Verfahrensinformation



Die Kläger wollen die Wiederaufnahmeaufnahme ihres Klageverfahrens BVerwG 9 A 8.19 erreichen. Streitgegenstand dieses Verfahrens war der Planfeststellungsbeschluss des Landes Hessen für den Neubau der Bundesautobahn A 49 zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda (VKE 40) vom 30. Mai 2012 mit späteren geringfügigen Änderungen.


Die Kläger sind Eigentümer von Grundstücken, die zwar nicht durch Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses in Anspruch genommen werden sollen, aber im Gebiet der 2017 angeordneten Flurbereinigung liegen. Wegen des drohenden Landabzugs hatten die Kläger im April 2019 gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt. Diese Klage hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 2. Juli 2020 mit der Begründung abgewiesen, dass sich die Kläger jedenfalls so lange Zeit nach dem Flurbereinigungsbeschluss nicht mehr zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss wehren konnten (PM Nr. 40/20 vom 2. Juli 2020).


Die Kläger machen geltend, dieses Urteil sei nichtig, weil das Gericht damals nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, weshalb das Verfahren nach §§ 578, 579 Abs. 1Nr. 1 ZPO wiederaufzunehmen sei.


Beschluss vom 25.10.2024 -
BVerwG 9 A 18.24ECLI:DE:BVerwG:2024:251024B9A18.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.10.2024 - 9 A 18.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:251024B9A18.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 18.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 25. Oktober 2024 durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen:

  1. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D wird verworfen.
  2. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 2. November 2023 gegen den Beschluss des Senats vom 5. Januar 2023 - BVerwG 9 A 12.21 , 9 A 6.22 - wird zurückgewiesen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

I

1 Mit Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - wies der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts die Klage der Kläger gegen einen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss als unzulässig ab; eine nachfolgende Anhörungsrüge (9 A 7.20 ) blieb ohne Erfolg. Am 2. Juli 2021 erhoben die Kläger Nichtigkeitsklage nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (9 A 12.21 , nunmehr 9 A 16.24 ) mit dem Ziel, eine Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 wegen vorschriftswidriger Besetzung des Gerichts zu erreichen. Zugleich lehnten sie die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A sowie die Richter und Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht B, C, D und E und damit alle (damaligen) Mitglieder des 9. Senats, die an den vorausgegangenen Entscheidungen im Klage- und/oder Anhörungsrügeverfahren mitgewirkt hatten, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 7. September 2021 lehnten sie zudem den Richter am Bundesverwaltungsgericht F als weiteres Mitglied des 9. Senats wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 28. Februar 2022, der unter Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht F sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht G und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht H erging, wurden das Ablehnungsgesuch gegen den Richter F verworfen und das Ablehnungsgesuch gegen die weiteren Senatsmitglieder zurückgewiesen.

2 Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2022 Anhörungsrüge (9 A 3.22 ) und lehnten den Richter am Bundesverwaltungsgericht F (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Unter Mitwirkung des abgelehnten Richters sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht G und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht H wurden mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht F verworfen und die Anhörungsrüge zurückgewiesen.

3 Mit Schriftsätzen vom 7. Juni, 7. September und 22. November 2022 lehnten die Kläger im Klageverfahren 9 A 12.21 die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A (erneut) aus verschiedenen Gründen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Unter dem 19. Oktober 2022 erhoben sie zudem eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2022, soweit darin das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht F verworfen worden war, und lehnten diesen Richter wiederum wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 brachten die Kläger in diesem Anhörungsrügeverfahren (9 A 6.22 , nunmehr 9 A 17.24 ) sowie im Klageverfahren 9 A 12.21 ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht F, B und C sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E an. Dieses Ablehnungsgesuch wurde vom Senat mit Beschluss vom 5. Januar 2023 unter Mitwirkung der Richter B und C sowie der Richterin D verworfen.

4 Mit Beschluss vom 6. Januar 2023 wurden das Klageverfahren 9 A 12.21 und das Anhörungsrügeverfahren 9 A 6.22 auf Antrag der Kläger bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine von ihnen gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 erhobene Verfassungsbeschwerde entsprechend § 94 VwGO ausgesetzt. Noch vor Zustellung der Beschlüsse vom 5. und 6. Januar 2023 lehnten die Kläger mit Schriftsatz vom 11. Januar 2023 unter Hinweis auf die neue Jahresgeschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts die Richterin am Bundesverwaltungsgericht H und den Richter am Bundesverwaltungsgericht G wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

5 Mit Schriftsatz vom 2. November 2023 haben die Kläger gegen den Beschluss vom 5. Januar 2023 Anhörungsrüge erhoben und die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

6 Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 mit Beschluss vom 25. Juli 2024 - 1 BvR 287/23 - nicht zur Entscheidung angenommen hat, sind das Klage- und das Anhörungsrügeverfahren unter den Aktenzeichen 9 A 16.24 bzw. 9 A 17.24 wiederaufgenommen worden, so dass zunächst über die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 5. Januar 2023 - 9 A 18.24 - sowie über das auf dieses Rügeverfahren sowie die beiden wiederaufgenommenen Verfahren bezogene Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 zu entscheiden ist.

II

7 1. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D ist offensichtlich missbräuchlich und damit unzulässig, weshalb es auch einer Mitwirkung der abgelehnten Richter an der Entscheidung nicht entgegensteht.

8 Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig; der abgelehnte Richter ist von der Entscheidung darüber nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Mai 2006 - 1 BvR 698/06 - BVerfGK 8, 59; Beschlüsse vom 1. März 2016 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 142, 1 Rn. 12 und vom 20. Juli 2021 - 2 BvE 4/20 u. a. - BVerfGE 159, 26 Rn. 13 m. w. N. sowie zuletzt Kammerbeschluss vom 2. August 2024 - 2 BvR 965/24 - juris). Indizien für einen Missbrauch des Ablehnungsrechts können darin liegen, dass die Begründung des Gesuchs nicht hinreichend konkret auf den bzw. die abgelehnten Richter bezogen ist, dass der Inhalt der Begründung von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, oder dass verfahrensfremde Zwecke wie etwa das Ziel, den Prozess zu verschleppen, verfolgt werden (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 29. November 2017 - 10 B 5.17 -‌ juris Rn. 1 und vom 24. Juni 2019 - 6 AV 10.19 - juris Rn. 3, jeweils m. w. N.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die Kläger verfolgen mit ihrem Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 verfahrensfremde Zwecke.

9 Das prozessuale Verhalten der Kläger, die mit dem Ausgang ihres Klageverfahrens 9 A 8.19 unzufrieden sind und die damalige Entscheidung des Senats für willkürlich halten, ist darauf gerichtet, die Wiederaufnahme dieses Verfahrens und eine erneute Entscheidung darüber nunmehr durch andere Richter zu erreichen. Die gewünschte Veränderung der Richterbank ist dabei ein wesentlicher Kern ihres Anliegens. Dass sie dies im Rahmen der erhobenen Nichtigkeitsklage, bei der eine Entscheidung durch denselben Spruchkörper gerade nicht gesetzlich ausgeschlossen, sondern als Regelfall vorgesehen ist, nicht erreichen können, hat der Senat mit Beschluss vom 28. Februar 2022 den Klägern gegenüber rechtskräftig entschieden und im Einzelnen begründet (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 22 ff.). Mit den nachfolgenden Anhörungsrügen und (wiederholten) Ablehnungsgesuchen, die sich inzwischen auf alle Richter erstrecken, die bisher in ihrem Verfahren tätig geworden sind und in denen sie die Rügen der willkürlichen Entscheidung im Verfahren 9 A 8.19 , der Vorfestlegung bezüglich der Auslegung der senatsinternen Geschäftsverteilung für das Jahr 2020 sowie diverser Unstimmigkeiten und Fehler in den Geschäftsverteilungsplänen des Senats in wechselnden Varianten wiederholen, versuchen sie, dieses Ziel gleichwohl zu erreichen. Damit missbrauchen sie das Ablehnungsrecht zur Erreichung eines im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklage gesetzlich nicht vorgesehenen Ergebnisses, weshalb sich das erneute Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 als unzulässig erweist.

10 2. Die Anhörungsrüge vom 2. November 2023 hat keinen Erfolg, so dass das Verfahren über das Ablehnungsgesuch vom 28. Dezember 2022 nicht fortzuführen ist.

11 a) Der Zulässigkeit der Anhörungsrüge steht allerdings nicht entgegen, dass die Kläger sie erst mit Schriftsatz vom 2. November 2023 und damit mehr als zwei Wochen nach Kenntnis des gerügten Beschlusses vom 5. Januar 2023 erhoben haben. Denn mit der Aussetzung der Verfahren durch Beschluss vom 6. Januar 2023 sind diese Verfahren zum Stillstand gekommen, und der Lauf der für die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO geltenden Frist hat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 249 Abs. 1 ZPO aufgehört.

12 b) Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

13 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 -‌ juris Rn. 2 m. w. N.).

14 aa) Worin die "Überraschungsentscheidung" durch die Ausführungen des Senats zum "Hintergrund" seiner Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2020 liegen soll, ist nicht ersichtlich. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Verletzung des Beratungsgeheimnisses oder von Dienstgeheimnissen nach § 43 DRiG und § 353b StGB ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. Auf welche der Geheimhaltung unterliegenden Umstände, geschweige denn Beratungsgeheimnisse i. S. d. § 43 DRiG, sich die Kläger beziehen, erschließt sich nicht. Die von ihnen insoweit wohl in Bezug genommenen Erläuterungen zum "Hintergrund" der Jahresgeschäftsverteilung 2020 betreffen ausnahmslos Umstände, die in der Öffentlichkeit ohne Weiteres bekannt waren oder hätten bekannt sein können, und basieren entgegen der Auffassung der Kläger offensichtlich nicht auf einem "rein senatsinternen Wissen". Die entsprechenden Informationen ergaben sich ohne Weiteres aus den Geschäftsverteilungsplänen des Bundesverwaltungsgerichts und des 9. Senats sowie der Berichterstattung in Presse und Internet über das Vorhaben der Festen Fehmarnbeltquerung, dem dazu ergangenen über 1 000 Seiten langen Planfeststellungsbeschluss und den dagegen im Frühjahr 2019 erhobenen Klagen. Dass sich die Bearbeitung dieser Verfahren angesichts der Komplexität und Einmaligkeit des Vorhabens und der - von den damaligen Klägern in diesen Verfahren selbst öffentlich gemachten - umfangreichen Rügen zeitlich und inhaltlich aufwändig gestalten würde, stellt ebenso wenig einen Gegenstand der Geheimhaltung dar wie der Umstand, dass diese 2019 eingegangenen Klagen im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden. Dass die Kläger von diesen Umständen persönlich keine Kenntnis genommen haben mögen, ist insoweit unbeachtlich. Im Übrigen hat der Senat diese Umstände lediglich als Hintergrundinformationen zur Erläuterung des objektiven Aussagegehalts seines Beschlusses zur Geschäftsverteilung 2020 angeführt, ohne dass ihnen insoweit eine eigenständige entscheidungstragende Bedeutung zukäme.

15 Soweit die Kläger nähere Ausführungen zu diesem "Hintergrund" und eine weitere Begründung des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans vermissen, beziehen sie sich auf das Dokumentations- und Begründungserfordernis für unterjährige nachträgliche Änderungen der Geschäftsverteilung nach § 21g Abs. 2 Halbs. 2 bzw. § 21e Abs. 3 GVG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03 - juris Rn. 19 und vom 18. März 2009 - 2 BvR 229/09 -‌ juris Rn. 26), die für den vorliegenden Fall der vorab beschlossenen Jahresgeschäftsverteilung nach § 21g Abs. 2 Halbs. 1 GVG offensichtlich nicht einschlägig ist.

16 bb) Mit ihrem weiteren Rügevorbringen machen die Kläger der Sache nach im Wesentlichen geltend, der Senat habe zu Unrecht eine einzelfallbezogene Richterbestimmung verneint, und setzen den Erläuterungen des Senats zum Regelungsinhalt des Geschäftsverteilungsplans 2020 ihr abweichendes Verständnis davon entgegen. Ein Gehörsverstoß lässt sich damit nicht begründen.

17 Soweit die Kläger meinen, für die Beurteilung, ob der Zuständigkeit für ihr damaliges Verfahren eine einzelfallbezogene Auswahl zugrunde gelegen habe, dürfe nur die für die Zuteilung dieses Verfahrens letztlich maßgebliche Regelung in Ziff. II.1. Abs. 1 Buchst. b GVPl. 2020 betrachtet werden unter Ausblendung aller sonstigen Festlegungen des Geschäftsverteilungsplans, ist dies offensichtlich unzutreffend, da sich der objektive Aussagegehalt der Geschäftsverteilung aus der Gesamtschau aller Regelungen ergibt. Im Übrigen hat der Senat die Ausführungen der Kläger zu den Gründen, aus denen sie von einer einzelfallbezogenen Regelung ausgehen, nicht übergangen, sondern hält sie für nicht stichhaltig. Darin liegt keine Missachtung des rechtlichen Gehörs.

