Beschluss vom 22.03.2021 -
BVerwG 1 B 4.21ECLI:DE:BVerwG:2021:220321B1B4.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.03.2021 - 1 B 4.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:220321B1B4.21.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 4.21

  • VG Trier - 26.09.2017 - AZ: VG 7 K 1796/17.TR
  • OVG Koblenz - 28.10.2020 - AZ: OVG 7 A 10784/18.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. März 2021
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rudolph und
Dr. Wittkopp
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (I.) und eines Verfahrensmangels (II.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 I. Die Revision ist nicht wegen der mit der Beschwerde geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

3 1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung entscheidungserhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und im Einzelnen aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Juni 2006 - 6 B 22.06 - NVwZ 2006, 1073 Rn. 4 f. und vom 10. August 2015 - 5 B 48.15 - juris Rn. 3 m.w.N.). Die Darlegung muss sich auch auf die Entscheidungserheblichkeit des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrunds erstrecken.

4 2. Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlicher Klärung bedürftig erachtete Frage,
"ob sich das Tatsachengericht trotz des Systems der normativen Vergewisserung der den Betroffenen zu erwartenden Situation im EU-Zielstaat individuell genau und substantiiert nähern muss oder ob - wie hier - eine pauschale und verallgemeinernde Bewertung ausreicht, um einen Eingriff in Art. 4 GRCh bei Rückführung in den EU-Drittstaat auszuschließen",
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, weil es bereits an der Darlegung einer weiter klärungsbedürftigen Rechtsfrage fehlt.

5 Die abstrakten Anforderungen an die Sachverhaltsaufklärung im Asylverfahren sind - auch bezüglich der Frage, ob einem Schutzberechtigten im Zielstaat der Abschiebung mit Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) unvereinbare Lebensbedingungen drohen - in der Rechtsprechung geklärt. Das Bundesamt bzw. das Verwaltungsgericht haben insoweit alle für die Beurteilung des Vorliegens einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung relevanten Lebensbedingungen im Zielstaat der Abschiebung zu ermitteln und zu würdigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. August 2018 - 1 B 25.18 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 58 Rn. 16). Dafür ist unter anderem auch von Bedeutung, ob der rückkehrende Ausländer eine Unterkunft finden kann und ob er seine elementarsten Bedürfnisse durch eigene Arbeit oder Sozialleistungen decken kann. Dabei muss die fachgerichtliche Beurteilung von möglicherweise gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verstoßenden Aufnahmebedingungen - jedenfalls dann, wenn diese ernstlich zweifelhaft sind - auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2019 - 2 BvR 1380/19 - juris Rn. 15). Auch nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Gericht, das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung befasst ist, mit der ein neuer Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt wurde, in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die der Antragsteller vorgelegt hat, um das Vorliegen eines solchen Risikos in dem bereits schutzgewährenden Mitgliedstaat nachzuweisen, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a. [ECLI:​EU:​C:​2019:​219], Ibrahim u.a. - Rn. 88).

6 Einer weitergehenden grundsätzlichen Klärung sind die allgemeinen Anforderungen an die gerichtliche Sachverhaltsaufklärung nicht zugänglich. Die Beschwerde wendet sich insoweit vielmehr im Gewand der Grundsatzrüge gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts. Damit kann sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreichen.

7 II. Auch die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch. Die Beschwerde zeigt weder auf, dass das Oberverwaltungsgericht das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verletzt (1.), noch, dass es gegen die Pflicht des Gerichts zur Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen hätte (2.).

8 1. Ein Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) dadurch, dass das Berufungsgericht über die Berufung des Klägers verfahrensfehlerhaft durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO entschieden hätte, ist nicht schlüssig dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

9 a) Nach § 130a Satz 1 VwGO kann das Oberverwaltungsgericht über die Berufung durch Beschluss entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören (§ 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ist das sich auf die Begründetheit oder Unbegründetheit der Berufung beziehende Einstimmigkeitserfordernis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1998 - 3 B 1.98 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 19 S. 11 f.) erfüllt, steht die Entscheidung, ob ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss befunden wird, im Ermessen des Gerichts. Die Grenzen des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens sind weit gezogen. Das Revisionsgericht kann die Entscheidung für die Durchführung des vereinfachten Berufungsverfahrens nur darauf überprüfen, ob das Oberverwaltungsgericht von seinem Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. März 1999 - 4 B 112.98 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 35 S. 5 m.w.N. und vom 25. September 2003 - 4 B 68.03 - Buchholz 140 Art. 6 MRK Nr. 9 S. 16). Ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung ist seitens des Revisionsgerichts nur zu beanstanden, wenn es auf sachfremden Erwägungen oder einer groben Fehleinschätzung des Berufungsgerichts beruht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 1999 - 4 B 4.99 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 33 S. 2 m.w.N.) oder wenn im konkreten Fall Art. 6 EMRK beziehungsweise Art. 47 GRC die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gebieten (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2019 - 1 B 57.19 - juris Rn. 6).

