Verfahrensinformation



Die Kläger - der Eigentümer eines Wohngrundstücks, das in Teilen für das Vorhaben in Anspruch genommen werden soll, und die Stadt Voerde (Landkreis Wesel) - wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25. November 2019 zum Ausbau der Eisenbahnstrecke 2270 Oberhausen Hbf - Emmerich - Grenze NL von Bahn-km 16,394 bis 21,100. Die im betreffenden Abschnitt durch das Stadtgebiet von Voerde führende zweigleisige Strecke soll insbesondere um ein drittes Streckengleis ergänzt und mit Lärmschutzwänden versehen werden. Die Ausbaustrecke ist Teil des europäischen Güterverkehrskorridors Rotterdam - Genua.


Der klagende Grundstückseigentümer hält den Eingriff in sein Eigentumsrecht wegen Abwägungsmängeln für nicht gerechtfertigt. Zudem seien die signifikant erhöhten Unfallrisiken sowie die Anforderungen an den Brand- und Katastrophenschutz nicht hinreichend ermittelt und bewertet worden.


Die Stadt Voerde lehnt insbesondere den ersatzlosen Wegfall eines Bahnübergangs ab und rügt Defizite des Planfeststellungsbeschlusses beim Lärm- und Erschütterungsschutz, hinsichtlich der Gestaltung der Lärmschutzwände sowie bei der Umsetzung des vereinbarten Sicherheitskonzepts.


Pressemitteilung Nr. 42/2021 vom 23.06.2021

Klagen gegen den Ausbau der Eisenbahnstrecke Oberhausen - Emmerich im Bereich Voerde erfolglos

Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25. November 2019 zum Ausbau der Eisenbahnstrecke 2270 Oberhausen Hbf - Emmerich - Grenze NL (Planfeststellungsabschnitt 1.4) ist rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die im betreffenden Abschnitt durch das Stadtgebiet von Voerde (Landkreis Wesel) verlaufende zweigleisige Eisenbahnstrecke soll insbesondere um ein drittes Streckengleis ergänzt und mit Lärmschutzwänden versehen werden. Die Ausbaustrecke ist Teil des europäischen Güterverkehrskorridors Rotterdam - Genua.


Die beim erst- und letztinstanzlich zuständigen Bundesverwaltungsgericht erhobenen Klagen eines enteignungsbetroffenen Anliegers sowie der Stadt Voerde blieben erfolglos. Die Inanspruchnahme von Randflächen eines Wohngrundstücks für das Vorhaben ist verhältnismäßig. Weitergehender Risikoanalysen zu Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß konkreter Unfallszenarien - namentlich mit Blick auf Gefahrguttransporte - bedarf es im Rahmen der trassenbezogenen Planfeststellung nicht. Rechtsverstöße des Planfeststellungsbeschlusses zulasten der Stadt Voerde sind ebenfalls nicht gegeben. Dies betrifft insbesondere den Entfall eines Bahnübergangs und die Ausführung der Lärmschutzwände. Die Beseitigung des Bahnübergangs verletzt das Selbstverwaltungsrecht weder im Hinblick auf die Planungshoheit noch in Bezug auf Belange des Brandschutzes. Die Gestaltung der Lärmschutzwände verletzt nicht das Selbstgestaltungsrecht der Klägerin und darf der Ausführungsplanung überlassen bleiben.


BVerwG 7 A 9.20 - Urteil vom 23. Juni 2021

BVerwG 7 A 10.20 - Urteil vom 23. Juni 2021


Urteil vom 23.06.2021 -
BVerwG 7 A 9.20ECLI:DE:BVerwG:2021:230621U7A9.20.0

Klage eines enteignungsbetroffenen Grundstückseigentümers gegen den Planfeststellungsbeschluss zum dreigleisigen Ausbau der Eisenbahnstrecke 2270 (ABS 46/2) Oberhausen Hauptbahnhof - Emmerich - Grenze Niederlande (Planfeststellungsabschnitt 1.4)

Leitsatz:

Im Rahmen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung bedarf es regelmäßig keiner auf mögliche Unfallszenarien bezogenen Risikoanalyse.

