Verfahrensinformation

Die Verfahren betreffen die Rückforderung von Ausbildungskosten von ehemaligen Soldaten auf Zeit.


Die Kläger absolvierten als Soldaten ein Hochschulstudium (überwiegend Humanmedizin), verließen die Bundeswehr jedoch vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit. Die Beklagte forderte daraufhin die Ausbildungskosten zurück, die in der Mehrzahl der Fälle aus dem während des Studiums an einer zivilen Universität vom Bund erhaltenen Ausbildungsgeld bestanden. Des Weiteren wurden Kosten für Fachlehrgänge zurückgefordert, die die Soldaten nach Abschluss des Hochschulstudiums besuchten. Die zum Teil sechsstelligen Rückforderungssummen stundete die Beklagte bei einer Verzinsung von 4 % und räumte den ehemaligen Soldaten in Abhängigkeit von ihrer Vermögens- und Einkommenssituation Ratenzahlung ein.


Die hiergegen gerichteten Klagen haben in den Vorinstanzen in überwiegendem Umfang keinen Erfolg gehabt. In den teils von den Berufungsgerichten und teils vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen wird u. a. die Frage zu klären sein, ob die Zinshöhe von 4 % bei der Stundung einer öffentlich-rechtlichen Forderung angesichts der schon länger anhaltenden Niedrigzinsphase rechtmäßig ist.


Pressemitteilung Nr. 26/2017 vom 12.04.2017

Bundeswehrärzte, die ihren Dienst vorzeitig quittieren, müssen dem Bund die Ausbildungskosten erstatten

Soldaten auf Zeit, die auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium absolvieren, die Bundeswehr jedoch vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit verlassen, sind grundsätzlich verpflichtet, dem Bund die Ausbildungskosten zu erstatten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Bei den Klägern handelt es sich um ehemalige Soldaten auf Zeit, die während ihrer Bundeswehrzeit auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium absolviert haben, in der großen Mehrheit der Fälle Humanmedizin. Nach der Verpflichtungserklärung der Kläger hätten diese für einen Zeitraum von rd. zehn Jahren nach Abschluss des Studiums in der Bundeswehr als Sanitätsoffiziere Dienst leisten müssen. Die Kläger haben jedoch bereits nach etwa zwei bis drei Jahren die Bundeswehr verlassen, um einer zivilen Berufstätigkeit nachzugehen. Der Bund hat daraufhin von den Klägern das während des Studiums erhaltene Ausbildungsgeld von monatlich rd. 1 800 € sowie Fachausbildungskosten zurückgefordert, die nach dem Studium während der Tätigkeit als Sanitätsoffizier entstanden sind. Zur Begleichung der durchweg sechsstelligen Rückforderungssummen hat der Bund im Rahmen des ihm zur Vermeidung von Härtefällen eingeräumten Ermessens den Klägern Stundung und Ratenzahlung gewährt. Für die gestundeten Beträge wurde ein Zinssatz von 4 % festgesetzt.


Die hiergegen gerichteten Klagen und Berufungsverfahren sind in ganz überwiegendem Umfang ohne Erfolg geblieben. Einige Verwaltungsgerichte haben mit Blick auf die anhaltende Niedrigzinsphase den Zinssatz abgesenkt. Die teilweise umfänglich und teilweise nur wegen der Festsetzung von Zinsen zugelassenen Revisionen haben zum Teil Erfolg gehabt.


Grundsätzlich hat der Bund zu Recht das während des Studiums gewährte Ausbildungsgeld und die im Anschluss entstandenen Fachausbildungskosten zurückgefordert. Die gesetzlich vorgesehene Rückzahlungsverpflichtung verletzt nicht das Eigentumsrecht des ehemaligen Soldaten, sondern sie stellt einen angemessenen Ausgleich für die berechtigten, jedoch enttäuschten Erwartungen des Bundes dar, dass ihm der Soldat die auf Kosten des Bundes erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Der Rückzahlungsverpflichtung kommt auch eine verhaltenssteuernde Wirkung zu. Sie soll Soldaten davon abhalten, entgegen ihrer Verpflichtungserklärung vorzeitig ihren Dienst aufzugeben und so die Personalplanung und Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr zu gefährden. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht seine ständige Rechtsprechung bestätigt.