10 An die Anhörungsmitteilung sind in formeller und inhaltlicher Hinsicht strenge Anforderungen zu stellen, da das damit eingeleitete Verfahren es dem Berufungsgericht ermöglicht, ohne die auch im Berufungsverfahren grundsätzlich vorgesehene mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1, § 101 Abs. 1 VwGO) zu entscheiden (BVerwG, Beschlüsse vom 22. April 1999 - 9 B 1037.98 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 38 S. 16 und vom 24. April 2017 - 6 B 17.17 - juris Rn. 11). Machen die Beteiligten von der ihnen einzuräumenden Äußerungsbefugnis Gebrauch, muss das Gericht ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) dadurch Rechnung tragen, dass es das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2017 - 6 B 17.17 - juris Rn. 11 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 10. Juni 1975 - 2 BvR 1086/74 - BVerfGE 40, 101 <104 f.>).

11 Hat das Berufungsgericht eine Anhörung durchgeführt und stellt ein Beteiligter einen Beweisantrag, der in der mündlichen Verhandlung gemäß § 86 Abs. 2 VwGO beschieden werden müsste, so wird das Gericht seiner Pflicht der Gewährung rechtlichen Gehörs in der Regel nur dadurch gerecht, dass es den Beteiligten durch eine erneute Anhörungsmitteilung im Sinne des § 130a VwGO in Verbindung mit § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die unverändert beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss und damit darauf hinweist, dass es seinem Beweisantrag nicht nachgehen werde (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 2007 - 10 B 56.07 - juris Rn. 8 und vom 2. Mai 2018 - 6 B 69.17 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 112 Rn. 5). Sinn und Zweck des § 86 Abs. 2 VwGO ist es, einerseits das Gericht zu veranlassen, sich vor Erlass der Sachentscheidung über die Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags schlüssig zu werden, und andererseits die Beteiligten auf die durch die Ablehnung des Beweisantrags entstandene prozessuale Lage hinzuweisen. Gleiches wird durch die erneute Anhörung erreicht; dadurch wird insbesondere dem Beweisführer die Einschätzung ermöglicht, wie das Gericht seinen nach der ersten Anhörung gestellten Beweisantrag bewertet (BVerwG, Beschluss vom 2. Mai 2018 - 6 B 69.17 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 112 Rn. 5 m.w.N.). Dies beschränkt sich aber auf die Bewertung im Ergebnis, die sich aus der Mitteilung des Gerichts ergibt, dass an der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach § 130a VwGO festgehalten werde; nicht mitteilen muss das Gericht, aus welchen Gründen es den Beweisanträgen seiner Auffassung nach nicht nachzugehen braucht (BVerwG, Beschluss vom 4. April 2003 - 1 B 244.02 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 62; Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 130a Rn. 28; Rudisile, in: Schoch/Schneider, VwGO, Werkstand: 39. EL Juli 2020, § 130a Rn. 10; Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 130a Rn. 10a; Roth, in: BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 56. Edition, Stand: 01.01.2021, § 130a Rn. 27.1).

12 Von einer nochmaligen Anhörungsmitteilung kann allerdings abgesehen werden, wenn das neue Vorbringen des Beschwerdeführers nicht jenen Anforderungen genügt, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfüllt sein müssen, damit das Tatsachengericht gehalten ist, durch weitere Ermittlungen bzw. eine Vorabentscheidung darauf einzugehen (BVerwG, Beschluss vom 18. März 1992 - 5 B 36.92 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 4 S. 3). Der Anspruch auf rechtliches Gehör bezieht sich nur auf entscheidungserhebliches Vorbringen; er verpflichtet das Gericht nicht, Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen oder zu erörtern, auf die es aus seiner Sicht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ankommt. Deshalb erübrigt sich eine erneute Anhörung beispielsweise, wenn das Vorbringen unsubstantiiert ist, neben der Sache liegt oder früheren Vortrag lediglich wiederholt; entsprechendes gilt bei Beweisanträgen (BVerwG, Beschluss vom 18. Juni 1996 - 9 B 140.96 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 16 S. 10). Maßgeblich für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit ist hierbei die sachlich-rechtliche Auffassung des Berufungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2007 - 10 B 56.07 - juris Rn. 9). Hält das Berufungsgericht an einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 130a VwGO fest, ohne eine Vorabentscheidung über einen gestellten Beweisantrag zu treffen, muss aus den Entscheidungsgründen seines Beschlusses ersichtlich sein, dass es die Ausführungen des Beteiligten zur Kenntnis genommen und seine Beweisanträge vorher auf ihre Rechtserheblichkeit geprüft hat. Insoweit korrespondiert der Verzicht auf eine Vorabentscheidung über einen Beweisantrag mit der Pflicht des Berufungsgerichts, die Erheblichkeit der Beweiserhebung vor der Entscheidung zu prüfen und sich in den Entscheidungsgründen damit auseinanderzusetzen (BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 2007 - 10 B 56.07 - juris Rn. 10 und vom 2. Mai 2018 - 6 B 69.17 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 112 Rn. 6).

