Verfahrensinformation

Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau und die mit einer geplanten Ausweitung des Braunkohlentagebaus begründete Verlegung der Autobahn Aachen - Köln (A 4) zwischen Düren und Kerpen. Sie halten die Trassenwahl für fehlerhaft, da sie die Immissionsschutzbelange der betroffenen Wohnbevölkerung nicht ausreichend berücksichtige.



Pressemitteilung Nr. 29/2009 vom 13.05.2009

Klagen gegen den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen Kerpen und Düren abgewiesen

In mehreren Klageverfahren wandten sich Einwohner der Ortslagen Buir und Ellen sowie ein staatlich anerkannter Naturschutzverein gegen die Planfeststellung für den Ausbau und die durch den Braunkohletagebau Hambach bedingte Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Kerpen und Düren. Die privaten Kläger machten geltend, insbesondere wegen der für ihre Grundstücke zu befürchtenden Lärmimmissionen müsse die Trasse weiter von ihren Grundstücken entfernt verlaufen. Hilfsweise verlangten sie zusätzliche Maßnahmen zum Schutz ihrer Grundstücke vor Immissionen. Der Naturschutzverein wandte ein, die Planfeststellung verstoße gegen das europäische und deutsche Naturschutzrecht, weil die auch nach Verlegung der Autobahn noch vorgesehene Querung eines nach Europarecht ausgewiesenen besonderen Schutzgebiets, des FFH-Gebiets "Dickbusch, Lörsfelder Busch, Steinheide", zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele dieses Gebiets führe und die Voraussetzungen für eine Abweichungsentscheidung nicht vorlägen. Außerdem verstoße das Vorhaben gegen das Artenschutzrecht.


Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das hier in erster und letzter Instanz zuständig ist, hat die Klagen abgewiesen. Die Trassenwahl, bei der sich die Planfeststellungsbehörde auch mit den von den Klägern bevorzugten Varianten auseinandergesetzt habe, verletze keine Rechte der privaten Kläger. Diesen ständen auch keine Ansprüche auf weitergehende Schutzvorkehrungen zu. Die Klage des Naturschutzvereins sei ebenfalls unbegründet. Zwar könne das Vorhaben wegen des damit verbundenen Verlustes an Waldflächen zu einer erheblichen Beeinträchtigung des genannten Schutzgebiets führen. Die vom Beklagten vorsorglich durchgeführte Abweichungsprüfung sei jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Auch artenschutzrechtliche Verbote würden nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.


BVerwG 9 A 71.07 - Urteil vom 13.05.2009

BVerwG 9 A 72.07 - Urteil vom 13.05.2009

BVerwG 9 A 73.07 - Urteil vom 13.05.2009

BVerwG 9 A 74.07 - Urteil vom 13.05.2009


Urteil vom 13.05.2009 -
BVerwG 9 A 71.07ECLI:DE:BVerwG:2009:130509U9A71.07.0

Urteil

BVerwG 9 A 71.07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
am 13. Mai 2009 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden den Klägern zu je einem Drittel auferlegt.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen. Dem liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

2 Der Kläger zu 3 ist Eigentümer und Bewohner des Grundstücks M1 im Ortsteil Buir der Stadt Kerpen, das in einem Wohngebiet liegt und mit einem Wohnhaus bebaut ist. Sein Sohn, der Kläger zu 1, wohnt ebenfalls in diesem Haus und betreibt dort ein Steuerberaterbüro. Der Kläger zu 2, ein weiterer Sohn des Klägers zu 3, wohnt als Mieter im etwa 900 m weiter östlich gelegenen Haus S. in Buir.

3 Ende 1976 stellte der Braunkohlenausschuss des Landes Nordrhein-Westfalen den Braunkohlenplan „Teilplan 12/1 - Hambach - Abbau- und Außenhaldenfläche des Tagebaus Hambach“ auf. Im Juni 1977 wurde dieser Plan vom Ministerpräsidenten genehmigt und bekannt gemacht. Der Plan sieht eine Abbau- und Haldenfläche von ca. 85 km² vor. Im Abbaugebiet können ca. 2,5 Mrd. t Braunkohle gewonnen werden. Bei einer geplanten jährlichen Fördermenge von ca. 50 Mio. t soll der Abbau des gesamten Feldes bis etwa 2045 andauern.

4 Im März 1978 ließ das Bergamt Köln zunächst zwei Rahmenbetriebspläne für eine Teilfläche von 23 km² und den dortigen Abbau bis 1995 zu. Mit der entsprechenden Kohlegewinnung wurde 1984 begonnen. Im August 1995 ließ das Bergamt Düren einen weiteren Rahmenbetriebsplan zu, mit dem der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen der Abbau einer anschließenden weiteren Teilfläche in den Jahren 1996 bis 2020 erlaubt wurde. Diese Teilfläche reicht im Süden bis über die bestehende vierstreifige A 4 im Bereich zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen hinweg.

5 Im September 2000 übersandte das Ministerium für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Unterlagen für die Verlegung der A 4 im Bereich zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen zur Bestimmung der Planung und Linienführung mit dem Vorschlag, von den geprüften sieben Trassenvarianten die Variante 2a als günstigste zu bestimmen. Mit Schreiben vom 19. Januar 2001 bestimmte das Bundesministerium gegenüber dem Land die von diesem vorgeschlagene Linienführung. Danach soll die bisher ca. 2,5 km von Buir entfernte Autobahn im Raum Buir künftig unmittelbar nördlich parallel der Eisenbahnstrecke Aachen-Köln verlaufen, die hier als Schnellbahnstrecke mit einem separaten S-Bahn-Gleis ausgebaut ist und am nördlichen Rand der Ortslage Buir entlangführt. Die Wohnungen der Kläger zu 1 und 3 befinden sich etwa 550 m, die Wohnung des Klägers zu 2 etwa 1 250 m von der vorgesehenen Trasse entfernt.

