Beschluss vom 20.09.2011 -
BVerwG 1 WB 38.10ECLI:DE:BVerwG:2011:200911B1WB38.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.09.2011 - 1 WB 38.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:200911B1WB38.10.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 38.10

  • BMVg - 08.06.2010 - AZ: PSZ I 7 25-05-10 688/09

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß,
den ehrenamtlichen Richter Major Dressel und
den ehrenamtlichen Richter Hauptfeldwebel Kuntze
am 20. September 2011 beschlossen:

  1. Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 2. April 2009 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 8. Juni 2010 werden aufgehoben.
  2. Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, den Antrag des Antragstellers auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
  3. Die dem Antragsteller in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.

2 Der 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Feldwebel des Sanitätsdienstes. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 30. April 2034 enden. Zum Hauptfeldwebel wurde er am 30. September 2008 ernannt. Er ist Heeresuniformträger und gehört der Ausbildungs- und Verwendungsreihe (AVR) 85… (Assistenzpersonal Rettungsdienst) an. Seit dem 1. Januar 2009 wird er als Sanitätsfeldwebel Rettungsassistent in der 4./… in S. verwendet.

3 Den Lehrgang „Feldwebel des Sanitätsdienstes Teil 2“ und seine Laufbahnprüfung zum Feldwebel absolvierte der Antragsteller am 7. Mai 2004 mit dem Ergebnis „befriedigend und bestanden“ (Note mit Dezimalstellen: 2,900). In der planmäßigen Beurteilung zum 30. September 2007 erhielt er in Nummer 3.2 als Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung 7,8 und in Nr. 8.5 die Entwicklungsprognose „Förderung bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn“. Im fachlichen Beurteilungsbeitrag vom 8. Mai 2007 zu der planmäßigen Beurteilung wurde der Antragsteller als außergewöhnlich gut geeignet für Fachverwendungen als Rettungsassistent bezeichnet. Diese Einschätzung bestätigte der Fachvorgesetzte des Antragstellers in seinem fachlichen Beurteilungsbeitrag vom 14. Juni 2007. In der Laufbahnbeurteilung vom 24. Juni 2008 erreichte der Antragsteller die Empfehlung „für den Laufbahnwechsel in außergewöhnlichem Maß geeignet“.

4 Mit Formularschreiben vom 8. Mai 2006 hatte der Antragsteller seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2007 beantragt. Aus diesem Anlass nahm er am 19. und 20. Dezember 2006 an der „Allgemeinen Eignungsfeststellung für Unteroffiziere der Luftwaffe“ (AEF) teil, die er mit der Eignungsstufe "H (Berufssoldat/Laufbahngruppe Unteroffiziere geeignet)" abschloss. Den Zulassungsantrag lehnte das Personalamt der Bundeswehr mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. April 2007 ab.

5 Mit Formularschreiben vom 16. Juni 2008 beantragte der Antragsteller für das Auswahljahr 2009 erneut seine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Das Personalamt lehnte den Antrag mit dem angefochtenen Bescheid vom 2. April 2009 ab und führte zur Begründung aus, der Antragsteller sei in seinem Geburtsjahrgang in der AVR 85… (Sanitätsdienst allgemein) gereiht worden. Die Auswahlkommission habe nach Auswertung der Unterlagen aller Bewerber dieser AVR - unter Beachtung des vom Bundesministerium der Verteidigung ermittelten Bedarfs - Bewerberinnen bzw. Bewerber zur Zulassung vorgeschlagen, deren Eignungs- und Leistungsbild jeweils günstiger als das seine gewesen seien. Bewerberinnen bzw. Bewerber des Sanitätsdienstes könnten für Umsetzungen in eine andere Ausbildungs- und Verwendungsreihe nicht mitbetrachtet werden. Die Auswahl dieser Bewerberinnen bzw. Bewerber erfolge in einem separaten Verfahren ausschließlich für die Zulassung in der AVR 85… .

6 Dem Ablehnungsbescheid lagen folgende Bewertungen zugrunde:
1.  Letzte planmäßige Beurteilung als Fw = 234,600 Punkte (7,800 <Aufgabenerfüllung> x 17) + 102 (Entwicklungsprognose)
2.  Empfehlungsgrad aus der Laufbahnbeurteilung = 150,000 Punkte
3.  Feldwebellehrgang = 54,857 Punkte (unter Berücksichtigung der Lehrgangsnote 2,900)
4.  Ergebnis „AEF" = 104,400 Punkte
1. bis 4. addiert: Gesamtpunktsumme = 543,857 Platzziffer 14

7 Gegen diesen ihm am 18. Mai 2009 eröffneten Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 2. Juni 2009 Beschwerde ein. Zur Begründung führte er insbesondere aus, gemäß Kapitel 5 ZDv 20/6 sei ein fachlicher Beurteilungsbeitrag zur Laufbahnbeurteilung zu erstellen. Ein solcher fachlicher Beurteilungsbeitrag habe der Auswahlkonferenz nicht vorgelegen; er sei auch ihm selbst nicht eröffnet worden und befinde sich nicht in seiner Personalakte. Es stelle sich die Frage, ob die Entscheidung des Personalamts für ihn positiv ausgefallen wäre, wenn in der Gesamtbetrachtung die fachliche Beurteilung, seine positiven disziplinaren Maßnahmen (Verdienstkreuz der Bundeswehr), seine Spezialisierung und Bewährung in Auslandseinsätzen als Laborassistent und Rettungsassistent sowie seine Spezialisierung innerhalb der Bundeswehr im Heer und im Sanitätsdienst (Personalführung und Personalausbildung) bekannt gewesen wären. Außerdem sei er als Sanitätssoldat des Heeres gegenüber den Sanitätssoldaten des Zentralen Sanitätsdienstes benachteiligt. Soldaten des Sanitätsdienstes des Heeres müssten sich innerhalb der Division Spezielle Operationen gegenüber den höchsten Leistungsträgern der Fallschirmjägerbataillone in Eignung, Leistung und Befähigung durchsetzen und bewähren. Da aber alle Sanitätssoldatinnen und -soldaten des Heeres und des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr bei der Stammdienststelle in der Auswahlkonferenz für Offiziere des militärfachlichen Dienstes in lediglich einer einzigen Ausbildungs- und Verwendungsreihe (Sanitätsdienst allgemein) betrachtet würden, bestehe insoweit eine beurteilungsbezogene Benachteiligung. Wenn er sich mit Soldaten und Soldatinnen des Heeres messen und beurteilen lassen müsse, habe er auch einen Anspruch darauf, wie ein Soldat des Heeres hinsichtlich einer möglichen Umsetzung in eine andere AVR betrachtet zu werden. Außerdem sehe er eine Benachteiligung durch die neue Form der Eignungsfeststellung, die sich nun nicht mehr im Rahmen der zweitägigen AEF, sondern als eintägige "Potenzialfeststellung" vollziehe. Die neue Potenzialfeststellung stelle eine einfachere und abgeschwächte Form der Eignungsfeststellung dar. Insoweit sei zu fragen, ob ein Soldat nicht auch diese Form der Feststellung habe wählen dürfen. Möglicherweise wäre die ihm selbst bescheinigte Entwicklungsprognose zum Offizier des militärfachlichen Dienstes positiver ausgefallen, wenn er das Prüfverfahren für die neue Potenzialfeststellung durchlaufen hätte.