13 Welche Anforderungen im Detail an das Vorbringen, das das Berufungsgericht zu einer neuerlichen Anhörung zu einer Entscheidung durch Beschluss nach § 130a VwGO oder zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung veranlassen muss, zu stellen sind, richtet sich nach dem jeweiligen Verfahrensstand. Sind neben Fragen des individuellen Verfolgungsschicksals auch - wie oftmals im Flüchtlingsrecht - fallübergreifend klärungsfähige Tatsachenfragen zu den allgemeinen Verhältnissen in einem Verfolgerstaat, einem Transitland oder einem Mitgliedstaat zu beurteilen, die in der Rechtsprechung des jeweiligen Gerichts bereits bewertet und in bestimmter Weise geklärt sind, reicht es regelmäßig nicht aus, dem Ergebnis dieser Klärung lediglich entgegenzutreten oder zu diesen Fragen Beweisanträge zu stellen, wenn diese Rechtsprechung allgemein zugänglich oder auf sie in der Anhörung ausdrücklich hingewiesen worden ist. Erforderlich ist insoweit dann Vorbringen, das sich mit dieser Bewertung erkennbar - jedenfalls in der Sache - auseinandersetzt und zumindest in Ansätzen darlegt, dass und aus welchen Gründen diese Bewertung unzutreffend ist, sich weitergehender oder neuerlicher Klärungsbedarf ergibt oder sie wegen welcher auf die Person des Schutzsuchenden bezogener Besonderheiten für diesen nicht zutrifft.

14 b) Nach diesen Grundsätzen konnte das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei ohne neuerliche Anhörung und insbesondere auch ohne Vorabbescheidung der Beweisanträge an der angekündigten Entscheidung durch Beschluss nach § 130a VwGO festhalten. Das Vorbringen des Klägers in seiner Stellungnahme vom 12. August 2020 beschränkt sich - ohne in Bezug auf den Kläger individuelle Besonderheiten geltend zu machen - auf allgemeine Ausführungen zu den Lebensverhältnissen, die einen dort anerkannten Schutzberechtigten bei Rückkehr erwarten, welche das Berufungsgericht in seinem Beschluss vom 17. März 2020 - 7 A 10903/18.OVG -, auf welchen es in der Anhörung hingewiesen hatte, der Sache nach eingehend bewertet hatte, ohne auch nur ansatzweise auszuführen, welche erheblichen Erkenntnisse das Berufungsgericht in jener Entscheidung nicht berücksichtigt hätte, aus welchen Gründen insoweit die Bewertung des Berufungsgerichts nicht oder nicht mehr zutreffend sei, welche neuen Tatsachen oder Erkenntnisse diese Bewertung zumindest zu erschüttern geeignet seien oder aus welchen Gründen sie auf den Fall des Klägers nicht zuträfen; auch dass die in den Beweisanträgen genannten Beweismittel (soweit sie nicht schon - wie Auskünfte des Auswärtigen Amtes - berücksichtigt, ausgewertet und bewertet worden waren) über zusätzliche oder überlegene Sachkunde verfügten, wird nicht ausgeführt.

15 Im Einzelnen:

16 aa) Das Berufungsgericht hat die Beweisanträge verfahrensfehlerfrei in den Entscheidungsgründen teils als für die Entscheidung unerheblich, teils (sinngemäß) als unsubstantiierten Beweis(ermittlungs)antrag abgelehnt. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts in seinem Beschluss vom 17. März 2020 - 7 A 10903/18.OVG - musste sich dies dem Kläger auch aufdrängen, der sich auch in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert mit den Gründen des Berufungsgerichts auseinandersetzt und darlegt, aus welchen Gründen das Berufungsgericht aufgrund des Vorbringens in dem Anhörungsschreiben veranlasst gewesen sein sollte, ihn erneut anzuhören oder eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Soweit der Kläger nunmehr in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde unter Beifügung eines nervenfachärztlichen Gutachtens aus dem März 2018 auf mögliche individuelle Besonderheiten in seiner Person hinweist, bleibt schon offen, aus welchen Gründen er hierauf nicht schon (im Nachgang zu der im Klageverfahren vorgelegten Bescheinigung eines psychologischen Psychotherapeuten vom Dezember 2016) im Berufungsverfahren oder aus Anlass der Anhörung nach § 130a VwGO hingewiesen hat.