6 Im März 2005 reichte der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen den Plan für den sechsstreifigen Ausbau und die Verlegung der A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen (Bau-km 32+350 bis 49+943) bei der Bezirksregierung Köln zur Durchführung des Anhörungsverfahrens ein. Die Bezirksregierung veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung in der Stadtverwaltung Kerpen vom 2. Mai bis zum 1. Juni 2005 ausgelegt wurde. Die Bekanntmachung enthielt den Hinweis, dass jeder bis zum 30. Juni 2005 bei der Bezirksregierung oder der Stadtverwaltung Einwendungen gegen den Plan erheben könne. Die Einwendung müsse den geltend gemachten Belang und das Maß der Beeinträchtigung erkennen lassen. Nach Ablauf dieser Frist seien Einwendungen ausgeschlossen.

7 Innerhalb der Einwendungsfrist erhoben die Kläger mit Schreiben vom 22. Juni 2005 (Kläger zu 2) und 30. Juni 2005 (Kläger zu 1 und 3) im Wesentlichen folgende Einwendungen:
- Die Verlegung der Autobahn sei überflüssig, da der Braunkohlentagebau wegen der sich ändernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht wie geplant realisiert werden könne. Es sei nicht einzusehen, dass allein wegen der privatwirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen die Lebensqualität und Gesundheit der Bürger von Buir vernichtet werde.
- Da der Tagebau die bisherige Autobahntrasse erst 2017 erreichen solle, sei deren geplante Verlegung jedenfalls verfrüht.
- Die Variantenprüfung sei unzureichend.
- Die zu erwartende zusätzliche Belastung der Bevölkerung durch Lärm und Feinstaub sei nicht hinnehmbar.
- Durch die Verlegung der Autobahn und den Wegfall der bisherigen Anschlussstelle Buir werde der Bewegungsspielraum der dortigen Bevölkerung eingeschränkt.
- Durch die zu erwartenden Beeinträchtigungen würden die Immobilien der Kläger im Wert und in der Nutzung gemindert.
- Ausgleichs- und Begrünungsmaßnahmen müssten vor der Verlegung in Buir selbst durchgeführt werden.
- Die Bauarbeiten seien auf die Tagesstunden zu beschränken.
- Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit werde missachtet.
- Die physischen und psychischen Belastungen durch die Verlegung nähmen den Klägern Gesundheit und Lebensfreude.

8 Während des Anhörungsverfahrens für den Ausbau und die Verlegung der Autobahn stellte die Bezirksregierung am 3. August 2005 den Plan für den Neubau der „Hambachbahn“ fest. Diese Grubenanschlussbahn der Beigeladenen für den Abtransport der Braunkohle verläuft bisher durch das zukünftige Abbaugebiet und soll im Bereich Buir künftig nördlich entlang der vorgesehenen neuen Autobahntrasse geführt werden.

9 Vom 3. bis 6. und am 25. April 2006 wurden die rechtzeitig erhobenen Einwendungen gegen den Plan zum Neubau der Autobahn und die Stellungnahmen der Behörden und Verbände zu dem Plan von der Bezirksregierung mit dem Landesbetrieb, den sonstigen Behörden und Verbänden, den Betroffenen sowie den Personen, die Einwendungen erhoben hatten, erörtert. Der Kläger zu 1 nahm an dem Erörterungstermin teil und erhielt seine Einwendungen aufrecht. In der Folgezeit wandte er sich zudem mit zahlreichen weiteren Stellungnahmen an die Anhörungsbehörde.

10 Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Ausbau und die Verlegung der A 4 von Bau-km 32+350 bis Bau-km 49+943 fest. Danach verläuft die Trasse nördlich der Ortslage Buir jenseits der hier mit einer 2,5 m hohen Lärmschutzwand versehenen, östlich des Bahnhofs Buir auf einem von West nach Ost an Höhe über Gelände zunehmenden Bahndamm liegenden Eisenbahnstrecke in einem zwischen 7 und 12 m tiefen Einschnitt, an dessen Böschungskante eine im westlichen und mittleren Bereich 4 m hohe Lärmschutzwand errichtet werden soll. Durch die Nebenbestimmung 5.2.1 wurde der Träger der Straßenbaulast zudem verpflichtet, zum besonderen Schutz der Ortslage Buir zwischen km 40+150 und km 42+700 als Straßenoberflächenbelag einen offenporigen Asphalt aufzubringen und zu unterhalten, der sicherstellt, dass die dafür angegebenen Korrekturwerte DStrO = -5 dB(A) erzielt werden. Außerdem enthält der Planfeststellungsbeschluss zahlreiche weitere Nebenbestimmungen zum Lärmschutz der benachbarten Grundstücke, ohne allerdings den Klägern Ansprüche auf passive Lärmschutzmaßnahmen zuzusprechen. Unter Berücksichtigung der Lärmschutzwand und eines Korrekturwerts DStrO von nur -2 dB(A) für lärmmindernden Asphalt wurden an der trassenzugewandten Fassade des an das Wohnhaus der Kläger zu 1 und 3 angrenzenden Wohngebäudes auf dem Grundstück M2 für die vom Beklagten prognostizierte Verkehrsbelastung folgende Beurteilungspegel ermittelt:
Erdgeschoss: tags 51,0 dB(A), nachts 46,0 dB(A)
1. Obergeschoss: tags 51,9 dB(A), nachts 46,9 dB(A).