18 Die Ausführungen im gerügten Beschluss zu den "von den Klägern aufgezeigten Formulierungsalternativen" sind nicht entscheidungserheblich, so dass es auf den Vortrag der Kläger dazu nicht ankommt.

19 Die von den Klägern vermisste Auseinandersetzung mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07 - war entbehrlich, weil dieses Urteil den Fall einer einzelfallbezogenen Zuteilung, bei der die in der Geschäftsverteilung aufgeführten Aktenzeichen nicht nur rein deklaratorischen Charakter hatten, betraf und vorliegend nicht einschlägig ist.

20 cc) Soweit die Kläger schließlich einen Gehörsverstoß aus der Befangenheit der mitwirkenden Richter ableiten und auf ihren Ablehnungsantrag verweisen, hat dieser aus den oben ausgeführten Gründen keinen Erfolg.

21 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 19.11.2024 -
BVerwG 9 A 23.24ECLI:DE:BVerwG:2024:191124B9A23.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.11.2024 - 9 A 23.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:191124B9A23.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 23.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 19. November 2024 durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 13. November 2024 gegen den Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

1 Mit Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - hat der Senat das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht A. und B. sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. als offensichtlich missbräuchlich verworfen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 17). Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge der Kläger vom 13. November 2024 hat keinen Erfolg. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

2 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 -‌ juris Rn. 2 m. w. N.). Dies zugrunde gelegt, liegt ein Gehörsverstoß nicht vor.

3 Mit dem gerügten Beschluss hat der Senat das gegen zwei Senatsmitglieder und ein früheres Senatsmitglied gerichtete Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 mit der Begründung verworfen, es sei offensichtlich rechtsmissbräuchlich, weil die Kläger damit verfahrensfremde Zwecke verfolgten. Ihr prozessuales Verhalten sei darauf gerichtet, in der von ihnen erhobenen Nichtigkeitsklage nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (9 A 12.21 , nunmehr 9 A 16.24 ) eine Wiederaufnahme ihres straßenrechtlichen Klageverfahrens und eine erneute Entscheidung darüber durch andere Richter zu erreichen. Nachdem die gegen alle (damaligen) Mitglieder des Senats gerichteten Ablehnungsgesuche rechtskräftig durch Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - verworfen bzw. als unbegründet zurückgewiesen worden seien, hätten die Kläger mit den nachfolgenden Anhörungsrügen und (wiederholten) Ablehnungsgesuchen versucht, die gewünschte Veränderung der Richterbank gleichwohl zu erreichen. Damit missbrauchten sie das Ablehnungsrecht zur Erreichung eines im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklage gesetzlich nicht vorgesehenen Ergebnisses, weshalb sich auch das erneute Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 als unzulässig erweise.

4 Die Kläger rügen, diese Entscheidung beruhe auf einer unvollständigen Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Ablehnungsgründen. Denn diese zielten nicht nur auf den Ausschluss der abgelehnten Richter im Wiederaufnahmeverfahren, sondern auch für sämtliche vor- und nachgängigen Verfahrens- und Sachfragen, bei denen richterliche Entscheidungen in den vom Ablehnungsgesuch betroffenen Verfahren 9 A 16.24 , 9 A 17.24 und 9 A 18.24 inmitten stünden; zudem seien die Richter gerade wegen ihres Verhaltens in den Verfahren 9 A 16.24 und 9 A 17.24 abgelehnt worden. Das konkret gerügte richterliche Verhalten in dem Senatsbeschluss vom 5. Januar 2023 sei nicht berücksichtigt worden. Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung nicht dargetan.

5 Bei den von den Klägern genannten Verfahren handelt es sich um die Wiederaufnahmeklage (9 A 16.24 , vormals 9 A 12.21 ) sowie zwei Anhörungsrügeverfahren (9 A 17.24 , vormals 9 A 6.22 , sowie 9 A 18.24 ), die sich jeweils auf Beschlüsse beziehen, mit denen Ablehnungsgesuche gegen Mitglieder des Senats verworfen worden sind. Dass der Senat die Einbeziehung dieser Verfahren in das Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 berücksichtigt und diese Verfahren vor Augen gehabt hat, ergibt sich schon daraus, dass sich der gerügte Beschluss ausdrücklich auf alle drei Verfahren bezieht und diese auch in der in den Beschlussgründen ausgeführten Prozessgeschichte näher dargestellt werden. Bei den Anhörungsrügeverfahren handelt es sich auch nicht um Verfahren, die losgelöst von der Nichtigkeitsklage zu betrachten wären und keinen Bezug zu der Frage der dortigen Besetzung der Richterbank aufwiesen. Die Entscheidungen über die verschiedenen Ablehnungsgesuche und die darauf bezogenen Anhörungsrügen betreffen Zwischenverfahren, die Teil des Nichtigkeitsklageverfahrens sind und die, wenn das klägerische Begehren jeweils Erfolg hätte, Einfluss auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters in diesem Klageverfahren hätten.

6 Der gerügte Beschluss vom 25. Oktober 2024 beruht auf einer Würdigung des bisherigen prozessualen Verhaltens der Kläger und der von ihnen angebrachten verfahrensrechtlichen Anträge und Rügen. Nach der Überzeugung des Senats ging es den Klägern (auch) in ihrem Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 nur darum, die Mitglieder des Senats dauerhaft aus Entscheidungen über den Verfahrenskomplex der Nichtigkeitsklage auszuschließen und damit die rechtskräftige Entscheidung vom 28. Februar 2022 zu unterlaufen. Den Rügen zu einzelnen konkreten Verhaltensweisen der Richter kommt dabei für das Ablehnungsbegehren keine eigenständige entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 20).

7 Dass der Senat die Ausführungen der Kläger aus dem Schriftsatz vom 2. November 2023 und die geltend gemachten Ablehnungsgründe insgesamt zur Kenntnis genommen hat, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass er Aspekte wie den gerügten Verstoß gegen § 43 DRiG bzw. § 353b StGB oder seine Ausführungen in dem Beschluss vom 5. Januar 2023 zu "Formulierungen" des Klägers jedenfalls insoweit aufgegriffen hat, als sie für die Entscheidung über die Anhörungsrüge von Relevanz sein konnten.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 02.12.2024 -
BVerwG 9 A 17.24ECLI:DE:BVerwG:2024:021224B9A17.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.12.2024 - 9 A 17.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:021224B9A17.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 17.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 2. Dezember 2024 durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister beschlossen:

  1. Die Ablehnungsgesuche der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. sowie vom 11. Januar 2023 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. werden verworfen.
  2. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Beschluss des Senats vom 11. Oktober 2022 - 9 A 3.22 (9 A 12.21 ) - wird zurückgewiesen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

I

1 Die Kläger lehnten mit Schriftsatz vom 7. September 2021 in ihrem Klageverfahren 9 A 12.21 (nunmehr 9 A 16.24 ) den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. wegen Besorgnis der Befangenheit ab, nachdem sie bereits zuvor ein Ablehnungsgesuch gegen die weiteren (damaligen) Mitglieder des Senats angebracht hatten. Mit Beschluss vom 28. Februar 2022, der unter Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A., des Richters am Bundesverwaltungsgericht B. und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. erging, wurden das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. verworfen und das Ablehnungsgesuch gegen die weiteren Senatsmitglieder zurückgewiesen (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884). Gegen den Beschluss vom 28. Februar 2022 erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2022 Anhörungsrüge (9 A 3.22 ) und lehnten den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Unter Mitwirkung des abgelehnten Richters sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht B. und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. wurden mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. verworfen und die Anhörungsrüge zurückgewiesen.

2 Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 haben die Kläger gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2022 Anhörungsrüge erhoben, soweit darin das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. verworfen worden ist, und diesen Richter wiederum wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses vormals unter dem Aktenzeichen 9 A 6.22 geführte Anhörungsrügeverfahren hat der Senat zusammen mit dem Klageverfahren 9 A 12.21 mit Beschluss vom 6. Januar 2023 ausgesetzt bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die von den Klägern gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 eingelegte Verfassungsbeschwerde. Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2023 haben die Kläger unter Hinweis auf die neue Jahresgeschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. und den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

3 Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde der Kläger mit Beschluss vom 25. Juli 2024 - 1 BvR 287/23 - nicht zur Entscheidung angenommen hat, sind das Klage- und das Anhörungsrügeverfahren unter den Aktenzeichen 9 A 16.24 bzw. 9 A 17.24 wiederaufgenommen worden, sodass nunmehr über die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2022 sowie über die auf dieses Rügeverfahren und das wiederaufgenommene Klageverfahren bezogenen Ablehnungsgesuche vom 19. Oktober 2022 und 11. Januar 2023 zu entscheiden ist.

II

4 1. a) Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. ist ungeachtet dessen, ob eine Richterablehnung im Rahmen einer Anhörungsrüge von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. zum Streitstand BVerwG, Beschluss vom 29. November 2018 - 9 B 26.18 - juris Rn. 3 ff.; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 54 Rn. 22 f.), offensichtlich unzulässig, sodass darüber unter dessen Mitwirkung entschieden werden kann. Der Sache nach erneuern die Kläger den bereits zuvor gegen den abgelehnten Richter erhobenen Vorwurf einer unzulässigen Selbstentscheidung und wiederholen die gegen ihn geltend gemachten Ablehnungsgründe, die bereits rechtskräftig mit Beschlüssen des Senats vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 zurückgewiesen wurden, da sie offensichtlich völlig ungeeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Die Unanfechtbarkeit dieser Beschlüsse kann nicht dadurch umgangen werden, dass deren Inhalt zum Gegenstand eines weiteren Ablehnungsgesuchs gemacht wird (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2022 - 9 A 3.22 - juris Rn. 5). Dass die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ergangenen Beschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, wird im Übrigen durch den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 2024 bestätigt. Bei Gesamtwürdigung des prozessualen Vorgehens der Kläger stellt sich darüber hinaus die Geltendmachung eines Ablehnungsrechts hier als missbräuchlich dar (vgl. auch Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2024 - 9 A 16.24 , 9 A 17.24 und 9 A 18.24 - Rn. 9).

5 b) Aus denselben Gründen ist auch das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 11. Januar 2023 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C., das auf deren Mitwirkung an den Beschlüssen vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 und die damit zum Ausdruck gebrachte Zustimmung zu der "Selbstentscheidung" des Richters am Bundesverwaltungsgericht A. gestützt wird, offensichtlich unzulässig.

6 2. Die (zulässige) Anhörungsrüge vom 19. Oktober 2022 hat keinen Erfolg, sodass das Verfahren über das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. vom 11. April 2022 nicht fortzuführen ist. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

7 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 - juris Rn. 2 m. w. N.). Danach ist ein Gehörsverstoß hier nicht ersichtlich.

8 Die Kläger rügen zu Unrecht, dass die von ihnen geltend gemachten Ablehnungsgründe der objektiven Willkür infolge der Bestätigung der nach Auffassung der Kläger objektiv willkürlichen Begründung des Senatsurteils vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 -, der erkennbar gewordenen Vorfestlegung und der nicht erfolgten Auskunftserteilung übergangen worden seien. Mit diesen Gesichtspunkten hat sich der Senat in den Beschlüssen vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 auseinandergesetzt.

9 Soweit die Kläger geltend machen, der Beschluss vom 11. Oktober 2022 übergehe den Einwand, die Bestätigung des nach Ansicht der Kläger willkürlichen Urteils vom 2. Juli 2020 durch den Beschluss vom 28. Februar 2022 rechtfertige die Ablehnung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A., führt bereits der letztgenannte Beschluss (Rn. 34 ff.) aus, warum die Kritik der Kläger an dem Urteil vom 2. Juli 2020 keine Besorgnis der Befangenheit begründen kann. Dass dies auch bezüglich einer von den Beteiligten abweichenden Rechtsauffassung des Gerichts der Fall ist, entspricht ständiger Rechtsprechung. Eines erneuten Eingehens hierauf bedurfte es daher nicht.

10 Mit der Rüge, die Begründung in Rn. 9 des Beschlusses vom 11. Oktober 2022, welcher eine bereits im Beschluss vom 28. Februar 2022 erkennbare Festlegung bestätige, belege eine Vorfestlegung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A., verkennen die Kläger den Inhalt beider Entscheidungen. Die Ausführungen im Beschluss vom 11. Oktober 2022 bezogen sich auf den Einwand der Kläger, aus dem Schreiben der Vorsitzenden Richterin D. vom 21. Juni 2021 folge deren Vorfestlegung bezüglich der anhängigen Nichtigkeitsklage. Diesen hat der Senat im Beschluss vom 28. Februar 2022 (Rn. 29 ff.) mit der Begründung als unbegründet zurückgewiesen, im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens habe der Richterin die von den Klägern später geltend gemachte abweichende Auslegung des Geschäftsverteilungsplans nicht vor Augen stehen müssen; die Annahme, letzterer beschränke die Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A. auf die Verfahren zur Festen Fehmarnbeltquerung, weshalb die klägerische Frage nach dessen Verhinderung nicht verständlich sei, spiegele daher das damalige Verständnis, aber keine Festlegung bezüglich erst später geltend gemachter Bedenken wider. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 hat der Senat sodann auf die Anhörungsrüge der Kläger lediglich festgestellt, dass diese bezüglich des Verständnisses des Schreibens der Vorsitzenden Richterin verkennen, dass, wenn ein Richter - wovon die Vorsitzende ersichtlich ausging - schon nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht mitwirkt, er von vornherein nicht an einer Mitwirkung gehindert sein kann. Eine Vorfestlegung bezüglich der Frage, wie der Geschäftsverteilungsplan unter Berücksichtigung der später erhobenen Einwände auszulegen ist, enthält der Beschluss vom 28. Februar 2022 nicht, sondern schließt ein anderes als das dem Schreiben der Vorsitzenden zugrundeliegende Verständnis ausdrücklich nicht aus (Rn. 31). Zu dieser Frage verhält sich der Beschluss vom 11. Oktober 2022 überhaupt nicht und kann sich daher auch nicht dahingehend festlegen.