In zwei Punkten ist jedoch eine Korrektur an der Berechnungspraxis der Bundeswehr vorzunehmen. So ist es im Hinblick auf die Härtefallregelung ermessensfehlerhaft, wenn Zeiten, in denen approbierte Sanitätsoffiziere vollen Dienst als Arzt in einem Bundeswehrkrankenhaus leisten, nicht zur Verringerung der Rückzahlungsverpflichtung führen (sog. Abdienquote). Das gilt auch dann, wenn sie zu dieser Zeit eine einer zivilen Facharztausbildung ähnliche Fachausbildung erhalten. Maßgeblich ist allein, dass sie mit der ärztlichen Tätigkeit nach den Vorgaben der Bundeswehr die berechtigten Erwartungen des Bundes an ihre Dienstleistung als Arzt erfüllen.


Zudem ist die Festsetzung von Zinsen rechtswidrig. Hierfür fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Die Ermessensvorschrift, welche dem Bund den (Teil-) Verzicht auf die Rückforderung in Härtefällen erlaubt, kann nicht herangezogen werden, um zusätzliche Belastungen wie Zinsen zu rechtfertigen.


Fußnote:

§ 56 Abs. 4 Soldatengesetz 1995 lautet:


Ein Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muß die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist oder er seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Ein Sanitätsoffizier-Anwärter muß das ihm gewährte Ausbildungsgeld erstatten, wenn er


1. seiner Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten nicht zugestimmt hat, es sei denn, daß seine Dienstzeit im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit auf Grund freiwilliger Verpflichtung auf die Dauer von fünfzehn Jahren festgesetzt wird,


2. auf seinen Antrag entlassen worden ist oder


3. seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.


Auf die Erstattung kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde.


BVerwG 2 C 16.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 5 LB 156/15 - Urteil vom 26. April 2016 -

VG Braunschweig, 7 A 144/13 - Urteil vom 24. März 2015 -

BVerwG 2 C 5.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 10/14 - Urteil vom 24. Februar 2016 -

VG Köln, 9 K 6900/12 - Urteil vom 15. November 2013 -

BVerwG 2 C 8.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 9.14 - Urteil vom 24. Februar 2016 -

VG Köln, 9 K 4155/12 - Urteil vom 15. November 2013 -

BVerwG 2 C 14.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 5 LB 154/15 - Urteil vom 26. April 2016 -

VG Göttingen, 1 A 142/13 - Urteil vom 11. März 2015 -

BVerwG 2 C 15.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 5 LB 61/15 - Urteil vom 26. April 2016 -

VG Hannover, 2 A 3282/13 - Urteil vom 16. Oktober 2014 -

BVerwG 2 C 4.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 335/14 - Urteil vom 24. Februar 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 5420/13 - Urteil vom 30. Dezember 2013 -

BVerwG 2 C 23.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 4 S 2237/15 - Urteil vom 06. Juli 2016 -

VG Stuttgart, 6 K 3626/14 - Urteil vom 20. Oktober 2015 -

BVerwG 2 C 24.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 4 S 1492/15 - Urteil vom 06. Juli 2016 -

VG Sigmaringen, 7 K 1974/13 - Urteil vom 31. März 2015 -

BVerwG 2 C 29.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, 10 A 10935/14.OVG - Urteil vom 06. Februar 2105 -

VG Koblenz, 1 K 381/13.KO - Urteil vom 08. Januar 2014 -

BVerwG 2 C 47.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, 10 A 10933/14 - Urteil vom 06. Februar 2015 -

VG Koblenz, 1 K 629/13.KO - Urteil vom 08. Januar 2014 -

BVerwG 2 C 48.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, 10 A 10931/14.OVG - Urteil vom 06. Februar 2015 -

VG Koblenz, 1 K 1166/12.KO - Urteil vom 08. Januar 2014 -

BVerwG 2 C 3.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Schleswig, 2 LB 13/15 - Urteil vom 10. März 2017 -

VG Schleswig, 12 A 26/13 - Urteil vom 04. Dezember 2014 -

BVerwG 2 C 1.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 795/14 - Urteil vom 20. Juli 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 9026/12 - Urteil vom 19. Februar 2014 -

BVerwG 2 C 2.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 797/14 - Urteil vom 20. Juli 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 9101/12 - Urteil vom 04. März 2014 -

BVerwG 2 C 9.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 829/14 - Urteil vom 09. November 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 3411/13 - Urteil vom 19. Februar 2014 -


Urteil vom 12.04.2017 -
BVerwG 2 C 23.16ECLI:DE:BVerwG:2017:120417U2C23.16.0

Urteil

BVerwG 2 C 23.16

  • VG Stuttgart - 20.10.2015 - AZ: VG 6 K 3626/14
  • VGH Mannheim - 06.07.2016 - AZ: VGH 4 S 2237/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden, Dr. Hartung, Dollinger und Dr. Günther
am 12. April 2017 für Recht erkannt:

  1. Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 6. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 18. Juni 2014 wird insoweit aufgehoben, als darin Zinsen festgesetzt werden.
  2. Die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 6. Juli 2016 und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Oktober 2015 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen. Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 24/25 und die Beklagte zu 1/25.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten um die Rückforderung der Kosten des Studiums nach vorzeitiger Beendigung des Soldatenverhältnisses auf Zeit.