11 Zur Begründung führte der Beschluss aus: Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ergebe sich bereits unmittelbar aus der zeichnerischen Darstellung im Bedarfsplan zum Fernstraßenausbaugesetz, davon unabhängig aber auch aus den mit der Planung verfolgten inhaltlichen Zielen. Dazu gehöre insbesondere das landesplanerisch verbindliche Ziel der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach, das zwangsläufig die Verlegung der A 4 aus den Abbaugrenzen des Tagebaus vorgebe.

12 Eine Alternative, die in der Gesamtabwägung der planfestgestellten Variante eindeutig vorzuziehen wäre, sei nicht zu erkennen. Die unveränderte weitere Nutzung der vierstreifigen A 4 in der bisherigen Lage widerspräche sowohl den Verkehrserfordernissen als auch den verbindlichen Zielen der Raumordnung und Landesplanung sowie dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen. Aus letztgenanntem Grund komme auch der sechsstreifige Ausbau in der bisherigen Trassenlage nicht in Betracht. Eine andere Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets des Tagebaus Hambach oder unter Zurücknahme der Abbaugrenze dieses Tagebaus komme aufgrund der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung ebenfalls nicht in Betracht. Selbst wenn man dies außer Acht lasse und eine Abwägung unter Berücksichtigung der Direktive des § 124 Abs. 3 BBergG vornehme, sei eine Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets auszuschließen, da vorliegend das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb dieses Gebietes überwiege. Die Fortführung des Tagebaus Hambach sei zum langfristigen Erhalt der Stromerzeugungskapazität und zur Brennstoffversorgung unverzichtbar und daher im öffentlichen Interesse und aus Gründen des Gemeinwohls geboten.

13 Demgegenüber träten insoweit insbesondere auch die von den Bewohnern der Ortslage Buir vor allem geltend gemachten Immissionsschutzaspekte zurück. Hier sei u.a. maßgeblich, dass mit den vorgesehenen vielfältigen Vermei-
dungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen auf allen Gebieten der Planung ein sehr weitgehender Schutz vor Beeinträchtigungen vorgesehen sei und unzumutbare Beeinträchtigungen sicher ausgeschlossen werden könnten.

14 Angesichts dessen sei das Vorhaben mit den Belangen des Lärmschutzes vereinbar. Nach einer für die Ortslage Buir durchgeführten Summenpegelberechnung für die gebündelt angeordneten Verkehrswege am nördlichen Rand dieser Ortslage sei auch eine Gesundheitsgefährdung der Betroffenen durch den summierten Verkehrslärm auszuschließen.

15 Entsprechendes gelte für die Belange der Luftreinhaltung. Gesundheitsgefahren durch Luftschadstoffe seien nach dem Ergebnis der Schadstoffabschätzung für den Menschen nicht zu erwarten. Bereits bei der Wohnbebauung in unmittelbarer Trassennähe überschreite die aus Vorbelastung und straßenverkehrsbedingter Zusatzbelastung ermittelte Schadstoffgesamtbelastung die bestehenden Grenz- bzw. Orientierungswerte nicht.

16 Der Planfeststellungsbeschluss wurde öffentlich bekannt gemacht; die Auslegung in Kerpen endete am 21. November 2007.

17 Am 19. Dezember 2007 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zu deren Begründung behaupten sie, die Lärmgrenzwerte für die Nacht von 49 dB(A) würden in Buir schon jetzt nicht durchgehend eingehalten. Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Werte für die zu erwartende Lärmbelastung seien nicht zutreffend ermittelt worden. Es sei zu bezweifeln, dass die Belastung östlich des Bahnhofs Buir derjenigen westlich des Bahnhofs entspreche. Denn der Bereich westlich des Bahnhofs habe nicht den schallschützenden Erdwall der Eisenbahnlinie. Außerdem seien in den Berechnungen zur Schallbelastung die unterschiedlichen Witterungsverhältnisse nicht berücksichtigt, insbesondere die Auswirkungen von Regen und regennasser Fahrbahn sowie die unterschiedlichen Luftwiderstände bei Kälte und Wärme. Eine Ermittlung des insgesamt einwirkenden Schallvolumens bezogen auf den Tag, die Woche, das Jahr, die Gleichzeitigkeit mehrerer Lärmquellen, den dynamischen Verlauf des Lärms und die Witterungsverhältnisse sei nicht erfolgt.

18 Auch die Schadstoffbelastungen überschritten je nach Verkehrsaufkommen und Witterung schon jetzt das zulässige Maß. Bei der geplanten Verlegung der Autobahn seien diese Überschreitungen noch häufiger zu erwarten. Die mit dieser Verlegung verbundene Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen sei jedoch überhaupt nicht bzw. nicht ausreichend ermittelt worden.

19 Ferner sei davon auszugehen, dass sich Anzahl und Wahrnehmbarkeit der Erdbeben nach der geplanten Verlegung der Autobahn deutlich erhöhen würden, und zwar bedingt durch den Tagebau.

