Urteil vom 21.05.2008 -
BVerwG 2 WD 8.07ECLI:DE:BVerwG:2008:210508U2WD8.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 21.05.2008 - 2 WD 8.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:210508U2WD8.07.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 8.07

  • Truppendienstgericht Süd 3. Kammer - 05.12.2006 - AZ: S 3 VL 17/06

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 21. Mai 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth,
ehrenamtlicher Richter Oberstleutnant i.G. Schlickmann und
ehrenamtlicher Richter Hauptfeldwebel Eberbach,
Rechtsanwalt ...
als Verteidiger zu 1,
Rechtsanwalt ...
als Verteidiger zu 2,
Leitender Regierungsdirektor ...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Geschäftsstellenverwalterin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufungen der Soldaten werden die Urteile der 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 5. Dezember 2006 und 19. Juni 2007 aufgehoben.
  2. Die Soldaten haben ein Dienstvergehen begangen.
  3. Das Verfahren wird eingestellt.
  4. Die Kosten des Verfahrens und die den Soldaten entstandenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Der heute 50 Jahre alte Soldat trat nach abgeschlossener Ausbildung zum Kraftfahrzeugschlosser aufgrund seiner Bewerbung für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr am 29. November 1976 im Zuge einer Eignungsübung von vier Monaten am 1. Juli 1977 seinen Dienst bei der ...kompanie ... in L. an. Mit Wirkung vom 1. November 1977 wurde er unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Obergefreiten ernannt. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf vier und schließlich auf zwölf Jahre festgesetzt. Mit Urkunde vom 30. Juni 1987 wurde ihm die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. November 2010.

2 Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 zum Hauptfeldwebel.

3 Nachdem der Soldat am 14. Juli 1978 seine Unteroffizierprüfung mit „ausreichend“ bestanden hatte, wurde er zum 1. April 1981 von der .../...bataillon ... zur .../... Abteilung ... nach R. versetzt. Am 28. Februar 1984 schloss er den Unteroffizieraufbaulehrgang bei der ...schule in B. mit befriedigendem Ergebnis erfolgreich ab und wurde zum 1. Oktober 1990 zum Stab ... Abteilung ... als Triebwerkprüffeldwebel versetzt. Zuletzt wurde er zum 1. Juli 2003 zur .../... Abteilung ... als Luftfahrzeugnachprüfer und - in Zweitfunktion - als S 2 Feldwebel versetzt, von der er aber mittlerweile freigestellt wurde.

4 Der Soldat wurde bisher elfmal planmäßig beurteilt, wobei sich seine Bewertungen in der gebundenen Beschreibung von 1980 bis 1998 im Durchschnitt jeweils steigerten. In der letzten planmäßigen Beurteilung vom 22. November 2004, erstellt durch den Staffelchef Stabsstaffel/... Abteilung ..., erhielt der Soldat in der gebundenen Beschreibung viermal die Wertung „7“, elfmal die Wertung „6“ und einmal die Wertung „5“, mithin im Schnitt 6,18. Bei „Eignung und Befähigung“ erhielt der Soldat im Bereich „Verantwortungsbewusstsein“ und „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“ jeweils die Wertung „E“ und in den Bereichen „Geistige Befähigung“ und „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung“ die Wertung „D“.

5 Unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen“ wird ausgeführt:
„HptFw K. ist ein erfahrener, ausgeglichener, gewissenhafter und mit sehr viel Eigeninitiative ausgestatteter Portepeeunteroffizier. Er geht offen und ehrlich auf seine Gesprächspartner zu und kommt ohne Umschweife auf den Punkt. Gerade während der Umstrukturierung der Abteilung hat er Stehvermögen und hohen persönlichen Einsatz gezeigt. In der Diskussion selbstsicher vertritt er seine klaren eigenen Vorstellungen. Mit seiner humorvollen und gesprächsbereiten Art schafft er eine angenehme Atmosphäre und trägt dadurch entscheidend zum guten Betriebsklima in seinen Fachbereichen mit bei. Im Kreis der Unteroffiziere ist er eine feste Größe und allseits anerkannt. Auf den ersten Blick bisweilen etwas lässig wirkend ist sein berufliches Selbstverständnis tadellos. Physisch und psychisch ist HptFw K. voll belastbar. Eine Bewährung im Auslandseinsatz, schon vor dem Hintergrund des breiten Erfahrungshorizonts, steht somit außer Frage. Insgesamt ein sehr leistungsbereiter, umsichtiger und verantwortungsbewusster Portepeeunteroffizier, der voll und ganz hinter seinen Aufgabengebieten steht. Die Eignung zum Oberstabsfeldwebel ist erkennbar.“

6 Der nächsthöhere Vorgesetzte, Oberstleutnant T., nahm hierzu wie folgt Stellung:
„HptFw K. konnte sich erheblich steigern. Er hebt sich inzwischen deutlich vom Gros der vergleichbaren Portepee ab. Jungen Soldaten - ohne Überheblichkeit - sein herausragendes Fachwissen weiterzugeben, sich unermüdlich für die Flugsicherheitsarbeit einzusetzen und mit außergewöhnlicher Eigenständigkeit als Lfz-Nachprüferfeldwebel oder als S 2-Fw der Abteilung sich einzubringen, zeichnen den leistungswilligen Portepee aus. Insbesondere seinem herausragenden Engagement und seinem außergewöhnlichen Organisationsgeschick ist es zu verdanken, dass die Stabsabteilung S 2 über eine gute Reputation verfügt. - Das war eine ‚erstklassige Leistung’ -. HptFw K. verfügt über eine vertrauenswürdige charakterstarke Persönlichkeit - Voraussetzung für die Erfüllung der sensitiven Aufgaben als S 2-Fw -. Dass HptFw K. physisch wie psychisch voll belastbar ist, hat er trotz dienstlicher Doppelbelastungen bewiesen. Gleichwohl darf er in der Erhaltung seiner Vitalität und Fitness nicht nachlassen. Mit diesem Persönlichkeits- und Leistungsbild hat er deutlich an Profil hinzugewonnen.“

7 In der Sonderbeurteilung vom 21. März 2007, bereits nach dem neuen Beurteilungssystem erstellt, erhielt der Soldat unter dem Punkt Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten zweimal die Wertung „8“ und siebenmal die Wertung „7“, sodass er einen Durchschnittswert in der Aufgabenerfüllung von 7,22 erzielte. In der zusammenfassenden Beschreibung der Persönlichkeit wird ausgeführt:
„Hauptfeldwebel K. gehört zweifelsfrei zu den lfz-technischen Leistungsträgern in der Vergleichsgruppe. Als Soldat ist er absolut loyal, besitzt ein hohes Maß an Integrität und eine authentische Persönlichkeit. Gerade wegen dieser vorbildlichen Merkmale nahm er bis August 2005 die sensible Aufgabe des S 2-Fw der Abteilung wahr. Sein praktisches Können ist unübertroffen. - Er ist sprichwörtlich ein passionierter „Bastler und Tüftler“. Dieses Geschick in Verbindung mit seinen positiven Charaktereigenschaften ist ursächlich für die förderliche Verwendung als LfzNachPrfFw und das gute, abteilungsübergreifende Renommee des Portepee. Daneben setzt er sich mit Leidenschaft für die berechtigten Belange der Soldaten - auch staffelübergreifend - ein. Dabei lässt er sich nicht „vor den Karren“ spannen. In diesem Lichte ist die Sozialkompetenz des Portepee das bestimmende Merkmal des Soldaten. Als militärischer Führer blickt er auf ca. 30 Jahre Berufserfahrung zurück. Ihm kann man kein ‚X für ein U’ vormachen. Dem Nachwuchs sein reichhaltiges Wissen und Können zu vermitteln, hat er sich auf seine ‚Fahne’ geschrieben. Dass er physisch wie psychisch stark belastbar ist, belegt er auch während der derzeitigen Doppelbelastung eindrucksvoll. - Mit seinen dienstlichen Leistungen hält er Kurs -. ... Die verbleibende, kurze Restdienstzeit und die funktionale Kompetenz sind die bestimmenden Einflussgrößen für die weitere berufliche Entwicklung des Portepee. Über das Potenzial für Spitzenverwendungen verfügt er. Wegen seiner kurzen Restdienstzeit erscheint aus hiesiger Sicht eine Umschulung auf den UH-Tiger unwirtschaftlich. Daher sollte sein Wissen und Können innerhalb des WaSys BO-105 vorzugsweise als LfzNachPrfFw oder als Zugfhr (VBH) genutzt werden.“

8 Der nächsthöhere Vorgesetzte bezieht sich in seinen Ausführungen unter Punkt 8.2 im Wesentlichen, überwiegend wortwörtlich, auf die Ausführungen des Beurteilenden. Hierauf wird im Einzelnen Bezug genommen.

9 Der frühere Disziplinarvorgesetzte des Soldaten, der Zeuge Hauptmann G., beschrieb den Soldaten in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht als einen von starkem Gerechtigkeitssinn geprägten Portepeeunteroffizier, der als Vertrauensperson sehr engagiert und als Berater der Unteroffiziere der Einheit bekannt und anerkannt sei. Von der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft sei er dem oberen Bereich des oberen Drittels der Portepeeunteroffiziere der Einheit zuzuordnen. Auch habe er nach Bekanntwerden der gegen ihn erhobenen Vorwürfe in seiner Leistung nicht nachgelassen. Die Vorwürfe entsprächen in keiner Weise dem Persönlichkeits- und Charakterbild, welches der Soldat seinem Disziplinarvorgesetzten bisher gezeigt habe. Von seiner Zweitfunktion als S 2-Feldwebel sei er wegen der Vorwürfe allerdings freigestellt worden.