2 Der Kläger wurde 2003 als Offiziersanwärter in das Soldatenverhältnis auf Zeit berufen. Das Dienstzeitende wurde für das Jahr 2015 festgesetzt. Von 2006 bis 2010 absolvierte er an der H.-S.-Universität H. ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Aufgrund seiner Erklärung von Mai 2010 wurde er im Juni 2010 als Kriegsdienstverweigerer anerkannt.

3 Mit Leistungsbescheid vom 6. März 2012 forderte die Beklagte den Kläger nach Anhörung zur Erstattung von Ausbildungskosten in Höhe von insgesamt 32 229,64 € unter Gewährung einer verzinslichen Stundung durch Einräumung von Ratenzahlung auf. Die Stundungszinsen in Höhe von 4 % sollten mit der Bestandskraft des Bescheids erhoben werden.

4 Der hiergegen gerichtete Widerspruch ist erfolglos geblieben. Das Verwaltungsgericht hat die angegriffenen Bescheide insoweit aufgehoben, als darin Stundungszinsen in einer Höhe von mehr als 1,5 % gefordert wurden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt.

5 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung u.a. ausgeführt, dass es nicht zu beanstanden sei, dass die Beklagte durch Verwaltungsakt entschieden und keine Begrenzung der Zahlungsdauer in dem Leistungsbescheid vorgesehen habe. Die Erhebung von Stundungszinsen sei nicht zu beanstanden.

6 Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

7 Der Kläger beantragt,
die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg von 6. Juli 2016 und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 20. Oktober 2015 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen wurde, und den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 6. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 18. Juni 2014 in vollem Umfang aufzuheben.

8 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

9 Die Revision ist zulässig und teilweise begründet. Im Hinblick auf die Mehrzahl der von der Revision geltend gemachten Einwendungen verletzt das Urteil des Berufungsgerichts kein Bundesrecht (1.). Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht jedoch insoweit, als Zinsen in Bezug auf die Rückforderungssumme erhoben werden (2.).

10 1. a) Ermächtigungsgrundlage für den Rückforderungsbescheid ist § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Soldatengesetz in der Neufassung vom 30. Mai 2005 (BGBl. I S. 1482 - SG). Die Übergangsvorschrift des § 97 Abs. 1 und 2 SG findet keine Anwendung, weil der Kläger erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes und anderer Vorschriften vom 19. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1815) in das Soldatenverhältnis berufen wurde. Dieses Gesetz ist gemäß seinem Art. 19 am Tage nach der Verkündung, mithin am 24. Dezember 2000 in Kraft getreten. Der Kläger ist erst am 1. Juli 2003 in das Soldatenverhältnis auf Zeit berufen worden. Sein Studium hat er erst danach begonnen.

11 b) Der Beklagten stand es zu, die Erstattungsverpflichtung gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 SG durch Verwaltungsakt festzusetzen. Der Verwaltungsakt ist die typische Handlungsform der Verwaltung gegenüber dem Bürger. Die Befugnis, durch Verwaltungsakt zu handeln, muss deswegen nicht ausdrücklich in der gesetzlichen Grundlage erwähnt sein. Es genügt, wenn sich die Verwaltungsaktbefugnis dem Gesetz im Wege der Auslegung entnehmen lässt (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 1 C 11.14 - BVerwGE 151, 102 Rn. 13). Dies ist hier der Fall. Die Behörde ist insbesondere dann zum Erlass eines Leistungsbescheids ermächtigt, wenn sie und der Bürger gerade mit Blick auf den von ihr geltend gemachten Anspruch in einem öffentlich-rechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 5 C 20.11 - BVerwGE 144, 306 Rn. 11). Davon ist bei dem Soldatenverhältnis auf Zeit auszugehen. Unerheblich ist es, dass das Soldatenverhältnis zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs bereits beendet war. Maßgeblich ist allein, dass die Entstehung des Anspruchs ihren Grund in dem Soldatenverhältnis auf Zeit findet. Jedenfalls insoweit wirkt auch das Soldatenverhältnis auf Zeit noch über den Zeitpunkt seiner Beendigung nach.