20 In der Umweltverträglichkeitsstudie fehle es an der grundlegenden Prüfung des sechsstreifigen Ausbaus der Autobahn auf der bestehenden Trasse. Die Förderung von Braunkohle bleibe schon nach heutigen Erkenntnissen hinter den ursprünglichen Planungen zurück und habe sich bei jährlich ca. 40 Mio. t eingependelt. Aber auch die Vorschläge der Kläger zur Verlegung der Autobahn auf eine ganz oder teilweise nördlich bzw. nordöstlich der jetzt geplanten Variante gelegene Trasse seien nicht ernsthaft in die Abwägungen eingeflossen. Bergbauliche oder statische Gründe ständen einer derartigen Linienführung nicht entgegen.

21 Bei der Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens zur Verlegung der Hambachbahn habe die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen im Jahre 1999 noch selbst eine westliche Umfahrung der Steinheide und damit eine nördlich bzw. nordöstlich vom jetzigen Verlauf der Autobahn gelegene Linienführung in Betracht gezogen. Diese Alternative sei damals deshalb verworfen worden, weil das entsprechende Gebiet noch Abbaugebiet war. Wenn der Braunkohleabbau voraussichtlich 2017 auf die jetzige Autobahn treffe, sei jedoch davon auszugehen, dass das weiter nördlich gelegene Abbaugebiet schon erschöpft und in weiten Teilen rekultiviert sei. Damit stünde einer Verlegung der Autobahn in dieses Gebiet kein ernstzunehmender Aspekt entgegen.

22 Die Anfahrtswege zwischen dem Steuerberaterbüro des Klägers zu 1 und seinen potentiellen Klienten in Arnoldsweiler, Manheim, Morschenich, Elsdorf und Bergheim würden sich durch die Verlegung der Autobahn und den Wegfall der Anschlussstelle Buir verlängern und verteuern. Deshalb würde die Zahl seiner Klienten aus dem bisherigen Einzugsgebiet abnehmen. Der Wert der Immobilien der Kläger werde sich durch die Verlegung der Autobahn erheblich verringern.

23 Das Planfeststellungsverfahren sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft durchgeführt worden:
- Die Auslegungsfrist in Kerpen sei wegen Betriebsausflugs der Bediensteten der Stadtverwaltung um einen Tag unzulässig verkürzt worden.
- Die Umweltverträglichkeitsstudie sei im Anhörungsverfahren nicht ausgelegt worden.
- Planänderungen seien nicht öffentlich ausgelegt und allen Betroffenen mitgeteilt worden.
- Das Vorhaben hätte als Verkehrswegeplanung auf Bundesebene einer Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung nach § 14a UVPG bedurft, an der es fehle.

24 In materiellrechtlicher Hinsicht vertreten die Kläger die Auffassung, der Kläger zu 3 sei durch Verletzung des Abwägungsgebots in seinem Grundrecht auf Eigentum verletzt. Die mit der geplanten Verlegung der Autobahn verbundenen Lärm- und Schadstoffimmissionen und die gegen das Abwägungsgebot verstoßende Trassenwahl beeinträchtigten den Kläger zu 1 in seiner Berufsfreiheit und seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Der Kläger zu 2 sei als Mieter durch Verletzung des Abwägungsgebots ebenfalls in seinem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt.

25 Die Planrechtfertigung könne nicht aus der Unüberwindbarkeit des landesplanerischen Ziels der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach hergeleitet werden. Insoweit falle der Planfeststellungsbehörde ein beachtlicher Abwägungsfehler zur Last. Denn daraus ergebe sich nicht zwingend die planfestgestellte Trassenverlegung der A 4. Da die betroffenen Anwohner ihre privaten Belange nicht in der landesplanerischen Entscheidungsfindung, sondern erst im Planfeststellungsverfahren geltend machen könnten, müsse die landesplanerische Zielvorgabe im Planfeststellungsverfahren mit diesen Belangen abgewogen werden und, wenn diese höherwertig seien, im Extremfall gegenüber diesen Belangen auch ganz oder teilweise zurücktreten. Außerdem schlügen Abwägungsfehler aus der Landesplanung auf das Planfeststellungsverfahren durch. Soweit eine zielförmige landesplanerische Standortentscheidung, deren Zielbindung sich nicht auf private Betroffene erstreckt, inhaltlich im Planfeststellungsbeschluss umgesetzt bzw. konkretisiert werde, müsse eine Inzidentkontrolle auch der landesplanerischen Entscheidung zum Gegenstand der Planfeststellung und ihrer gerichtlichen Überprüfung gemacht werden. Weder der Rahmenbetriebsplan Hambach 12/1 noch der Braunkohlenplan Hambach erfüllten die inhaltlichen Anforderungen an ein Ziel der Raumordnung. Sie seien räumlich und sachlich nicht ausreichend bestimmt und beruhten auf keiner hinreichenden und abschließenden Abwägung landesplanerischer Anforderungen. Der Braunkohlenplan Hambach sei sogar nichtig, weil die Erfüllung der darin dem Vorhabenträger erteilten Auflagen tatsächlich unmöglich sei. Die ihm zugrunde liegende Abwägung sei durch das gewandelte Umweltbewusstsein inzwischen überholt. Der vorgesehene Restsee sei völlig überdimensioniert und stelle keine ordnungsgemäße Wiedernutzbarmachung i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Nr. 7 BBergG dar. Eine Abbaugenehmigung für das erweiterte Abbaugebiet liege auch noch nicht vor, so dass die Verlegung der Autobahn darauf nicht gestützt werden könne. Mangels eines rechtsgültigen Rahmenbetriebsplans für das Gebiet zwischen jetziger Autobahn und Eisenbahnlinie könne der hier beabsichtigte Tagebau nicht als öffentlicher Belang in die Abwägung eingestellt werden. Die Behauptung, bei Nichtverlegung der Autobahn müssten mehr als 1 Mrd. t Braunkohle aufgegeben werden, werde zudem bestritten.