8 Im Beschwerdeverfahren wurde auf Antrag des Antragstellers die zuständige Vertrauensperson angehört.

9 Die Beschwerde wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 8. Juni 2010, dem Antragsteller eröffnet am 8. Juli 2010, zurück. Zur Begründung legte er dar, der Antragsteller habe auf der Grundlage der maßgeblichen Auswahlrichtlinie einen Summenrangplatzwert von 543,857  Punkten und in der Kandidatenliste die Platzziffer 14 erreicht. Der letzte für die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn vorgeschlagene und ausgewählte Kandidat habe hingegen nach den quantifizierbaren Kriterien einen Summenrangplatzwert von 591,059 Punkten und in der Reihung die Platzziffer 4 erlangt. Dieser Kandidat sei in seinem Eignungsprofil deutlich besser geeignet gewesen als der Antragsteller. Für seine planmäßige Beurteilung zum 30. September 2007 habe der Antragsteller am 8. Mai 2007 einen fachlichen Beurteilungsbeitrag erhalten. Für die Laufbahnbeurteilung vom 24. Juni 2008 sei kein fachlicher Beurteilungsbeitrag erforderlich gewesen, weil erst durch die Änderung vom 12. Januar 2009 in Nr. 506 Buchst. d ZDv 20/6 festgelegt worden sei, dass auch für Laufbahnbeurteilungen fachliche Beurteilungsbeiträge abzufassen seien. Einsendeschluss für Anträge auf Zulassung zu der strittigen Laufbahn für das Auswahljahr 2009 sei der 15. Juni 2008 (bzw. der 1. Oktober 2008 für die Vorlage der vollständigen Unterlagen) gewesen. Deshalb seien sämtliche Bewerber auf der Grundlage der alten Rechtslage in der Auswahlkonferenz betrachtet worden. Die Bewährung des Antragstellers im Auslandseinsatz und seine Auszeichnung habe die Auswahlkonferenz in ihre ganzheitliche Betrachtung mit einbezogen. Eine Benachteiligung des Antragstellers als Sanitätssoldat des Heeres gegenüber dem Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr und anderen Organisationsbereichen sei nicht festzustellen. Angehörige dieser verschiedenen Organisationsbereiche müssten sich - trotz unterschiedlicher Beurteilungszuständigkeiten - einheitlich an den Vorgaben der ZDv 20/6 messen lassen. Die „Aktuelle Anweisung und Information zur Personalführung SDBw“ (AAIP SDBw) lasse es im Übrigen nicht zu, Angehörige des Sanitätsdienstes in eine andere AVR umzusetzen. Diesen Umstand habe der Antragsteller bereits im Zeitpunkt seiner Bewerbung gekannt.
In der Sache sei es sachgerecht, Sanitätssoldaten mit ihrem spezifischen Werdegangsmodell, das einer eigenen Fachlaufbahn entspreche (vgl. § 17 Abs. 2 Nr. 2 SLV), grundsätzlich nicht in eine andere AVR außerhalb des Sanitätsdienstes umzusetzen. Diese Einschränkung treffe alle Sanitätssoldaten, gleichgültig in welchem Uniformträgerbereich, sodass insgesamt keine Benachteiligung festzustellen sei. Auch durch die Umstellung des Potenzialfeststellungsverfahrens sei der Antragsteller nicht benachteiligt. Er habe am 21. Dezember 2006 an der AEF mit dem Ergebnis "H“ (3,52) teilgenommen. Mit der Weisung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 24. Juli 2007 „Verfahren zur Potenzialfeststellung für Unteroffiziere an den Zentren für Nachwuchsgewinnung“ sei ein neues Potenzialfeststellungsverfahren für Unteroffiziere eingeführt worden. Zur Herstellung der Vergleichbarkeit des alten und des neuen Potenzialfeststellungssystems sei eine verbindliche Überleittabelle geschaffen worden, der zufolge das vom Antragsteller erreichte Ergebnis „H“ (3,52) einem Wert von 104,4 Summenrangplatzpunkten entspreche. Dieser Wert sei bei ihm auch im Rahmen der quantifizierbaren Auswahlkriterien berücksichtigt worden. Eine erneute Teilnahme am Eignungsfeststellungsverfahren sei ausgeschlossen.

10 Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben vom 3. August 2010 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 10. September 2010 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

11 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und macht ergänzend geltend, sein derzeitiger Dienstposten sei definitiv dem Heer zuzuordnen. Die Soldatinnen und Soldaten des Heeres in der Fachrichtung Sanität seien nach den Maßgaben des Führungsstabes der Sanität betrachtet worden, nicht aber nach den Maßgaben des Führungsstabes des Heeres. Zuerst hätte geprüft werden müssen, ob das Heer seine AVR aufrufe. Dies sei nicht der Fall gewesen, weil das Heer offensichtlich zurzeit keinen Bedarf für Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Bereich Sanitätsdienst Heer habe. Dann hätte die Möglichkeit einer Umsetzung gemäß Heeresdienstvorschrift 900/400 (Nrn. 315 und 316 sowie Kapitel 5) geprüft werden müssen. Eine Umsetzung aus seiner AVR 27… (Sanitätsdienst allgemein Heer) in die Bereiche Fernmeldeverbindungsdienst, Stabsdienst S 1, S 2 und S 3 und Militärischer Abschirmdienst sei möglich gewesen. Danach hätte die Umsetzung vom Sanitätsdienst Heer in den Bereich des Zentralen Sanitätsdienstes geprüft werden müssen. Die Prüfung eines Wechsels der AVR habe nicht stattgefunden, sodass schon im Rahmen des Auswahlermessens ein nicht heilbarer Mangel vorliege. Zu beanstanden sei auch die Eignungsfeststellung im Zulassungsverfahren. Die Eignungsfeststellung sei als „Beurteilung von Soldaten“ zu qualifizieren. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass nur Beurteilungen eines gleichen Zeitraumes verglichen werden dürften. Unterschiedliche Potenzialfeststellungssysteme könne man nicht miteinander vergleichen. Feststellungen und das Beurteilungsbild aus älteren Potenzialfeststellungsverfahren könnten nicht „mal so eben“ in neue Punktwerte umgerechnet werden. Es sei nicht sachgerecht, die Teilnahme an der Potenzialfeststellung nur einmal zuzulassen.

