Urteil
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2025
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking sowie den
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Plog
für Recht erkannt:
-
Die Klage wird abgewiesen.
-
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je einem Drittel.
Gründe
I
1
Die Kläger begehren die Wiederaufnahme ihres Klageverfahrens 9 A 8.19 und machen geltend, das in diesem Verfahren abschließend ergangene Urteil vom 2. Juli 2020 sei nichtig, weil der Senat nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei.
2
Streitgegenstand des Klageverfahrens 9 A 8.19 war der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - A 5, Teilabschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda (VKE 40) vom 30. Mai 2012 mit nachfolgenden Änderungen und damit zusammenhängenden wasserrechtlichen Entscheidungen. Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss hatte der Kläger zu 3 zunächst als Eigentumsbetroffener Klage erhoben, die er auf der Grundlage einer mit der (damaligen) Vorhabenträgerin und dem Land Hessen geschlossenen Vereinbarung später zurücknahm. Im Jahr 2017 ordnete die Obere Flurbereinigungsbehörde ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren an, um den im Zusammenhang mit der Realisierung des Vorhabens entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen. Die Kläger gehören zu den Teilnehmern des Flurbereinigungsverfahrens und sind Eigentümer verschiedener landwirtschaftlicher Nutzflächen, die im Flurbereinigungsgebiet liegen, von dem planfestgestellten Vorhaben selbst aber nicht in Anspruch genommen werden.
3
Am 26. April 2019 erhoben die Kläger Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 mit (damals) letzten Änderungen vom 17. Januar 2019 (Kläger zu 1 und 2) bzw. nur gegen den Planänderungsbeschluss vom 17. Januar 2019 (Kläger zu 3) und beriefen sich jeweils auf ihre Betroffenheit wegen der Einbeziehung in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren. Der Senat in der Besetzung mit dem (damaligen) Senatsvorsitzenden A. und den Richterinnen und Richtern am Bundesverwaltungsgericht B., C., D. und E. wies diese Klage mit Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - (BVerwGE 169, 78) als unzulässig ab. Die dagegen mit Schriftsätzen vom 26. Juni und 7. Juli 2020 erhobene Anhörungsrüge der Kläger wurde mit Beschluss vom 17. Mai 2021 - 9 A 7.20 - zurückgewiesen.
4
Am 2. Juli 2021 haben die Kläger Klage erhoben mit dem Ziel, die Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 und eine neue Entscheidung in der Sache zu erreichen. Sie berufen sich auf die Nichtigkeit des Urteils vom 2. Juli 2020 wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts.
5
Die Kläger machen zum einem geltend, der Senat sei bei seinem Urteil vom 2. Juli 2020 in Bezug auf die Mitwirkung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht B. sowie der Richter am Bundesverwaltungsgericht C. und D. nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Hiervon hätten die Kläger Kenntnis, seit sie am 5. Juni 2021 den erbetenen Geschäftsverteilungsplan des Senats für das Geschäftsjahr 2020 erhalten hätten. Dieser enthalte eine Regelungslücke, weil darin nicht geregelt worden sei, welche weiteren Mitglieder des überbesetzten Senats neben dem Vorsitzenden und der Berichterstatterin an dem Verfahren der Kläger mitwirken sollten.
6
Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 haben die Kläger ihren Vortrag um einen weiteren Nichtigkeitsgrund ergänzt und beanstanden nunmehr auch die Bestimmung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. zur Berichterstatterin. Diese sei nicht nach abstrakt-generellen Merkmalen erfolgt, sondern stelle eine auf den Einzelfall der Kläger bezogene Auswahl dar. Hiervon hätten sie erstmals durch das gerichtliche Schreiben vom 15. Dezember 2022 erfahren, mit dem ihre Anfrage zu bestimmten im Jahr 2019 im Senat anhängigen Verfahren beantwortet worden sei.
7
Im Übrigen machen die Kläger umfangreiche Ausführungen zur Hauptsache.
8
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufzuheben und das zugrunde liegende Klageverfahren 9 A 8.19 wiederaufzunehmen.
9
In Bezug auf die wiederaufzunehmende Hauptsache beantragen die Kläger zu 1 und 2,
den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 9. Oktober 2013, der Planänderungsbescheide vom 20. Januar 2017, vom 17. Januar 2019, vom 31. August 2020, vom 15. Juni 2022, vom 30. November 2022, vom 26. Juni 2024, vom 30. Juli 2024, vom 31. Juli 2024, vom 1. August 2024, vom 29. November 2024 und vom 19. Dezember 2024 aufzuheben,
hilfsweise
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
äußerst hilfsweise,
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass
- die planfestgestellten Unterlagen B 14.1, Blatt Nr. 11 (Grunderwerbsplan) und B 14.2 (Grunderwerbsverzeichnis) betreffend die Fläche Plan 11.073.02 nur eine auf 30 Jahre begrenzte dingliche Sicherung für die Zwecke der Umsetzung der Maßnahmen des landschaftspflegerischen Begleitplans zulassen,
- die als "-Vorgesehene Regelung-" im Maßnahmenblatt VII.9 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) getroffenen Festsetzungen betreffend die auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... (nunmehr: Flurstück a) gemäß planfestgestellter Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 11 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.9 A allein eine Nutzungsänderung/-beschränkung zulassen, die vom angestammten Eigentümer hinzunehmen und zukünftig zu unterhalten ist,
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass die mit dem Maßnahmenblatt VII.9 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) auf dem Grundstück Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... (nunmehr: Flurstück a) gemäß planfestgestellter Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 11 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.9 A entfallen, soweit eine CEF-Maßnahme für den Gelbspötter und eine artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling und den Kuckuck festgesetzt werden,
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss in der vorgenannten Fassung dahin zu ändern, dass die mit dem Maßnahmenblatt VII.12.1 A der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) auf den Grundstücken Gemarkung A., Flur ..., Flurstücke b bis h gemäß Unterlage B 12.2 (Maßnahmenplan) Blatt 10 festgesetzten Maßnahmenflächen VII.12.1 A als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahme für den Kuckuck festgesetzt werden, und
- den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Mai 2012 in der Gestalt, die er durch die Planänderungsbeschlüsse vom 9. Oktober 2013, 20. Januar 2017 und vom 17. Januar 2019 erhalten hat, dahin zu ändern, dass die mit den Maßnahmenblättern XI.12.1 A, XI.12.2 A, XIII.11 A, XIII.12.1 A und XIII.12.1 A (FFH) der planfestgestellten Unterlage B 12 (Maßnahmenblätter) festgesetzten Maßnahmen als artenschutzrechtliche Vermeidungsmaßnahmen für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling festgesetzt werden,
und der Kläger zu 3,
die Planänderungsbescheide vom 17. Januar 2019, vom 31. August 2020, vom 15. Juni 2022, vom 30. November 2022, vom 26. Juni 2024, vom 30. Juli 2024, vom 31. Juli 2024, vom 1. August 2024, vom 29. November 2024 und vom 19. Dezember 2024 aufzuheben,
hilfsweise,
festzustellen, dass die Planänderungsbescheide rechtswidrig und nicht vollziehbar sind.