26 Eine ordnungsgemäße Abwägung der Trassenvarianten habe im Planfeststellungsbeschluss nicht stattgefunden, da eine tabellarische Gegenüberstellung der jeweiligen Vor- und Nachteile fehle. Außerdem seien nicht alle ernsthaft in Betracht kommenden Trassenvarianten berücksichtigt worden. Gänzlich unberücksichtigt geblieben seien die Möglichkeit, die Autobahn vorübergehend zu unterbrechen und den Verkehr über die A 61 und die A 44 umzuleiten, sowie eine Kurz- bzw. Querungsvariante an der Abbaugrenze des Rahmenbetriebsplans 12/1. Diese Variante sei eindeutig die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Trasse. Außerdem dränge sich die Variante 6 als die Ortschaft Buir erheblich weniger belastende Trasse auf. Bei der Ablehnung dieser Variante sei das Schutzgut Mensch unzulänglich berücksichtigt worden. Bei der Linienbestimmung sei dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen insoweit ein Fehler unterlaufen, als es die Länge der linienbestimmten Trasse um 800 m zu kurz angenommen habe. Die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, die Variante 6 durchschneide einen Freiraum zwischen der Bahnstrecke und der B 264, sei unzutreffend. Die planfestgestellte Trasse greife im Bereich Buir zudem unzulässig in die Sicherheitszone des Tagebaus ein.

27 Verletzt worden seien ferner immissionsschutzrechtliche Bestimmungen, die auch dem Schutz der Kläger dienten. Die von dem Neubau der Autobahn ausgehenden Lärmbelastungen seien für die Kläger unzumutbar. Auch die mit der Verlegung der Autobahn verbundene Zunahme der Abgas- und Schadstoffbelastungen sowie die mit der Bündelung der Verkehrswege verbundenen Erdbebenrisiken seien vom Beklagten nicht hinreichend berücksichtigt worden.

28 Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 aufzuheben,
hilfsweise,
die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses festzustellen,
weiter hilfsweise,
den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ändern bzw. zu ergänzen, dass für den Bereich der Ortslage Buir die Führung der Autobahn in einem Tunnelbauwerk vorgesehen wird,
äußerst hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über eine Ergänzung dieses Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche Maßnahmen zum Schutz der Ortslage Buir vor Schallimmissionen erneut zu entscheiden.

29 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

30 Er trägt vor, dass eine Beibehaltung der heutigen Autobahntrasse einen Weiterbetrieb des Tagebaus südlich davon ausschließen würde. Eine Trassenführung im Norden der vorhandenen Trasse habe von vornherein aus technischen und Sicherheitsgesichtspunkten ausgeschlossen werden müssen, da sie mitten über die aktive Betriebsfläche des Tagebaus führen würde. Hier finde während der gesamten Zeit bis über die bergbauliche Inanspruchnahme der bisherigen Trasse hinaus kontinuierlicher Bergbaubetrieb statt. Da die endgültige Oberflächengestaltung in diesem Bereich erst deutlich nach dem vorgesehenen Bauende der neuen Autobahn abgeschlossen sein werde, müsste sich eine neue Autobahntrasse den zum Bauzeitpunkt vorhandenen vorläufigen Geländehöhen anpassen. Damit müsste die Autobahn im Verlegeabschnitt einen Höhenunterschied von ca. 320 m überwinden und anschließend wieder an das Umgebungsniveau anschließen. Derartige Trassenführungen ständen nicht im Einklang mit den Zielen der Raumordnung, die eine land- und forstwirtschaftliche Wiedernutzung der früheren Abbaufläche und die Anlage eines Restsees vorsehe. Eine alternative Trassenführung durch das Abbaugebiet unter Zurücknahme der Abbaugrenze vor Buir oder ein vorzeitiges Zurückschwenken vor Manheim komme wegen der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach nicht in Betracht.

31 Die Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.

32 Sie schließt sich der Klageerwiderung des Beklagten an und äußert ergänzend Zweifel an der Klagebefugnis der Kläger. Diese hätten nicht dargelegt, dass ihre planungsrechtlich relevanten Belange nicht ordnungsgemäß in die Abwägung einbezogen worden seien.

II

33 1. Der Senat kann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2009 über die Klage entscheiden, obwohl die Kläger in dieser Verhandlung zwar anwaltlich vertreten, jedoch nicht persönlich anwesend waren. Konkrete Umstände, die eine persönliche Anwesenheit insbesondere des Klägers zu 1 in der mündlichen Verhandlung erforderlich gemacht hätten, liegen nicht vor. Die Streitsache wurde in der mündlichen Verhandlung mit dem anwesenden Prozessbevollmächtigten der Kläger hinreichend erörtert, wobei er zu allen möglicherweise entscheidungserheblichen Punkten gehört wurde und sich ausführlich hierzu geäußert hat.

34 2. Die Klage ist mit dem auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Hauptantrag und dem auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit gerichteten ersten Hilfsantrag zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt und die - vollständige oder teilweise - Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.