12 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

13 Er hält den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für unbegründet. Korrigierend weist er darauf hin, dass die fehlerhafte Angabe des Summenrangplatzwertes des Antragstellers (richtig: 543,857) auf Seite 7 des Beschwerdebescheides auf einem Büroversehen beruhe.

14 Der Senat hat den Bundesminister der Verteidigung um Auskunft gebeten, welcher Nummer der AAIP SDBw im Auswahlverfahren 2009 die Soldaten zugeordnet worden sind, die - wie der Antragsteller - Heeresuniformträger in der Laufbahn des Sanitätsdienstes sind, und auf welcher Basis im Auswahlverfahren 2009 Bewerber aus dem Sanitätsdienst des Heeres von der Umsetzung in eine andere AVR/Verwendungsgruppe ausgeschlossen wurden. Insoweit wird auf den Inhalt der Amtlichen Auskunft des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 1 - vom 29. August 2011 verwiesen, in der außerdem mitgeteilt worden ist, dass die dem Senat vorgelegte „Umrechnungstabelle“ hinsichtlich der Vergleichbarkeit der Potenzialfeststellung, der AEF und der Psychologischen Eignungsprüfung ein internes Arbeitspapier der Stammdienststelle der Bundeswehr sei, welches die in der AAIP SDBw dargestellten jeweiligen Umrechnungsformeln berücksichtige.

15 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - … und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

16 Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren.

17 Sein Rechtsschutzbegehren ist sach- und interessengerecht dahin auszulegen, dass er beantragt, den Ablehnungsbescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 2. April 2009 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 8. Juni 2010 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Nach Nr. 2.1 der „Richtlinie für die Auswahl von Feldwebeln für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes“ vom 19. Dezember 2008 (BMVg PSZ I 1 <30> - 16-05-12/16) - im Folgenden: Auswahlrichtlinie - entscheidet nicht die Stammdienststelle der Bundeswehr, sondern die Amtsführung des Personalamts der Bundeswehr über die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn. Es ist deshalb nicht erforderlich, das Ergebnis der Auswahlkonferenz, die nach Nr. 2.1 und Nr. 5.1, Nr. 5.3 der Auswahlrichtlinie von der Stammdienststelle der Bundeswehr durchgeführt wird, gesondert in den Sachantrag des Antragstellers einzubeziehen.

18 1. Dieser Sachantrag ist zulässig.

19 a) Die Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes gemäß § 40 Abs. 1 SLV i.V.m. den konkretisierenden Regelungen in Kapitel 8 der ZDv 20/7 betrifft keine statusrechtliche Angelegenheit, für deren gerichtliche Überprüfung gemäß § 82 Abs. 1 SG der Rechtsweg zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten gegeben ist. Sie stellt vielmehr eine truppendienstliche Verwendungsentscheidung dar, für die gemäß § 21 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1, Abs. 3 WBO der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten - hier zum Bundesverwaltungsgericht - eröffnet ist (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08  - m.w.N. und vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 72.08 -).

20 b) Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht entgegen, dass der für den Antragsteller nach Nr. 932 ZDv 20/7 und nach Nr. 6.1 der Auswahlrichtlinie maßgebliche Zulassungstermin 1. Oktober 2009 bereits vor Erlass des Beschwerdebescheids verstrichen war. Dadurch hat sich der Rechtsstreit nicht infolge Zeitablaufs in der Hauptsache erledigt. Eine rückwirkende Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes ist rechtlich zulässig und könnte aufgrund einer Ausnahmegenehmigung noch erfolgen, wenn der Zulassungsantrag in der Sache erfolgreich wäre (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1, vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08  - m.w.N. und vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 72.08 -).

21 2. Der Antrag ist auch begründet.

22 Die Entscheidung des Personalamts vom 2. April 2009, die Zulassung des Antragstellers zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes abzulehnen, und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 8. Juni 2010 sind rechtswidrig. Sie verletzen den Antragsteller in seinem Recht auf Wahrung der Chancengleichheit im Auswahlverfahren für die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn. Die Bescheide sind deshalb gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO aufzuheben. Da die Sache nicht spruchreif ist, ist der Bundesminister der Verteidigung zur Neubescheidung des Zulassungsantrags des Antragstellers zu verpflichten (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).

23 a) Rechtsgrundlagen für die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn sind § 40 Abs. 1 SLV und die aufgrund der Ermächtigung in § 44 SLV in Kapitel 8 der ZDv 20/7 vom Bundesministerium der Verteidigung getroffenen näheren Bestimmungen. Nach § 40 Abs. 1 SLV i.V.m. Nr. 801 ZDv 20/7 steht die Zulassung zu dieser Laufbahn im Ermessen des Bundesministeriums der Verteidigung und setzt Bedarf und Eignung der Bewerber voraus. Die Auswahl für die Zulassung erfolgt gemäß Nr. 805 ZDv 20/7 "nach den Richtlinien BMVg - PSZ I 1 - und den ergänzenden Regelungen zur Durchführung der Fü TSK/San", hier nach der bereits zitierten Auswahlrichtlinie vom 19. Dezember 2008, die erstmals für das Auswahlverfahren 2009 anzuwenden war.

24 Zur Konkretisierung des nach § 3 Abs. 1 SG und nach Nr. 1 der Auswahlrichtlinie maßgeblichen Ziels, die nach Eignung, Befähigung und Leistung am besten geeigneten Bewerberinnen und Bewerber auszuwählen und zur Zulassung vorzuschlagen, werden, soweit die Anzahl der geeigneten Bewerber den Bedarf übersteigt, Reihenfolgen gebildet. Nach Nr. 4.1 der Auswahlrichtlinie i.V.m. Anlage 1 werden die Soldatinnen und Soldaten in den einzelnen AVR/Werdegängen getrennt nach Geburtsjahrgängen in einer Vorsortierliste gereiht. Kriterien für die Erstellung der Vorsortierliste sind die letzte planmäßige Beurteilung als Feldwebel, die Laufbahnbeurteilung, das Ergebnis der Laufbahnprüfung zum Feldwebel und das Ergebnis der Potenzialfeststellung. Anhand von Eignungs- und Leistungskriterien werden dabei Punkte vergeben, nach denen die Summenrangplätze der Bewerber ermittelt werden. Entscheidend sind dabei der Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung und die Entwicklungsprognose in der letzten planmäßigen Beurteilung, der Empfehlungsgrad aus der Laufbahnbeurteilung, die Ergebnisse der Laufbahnprüfung zum Feldwebel und der Potenzialfeststellung. Nach Nr. 4.2 der Auswahlrichtlinie bilden - neben den Kriterien der Vorsortierliste und dem Bedarf - die vorgegebenen allgemeinen und spezifischen streitkräftegemeinsamen Bedarfsträgerforderungen die Grundlage der eignungs-, leistungs- und befähigungsorientierten Bestenauslese.