12 c) § 56 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SG setzt voraus, dass ein früherer Soldat auf Zeit auf seinen Antrag entlassen worden ist oder als auf eigenen Antrag entlassen gilt. Ein förmlicher Entlassungsantrag ist hier nicht gestellt worden; das Soldatenverhältnis des Klägers ist vielmehr gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 46 Abs. 2 Nr. 7 SG aufgrund seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer beendet worden. Gemäß Halbsatz 2 der letztgenannten Vorschrift gilt die Entlassung als Entlassung auf eigenen Antrag.

13 d) Des Weiteren muss die militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden gewesen sein. Dies ist bei dem Studium an der Universität der Bundeswehr der Fall.

14 e) Gemäß § 56 Abs. 4 Satz 1 SG sind die entstandenen Kosten des Studiums zu erstatten. Die Berechnung der Höhe der Kosten des Studiums hat die Beklagte auf Grundlage ihrer Bemessungsgrundsätze (Erlass BMVg - PSZ I 8 - Az 16-02-11 vom 22. Juli 2002) durchgeführt. Die Berechnung wird auch vom Kläger nicht beanstandet.

15 f) Nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG kann auf die Erstattung ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde. § 56 Abs. 4 Satz 3 SG verknüpft den gerichtlich überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff der besonderen Härte auf der Tatbestandsebene mit der Ermessensermächtigung auf der Rechtsfolgenseite (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 16 f.; vgl. auch Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <93>). Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der "besonderen Härte" sich u.a. auf die von der Regelvorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 1 SG nicht erfassten schwerwiegenden Umstände erstreckt, denen sich der Soldat nicht entziehen kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <93 ff.>, vom 29. März 1979 - 2 C 16.77 - Buchholz 238.4 § 46 SG Nr. 12 S. 52 und vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 16). Zweck der Härteregelung ist es, den von den Regelvorschriften nicht erfassten Ausnahmefällen und Grenzsituationen - den atypischen Fällen - Rechnung tragen zu können. Insoweit schließt auch eine Serie gleichartiger atypischer Fälle die Annahme einer besonderen Härte nicht aus (BVerwG, Urteile vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <94 f., 101> und vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 16; Beschluss vom 22. September 2016 - 2 B 25.15 - juris Rn. 29). Ebenso ist es in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass auch die Stundung der Forderung unter Einräumung von Ratenzahlung eine zulässige Form des durch das Gesetz vorgesehenen Teilverzichts sein kann (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 15 <24>).

16 Die Beklagte hat das ihr eingeräumte Härtefall-Ermessen nicht dadurch verletzt, dass sie bei Einräumung von Stundung und Ratenzahlung keine zeitliche Begrenzung der Zahlungsverpflichtung festgesetzt hat. Die Erstattung von Ausbildungskosten darf den ehemaligen Soldaten nicht in eine existenzielle wirtschaftliche Notlage bringen (BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 - BVerfGE 39, 128 <143>; BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <101>). Dies kann im Einzelfall auch eine Begrenzung der absoluten Höhe der Rückforderung notwendig machen (BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - 6 C 135.74 - BVerwGE 52, 84 <101>). Bei der Gewährung von Ratenzahlung darf die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern, sondern muss auch zeitlich begrenzt sein (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 24).

17 Die Begrenzung bedarf allerdings keiner Festlegung bereits im Rückzahlungsbescheid. Der Umfang von Verzicht, Stundung und Ratenhöhe hängt wegen der Zielsetzung der Vermeidung einer wirtschaftlichen Notlage stark von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des ehemaligen Soldaten ab (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 24). Diese Faktoren werden in aller Regel über einen hier regelmäßig relevanten Zeitraum von mehreren Jahrzehnten beruflicher Tätigkeit nicht einheitlich zu bewerten sein. Während der berufliche Werdegang in vielen Fällen zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse führen wird, kann in einzelnen Fällen auch eine gegenteilige Entwicklung eintreten. Wegen dieser Ungewissheiten steht die Ratenhöhe in den Bescheiden der Beklagten auch unter dem Vorbehalt einer jährlichen Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse. Gerade vor dem Hintergrund sich verändernder Einkommens- und Vermögensverhältnisse vermag eine bereits mit dem Ausgangsbescheid vorgenommene starre zeitliche Begrenzung der Rückzahlungspflicht nicht zwingend das Maß wirtschaftlicher Zumutbarkeit der Rückzahlung mit Wirkung für die Zukunft angemessen festzulegen. Denn auch der angemessene Zeitpunkt der Beendigung der Rückzahlungsverpflichtung kann von den dann bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen abhängen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2015 - 7 B 27.14 - juris Rn. 61 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 6. Juli 2016 - 4 S 1492/15 - juris Rn. 63 ff.).