35 Soweit die Kläger Fehler bei der Durchführung des Anhörungsverfahrens beanstanden, legen sie nicht dar, dadurch an der rechtzeitigen Geltendmachung ihrer Belange gehindert worden zu sein. Angesichts der umfangreichen Einwendungen, die die Kläger innerhalb der Einwendungsfrist erhoben haben, besteht dafür auch kein Anhaltspunkt. Eine Pflicht zur Durchführung einer Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung im Planfeststellungsverfahren bestand nicht, da dieses Verfahren nicht auf Bundesebene (vgl. Anlage 3 Nr. 1.1 UVPG), sondern von einer Landesbehörde durchgeführt wurde und zudem nicht der Aufstellung eines Plans oder Programms im Sinne von § 2 Abs. 5 UVPG, sondern der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne von § 2 Abs. 1 UVPG diente.

36 Auch in materiellrechtlicher Hinsicht hat der Beklagte bei der Planfeststellung des Vorhabens, an dessen Planrechtfertigung mit Rücksicht auf die Aufnahme der Erweiterung der A 4 auf sechs Fahrstreifen in den gesetzlichen Bedarfsplan keine Zweifel bestehen, die nicht präkludierten Belange der Kläger weder verkannt noch im Verhältnis zu ihnen entgegenstehenden anderen Belangen objektiv fehlgewichtet. Dies gilt insbesondere für die Immissionsschutzbelange der Kläger.

37 Wie die Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ergeben haben, ist die den planfestgestellten Lärm- und Schadstoffuntersuchungen zugrunde liegende Verkehrsprognose anhand eines der Materie hier angemessenen und methodisch vertretbaren Prognoseverfahrens und auf der Basis ausreichend valider Ausgangsdaten erarbeitet worden. Dass dabei im Prognosezeitraum zu erwartende Umstände, die mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu weiteren Verkehrszunahmen führen werden, unbeachtet geblieben sind, ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere den Erläuterungen des für die Verkehrsprognose verantwortlichen Gutachters Dipl.-Ing. G., auszuschließen, ohne dass es dafür einer zusätzlichen Beweiserhebung bedarf. Dies gilt auch für die spekulative Mutmaßung der Kläger, die ab 2017 für etwa zehn Jahre zu erwartende Umleitung des über die A 61 laufenden Verkehrs zwischen den Autobahnkreuzen Jackerath und Mönchengladbach-Wanlo über die A 44, das Autobahnkreuz Holz und die A 46 könnte wegen der damit verbundenen Verlängerung dieser Strecke um etwa 4 km zu einer Verlagerung des Lkw-Fernverkehrs zwischen dem Autobahnkreuz Kerpen und Eindhoven auf die A 4 führen, obwohl dabei eine insgesamt um etwa 20 km längere Autobahnstrecke in Kauf genommen werden muss. Die ermittelten Verkehrsbelastungswerte konnten deshalb den Lärm- und Schadstoffuntersuchungen und der Trassenwahl zugrunde gelegt werden.

38 Dass der Beklagte aus anderen Gründen bei der Trassenwahl die Immissionsschutzbelange der Kläger zu ihrem Nachteil verkannt oder objektiv fehlgewichtet hat, ist ebenfalls nicht erkennbar. Insbesondere hat der Senat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass sich ohne einen diesbezüglichen Ermittlungs- und Bewertungsmangel der Ausbau der Autobahn auf der bestehenden Trasse oder auf einer südlich oder weiter nördlich von Buir verlaufenden Trassenvariante eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Linienführung darstellen würde.

39 Die Planfeststellungsbehörde hat sich vor dem Hintergrund der von den Klägern erhobenen, die Beeinträchtigung ihres Wohnortes vor allem durch Verkehrslärm betreffenden Einwendungen auch mit der „Nullvariante“ in Form eines Ausbaus der A 4 auf der bestehenden Trasse oder mit einer anderen Trassenführung im Abbaugebiet oder in der Sicherheitszone des Tagebaus Hambach bzw. unter Zurücknahme der vorgesehenen Abbaugrenze dieses Tagebaus auseinandergesetzt. Sie hat insoweit in erster Linie darauf verwiesen, dass eine solche Trassenführung aufgrund der landesplanerisch verbindlichen Genehmigung der Braunkohlegewinnung im Tagebau Hambach nicht in Betracht komme. Selbst wenn man dies aber außer Acht lasse und eine Abwägung unter Berücksichtigung der Direktive des § 124 Abs. 3 BBergG vornehme, sei eine Trassenführung innerhalb des Abbaugebiets auszuschließen, da vorliegend das öffentliche Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb dieses Gebietes überwiege. Die Fortführung des Tagebaus Hambach sei zum langfristigen Erhalt der Stromerzeugungskapazität und zur Brennstoffversorgung unverzichtbar und daher im öffentlichen Interesse und aus Gründen des Gemeinwohls geboten. Demgegenüber träten insoweit insbesondere auch die von den Bewohnern der Ortslage Buir vor allem geltend gemachten Immissionsschutzaspekte zurück. Dafür sei u.a. maßgeblich, dass mit den vorgesehenen vielfältigen Vermeidungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen auf allen Gebieten der Planung ein sehr weitgehender Schutz vor Beeinträchtigungen vorgesehen sei und unzumutbare Belastungen sicher ausgeschlossen werden könnten.