25 Dieses Verfahren ist als solches rechtlich nicht zu beanstanden. Denn ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Das gilt auch für die Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (stRspr, z.B. Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 -, vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 54.08  - DokBer 2009, 278 und vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 72.08 -). Im Hinblick darauf ist das Bundesministerium der Verteidigung befugt, die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung über die Zulassung eines Bewerbers zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes von dem Ergebnis eines besonderen Auswahlverfahrens mit bestimmten Auswahlkriterien abhängig zu machen. Dadurch kann am ehesten gewährleistet werden, dass bei der großen Zahl der Bewerber die Auswahl nach dem Prinzip der Bestenauslese und unter Wahrung des Grundsatzes der Chancengleichheit vorgenommen wird (Beschluss vom 26. Januar 1981 - BVerwG 1 WB 47.79 - BVerwGE 73, 126 <130>; vgl. auch Dolpp/Weniger, SLV 7. Aufl. 2009, § 40, Rn. 4025).

26 Die Entscheidung über die Ablehnung der Zulassung kann vom Wehrdienstgericht nur auf Ermessensfehler überprüft werden (vgl. Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 - und vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 72.08 -). Die gerichtliche Kontrolle erstreckt sich auf Ermessensfehler im Sinne eines Missbrauchs dienstlicher Befugnisse, einer Ermessensüberschreitung, eines Ermessensfehlgebrauchs oder einer nicht dem Gesetz entsprechenden Ausübung des Ermessens (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 und § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Verwaltungsvorschriften (z.B. Richtlinien oder Erlassen) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind, ob eine für das Verfahren relevante ständige Verwaltungspraxis unter dem Aspekt des Art. 3 Abs. 1 GG gleichmäßig angewendet worden ist (vgl. Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 18.10 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 59 Rn. 26 und vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10  - Rn. 31) und gegebenenfalls, ob Verfahrensvorschriften oder eine ständige Verwaltungspraxis der für das Auswahlverfahren zuständigen Stelle das durch Art. 3 Abs. 1 GG geschützte Recht der Bewerber auf Wahrung ihrer Chancengleichheit im Auswahlverfahren nicht beeinträchtigen.

27 b) Die angefochtenen Bescheide beruhen auf einer Verwaltungspraxis der Stammdienststelle der Bundeswehr im Auswahljahr 2009, die bei der Ermittlung und Verwertung der Ergebnisse der Potenzialfeststellung im Auswahlverfahren das Recht des Antragstellers auf Wahrung der Chancengleichheit verletzt.

28 c) Das Bundesministerium der Verteidigung hat in Nr. 5 der Auswahlrichtlinie das Auswahlverfahren geregelt und festgelegt, dass der abschließenden Entscheidung der Amtsführung des Personalamts über die Zulassung grundsätzlich eine Vorauswahl der Bewerber vorausgeht. Nach Nr. 5.1 der Auswahlrichtlinie findet diese Vorauswahl in Konferenzform bei der Stammdienststelle der Bundeswehr statt. Nach Nr. 5.2 wird die Auswahl der Bewerber in den personalführenden Dezernaten bzw. Zentraldezernaten durch das Aufbereiten quantifizierbarer Daten in Vorsortierlisten, durch das Herausstellen wesentlicher Aussagen aus dem Beurteilungsbild sowie sonstiger für die Auswahl bedeutsamer Vorgänge aus der Personalakte vorbereitet. Nach Nr. 5.3 der Auswahlrichtlinie erkennt die Auswahlkonferenz bei der Stammdienststelle die Eignung der Bewerber zur Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zu. Dabei hat die Auswahlkonferenz nach Nr. 1.4 i.V.m. Fußnote 5 der Auswahlrichtlinie die AVR-/werdegangsbezogenen Zulassungsquoten unter Berücksichtigung der Anzahl der Antragstellenden je Werdegang und Geburtsjahrgang als Vorgaben der einzelnen Bedarfsträger zu beachten. Die Auswahlkonferenz gibt auf dieser Basis Empfehlungen für die Zulassung, die nach Billigung durch die Leitung der Stammdienststelle dem Personalamt als Vorschläge für die Zulassungsentscheidung unterbreitet werden (Nummern 5.3, 5.4 und 5.6 der Auswahlrichtlinie).

29 Zur Umsetzung dieser Bestimmungen hat die Stammdienststelle „Personalplanungsblätter“ für die Auswahlkonferenz 2009 erstellt, in dem für jeden Bewerber die auswahlrelevanten Daten zusammengefasst und, soweit quantifizierbar, nach Maßgabe der Anlage 1 zur Auswahlrichtlinie berechnet worden sind.

30 aa) Ohne Rechtsfehler sind entsprechend Nr. 4.1 der Auswahlrichtlinie i.V.m. Anlage 1 im Personalplanungsblatt für den Antragsteller zur Ermittlung seines Summenrangplatzes aus seiner letzten planmäßigen Beurteilung vom 15. Juni 2007 der Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten (7,800) und die Entwicklungsprognose aus der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten („Förderung bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn“) herangezogen worden. Daraus ergab sich ein Teilergebnis von 234,600 Punkten.