18 Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Beklagten, während der laufenden Rückzahlung die Einkommens- und Vermögenssituation des ehemaligen Soldaten im Blick zu behalten, um nicht nur die Höhe der Rate, sondern auch die mögliche vorzeitige Beendigung der Rückzahlungsverpflichtung in angemessenem Umfang anzupassen oder zu bestimmen. Einer Vorab-Festlegung bedarf es nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rückforderungsverlangen nach § 56 Abs. 4 SG nicht (BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2017 - 2 B 65.16 - juris Rn. 12 f.).

19 Diesen Vorgaben ist die Beklagte gerecht geworden. Der angegriffene Rückforderungsbescheid sieht eine jährliche Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse sowie gegebenenfalls eine Anpassung der monatlichen Teilzahlungsrate von Amts wegen vor.

20 2. Die Forderung von Zinsen ist indes rechtswidrig. Wegen ihres Eingriffscharakters bedarf es für ihre Erhebung einer gesetzlichen Grundlage (a). Eine solche ist für die streitgegenständliche Rückforderungsentscheidung nicht gegeben (b). Die Zinshöhe von 4 % als solche ist nicht zu beanstanden (c).

21 a) Die Erhebung von Zinsen stellt einen zusätzlichen erheblichen Eingriff in die Rechtsstellung des Rückzahlungsverpflichteten dar. Durch die Erhebung von Zinsen bei eingeräumter Ratenzahlung steigt die Gesamtrückzahlungssumme wie auch die Rückzahlungsdauer in wesentlichem Umfang. Der ehemalige Soldat wird hierdurch nicht selten über Jahre hinweg zu weiteren monatlichen Zahlungen im dreistelligen Bereich gezwungen. Für einen solchen Eingriff in das Eigentumsrecht des Art. 14 Abs. 1 GG bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. In der Regel wird hierfür sogar ein förmliches Parlamentsgesetz erforderlich sein. Denn die Pflicht des Gesetzgebers, Eingriffsregelungen selbst zu regeln, steigt mit der Wesentlichkeit des Eingriffs (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 52 ff. m.w.N.). Entsprechend hat der Gesetzgeber in anderen Konstellationen, in denen der Staat dem Bürger Zahlungsverpflichtungen gegen Ratenzahlung stundet, Regelungen getroffen, die ausdrücklich zur Erhebung von Zinsen ermächtigen, wobei auch die Zinshöhe gesetzlich bestimmt wird. Exemplarisch kann auf die Regelungen in § 234 Abs. 1 und § 238 Abs. 1 Satz 1 AO, § 18 Abs. 2 Satz 2 BAföG oder § 50 Abs. 2a Satz 1 SGB X verwiesen werden.

22 b) Im Bereich des Soldatenrechts fehlt eine entsprechende gesetzliche Grundlage. Die Forderung von Zinsen kann nicht auf § 56 Abs. 4 Satz 3 SG gestützt werden. Diese Norm zielt allein darauf, die Rückzahlungsverpflichtung für den ehemaligen Soldaten in Fällen besonderer Härte zu erleichtern. Dem Wortlaut nach ermöglicht sie allein den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Forderung. Zu Recht wird die Norm jedoch so ausgelegt, dass sie auch zu einer Stundung unter Einräumung von Ratenzahlung ermächtigt (s.o. Rn. 15). Denn auch hierbei verzichtet der Dienstherr teilweise auf den vollständigen ökonomischen Wert der Forderung, welche dem Grunde nach sofort und vollständig zu befriedigen ist. Die Erhebung von Zinsen stellt demgegenüber eine zusätzliche und eigenständige Belastung des ehemaligen Soldaten dar. Sie liegt außerhalb von Sinn und Zweck der Norm, der allein in der Entlastung des ehemaligen Soldaten, nicht aber in seiner zusätzlichen Belastung besteht.