11 Zu dem Vorbringen der Kläger in ihrem Ablehnungsgesuch vom 7. September 2021 (S. 53), Richter am Bundesverwaltungsgericht A. habe ihr Auskunftsbegehren aus ihrem Schriftsatz vom 16. Juni 2021 nicht beantwortet, hat bereits der Beschluss vom 28. Februar 2022 (Rn. 12) ausgeführt, dass es durch die Senatsvorsitzende am 21. Juni 2021 beantwortet wurde. Ebenso wie dieses verkennt auch das weitere Auskunftsersuchen vom 2. Juli 2021 bezüglich einer Verhinderung der Richter am Bundesverwaltungsgericht A., E. und F., dass sich - wie vorstehend bereits ausgeführt - die Frage einer Verhinderung erst stellt, wenn ein Richter nach der Geschäftsverteilung zur Mitwirkung berufen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Reaktion auf die Anfrage vom 2. Juli 2021 in hinreichend verständlicher Weise zum Gegenstand des Ablehnungsgesuchs gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. vom 7. September 2021 gemacht wurde. Letzteres verweist lediglich auf eine Einlassung des Generalbundesanwalts in einem von den Klägern gegen das Bundesverwaltungsgericht vor dem Verwaltungsgericht Leipzig geführten Prozess und behauptet, ausweislich dessen sei es dem Richter objektiv möglich gewesen, eine entsprechende Negativauskunft zu erteilen; ein Bezug zu einem konkreten Begehren wird nicht hergestellt. Jedenfalls erfolgte das Auskunftsersuchen im Schriftsatz vom 2. Juli 2021 ausdrücklich nur vorsorglich für den Fall, dass sich die der Begründung des Nichtigkeitsantrags zugrunde gelegte Annahme der Kläger, eine Verhinderung habe nicht bestanden, als unzutreffend erweist. Eine Auskunftserteilung wäre Richter am Bundesverwaltungsgericht A. zudem nicht möglich gewesen, weil ihn die Kläger bereits am 7. September 2021 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und diesen Antrag nach Übersendung des das Ablehnungsgesuch verwerfenden Beschlusses vom 28. Februar 2022 mit Schreiben vom 24. März 2022 bereits am 11. April 2022 wiederholt haben. Angesichts des umfangreichen Vorbringens der Kläger sowie des Umstands, dass diese die übrigen und mit dem Gegenstand des Verfahrens vertrauten Mitglieder des 9. Senats in diesem Zeitpunkt bereits als befangen abgelehnt hatten, war innerhalb dieser kurzen Zeitspannen keine vertretungsweise vollständige Durcharbeitung der Schriftsätze, sondern - ebenso wie bei der nachfolgenden vertretungsweisen Bearbeitung durch Mitglieder des 4. Senats - zunächst nur deren Zustellung an die Gegenseite möglich.

12 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 20.01.2025 -
BVerwG 9 A 24.24ECLI:DE:BVerwG:2025:200125B9A24.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.01.2025 - 9 A 24.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:200125B9A24.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 24.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 20. Januar 2025 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 5. Dezember 2024 gegen den Beschluss des Senats vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 -, mit dem die Ablehnungsgesuche der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. sowie vom 11. Januar 2023 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. verworfen worden sind, hat keinen Erfolg. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

2 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 - juris Rn. 2 m. w. N.). Danach ist ein Gehörsverstoß hier nicht ersichtlich.

3 Der Senat hat in dem gerügten Beschluss vom 2. Dezember 2024 unter anderem entscheidungstragend darauf abgestellt, dass sich bei Gesamtwürdigung des prozessualen Vorgehens der Kläger die Geltendmachung eines Ablehnungsrechts hier als missbräuchlich darstellt, und auf seinen Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - verwiesen, mit dem ein Ablehnungsgesuch der Kläger gegen zwei weitere Senatsmitglieder und ein früheres Senatsmitglied verworfen worden ist. In diesem Beschluss hatte der Senat festgestellt und näher ausgeführt, dass die Kläger mit dem dortigen Ablehnungsgesuch verfahrensfremde Zwecke verfolgten und ihr Ablehnungsrecht zur Erreichung eines im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklage gesetzlich nicht vorgesehenen Ergebnisses, nämlich der Veränderung der Richterbank, missbrauchten.

4 Ohne Erfolg machen die Kläger hierzu geltend, die in Bezug genommenen Ausführungen aus dem Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - seien ihrerseits gehörsverletzend gewesen, zudem würden damit die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ablehnungsgründe nicht vollständig ausgeschöpft. Denn sie hätten den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. gerade (auch) wegen seines Verhaltens in den Verfahren 9 A 12.21 und 9 A 3.22 abgelehnt; zudem gehe es ihnen nicht nur um den Ausschluss des abgelehnten Richters für die Entscheidungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens 9 A 8.19 , sondern für sämtliche vor- und nachgängigen Verfahrens- und Sachfragen, bei denen richterliche Entscheidungen im Rahmen der Verfahren 9 A 17.24 , 9 A 16.24 und 9 A 3.22 inmitten stünden. Mit diesem Vortrag ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht dargetan.

5 Dass die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - nicht auf einem Gehörsverstoß beruhen, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - entschieden, mit dem er die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge der Kläger zurückgewiesen hat. Im Übrigen blendet der Hinweis der Kläger auf verschiedene Verfahren mit unterschiedlichen Aktenzeichen aus, dass alle Aktenzeichen dem einheitlichen Verfahrenskomplex der Wiederaufnahme des ursprünglich unter dem Aktenzeichen 9 A 8.19 anhängigen Klageverfahrens zuzuordnen sind. Die Wiederaufnahmeklage selbst wurde zunächst unter dem Aktenzeichen 9 A 12.21 geführt und trägt nunmehr - nach Beendigung einer zwischenzeitlichen Aussetzung - das Aktenzeichen 9 A 16.24 . Bei den weiteren von den Klägern genannten Verfahren 9 A 3.22 und 9 A 17.24 handelt es sich um zwei Anhörungsrügeverfahren, die sich jeweils auf Beschlüsse beziehen, mit denen Ablehnungsgesuche zurückgewiesen oder verworfen wurden, die unmittelbar im Verfahren 9 A 12.21 bzw. im Zusammenhang mit einer nachfolgenden Anhörungsrüge angebracht worden waren. Dabei handelt es sich nicht um Verfahren, die losgelöst von der Nichtigkeitsklage zu betrachten wären und keinen Bezug zu der Frage der dortigen Besetzung der Richterbank aufwiesen. Die Entscheidungen über die verschiedenen Ablehnungsgesuche und die darauf bezogenen Anhörungsrügen betreffen Zwischenverfahren, die Teil des Nichtigkeitsklageverfahrens sind und die, wenn das klägerische Begehren jeweils Erfolg hätte, Einfluss auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters in diesem Klageverfahren hätten (vgl. schon BVerwG, Beschluss des Senats vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - juris Rn. 5). Dass der Senat die Einbeziehung dieser Verfahren in die Ablehnungsgesuche der Kläger vom 19. Oktober 2022 und 11. Januar 2023 berücksichtigt und diese Verfahren vor Augen gehabt hat, ergibt sich schon daraus, dass der gerügte Beschluss in den Gründen alle genannten Verfahren erwähnt hat.

6 Ebenso wie der Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - beruht auch der gerügte Beschluss vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - auf der Würdigung des bisherigen prozessualen Verhaltens der Kläger und der von ihnen angebrachten verfahrensrechtlichen Anträge und Rügen im Rahmen einer Gesamtschau. Nach der Überzeugung des Senats ging es den Klägern auch in ihren Ablehnungsgesuchen vom 19. Oktober 2022 und 11. Januar 2023 nur darum, die Mitglieder des Senats und ihre Vertreter dauerhaft aus Entscheidungen über den Verfahrenskomplex der Nichtigkeitsklage auszuschließen und damit die rechtskräftige Entscheidung vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - zu unterlaufen. Den Rügen zu einzelnen konkreten Verhaltensweisen der Richter kommt dabei für das Ablehnungsbegehren keine eigenständige entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss des Senats vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - juris Rn. 6 sowie vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 20).

7 Da bereits diese Überlegungen die Verwerfung der streitgegenständlichen Ablehnungsgesuche als missbräuchlich rechtfertigen, kommt es auf die Rügen der Kläger bezüglich der weiteren im Beschluss vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - angeführten Gründe nicht entscheidungserheblich an.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 21.02.2025 -
BVerwG 9 A 16.24ECLI:DE:BVerwG:2025:210225B9A16.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.02.2025 - 9 A 16.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:210225B9A16.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 16.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 21. Februar 2025 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking beschlossen:

Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 7. Juni 2022 gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A. wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 7. Juni 2022, ergänzend begründet mit Schriftsätzen vom 7. September, 22. November und 28. Dezember 2022, über das der Senat gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin entscheidet, hat keinen Erfolg.

2 1. Es kann dahinstehen, ob das Ablehnungsgesuch bereits wegen offensichtlicher Missbräuchlichkeit unzulässig ist. Der Senat hat mittlerweile bei einer Gesamtwürdigung des prozessualen Verhaltens der Kläger die Überzeugung gewonnen, dass es den Klägern bei ihren zahlreichen Befangenheitsanträgen und darauf bezogenen Anhörungsrügen nur darum geht, die Mitglieder des Senats und ihre Vertreter dauerhaft aus Entscheidungen über den Verfahrenskomplex der im Jahr 2021 erhobenen Nichtigkeitsklage auszuschließen, um die Wiederaufnahme des Verfahrens 9 A 8.19 und die erneute Entscheidung in der Sache durch eine andere Richterbank zu erreichen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 u. a. - Rn. 9, vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - Rn. 6, vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 u. a. - Rn. 4 und vom 20. Januar 2025 - 9 A 24.24 - Rn. 6). In dieses Bild könnten sich rückblickend auch die vorliegend geltend gemachten Ablehnungsgründe gegen die Senatsvorsitzende einfügen.

3 2. Das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls unbegründet. Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 2. Dezember 1992 - 2 BvF 2/90 u. a. - BVerfGE 88, 17 <22 f.> und vom 26. Februar 2014 - 1 BvR 471/10 u. a. - BVerfGE 135, 248 Rn. 24; BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 - 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.>; Beschluss vom 17. Juni 2024 - 9 C 3.23 - juris Rn. 5 m. w. N.). Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind die von den Klägern geltend gemachten Gründe, zu denen sich die abgelehnte Richterin unter dem 13. Dezember 2022 geäußert hat, nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

4 a) Ohne Erfolg machen die Kläger als Ablehnungsgrund einen Verstoß gegen die Wartepflicht nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 47 Abs. 1 ZPO geltend, weil die abgelehnte Richterin mit Verfügung vom 20. April 2022 den übrigen Beteiligten den Anhörungsrügeschriftsatz vom 11. April 2022 sowie den weiteren Klägerschriftsatz vom 20. April 2022 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats hat übersenden lassen und unter dem 24. Mai 2022 dem Beklagten die erbetene Fristverlängerung zur Stellungnahme zu der Anhörungsrüge gewährt hat.

5 Die Kläger gehen allerdings zutreffend davon aus, dass die Richterin zum damaligen Zeitpunkt der gemäß § 54 Abs. 1 VwGO auch im Verwaltungsprozess geltenden Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 ZPO unterlag, wonach ein abgelehnter Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen hat, die keinen Aufschub dulden. Das gegen die Richterin und weitere Senatsmitglieder gerichtete Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. Juli 2021 war zwar mit Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - zurückgewiesen worden, gegen diesen Beschluss hatten die Kläger jedoch am 11. April 2022 eine Anhörungsrüge erhoben mit der Folge, dass das Ende der Wartepflicht des § 47 Abs. 1 ZPO bis zu deren Erledigung hinausgeschoben worden war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2016 - 10 B 4.16 - juris Rn. 35; BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09 - juris Rn. 17). Da über die Anhörungsrüge erst mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 - 9 A 3.22 - entschieden wurde, bestand am 20. April 2022 und 24. Mai 2022 eine Wartepflicht, wovon auch die abgelehnte Richterin ausweislich ihres Vermerks vom 24. Mai 2022 im Ergebnis ausgegangen ist.