31 Zu Unrecht macht der Antragsteller insoweit geltend, dass er bei einer Beurteilung durch Offiziere des Sanitätsdienstes eine bessere planmäßige Beurteilung und eine noch höhere Stufe der Entwicklungsprognose erhalten hätte. Sämtliche Beurteilungen, die in das Auswahlverfahren 2009 eingegangen sind, hat der Antragsteller bestandskräftig werden lassen. Die Stammdienststelle und das Personalamt konnten deshalb diese Beurteilungen mit dem Inhalt, mit dem sie in Bestandskraft erwachsen sind, ihren Entscheidungen zugrunde legen (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 17 und vom 24. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 33.10 -). Die Beurteilungen für Soldaten in der Laufbahn des Sanitätsdienstes werden nach denselben Beurteilungsrichtlinien erstellt wie die Beurteilungen der Angehörigen der Teilstreitkraft des Heeres außerhalb des Sanitätsdienstes. Die Grundsätze der Chancengleichheit und der Beurteilungsgerechtigkeit gebieten die Anwendung eines einheitlichen Beurteilungssystems in den verschiedenen Laufbahnen; vom Antragsteller befürchtete Unterschiede in der Beurteilungspraxis können im Einzelfall durch die personalbearbeitenden Dienststellen nach Maßgabe der Nummern 901, 903 ZDv 20/6 kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert werden.

32 bb) Zutreffend hat die Stammdienststelle den Empfehlungsgrad aus der Laufbahnbeurteilung vom 24. Juni 2008 („in außergewöhnlichem Maß geeignet“) entsprechend Anlage 1 mit dem Spitzenwert von 150,000 Punkten berücksichtigt.

33 Der Umstand, dass zu dieser Laufbahnbeurteilung kein fachlicher Beurteilungsbeitrag nach Nr. 506 ZDv 20/6 eingeholt worden ist, verletzt keine geschützten Rechte des Antragstellers. Nach der seinerzeit maßgeblichen Fassung der ZDv 20/6 war kein fachlicher Beurteilungsbeitrag zu erstellen. Denn die Regelung in Nr. 506 Buchst. b ZDv 20/6, die auch für Laufbahnbeurteilungen fachliche Beurteilungsbeiträge verlangt, ist erst durch die Änderungsbestimmung vom 12. Januar 2009 in die ZDv 20/6 aufgenommen worden. Sie konnte daher für das bereits im Jahr 2008 durchzuführende Bewerbungsverfahren und für die am 24. Juni 2008 abgefasste Laufbahnbeurteilung noch keine Geltung beanspruchen. Dazu hat der Bundesminister der Verteidigung ergänzend vorgetragen, dass sämtliche Bewerber im Auswahljahr 2009 einheitlich nach der alten Rechtslage behandelt worden seien.

34 Davon abgesehen wird ein fachlicher Beurteilungsbeitrag, der nach Nr. 506 Buchst. a ZDv 20/6 vom jeweils zuständigen Fachvorgesetzten für Soldatinnen und Soldaten in den Laufbahnen des Sanitätsdienstes, des Militärmusikdienstes bzw. des Geo-Informationsdienstes der Bundeswehr zu erstellen ist, nach Nr. 506 Buchst. e ZDv 20/6 Bestandteil der Beurteilung, ist mit ihr zu eröffnen, der personalbearbeitenden Stelle vorzulegen und anschließend in die Personalakte aufzunehmen. Deshalb hätte das Fehlen eines fachlichen Beurteilungsbeitrages vom Antragsteller nur mit einer Anfechtung der Laufbahnbeurteilung vom 24. Juni 2008 gerügt werden können; Laufbahnbeurteilungen gehören zu den isoliert anfechtbaren Beurteilungsarten nach Nr. 201 Buchst. a Nr. 3 ZDv 20/6 (vgl. Beschuss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 41.07 - Buchholz 449.2 § 2 SLV Nr. 10 Rn. 29). Die Laufbahnbeurteilung vom 24. Juni 2008 ist indessen bestandskräftig geworden.

35 Eine Verletzung geschützter Rechte des Antragstellers durch das Unterlassen des fachlichen Beurteilungsbeitrags ist im Übrigen nicht ersichtlich, weil der Antragsteller infolge des von ihm erreichten Spitzenwertes in der Laufbahnbeurteilung die höchstmögliche anteilige Punktzahl von 150 Punkten im Auswahlverfahren erhalten hat.

36 Die besonderen fachlichen Leistungen des Antragstellers sind entgegen seiner Befürchtung ausführlich in der planmäßigen Beurteilung zum 30. September 2007, in dem dazu vorgelegten fachlichen Beurteilungsbeitrag vom 8. Mai 2007 und in der Laufbahnbeurteilung vom 24. Juni 2008 dokumentiert. Seine Bewährung in Auslandseinsätzen ist im Abschnitt 4.2 der planmäßigen Beurteilung 2007 ausdrücklich gewürdigt worden und im Personalplanungsblatt für die Auswahlkonferenz 2009 quantitativ erfasst (128 Einsatztage). Es bestehen deshalb keine begründeten Anhaltspunkte für die Annahme, dass diese Aspekte in der Auswahlkonferenz 2009 nicht bekannt gewesen wären.

37 cc) Ferner ist nach Nr. 4.1 der Auswahlrichtlinie i.V.m. Anlage 1 das Ergebnis der Laufbahnprüfung zum Feldwebel für den Summenrangplatz maßgeblich. Dafür ist aus dem Lehrgangszeugnis über die Laufbahnprüfung des jeweiligen Bewerbers der Wert im Formularfeld 530 als Note mit drei Dezimalstellen zu berücksichtigen (vgl. dazu Beschluss vom 15. Dezember 2009 - BVerwG 1 WB 72.08 -). Das war im Fall des Antragstellers ausweislich des Lehrgangszeugnisses vom 7. Mai 2004 die Note 2,900. Daraus folgte unter Beachtung der vom Bundesminister der Verteidigung vorgelegten Berechnungsformel zu den quantifizierbaren Bewertungskriterien für das Auswahljahr 2009 als Ergebnis 54,857 Punkte.

38 dd) Nr. 4.1 der Auswahlrichtlinie bestimmt als weiteres Auswahlkriterium das Ergebnis der Potenzialfeststellung. Die Stammdienststelle hat dieses Ergebnis im Auswahlverfahren 2009 im Fall des Antragstellers unter Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit ermittelt und ihrem Konferenzergebnis zugrunde gelegt.

39 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Potenzialfeststellung in Anlage 1 der Auswahlrichtlinie als ein eintägiges psychologisches Verfahren zur Abschätzung des Potenzials der Bewerberinnen und Bewerber u.a. hinsichtlich des Berufsbildes „Offizier des militärfachlichen Dienstes“ definiert und bestimmt, dass sie schrittweise die bisherigen Verfahren ablöse. Die bisherigen Verfahren waren die AEF für Unteroffiziere der Luftwaffe, der sich in der Verwaltungspraxis auch Angehörige anderer Teilstreitkräfte bzw. Organisationsbereiche unterziehen mussten, und die Psychologische Eignungsprüfung.