10
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
11
Er hält die Nichtigkeitsklage für unzulässig, denn sie sei verspätet erhoben worden, verstoße gegen den Grundsatz der Subsidiarität und stelle sich als rechtsmissbräuchlich dar. Zudem sei die Klage jedenfalls unbegründet, weil der Geschäftsverteilungsplan des Senats nicht zu beanstanden sei.
12
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.
II
13
Die Klage auf Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 hat keinen Erfolg. Die Nichtigkeitsklage ist zulässig (A.), aber unbegründet (B.).
14
A. 1. Gemäß § 153 Abs. 1 VwGO kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften der §§ 578 ff. ZPO wiederaufgenommen werden. § 578 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgt; die Fallkonstellationen, in denen eine Nichtigkeitsklage stattfindet, sind in § 579 ZPO abschließend geregelt. Die vorliegende Klage richtet sich gegen das Urteil des Senats vom 2. Juli 2020, mit dem das Klageverfahren 9 A 8.19 rechtskräftig abgeschlossen worden ist, wobei die Kläger sich darauf berufen, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, weil die Regelungen in der senatsinternen Geschäftsverteilung über die Bestimmung der Berichterstattung in diesem Verfahren sowie die Mitwirkung im überbesetzten Spruchkörper nicht den Anforderungen an die Gewährleistung des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügt hätten. Sie tragen dabei einen Sachverhalt vor, der geeignet sein könnte, den gerügten Verstoß darzutun (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 11), und machen in schlüssiger Weise den Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geltend, sodass die Nichtigkeitsklage als solche statthaft ist.
15
2. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Nichtigkeitsklage fristgemäß erhoben worden. Nach § 586 Abs. 1 ZPO ist die Klage vor Ablauf der Notfrist eines Monats zu erheben, wobei die Frist gemäß § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit dem Tag beginnt, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Das Gesetz stellt seinem eindeutigen Wortlaut nach auf eine tatsächliche, positive Kenntnis ab, ein bloßes Kennenmüssen reicht demnach nicht aus (BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 17; Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 16; Wöckel, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 153 Rn. 14; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 153 Rn. 36; Rudisile, in: Schoch/Schneider, VerwR, Stand August 2024, § 153 VwGO Rn. 31; offen gelassen von BFH, Beschluss vom 11. Dezember 1996 - IV S 2/92 u. a. - juris Rn. 15 f.). Der positiven Kenntniserlangung i. S. d. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO steht es allerdings gleich, wenn sich eine Partei der Kenntnis relevanter Tatsachen bewusst verschließt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. November 2013 - 9 B 60.13 - juris Rn. 5 m. w. N.). Maßgebend ist die Kenntnis von den tatsächlichen Umständen, die zur Erhebung der Wiederaufnahmeklage berechtigen; auf deren rechtliche Würdigung kommt es nicht an (vgl. BGH, Vorlagebeschluss vom 30. März 1993 - X ZR 52/92 - juris Rn. 13; BFH, Beschluss vom 12. November 1996 - II K 1/93 - juris Rn. 9). Die Monatsfrist ist dabei für jeden geltend gemachten Wiederaufnahmegrund gesondert zu bestimmen; ein Nachschieben von Gründen während eines laufenden Wiederaufnahmeverfahrens setzt voraus, dass die nachgeschobenen Gründe ihrerseits die Monatsfrist wahren (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 25, 30 m. w. N.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe haben die Kläger beide Nichtigkeitsgründe fristgerecht geltend gemacht.
16
a) Die Kläger haben erstmals durch Einsicht in den senatsinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2020, den sie auf eine entsprechende Anforderung hin am 5. Juni 2021 erhalten haben, Kenntnis von den Regelungen erlangt, aus denen sie den Nichtigkeitsgrund vorschriftswidriger Besetzung im Hinblick auf die Bestimmung der mitwirkenden Richter ableiten, sodass die am 2. Juli 2021 erhobene Klage insoweit die Monatsfrist wahrt.