10 Dem Soldaten wurde das Leistungsabzeichen Truppendienst in Bronze (1980), Silber (1980) und Gold (1984, 1994, 1996, 1997 und 2004) verliehen. Ebenso ist er Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr in Silber. Er erhielt zwei Anerkennungen im Vorschlagswesen der Bundeswehr (1984 und 1995). Insgesamt wurden ihm eine Leistungsstufe und drei Leistungsprämien bewilligt: am 1. September 2001 eine Leistungsstufe und Leistungsprämien am 13. September 2002 in Höhe von 1 000 €, am 10. September 2003 in Höhe von ebenfalls 1 000 € und am 1. September 2004 in Höhe von 1 200 €.

11 Nach der Zentralregisterauskunft vom 20. März 2007 ist der Soldat nicht vorbestraft. Der Disziplinarbuchauszug vom 7. März 2007 weist vier förmliche Anerkennungen wegen vorbildlicher Pflichterfüllung aus und zwar vom 24. November 1982, 11. Dezember 1986, 10. September 1992 und 17. Dezember 1998.

12 Der verheiratete Soldat hat eine 26-jährige Tochter und einen 19-jährigen Sohn. Nach Auskunft der Wehrbereichsverwaltung ... vom 7. März 2007 erhält der Soldat monatlich brutto 2 854,30 €, wobei ihm tatsächlich 2 833,04 € ausbezahlt werden.
2. Hauptfeldwebel N.

13 Der heute 37 Jahre alte Soldat trat nach abgeschlossener Ausbildung zum Elektroinstallateur aufgrund seiner Bewerbung für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr im Zuge einer Eignungsübung am 1. Oktober 1991 seinen Dienst bei der ...schule ... in B. an. Mit Wirkung vom 1. Februar 1992 wurde er unter Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Hauptgefreiten ernannt. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf vier Jahre und später auf zwölf Jahre verlängert. Mit Urkunde vom 5. Juli 1999 wurde ihm die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich am 31. Mai 2025 enden.

14 Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt am 11. Juli 2002 zum Hauptfeldwebel.

15 Mit Verfügung vom 19. November 1991 wurde der Soldat zur .../... Abteilung ... nach R. versetzt. Er wurde dort als Luftfahrzeugausrüstermechaniker verwendet. Nach der Zulassung zur Laufbahn der Unteroffiziere durchlief der Soldat die notwendigen Lehrgänge mit Erfolg. Den Feldwebellehrgang Teil 2 an der ...schule in B. bestand er mit der Note „befriedigend“. Mit Verfügung vom 5. April 2000 wechselte der Soldat in der .../... Abteilung ... vom Dienstposten Luftfahrzeugausrüsterfeldwebel Panzerabwehrhubschrauber/Verbindungshub-schrauber zum Luftfahrzeugelektronikfeldwebel BO 105. Im Zeitraum von Januar bis August 2002 wurde der Soldat zum Nachprüfer der Fachrichtungen Luftfahrzeugelektronik und Luftfahrzeugavionik, Waffensystem BO 105 ausgebildet. Nach erfolgreichem Abschluss und weiteren Fortbildungen zum Luftfahrzeugprüfer „Tiger“ erwarb der Soldat am 28. September 2006 die Nachprüfererlaubnis der Fachrichtung Luftfahrzeugavionik am Waffensystem BO 105. Mit Verfügung vom 25. Mai 2007 wurde der Soldat zum 29. Mai 2007 vom Stab/ Stabsstaffel ... Abteilung in R. zur .../... Abteilung ... in Ni. versetzt, wo er bis heute seinen Dienst als Luftfahrzeugnachprüfer verrichtet. Mit Schreiben vom 26. April 2004 wurde dem Soldaten mitgeteilt, dass seinem Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 23. April 2003 nicht entsprochen werden konnte.

16 In der letzten planmäßigen Beurteilung zum 31. März 2005 erhielt der Soldat im Bereich F. „Leistungen im Beurteilungszeitraum/Einzelmerkmale“ viermal die Wertung „5“, elfmal die Wertung „6“ und einmal die Wertung „7“. Die „Eignung und Befähigung“ wurde jeweils („Verantwortungsbewusstsein“, „Geistige Befähigung“, „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung“ und „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“) mit der Stufe „D“. bewertet. Die Förderungswürdigkeit bewertete der nächsthöhere Vorgesetzte mit „D“.

17 In der letzten Sonderbeurteilung vom 26. September 2007, die nach dem neuen Beurteilungssystem erstellt wurde, erhielt der Soldat hinsichtlich der „Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten“ viermal die Wertung „6“, dreimal die Wertung „7“, zweimal die Wertung „8“ und einmal die Wertung „9“. Zusammenfassend beschreibt ihn der Beurteilende im Wesentlichen als einen offenen, ständig aktiven und erfahrenen Unteroffizier mit Portepee mit gewachsener und gefestigter Persönlichkeit. Herausragende charakterliche Merkmale seien seine Zielstrebigkeit, Entschlossenheit, seine außergewöhnliche Direktheit und sein Ehrgeiz. Er sei für die Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in außergewöhnlichem Maße geeignet. Im Übrigen wird auf den Text der Beurteilung Bezug genommen.

18 Der damalige Disziplinarvorgesetzte des Soldaten, der Zeuge Hauptmann G., hat in der Hauptverhandlung bekundet, auch nach Bekanntwerden des Vorfalls sei der Soldat in seinen Leistungen nicht eingebrochen. Seinen Charakter bezeichne er als jugendhaft und etwas vorschnell. Im fachlichen Bereich gehöre er der Spitzengruppe an, aber auch im allgemeinen militärischen Bereich seien seine Leistungen immer im oberen Bereich gewesen.

19 Mit Bescheid vom 25. Oktober 2001 wurde für den Soldaten vom 1. November 2001 eine „Leistungsstufe“ in Anerkennung seiner dauerhaft herausragenden Gesamtleistungen festgesetzt. Als Anerkennung seiner bereits über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten erbrachten besonderen Leistungen als Luftfahrzeugelektroniknachprüffeldwebel erhielt der Soldat mit Verfügung vom 28. Mai 2003 widerruflich eine monatliche Leistungszulage in Höhe von 100 € für die Dauer von zwölf Monaten. Dem Soldaten wurde die Schützenschnur in Bronze, das Abzeichen Technisches Personal in Bronze, das Abzeichen Leistungen im Truppendienst Silber, das Abzeichen Leistungen im Truppendienst Stufe III, das Abzeichen Leistungen im Truppendienst Stufe III 2. Wiederholung, das Abzeichen Technisches Personal in Silber und in Gold sowie das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Bronze verliehen. Für die Teilnahme am Auslandseinsatz der Bundeswehr im Rahmen der internationalen Sicherheitspräsenz zur weiteren Stabilisierung des Friedensprozesses (EUFOR) erhielt der Soldat am 27. November 2006 die Einsatzmedaille der Bundeswehr in Bronze und am 19. Januar 2007 die „European Security Defence Policy Service Medal - ALTHEA“.

20 Der Auszug aus dem Zentralregister vom 25. September 2007 sowie der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 10. Mai 2006 weisen keine Eintragungen auf.

21 Der ledige Soldat hat keine Kinder. Nach Auskunft der Wehrbereichsverwaltung ... - Gebührniswesen - vom 20. September 2007 erhält der Soldat monatlich brutto 2 332,80 €, wobei ihm tatsächlich 1 889,68 € ausbezahlt werden.

II

22 Aufgrund einer Abgabe des Kommandeurs ... Abteilung ... vom 8. August 2005 an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht N. nach § 33 Abs. 3 WDO kam es zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Soldaten wegen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn, welches die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 18. November 2005 gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt hat.

23 In dem mit Verfügung des Kommandeurs Division ... vom 18. April 2006, dem Soldaten am 2. Mai 2006 ausgehändigt, ordnungsgemäß eingeleiteten, im Wesentlichen sachgleichen gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten in der am 9. August 2006 zugestellten Anschuldigungsschrift vom 5. Juli 2006 folgenden Sachverhalt als Dienstvergehen zur Last gelegt, sowie diesen in der hierzu eingereichten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 30. November 2006, dem Soldaten am 5. Dezember 2006 zugestellt, ergänzt:
„Am 23. Mai 2005 stellte der Soldat beim Rechnungsführer der Stabsstaffel ...regiment ..., ...-Kaserne einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für eine Dienstreise nach L. (Frankreich) vom 18.05.2005 bis 20.05 .2005, in welchem er wahrheitswidrig angab, dass er für die zwei Übernachtungen in der Unterkunft ‚...’ der französischen Streitkräfte in L. jeweils 15 € bezahlt habe, obwohl er wusste, oder zumindest hätte wissen können, dass er tatsächlich nur 3 € pro Nacht bezahlt hatte.“
„Die falschen Angaben im Reisekostenantrag vom 23.05.2005 machte der Soldat, um eine Reisekostenerstattung in Höhe von insgesamt 30 € anstatt 6 € zu erhalten.“
Hilfsweise Anschuldigung:
„Am 23.05.2005 stellte der Soldat beim Rechnungsführer der Stabsstaffel ...regiment ..., ...-Kaserne einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für eine Dienstreise in L. (Frankreich) vom 18.05.2005 bis 20.05 .2005, in welchem er wahrheitswidrig angab, dass er für eine Übernachtung vom 18.05.2005 bis 19.05 .2005 in der Unterkunft ‚...’ der französischen Streitkräfte in L. 15 € bezahlt habe, obwohl er wusste oder zumindest hätte wissen können, dass er tatsächlich nur 3 € bezahlt hatte.“
„Die falschen Angaben im Reisekostenantrag vom 23.05.2005 machte der Soldat, um eine höhere Reisekostenerstattung in Höhe von 15 € anstatt 3 € zu erhalten.“

24 Für den Fall, dass eine Bereicherungsabsicht nicht nachgewiesen werden kann, wurde insgesamt hilfsweise angeschuldigt:
„Am 23.05.2005 stellte der Soldat beim Rechnungsführer der Stabsstaffel ...regiment ..., ...-Kaserne einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für eine Dienstreise nach L. (Frankreich) vom 18.05.2005 bis 20.05 .2005, in welchem er wahrheitswidrig angab, dass er für die zwei, hilfsweise: nur für eine, Übernachtung(en) in der Unterkunft ‚...’ der französischen Streitkräfte in L. jeweils 15 € bezahlt habe, obwohl er wusste, dass er tatsächlich nicht 15 € pro Nacht bezahlt hatte.“

25 Mit Beschluss vom 6. November 2006 verband das Truppendienstgericht die gerichtlichen Disziplinarverfahren gegen den Soldaten, Hauptfeldwebel N. und Oberfeldwebel B. zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung. Der Soldat sowie Oberfeldwebel B. verzichteten nach Zustellung der Nachtragsanschuldigung in der Hauptverhandlung am 5. Dezember 2006 auf Einlassungs- und Vorbereitungsfristen, so dass gegen beide verhandelt werden konnte. Da Hauptfeldwebel N. diesen Verzicht nicht erklärte, wurde sein Verfahren abgetrennt.

