. September 2022 in das Verfahren eingeführt hat, sowie auf die damit unter Beweis gestellten Tatsachen gemäß § 87b Abs. 2 VwGO Stellung zu nehmen. Innerhalb der Frist waren sämtliche Tatsachen und Beweismittel anzugeben, die nach Auffassung des Klägers bei der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich dieser mit Schriftsatz vom 16. September 2022 erstmals eingeführten Beweismittel und Tatsachen berücksichtigt werden mussten. Der Kläger hatte insbesondere diejenigen Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen usw., die gegen die Aussagekraft der im Schriftsatz der Beklagten vom 16. September 2022 erstmals eingeführten oben genannten Beweismittel sprachen. Der Kläger hat daraufhin mit seiner Triplik vom 15. November 2022 zu den genannten neuen Beweismitteln und den Ausführungen in der Duplik Stellung genommen, erneut ohne die in den Beweisanträgen Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 genannten Tatsachen mitsamt den Beweismitteln zum Nachweis für diese Tatsachen zu bezeichnen.

28 Mit der letztgenannten Anordnung des Senats nach § 87b Abs. 2 VwGO hat sich der Kläger in seiner Anhörungsrüge nicht auseinandergesetzt, weshalb er mit ihr eine Verletzung rechtlichen Gehörs durch die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 gemäß § 87b Abs. 3 VwGO nicht ansatzweise darlegt.

29 bb) Ungeachtet der mangelnden Darlegung einer Gehörsverletzung ist auch in der Sache die Ablehnung der Beweisanträge Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 nicht zu beanstanden.

30 aaa) Die vom Gericht ausgesprochenen Fristsetzungen nach § 87b Abs. 1 und 2 VwGO begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Sie erweisen sich angesichts des Umfangs des Prozessstoffes, insbesondere der während des gerichtlichen Verfahrens von der Beklagtenseite neu eingeführten Unterlagen, als notwendig. Die Anordnungen haben der effektiven Verfahrensgestaltung gedient. Dass die Anordnungen aus Sicht des Klägers unwirksam sein sollen, weil sie einige Monate vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung ergangen sind, ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Kläger selbst mit seiner auf die zweite Anordnung bei Gericht eingegangenen Replik die Auffassung vertreten hat, dass das Verfahren ausgeschrieben sei. Im Ergebnis hat der Senat den Kläger wirksam zweimal zur Bezeichnung der für die genannten Vorgänge aus seiner Sicht maßgeblichen Beweisantritte aufgefordert.

31 bbb) Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach der gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (Nr. 1) und der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt (Nr. 2) sowie über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist (Nr. 3). Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen und sind erfüllt.

32 Wie bereits dargelegt, hat der Kläger nicht innerhalb der ihm gesetzten Fristen die in den Beweisanträgen Nr. 269 und 273 Nr. 1 bis 5 genannten Tatsachen mitsamt den Beweismitteln zum Nachweis für diese Tatsachen bezeichnet. Er hat es auch versäumt, diese Beweisanträge zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 26. und 27. Juni, 5. Juli sowie 15. August 2023 zu machen, in der er die Beweisanträge Nr. 220 bis 267 gestellt hat. Die wegen Präklusion abgelehnten Beweisanträge hat der Kläger erstmals am letzten Verhandlungstag am 16. August 2023 gestellt und damit weit nach Ablauf der ihm gesetzten Fristen. Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass er in seiner Triplik Herrn Ro. als Vorsitzenden von TEDO benannt hat. Denn dies allein genügt der Aufforderung zum Beweisantritt nicht. Wenn der Kläger meint, es hätte sich dem Senat die Vernehmung des Zeugen Ro. aufdrängen müssen, weshalb sich die Ablehnung des Beweisantrags wegen Präklusion als rechtswidrig erweise, rügt er der Sache nach eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 2 VwGO), welche weder gegeben ist noch eine Gehörsverletzung zu begründen vermag.

33 Eine Zulassung dieser Beweisanträge hätte die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Dies ist offenkundig, da der Senat die aufgrund seines Beweisbeschlusses durchgeführte Beweisaufnahme am 16. August 2023 abgeschlossen hat und die Ladung weiterer Zeugen, insbesondere des mit dem Beweisantrag Nr. 269 benannten Auslandszeugen, mindestens einen weiteren Verhandlungstermin erforderlich gemacht hätte.

34 Die verspätete Stellung der beiden Beweisanträge hat der Kläger nicht hinreichend entschuldigt. Anhaltspunkte, weshalb der Kläger unverschuldet nicht in der Lage war, die Beweisantritte innerhalb der ihm gesetzten Fristen zu bezeichnen, sind nicht ersichtlich und wurden von ihm in der mündlichen Verhandlung auch nicht vorgetragen. Der Kläger wäre ohne Weiteres in der Lage gewesen, innerhalb der Fristen die Beweisantritte zu bezeichnen. Der Kläger hat Herrn Ro. in der Klagebegründung für die nunmehr unter Beweis gestellte Tatsache nicht als Zeugen benannt, obwohl er diese Tatsache, keine Zahlungen an Al-Shabab geleistet zu haben, schon in diesem Schriftsatz behauptet hat. Auch in der Duplik und der Replik bezeichnet der Kläger Herrn Ro. nicht als Beweismittel für diese Tatsache. Herr Ro. wird vom Kläger erstmals auf Seite 7 der Triplik erwähnt, aber nicht als Zeuge angeboten. Vielmehr sollte eine Auskunft der somalischen Regierung zur Person des (...) Ro. über das Auswärtige Amt eingeholt werden zum Beweis des Vortrags, dass Herr Ro. als regierungsnahe Vertrauensperson auch keinesfalls ein Kollaborateur mit Al-Shabab, sondern aufgrund seiner Regierungsnähe ein Feindbild für diese Terrororganisation sei. Damit ist die verspätete Benennung des Zeugen nicht genügend entschuldigt. Gleiches gilt für die Benennung des Zeugen Ke. Z. Der Kläger war mit Blick auf die in das gerichtliche Verfahren eingeführten Inhalte der Protokolle von den Vernehmungen der Zeugin Si. Z. vom 27. Februar sowie 8. und 13. März 2019 gehalten, die gegen ihre Glaubwürdigkeit sprechenden Tatsachen innerhalb der ihm gesetzten Fristen zum Gegenstand eines Beweisantrags zu machen. Die dortigen Aussagen haben sich auf deren Kinder und insbesondere auch ausdrücklich auf den benannten Zeugen bezogen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung keine Gesichtspunkte vorgetragen, die seine Verspätung als entschuldigt erscheinen lassen.

35 Da der Senat den Kläger in den Anordnungen nach § 87b Abs. 1 und 2 VwGO jeweils über die Folgen der Fristversäumungen gemäß § 87b Abs. 3 VwGO belehrt hat, begegnet die vom Senat hinreichend begründete Ablehnung der Beweisanträge keinen Bedenken.

36 h) Im Übrigen lassen auch die im Schriftsatz vom 4. September 2023 erhobenen Rügen in der Sache keinen Gehörsverstoß zulasten des Klägers erkennen; der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.

37 3. Ist die Anhörungsrüge erfolglos, bleibt für den Antrag des Klägers auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung kein Raum und ist dieser abzulehnen.

38 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.