17
Entgegen der Auffassung des Beklagten kann den Klägern nicht entgegengehalten werden, dass sie den Geschäftsverteilungsplan erst mit Schreiben vom 29. Mai 2021 und damit fast ein Jahr nach Abschluss des Klageverfahrens durch Urteil vom 2. Juli 2020 und erst nach der Entscheidung über die dagegen erhobene Anhörungsrüge angefordert haben. Soweit der Beklagte argumentiert, ein Rechtsanwalt müsse in die Überprüfung einer für seinen Mandanten negativen Gerichtsentscheidung auch die Frage des gesetzlichen Richters einbeziehen, kann eine solche Überlegung allenfalls unter dem Gesichtspunkt eines "Kennenmüssens" Bedeutung erlangen, worauf es hier aber, wie dargelegt, nicht ankommt. Der Gesetzeswortlaut erfordert eindeutige Kenntnis, ein etwaiger Verdacht reicht gerade nicht aus. Dass sich die Kläger der Kenntnis der relevanten Tatsachen bewusst verschlossen hätten, lässt sich nicht feststellen. Ein solcher Fall, der der positiven Kenntniserlangung i. S. d. § 586 Abs. 2 Satz 1 ZPO gleichsteht, liegt vor, wenn eine Partei vorsätzlich eine auf der Hand liegende Kenntnisnahmemöglichkeit nicht ergreift, die jeder andere in ihrer Lage wahrgenommen hätte (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 586 Rn. 16 m. w. N.; allgemein zur Gleichsetzung mit positiver Kenntnis auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. April 2010 - 1 BvR 299/10 - NJW-RR 2010, 1215 Rn. 5). Hierfür genügt es nicht, dass es einem Beteiligten jederzeit möglich ist, von den gerichtsinternen Geschäftsverteilungsplänen Kenntnis zu erlangen (vgl. § 21g Abs. 7 i. V. m. § 21e Abs. 9 GVG). Maßgebend ist vielmehr, ob besondere Umstände vorliegen, die "jeden anderen" veranlassen würden, den Geschäftsverteilungsplan im Einzelfall zu überprüfen. Dafür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.
18
b) Entsprechendes gilt für den erstmals mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der fehlerhaften Regelung der Berichterstattung im Klageverfahren 9 A 8.19 . Hier rügen die Kläger, dass die Nennung der Aktenzeichen bei der Bezeichnung der Verfahren, die von dem Richter am Bundesverwaltungsgericht F. auf die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. übergehen sollten, nicht rein deklaratorischen Charakter habe, sondern eine einzelfallbezogene Auswahl darstelle. Grundlage für diese Rüge war die konkrete Kenntnis von den zum Zeitpunkt des Geschäftsverteilungsbeschlusses im Dezernat des Richters F. anhängigen Verfahren, die den Klägern erstmals mit dem gerichtlichen Schreiben vom 15. Dezember 2022 vermittelt wurde, sodass auch insoweit die Monatsfrist gewahrt ist.
19
c) Der vom Beklagten in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs wegen verspäteter Anfragen zu dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan ist unbegründet. Eine solche Argumentation würde darauf hinauslaufen, hinsichtlich der Frist zur Klageerhebung doch auf ein "Kennenmüssen" abzustellen, was der Konzeption des § 586 ZPO widersprechen und die gesetzgeberische Entscheidung unterlaufen würde.
20
d) Da auch die Ausschlussfrist des § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO (5 Jahre ab Rechtskraft des Urteils) gewahrt ist, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine fristgerechte Klageerhebung insgesamt erfüllt.
21
3. Der Statthaftigkeit der Nichtigkeitsklage steht auch nicht die Subsidiaritätsklausel nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 2 ZPO entgegen, wonach die Klage in den Fällen des § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht stattfindet, wenn die Nichtigkeit mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte. Denn gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2020 war kein Rechtsmittel gegeben.
22
a) Die vom Beklagten angesprochene Möglichkeit einer Anhörungsrüge ist kein Rechtsmittel i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO, das die Kläger hier zur Beseitigung des geltend gemachten Besetzungsfehlers vorrangig hätten ergreifen können oder gar müssen (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 30; Meller-Hannich, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 16. Aufl. 2024, § 579 Rn. 19; a. A. ohne nähere Begründung Seiler, in: Thomas/Putzo, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 579 Rn. 3; Musielak/Spohnheimer, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 579 Rn. 12). Die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist schon ihrem Wortlaut nach auf die Rüge von Gehörsverstößen beschränkt und kann nicht auf die Verletzung anderer Verfassungs- und Verfahrensgarantien gestützt werden (BVerwG, Beschluss vom 20. März 2013 - 7 C 3.13 - juris Rn. 4 m. w. N.; eine Anwendung des § 152a VwGO auf Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ablehnend z. B. Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 152a Rn. 4 mit Nachw. zum Meinungsstand; in diese Richtung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. Juni 2009 - 1 BvR 893/09 - juris Rn. 18).
23
Zudem erfordert das Eingreifen der Subsidiaritätsklausel des § 579 Abs. 2 ZPO, dass die unterbliebene Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO durch Einlegung eines Rechtsmittels schuldhaft erfolgt ist (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 31; Musielak/Spohnheimer, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Aufl. 2024, § 579 Rn. 12). Auch in diesem Zusammenhang muss gelten, dass bei fehlender Kenntnis vom Nichtigkeitsgrund das Unterlassen der Einlegung eines Rechtsmittels regelmäßig unverschuldet ist und bei Einlegung eines Rechtsmittels aus anderen Gründen der Nichtigkeitsgrund (erst) dann nachträglich geltend zu machen ist, wenn er bekannt geworden ist (vgl. Büscher, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2021, § 579 Rn. 31). Andernfalls bestünde ein Wertungswiderspruch zu den gesetzlichen Regelungen über Beginn und Dauer der Klagefrist (§ 586 ZPO). Den Klägern kann daher auch aus diesem Grund nicht entgegengehalten werden, dass sie im Rahmen des Anhörungsrügeverfahrens 9 A 7.20 die ihnen damals noch nicht bekannten Besetzungsfehler nicht gerügt haben.
24
b) Die Verfassungsbeschwerde ist ebenfalls kein vorrangiges Rechtsmittel i. S. d. § 579 Abs. 2 ZPO. Vielmehr geht das Bundesverfassungsgericht seinerseits davon aus, dass im Fall einer Verfassungsbeschwerde, die auf eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gestützt wird, auch die Wiederaufnahme des Verfahrens mit Hilfe einer Nichtigkeitsklage, soweit diese statthaft ist, zu dem Rechtsweg gehört, der nach § 90 Abs. 2 BVerfGG erschöpft sein muss (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. April 2021 - 1 BvR 2731/19 - juris Rn. 4 m. w. N.).
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4. Da auch Form und Inhalt der Klageschrift die Anforderungen der §§ 587, 588 ZPO erfüllen, ist die Nichtigkeitsklage insgesamt gemäß § 589 ZPO zulässig.