  • Rechtsquellen
    AEG § 4 Abs. 1 und 3, § 18 Abs. 1 Satz 1, § 22 Abs. 1 und 2
    EBO § 2 Satz 1
    VwVfG § 74 Abs. 1 Satz 1
    GG Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 und 3, Art. 19 Abs. 4 Satz 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 23.06.2021 - 7 A 9.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:230621U7A9.20.0]

Urteil

BVerwG 7 A 9.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2021
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Günther,
Dr. Löffelbein und Dr. Wöckel
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25. November 2019 für den dreigleisigen Ausbau der Strecke 2270 (ABS 46/2) zwischen Oberhausen Hauptbahnhof und der Grenze Niederlande im Planfeststellungsabschnitt 1.4.

2 Er ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in der Stadt V. Das Grundstück hat eine Gesamtfläche von 5 725 m² und liegt bei Bahn-km 17,770 bahnrechts an der Eisenbahnstrecke 2270.

3 Für das Vorhaben sollen 567 m² des Grundstücks des Klägers erworben, 139 m² mit einer Grunddienstbarkeit belastet und 163 m² während der Bauzeit vorübergehend in Anspruch genommen werden. Über einen zur Bahntrasse hin gelegenen Grundstücksstreifen soll ein wegen des im Planfeststellungsabschnitt bahnrechts vorgesehenen dritten Gleises zu verlegender bahnrechter Seitenweg geführt werden. Ein zur S.straße hin gelegener Streifen des Grundstücks wird für Anpassungen des Straßenkörpers im Zuge der Beseitigung des Bahnübergangs S.straße in Anspruch genommen (Errichtung einer Wendeanlage).

4 Das Ausbauvorhaben dient der Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Strecke, der Sicherstellung einer flexibleren Betriebsführung sowie der qualitativen Verbesserung des Streckenkorridors. Die Eisenbahnstrecke 2270 ist Teil des europäischen Güterverkehrskorridors Rotterdam - Genua. Auf ihr werden Schienenpersonenverkehr und Güterverkehr abgewickelt. Nach der prognostizierten Verkehrsentwicklung wird der Zugverkehr im Abschnitt Oberhausen - Wesel von derzeit 215 Zügen bis zum Jahr 2025 auf 346 Züge in 24 Stunden wachsen.

5 Der Kläger rügt, die Inanspruchnahme seines Grundstücks sei bei einer Errichtung des dritten Gleises bahnlinks nicht erforderlich. Eine konkrete Abwägung seines Bestandsinteresses mit gegenläufigen, im Falle einer anderen Variante entstehenden Beeinträchtigungen fehle. Der Eingriff in sein Eigentum sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Eine Errichtung des dritten Gleises bahnlinks führe zu geringerer Umweltbetroffenheit, da auf die Beseitigung einer Baumallee verzichtet werden könne. Betroffene Flächen Dritter seien rein landwirtschaftlich genutzt. Die signifikant erhöhten Risiken und Gefahren, die für ihn als Trassenanlieger durch das planfestgestellte Vorhaben entstünden, seien nicht hinreichend ermittelt und bewertet worden. Gefahrguttransporte würden keiner Risikoanalyse unterzogen. Es sei erforderlich, in bewohnten Gebieten auf unfallträchtige Weichen zu verzichten. Für den Transport von Gefahrstoffen sei eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h festzulegen. Auch die Belange des Brandschutzes und der Löschwasserversorgung seien unzureichend ermittelt und bewertet worden. Im Zusammenhang mit der Bohrung von Löschwasserbrunnen stelle sich die Frage, welche geologischen Auswirkungen hierdurch zu erwarten seien.

6 Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 25. November 2019 für das Vorhaben "Dreigleisiger Ausbau der Strecke ABS 46/2 Oberhausen Hbf. - Emmerich - Grenze NL, Planfeststellungsabschnitt (PFA) 1.4" aufzuheben,
hilfsweise
den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

7 Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.

8 Sie treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

II

9 Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der auf § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gestützte Planfeststellungsbeschluss der Beklagten leidet an keinem zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler.

10 1. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage einer nachfolgenden Enteignung ist (§ 22 Abs. 1 AEG), enteignungsrechtliche Vorwirkung zu (§ 22 Abs. 2 AEG). Daher kann der Kläger, dessen durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum in Teilen in Anspruch genommen werden soll, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses verlangen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - juris Rn. 25 m.w.N.). Allerdings unterliegen auch die Ansprüche der von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses Betroffenen auf gerichtliche Überprüfung der objektiven Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses Einschränkungen. Danach kann eine Anfechtungsklage keinen Erfolg haben, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn behauptete Mängel des Beschlusses durch schlichte Planergänzung - etwa durch (weitere) Schutzmaßnahmen - behoben werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - juris Rn. 27 m.w.N.).