26 Die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hielt den Vorwurf in der Anschuldigungsschrift für zutreffend und verhängte gegen den Soldaten durch Urteil vom 5. Dezember 2006 wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von zwölf Monaten. Sie würdigte sein Verhalten als vorsätzliche Verletzung seiner soldatischen Pflichten, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen (§ 7 SG), in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG) sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Der Soldat habe unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SG gehandelt und insgesamt vorsätzlich ein Dienstvergehen im Sinne des § 23 Abs. 1 SG begangen.

27 Bezüglich der weiteren Ausführungen der Truppendienstkammer, insbesondere zur Maßnahmebemessung, wird auf die Seiten 12 bis 25 des Urteils verwiesen.

28 Gegen dieses dem Soldaten am 8. Januar 2007 zugestellte Urteil hat sein Verteidiger mit Schriftsatz vom 5. Februar 2007, beim Truppendienstgericht eingegangen am selben Tage, Berufung in vollem Umfang eingelegt und beantragt, das Urteil der 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 5. Dezember 2006 aufzuheben und an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückzuweisen. Für den Fall der Nichtzurückverweisung beantragte der Verteidiger, den Soldaten freizusprechen.

29 Zur Begründung hat der Verteidiger im Wesentlichen vorgetragen:
Es lägen schwere Verfahrensverstöße vor, u.a. habe es die Wehrdisziplinaranwaltschaft versäumt, innerhalb von sechs Monaten die Sache abzugeben, um gegebenenfalls auch eine einfache Disziplinarmaßnahme gegen alle drei Soldaten - Hauptfeldwebel K., Hauptfeldwebel N., Oberfeldwebel B. - verhängen zu können. Dies werde ausdrücklich gerügt. Wegen weiterer vom Verteidiger vorgetragener Verfahrensverstöße wird im Einzelnen auf seinen Berufungsschriftsatz vom 5. Februar 2007 verwiesen. Das ausgesprochene Beförderungsverbot für die Dauer von zwölf Monaten sei nicht gerechtfertigt. Eine einfache Disziplinarmaßnahme hätte genügt. Das Truppendienstgericht habe verkannt, dass der Dienstherr bei seinen Entscheidungen nicht nur das dienstliche Interesse, sondern auch das Interesse des Soldaten zu berücksichtigen habe. Der Disziplinarvorgesetzte des Soldaten habe nichts getan, um die Ermittlungen objektiv zu führen. Ferner sei die Beweiswürdigung des Truppendienstgerichts fehlerhaft. Insbesondere das Aussageverhalten des Zeugen E. sei widersprüchlich. In der Vernehmung durch den Disziplinarvorgesetzten am 29. Juli 2005 habe er ausgesagt:
„In L. haben wir uns abgesprochen, dass wir bei der Reisekostenabrechnung 15 € angeben und keine Quittungen vorlegen.“

30 In der Vernehmung durch den Wehrdisziplinaranwalt habe der Zeuge E. hingegen folgendes gesagt:
„Ich kann nicht mehr genau sagen, wie die ‚Absprache’ aussah. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich mit Oberfeldwebel B. auf der Rückfahrt im Auto darüber gesprochen habe, dass wir bei der Abschlagszahlung mehr bekommen haben, als wir jetzt für die Übernachtung bezahlt haben und haben mit dem Gedanken gespielt, die 15 €, die ja bereits bei der Abschlagszahlung angesetzt waren, bei der Reisekostenerstattung stehen zu lassen.“

31 Auf Frage habe der Zeuge E. ergänzt:
„Ich kann nicht mehr sagen, ob wir alle vier vor der Abfahrt in L. darüber gesprochen haben, kann es aber auch nicht ausschließen.“

32 Demgegenüber habe der Zeuge E. in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht eine ganz andere Aussage gemacht. Nachdem in L. eine die Soldaten betreuende Hauptgefreite ihnen mitgeteilt habe, dass deutlich weniger als 15 € pro Übernachtung zu zahlen sei, sei man bei einem Gespräch, welches in einer Wartungshalle in L. stattgefunden habe, übereingekommen, nach der Rückkehr in Deutschland jeweils 15 € pro Nacht als Übernachtungskosten bei der Reisekostenabrechnung anzugeben, um in voller Höhe im Besitz des bereits bezahlten Abschlags bleiben zu können. Auf der Rückfahrt nach Deutschland, die er gemeinsam mit Oberfeldwebel B. durchgeführt habe, habe er sich bei diesem nochmals erkundigt, ob es denn bei der in L. getroffenen Absprache hinsichtlich der Angabe der Übernachtungskosten mit 15 € bleibe. Dies sei ihm seitens Oberfeldwebel B. auch so bestätigt worden. Er selber gebe an, einen Beleg erhalten zu haben, den er dann vor Rückkehr nach Deutschland habe verschwinden lassen. Auf Rückfrage habe er jedoch erklärt, dass er sich an die getroffene Absprache im Rahmen eines Gespräches in einer Wartungshalle in L. aber sehr wohl erinnern könne.

33 Das Truppendienstgericht hätte erkennen müssen, dass bei einem Vergleich mit den vorangegangenen Aussagen des Zeugen E. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser im Hauptverhandlungstermin am 5. Dezember 2006 gemachten Aussagen offenkundig seien. Ferner hätte Oberfeldwebel D. dazu beigetragen, dass der Soldat davon ausgehen musste, die Reise pauschal mit 15 € pro Nacht abrechnen zu dürfen. Der Zeuge D. habe in einem gemeinsamen Gespräch mit dem Leiter der Truppenverwaltung eingeräumt, nicht gesagt zu haben, der Soldat solle 15 € eintragen, aber gesagt zu haben, die Übernachtungen in L. würden mit 15 € pauschal abgerechnet werden. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass das Truppendienstgericht seine Verurteilung zu Unrecht auf die Zeugenaussagen E. und D. gestützt habe. Das Truppendienstgericht hätte, anstatt die rechtliche Beurteilung des Zeugen D. zu übernehmen, zunächst selbst die Rechtslage überprüfen müssen. Für die streitgegenständliche Reise habe eine Kommandierung gefehlt. Aus dieser Kommandierung hätte sich aber der Abrechnungsmodus ergeben müssen. Bei der Abrechnung seien die Begriffe „Lehrgang“, „Dienstleistung“, „besonderes Dienstgeschäft“ zu unterscheiden. Bei der streitgegenständlichen Reise habe es sich um eine Dienstleistung gehandelt. Daher hätte die Abrechnung nach der Auslandsreisekostenverordnung in Verbindung mit den allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Neufestsetzung der Auslandstage- und Auslandsübernachtungsgelder vom 29. Oktober 2004 erfolgen müssen. Daraus ergebe sich: „Für notwendige Übernachtungen ohne belegmäßigen Nachweis beträgt das Auslandsübernachtungsgeld nach § 3 Abs. 1 und 2 ARV 50 % des in der Anlage, in Spalte 3 ausgewiesenen Betrages, höchstens jedoch 30 €.“ Deshalb hätte der Soldat ohne Beleg pro Übernachtung 30 € Auslandsübernachtungstagegeld bekommen müssen. Insbesondere die Bestimmung im Erlass vom 18. Dezember 1989 würde nicht gelten. Diese sei Rechtsgrundlage lediglich für „Besondere Dienstgeschäfte“. Ein solches hätte jedoch nicht vorgelegen. Zudem hätte im Dienstreiseantrag vom 17. Mai 2005 in Ziffer 4 gestanden: „Unentgeltliche Unterkunft des Amtes wegen oder BOQ/VOQ Unterkunft steht nicht bereit“. Aufgrund dessen sei eine Abrechnung im Wege der Aufwandsvergütung nicht mehr möglich gewesen. Da deshalb der Erlass vom 18. Dezember 1989 keine Anwendung fände, hätte nach der allgemeinen Reisekostenregelung abgerechnet werden müssen. Nach diesen Bestimmungen des Reisekostenrechts sei eine pauschale Abrechnung der streitgegenständlichen Dienstreise zulässig.

34 Die Abrechnungspraxis der Truppenverwaltung sei widersprüchlich. So habe die Truppenverwaltung in einer Reisekostenabrechnung des Hauptfeldwebels N. vom 11. August 2006 in Feld 16 folgendem handschriftlichen Satz eingefügt:
„Ü-Geld analog zum Satz der BOQ Unterkunft; eine Nacht à 15 €“.