26
B. Die Nichtigkeitsklage ist nicht begründet, denn das Gericht war bei seiner Entscheidung im Verfahren 9 A 8.19 durch Urteil vom 2. Juli 2020 vorschriftsmäßig besetzt. Der Nichtigkeitsgrund einer vorschriftswidrigen Besetzung nach § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wäre nur erfüllt, wenn zugleich eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorläge (Guckelberger, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 153 Rn. 50 m. w. N.; zum entsprechenden Maßstab bei § 138 Nr. 1 VwGO BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2022 - 8 B 1.22 - juris Rn. 30 m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall.
27
1. Mit der Garantie des gesetzlichen Richters will Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG der Gefahr vorbeugen, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird. Es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung - gleichgültig von welcher Seite - beeinflusst werden kann. Damit sollen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewahrt und das Vertrauen der Rechtsuchenden und der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Gerichte gesichert werden. Aus diesem Zweck des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgt, dass die Regelungen, die der Bestimmung des gesetzlichen Richters dienen, im Voraus so eindeutig wie möglich festlegen müssen, welches Gericht, welcher Spruchkörper und welche Richter zur Entscheidung des Einzelfalls berufen sind (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <327>; Kammerbeschlüsse vom 27. September 2002 - 2 BvR 1843/00 - NJW 2003, 345 und vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2011/16 u. a. - NJW 2017, 1233 Rn. 21 f.).
28
Auch die Regelungen in den jährlich aufzustellenden Geschäftsverteilungsplänen, die die gesetzlichen Bestimmungen über die Zuständigkeiten der Gerichte und der jeweiligen Spruchkörper ergänzen, müssen die wesentlichen Merkmale gesetzlicher Vorschriften aufweisen. Sie müssen daher zum einen der Schriftform genügen und zum anderen im Voraus generell-abstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper und die Zuweisung der einzelnen Richter regeln, damit die einzelne Sache aufgrund allgemeiner, vorab festgelegter Merkmale (gleichsam "blindlings") an den entscheidenden Richter gelangt und so der Verdacht einer Manipulation der rechtsprechenden Gewalt ausgeschlossen wird (vgl. BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <328 f.>; Kammerbeschlüsse vom 27. September 2002 - 2 BvR 1843/00 - NJW 2003, 345 und vom 20. Februar 2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 <1156>). Diese Anforderungen gelten in gleicher Weise auch für die Verteilung der Geschäfte innerhalb eines mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers gemäß § 21g Abs. 1 Satz 1 GVG. Auch hier muss durch den spruchkörperinternen Geschäftsverteilungsplan insbesondere für einen überbesetzten Spruchkörper normativ und abstrakt-generell mit hinreichender Klarheit im Voraus geregelt werden, welche Richter bei der Entscheidung welcher Verfahren mitwirken (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <334>).
29
Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit schließt es jedoch nicht aus, zur Bestimmung des gesetzlichen Richters auf auslegungsbedürftige Begriffe zurückzugreifen, und auch die Verwendung unbestimmter Begriffe ist mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar, wenn die einzelne Regelung so beschaffen ist, dass sachfremden Einflüssen generell vorgebeugt und eine Beeinflussung des Ergebnisses der gerichtlichen Entscheidung durch eine gezielte Auswahl von Richtern vermieden wird (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330, 332 f.>).
30
Ob eine angewandte Zuständigkeitsregel eines Geschäftsverteilungsplans diesen Anforderungen entspricht und eine generell-abstrakte Regelung im Sinne der Garantie des gesetzlichen Richters darstellt, ist vollumfänglich zu überprüfen, das Gericht ist insoweit nicht auf eine Willkürkontrolle beschränkt (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 29, vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2011/16 u. a. - NJW 2017, 1233 Rn. 28 und vom 20. Februar 2018 - 2 BvR 2675/17 - NJW 2018, 1155 Rn. 20; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 - 4 CB 4.86 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 17 S. 25; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 41). Da der Senat hinsichtlich dieses Maßstabs nicht von der Entscheidung eines anderen Senats des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen obersten Gerichtshofs abweicht, besteht weder Veranlassung für die von den Klägern angeregte Vorlage der Frage, "ob spruchkörperbezogene Geschäftsverteilungsbestimmungen vollumfänglich zu überprüfen sind, wenn gerügt wird, dass sie selbst nicht den Gewährleistungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügen, und ob in diesem Fall eine Beschränkung auf eine bloße Willkürkontrolle nicht angezeigt ist," an den Großen Senat beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 11 Abs. 2 und 3 VwGO noch für die Vorlage der Frage, "ob die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung nicht nur auf Willkür, sondern auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen ist," an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG.
31
2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass das Urteil vom 2. Juli 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht A. sowie der Richterinnen und Richter am Bundesverwaltungsgericht B., C., D. und E. ergangen ist. Die Besetzung der Richterbank entsprach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2020, der seinerseits den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht wurde.
32
Für das erstinstanzliche Klageverfahren der Kläger gegen einen fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss war der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts zuständig, der im Jahr 2020 mit dem Vorsitzenden Richter A., den Richterinnen B. und E. sowie den Richtern F., C. und D. besetzt war. Maßgebend für die Mitwirkung an der Entscheidung im Jahr 2020 waren die Regelungen im Beschluss des 9. Senats vom 5. Dezember 2019 über die Senatsgeschäftsverteilung ab dem 1. Januar 2020 (GVPl. 2020). Diese lauten auszugsweise:
"I.
33
- An Entscheidungen, die der Senat in der Besetzung mit fünf Richtern trifft, wirken außer dem Vorsitzenden, dem Berichterstatter und dem Mitberichterstatter die weiteren Senatsmitglieder mit Ausnahme desjenigen mit, dessen Nichtbeteiligung sich aus Nr. II 8 ergibt.
..."
"II.
34
- Für die vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen und noch anhängigen Verfahren aus dem Dezernat von Richter F. gelten mit Wirkung ab 1. Januar 2020 folgende Übergangsregelungen:
- Die im Jahr 2018 eingegangenen A-Sachen gehen auf Richter D. über (betrifft 9 A ...).