6 Dass die Richterin gleichwohl an diesen Tagen in der Sache Verfügungen getroffen hat, ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht geeignet, Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit zu rechtfertigen. Das Handlungsverbot bewirkt, dass dem Richter eine weitere aktive Mitwirkung am Verfahren untersagt ist (Gerken, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 47 Rn. 6). Eine reine Aktenverwaltung wie beispielsweise die Weiterleitung von Schriftsätzen unterfällt daher nicht der Sperrwirkung des § 47 Abs. 1 ZPO (vgl. Stackmann, in: Münchener Kommentar ZPO, 7. Aufl. 2025, § 47 Rn. 5). Damit fällt die von der Richterin verfügte Weiterleitung der Klägerschriftsätze an die übrigen Beteiligten einschließlich der zur Gewährung rechtlichen Gehörs eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme schon nicht unter die Wartepflicht. Dass mit der Verfügung zugleich die routinemäßige Abfrage nach der Beteiligung des Beteiligten erfolgte, verändert den Charakter der Verfügung nicht. Zudem geht es - wie die Kläger hinsichtlich der Anhörungsrüge selbst einräumen - um unaufschiebbare Verfahrenshandlungen, weil die Gegenseite andernfalls längere Zeit über den Fortgang des Verfahrens im Ungewissen bliebe und über das neue Anhörungsrügeverfahren in Kenntnis gesetzt werden musste. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Fristverlängerung für den Beklagten durch Verfügung vom 24. Mai 2022, da die Stellungnahmefrist bereits am 23. Mai 2022 abgelaufen war und es darum ging, dem Beklagten möglichst zeitnah die Verlängerung zu signalisieren.

7 Im Übrigen würde selbst ein Verstoß gegen die Wartepflicht für sich genommen noch keine Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine solche ist vielmehr regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn schwerwiegende oder wiederholte Verstöße vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2016 - III ZR 461/15 - juris Rn. 19 und Beschluss vom 14. Juli 2016 - III ZR 323/13 - juris Rn. 8; BFH, Beschluss vom 28. Februar 2023 - VII R 29/18 - juris Rn. 137; Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 54 Rn. 21; G. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 42 Rn. 24) und der abgelehnte Richter den Eindruck hat entstehen lassen, dass ihm das laufende Ablehnungsverfahren gleichgültig sei und er das laufende Ablehnungsverfahren nicht zu berücksichtigen brauche (vgl. etwa OLG Celle, Beschluss vom 13. Juli 2006 - 9 W 63/06 - juris Rn. 7 m. w. N.). Ein solcher Fall liegt hier, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, offensichtlich nicht vor. Dass dem Verhalten der abgelehnten Richterin keine vorsätzliche Missachtung ihrer Wartepflicht zugrunde lag und kein entsprechender Eindruck bei den Klägern entstehen konnte, belegt im Übrigen auch ihr Vermerk vom 24. Mai 2022, in dem sie das Ergebnis ihrer rechtlichen Prüfung zur Bedeutung der Anhörungsrüge für den gesetzlichen Richter niedergelegt hat. Aus diesem Vermerk, der den Klägern zur Kenntnisnahme übersandt worden ist, geht hervor, dass sich die Richterin der durch die Anhörungsrüge erneut ausgelösten Wartepflicht, die nicht nur sie selbst, sondern auch weitere Mitglieder des Senats betraf, bewusst war und sich auf unaufschiebbare Handlungen wie die Fristverlängerung für den Beklagten beschränkte.

8 Soweit die Kläger die dem Beklagten gewährte Verlängerung der Stellungnahmefrist um einen Monat als "Ungleichbehandlung und Verletzung der Waffengleichheit" bewerten, beziehen sich ihre Ausführungen insbesondere darauf, dass ihnen in dem vorausgegangenen Klageverfahren 9 A 8.19 am Ende der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 durch den Senat in seiner damaligen Besetzung eine Schriftsatzfrist von lediglich drei Tagen zu einer in der mündlichen Verhandlung erstmals thematisierten rechtlichen Überlegung gewährt worden ist. Für die damalige Fristbemessung, die in einem anderen Klageverfahren, in einer anderen Prozesssituation und zu einem anderen Äußerungsgegenstand durch den damals zuständigen Spruchkörper ausgesprochen worden ist, und die hier problematisierte Fristverlängerung waren jedoch jeweils ganz verschiedene Erwägungen anzustellen. Eine Besorgnis der Befangenheit lässt sich deshalb aus der unterschiedlichen Fristlänge nicht ableiten.

9 Auch der Vortrag der Kläger zu einem dem Beklagten prozessleitend gewährten "Vorteil", der diesem die Möglichkeit gegeben habe, den Prozessstoff in dem gerade die abgelehnte Richterin betreffenden Ablehnungsverfahren in einer für diese vorteilhaften Weise "anzureichern", und der Vergleich mit der gesetzlich bestimmten Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge von zwei Wochen können eine Besorgnis der Befangenheit nicht begründen. Denn diesen Überlegungen liegt ein unzutreffendes Verständnis von den rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen der beanstandeten Fristverlängerung und der Bedeutung des Beteiligtenvorbringens im Verwaltungsprozess zugrunde.

10 Anders als etwa im Zivilprozess erforscht das Gericht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Sachverhalt von Amts wegen ohne Bindung an und Beschränkung auf das Vorbringen der Beteiligten (§ 86 Abs. 1 VwGO). Diese sind aber nicht gehindert, auch ohne ausdrückliche Aufforderung und außerhalb oder nach Ablauf gerichtlich gesetzter Fristen vorzutragen, sofern nicht ausnahmsweise gesetzlich etwas anderes bestimmt ist wie etwa in der Präklusionsregelung des § 87b VwGO. Die Bestimmung von Äußerungsfristen trägt im Rahmen der zeitlichen Strukturierung und angestrebten Beschleunigung des Verfahrens dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör Rechnung und signalisiert diesen, bis zu welchem Zeitpunkt sie jedenfalls vortragen können und nicht mit einer vorherigen Entscheidung des Gerichts rechnen müssen. Auf diese Bedeutung beschränkte sich auch die von den Klägern beanstandete Äußerungsfristverlängerung im Anhörungsrügeverfahren.

11 Der von den Klägern thematisierte Zeitablauf zwischen dem Eingang der Anhörungsrüge und der endgültigen Anforderung von Vertretern aus dem Vertretungssenat war der erforderlichen Prüfung der Zuständigkeiten geschuldet, die wegen besonders zeit- und vorbereitungsintensiver anderweitiger dienstlicher Verpflichtungen der abgelehnten Richterin damals längere Zeit in Anspruch nahm; dies hat die Richterin in ihrer dienstlichen Äußerung nachvollziehbar im Einzelnen erläutert.

12 In dem gerügten Verhalten der abgelehnten Richterin kommt danach weder eine vorsätzliche Missachtung ihrer Wartepflicht und des durch die Anhörungsrüge jedenfalls eingeschränkt erneut zur Entscheidung gestellten Ablehnungsgesuchs zum Ausdruck, noch wurde dem Beklagten damit ein für das Anhörungsrügeverfahren relevanter Vorteil verschafft.

13 b) Die Annahme einer von der Vorsitzenden verletzten "geschäftsjahresbezogenen Obliegenheit" zur Anforderung der Benennung der Vertreter geht an den rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen einer Vertreterbestellung vorbei. Die senatsübergreifende Anforderung eines richterlichen Vertreters für einen konkreten Vertretungsfall erfolgt nicht geschäftsjahr-, sondern einzelfallbezogen, wenn der Vertretungsfall eingetreten ist. Grundlage dafür sind die abstrakten Vertretungsregelungen für das Geschäftsjahr, deren Festlegung gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG Aufgabe des Präsidiums ist und keine Mitwirkungshandlungen der oder des einzelnen Senatsvorsitzenden erfordert. Nichts anderes ergibt sich aus der von den Klägern zitierten Regelung unter C.III. 6 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2022, die die Modalitäten der Vertreteranforderung regelt, wenn eine Vertretung unter den Senaten "erforderlich" ist, was den Eintritt eines konkreten Vertretungsfalls voraussetzt.

14 c) Die Umstände der Rücksendung von Akten des Beklagten aufgrund einer Verfügung der abgelehnten Richterin vom 8. Dezember 2021 sind ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richterin zu begründen.

15 Mit Schriftsätzen vom 22. November und 28. Dezember 2022 beanstanden die Kläger als weiteren Ablehnungsgrund, dass die abgelehnte Richterin in dem vom Kläger zu 2. geführten Klageverfahren 9 A 11.21 , das denselben Planfeststellungsbeschluss wie das hiesige Verfahren zum Gegenstand hatte, die dort vom Beklagten mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 übersandten Vorgänge von der Geschäftsstelle mit Verfügung vom 8. Dezember 2021 hat zurücksenden lassen mit der Bitte, diese Vorgänge "im Hinblick auf das vollständige Akteneinsichtsrecht des Klägers zu anonymisieren und sodann erneut vorzulegen". Sie monieren, dass die Verwaltungsvorgänge, die gleichermaßen für beide Verfahren angefordert worden seien, aufgrund dieses Verhaltens auch im hiesigen Verfahren nunmehr nur in unvollständiger Form vorlägen, weshalb ein Gehörsverstoß sowie ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und des effektiven Rechtsschutzes gegeben seien, die die abgelehnte Richterin zu verantworten habe. Diese sei zudem gemeinsam mit dem Beklagten einseitige "Kenntnisträgerin" der vollen, ungeschwärzten Verwaltungsvorgänge, während sie den Klägern diese Aktenkenntnis vorenthalten habe.

16 Dieser Vorwurf ist unbegründet. Wie die abgelehnte Richterin in ihrer dienstlichen Äußerung vom 13. Dezember 2022 klargestellt hat, trifft die Annahme der Kläger nicht zu, dass die Richterin die zurückgesandten Verwaltungsvorgänge inhaltlich zur Kenntnis genommen habe. Ihre Verfügung vom 8. Dezember 2021 erging vielmehr allein auf der Grundlage des Übersendungsschreibens des Beklagten vom 6. Dezember 2021. Die damit veranlasste sofortige Rücksendung der eingereichten Akten ist nicht zu beanstanden, sondern war vielmehr prozessual geboten. Denn bei den mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 übersandten Vorgängen des Beklagten handelte es sich nicht um dem Gericht nach § 99 VwGO vorgelegte - und ihm sodann vorliegende - Verwaltungsvorgänge, die der Akteneinsicht nach § 100 VwGO unterliegen würden (vgl. hierzu schon Urteil des Senats vom 21. November 2023 - 9 A 11.21 - NVwZ 2024, 589 Rn. 62). Die damalige Übersendung war von dem Beklagten mit der Bitte verbunden worden, dass das Gericht bei Gewährung von Akteneinsicht die datenschutzrechtlichen Belange von Dritten berücksichtigen solle. Die dem Senat damit überantwortete Vorprüfung der Verwaltungsvorgänge ist allerdings nicht zulässig, weshalb die mit einer solchen Einschränkung verbundene Aktenvorlage nicht den Vorgaben des § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprach. Aus diesem Grund wurden die Vorgänge unbesehen zurückgesandt, verbunden mit der Aufforderung, sie - soweit erforderlich – (selbst) zu anonymisieren und sodann erneut vorzulegen. Die in der Folgezeit vom Beklagten vorgelegten Unterlagen, die vereinzelte Schwärzungen und Fehlblätter enthalten und nach Erledigung des Verfahrens 9 A 11.21 nunmehr zum hiesigen Verfahren geführt werden, entsprechen der vom Gericht angeforderten Aktenvorlage.

17 Soweit die Kläger geltend machen, die vorliegenden Akten stünden im Widerspruch zu der Eingangsverfügung des Senats vom 17. Juni 2021, in der gebeten worden sei, die vollständigen und mit Seitenzahlen versehenen Verwaltungsvorgänge "im Original" zu übersenden, ist die damals routinemäßig erfolgte Aktenanforderung inzwischen überholt. Denn die Berichterstatterin hatte bereits im September 2021 im Verfahren 9 A 11.21 die zum damaligen Zeitpunkt bereits vorliegenden Unterlagen ausdrücklich für zunächst ausreichend erachtet; durch die beanstandete Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 8. Dezember 2021 wurde die Aktenanforderung sodann ausdrücklich auf die Vorlage anonymisierter Vorgänge beschränkt (vgl. näher Urteil des Senats vom 21. November 2023 - 9 A 11.21 - NVwZ 2024, 589 Rn. 63). Dieser maßgeblichen letzten Aktenanforderung des Senats entsprechen die nunmehr vorliegenden Akten. Da den Klägern alle vom Beklagten und von der Beigeladenen elektronisch und/oder in Papier vorgelegten Vorgänge im Wege der Akteneinsicht zugänglich gemacht worden sind, ist ihrem darauf bezogenen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes in vollem Umfang Rechnung getragen worden.

18 d) Soweit die Kläger erneut die "Auskunftsverweigerung" durch die abgelehnte Richterin bzw. das Unterlassen einer "Negativauskunft" rügen, hat der Senat bereits mit Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - entschieden, dass sich daraus der Vorwurf einer Befangenheit nicht ableiten lässt.