35 Im Feld 4 des Antrages sei angekreuzt, dass eine unentgeltliche Unterkunft des Amtes wegen oder BOQ/VOQ Unterkunft nicht bereitstehe. Damit sei die Aussage des Zeugen D. in der Hauptverhandlung widerlegt, er habe mit Frau Sch. darüber gesprochen, was einzutragen gewesen sei und Frau Sch. habe gesagt, es müsse eine Rechnung/Quittung vorgelegt werden, sonst könne man nicht abrechnen. Ein Jahr später sei aber gerade von Frau Sch., Herrn S. und Herrn D. die vorgenannte Abrechnung des Herrn N. ohne Vorlage von Nachweisen in Höhe von 15 € als Übernachtungsgeld akzeptiert worden. Ferner hätte nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts A. vom 9. Mai 2007, Az.: ..., welches N. erstritten habe, die in Streit befindliche Dienstreise nach der Auslandsreisekostenverordnung abgerechnet werden müssen, wobei dem Kläger 30 € pro Nacht zugestanden hätten. Die Wehrdisziplinaranwaltschaft habe in ihrer Anschuldigungsschrift gegen den Soldaten und in der Nachtraganschuldigungsschrift diesen Sachverhalt keinerlei verwaltungsrechtlicher Würdigung unterzogen. Ebenso wenig hätte dies das Truppendienstgericht in dem angegriffenen Urteil getan.

36 Hinsichtlich weiterer Ausführungen wird auf die Berufungsschrift des Soldaten vom 5. Februar 2007 und ergänzende Schreiben verwiesen.
2. Hauptfeldwebel N.

37 Am 10. August 2005 gab der Staffelchef Stab/Stabsstaffel ... Abteilung ... die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Soldaten wegen des Verdachts, zum Nachteil des Dienstherrn mittels einer falsch ausgestellten Reisekostenabrechnung betrogen zu haben, an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht N. nach § 33 Abs. 3 WDO ab. Die Staatsanwaltschaft leitete unter dem Az.: ... ein Ermittlungsverfahren gegen den Soldaten ein, welches mit Verfügung vom 26. September 2005 gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt wurde.

38 In dem mit Verfügung des Kommandeurs Division ... vom 18. April 2006, dem Soldaten am 2. Mai 2006 ausgehändigt, ordnungsgemäß eingeleiteten, im Wesentlichen sachgleichen gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten in der am 31. Juli 2006 zugestellten Anschuldigungsschrift vom 4. Juli 2006 folgenden Sachverhalt als Dienstvergehen zur Last gelegt sowie diesen in der hierzu eingereichten Nachtragsanschuldigungsschrift vom 30. November 2006, dem Soldaten zugestellt am 5. Dezember 2006, ergänzt:
„Am 23. Mai 2005 stellte der Soldat beim Rechnungsführer der Stabsstaffel ...regiment ..., ...-Kaserne, einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für einen Dienstreise nach L. (Frankreich) vom 18.05.2005 bis 20.05 .2005, in welchem er wahrheitswidrig angab, dass er für zwei Übernachtungen in der Unterkunft ‚...’ der französischen Streitkräfte in L. jeweils 15 € bezahlt habe, obwohl er wusste, oder zumindest jedoch hätte wissen können, dass er tatsächlich nur 3 € pro Nacht bezahlt hatte.“
„Die falschen Angaben im Reisekostenantrag vom 23. Mai 2005 machte der Soldat, um eine Reisekostenerstattung in Höhe von insgesamt 30 € anstatt 6 € zu erhalten.“
Hilfsweise Anschuldigung:
„Am 23.05.2005 stellte der Soldat beim Rechnungsführer der Stabsstaffel ...regiment ..., ...-Kaserne, einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für eine Dienstreise nach L. (Frankreich) vom 18.05.2005 bis 20.05 .2005, in welchem er wahrheitswidrig angab, dass er für eine Übernachtung vom 18.05.2005 bis 19.05 .2005 in der Unterkunft ‚...’ der französischen Streitkräfte in L. 15 € bezahlt habe, obwohl er wusste oder zumindest hätte wissen können, dass er tatsächlich nur 3 € für die Nacht bezahlt hatte.“
„Die falschen Angaben im Reisekostenantrag vom 23.05.2005 machte der Soldat, um eine höhere Reisekostenerstattung in Höhe von 15 € anstatt 3 € zu erhalten.“

39 Für den Fall, dass eine Bereicherungsabsicht nicht nachgewiesen werden kann, hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft mit Nachtragsanschuldigungsschrift vom 30. November 2006, dem Soldaten am 5. Dezember 2006 zugestellt, hilfsweise folgenden Vorwurf gegen den Soldaten erhoben:
„Am 23.05.2005 stellte der Soldat beim Rechnungsführer der Stabsstaffel ...regiment ..., ...-Kaserne, einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für eine Dienstreise nach L. (Frankreich) vom 18.05.2005 bis 20.05 .2005, in welchem er wahrheitswidrig angab, dass er für die zwei, hilfsweise: nur für eine, Übernachtung(en) in der Unterkunft ‚...’ der französischen Streitkräfte in L. jeweils 15 € bezahlt habe, obwohl er wusste, dass er tatsächlich nicht 15 € pro Nacht bezahlt hatte.“

40 Die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hielt den Vorwurf in der Anschuldigungsschrift für zutreffend und verhängte gegen den Soldaten durch Urteil vom 19. Juni 2007 wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von zwölf Monaten. Sie würdigte das Verhalten des Soldaten als vorsätzliche Verletzung seiner soldatischen Pflichten, der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 7 SG treu zu dienen, in dienstlichen Angelegenheiten gemäß § 13 Abs. 1 SG die Wahrheit zu sagen sowie gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 SG der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert. Als Vorgesetzter habe er unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SG gehandelt und insgesamt vorsätzlich ein Dienstvergehen im Sinne des § 23 Abs. 1 SG begangen.

41 Bezüglich der weiteren Ausführungen der Truppendienstkammer, insbesondere zur Maßnahmebemessung, wird auf die Seiten 15 bis 18 des Urteils verwiesen.

42 Gegen dieses dem Soldaten am 1. August 2007 zugestellte Urteil hat sein Verteidiger mit Schriftsatz vom 14. August 2007, beim Truppendienstgericht eingegangen am selben Tag, Berufung in vollem Umfang eingelegt. Er beantragt,
das Urteil des Truppendienstgerichts Süd vom 19. Juni 2007, Az.: S 3 VL 18/06, aufzuheben und den Soldaten freizusprechen, hilfsweise, das Verfahren einzustellen.

43 Zur Begründung hat der Verteidiger im Wesentlichen vorgetragen:
Der Soldat habe keinen Reisekostenbetrug begangen, da es an einem Schaden zum Nachteil der Bundesrepublik Deutschland fehle. Im Gegenteil seien die angeblich unrichtig abgerechneten Übernachtungskosten deutlich niedriger als die Pauschaltarife in Höhe von 30 € pro Tag Frankreichaufenthalt, welche das Reisekostenrecht und die Ausführungsbestimmung der Bundeswehr hierzu gewährten. Es fehle daher schon am Vorsatz, die Bundesrepublik Deutschland schädigen zu wollen.
Durch das Urteil des VG A. vom 9. Mai 2007 (Az.: ...) sei rechtskräftig festgestellt worden, dass dem Soldaten für den streitgegenständlichen Zeitraum Übernachtungskosten in L. pauschal in Höhe von 30 € zuständen. Die Berufung gegen dieses Urteil habe der ... VGH mit Beschluss vom 22. Januar 2008 nicht zugelassen und ausgeführt, die vom Soldaten gewählte Unterkunft in L. sei keine VOQ/BOQ-Unterkunft gewesen, da nach den Rechnungsbelegen das Entgelt ausdrücklich als Preis „(prix)“ bezeichnet worden sei. Dies spreche gegen eine Übernachtungsgebühr und für ein Übernachtungsentgelt. Für eine weitere Dienstreise nach L. vom 7. bis 10. August 2006 habe die Wehrbereichsverwaltung ... vom 18. Februar 2008 zudem dem Soldaten zugesagt, diese entsprechend dem Urteil des VG A. abzurechnen und ihn insofern klaglos zu stellen.

44 Man könne dem Soldaten auch nicht vorwerfen, gegen die Wahrheitspflicht verstoßen zu haben. Der Soldat sei in Kenntnis der überwiegenden Praxis der Truppenverwaltung davon ausgegangen, dass der hälftige Betrag des Auslandstagegelds von 30 € einzusetzen sei.
Ferner treffe den Dienstherrn ein erhebliches Mitverschulden. Die Unkenntnis des allgemeinen Verwaltungsrechts aber auch des Reisekostenrechts bei der Standorttruppenverwaltung sei erschreckend. Bis heute sei es dem Dienstherrn nicht gelungen, die Vorschriften über die BOQ/VOQ-Unterkünfte nachvollziehbar einzubringen, man belasse es bei pauschalen Aussagen vom Hörensagen. Bis heute wisse die Truppenverwaltung nicht, was falsch und was richtig sei. Auch ein Verbotsirrtum könne nicht ausgeschlossen werden, da der Soldat die damalige überwiegende Praxis der Truppenverwaltung gekannt habe und das Verwaltungsgericht A. ihm sogar 30 € Übernachtungsgeld zugesprochen habe. Auf jeden Fall sei eine Einstellung des Verfahrens angemessen. Selbst wenn man im Hinblick auf eine Wahrheitspflichtverletzung ein Verschulden des Soldaten annähme, sei aufgrund des Mitverschuldens des Dienstherrn kein Raum mehr für ein förmliches Disziplinarverfahren. Wegen Fristablauf sei es auch nicht möglich, eine einfache Disziplinarmaßnahme zu verhängen.

45 Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung und weitere Stellungnahmen der Verteidigung verwiesen.

III

46 1. Die Berufungen der Soldaten sind zulässig. Sie sind statthaft, ihre Förmlichkeiten sind gewahrt (§ 115 Abs. 1, § 116 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 WDO).