- Die zwischen dem 1. Januar und 30. November 2019 eingegangenen A-Sachen gehen auf Richterin E. über (betrifft 9 A 8.19 , 22.19, 23.19).
- Die zwischen dem 1. Januar und 30. November 2019 eingegangenen C-Sachen gehen auf Richter C. über (betrifft 9 C ...).
- Die zwischen dem 1. Januar und 31. März 2019 eingegangenen B-Sachen gehen auf Richterin E. über (betrifft 9 B ...).
- Die zwischen dem 1. April und 30. November 2019 eingegangenen B-Sachen gehen auf Richterin B. über (betrifft 9 B ...); insoweit findet Nr. 8 d) insgesamt Anwendung.
- Die ab 1. Dezember 2019 eingehenden Sachen werden nach den nachfolgenden Regeln verteilt.
Im Übrigen bleibt es für die vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen Verfahren bei der vorgesehenen Berichterstattung. Die Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder richtet sich nach Nr. 8.
...
- Die Berichterstattung in den neu eingehenden Sachen aus
- dem Straßen- und Wegerecht,
- dem Flurbereinigungsrecht und dem Recht des ländlichen Grundstücksverkehrs
übernehmen Richterin B., Richter C., Richter D. und Richterin E. in folgender Weise: ...
- Die Berichterstattung in Streitsachen, welche die Fehmarnbelt-Querung zwischen Puttgarden und der deutsch-dänischen Grenze betreffen, übernimmt Richter F.
- Unter Berücksichtigung von Nr. 2 Abs. 2 und Nr. 5 übernehmen die Berichterstattung in den neu eingehenden Sachen aus
- dem Erschließungsrecht sowie dem Erschließungs-, Straßenausbau-, Wasserversorgungs-, Entwässerungs-, Wasserverbands- und sonstigen Beitragsrecht: Richter C. und Richterin E.,
- dem übrigen Abgabenrecht: Richterin B. und Richter D.
- ...
- ...
- ...
- Den Berichterstattungen werden die Mitberichterstattungen sowie diejenigen Senatsmitglieder, die in der Fünferbesetzung an den jeweiligen Verfahren nicht mitwirken, wie folgt zugeordnet:
BE: |
MBE: |
nicht mitwirkend: |
a) zu Nr. 2: | | |
B. C. D. E. | C. D. E. B. | F. F. F. F. |
b) zu Nr. 3: | | |
F. | D. | E. |
c) zu Nr. 4 a): | | |
C. E. | E. C. | B. D. |
d) zu Nr. 4 b): | | |
B. D. | D. B. | F. F." |
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Entgegen der Auffassung der Kläger hat dieser Geschäftsverteilungsplan sowohl die Mitwirkung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. als Berichterstatterin für das Verfahren der Kläger (a) als auch die Mitwirkung der weiteren Richter neben dem Vorsitzenden (b) in verfassungsgemäßer Weise geregelt.
36
a) Die Aufgabe der Berichterstattung innerhalb des Spruchkörpers ist Ausdruck und Folge der internen Arbeitsverteilung, woraus folgt, dass die Bestimmung eines Berichterstatters für sich genommen keine Frage des gesetzlichen Richters ist. Etwas anders gilt aber dann, wenn die Zusammensetzung der für die jeweilige Sache zuständigen Sitz- oder Spruchgruppe an die Person des Berichterstatters anknüpft (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330 f.>). So liegt der Fall hier, weil Nr. I.1 GVPl. 2020 bestimmt, dass an Entscheidungen des Senats in der Besetzung mit fünf Richtern neben dem Vorsitzenden, dem Berichterstatter und dem Mitberichterstatter die weiteren Senatsmitglieder mit Ausnahme desjenigen mitwirken, dessen Nichtbeteiligung sich aus Nr. II.8 GVPl. 2020 ergibt, und die Regelungen zur Mitberichterstattung und Nichtmitwirkung in Nr. II.8 GVPl. 2020 auf die Person des Berichterstatters abstellen.
37
Berichterstatterin im Verfahren 9 A 8.19 war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung im Jahr 2020 die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E., wie sich aus der Bestimmung in Nr. II.1 Abs. 1 b) GVPl. 2020 eindeutig ergibt. Danach ist die Berichterstattung im Verfahren 9 A 8.19 , das bei Eingang im Jahr 2019 nach dem damals geltenden Geschäftsverteilungsplan dem Dezernat des Richters am Bundesverwaltungsgericht F. zugeteilt worden war, zum 1. Januar 2020 auf die Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. übergegangen.
38
Entgegen der Auffassung der Kläger liegt dieser Übertragung keine unzulässige, auf den Einzelfall ihres Verfahrens bezogene Auswahl zugrunde.
39
Die Umverteilung von anhängigen Verfahren bei der Verteilung der Geschäfte für das neue Geschäftsjahr ist als solches nicht zu beanstanden. Nach dem Jährlichkeitsprinzip des § 21g Abs. 2 Halbs. 1 GVG tritt der für die Dauer eines Jahres beschlossene Geschäftsverteilungsplan am Ende des Jahres ohne Weiteres außer Kraft, und nach dem Vollständigkeitsprinzip sind bei der für das neue Geschäftsjahr zu beschließenden Geschäftsverteilung sowohl die bisher anhängigen als auch die künftig anhängig werdenden Streitsachen (erneut) zu verteilen (vgl. für die Geschäftsverteilung nach § 21e GVG BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 10; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 4 Rn. 35). Da der Senat insoweit mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts übereinstimmt, besteht für die von den Klägern angeregte Vorlage der Frage, "ob die Geschäftsverteilungsbeschlüsse nicht über das laufende Geschäftsjahr hinauswirken", an den Großen Senat beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 11 Abs. 2 und 3 VwGO kein Raum.