19 e) Da die von den Klägern erhobenen Rügen nicht geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen, ergibt sich auch bei deren Gesamtbetrachtung kein vernünftiger Grund, an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin zu zweifeln.

Beschluss vom 13.03.2025 -
BVerwG 9 A 16.24ECLI:DE:BVerwG:2025:130325B9A16.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.03.2025 - 9 A 16.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:130325B9A16.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 16.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 13. März 2025 durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO beschlossen:

Der Antrag der Kläger auf Aufhebung des Beiladungsbeschlusses vom 15. Juli 2021 - 9 A 12.21 - wird abgelehnt.

Gründe

1 Die Voraussetzungen für eine Beiladung der ... GmbH des Bundes gemäß § 65 Abs. 2 VwGO liegen weiterhin vor, weil die Entscheidung ihr und den übrigen Beteiligten gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies gilt nicht nur (und erst) für den Fall, dass das Verfahren 9 A 8.19 fortgesetzt wird, sondern für das gesamte Wiederaufnahmeverfahren. Die Rechtskraft des Urteils vom 2. Juli 2020, die durch die Nichtigkeitsklage beseitigt werden soll, wirkt gemäß § 121 VwGO auch gegenüber der Beigeladenen, der nach dem Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetz (InfrGG) nunmehr die Aufgabe zukommt, das Autobahnvorhaben durchzuführen, und die daher als Trägerin des im streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss geregelten Vorhabens Funktionsnachfolgerin des Landes (in seiner Funktion als Vorhabenträger) geworden ist (vgl. zur Gleichstellung von Rechtsnachfolge und Funktionsnachfolge Kilian/Hissnauer, in: Sodan, Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 121 Rn. 110; VGH München, Beschluss vom 6. Dezember 2010 - 11 ZB 08.822 - juris Rn. 17 m. w. N.). Mit der Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses ist das darin eingeräumte Baurecht mit allen im Beschluss verbindlich geregelten Rechten und Pflichten gegenüber der Beigeladenen verbindlich festgestellt. Die Frage der Durchbrechung dieser Rechtskraftwirkung betrifft diese daher unmittelbar in ihren Rechten, weshalb sie an dem Verfahren insgesamt zu beteiligen ist.

2 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 1 VwGO).

Beschluss vom 13.03.2025 -
BVerwG 9 A 7.25ECLI:DE:BVerwG:2025:130325B9A7.25.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.03.2025 - 9 A 7.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:130325B9A7.25.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 7.25

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 13. März 2025 durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 11. März 2025 gegen den Beschluss des Senats vom 21. Februar 2025 - 9 A 16.24 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 21. Februar 2025 - 9 A 16.24 -, mit dem das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 7. Juni 2022 mit nachfolgenden Ergänzungen gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A zurückgewiesen worden ist, hat keinen Erfolg. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

2 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 - juris Rn. 2 m. w. N.). Danach ist ein Gehörsverstoß hier nicht ersichtlich.

3 Die Kläger machen geltend, der Senat habe den gerügten Beschluss entscheidungstragend auf tatsächliche Feststellungen aus dem Urteil des Senats vom 9. November 2023 - 9 A 11.21 - gestützt, zu denen sich die Kläger nicht hätten äußern können und die auf Grund der in dem dortigen Verfahren durchgeführten mündlichem Verhandlung getroffen worden seien, an der die abgelehnte Richterin mitgewirkt habe. Dieser Vorwurf trifft nicht zu.

4 Die von den Klägern bezeichneten tatsächlichen Feststellungen, "dass der Beklagte die damalige Übersendung der Verwaltungsvorgänge mit der Bitte verbunden hat, dass das Gericht bei Gewährung von Akteneinsicht die datenschutzrechtlichen Belange von Dritten berücksichtigen solle," und "dass im Zuge der Nichtannahme der am 06.12.2021 vom Beklagten zusätzlich übersandten Akten die Aktenanforderung sodann auf die Vorlage anonymisierter Vorgänge beschränkt wurde" betrifft keine Feststellungen, die der Senat aufgrund der mündlichen Verhandlung im Verfahren 9 A 11.21 getroffen hat, sondern gibt den Inhalt des Anschreibens des Beklagten vom 6. Dezember 2021 und des gerichtlichen Schreibens vom 8. Dezember 2021 wieder, die die Kläger selbst mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2022 als Anlage K 142 in das hiesige Verfahren eingeführt haben und auf die sie u. a. ihr Ablehnungsgesuch stützen. Die Feststellung, "dass die Verwaltungsvorgänge aus diesem Grund unbesehen zurückgesandt wurden", ergibt sich aus der Dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richterin. Auf weitere Feststellungen im Zusammenhang mit der Verfügung der Berichterstatterin vom 7. September 2021 im Verfahren 9 A 11.21 kam es im angefochtenen Beschluss nicht entscheidend an, weil darin tragend auf die Verfügung vom 8. Dezember 2021 als maßgebliche letzte Aktenanforderung des Senats abgestellt worden ist.

5 Soweit die Kläger die Argumentation des Senats im gerügten Beschluss als "Zirkelschluss" kritisieren, betrifft dies die inhaltliche Richtigkeit und Überzeugungskraft der rechtlichen Würdigung und Argumentation des Senats, die nicht zum Gegenstand einer Anhörungsrüge gemacht werden können.

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Urteil vom 13.03.2025 -
BVerwG 9 A 16.24ECLI:DE:BVerwG:2025:130325U9A16.24.0

Nichtigkeitsklage wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung

Leitsätze:

1. Der Beginn der Frist zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage setzt nach § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO positive Kenntnis voraus, ein bloßes Kennenmüssen reicht nicht aus; der positiven Kenntniserlangung steht es gleich, wenn eine Partei vorsätzlich eine auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit nicht ergreift, die jeder andere in ihrer Lage wahrgenommen hätte.

2. Die Monatsfrist des § 586 Abs. 1 ZPO ist für jeden Wiederaufnahmegrund gesondert zu bestimmen; ein Nachschieben von Gründen setzt voraus, dass diese ihrerseits die Monatsfrist wahren.

3. Die Anhörungsrüge ist kein Rechtsbehelf i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO, den ein Kläger vor Erhebung der Nichtigkeitsklage wegen vorschriftswidriger Besetzung vorrangig ergreifen muss.

4. Durch den spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplan gemäß § 21g Abs. 1 Satz 1 GVG muss normativ und abstrakt-generell mit hinreichender Klarheit im Voraus geregelt werden, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken.

5. Ob eine angewandte Zuständigkeitsregel eines Geschäftsverteilungsplans den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht und eine generell-abstrakte Regelung im Sinne der Garantie des gesetzlichen Richters darstellt, ist vollumfänglich zu überprüfen, das Gericht ist insoweit nicht auf eine Willkürkontrolle beschränkt.

6. Das Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit und Eindeutigkeit der Regelungen über die Geschäftsverteilung ist kein Selbstzweck; auf die Frage, ob diese Regelungen klarer und einfacher hätten formuliert werden können, kommt es nicht an, wenn es an Spielräumen für eine einzelfallbezogene Auswahl und Einflussnahme auf die Spruchkörperbesetzung fehlt.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2
    GVG § 21g Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
    VwGO § 153 Abs. 1
    ZPO § 578 Abs. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 586

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 13.03.2025 - 9 A 16.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:130325U9A16.24.0]

Urteil

BVerwG 9 A 16.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking sowie den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Plog für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je einem Drittel.

Gründe

I

1 Die Kläger begehren die Wiederaufnahme ihres Klageverfahrens 9 A 8.19 und machen geltend, das in diesem Verfahren abschließend ergangene Urteil vom 2. Juli 2020 sei nichtig, weil der Senat nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei.

2 Streitgegenstand des Klageverfahrens 9 A 8.19 war der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - A 5, Teilabschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda (VKE 40) vom 30. Mai 2012 mit nachfolgenden Änderungen und damit zusammenhängenden wasserrechtlichen Entscheidungen. Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss hatte der Kläger zu 3 zunächst als Eigentumsbetroffener Klage erhoben, die er auf der Grundlage einer mit der (damaligen) Vorhabenträgerin und dem Land Hessen geschlossenen Vereinbarung später zurücknahm. Im Jahr 2017 ordnete die Obere Flurbereinigungsbehörde ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren an, um den im Zusammenhang mit der Realisierung des Vorhabens entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen. Die Kläger gehören zu den Teilnehmern des Flurbereinigungsverfahrens und sind Eigentümer verschiedener landwirtschaftlicher Nutzflächen, die im Flurbereinigungsgebiet liegen, von dem planfestgestellten Vorhaben selbst aber nicht in Anspruch genommen werden.

3 Am 26. April 2019 erhoben die Kläger Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 mit (damals) letzten Änderungen vom 17. Januar 2019 (Kläger zu 1 und 2) bzw. nur gegen den Planänderungsbeschluss vom 17. Januar 2019 (Kläger zu 3) und beriefen sich jeweils auf ihre Betroffenheit wegen der Einbeziehung in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren. Der Senat in der Besetzung mit dem (damaligen) Senatsvorsitzenden A. und den Richterinnen und Richtern am Bundesverwaltungsgericht B., C., D. und E. wies diese Klage mit Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - (BVerwGE 169, 78) als unzulässig ab. Die dagegen mit Schriftsätzen vom 26. Juni und 7. Juli 2020 erhobene Anhörungsrüge der Kläger wurde mit Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 A 7.20 - zurückgewiesen.

4 Am 2. Juli 2021 haben die Kläger Klage erhoben mit dem Ziel, die Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 und eine neue Entscheidung in der Sache zu erreichen. Sie berufen sich auf die Nichtigkeit des Urteils vom 2. Juli 2020 wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts.

5 Die Kläger machen zum einem geltend, der Senat sei bei seinem Urteil vom 2. Juli 2020 in Bezug auf die Mitwirkung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht B. sowie der Richter am Bundesverwaltungsgericht C. und D. nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Hiervon hätten die Kläger Kenntnis, seit sie am 5. Juni 2021 den erbetenen Geschäftsverteilungsplan des Senats für das Geschäftsjahr 2020 erhalten hätten. Dieser enthalte eine Regelungslücke, weil darin nicht geregelt worden sei, welche weiteren Mitglieder des überbesetzten Senats neben dem Vorsitzenden und der Berichterstatterin an dem Verfahren der Kläger mitwirken sollten.

6 Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 haben die Kläger ihren Vortrag um einen weiteren Nichtigkeitsgrund ergänzt und beanstanden nunmehr auch die Bestimmung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. zur Berichterstatterin. Diese sei nicht nach abstrakt-generellen Merkmalen erfolgt, sondern stelle eine auf den Einzelfall der Kläger bezogene Auswahl dar. Hiervon hätten sie erstmals durch das gerichtliche Schreiben vom 15. Dezember 2022 erfahren, mit dem ihre Anfrage zu bestimmten im Jahr 2019 im Senat anhängigen Verfahren beantwortet worden sei.

7 Im Übrigen machen die Kläger umfangreiche Ausführungen zur Hauptsache.

8 Die Kläger beantragen,
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufzuheben und das zugrunde liegende Klageverfahren 9 A 8.19 wiederaufzunehmen.

9 In Bezug auf die wiederaufzunehmende Hauptsache beantragen die Kläger zu 1 und 2,
den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 9. Oktober 2013, der Planänderungsbescheide vom 20. Januar 2017, vom 17. Januar 2019, vom 31. August 2020, vom 15. Juni 2022, vom 30. November 2022, vom 26. Juni 2024, vom 30. Juli 2024, vom 31. Juli 2024, vom 1. August 2024, vom 29. November 2024 und vom 19. Dezember 2024 aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
äußerst hilfsweise,

  1. den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass
    • die planfestgestellten Unterlagen B 14.1, Blatt Nr. 11 (Grunderwerbsplan) und B 14.2 (Grunderwerbsverzeichnis) betreffend die Fläche Plan 11.073.02 nur eine auf 30 Jahre begrenzte dingliche Sicherung für die Zwecke der Umsetzung der Maßnahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans zulassen,
    • die als "-Vorgesehene Regelung-" im Maßnahmenblatt VII.9 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) getroffenen Festsetzungen betreffend die auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... (nunmehr: Flurstück a) gemäß planfestgestellter Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 11 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.9 A allein eine Nutzungsänderung/-beschränkung zulassen, die vom angestammten Eigentümer hinzunehmen und zukünftig zu unterhalten ist,
  2. den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass die mit dem Maßnahmenblatt VII.9 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... (nunmehr: Flurstück a) gemäß planfestgestellter Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 11 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.9 A entfallen, soweit eine CEF-Maßnahme für den Gelbspötter und eine artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling und den Kuckuck festgesetzt werden,
  3. den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass die mit dem Maßnahmenblatt VII.12.1 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) auf den Grundstücken Gemarkung A., Flur ..., Flurstücke b bis h gemäß Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 10 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.12.1 A als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme für den Kuckuck festgesetzt werden, und
  4. den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 in der Gestalt, die er durch die Planänderungsbeschlüsse vom 9. Oktober 2013, 20. Januar 2017 und vom 17. Januar 2019 erhalten hat, dahin zu ändern, dass die mit den Maßnahmenblättern XI.12.1 A, XI.12.2 A, XIII.11 A, XIII.12.1 A und XIII.12.1 A (FFH) der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) festgesetzten Maßnahmen als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahmen für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling festgesetzt werden,

und der Kläger zu 3,
die Planänderungsbescheide vom 17. Januar 2019, vom 31. August 2020, vom 15. Juni 2022, vom 30. November 2022, vom 26. Juni 2024, vom 30. Juli 2024, vom 31. Juli 2024, vom 1. August 2024, vom 29. November 2024 und vom 19. Dezember 2024 aufzuheben,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Planänderungsbescheide rechtswidrig und nicht vollziehbar sind.