47 2. In den Verfahren, die der Senat mit Beschluss vom 31. März 2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, sind beide Rechtsmittel ausdrücklich und nach dem maßgeblichen Inhalt ihrer Begründungen in vollem Umfang eingelegt worden. Der Senat hat deshalb im Rahmen der Anschuldigung (§ 107 Abs. 1 i.V.m. § 123 Satz 3 WDO) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen, diese rechtlich zu würdigen und gegebenenfalls die angemessene Disziplinarmaßnahme zu finden, wobei er an das Verschlechterungsverbot (§ 331 Abs. 1 StPO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO) gebunden ist.

48 3. Dem Antrag des Verteidigers des Soldaten K. auf Aufhebung des Urteils und Verweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd oder an ein anderes Truppendienstgericht zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung (§ 121 Abs. 2 WDO) ist nicht stattzugeben. Nach dieser Vorschrift steht es im Ermessen des Senats, ob er das angefochtene Urteil aufhebt und die Sache an eine andere Kammer desselben oder eines anderen Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweist, wenn er weitere Aufklärung für erforderlich hält oder wenn schwere Mängel des Verfahrens vorliegen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn das Urteil der Truppendienstkammer nicht hinreichende oder in sich widersprüchliche Tat- und Schuldfeststellungen getroffen hat (vgl. dazu u.a. Beschluss vom 11. Mai 1978 - BVerwG 2 WD 36.78 - BVerwGE 63, 72 <74>; Urteil vom 1. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 34.02 - BVerwGE 118, 262 = Buchholz 235.01 § 108 WDO 2002 Nr. 2 m.w.N.; vgl. zur Einordnung als schwerer Verfahrensmangel: Dau, WDO, 4. Aufl., Rn. 7 zu § 120). Dazu besteht hier keine Veranlassung.
Im Hinblick auf das in § 17 Abs. 1 WDO verankerte Beschleunigungsgebot für Disziplinarsachen und aus prozessökonomischen Gründen macht der Senat von der ihm durch § 120 Abs. 1 Nr. 2 und § 121 Abs. 2 WDO eingeräumten Befugnis zur Zurückverweisung nur in Ausnahmefällen Gebrauch. In aller Regel liegt es im berechtigten Interesse der Beteiligten, insbesondere auch des Angeschuldigten, wenn das Verfahren schnellstmöglich zum Abschluss gebracht wird (vgl. u.a. Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 WD 14.03 - BVerwGE 120, 166). Ein solcher Ausnahmefall (vgl. dazu u.a. Beschluss vom 30. Oktober 2007 - BVerwG 2 WD 22.06 - DokBer 2008, 80) liegt hier nicht vor.

49 a) Für die Beantwortung der Frage, welche Rechtsgrundlage für die Berechnung der Reisekosten einschlägig ist, bedarf es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen. Diese Rechtsfrage kann und hat der Senat zu klären.

50 b) Die Rüge, die Wehrdisziplinaranwaltschaft habe die Nachtragsanschuldigungsschrift verspätet eingereicht, vermag ebenfalls keinen Verfahrensfehler zu begründen. Mit dem Eingang der Anschuldigungsschrift bei dem Truppendienstgericht sind die darin erhobenen Vorwürfe rechtshängig geworden. Danach können neue oder weitere Vorwürfe im Rahmen des gerichtlichen Disziplinarverfahrens nur im Wege einer Nachtragsanschuldigung erhoben werden. Sie bedarf immer der Schriftform. Gemäß § 99 Abs. 2 WDO hat das Wehrdienstgericht das Verfahren auszusetzen, sofern der Wehrdisziplinaranwalt mitteilt, dass neue Pflichtverletzungen zum Gegenstand der Verhandlung gemacht werden sollen. § 99 Abs. 2 WDO schränkt aber die Möglichkeit einer solchen Mitteilung des Wehrdisziplinaranwalts nicht auf bestimmte Verfahrensabschnitte ein. Sie ist daher auch noch in der Hauptverhandlung zulässig. In diesem Fall hat der Vorsitzende jedoch dem Soldaten die Nachtragsanschuldigungsschrift zuzustellen und ihm eine hinreichende Äußerungsfrist einzuräumen (vgl. Beschluss vom 31. Mai 1979 - BVerwG 2 WD 29.79 - BVerwGE 63, 237 <239>). Eine solche ist jedoch nicht unverzichtbar. Mit Einverständnis des betroffenen Soldaten kann noch im selben Termin auch über die Vorwürfe der Nachtragsanschuldigung verhandelt und entschieden werden. Nur insoweit bedarf es überhaupt der Zustimmung des Soldaten (Beschluss vom 31. Mai 1979 a.a.O.). Die Wehrdisziplinaranwaltschaft war also, weil sie den Umfang der Vorwürfe nach Eröffnung der Hauptverhandlung erweitern wollte, gezwungen, die Nachtragsanschuldigung bei Gericht einzureichen. Die darin erhobenen Vorwürfe waren insofern neu, als die Anschuldigungsschrift um den Vorwurf der Bereicherungsabsicht des Soldaten erweitert wurde.

51 c) Entgegen der Auffassung der Verteidigung erfolgte die damit unmittelbar zusammenhängende Abtrennung des Verfahrens gegen den Soldaten N. nach Eröffnung der Hauptverhandlung zu Recht. Gemäß § 91 Abs 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 237 StPO kann ein Gericht im Falle eines Zusammenhangs zwischen mehreren bei ihm anhängigen Sachen eine Verbindung zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung anordnen. Am 5. Dezember 2006 hatte die Vertreterin der Wehrdisziplinaranwaltschaft nach dem Aufruf der Sache bezogen auf alle damals (drei) Angeschuldigten Nachtragsanschuldigungsschriften vom 30. November 2006 eingereicht. Den Soldaten wurde unter Einräumung einer angemessenen Frist Gelegenheit gegeben, sich zu den neuen Anschuldigungspunkten zu äußern. Da die Angeschuldigten K. und B. auf eine Einlassungsfrist verzichteten, der Hauptfeldwebel N. jedoch nicht, durfte das Verfahren gegen ihn nicht weitergeführt werden. In den beiden anderen Verfahren bestand hingegen kein Verfahrenshindernis.

52 d) Auch sonst liegen keine Gründe für eine Zurückverweisung vor. Die Einleitungsbehörde, vertreten durch die Wehrdisziplinaranwaltschaft, war nicht verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten die Angelegenheit an den für die Soldaten zuständigen Disziplinarvorgesetzten abzugeben. Gemäß §§ 92 und 93 WDO entscheidet allein diese auf Ersuchen der Wehrdisziplinaranwaltschaft darüber, ob sie gegen einen Soldaten das gerichtliche Disziplinarverfahren einleitet oder von der Einleitung absieht. Einer sechsmonatigen Entscheidungsfrist unterliegt sie dabei nicht. § 101 Abs. 1 WDO bestimmt zwar, dass, sofern sechs Monate nach Zustellung der Einleitungsverfügung die Anschuldigungsschrift nicht zugestellt wurde, das Truppendienstgericht angerufen werden kann, jedoch geschieht dies nicht von „Amts wegen“, sondern bedarf eines Antrags des Soldaten. Unabhängig davon wurde im vorliegenden Fall diese „Frist“ nicht überschritten.

53 e) Soweit die Verteidigung gerügt hat, die Wehrdisziplinaranwaltschaft habe einseitig zu Lasten der drei Soldaten ermittelt, führt auch dies nicht zu der beantragten Zurückverweisung. Abgesehen davon, dass dem Senat Anhaltspunkte für die Berechtigung des erhobenen Vorwurfs nicht vorliegen und auch nicht substantiiert vorgetragen worden sind, führen - unabhängig davon - unvollständige Ermittlungen der Wehrdisziplinaranwaltschaft grundsätzlich ohnehin nicht zu Verfahrensmängeln im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO bzw. § 121 Abs. 2 WDO. Nicht die Wehrdisziplinaranwaltschaft, sondern das erkennende Gericht hat auf der Grundlage des Ergebnisses der Hauptverhandlung über die Sache zu entscheiden. Auch die von der Verteidigung gerügte nicht vollständige Übersetzung einer Urkunde vermag keinen schweren Verfahrensmangel zu begründen, der eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Truppendienstgericht erforderlich machte. Denn die Beteiligten hatten hinreichende Gelegenheit, die Frage in der Hauptverhandlung zu erörtern, hierzu vorzutragen und ggf. Anträge zu stellen.

54 f) Ein schwerer Verfahrensmangel, der zur Zurückverweisung führen müsste, ist auch nicht darin zu erkennen, dass sich die Einleitungsbehörde der Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft beim Landgericht N. nicht angeschlossen hat. Auch wenn einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der gleiche Sachverhalt wie den disziplinaren Vorermittlungen zugrunde liegt, handelt es sich um verschiedene Verfahren. Die dogmatische Unterschiedlichkeit von Strafrecht und Disziplinarrecht verbietet eine gleichartige Bewertung des Sachverhalts. Das Disziplinarrecht ist im Unterschied zum Strafrecht darauf ausgerichtet, einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen (vgl. u.a. Urteile vom 2. Juli 1997 - BVerwG 2 WD 12.97 -, vom 13. Juli 1999 - BVerwG 2 WD 4.99 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 30, vom 21. Juni 2000 - BVerwG 2 WD 19.00 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 37 = Wehrr 2001, 33 = ZBR 2001, 53 und vom 28. Oktober 2003 - BVerwG 2 WD 8.03 - DokBer 2004, 178). Aufgrund der unterschiedlichen Gesichtspunkte, unter denen beide Rechtsgebiete zu betrachten sind - die Annahme einer geringen Schuld des Täters bei der Verwirklichung von Straftatbeständen bedeutet nicht, dass er nicht gegen Dienstpflichten verstoßen haben kann -, und der fehlenden Bindungswirkung einer strafrechtlichen Verfahrenseinstellung für das gerichtliche Disziplinarverfahren ist die Entscheidung der Einleitungsbehörde, der Staatsanwaltschaft nicht zu folgen, nicht zu beanstanden

55 4. Beide Berufungen sind begründet.