40 Das Klagevorbringen ist nicht geeignet, die Grundlagen dieser für die Trassenwahl maßgeblichen Erwägungen zu erschüttern. Dass bei der Linienbestimmung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Jahre 2001 Trassenführungen durch das Abbaugebiet des Tagebaus nicht in Betracht gezogen wurden, ist schon deshalb unerheblich, weil sich der Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich unabhängig von den Wertungen, die zur Linienbestimmung geführt haben, nochmals mit dem gesamten Planungsvorgang und insbesondere mit den von Einwenderseite angesprochenen Trassenalternativen befasst hat. Er hat die von den Klägern geltend gemachten Immissionsschutzaspekte unter Berücksichtigung der vorgesehenen Vermeidungs-, Minderungs- und Schutzmaßnahmen hinter dem öffentlichen Interesse an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze im durch den 1977 für verbindlich erklärten Braunkohlenplan unter Beteiligung der Öffentlichkeit und eines Vertreters des Beklagten landesplanerisch festgelegten Abbaugebiet zurücktreten lassen. Es ist weder schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich, dass der Beklagte dabei die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder den Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen hat, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Insbesondere durfte der Beklagte berücksichtigen, dass sich das genannte öffentliche Interesse durch den Braunkohlenplan und den bestandskräftigen Rahmenbetriebsplan von 1995 in einer die Beibehaltung der bisherigen Autobahntrasse ausschließenden Weise verfestigt hatte. Dass sich die diesem Rahmenbetriebsplan zugrunde liegende durchschnittliche Fördermenge nach dem Jahre 2000 nicht in dem 1995 noch prognostizierten Ausmaß gesteigert haben mag, ändert - unabhängig von der Frage der Verbindlichkeit der im Braunkohlenplan festgelegten Ziele der Raumordnung (vgl. § 22 Abs. 1, §§ 38, 44 Abs. 1 LPlG NRW i.V.m. § 4 Abs. 1 ROG) - nichts an dem grundsätzlichen Fortbestand des öffentlichen Interesses an einer weiteren Gewinnung der Bodenschätze innerhalb des hier in Rede stehenden Abbaugebiets.

41 Dem Vorschlag des Klägers zu 1, nach Beendigung des nördlichen Abbaus die Autobahn in die dortige Sohle des Tagebaus zu verlegen, wurde vom Vorhabenträger bereits im Anhörungsverfahren entgegengehalten, dass dafür ein Höhenunterschied von über 300 m zu überwinden wäre, was bei den für Autobahnen vorgegebenen Steigungsparametern eine Länge von etwa 10 km erfordern würde. Abgesehen davon wird der Bergbaubetrieb auch nach Vorrücken der Abbaukante auf die Bestandstrasse nördlich davon noch andauern und damit eine übergangslose Verlegung der Autobahn in das davon betroffene Gebiet ausschließen. Zudem stände eine derartige Trassenführung nicht im Einklang mit dem im Braunkohlenplan landesplanerisch festgelegten Ziel, im Abbaugebiet nach Beendigung des Abbaus eine Wiederauffüllung mit anschließender landschaftlicher und forstlicher Rekultivierung vornehmen sowie im verbleibenden Restloch einen See anlegen zu lassen. Unabhängig von der Frage der rechtlichen Verbindlichkeit dieses Ziels durfte der Beklagte es im Rahmen der Abwägung aufnehmen und den genannten Vorschlag des Klägers deshalb schon auf der Grundlage einer Grobanalyse aus der weiteren Untersuchung ausschließen. Die im Planfeststellungsverfahren zum Neubau der Hambachbahn im Tagebau Hambach erwogene und wegen Inanspruchnahme des Abbaugebiets verworfene westliche Umfahrung der südlich der jetzigen A 4 gelegenen Steinheide hat mit der von den Klägern hilfsweise vorgeschlagenen Trassenführung mitten durch das Tagebaugebiet nördlich der jetzigen A 4 nichts zu tun.

42 Die südlich der Ortslage Buir verlaufende Trassenvariante 6 hat der Beklagte ebenfalls unabhängig von den Wertungen, die zur Linienbestimmung geführt haben, nicht für vorzugswürdig gehalten, weil sie zu einer neuen Durchtrennung des bisher wenig durchschnittenen Freiraums südlich von Buir führe, auf einer Länge von 10 km erhebliche und neue Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes verursache (Überlagerung der deutlich ausgeprägten Hangkante des Buirer Fließes, höhere Neuversiegelung durch deutlich höhere Streckenlänge) und zu einer neuen und zusätzlichen Beeinträchtigung der Ortslagen Golzheim und Blatzheim sowie zu einer zweiten, neuen Lärmbeeinträchtigung der Ortslage Buir in den bislang von verkehrsbedingten nachteiligen Auswirkungen weitgehend unbeeinflussten südlichen Bereichen führe. Auch insoweit ist weder von den Klägern schlüssig dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wurde, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht.