10 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

11 Er hält die Nichtigkeitsklage für unzulässig, denn sie sei verspätet erhoben worden, verstoße gegen den Grundsatz der Subsidiarität und stelle sich als rechtsmissbräuchlich dar. Zudem sei die Klage jedenfalls unbegründet, weil der Geschäftsverteilungsplan des Senats nicht zu beanstanden sei.

12 Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.

II

13 Die Klage auf Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 hat keinen Erfolg. Die Nichtigkeitsklage ist zulässig (A.), aber unbegründet (B.).

14 A. 1. Gemäß § 153 Abs. 1 VwGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften der §§ 578 ff. ZPO wiederaufgenommen werden. § 578 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgt; die Fallkonstellationen, in denen eine Nichtigkeitsklage stattfindet, sind in § 579 ZPO abschließend geregelt. Die vorliegende Klage richtet sich gegen das Urteil des Senats vom 2. Juli 2020, mit dem das Klageverfahren 9 A 8.19 rechtskräftig abgeschlossen worden ist, wobei die Kläger sich darauf berufen, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, weil die Regelungen in der senatsinternen Geschäftsverteilung über die Bestimmung der Berichterstattung in diesem Verfahren sowie die Mitwirkung im überbesetzten Spruchkörper nicht den Anforderungen an die Gewährleistung des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügt hätten. Sie tragen dabei einen Sachverhalt vor, der geeignet sein könnte, den gerügten Verstoß darzutun (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 11), und machen in schlüssiger Weise den Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geltend, sodass die Nichtigkeitsklage als solche statthaft ist.

15 2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Nichtigkeitsklage fristgemäß erhoben worden. Nach § 586 Abs. 1 ZPO ist die Klage vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben, wobei die Frist gemäß § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit dem Tag beginnt, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Das Gesetz stellt seinem eindeutigen Wortlaut nach auf eine tatsächliche, positive Kenntnis ab, ein bloßes Kennenmüssen reicht demnach nicht aus (BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 17; Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 16; Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 153 Rn. 14; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 153 Rn. 36; Rudisile, in: Schoch/Schneider, VerwR, Stand August 2024, § 153 VwGO Rn. 31; offen gelassen von BFH, Beschluss vom 11. Dezember 1996 - IV S 2/92 u. a. - juris Rn. 15 f.). Der positiven Kenntniserlangung i. S. d. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht es allerdings gleich, wenn sich eine Partei der Kenntnis relevanter Tatsachen bewusst verschließt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. November 2013 - 9 B 60.13 - juris Rn. 5 m. w. N.). Maßgebend ist die Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die zur Erhebung der Wiederaufnahmeklage berechtigen; auf deren rechtliche Würdigung kommt es nicht an (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 13; BFH, Beschluss vom 12. November 1996 - II K 1/93 - juris Rn. 9). Die Monatsfrist ist dabei für jeden geltend gemachten Wiederaufnahmegrund gesondert zu bestimmen; ein Nachschieben von Gründen während eines laufenden Wiederaufnahmeverfahrens setzt voraus, dass die nachgeschobenen Gründe ihrerseits die Monatsfrist wahren (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 25, 30 m. w. N.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe haben die Kläger beide Nichtigkeitsgründe fristgerecht geltend gemacht.

16 a) Die Kläger haben erstmals durch Einsicht in den senatsinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2020, den sie auf eine entsprechende Anforderung hin am 5. Juni 2021 erhalten haben, Kenntnis von den Regelungen erlangt, aus denen sie den Nichtigkeitsgrund vorschriftswidriger Besetzung im Hinblick auf die Bestimmung der mitwirkenden Richter ableiten, sodass die am 2. Juli 2021 erhobene Klage insoweit die Monatsfrist wahrt.

17 Entgegen der Auffassung des Beklagten kann den Klägern nicht entgegengehalten werden, dass sie den Geschäftsverteilungsplan erst mit Schreiben vom 29. Mai 2021 und damit fast ein Jahr nach Abschluss des Klageverfahrens durch Urteil vom 2. Juli 2020 und erst nach der Entscheidung über die dagegen erhobene Anhörungsrüge angefordert haben. Soweit der Beklagte argumentiert, ein Rechtsanwalt müsse in die Überprüfung einer für seinen Mandanten negativen Gerichtsentscheidung auch die Frage des gesetzlichen Richters einbeziehen, kann eine solche Überlegung allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines "Kennenmüssens" Bedeutung erlangen, worauf es hier aber, wie dargelegt, nicht ankommt. Der Gesetzeswortlaut erfordert eindeutige Kenntnis, ein etwaiger Verdacht reicht gerade nicht aus. Dass sich die Kläger der Kenntnis der relevanten Tatsachen bewusst verschlossen hätten, lässt sich nicht feststellen. Ein solcher Fall, der der positiven Kenntniserlangung i. S. d. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO gleichsteht, liegt vor, wenn eine Partei vorsätzlich eine auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit nicht ergreift, die jeder andere in ihrer Lage wahrgenommen hätte (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 16 m. w. N.; allgemein zur Gleichsetzung mit positiver Kenntnis auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 299/10 - NJW-RR 2010, 1215 Rn. 5). Hierfür genügt es nicht, dass es einem Beteiligten jederzeit möglich ist, von den gerichtsinternen Geschäftsverteilungsplänen Kenntnis zu erlangen (vgl. § 21g Abs. 7 i. V. m. § 21e Abs. 9 GVG). Maßgebend ist vielmehr, ob besondere Umstände vorliegen, die "jeden anderen" veranlassen würden, den Geschäftsverteilungsplan im Einzelfall zu überprüfen. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.

18 b) Entsprechendes gilt für den erstmals mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der fehlerhaften Regelung der Berichterstattung im Klageverfahren 9 A 8.19 . Hier rügen die Kläger, dass die Nennung der Aktenzeichen bei der Bezeichnung der Verfahren, die von dem Richter am Bundesverwaltungsgericht F. auf die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. übergehen sollten, nicht rein deklaratorischen Charakter habe, sondern eine einzelfallbezogene Auswahl darstelle. Grundlage für diese Rüge war die konkrete Kenntnis von den zum Zeitpunkt des Geschäftsverteilungsbeschlusses im Dezernat des Richters F. anhängigen Verfahren, die den Klägern erstmals mit dem gerichtlichen Schreiben vom 15. Dezember 2022 vermittelt wurde, sodass auch insoweit die Monatsfrist gewahrt ist.

19 c) Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs wegen verspäteter Anfragen zu dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan ist unbegründet. Eine solche Argumentation würde darauf hinauslaufen, hinsichtlich der Frist zur Klageerhebung doch auf ein "Kennenmüssen" abzustellen, was der Konzeption des § 586 ZPO widersprechen und die gesetzgeberische Entscheidung unterlaufen würde.

20 d) Da auch die Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO (5 Jahre ab Rechtskraft des Urteils) gewahrt ist, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine fristgerechte Klageerhebung insgesamt erfüllt.

21 3. Der Statthaftigkeit der Nichtigkeitsklage steht auch nicht die Subsidiaritätsklausel nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 2 ZPO entgegen, wonach die Klage in den Fällen des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht stattfindet, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte. Denn gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 war kein Rechtsmittel gegeben.

22 a) Die vom Beklagten angesprochene Möglichkeit einer Anhörungsrüge ist kein Rechtsmittel i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO, das die Kläger hier zur Beseitigung des geltend gemachten Besetzungsfehlers vorrangig hätten ergreifen können oder gar müssen (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 30; Meller-Hannich, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 16. Aufl. 2024, § 579 Rn. 19; a. A. ohne nähere Begründung Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 579 Rn. 3; Musielak/Spohnheimer, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 579 Rn. 12). Die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist schon ihrem Wortlaut nach auf die Rüge von Gehörsverstößen beschränkt und kann nicht auf die Verletzung anderer Verfassungs- und Verfahrensgarantien gestützt werden (BVerwG, Beschluss vom 20. März 2013 - 7 C 3.13 - juris Rn. 4 m. w. N.; eine Anwendung des § 152a VwGO auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ablehnend z. B. Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 152a Rn. 4 mit Nachw. zum Meinungsstand; in diese Richtung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Juni 2009 - 1 BvR 893/09 - juris Rn. 18).

23 Zudem erfordert das Eingreifen der Subsidiaritätsklausel des § 579 Abs. 2 ZPO, dass die unterbliebene Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO durch Einlegung eines Rechtsmittels schuldhaft erfolgt ist (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 31; Musielak/Spohnheimer, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 579 Rn. 12). Auch in diesem Zusammenhang muss gelten, dass bei fehlender Kenntnis vom Nichtigkeitsgrund das Unterlassen der Einlegung eines Rechtsmittels regelmäßig unverschuldet ist und bei Einlegung eines Rechtsmittels aus anderen Gründen der Nichtigkeitsgrund (erst) dann nachträglich geltend zu machen ist, wenn er bekannt geworden ist (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 31). Andernfalls bestünde ein Wertungswiderspruch zu den gesetzlichen Regelungen über Beginn und Dauer der Klagefrist (§ 586 ZPO). Den Klägern kann daher auch aus diesem Grund nicht entgegengehalten werden, dass sie im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens 9 A 7.20 die ihnen damals noch nicht bekannten Besetzungsfehler nicht gerügt haben.

24 b) Die Verfassungsbeschwerde ist ebenfalls kein vorrangiges Rechtsmittel i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO. Vielmehr geht das Bundesverfassungsgericht seinerseits davon aus, dass im Fall einer Verfassungsbeschwerde, die auf eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird, auch die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Hilfe einer Nichtigkeitsklage, soweit diese statthaft ist, zu dem Rechtsweg gehört, der nach § 90 Abs. 2 BVerfGG erschöpft sein muss (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. April 2021 - 1 BvR 2731/19 - juris Rn. 4 m. w. N.).

25 4. Da auch Form und Inhalt der Klageschrift die Anforderungen der §§ 587, 588 ZPO erfüllen, ist die Nichtigkeitsklage insgesamt gemäß § 589 ZPO zulässig.

26 B. Die Nichtigkeitsklage ist nicht begründet, denn das Gericht war bei seiner Entscheidung im Verfahren 9 A 8.19 durch Urteil vom 2. Juli 2020 vorschriftsmäßig besetzt. Der Nichtigkeitsgrund einer vorschriftswidrigen Besetzung nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wäre nur erfüllt, wenn zugleich eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorläge (Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 153 Rn. 50 m. w. N.; zum entsprechenden Maßstab bei § 138 Nr. 1 VwGO BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2022 - 8 B 1.22 - juris Rn. 30 m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall.

27 1. Mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird. Es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung - gleichgültig von welcher Seite - beeinflusst werden kann. Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden. Aus diesem Zweck des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, dass die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, im Voraus so eindeutig wie möglich festlegen müssen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalls berufen sind (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <327>; Kammerbeschlüsse vom 27. September 2002 - 2 BvR 1843/00 - NJW 2003, 345 und vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2011/16 u. a. - NJW 2017, 1233 Rn. 21 f.).

28 Auch die Regelungen in den jährlich aufzustellenden Geschäftsverteilungsplänen, die die gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeiten der Gerichte und der jeweiligen Spruchkörper ergänzen, müssen die wesentlichen Merkmale gesetzlicher Vorschriften aufweisen. Sie müssen daher zum einen der Schriftform genügen und zum anderen im Voraus generell-abstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper und die Zuweisung der einzelnen Richter regeln, damit die einzelne Sache aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale (gleichsam "blindlings") an den entscheidenden Richter gelangt und so der Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt ausgeschlossen wird (vgl. BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <328 f.>; Kammerbeschlüsse vom 27. September 2002 - 2 BvR 1843/00 - NJW 2003, 345 und vom 20. Februar 2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 <1156>). Diese Anforderungen gelten in gleicher Weise auch für die Verteilung der Geschäfte innerhalb eines mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers gemäß § 21g Abs. 1 Satz 1 GVG. Auch hier muss durch den spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplan insbesondere für einen überbesetzten Spruchkörper normativ und abstrakt-generell mit hinreichender Klarheit im Voraus geregelt werden, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <334>).