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Die genannten Prinzipien schließen die Möglichkeit von Änderungen bisheriger Zuständigkeiten ein, ohne dass insoweit die Beschränkungen für unterjährige Änderungen nach § 21g Abs. 2 Halbs. 2 GVG gelten würden (Lückemann, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 21e GVG Rn. 44; zur Geschäftsverteilung durch das Präsidium auch Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2024, § 4 FGO Rn. 25). Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang das Abstraktionsprinzip zu beachten und zu gewährleisten, dass die Änderungen nach abstrakt-generellen Regeln erfolgen und frei von sachfremden, einzelfallbezogenen Auswahlüberlegungen sind (vgl. zur Geschäftsverteilung durch das Präsidium Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Oktober 2024, § 4 FGO Rn. 25; zur Zulässigkeit eines bestimmten Maßes an Konkretheit, wenn nicht alle anhängigen Verfahren übertragen werden, Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 23; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 10). Diese Anforderungen sind hier erfüllt.
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Die in Nr. II.1 Abs. 1 GVPl. 2020 geregelte Neuverteilung von Verfahren aus dem Dezernat des Richters F. in die Dezernate anderer Senatsmitglieder erfolgte differenziert nach Verfahrensart und Eingangszeitpunkt. Die nach der Bezeichnung dieser abstrakten Kriterien jeweils in Klammern genannten Aktenzeichen hatten dabei nur rein deklaratorische Bedeutung und waren nicht das Ergebnis einer einzelfallbezogenen Auswahl anhand weiterer, nicht im Geschäftsverteilungsplan niedergelegter Umstände. Dies gilt auch für den unter Buchstabe b) geregelten Übergang von A-Sachen, also erstinstanzlichen Klageverfahren, aus dem Eingangszeitraum 1. Januar bis 30. November 2019 in das Dezernat E. Auch die drei dort genannten Aktenzeichen - darunter das des Verfahrens der Kläger (9 A 8.19 ) – vollziehen nur vollständig die insoweit beschlossene Verfahrensübertragung nach. Soweit zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Geschäftsverteilung 2020 am 5. Dezember 2019 neben den drei durch Aktenzeichen benannten Verfahren noch weitere A-Sachen aus dem genannten Eingangszeitraum im Dezernat F. anhängig waren, betraf dies ausnahmslos Klagen aus dem Sachgebiet der Festen Fehmarnbelt-Querung, die nicht von der Umverteilung gemäß Nr. II.1 GVPl. 2020 erfasst waren. Denn für diese Verfahren übernahm der Richter am Bundesverwaltungsgericht F. nach Nr. II.3 GVPl. 2020 die Berichterstattung insgesamt und somit sowohl für bereits anhängige Sachen als auch für etwaige Neueingänge. Soweit die Kläger aus der Formulierung "übernimmt" schließen wollen, dass Nr. II.3 GVPl. 2020 entgegen seinem uneingeschränkten Wortlaut nur Neueingänge betreffen sollte, ist dies nicht zutreffend und berücksichtigt nicht, dass entsprechend dem Jährlichkeitsprinzip mit Beginn des neuen Geschäftsjahres auch Altverfahren - erneut oder nach Berichterstatterwechsel erstmals – "übernommen" werden.
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Für die Zuteilung der im Dezernat F. anhängigen A-Verfahren mit Eingang zwischen Januar und November 2019 bestand danach kein Spielraum, der Gegenstand einzelfallbezogener Überlegungen hätte sein können. Aus den Regelungen im GVPl. 2020 ergab sich vielmehr eindeutig, dass der Richter am Bundesverwaltungsgericht F. im Geschäftsjahr 2020 zum einen für sämtliche Streitsachen zur Fehmarnbelt-Querung als (einziger) Berichterstatter zuständig war <Nr. II.3, Nr. II.8 b) GVPl. 2020> und zum anderen von der Berichterstattung im Übrigen sowohl für Altverfahren als auch für Neueingänge ausgenommen war <Nr. II.1 Abs. 1 a) bis f), Nr. II.2, Nr. II. 4 a) und b) sowie Nr. II.8 a), c) und d) GVPl. 2020)>.
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Diese auf das Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung bezogene Differenzierung war Grundlage für die (teilweise) Umverteilung der im Dezernat F. anhängigen Verfahren. Die damit verbundenen Änderungen der Zuständigkeit waren verfassungsrechtlich zulässig, wenn nicht gar geboten. Denn sie dienten dem Interesse einer gleichmäßigen Verteilung der Belastungen innerhalb des Spruchkörpers und erfüllten damit gerade die Aufgabe der Geschäftsverteilung, auf eine gleichmäßige Bearbeitung der Geschäfte hinzuwirken, um Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit zu gewährleisten (vgl. zur unterjährigen Änderung der Geschäftsverteilung aus diesem Grund BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 24 m. w. N.).