23 Die Zinsforderung kann auch nicht auf § 59 BHO gestützt werden. Nach dieser Vorschrift darf das zuständige Bundesministerium bei der Ausführung des Haushaltsplans Ansprüche stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch Stundung nicht gefährdet wird. Die Stundung soll gemäß Satz 2 dieser Vorschrift gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Gemäß Ziffer 1.4.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 59 BHO sind als angemessene Verzinsung regelmäßig zwei Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB anzusehen. Die Vorschrift findet auf den hier relevanten Sachverhalt keine Anwendung, weil es sich bei dem Erstattungsanspruch nicht um eine "zu erwartende Einnahme" des Haushaltsplans im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 1 BHO handelt. Solche sind nur bei denjenigen Haushaltsmitteln gegeben, von den zu erwarten ist, dass sie in der Haushaltsperiode tatsächlich kassenwirksam werden (vgl. Aprill, in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand Juni 2016, § 11 BHO, Rn. 5; Gröpl, BHO/LHO, 2011, § 11 BHO Rn. 32). Naturgemäß können Rückforderungen, welche ihren Sachgrund in der außerordentlichen, vorzeitigen Beendigung des Soldatenverhältnisses haben, nicht vom Haushaltsgesetzgeber schon im Haushaltsplan berücksichtigt worden sein.

24 Die Regelungen der Bundeshaushaltsordnung können auch nicht entsprechend angewendet werden, da eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht gegeben ist. § 59 BHO geht davon aus, dass eine Stundung regelmäßig nur gegen Sicherheitsleistung erfolgt, die im Bereich des § 56 Abs. 4 SG nicht vorgesehen ist. Außerdem ist bei § 56 Abs. 4 SG zu berücksichtigen, dass der Rückforderung nicht allein fiskalische, sondern auch verhaltenslenkende Motive des Gesetzgebers zugrunde liegen (BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 - Buchholz 449 § 46 SG Nr. 22 Rn. 7 f. m.w.N.).

25 c) Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von der Revision angegriffene Zinshöhe unbedenklich ist.

26 Sie bewegt sich mit vier % im Rahmen dessen, was auch andere gesetzliche Regelungen bei der Stundung durch die öffentliche Hand vorsehen. Die Zinsen gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 AO betragen für jeden Monat einhalb %, jährlich also 6,0 %. Denselben Wert sieht § 18 Abs. 2 Satz 2 BAföG bei Überschreiten des Zahlungstermins um mehr als 45 Tage vor. Zinsen nach § 50 Abs. 2a Satz 1 SGB X wie auch Verzugs- und Prozesszinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 Satz 1 und 2 BGB liegen bei fünf % über dem Basiszinssatz. Dieser betrug zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids - 0,13 %, was zu einer Zinshöhe von 4,87 % führte. Lediglich der bereits angesprochene Zinssatz gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 BHO führte zu einem deutlich niedrigeren Zinssatz von 1,87 %. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die genannten gesetzlichen Vorschriften die Stundung nur gegen Sicherheitsleistung kennen, was den wirtschaftlichen Wert der Forderung für den Gläubiger erheblich steigert.

27 Der Gesetzgeber wäre bei der Regelung der Zinshöhe keineswegs gehalten, sich an den gegenwärtig sehr günstigen Zinsen für Baufinanzierungsdarlehen zu orientieren. Denn für diese besteht regelmäßig eine dingliche Sicherheit, die bei der Rückforderung der Ausbildungskosten nicht gegeben ist. Soweit überhaupt eine Orientierung an Marktzinsen angemessen sein sollte, erscheint der Bezug zu ungesicherten Verbraucherkrediten oder Ausbildungsdarlehen - etwa der Kreditanstalt für Wiederaufbau - eher sachgerecht (vgl. OVG Münster, Urteil vom 1. Juni 2015 - 1 A 930/14 - juris Rn. 65 ff.).

28 Eine Orientierung des Zinsniveaus an den Refinanzierungskosten des Bundes (so OVG Weimar, Urteil vom 12. November 2015 - 2 KO 171/15 - juris Rn. 33; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 - 5 K 2265/12 - juris Rn. 97) erscheint denkbar, aber gerade vor dem Hintergrund der auch verhaltenslenkenden Funktion der Rückzahlungsverpflichtung keinesfalls zwingend. Der Gesetzgeber hätte bei der Regelung der Zinshöhe zudem zu beachten, dass diese - anders als die Höhe der monatlichen Rate - nicht der ständigen Anpassung unterliegt und damit auch für längerfristige Rückzahlungsphasen geeignet sein muss.

29 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.