40 Die in der Auswahlrichtlinie getroffenen Regelungen über die Potenzialfeststellung als weiteres Auswahlkriterium im Auswahlverfahren für Offiziere des militärfachlichen Dienstes und als „Nachfolgerin “ der bisherigen Eignungsfeststellungsverfahren sind als solche rechtlich nicht zu beanstanden. Es liegt in der Personalorganisationshoheit des Bundesministers der Verteidigung, ob er in das Zulassungsverfahren für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zusätzliche Erkenntnisquellen einführt, die neben den verschiedenen Beurteilungsarten und bestimmten fachlichen Prüfungsergebnissen ergänzende prognostische Aussagen über die Eignung der Bewerber für die angestrebte Laufbahn oder für den laufbahnrelevanten Status (Berufssoldat) leisten können. Ebenso liegt es in seiner Personalorganisationshoheit, die inhaltlichen Voraussetzungen und Anforderungen eines solchen zusätzlichen Eignungsfeststellungsverfahrens zu ändern.

41 Innerhalb eines Auswahlverfahrens muss das Bundesministerium der Verteidigung allerdings sicherstellen, dass alle Bewerber hinsichtlich der Auswahlkriterien gleich behandelt und dass für die Feststellung ihrer Eignung die gleichen Unterlagen herangezogen werden (vgl. Beschlüsse vom 26. Oktober 1999 - BVerwG 1 WB 52.99 - und vom 19. Dezember 2001 - BVerwG 1 WB 59.01 - Buchholz 236.11 § 30 SLV Nr. 4). Insoweit schützt Art. 3 Abs. 1 GG das Recht jedes Bewerbers auf eine Verfahrensgestaltung, die der Sicherung des chancengleichen Zugangs zu einer beruflichen Tätigkeit, zu einem öffentlichen Amt oder zu einer Laufbahn angemessen ist; dieses Recht auf Wahrung der Chancengleichheit soll gewährleisten, dass jeder Bewerber eine faire Chance erhält, entsprechend seiner Eignung im Auswahlverfahren betrachtet und berücksichtigt zu werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Mai 2006 - 1 BvR 2530/04 - BVerfGE 116, 1, 12, 17; BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. Oktober 2010 – 1 BvR 1425/10 - NVwZ 2011, 113 = juris Rn. 10).

42 In dem Vorbereitungserlass vom 24. Juli 2007 „Verfahren zur Potenzialfeststellung für Unteroffiziere an den Zentren für Nachwuchsgewinnung“ (BMVg - PSZ/PM 16-20-00) und im Erlass vom 7. Juli 2008 „Bestimmungen zur Methodik der Potenzialfeststellung für Unteroffiziere“ (BMVg PSZ III 6 - 66-12-15/66-12-35) hat das Bundesministerium der Verteidigung die „neue“ Potenzialfeststellung im Einzelnen geregelt, ohne Übergangsbestimmungen für die bisher angewandten Eignungsfeststellungsverfahren zu treffen. Derartige Übergangsregelungen fehlen auch in der Auswahlrichtlinie vom 19. Dezember 2008. Vielmehr bezeichnet Nr. 4.1 der Auswahlrichtlinie das Ergebnis der Potenzialfeststellung als das reguläre vierte Auswahlkriterium. Mit dem abgekürzten Zusatz „vglb.“ in Nr. 4.1 (offensichtlich gemeint: vergleichbar) wird lediglich lapidar die Möglichkeit angedeutet, dass vergleichbare Eignungsfeststellungen in das Auswahlverfahren einbezogen werden können; die Parameter der Vergleichbarkeit und der Gewichtung der verschiedenen Verfahren hat das Bundesministerium der Verteidigung in der Auswahlrichtlinie aber nicht ansatzweise benannt.

43 Stattdessen hat die Stammdienststelle in Nr. 3.3.2 der AAIP SDBw (Stand 19. Mai 2008) für das Auswahljahr 2009 festgelegt, dass an der Potenzialfeststellung alle Bewerber teilnehmen müssen, die noch nicht an der Psychologischen Eignungsprüfung oder an der Allgemeinen Eignungsprüfung der Luftwaffe teilgenommen haben; eine Wiederholung der Potenzialfeststellung wurde grundsätzlich ausgeschlossen. Außerdem hat die Stammdienststelle eine Umrechnungstabelle erstellt, mit der im Auswahljahr 2009 die Ergebnisse der AEF bzw. der Psychologischen Eignungsprüfung in die Werte der Indizes der Potenzialfeststellung umgerechnet wurden. Die Umrechnungstabelle stellt nach der Amtlichen Auskunft des Bundesministers der Verteidigung vom 29. August 2011 ein „internes Arbeitspapier“ der Stammdienststelle dar, welches „die in der AAIP SDBw dargestellten jeweiligen Umrechnungsformeln berücksichtigt“. Diese Umrechnungsformeln sind für Bewerber in der sanitätsdienstlichen Laufbahn in einer Übersicht der Stammdienststelle über die quantifizierbaren Bewertungskriterien enthalten, die der Bundesminister der Verteidigung als Bestandteil des AAIP SDBw 2009 (Bl. 100 der Beschwerdeakte) dem Senat vorgelegt hat. Auf dieser Grundlage hat die Stammdienststelle das Ergebnis der vom Antragsteller am 21. Dezember 2006 absolvierten AEF „H (Berufssoldat/Laufbahngruppe Unteroffiziere geeignet)“ bei der Ermittlung seines Summenrangplatzwertes berücksichtigt und in einen Punktwert von 104,400 umgerechnet.

44 Abgesehen von der Frage, ob die Stammdienststelle zu dem von ihr geregelten und praktizierten Verfahren in Nr. 2.2 der Auswahlrichtlinie ermächtigt worden ist, steht die Umrechnung der Ergebnisse der AEF in die der neuen Potenzialfeststellung nicht mit dem Grundsatz der Chancengleichheit der Bewerber im Einklang. Der Bundesminister der Verteidigung hat trotz entsprechender Rüge des Antragstellers nicht den Nachweis geführt, dass die vom Antragsteller absolvierte AEF und die neue Potenzialfeststellung unter dem Aspekt der Chancengleichheit gleichwertig sind oder im Rahmen einer Umrechnung ihrer Ergebnisse gleich gewichtet werden können.