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Soweit die Kläger geltend machen, der Geschäftsverteilungsplan sei nicht so klar und eindeutig gefasst worden, wie es möglich gewesen wäre, und Beispiele für Formulierungsalternativen anbieten, genügt dies nicht, um einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu begründen. Dass der Regelungszusammenhang zwischen den beiden Zuteilungsbestimmungen in Nr. II.1 Abs. 1 b) und Nr. II.3 GVPl. 2020 deutlicher hätte zum Ausdruck gebracht werden können, ändert nichts daran, dass die Geschäftsverteilung tatsächlich abstrakt-generell anhand der Merkmale Sachgebiet, Verfahrensart und Eingangszeitpunkt erfolgt ist und die von den Klägern gerügte Einzelzuweisung nicht vorliegt. Das rechtsstaatlich gebotene Erfordernis, dass die Regelungen über den gesetzlichen Richter hinreichend bestimmt sein müssen und sich aus ihnen möglichst eindeutig ergeben muss, welche Richter in einem konkreten Verfahren mitwirken (vgl. BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <329> und Kammerbeschluss vom 23. Dezember 2016 - 2 BvR 2023/16 - juris Rn. 23), ist kein Selbstzweck, sondern vor dem Hintergrund der Gewährleistungsfunktion des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu sehen. Die Garantie des gesetzlichen Richters soll von vornherein jeglichen Verdacht der Manipulation und der sachfremden Einflussnahme ausschließen. Aus diesem Grund dürfen die Geschäftsverteilungspläne der Gerichte sowie der einzelnen Spruchkörper keinen vermeidbaren Spielraum für die Heranziehung einzelner Richter eröffnen, der Grundlage für eine Einzelfallentscheidung sein könnte. Dies schließt jedoch die Verwendung auslegungsbedürftiger oder unbestimmter Begriffe nicht aus, sofern die einzelne Regelung so beschaffen ist, dass sachfremden Einflüssen generell vorgebeugt und eine Beeinflussung des Ergebnisses der gerichtlichen Entscheidung durch eine gezielte Auswahl von Richtern vermieden wird (BVerfG, Beschluss des Plenums vom 8. April 1997 - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <330, 332 f.>). Maßgebend ist, dass die Bestimmung der zur Mitwirkung berufenen Richter anhand von Kriterien erfolgt, die subjektive Wertungen weitgehend ausschließen, und dass alle vermeidbaren Freiräume etwa für Richter, die Geschäftsstelle oder die Posteingangsstelle des Gerichts ausgeschlossen werden, die Einfallstor für sachfremde Einflüsse sein könnten (Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl. 2021, § 4 Rn. 19). Es dürfen somit keine unnötigen Interpretations- und Handlungsspielräume verbleiben, die es einzelnen Akteuren ermöglichen könnten, im gerichtlichen Verfahrensablauf zwischen dem Eingang der Sache bei Gericht und dem Termin zur Entscheidung im Einzelfall Einfluss auf die Bestimmung der zuständigen Richter zu nehmen. Derartige Spielräume eröffnet die von den Klägern kritisierte Regelung in Nr. II.1 b) GVPl. 2020 nicht.
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Aus diesem Grund ist das von den Klägern angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07 - (NJW-RR 2009, 1264) hier nicht einschlägig. Vorliegend geht es bei der Aufzählung der Aktenzeichen nicht um die Auswahl nach "mitbedachten", aber nicht schriftlich zum Ausdruck gebrachten zusätzlichen Kriterien. Vielmehr sind die maßgebenden abstrakten Zuteilungsparameter vollständig im Geschäftsverteilungsplan schriftlich niedergelegt worden mit der Folge, dass den genannten Aktenzeichen insoweit nur deklaratorischer Charakter zukommt. Vor diesem Hintergrund besteht mangels abweichender Entscheidung kein Anlass, dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entsprechend der Anregung der Kläger gemäß § 2 Abs. 1 RsprEinhG die Frage vorzulegen, "ob eine Aufzählung von Aktenzeichen, welche nicht nur der Klarstellung eines abstrakten Mitwirkungsgrundsatzes, welche Verfahren nach diesem abstrakten Mitwirkungsgrundsatz auf den zugeteilten Richter entfallen, dient, wenn vielmehr nicht alle nach dieser abstrakten Bestimmung verbleibenden Sachen diesem Richter zugeteilt wurden, den Anforderungen an eine abstrakt-generelle und hinreichend bestimmte Zuweisungsregelung nach § 21g GVG nicht gerecht wird und damit zu einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts führt."
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Auch für die "Offenlegung der folgenden, laut Senatsbeschluss vom 25.10.2024, Rn. 14, öffentlich zugänglichen Informationen der Berichterstattung in Presse und Internet über das Vorhaben der Festen Fehmarnbeltquerung, des dazu ergangenen über 1000 Seiten langen Planfeststellungsbeschlusses, der Information über die dagegen im Frühjahr 2019 erhobenen Klagen, der von den (dortigen) Klägern in den Verfahren der Fehmarnbeltquerung selbst öffentlich gemachten umfangreichen Rügen, der Information über den Umstand, dass diese 2019 eingegangenen Klagen im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden, mit jeweiliger Bezeichnung der Quelle und mit 'Beleg' deren öffentlicher Zugänglichkeit im Zeitpunkt des Beschlusses vom 05.12.2019," sieht der Senat keine Veranlassung. Die Kläger nehmen mit ihrer Bitte der Sache nach Bezug auf zwei Beschlüsse des Senats, die im Zusammenhang mit dem hiesigen Verfahren ergangen sind. Dies betrifft den Beschluss vom 5. Januar 2023 - 9 A 12.21 , 9 A 6.22 -, mit dem ein Ablehnungsgesuch der Kläger gegen alle damaligen Senatsmitglieder verworfen worden ist, sowie den Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 -, mit dem die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge sowie ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen einzelne Senatsmitglieder zurückgewiesen worden sind. In diesen Beschlüssen hat der Senat zur Erläuterung des Hintergrunds der Senatsgeschäftsverteilung für das Jahr 2020 auf die dem Dezernat F. zugewiesenen zahlreichen Verfahren aus dem Sachgebiet der Fehmarnbelt-Querung hingewiesen, die im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden und eine äußerst aufwändige und zeitintensive Vorbereitung erforderten. Dabei geht es entgegen der Auffassung der Kläger nicht um Umstände, die vom Senat zur Bestimmung des objektiven Aussagegehalts seiner Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2020 herangezogen worden sind, sondern lediglich um nähere Ausführungen zu der mit der Umverteilung zu Beginn des Geschäftsjahres angestrebten gleichmäßigen Verteilung der anhängigen Geschäfte zur Gewährleistung zeitangemessenen Rechtsschutzes. Die Auslegung der Geschäftsverteilung ergibt sich ausschließlich aus den schriftlich niedergelegten Regelungen selbst.
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b) Dass neben dem Vorsitzenden und der Berichterstatterin an dem streitgegenständlichen Verfahren der Kläger aus dem Sachgebiet des Straßenrechts als gesetzliche Richter die weiteren Mitglieder des 9. Senats mit Ausnahme des Richters am Bundesverwaltungsgericht F. mitzuwirken hatten, ergibt sich aus Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Nr. II.8 a), Nr. II.2 a) GVPl. 2020.