56 Die Soldaten haben ein Dienstvergehen gemäß § 23 Abs. 1 SG begangen. Der Senat hat jedoch das gerichtliche Disziplinarverfahren - mit Zustimmung des Bundeswehrdisziplinaranwalts - wegen § 17 Abs. 2 WDO eingestellt, weil zur Ahndung des Dienstvergehens lediglich eine einfache Disziplinarmaßnahme angemessen gewesen wäre, die aber wegen Zeitablaufs nicht mehr verhängt werden kann.

57 a) Aufgrund der Einlassungen der beiden Soldaten hat der Senat folgenden Sachverhalt, wie in der Anschuldigungsschrift vorgeworfen, festgestellt:
Die Soldaten K. und N. haben am 23. Mai 2005 bei Oberfeldwebel D., dem Rechnungsführer der Stabsstaffel ...regiment ..., ...-Kaserne, einen Antrag auf Gewährung von Reisekosten für eine Dienstreise nach L. (Frankreich) vom 18. Mai 2005 bis 20. Mai 2005 gestellt, in welchem sie jeweils wahrheitswidrig angaben, für zwei Übernachtungen in der Unterkunft „...“ der französischen Streitkräfte in L. jeweils 15 € bezahlt zu haben, obwohl sie wussten, dass sie tatsächlich jeweils lediglich 3 € pro Nacht bezahlt hatten. Die falschen Angaben in den Reisekostenanträgen vom 23. Mai 2005 machten die Soldaten, um eine Reisekostenerstattung in Höhe von insgesamt 30 € statt 6 € zu erhalten. Dies haben die beiden Soldaten in der Berufungshauptverhandlung auf Befragen ausdrücklich eingeräumt. Der Senat hat keine Veranlassung, an der inhaltlichen Richtigkeit ihrer Geständnisse zu zweifeln, die sich im Kern mit ihren diesbezüglichen früheren Einlassungen decken und mit den von der Wehrdisziplinaranwaltschaft ermittelten Beweismitteln übereinstimmen.
b) Dieser Sachverhalt ist disziplinarrechtlich wie folgt zu würdigen:

58 Die Soldaten verstießen mit ihrem festgestellten Verhalten gegen ihre Pflicht, in dienstlichen Angelegenheiten gemäß § 13 Abs. 1 SG die Wahrheit zu sagen, indem sie in ihrer jeweiligen Reisekostenabrechnung im Feld 16 mit der Formulierung „Unterkunftskosten SRL o.A. pro Nacht 15 € wurde bar bezahlt“ vorgaben, pro Übernachtung 15 € gezahlt zu haben, obwohl es tatsächlich nur 3 € waren.
Sie handelten vorsätzlich. Dabei kommt es nicht darauf an, von wem die von ihnen gewählte Formulierung stammt. Letztlich haben die Soldaten, die die wahre Sachlage kannten, jeweils den Reisekostenantrag unterschrieben und sich somit den objektiv falschen Inhalt ihrer Eintragung zu eigen gemacht. Die Soldaten als erfahrene Hauptfeldwebel wussten, dass sie in dienstlichen Angelegenheiten stets die Wahrheit zu sagen haben, worauf sie im Formular „Reisekostenberechnung“ nochmals schriftlich hingewiesen wurden.

59 Die Soldaten haben ferner gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen. Sie sind nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden, die ihr Dienst als Soldat erfordert. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen diese Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob eine Ansehensschädigung im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist. Es reicht vielmehr aus, dass das Verhalten des Soldaten geeignet war, eine das Ansehen schädigende Wirkung auszulösen. Die Norm stellt allein auf das Verhalten des Soldaten ab (stRspr, u.a. Urteil vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 2 WD 15.04 -). Dadurch, dass die Soldaten gegenüber ihrem Dienstherrn die Unwahrheit angaben, haben sie dazu beigetragen, bei ihren Vorgesetzten in erheblichem Maße an Vertrauen einzubüßen. Das führte dann auch zur Abgabe des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft und zur Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens. Aber auch gegenüber den Kameraden ist dieses Verhalten geeignet, in deren Augen an Achtung zu verlieren. Die Soldaten handelten vorsätzlich. Denn sie wussten und wollten, was sie taten.

60 Ob die beiden Soldaten durch ihre wahrheitswidrigen Angaben in der Reisekostenabrechnung vom 23. Mai 2005 auch einen versuchten Betrug zu Lasten ihres Dienstherrn (§ 263 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 StGB) begangen haben, hätte weiterer Aufklärung bedurft, kann hier aber dahinstehen, weil der Senat selbst in diesem Falle aufgrund der besonderen Gesamtumstände eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme nicht für erforderlich gehalten hätte und damit das Verfahren auch dann bei Feststellung eines Dienstvergehens einzustellen gewesen wäre.

61 Im Falle des Nachweises eines entsprechenden Vorsatzes hätte es sich allenfalls um einen untauglichen Betrugsversuch gehandelt, denn ein Vermögensschaden konnte aufgrund der Rechtslage nicht eintreten. Nach der vom Soldaten N. erstrittenen rechtskräftigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (Urteil des Verwaltungsgerichts A. vom 9. Mai 2007, Az.: ...) hätte die in Rede stehende Dienstreise pauschal mit 30 € pro Nacht abgerechnet werden müssen, da der Inhalt der Dienstreiseanordnung vom 17. Mai 2005 eine Nutzung von BOQ/VOQ-Unterkünften ausschloss und diese Bestimmung die Parteien bindet. Der Senat hat keine Veranlassung, diese von dem sachlich und örtlich zuständigen Gericht rechtskräftig entschiedene Rechtsfrage im Rahmen einer Inzidentprüfung anders zu beantworten, zumal diese Rechtsfrage im Rechtsverhältnis zwischen dem Soldaten N. und der Bundesrepublik Deutschland wegen der Rechtskraft des Urteils verbindlich geklärt ist.

62 Auch wenn diese Entscheidung nur den Soldaten N. betrifft, wäre es nicht gerechtfertigt, die rechtskräftig erfolgte Klärung der in Rede stehenden Rechtsfrage nicht auch im Rechtsverhältnis zwischen dem Soldaten K. und der Bundesrepublik Deutschland zugrunde zu legen. Denn es handelt sich um in allen wesentlichen Punkten gleichgelagerte Fälle, die eine materiell-rechtlich unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht gestatten. Hinzu kommt, dass die Truppenverwaltung in dem zweiten von dem Soldaten N. gegen sie eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Verfahren diesen entsprechend dem rechtskräftigen Urteil vom 9. Mai 2007 klaglos gestellt hat und nunmehr auch für die Dienstreise vom 7. bis 10. August 2006 einen pauschalen Übernachtungsbetrag von 30 € pro Nacht abrechnete und damit selbst von dieser Rechtslage ausging.

63 Zwar begründet nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats eine Straftat, auch wenn es sich um eine Versuchsstraftat handelt, in der Regel eine Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG). Zu der in § 7 SG normierten Pflicht zum „treuen Dienen“ gehört vor allem die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung, insbesondere die Beachtung der Strafgesetze (Urteile vom 28. September 1990 - BVerwG 2 WD 27.89 - BVerwGE 86, 321 <326>, vom 28. Januar 2004 - BVerwG 2 WD 13.03 - BVerwGE 120, 105 <107>, vom 22. März 2006 - BVerwG 2 WD 7.05 - Buchholz 450.2 § 107 WDO 2002 Nr. 2 = DokBer 2006, 274 <jeweils insoweit nicht veröffentlicht> jeweils m.w.N. und Urteil vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 55).

64 Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles kann offenbleiben, ob die Soldaten sich eines versuchten untauglichen Betruges schuldig gemacht haben. Denn selbst bei Vorliegen eines solchen untauglichen Versuchs, bei dem das Vermögen des Dienstherrn nicht geschädigt wurde und - aufgrund der für den vorliegenden Fall gerichtlich geklärten Rechtslage im Reisekostenrecht - auch nicht hätte geschädigt werden können, handelte es sich hier um keinen Verstoß gegen § 7 SG. Jedenfalls wöge dann die Pflichtverletzung auch in Ansehung der festgestellten gleichzeitigen Verletzung der Wahrheitspflicht (§ 13 SG) nicht so schwer, dass die Verhängung einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme erforderlich und geboten wäre. Denn jedes Treueverhältnis beruht auf Gegenseitigkeit. „Treugeber“ und „Treunehmer“ schulden einander wechselseitige Treue, also vor allem Loyalität sowie Sorgfalt und Verlässlichkeit bei der Erfüllung der wechselseitigen Pflichten. Im vorliegenden Fall schuldete der Dienstherr beiden Soldaten für die in Rede stehende Dienstreise nach L. deutlich mehr an Übernachtungskosten, als diese von ihm begehrten. Die Soldaten gingen irrigerweise davon aus, ihnen würden nur die tatsächlich von ihnen verauslagten Kosten (2 x 3 €) zustehen, obwohl sie in Wirklichkeit pauschal mehr hätten abrechnen können. Denn aus den zuvor dargelegten Gründen standen ihnen von Rechts wegen für ihre in Rede stehende Dienstreise jeweils 30 € Reisekostenvergütung pro Nacht zu, die der Dienstherr hätte leisten müssen. Dies hat er jedoch aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht getan, wobei offen bleiben kann, worauf dieses - nach der rechtskräftig festgestellten Rechtslage objektive - Versäumnis des Dienstherrn im Einzelnen beruhte und aus welchem Grunde er es unterließ, die Soldaten auf die (wirkliche) Rechtslage hinzuweisen. Jedenfalls kann der Dienstherr angesichts einer im Vorfeld der gerichtlichen Klärung für alle Beteiligten offenkundig unklaren Rechts- und Vorschriftenlage, die er sich zurechnen lassen muss, und damit eines eigenen objektiven Versäumnisses gegenüber den Soldaten nicht den Vorwurf treuwidrigen Verhaltens erheben, wenn diese versucht haben, einen Teil des ihnen objektiv Zustehenden zu erhalten. Der Dienstherr hätte auch keinen Anspruch darauf gehabt, von den beiden Soldaten den von ihnen geltend gemachten Betrag zurückzuverlangen, selbst wenn diese bei der Beantragung der Reisekostenvergütung teilweise unrichtige Angaben gemacht hatten. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Truppenverwaltung ausweislich der Akten von beiden Soldaten die Abgabe einer dienstlichen Erklärung über die Höhe der tatsächlich in L. geleisteten Zahlungen verlangte, obwohl ihr diese Beträge bereits aufgrund einer telefonischen Erkundigung beim französischen „...“ und dessen Schreiben vom 30. Mai 2005 bekannt waren. Stattdessen hätte es im Rahmen des wechselseitigen Treueverhältnisses nahe gelegen, die Soldaten mit dem Ergebnis der Ermittlungen zu konfrontieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. So konnte der Eindruck entstehen, den Soldaten sei eine Falle gestellt worden.