11 2. Der Planfeststellungsbeschluss steht mit den gesetzlichen Anforderungen an die Bewältigung von Unfallrisiken sowie den Brand- und Katastrophenschutz in Einklang.

12 a) Gegenstand der Planfeststellung sind der Bau und die Änderung von Eisenbahnbetriebsanlagen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 AEG). Im Planfeststellungsbeschluss sind deshalb die bautechnischen Probleme des Vorhabens zu bewältigen, die eine Durchführung auch von Gefahrgutverkehr aufwirft (vgl. - zum Fernstraßenrecht - BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 73 m.w.N.). Demgegenüber unterliegt die Gefahrgutbeförderung als solche den dafür geltenden Vorschriften des Gesetzes über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz) i.d.F. der Bekanntmachung vom 7. Juli 2009 (BGBl. I S. 1774), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2510), und der Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern (Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt) i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. März 2021 (BGBl. I S. 481), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 5 des Gesetzes vom 2. Juni 2021 (BGBl. I S. 1295). Bei der Durchführung der Gefahrguttransporte sind unter anderem die darin vorgesehenen Vorsorgemaßnahmen - etwa zur Verpackung der Güter sowie zur Ausrüstung der Tanks und Transportfahrzeuge - einzuhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2018 - 3 A 10.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 83 Rn. 73 f.).

13 Nach § 4 Abs. 1 AEG müssen Eisenbahninfrastrukturen und Fahrzeuge den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit an den Bau und an den Betrieb genügen. Die Eisenbahnen und Halter von Eisenbahnfahrzeugen sind verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und an Maßnahmen des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung mitzuwirken (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AEG). Eisenbahnen sind zudem verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AEG). Nach § 2 Satz 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 5. April 2019 (BGBl. I S. 479), müssen Bahnanlagen und Fahrzeuge so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Diese Anforderungen gelten als erfüllt, wenn die Bahnanlagen und Fahrzeuge den Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung und, soweit diese keine ausdrücklichen Vorschriften enthält, anerkannten Regeln der Technik entsprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 49).

14 Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften zu den Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes. Die diesbezüglichen technischen Sicherheitsanforderungen werden aber durch die als Verwaltungsvorschrift eingeführte Richtlinie des Eisenbahn-Bundesamtes "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an Planung, Bau und Betrieb von Schienenwegen nach AEG" (EBA-Richtlinie) vom 7. Dezember 2012 konkretisiert. Die EBA-Richtlinie enthält ausweislich ihres Vorworts eine Zusammenstellung zum Teil bereits anerkannter Regeln der Technik und gibt den Fachbehörden und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen einen einheitlichen Maßstab für die Erfüllung der Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an die Hand. Die Richtlinie konkretisiert die sich aus § 4 Abs. 3 AEG ergebenden Verpflichtungen. Die in der Richtlinie enthaltenen Vorgaben sind Verfahren nach § 18 AEG zugrunde zu legen (Ziffer 1.1 EBA-Richtlinie; vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 50).

15 b) Den dargestellten rechtlichen Maßgaben trägt der Planfeststellungsbeschluss Rechnung. Das nach Ziffer A.4.8.1 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 51) der Vorhabenträgerin gegenüber für verbindlich erklärte und mit dem Land Nordrhein-Westfalen, den Anliegergemeinden und den örtlichen Feuerwehren ausgearbeitete Sicherheitskonzept (Anlage 20 zum Planfeststellungsbeschluss) entspricht den Vorgaben der EBA-Richtlinie und geht zum Teil, insbesondere hinsichtlich der Löschwasserversorgung, darüber hinaus (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 176 f.). Für die Löschwasserversorgung im Bereich der freien Strecke enthält die EBA-Richtlinie keine Vorgabe. Die Wahrung der bestehenden Maßgaben der Richtlinie - etwa hinsichtlich der maximalen Abstände von Zuwegungen (vgl. Ziffer 2.2 EBA-Richtlinie) - stellt der Kläger nicht in Abrede. Weitergehende Maßnahmen (wie etwa der Einbau weiterer Rettungstüren in die Lärmschutzwände in einem Abstand von maximal 200 m) sind rechtlich nicht geboten.