43 Die darüber hinaus geltend gemachten Bedenken der Kläger gegen die in der Ortslage Buir zu erwartenden Belastungen durch Lärm und Luftverunreinigungen können der Anfechtungsklage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit die Kläger ihre Zweifel an der zutreffenden Ermittlung der zu erwartenden Lärmbelastung auf andere Gesichtspunkte als ihre Zweifel an der Verkehrsprognose stützen, lässt ihr Vorbringen eine schlüssige Substantiierung vermissen. Die annähernd gleiche Schallimmissionsbelastung westlich und östlich des Bahnhofs Buir kommt dadurch zustande, dass dort, wo die Schirmwirkung durch den Bahndamm abnimmt bzw. fehlt, eine 4 m hohe Lärmschutzwand an der Böschungskante des Trasseneinschnitts vorgesehen ist. Die Behauptung der Kläger, bei den Berechnungen zur Schallbelastung seien die unterschiedlichen Witterungsverhältnisse nicht berücksichtigt worden, und ihre Ansicht, dass weitere zeitliche und schalltechnische Differenzierungen hätten erfolgen müssen, verkennen, dass das Berechnungs- und Beurteilungsverfahren durch die Verkehrslärmschutzverordnung normativ vorgegeben ist. Anhaltspunkte dafür, dass diese rechtlich allein maßgeblichen Vorgaben bei der planfestgestellten schalltechnischen Untersuchung hinsichtlich der Grundstücke der Kläger missachtet wurden, sind weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich. Etwaigen Unsicherheiten der Lärmprognose wird zudem durch die in der Nebenbestimmung 5.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses enthaltene Schallschutzgarantie Rechnung getragen. Abgesehen davon ließe sich ein insoweit der Entscheidung des Beklagten etwa anhaftender Mangel jedenfalls durch schlichte Planergänzung um Schutz- oder Ausgleichsauflagen zugunsten der Kläger beheben.

44 Ebenso unsubstantiiert sind die Ausführungen der Kläger zu den zu erwartenden Schadstoffimmissionen. Soweit sich die Kläger in diesem Zusammenhang auf § 50 BImSchG berufen, übersehen sie, dass dem dort normierten Trennungsgrundsatz nur die Funktion einer Abwägungsdirektive zukommt, die im Rahmen der planerischen Abwägung durch andere Belange von hohem Gewicht überwunden werden kann (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 <172> m.w.N.). Dem trägt die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vorgenommene Variantenwahl - wie ausgeführt - Rechnung.

45 Die Befürchtung der Kläger, nach der geplanten Verlegung der Autobahn würden sich die Anzahl und die Wahrnehmbarkeit von Erdbeben im Einzugsbereich von Buir erhöhen, entbehrt jeder nachvollziehbaren Grundlage.

46 Mit dem Hinweis auf eine besondere Betroffenheit seines Steuerberaterbüros durch Verlängerung und Verteuerung der Anfahrtswege zwischen diesem Büro und potentiellen Klienten ist der Kläger zu 1 gemäß § 17 Abs.  4 Satz 1 FStrG a.F. bzw. § 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG n.F. ausgeschlossen, da er eine solche besondere berufliche Betroffenheit innerhalb der Einwendungsfrist nicht geltend gemacht hat. Die unsubstantiierte Behauptung, der Wert „der Immobilien der Kläger“ werde sich durch die geplante Verlegung der Autobahn „erheblich verringern“, ist ebenfalls nicht geeignet, einen beachtlichen Abwägungsmangel darzulegen. Zum einen können nicht Wertminderungen als solche, sondern nur reale Einwirkungen auf ein Grundstück, die zu einer Wertminderung führen, abwägungserheblich sein (vgl. Urteil vom 4. Mai 1988 - BVerwG 4 C 2.85 - NVwZ 1989, S. 151 <152> und Beschluss vom 9. Februar 1995 - BVerwG 4 NB 17.94 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 102 S. 34). Zum andern ist bei der Abwägung - entgegen dem Vortrag der Kläger - nicht „völlig unberücksichtigt geblieben“, dass sich das Vorhaben nachteilig auf den Wert zahlreicher fremder Grundstücke auswirken kann, sondern im Planfeststellungsbeschluss (S. 276 ff.) ausführlich behandelt worden. Die Erwägung, solche Wertminderungen seien, soweit nicht die §§ 41 ff. BImSchG und § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwVfG Schutz- oder Ausgleichsansprüche normieren, hier aus überwiegenden Gründen des Allgemeinwohls hinzunehmen, ist im Hinblick auf die Sozialbindung des Eigentums rechtlich nicht zu beanstanden.

47 Als nur mittelbar von dem Vorhaben Betroffene können die Kläger nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine gerichtliche Abwägungskontrolle nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihnen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, können sie demgegenüber ebenso wenig zum Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle machen (vgl. Beschluss vom 16. Januar 2007 - BVerwG 9 B 14.06 - Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 11 Rn. 18) wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht dem Schutz der Kläger zu dienen bestimmt sind. Ihrer nicht schlüssig substantiierten Behauptung, die planfestgestellte Trasse greife im Raum Buir unzulässig in die Sicherheitszone des Tagebaus ein, ist schon deshalb nicht nachzugehen.

48 3. Die auf Verpflichtung des Beklagten zur Planänderung bzw. -ergänzung um weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Kläger vor verkehrsbedingten Immissionen, insbesondere durch Führung der Autobahn in einem Tunnelbauwerk, gerichteten weiteren Hilfsanträge der Kläger sind ebenfalls zulässig, jedoch unbegründet. Auf der nach den obigen Ausführungen tragfähigen Basis der Verkehrs- und Immissionsprognosen haben die Kläger keinen Anspruch auf weitergehenden Lärmschutz oder auf einen im Zuge der Planfeststellung zu gewährenden Schutz vor Luftschadstoffen. Die Beurteilungspegel an den von ihnen bewohnten Gebäuden erreichen bei weitem nicht die für einen Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen nach § 41 oder § 42 BImSchG maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung. Erst recht bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger trotz der großen Entfernung dieser Gebäude von den Verkehrswegen nördlich der Ortslage Buir eine ihre Gesundheit oder ihr Eigentum beeinträchtigende Gesamtbelastung durch Verkehrslärm oder verkehrsbedingte Luftschadstoffe zu erwarten haben.

49 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.