65 Insgesamt haben die Soldaten gemäß § 23 SG i.V.m. § 13 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Satz 1 SG jeweils ein Dienstvergehen begangen, wobei sie als Vorgesetzte der verschärften Haftung des § 10 Abs. 1 SG unterliegen.

66 c) Die Verhängung einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme hat der Senat nicht für erforderlich gehalten.

67 Art und Maß einer Disziplinarmaßnahme sind abhängig von der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seinen Auswirkungen, dem Maß der Schuld, der Persönlichkeit, der bisherigen Führung sowie den Beweggründen des Soldaten (§ 38 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 7 WDO).

68 aa) Die Dienstvergehen der Soldaten wiegen nicht leicht. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats kommt der Wahrheitspflicht im militärischen Bereich hohe Bedeutung zu. Das ergibt sich schon daraus, dass sie unter allen Pflichtenregelungen des öffentlichen Dienstrechts allein im Soldatengesetz ausdrücklich normiert ist. Die Wahrheitspflicht, die sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 13 Abs. 1 SG auf dienstliche Angelegenheiten, also nicht nur auf die des engeren militärischen Bereichs, sondern auch auf alle mit dem Dienst zusammenhängenden Vorgänge bezieht, ist somit insbesondere in Verwaltungsangelegenheiten, wie z.B. der Erstattung von Reise- oder Umzugskosten und Trennungsgeld, zu erfüllen. Denn der Dienstherr ist auf wahrheitsgemäße Angaben des Antragstellers angewiesen, weil in diesem Bereich die Fakten vielfach nur schwer nachzuprüfen sind oder ihre vollständige Kontrolle hinsichtlich aller Details einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordert. Gerade deshalb wird von jedem Antragsteller auch die ausdrückliche Versicherung verlangt, dass seine Angaben in der Sache richtig sind (Urteile vom 23. November 1989 - BVerwG 2 WD 50.86 - BVerwGE 86, 218 <222> und vom 23. Mai 2000 - BVerwG 2 WD 51.99 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 36). Wenn ein Soldat in seinem Antrag auf Reisekostenvergütung außerdem die Richtigkeit seiner wahrheitswidrigen Angaben „pflichtgemäß“, mithin unter Berufung auf seine Dienstpflichten, versichert hat, so ist diese Tatsache erschwerend zu berücksichtigen (Urteil vom 23. Mai 2000 a.a.O.). Ein Soldat, der gegenüber Vorgesetzten und Dienststellen der Bundeswehr unwahre Erklärungen abgibt, büßt dadurch allgemein seine Glaubwürdigkeit ein (vgl. Urteile vom 24. Juni 1992 - BVerwG 2 WD 62.91 - BVerwGE 93, 265 = NZWehrr 1993, 76 <jeweils insoweit nicht veröffentlicht> und vom 23. Mai 2000 a.a.O.). Erschwerend kommt hinzu, dass die Soldaten im Dienstgrad eines Hauptfeldwebels in Vorgesetztenstellung gehandelt haben. Je höher ein Soldat in den Dienstgradgruppen steigt und je mehr Verantwortung ihm übertragen wird, umso mehr Achtung und Vertrauen genießt er; umso größer sind dann auch die Anforderungen, die an seine Zuverlässigkeit, sein Pflichtgefühl und sein Verantwortungsbewusstsein gestellt werden müssen, und umso schwerer wiegt folglich ein Dienstvergehen, das er sich zuschulden kommen lässt.

69 Hier ist aber bei der „Eigenart und Schwere“ des Dienstvergehens zugunsten der Soldaten entscheidend mildernd zu berücksichtigen, dass sie durch die Truppenverwaltung über ihren pauschalen Anspruch auf Übernachtungsgeld pro Nacht in Höhe von 30 € nicht hinreichend aufgeklärt wurden. Wären die beiden Soldaten korrekt - entsprechend der dann rechtskräftig festgestellten objektiven Rechtslage - aufgeklärt worden, hätte es keinen Anlass für ihr Fehlverhalten gegeben. Ihr Fehlverhalten beruht mithin letztlich auch auf dieser unterbliebenen Aufklärung und unrichtigen Sachbehandlung durch die Truppenverwaltung.

70 bb) Bedingt durch die Verwicklung mehrerer Kameraden in den Vorfall ist die Angelegenheit einem größeren Personenkreis im dienstlichen Bereich bekannt geworden. Sowohl in der Einheit der Soldaten, als auch in der Truppenverwaltung hat das Ereignis Unruhe ausgelöst. Einige Kameraden haben mit Unverständnis oder gar mit Unglauben reagiert. Darüber hinaus wurde der Soldat K. von seiner Zweitfunktion als S 2-Feldwebel abgelöst. Organisationsmaßnahmen aufgrund dienstpflichtwidrigen Verhaltens ziehen Kosten und Zeitaufwand nach sich, was vermeidbar gewesen wäre. Diese dienstliche Folge seines Tuns muss sich ein Soldat erschwerend zurechnen lassen (vgl. Urteil vom 10. Juli 1996 - BVerwG 2 WD 5.96 - BVerwGE 103, 357 = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 17 = NZWehrr 1996, 260).

71 cc) Die Soldaten handelten bei der Verletzung ihrer Dienstpflichten nach § 13 Abs. 1 SG und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG vorsätzlich. Allerdings ist das Maß ihrer Schuld als eher gering einzustufen, da sie tatsächlich einen höheren Anspruch auf Reisekostenvergütung hatten als sie mit ihrer Falschangabe anstrebten.

72 Anhaltspunkte dafür, dass sie zum Zeitpunkt des Dienstvergehens in ihrer Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB eingeschränkt oder gar im Sinne des § 20 StGB schuldunfähig waren, sind nicht ersichtlich.

73 Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld der Soldaten mindern würden, liegen nicht vor. Sie sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu u.a. Urteile vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - Buchholz 235.1 § 107 WDO 2002 Nr. 1 und vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 2 WD 15.04 -) dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher nicht vorausgesetzt werden kann. Als solche Besonderheiten sind z.B. ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Lage, die auf andere Weise nicht zu beheben war, ein Handeln unter schockartig ausgelöstem psychischem Zwang oder unter Umständen anerkannt worden, die es als unbedachte, im Grunde persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten erscheinen lassen, sowie ein Handeln in einer körperlichen oder seelischen Ausnahmesituation (vgl. u.a. Urteile vom 16. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 23.01 , 32.02 - BVerwGE 117, 117 <124> = Buchholz 236.1 § 13 SG Nr. 9 und vom 16. Dezember 2004 a.a.O.). Die Voraussetzungen für das Vorliegen solcher Milderungsgründe sind ersichtlich nicht erfüllt.

74 Eine Augenblickstat entfällt schon deshalb, da die Soldaten nicht spontan, sondern überlegt, wenn auch relativ unbedacht handelten. Ein teilweise entlastendes Mitverschulden von Vorgesetzten z.B. im Hinblick auf eine nicht hinreichende Wahrnehmung der Dienstaufsicht (vgl. Urteile vom 17. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 14.02 - Buchholz 236.1 § 12 SG Nr. 19 = NZWehrr 2003, 127 und vom 16. Dezember 2004 a.a.O.) scheidet aus. Die Beantragung von Reisekostenvergütung ist eine persönliche Angelegenheit, bei der es schon in der Natur der Sache liegt, dass Vorgesetzte in aller Regel die Detailangaben kaum überprüfen können. Gerade auch aus diesem Grunde wird der beantragende Soldat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er nur wahrheitsgemäße Angaben machen darf.

75 dd) Die bei der Maßnahmebemessung nach § 58 Abs. 7 WDO i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO des Weiteren zu berücksichtigenden Beweggründe der Soldaten lassen sich nur durch eigennütziges Verhalten erklären. Auch wenn der beantragte Betrag in Höhe von jeweils 24 € als eher niedrig anzusehen ist, war den Soldaten daran gelegen, dieses Geld zu behalten und es nicht zurückzahlen zu müssen. Mildernd ist allerdings zu berücksichtigen, dass sie einem Irrtum unterlagen und sich tatsächlich nicht bereichern konnten. Denn das Geld stand ihnen zu.