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Nach der Regelung in Nr. II.8 GVPl. 2020, die nach Nr. I.1 GVPl. 2020 für alle Entscheidungen, die von fünf Richtern zu treffen sind, maßgeblich ist, werden die jeweils mitberichterstattenden bzw. nicht mitwirkenden Senatsmitglieder den Berichterstattungen nach den Vorgaben der in den Buchstaben a) bis d) aufgeführten Tabellen zugeordnet. Diese vier Tabellen differenzieren danach, ob sich die Person des Berichterstatters aus Nr. II.2, Nr. II.3 oder Nr. II.4 a) oder b) GVPl. 2020 herleitet, wobei Nr. II.2 GVPl. 2020 die Zuteilung neuer Sachen aus dem Straßen- und Wegerecht sowie dem Flurbereinigungsrecht, Nr. II.3 GVPl. 2020 die Streitsachen betreffend die Fehmarnbelt-Querung und Nr. II.4 a) und b) GVPl. 2020 die neuen Sachen aus dem Abgabenrecht betreffen. Dieses unmittelbar für die Neueingänge ab 2020 geltende Zuordnungssystem, das Mitberichterstattung und Nichtmitwirkung von der Person des Berichterstatters und dem Sachgebiet, aus dem die Sache stammt, abhängig macht, gilt gemäß Nr. II.1. Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auch für die Beteiligung der weiteren Senatsmitglieder in den vor dem 1. Januar 2020 eingegangenen Verfahren. Daraus folgt, dass für das streitgegenständliche Verfahren aus dem Sachgebiet des Straßen- und Wegerechts, für das Richterin am Bundesverwaltungsgericht E. als Berichterstatterin zuständig war, die Mitwirkungsregel nach Nr. II.8 a) i. V. m. Nr. II.2 a) GVPl. 2020 einschlägig war, wonach Richter am Bundesverwaltungsgericht F. nicht zur Mitwirkung berufen war.
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Soweit die Kläger demgegenüber einwenden, eine Mitwirkungsbestimmung nach Nr. II.8 a) i. V. m. Nr. II.2 a) GVPl. 2020 gehe vorliegend ins Leere, weil Nr. II.2. GVPl. 2020 nur Verfahren betreffe, die ab dem 1. Januar 2020 neu eingingen, berücksichtigen sie nicht, dass durch den Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 die Altverfahren ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Nr. II.8 GVPl. 2020 einbezogen wurden und die dort für Neueingänge festgelegten Regelungen damit auch auf die schon anhängigen Sachen erstreckt wurden mit der Folge, dass die in Nr. II.8 a) i. V. m. II.2 a) GVPl. 2020 für neu eingehende Sachen aus dem Straßen- und Wegerecht bestimmten Zuordnungen auch auf die Altverfahren aus diesem Sachgebiet Anwendung fanden. Hierfür bedurfte es entgegen der Ansicht der Kläger keiner mitgedachten "Analogie", weil sich die Anwendbarkeit auf Altverfahren unmittelbar aus dem Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 ergab.
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Dieser Auslegung liegt ein sachgerechtes Verständnis der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans zugrunde (vgl. zu diesem Maßstab etwa BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1984 - 9 C 67.82 - Buchholz 300 § 21e GVG Nr. 12 S. 11), wohingegen die "Auslegung" durch die Kläger, wonach der Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 ins Leere ginge und der Senat die Mitwirkung weiterer Senatsmitglieder dahingehend geregelt habe, dass er keine Regelung getroffen habe, offensichtlich keinen sinnvollen Inhalt hätte und daher nicht als Auslegungsalternative und Beleg für die Unbestimmtheit und Unklarheit der Mitwirkungsregelungen in Betracht kommt. Auf die Frage, ob diese Regelungen gegebenenfalls klarer und einfacher hätten formuliert werden können, kommt es nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht an, weil es auch hier an Spielräumen für eine einzelfallbezogene Auswahl und Einflussnahme auf die Spruchkörperbesetzung jenseits der Bestimmungen des Geschäftsverteilungsplans fehlt.
51
Soweit die Kläger Überlegungen zu denkbaren alternativen Regelungskonzepten für die Mitwirkung in den Altverfahren angestellt haben, können diese nicht überzeugen. Das von ihnen erwogene Konzept, auch für die Bestimmung der weiteren Senatsbesetzung an Verfahrensarten und Eingangsdatum anzuknüpfen, lässt sich nicht mit dem ausdrücklichen Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 in Einklang bringen, weil sich den damit in Bezug genommenen Tabellen nur eine Differenzierung nach Sachgebieten und nicht nach Verfahrensarten entnehmen lässt. Die Auffassung der Kläger, in Nr. II.8 GVPl. 2020 seien keine sachgebietsbezogenen Regelungssätze enthalten, weil darin nur nummerisch auf einzelne Zahlen verwiesen werde, blendet aus, dass die hinter den Zahlen stehenden Zuteilungsregelungen sich ihrerseits gerade auf die verschiedenen Sachgebiete beziehen und darin das maßgebliche Differenzierungsmerkmal liegt.
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Der Ansatz der Kläger, dass der Verweis in Nr. II.1 Abs. 2 Satz 2 GVPl. 2020 auf Nr. II.8 GVPl. 2020 ins Leere laufe, weil dort nicht auf die Verfahren nach Nr. II.1 Bezug genommen werde, stellt sich aus den dargestellten Gründen als unzutreffend dar, weshalb auch das von den Klägern vorgelegte rechtswissenschaftliche Gutachten nicht zu überzeugen vermag. Denn es geht ebenfalls von diesem Ansatz aus und berücksichtigt nicht, dass durch den genannten Verweis die Altverfahren ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Nr. II.8 GVPl. 2020 einbezogen worden sind.
53
3. Da der Senat die Entscheidung in dem Klageverfahren 9 A 8.19 in der vorschriftsmäßigen Besetzung getroffen hat, liegt ein Nichtigkeitsgrund nicht vor, so dass das Verfahren nicht wiederaufzunehmen ist. Über die auf diese Hauptsache bezogenen Anträge der Kläger war daher nicht zu entscheiden.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Es entspricht nicht der Billigkeit, den unterlegenen Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen, weil sich die Beigeladene mangels Antragstellung selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt und das Verfahren auch nicht inhaltlich gefördert hat.