29 Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit schließt es jedoch nicht aus, zur Bestimmung des gesetzlichen Richters auf auslegungsbedürftige Begriffe zurückzugreifen, und auch die Verwendung unbestimmter Begriffe ist mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar, wenn die einzelne Regelung so beschaffen ist, dass sachfremden Einflüssen generell vorgebeugt und eine Beeinflussung des Ergebnisses der gerichtlichen Entscheidung durch eine gezielte Auswahl von Richtern vermieden wird (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330, 332 f.>).

30 Ob eine angewandte Zuständigkeitsregel eines Geschäftsverteilungsplans diesen Anforderungen entspricht und eine generell-abstrakte Regelung im Sinne der Garantie des gesetzlichen Richters darstellt, ist vollumfänglich zu überprüfen, das Gericht ist insoweit nicht auf eine Willkürkontrolle beschränkt (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 29, vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2011/16 u. a. - NJW 2017, 1233 Rn. 28 und vom 20. Februar 2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 Rn. 20; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 CB 4.86 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 17 S. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 41). Da der Senat hinsichtlich dieses Maßstabs nicht von der Entscheidung eines anderen Senats des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen obersten Gerichtshofs abweicht, besteht weder Veranlassung für die von den Klägern angeregte Vorlage der Frage, "ob spruchkörperbezogene Geschäftsverteilungsbestimmungen vollumfänglich zu überprüfen sind, wenn gerügt wird, dass sie selbst nicht den Gewährleistungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügen, und ob in diesem Fall eine Beschränkung auf eine bloße Willkürkontrolle nicht angezeigt ist," an den Großen Senat beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 11 Abs. 2 und 3 VwGO noch für die Vorlage der Frage, "ob die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen ist," an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG.

31 2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass das Urteil vom 2. Juli 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht A. sowie der Richterinnen und Richter am Bundesverwaltungsgericht B., C., D. und E. ergangen ist. Die Besetzung der Richterbank entsprach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2020, der seinerseits den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht wurde.

32 Für das erstinstanzliche Klageverfahren der Kläger gegen einen fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss war der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zuständig, der im Jahr 2020 mit dem Vorsitzenden Richter A., den Richterinnen B. und E. sowie den Richtern F., C. und D. besetzt war. Maßgebend für die Mitwirkung an der Entscheidung im Jahr 2020 waren die Regelungen im Beschluss des 9. Senats vom 5. Dezember 2019 über die Senatsgeschäftsverteilung ab dem 1. Januar 2020 (GVPl. 2020). Diese lauten auszugsweise:
"I.

33

  1. An Entscheidungen, die der Senat in der Besetzung mit fünf Richtern trifft, wirken außer dem Vorsitzenden, dem Berichterstatter und dem Mitberichterstatter die weiteren Senatsmitglieder mit Ausnahme desjenigen mit, dessen Nichtbeteiligung sich aus Nr. II 8 ergibt.

..."
"II.

34

  1. Für die vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen und noch anhängigen Verfahren aus dem Dezernat von Richter F. gelten mit Wirkung ab 1. Januar 2020 folgende Übergangsregelungen:
    1. Die im Jahr 2018 eingegangenen A-Sachen gehen auf Richter D. über (betrifft 9 A ...).
    2. Die zwischen dem 1. Januar und 30. November 2019 eingegangenen A-Sachen gehen auf Richterin E. über (betrifft 9 A 8.19 , 22.19, 23.19).
    3. Die zwischen dem 1. Januar und 30. November 2019 eingegangenen C-Sachen gehen auf Richter C. über (betrifft 9 C ...).
    4. Die zwischen dem 1. Januar und 31. März 2019 eingegangenen B-Sachen gehen auf Richterin E. über (betrifft 9 B ...).
    5. Die zwischen dem 1. April und 30. November 2019 eingegangenen B-Sachen gehen auf Richterin B. über (betrifft 9 B ...); insoweit findet Nr. 8 d) insgesamt Anwendung.
    6. Die ab 1. Dezember 2019 eingehenden Sachen werden nach den nachfolgenden Regeln verteilt.

Im Übrigen bleibt es für die vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen Verfahren bei der vorgesehenen Berichterstattung. Die Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder richtet sich nach Nr. 8.
...
  1. Die Berichterstattung in den neu eingehenden Sachen aus
    1. dem Straßen- und Wegerecht,
    2. dem Flurbereinigungsrecht und dem Recht des ländlichen Grundstücksverkehrs

übernehmen Richterin B., Richter C., Richter D. und Richterin E. in folgender Weise: ...
  1. Die Berichterstattung in Streitsachen, welche die Fehmarnbelt-Querung zwischen Puttgarden und der deutsch-dänischen Grenze betreffen, übernimmt Richter F.
  2. Unter Berücksichtigung von Nr. 2 Abs. 2 und Nr. 5 übernehmen die Berichterstattung in den neu eingehenden Sachen aus
    1. dem Erschließungsrecht sowie dem Erschließungs-, Straßenausbau-, Wasserversorgungs-, Entwässerungs-, Wasserverbands- und sonstigen Beitragsrecht: Richter C. und Richterin E.,
    2. dem übrigen Abgabenrecht: Richterin B. und Richter D.
  3. ...
  4. ...
  5. ...
  6. Den Berichterstattungen werden die Mitberichterstattungen sowie diejenigen Senatsmitglieder, die in der Fünferbesetzung an den jeweiligen Verfahren nicht mitwirken, wie folgt zugeordnet:

BE: MBE: nicht mitwirkend:
a) zu Nr. 2:
B. C. D. E. C. D. E. B. F. F. F. F.
b) zu Nr. 3:
F. D. E.
c) zu Nr. 4 a):
C. E. E. C. B. D.
d) zu Nr. 4 b):
B. D. D. B. F. F."

35 Entgegen der Auffassung der Kläger hat dieser Geschäftsverteilungsplan sowohl die Mitwirkung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. als Berichterstatterin für das Verfahren der Kläger (a) als auch die Mitwirkung der weiteren Richter neben dem Vorsitzenden (b) in verfassungsgemäßer Weise geregelt.

36 a) Die Aufgabe der Berichterstattung innerhalb des Spruchkörpers ist Ausdruck und Folge der internen Arbeitsverteilung, woraus folgt, dass die Bestimmung eines Berichterstatters für sich genommen keine Frage des gesetzlichen Richters ist. Etwas anders gilt aber dann, wenn die Zusammensetzung der für die jeweilige Sache zuständigen Sitz- oder Spruchgruppe an die Person des Berichterstatters anknüpft (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330 f.>). So liegt der Fall hier, weil Nr. I.1 GVPl. 2020 bestimmt, dass an Entscheidungen des Senats in der Besetzung mit fünf Richtern neben dem Vorsitzenden, dem Berichterstatter und dem Mitberichterstatter die weiteren Senatsmitglieder mit Ausnahme desjenigen mitwirken, dessen Nichtbeteiligung sich aus Nr. II.8 GVPl. 2020 ergibt, und die Regelungen zur Mitberichterstattung und Nichtmitwirkung in Nr. II.8 GVPl. 2020 auf die Person des Berichterstatters abstellen.

37 Berichterstatterin im Verfahren 9 A 8.19 war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung im Jahr 2020 die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E., wie sich aus der Bestimmung in Nr. II.1 Abs. 1 b) GVPl. 2020 eindeutig ergibt. Danach ist die Berichterstattung im Verfahren 9 A 8.19 , das bei Eingang im Jahr 2019 nach dem damals geltenden Geschäftsverteilungsplan dem Dezernat des Richters am Bundesverwaltungsgericht F. zugeteilt worden war, zum 1. Januar 2020 auf die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. übergegangen.

38 Entgegen der Auffassung der Kläger liegt dieser Übertragung keine unzulässige, auf den Einzelfall ihres Verfahrens bezogene Auswahl zugrunde.

39 Die Umverteilung von anhängigen Verfahren bei der Verteilung der Geschäfte für das neue Geschäftsjahr ist als solches nicht zu beanstanden. Nach dem Jährlichkeitsprinzip des § 21g Abs. 2 Halbs. 1 GVG tritt der für die Dauer eines Jahres beschlossene Geschäftsverteilungsplan am Ende des Jahres ohne Weiteres außer Kraft, und nach dem Vollständigkeitsprinzip sind bei der für das neue Geschäftsjahr zu beschließenden Geschäftsverteilung sowohl die bisher anhängigen als auch die künftig anhängig werdenden Streitsachen (erneut) zu verteilen (vgl. für die Geschäftsverteilung nach § 21e GVG BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 10; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 4 Rn. 35). Da der Senat insoweit mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übereinstimmt, besteht für die von den Klägern angeregte Vorlage der Frage, "ob die Geschäftsverteilungsbeschlüsse nicht über das laufende Geschäftsjahr hinauswirken", an den Großen Senat beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 11 Abs. 2 und 3 VwGO kein Raum.

40 Die genannten Prinzipien schließen die Möglichkeit von Änderungen bisheriger Zuständigkeiten ein, ohne dass insoweit die Beschränkungen für unterjährige Änderungen nach § 21g Abs. 2 Halbs. 2 GVG gelten würden (Lückemann, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 21e GVG Rn. 44; zur Geschäftsverteilung durch das Präsidium auch Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2024, § 4 FGO Rn. 25). Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang das Abstraktionsprinzip zu beachten und zu gewährleisten, dass die Änderungen nach abstrakt-generellen Regeln erfolgen und frei von sachfremden, einzelfallbezogenen Auswahlüberlegungen sind (vgl. zur Geschäftsverteilung durch das Präsidium Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2024, § 4 FGO Rn. 25; zur Zulässigkeit eines bestimmten Maßes an Konkretheit, wenn nicht alle anhängigen Verfahren übertragen werden, Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 23; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 10). Diese Anforderungen sind hier erfüllt.

41 Die in Nr. II.1 Abs. 1 GVPl. 2020 geregelte Neuverteilung von Verfahren aus dem Dezernat des Richters F. in die Dezernate anderer Senatsmitglieder erfolgte differenziert nach Verfahrensart und Eingangszeitpunkt. Die nach der Bezeichnung dieser abstrakten Kriterien jeweils in Klammern genannten Aktenzeichen hatten dabei nur rein deklaratorische Bedeutung und waren nicht das Ergebnis einer einzelfallbezogenen Auswahl anhand weiterer, nicht im Geschäftsverteilungsplan niedergelegter Umstände. Dies gilt auch für den unter Buchstabe b) geregelten Übergang von A-Sachen, also erstinstanzlichen Klageverfahren, aus dem Eingangszeitraum 1. Januar bis 30. November 2019 in das Dezernat E. Auch die drei dort genannten Aktenzeichen - darunter das des Verfahrens der Kläger (9 A 8.19 ) – vollziehen nur vollständig die insoweit beschlossene Verfahrensübertragung nach. Soweit zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung 2020 am 5. Dezember 2019 neben den drei durch Aktenzeichen benannten Verfahren noch weitere A-Sachen aus dem genannten Eingangszeitraum im Dezernat F. anhängig waren, betraf dies ausnahmslos Klagen aus dem Sachgebiet der Festen Fehmarnbelt-Querung, die nicht von der Umverteilung gemäß Nr. II.1 GVPl. 2020 erfasst waren. Denn für diese Verfahren übernahm der Richter am Bundesverwaltungsgericht F. nach Nr. II.3 GVPl. 2020 die Berichterstattung insgesamt und somit sowohl für bereits anhängige Sachen als auch für etwaige Neueingänge. Soweit die Kläger aus der Formulierung "übernimmt" schließen wollen, dass Nr. II.3 GVPl. 2020 entgegen seinem uneingeschränkten Wortlaut nur Neueingänge betreffen sollte, ist dies nicht zutreffend und berücksichtigt nicht, dass entsprechend dem Jährlichkeitsprinzip mit Beginn des neuen Geschäftsjahres auch Altverfahren - erneut oder nach Berichterstatterwechsel erstmals – "übernommen" werden.

42 Für die Zuteilung der im Dezernat F. anhängigen A-Verfahren mit Eingang zwischen Januar und November 2019 bestand danach kein Spielraum, der Gegenstand einzelfallbezogener Überlegungen hätte sein können. Aus den Regelungen im GVPl. 2020 ergab sich vielmehr eindeutig, dass der Richter am Bundesverwaltungsgericht F. im Geschäftsjahr 2020 zum einen für sämtliche Streitsachen zur Fehmarnbelt-Querung als (einziger) Berichterstatter zuständig war <Nr. II.3, Nr. II.8 b) GVPl. 2020> und zum anderen von der Berichterstattung im Übrigen sowohl für Altverfahren als auch für Neueingänge ausgenommen war <Nr. II.1 Abs. 1 a) bis f), Nr. II.2, Nr. II. 4 a) und b) sowie Nr. II.8 a), c) und d) GVPl. 2020)>.