76 ee) Für den Soldaten K. spricht, dass er stets sehr gut beurteilt wurde, vier förmliche Anerkennungen, die Bewilligung einer Leistungsstufe sowie insgesamt drei Leistungsprämien erhielt. Ferner ist anzuerkennen, dass der Soldat eine erhebliche Nachbewährung gezeigt hat. Er hat sich die Belastung durch das gerichtliche Disziplinarverfahren bei der Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten nicht anmerken lassen und weiterhin hervorragende, teilweise bessere Leistungen als vorher erbracht. Auch der frühere Disziplinarvorgesetzte des Soldaten, Hauptmann G., hat ihm einen hohen dienstlichen Einsatz und exzellente Leistungen bescheinigt.

77 Auch für den Soldaten N. spricht, dass er stets gut beurteilt wurde. Ferner liegt auch bei ihm eine erhebliche Nachbewährung seit dem Dienstvergehen vor. Dies kommt namentlich in der Sonderbeurteilung vom 26. September 2007 zum Ausdruck, die nach dem neuen Beurteilungssystem erstellt wurde und in der seine Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten viermal mit „6“, dreimal mit „7“, zweimal mit „8“ und einmal mit „9“ bewertet wurde. Zusammenfassend beschreibt ihn der Beurteilende im Wesentlichen als einen offenen, ständig aktiven und erfahrenen Unteroffizier mit Portepee mit gewachsener und gefestigter Persönlichkeit. Herausragende charakterliche Merkmale seien seine Zielstrebigkeit, Entschlossenheit, seine außergewöhnliche Direktheit und sein Ehrgeiz. Zielgerichtet und mutig vertrete er seine Meinung auch gegenüber Vorgesetzten und dringe schnell zum Kern des Problems vor. Nie verliere er den Auftrag aus den Augen und ordne dabei selbstverständlich private Belange dienstlichen unter. Kameradschaftlich, hilfsbereit und engagiert sei er ein anerkanntes und geachtetes Mitglied in der soldatischen Gemeinschaft. In zwei Auslandseinsätzen im Rahmen EUFOR habe er sich besonders gut bewährt; die Leistungserwartungen habe er übertroffen. Der Soldat besitze zudem hohe Leistungsreserven. Er orientiere sich nicht am Mittelmaß, sondern an Höchstleistungen und sei ständig bestrebt, Spitzenleistungen zu erzielen. Auch in Stresssituationen, unter Druck und unter erschwerten Bedingungen besteche er durch Ideenreichtum, Weitblick und außergewöhnliche Flexibilität. Er sei ein Soldat, der das Potential besitze, auch als Offizier des militärfachlichen Dienstes zu bestehen. Für die Übernahme in diese Laufbahn sei er deshalb in außergewöhnlichem Maße geeignet. Der nächsthöhere Vorgesetzte stimmte dieser Beurteilung im Wesentlichen zu und führte ergänzend u.a. aus, in seiner jetzigen Verwendung als Luftfahrzeugprüffeldwebel ergänzten sich die technischen Fähigkeiten des Soldaten mit seiner Eigenmotivation und der Begeisterung, an solch verantwortungsvoller Position eingesetzt zu sein, „in hervorragender Weise zur Erzielung des optimalen Outputs“. Bei dem Soldaten träfen „ein hoher fachlicher Stand, das Bemühen voranzukommen und Leistungsbereitschaft auf die entsprechenden Anlagen, um weitergehende Ziele auch erreichen zu können“. Er sei „noch längst nicht am Ende seiner Entwicklung“ und besitze besonderes Potential. Zum Offizier im militärfachlichen Dienst sei er besonders geeignet, für Spitzenverwendungen in seiner momentanen Laufbahn wachse er heran.

78 Außerdem spricht für den Soldaten N., dass ihm eine Leistungsstufe sowie eine Leistungsprämie bewilligt wurden. Ebenso wie der Soldat K. hat er sich die Belastung durch das gerichtliche Disziplinarverfahren bei der Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten nicht anmerken lassen und insbesondere ausweislich der letzten Sonderbeurteilung zum Teil sogar wesentlich bessere Leistungen als vorher erbracht. Ebenso hat ihm der Leumundszeuge G. einen hohen dienstlichen Einsatz und gute Leistungen bescheinigt. Auch nach Bekanntwerden des Vorfalls sei er in seinen Leistungen nicht eingebrochen. Im fachlichen Bereich gehöre er der Spitzengruppe an, aber auch im allgemeinen militärischen Bereich seien seine Leistungen immer im oberen Bereich gewesen. Der Senat hat keine Veranlassung, an dieser Beurteilung der fachlichen und persönlichen Qualitäten des Soldaten zu zweifeln.
ff) Gesamtwürdigung

79 Auch wenn die Verstöße gegen § 13 Abs. 1 SG und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG nicht leicht wiegen, liegen insbesondere bezogen auf die Eigenart der Dienstvergehen, das Maß der Schuld und die Persönlichkeit der Soldaten gewichtige Gründe vor, die im Hinblick auf den spezifischen Zweck des Disziplinarrechts, zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung eines geordneten Dienstbetriebs beizutragen (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 2. Juli 1997 - BVerwG 2 WD 12.97 -, vom 13. Juli 1999 - BVerwG 2 WD 4.99 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 30, vom 28. Oktober 2003 - BVerwG 2 WD 8.03 - DokBer 2004, 78 und vom 13. November 2007 - BVerwG 2 WD 20.06 - juris), ein Abweichen vom Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen, nämlich der Dienstgradherabsetzung, unausweichlich machen.

80 Aus Gründen der Gleichbehandlung und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (Art. 3 Abs. 1 GG) in Fällen des Zugriffs eines Soldaten auf Vermögen des Dienstherrn hat der Senat seit seiner Entscheidung vom 27. August 2003 - BVerwG 2 WD 5.03 - (BVerwGE 119, 1 <3 f.> = Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 10, siehe auch Urteil vom 22. März 2006 - BVerwG 2 WD 7.05 - DokBer 2006, 274) in gefestigter Rechtsprechung an der früheren - nicht hinreichend nach der Schwere des Dienstvergehens differenzierenden - Judikatur nicht mehr festgehalten. Denn gerade auch im Disziplinarrecht gilt, dass die Disziplinarmaßnahme stets in einem angemessenen Verhältnis zum Dienstvergehen und seinem Unrechtsgehalt (vgl. § 38 Abs. 1 WDO - „Eigenart und Schwere“) stehen muss (vgl. Dau, WDO, 4. Aufl. 2002, § 15 Rn. 13). Aus diesem Grund ist bei allen Dienstvergehen, die einen Zugriff auf das Vermögen des Dienstherrn zum Gegenstand haben, eine Differenzierung nach der Schwere des Dienstvergehens geboten, und zwar nicht nur nach „oben“, sondern auch nach „unten“. Da im vorliegenden Fall ausweislich der rechtskräftigen Entscheidung des zuständigen Verwaltungsgerichts aus den dargelegten Gründen ein Schaden des Dienstherrn von Rechts wegen nicht eintreten konnte, muss hier bereits deshalb eine erhebliche Abweichung nach unten erfolgen.

81 Zudem ist entscheidend zu berücksichtigen, dass die Soldaten objektiv einen pauschalen Anspruch auf Übernachtungskosten pro Nacht von 30 € hatten und dass sie hierüber von der Truppenverwaltung nicht hinreichend aufgeklärt wurden. Das war letztlich die maßgebliche Ursache für die Dienstpflichtverletzungen, zu denen es anderenfalls offenkundig nicht gekommen wäre. Bei hinreichender Aufklärung über die Rechtslage wäre es keinem der Soldaten in den Sinn gekommen zu verschweigen, dass ihnen jeweils pro Nacht lediglich 3 € Übernachtungskosten entstanden waren, und stattdessen anzugeben, es seien tatsächlich 15 € gewesen. Denn der Pauschalbetrag von 30 € stand ihnen, sofern sie keine höheren tatsächlichen Aufwendungen für die Übernachtung nachweisen konnten, unabhängig davon zu, wie hoch diese tatsächlich waren.

82 Unter diesen besonderen Umständen ist auch die Schuld der Soldaten als so gering anzusehen, dass - wovon auch der Disziplinarvorgesetzte der Soldaten im Vorfeld der Entscheidung der Einleitungsbehörde ausging - eine einfache Disziplinarmaßnahme angemessen gewesen wäre, um sie in Zukunft zu einem dienstpflichtgemäßen Handeln, insbesondere zu einer strikten Beachtung ihrer Wahrheitspflicht, anzuhalten.

83 Eine einfache Disziplinarmaßnahme darf aber vorliegend gemäß § 17 Abs. 2 WDO wegen Zeitablaufs nicht mehr verhängt werden.

84 Eine „Bagatellisierung“ der beiden Dienstvergehen ist damit nicht verbunden. Mit dem vorliegenden Urteil wird unmissverständlich festgestellt, dass die beiden Soldaten mit den schuldhaften Pflichtverletzungen (§ 13 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG) jeweils Dienstvergehen begangen haben. Lediglich die dargelegten besonderen Umstände, unter denen es zu den Pflichtverletzungen kam, rechtfertigen und erfordern es, von der Verhängung einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme abzusehen. Es steht angesichts dessen nicht zu befürchten, dass andere in ihrem Rechtsbewusstsein und in ihrer Bereitschaft zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Dienstpflichten insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung ihrer Wahrheitspflicht beeinträchtigt werden.

85 Das Verfahren ist daher - mit Zustimmung des Bundeswehrdisziplinaranwalts - unter Feststellung eines begangenen Dienstvergehens nach § 108 Abs. 3 Satz 2 WDO einzustellen.

86 5. Da das Verfahren eingestellt wurde, waren die Kosten des Verfahrens gemäß § 138 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 WDO dem Bund aufzuerlegen, der auch die den Soldaten entstandenen notwendigen Auslagen gemäß § 140 Abs. 1 WDO zu tragen hat.