45 Zwischen der AEF und der neuen Potenzialfeststellung bestehen erhebliche formelle und materielle Unterschiede.

46 In Nr. 9 der „Vorläufigen Richtlinie für die Allgemeine Eignungsfeststellung für Unteroffiziere der Luftwaffe“ (BMVg FüL I 1 - Az 16-05-00) vom 1. Juli 1999 war für die Durchführung der AEF eine Gesamtdauer von 21 Stunden vorgesehen. Sie dauerte damit - wie auch vom Antragsteller unwidersprochen vorgetragen - mindestens zwei Tage. Dagegen dauert die Potenzialfeststellung nur einen Tag (Nr. 101 Abs. 1 des Erlasses „Bestimmungen zur Methodik der Potenzialfeststellung für Unteroffiziere“ <BMVg PSZ III 6 - 66-12-15/66-12-35> vom 7. Juli 2008 - im Folgenden: Potenzialfeststellungs-Erlass -).

47 Die AEF war in ihren materiellen Anforderungen auf die spezifischen Belange der Luftwaffe zugeschnitten. In dem zuletzt maßgeblichen Erlass „Vorläufige Bestimmungen zur Methodik der Allgemeinen Eignungsfeststellung für die Unteroffiziere der Luftwaffe“ (BMVg PSZ III 4 - Az 66-12-10) vom 30. September 1999 - im Folgenden: AEF-Erlass - wurde die AEF als Methode definiert, eine Eignungsaussage zur Bewährungswahrscheinlichkeit von länger dienenden Unteroffizieren der Luftwaffe in deren weiterer militärischer Laufbahn zu erhalten; nur der Führungsstab der Luftwaffe war neben der Abteilung PSZ des Ministeriums zuständig für die Definition der Eignungsanforderungen und für die Festlegung der zu bewertenden Eignungsmerkmale (Nr. 101 Abs. 2 und Nr. 105 Abs. 1 des AEF-Erlasses). Demgegenüber differenziert der Potenzialfeststellungs-Erlass nicht mehr nach Teilstreitkräften oder Organisationsbereichen (Nr. 101); dementsprechend ist die Zuständigkeit für die Verfahrensgrundlagen den fachlich zuständigen Referaten aller Führungsstäbe und der Abteilung PSZ, hinsichtlich der Methodik dem Referat BMVg - PSZ III 6 -, übertragen (Nr. 106). Die Umgestaltung der Eignungsfeststellung in ein neues harmonisiertes Potenzialfeststellungsverfahren für Unteroffiziere aller militärischen Organisationsbereiche war eine wesentliche Zielsetzung der Neuregelung (vgl. Abs. 1 des zitierten Vorbereitungserlasses vom 24. Juli 2007).

48 Nach Nr. 101 Abs. 1 des Potenzialfeststellungs-Erlasses steht die Eignungsaussage für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Vordergrund der Betrachtung der Unteroffiziere, während Nr. 203 Abs. 2 des AEF-Erlasses die Prüfung der Unteroffiziere primär auf ihr Potenzial zum Berufssoldaten konzentrierte und erst nach positivem Abschluss dieses ersten Prüfschritts die Beurteilung des Potenzials für die Verwendung als Offizier des militärfachlichen Dienstes ermöglichte.

49 Wesentliche methodische Abweichungen ergeben sich daraus, dass der AEF-Erlass im Verfahren den Physical-Fitness-Test verlangte (Nr. 203 und Nr.206), auf den der Potenzialfeststellungs-Erlass verzichtet. Nach Nr. 203 und Nr. 205 des AEF-Erlasses hatten die Bewerber ein „Rundgespräch“ mit mehreren Soldaten zu absolvieren, das nunmehr entfällt; stattdessen hat der Bewerber allein einen Kurzvortrag zu halten (Nr. 102 Abs. 2 und Nr. 208 des Potenzialfeststellungs-Erlasses). Das „Planspiel“ nach Nr. 203 und Nr. 207 des AEF-Erlasses ist in ein „Gruppensituationsverfahren“ umgestaltet worden (Nr. 207 des Potenzialfeststellungserlasses).

50 Diese erheblichen Unterschiede zwischen den Verfahren der AEF und der Potenzialfeststellung haben in der von der Stammdienststelle gewählten Umrechnungsmethode unter dem Aspekt der Chancengleichheit der Bewerber keinen nachvollziehbaren Niederschlag gefunden. Es ist bereits nicht plausibel, wie das Ergebnis der AEF des Antragstellers, das entsprechend Nr. 304 des AEF-Erlasses mit einem Buchstaben (hier: H) zu benennen war, arithmetisch in eine Zahl (hier: 3,52) umgerechnet worden ist. Die Übersicht der Stammdienststelle über die quantifizierbaren Kriterien in der AAIP SDBw (Bl.100 der Beschwerdeakte) stellt insoweit keine berechnungstechnische Beziehung zwischen den Buchstaben und den zu ermittelnden zahlenmäßigen Indexpunkten her. Außerdem hat der Bundesminister der Verteidigung nicht erläutert und belegt, auf welcher Grundlage es zu der Gewichtung der AEF und der Potenzialfeststellung mit den Faktoren 6 und 96 in der Umrechnungsformel der Stammdienststelle gekommen ist.

51 Angesichts der daraus resultierenden Verletzung des Rechts des Antragstellers auf Wahrung der Chancengleichheit ist das Auswahlverfahren 2009 zu seinen Lasten fehlerhaft durchgeführt worden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller bei der Teilnahme an der neuen Potenzialfeststellung eine so hohe Platzziffer in der Vorsortierliste erreicht hätte, dass er dem Personalamt ebenfalls zur Zulassung empfohlen worden wäre. Die Entscheidung des Personalamts, wegen fehlender Empfehlung der Auswahlkonferenz keine Zulassung des Antragstellers auszusprechen, ist danach ermessensfehlerhaft.

52 d) Mit Rücksicht auf das ausführliche Vorbringen der Beteiligten zur Frage der möglichen Umsetzung des Antragstellers in eine AVR des Heeres weist der Senat auf Folgendes hin:

53 Der Antragsteller hatte keinen Anspruch darauf, als Feldwebel in der Laufbahn des Sanitätsdienstes im Rahmen des Auswahlverfahrens 2009 für die Umsetzung in eine AVR des Heeres betrachtet zu werden. Insoweit beruft sich der Antragsteller zu Unrecht auf „seine“ AVR 27… (Sanitätsdienst allgemein Heer), aus der nach seiner Auffassung ohne Weiteres eine Umsetzung in eine AVR des Heeres möglich gewesen sei.