43 Diese auf das Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung bezogene Differenzierung war Grundlage für die (teilweise) Umverteilung der im Dezernat F. anhängigen Verfahren. Die damit verbundenen Änderungen der Zuständigkeit waren verfassungsrechtlich zulässig, wenn nicht gar geboten. Denn sie dienten dem Interesse einer gleichmäßigen Verteilung der Belastungen innerhalb des Spruchkörpers und erfüllten damit gerade die Aufgabe der Geschäftsverteilung, auf eine gleichmäßige Bearbeitung der Geschäfte hinzuwirken, um Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit zu gewährleisten (vgl. zur unterjährigen Änderung der Geschäftsverteilung aus diesem Grund BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 24 m. w. N.).

44 Soweit die Kläger geltend machen, der Geschäftsverteilungsplan sei nicht so klar und eindeutig gefasst worden, wie es möglich gewesen wäre, und Beispiele für Formulierungsalternativen anbieten, genügt dies nicht, um einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu begründen. Dass der Regelungszusammenhang zwischen den beiden Zuteilungsbestimmungen in Nr. II.1 Abs. 1 b) und Nr. II.3 GVPl. 2020 deutlicher hätte zum Ausdruck gebracht werden können, ändert nichts daran, dass die Geschäftsverteilung tatsächlich abstrakt-generell anhand der Merkmale Sachgebiet, Verfahrensart und Eingangszeitpunkt erfolgt ist und die von den Klägern gerügte Einzelzuweisung nicht vorliegt. Das rechtsstaatlich gebotene Erfordernis, dass die Regelungen über den gesetzlichen Richter hinreichend bestimmt sein müssen und sich aus ihnen möglichst eindeutig ergeben muss, welche Richter in einem konkreten Verfahren mitwirken (vgl. BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <329> und Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 23), ist kein Selbstzweck, sondern vor dem Hintergrund der Gewährleistungsfunktion des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu sehen. Die Garantie des gesetzlichen Richters soll von vornherein jeglichen Verdacht der Manipulation und der sachfremden Einflussnahme ausschließen. Aus diesem Grund dürfen die Geschäftsverteilungspläne der Gerichte sowie der einzelnen Spruchkörper keinen vermeidbaren Spielraum für die Heranziehung einzelner Richter eröffnen, der Grundlage für eine Einzelfallentscheidung sein könnte. Dies schließt jedoch die Verwendung auslegungsbedürftiger oder unbestimmter Begriffe nicht aus, sofern die einzelne Regelung so beschaffen ist, dass sachfremden Einflüssen generell vorgebeugt und eine Beeinflussung des Ergebnisses der gerichtlichen Entscheidung durch eine gezielte Auswahl von Richtern vermieden wird (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330, 332 f.>). Maßgebend ist, dass die Bestimmung der zur Mitwirkung berufenen Richter anhand von Kriterien erfolgt, die subjektive Wertungen weitgehend ausschließen, und dass alle vermeidbaren Freiräume etwa für Richter, die Geschäftsstelle oder die Posteingangsstelle des Gerichts ausgeschlossen werden, die Einfallstor für sachfremde Einflüsse sein könnten (Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 19). Es dürfen somit keine unnötigen Interpretations- und Handlungsspielräume verbleiben, die es einzelnen Akteuren ermöglichen könnten, im gerichtlichen Verfahrensablauf zwischen dem Eingang der Sache bei Gericht und dem Termin zur Entscheidung im Einzelfall Einfluss auf die Bestimmung der zuständigen Richter zu nehmen. Derartige Spielräume eröffnet die von den Klägern kritisierte Regelung in Nr. II.1 b) GVPl. 2020 nicht.

45 Aus diesem Grund ist das von den Klägern angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07 - (NJW-RR 2009, 1264) hier nicht einschlägig. Vorliegend geht es bei der Aufzählung der Aktenzeichen nicht um die Auswahl nach "mitbedachten", aber nicht schriftlich zum Ausdruck gebrachten zusätzlichen Kriterien. Vielmehr sind die maßgebenden abstrakten Zuteilungsparameter vollständig im Geschäftsverteilungsplan schriftlich niedergelegt worden mit der Folge, dass den genannten Aktenzeichen insoweit nur deklaratorischer Charakter zukommt. Vor diesem Hintergrund besteht mangels abweichender Entscheidung kein Anlass, dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entsprechend der Anregung der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG die Frage vorzulegen, "ob eine Aufzählung von Aktenzeichen, welche nicht nur der Klarstellung eines abstrakten Mitwirkungsgrundsatzes, welche Verfahren nach diesem abstrakten Mitwirkungsgrundsatz auf den zugeteilten Richter entfallen, dient, wenn vielmehr nicht alle nach dieser abstrakten Bestimmung verbleibenden Sachen diesem Richter zugeteilt wurden, den Anforderungen an eine abstrakt-generelle und hinreichend bestimmte Zuweisungsregelung nach § 21g GVG nicht gerecht wird und damit zu einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts führt."

46 Auch für die "Offenlegung der folgenden, laut Senatsbeschluss vom 25.10.2024, Rn. 14, öffentlich zugänglichen Informationen der Berichterstattung in Presse und Internet über das Vorhaben der Festen Fehmarnbeltquerung, des dazu ergangenen über 1000 Seiten langen Planfeststellungsbeschlusses, der Information über die dagegen im Frühjahr 2019 erhobenen Klagen, der von den (dortigen) Klägern in den Verfahren der Fehmarnbeltquerung selbst öffentlich gemachten umfangreichen Rügen, der Information über den Umstand, dass diese 2019 eingegangenen Klagen im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden, mit jeweiliger Bezeichnung der Quelle und mit 'Beleg' deren öffentlicher Zugänglichkeit im Zeitpunkt des Beschlusses vom 05.12.2019," sieht der Senat keine Veranlassung. Die Kläger nehmen mit ihrer Bitte der Sache nach Bezug auf zwei Beschlüsse des Senats, die im Zusammenhang mit dem hiesigen Verfahren ergangen sind. Dies betrifft den Beschluss vom 5. Januar 2023 - 9 A 12.21 , 9 A 6.22 -, mit dem ein Ablehnungsgesuch der Kläger gegen alle damaligen Senatsmitglieder verworfen worden ist, sowie den Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 -, mit dem die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge sowie ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen einzelne Senatsmitglieder zurückgewiesen worden sind. In diesen Beschlüssen hat der Senat zur Erläuterung des Hintergrunds der Senatsgeschäftsverteilung für das Jahr 2020 auf die dem Dezernat F. zugewiesenen zahlreichen Verfahren aus dem Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung hingewiesen, die im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden und eine äußerst aufwändige und zeitintensive Vorbereitung erforderten. Dabei geht es entgegen der Auffassung der Kläger nicht um Umstände, die vom Senat zur Bestimmung des objektiven Aussagegehalts seiner Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2020 herangezogen worden sind, sondern lediglich um nähere Ausführungen zu der mit der Umverteilung zu Beginn des Geschäftsjahres angestrebten gleichmäßigen Verteilung der anhängigen Geschäfte zur Gewährleistung zeitangemessenen Rechtsschutzes. Die Auslegung der Geschäftsverteilung ergibt sich ausschließlich aus den schriftlich niedergelegten Regelungen selbst.

47 b) Dass neben dem Vorsitzenden und der Berichterstatterin an dem streitgegenständlichen Verfahren der Kläger aus dem Sachgebiet des Straßenrechts als gesetzliche Richter die weiteren Mitglieder des 9. Senats mit Ausnahme des Richters am Bundesverwaltungsgericht F. mitzuwirken hatten, ergibt sich aus Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Nr. II.8 a), Nr. II.2 a) GVPl. 2020.

48 Nach der Regelung in Nr. II.8 GVPl. 2020, die nach Nr. I.1 GVPl. 2020 für alle Entscheidungen, die von fünf Richtern zu treffen sind, maßgeblich ist, werden die jeweils mitberichterstattenden bzw. nicht mitwirkenden Senatsmitglieder den Berichterstattungen nach den Vorgaben der in den Buchstaben a) bis d) aufgeführten Tabellen zugeordnet. Diese vier Tabellen differenzieren danach, ob sich die Person des Berichterstatters aus Nr. II.2, Nr. II.3 oder Nr. II.4 a) oder b) GVPl. 2020 herleitet, wobei Nr. II.2 GVPl. 2020 die Zuteilung neuer Sachen aus dem Straßen- und Wegerecht sowie dem Flurbereinigungsrecht, Nr. II.3 GVPl. 2020 die Streitsachen betreffend die Fehmarnbelt-Querung und Nr. II.4 a) und b) GVPl. 2020 die neuen Sachen aus dem Abgabenrecht betreffen. Dieses unmittelbar für die Neueingänge ab 2020 geltende Zuordnungssystem, das Mitberichterstattung und Nichtmitwirkung von der Person des Berichterstatters und dem Sachgebiet, aus dem die Sache stammt, abhängig macht, gilt gemäß Nr. II.1. Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auch für die Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder in den vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen Verfahren. Daraus folgt, dass für das streitgegenständliche Verfahren aus dem Sachgebiet des Straßen- und Wegerechts, für das Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. als Berichterstatterin zuständig war, die Mitwirkungsregel nach Nr. II.8 a) i. V. m. Nr. II.2 a) GVPl. 2020 einschlägig war, wonach Richter am Bundesverwaltungsgericht F. nicht zur Mitwirkung berufen war.

49 Soweit die Kläger demgegenüber einwenden, eine Mitwirkungsbestimmung nach Nr. II.8 a) i. V. m. Nr. II.2 a) GVPl. 2020 gehe vorliegend ins Leere, weil Nr. II.2. GVPl. 2020 nur Verfahren betreffe, die ab dem 1. Januar 2020 neu eingingen, berücksichtigen sie nicht, dass durch den Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 die Altverfahren ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Nr. II.8 GVPl. 2020 einbezogen wurden und die dort für Neueingänge festgelegten Regelungen damit auch auf die schon anhängigen Sachen erstreckt wurden mit der Folge, dass die in Nr. II.8 a) i. V. m. II.2 a) GVPl. 2020 für neu eingehende Sachen aus dem Straßen- und Wegerecht bestimmten Zuordnungen auch auf die Altverfahren aus diesem Sachgebiet Anwendung fanden. Hierfür bedurfte es entgegen der Ansicht der Kläger keiner mitgedachten "Analogie", weil sich die Anwendbarkeit auf Altverfahren unmittelbar aus dem Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 ergab.

50 Dieser Auslegung liegt ein sachgerechtes Verständnis der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans zugrunde (vgl. zu diesem Maßstab etwa BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 11), wohingegen die "Auslegung" durch die Kläger, wonach der Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 ins Leere ginge und der Senat die Mitwirkung weiterer Senatsmitglieder dahingehend geregelt habe, dass er keine Regelung getroffen habe, offensichtlich keinen sinnvollen Inhalt hätte und daher nicht als Auslegungsalternative und Beleg für die Unbestimmtheit und Unklarheit der Mitwirkungsregelungen in Betracht kommt. Auf die Frage, ob diese Regelungen gegebenenfalls klarer und einfacher hätten formuliert werden können, kommt es nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht an, weil es auch hier an Spielräumen für eine einzelfallbezogene Auswahl und Einflussnahme auf die Spruchkörperbesetzung jenseits der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans fehlt.

51 Soweit die Kläger Überlegungen zu denkbaren alternativen Regelungskonzepten für die Mitwirkung in den Altverfahren angestellt haben, können diese nicht überzeugen. Das von ihnen erwogene Konzept, auch für die Bestimmung der weiteren Senatsbesetzung an Verfahrensarten und Eingangsdatum anzuknüpfen, lässt sich nicht mit dem ausdrücklichen Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 in Einklang bringen, weil sich den damit in Bezug genommenen Tabellen nur eine Differenzierung nach Sachgebieten und nicht nach Verfahrensarten entnehmen lässt. Die Auffassung der Kläger, in Nr. II.8 GVPl. 2020 seien keine sachgebietsbezogenen Regelungssätze enthalten, weil darin nur nummerisch auf einzelne Zahlen verwiesen werde, blendet aus, dass die hinter den Zahlen stehenden Zuteilungsregelungen sich ihrerseits gerade auf die verschiedenen Sachgebiete beziehen und darin das maßgebliche Differenzierungsmerkmal liegt.

52 Der Ansatz der Kläger, dass der Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 ins Leere laufe, weil dort nicht auf die Verfahren nach Nr. II.1 Bezug genommen werde, stellt sich aus den dargestellten Gründen als unzutreffend dar, weshalb auch das von den Klägern vorgelegte rechtswissenschaftliche Gutachten nicht zu überzeugen vermag. Denn es geht ebenfalls von diesem Ansatz aus und berücksichtigt nicht, dass durch den genannten Verweis die Altverfahren ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Nr. II.8 GVPl. 2020 einbezogen worden sind.

53 3. Da der Senat die Entscheidung in dem Klageverfahren 9 A 8.19 in der vorschriftsmäßigen Besetzung getroffen hat, liegt ein Nichtigkeitsgrund nicht vor, so dass das Verfahren nicht wiederaufzunehmen ist. Über die auf diese Hauptsache bezogenen Anträge der Kläger war daher nicht zu entscheiden.

54 C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Es entspricht nicht der Billigkeit, den unterlegenen Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, weil sich die Beigeladene mangels Antragstellung selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt und das Verfahren auch nicht inhaltlich gefördert hat.