17 bb) Auch auf die in der Stellungnahme zur Anhörungsmitteilung vom Kläger erstmals in das Verfahren eingeführten, auszugsweise zitierten Berichte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe und von AIDA hätte sich das Oberverwaltungsgericht nicht zu einem neuerlichen Hinweis, zu weiteren Ermittlungen oder Durchführung einer mündlichen Verhandlung veranlasst sehen müssen. Das Berufungsgericht hat hierzu in seiner Entscheidung ausgeführt, aus welchen Gründen sie die allgemeinen Schlussfolgerungen nicht entkräften und keine stichhaltigen Angaben zum Nachweis einer dem Kläger gleichwohl mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden extremen Notlage enthalten. Diesen Erwägungen tritt die Beschwerde nicht hinreichend entgegen.

18 Die erstmals im Beschwerdeverfahren unter Zitierung von Erkenntnisquellen, die nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, geäußerte Rechtsauffassung, die vom Berufungsgericht herangezogenen Erkenntnisquellen seien durch die Corona-Pandemie überholt, begründet die Erforderlichkeit einer zweiten Anhörungsmitteilung ebenfalls nicht. Das Berufungsgericht hatte mit der Einführung eines entsprechenden Erkenntnismittels zu erkennen gegeben, dass es sich - ohne Änderung der Gesamtbewertung - auch mit der aktuellen Lage im Zusammenhang mit COVID-19 befassen werde; hierzu verhält sich die Stellungnahme zu der Anhörungsmitteilung indes nicht.

19 Soweit die Beschwerdebegründung tatsächliches Vorbringen nebst auszugsweise zitierten Erkenntnisquellen (oft ohne klare Trennung) enthält, von dem jeweils nicht vorgetragen wird, dass es bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens war, legt der Kläger die Erforderlichkeit einer erneuten Anhörungsmitteilung nicht dar. Dass er zu entsprechendem Sachvortrag unter Hinweis auf die von ihm herangezogenen Erkenntnisquellen (bzw. deren Vorlage) im Berufungsverfahren nicht in der Lage gewesen wäre, ist nicht erkennbar oder vorgetragen. Überdies hat der Kläger aber auch innerhalb der Beschwerdebegründungfrist nicht ausdrücklich vorgetragen, dass er - wie mit nachträglichem Schriftsatz vom 28. Februar 2021 angegeben - die nunmehr neu vorgebrachten Auskünfte im Falle des Ergehens einer erneuten Anhörungsmitteilung (die die Gründe für die beabsichtigte Ablehnung der Beweisanträge nicht hätte enthalten müssen) schon im Berufungsverfahren vorgelegt hätte.

20 2. Die Beschwerde zeigt auch keine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) auf.

21 a) Die Rüge der Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des Vordergerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen unbedingten Beweisantrag oder jedenfalls eine sonstige Beweisanregung hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Dezember 2019 - 1 B 74.19 - juris Rn. 8).

22 b) Diese Darlegungsanforderungen sind nicht erfüllt. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass die Ablehnung der in der Vorinstanz auf die Anhörungsmitteilung hin gestellten Beweisanträge des Klägers im Prozessrecht keine Stütze findet (s.o. unter 1.). Der Kläger legt auch nicht dar, warum sich dem Oberverwaltungsgericht im Zusammenhang mit seiner Annahme, die Lebensbedingungen, die den Kläger in Bulgarien erwarteten, kämen nicht einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC in der Auslegung des EuGH gleich, eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen sollen.

23 Insbesondere ist mit dem Hinweis auf die individuellen Fähigkeiten und Einschränkungen des Klägers nicht dargelegt, dass sich dem Berufungsgericht eine weitergehende Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen. Warum sich aus dem Fehlen bulgarischer Sprachkenntnisse und eines Berufsabschlusses gerade im landwirtschaftlichen Bereich eine nur sehr eingeschränkte Vermittelbarkeit des Klägers ergeben sollte, ist nicht ansatzweise dargetan. Auf die in der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachte psychische Erkrankung des Klägers hatte sich dieser im Berufungsverfahren nicht berufen.

24 III. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

25 IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.