54 Der Antragsteller ist nach Maßgabe des § 3 SLV Feldwebel in der Laufbahn des Sanitätsdienstes und gehört der AVR 85… (Assistenzpersonal Rettungsdienst) an. Die AVR 85… lag schon im Jahr 2006 seinen Anträgen auf Zulassung zu der strittigen Laufbahn und auf Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten zugrunde. Die ehemalige AVR des Antragstellers 27… (Sanitätsdienst allgemein Heer), die zuletzt in seiner planmäßigen Beurteilung zum 28. April 2002 aufgeführt ist, existierte im Auswahljahr 2009 nicht mehr; sie ist deshalb auch nicht in der Liste der Teilstreitkraft Heer für das Auswahljahr 2009 enthalten, in der alle grundsätzlich zulassungsrelevanten Ausbildungs- und Verwendungsreihen aufgeführt und dem damaligen Bedarf in den einzelnen Geburtsjahrgängen zugeordnet sind.

55 Die AVR 27… stellte eine von den drei sanitätsdienstbezogenen „Heeres-Ausbildungs- und Verwendungsreihen“ aus der Zeit dar, als der Sanitätsdienst der Bundeswehr noch keine verselbstständigte Organisationsstruktur aufwies und bei der Teilstreitkraft Heer angesiedelt war. Nach Verselbstständigung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in einem eigenständigen Organisationsbereich stattete man diesen Organisationsbereich mit eigenen AVR unter der Organisationsnummer 85 aus; die drei „Heeres-Ausbildungs- und Verwendungsreihen“ wurden in 22 sanitätsdienstliche AVR unter dem Schlüssel 85 aufgegliedert. Die frühere AVR 27… ist danach in der AVR 85… aufgegangen. Dem Senat ist aus einem vergleichbaren Verfahren bekannt, dass jedenfalls schon seit dem Auswahljahr 2004 für die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes nur noch die sanitätsdienstlichen AVR unter dem Schlüssel 85 für die Bedarfsermittlung und den Eignungs- und Leistungsvergleich maßgeblich waren (vgl. den Vortrag der Beteiligten und den Beschluss des Senats vom 10. März 2005 im Verfahren BVerwG 1 WB 55.04, in dem der Bundesminister der Verteidigung auch eine Liste der 22 neuen sanitätsdienstlichen AVR unter dem Schlüssel 85 vorgelegt hat).

56 Die Stammdienststelle war im Rahmen ihrer Bindung an die Bedarfsträgervorgaben nach der Regelung in Nr. 1.4 i.V.m. Fußnote 5 der Auswahlrichtlinie verpflichtet, die ihr übermittelten AVR-/werdegangsbezogenen Zulassungsquoten unter Berücksichtigung der Zahl der Antragstellenden je Werdegang und Geburtsjahrgang als Vorgabe für die Auswahlkonferenz zu beachten. Insofern hat sie in der AAIP SDBw für das Auswahljahr 2009 festgelegt, dass der gesamte Bedarf im Sanitätsdienst der Bundeswehr allein durch die AVR 85… repräsentiert wird. Das folgt im Umkehrschluss aus Nr. 9.1, Nr. 9.3 und Nr. 9.4 der AAIP SDBw, die den Bedarf der Teilstreitkräfte Heer, Luftwaffe und Marine „außer dem Sanitätsdienst“ definierten. Demgegenüber war der gesamte Bedarf für sämtliche AVR des Sanitätsdienstes nach Nr. 9.2 der AAIP SDBw (i.V.m. der Anlage) in der Sammel-AVR 85… (Sanitätsdienst allgemein) zusammengefasst; in der Laufbahn des Sanitätsdienstes wurden deshalb auch alle Bewerber in der AVR 85… zusammengefasst und betrachtet. Nr. 9.2 der AAIP SDBw ließ für die Bewerber aus dem Sanitätsdienst - im Gegensatz zu den ausdrücklichen und differenzierenden Umsetzungsbestimmungen in Nr. 9.1 Buchst. a für das Heer und in Nr. 9.3.2.1 für die Luftwaffe - eine Umsetzung in AVR anderer Organisationsbereiche, insbesondere in AVR des Heeres, nicht zu. Maßgebliches Zuordnungskriterium war insoweit nicht der jeweilige Uniformträgerbereich, sondern die fachliche Zugehörigkeit des Bewerbers zur Laufbahn und zu einer AVR des Sanitätsdienstes. Es entsprach danach der tatsächlichen Verwaltungspraxis der Stammdienststelle der Bundeswehr und des Personalamts der Bundeswehr im Auswahljahr 2009, alle Angehörigen der Laufbahn des Sanitätsdienstes (sowohl in den Teilstreitkräften als auch im Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr) einheitlich nur für die sanitätsdienstliche AVR 85… zu betrachten und für diesen Bewerberkreis keine Umsetzungen in andere fachliche AVR z.B. des Heeres zu prüfen und vorzunehmen. Das hat der Bundesminister der Verteidigung in seiner Amtlichen Auskunft vom 29. August 2011 bestätigt. Auf den Ausschluss von Umsetzungsmöglichkeiten wurden die Bewerber in der Laufbahn des Sanitätsdienstes zusätzlich schon in den jeweiligen Antragsformularen hingewiesen. In seinen Formularanträgen für die Auswahljahre 2007 und 2009 hat auch der Antragsteller den entsprechenden Hinweis erhalten und im Rahmen der Unterzeichnung des Antrags zur Kenntnis genommen.

57 Diese tatsächliche Verwaltungspraxis schließt die vom Antragsteller gewünschten Umsetzungen aus. Für die Ermessensausübung ist die tatsächliche Verwaltungspraxis in den Auswahlverfahren für die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn maßgeblich. Die (ständige) tatsächliche Verwaltungspraxis, die sich entweder an Verwaltungsvorschriften orientiert oder eine Verwaltungsvorschrift auf bestimmte Sachverhalte auch nicht anwendet, ist vor dem Hintergrund, dass Verwaltungsvorschriften keine Rechtsnormen darstellen, für den Bundesminister der Verteidigung allein aus Art. 3 Abs. 1 GG verbindlich. Eine ständige Verwaltungspraxis verpflichtet zur Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle; andererseits kann ein Soldat nur (und nicht mehr als) eine Behandlung entsprechend der gleichmäßig angewandten Verwaltungsvorschriften bzw. entsprechend der gleichmäßig vollzogenen Verwaltungspraxis beanspruchen (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 18.10 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 59). Dass die Stammdienststelle bzw. das Personalamt von der dargestellten tatsächlichen Verwaltungspraxis im Auswahljahr 2009 im Bereich des Sanitätsdienstes abgewichen wären und Umsetzungen aus sanitätsdienstlichen AVR in eine AVR des Heeres geprüft und zugelassen hätten, ist für den Senat nicht ersichtlich. Derartiges hat auch der Antragsteller nicht geltend gemacht.

58 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 WBO.