16 Die vom Kläger darüber hinaus geforderte, auf mögliche Unfallszenarien insbesondere bei Gefahrguttransporten bezogene Risikoanalyse sieht die EBA-Richtlinie nicht vor. Soweit der Kläger hervorhebt, dass es sich vorliegend um eine durch besiedelte Gebiete führende Hochgeschwindigkeitsstrecke mit kombiniertem Personen- und Güterverkehr handele, zeigt er keine atypische Sondersituation auf, hinsichtlich derer sich die EBA-Richtlinie keine Geltung beimessen würde. Die Lage von Eisenbahnstrecken auch in innerstädtischen Bereichen ist kein atypischer, sondern im Gegenteil sogar ein typischer Fall (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 10.19 - juris Rn. 31). Nichts Anderes gilt für die gemeinsame Abwicklung von Personen- und Güterverkehr auf einer Strecke. Auch mögliche Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 148) sind bei einer - wie hier - gestreckten Linienführung keine außergewöhnlichen Umstände, die über die EBA-Richtlinie hinausgehende Sicherheitsvorkehrungen gebieten würden.

17 Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu atomrechtlichen Beförderungsgenehmigungen ergeben sich ebenfalls keine Pflichten zu einer auf mögliche Unfallszenarien bei Gefahrguttransporten bezogenen Risikoanalyse im Rahmen der eisenbahnrechtlichen Planfeststellung. Die in der vom Kläger zitierten Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 14. März 2013 - 7 C 34.11 - Buchholz 451.171 § 4 AtG Nr. 2 Rn. 37) maßgebliche Frage des Drittschutzes gesetzlicher Regelungen über die Beförderung von Kernbrennstoffen ist für die vorliegend zu beantwortende Frage der rechtlichen Anforderungen an einen eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss ohne Aussagekraft.

18 Auch soweit sich der Kläger auf die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft (ABl. L 164 S. 44) beruft, ist weder von ihm dargelegt noch sonst erkennbar, dass sich aus der Richtlinie, die den Mitgliedstaaten die Aufrechterhaltung und, soweit dies nach vernünftigem Ermessen durchführbar ist, kontinuierliche Verbesserung der Eisenbahnsicherheit aufgibt (Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie) und hierzu unter anderem die Entwicklung gemeinsamer Sicherheitsziele, die Festlegung nationaler Sicherheitsvorschriften, die Einführung von Sicherheitsmanagementsystemen sowie Organisationsregelungen vorsieht, weitergehende Anforderungen ergäben.

19 Soweit der Kläger ein richtlinienkonformes Entwässerungskonzept, insbesondere zur Aufnahme von auslaufenden Flüssigkeiten und von Löschwasser, einfordert, betrifft die von ihm insoweit in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts einen Straßentunnel und die dafür maßgebliche Richtlinie 2004/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz (ABl. L 167 S. 39), die für Straßentunnel diesbezügliche Vorgaben normiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 73), auf Eisenbahnanlagen aber nicht anwendbar ist. Auch vermag, anders als der Kläger meint, eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf deren verfahrensrechtlichen Gehalt die Notwendigkeit der von ihm geforderten Risikoanalyse nicht zu begründen.

20 Fehl geht ferner der Verweis des Klägers auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, die ein anderweitig bestehendes subjektives Recht voraussetzt und deshalb auch keine über die fachrechtlichen Vorgaben hinausgehenden Anforderungen an die Sicherheit von Bahnanlagen zu begründen vermag. Auch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und die dem Staat insoweit obliegende Schutzpflicht gebieten nicht die vom Kläger geforderte detaillierte Risikoanalyse möglicher Unfallrisiken durch Gefahrguttransporte. Der Gesetzgeber kommt seiner Schutzpflicht insoweit nicht nur mit zwingenden Anforderungen an die Sicherheit von Bahnanlagen sowie dem fachplanerischen Abwägungsgebot nach, sondern auch mit den für die Durchführung von Gefahrguttransporten maßgeblichen - bereits genannten - Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und der hierauf beruhenden Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt. Hierdurch ist ein angemessener und wirksamer Schutz gegenüber den Risiken der Beförderung gefährlicher Güter sichergestellt.

21 Für ein vom Kläger angesprochenes "Absacken von Haus und Grund" im Zuge der Bohrung von Löschwasserbrunnen fehlt es bereits an jedem tatsächlichen Anhaltspunkt. Wegen etwaiger Wasserverunreinigungen im Zuge der Herstellung von Löschwasserbrunnen trifft der Planfeststellungsbeschluss (S. 37 f.) in den Nebenbestimmungen nach Ziffer A.4.2.11 und A.4.2.12 hinreichende Vorsorge. Hiernach sind die Löschwasserbrunnen von einem zertifizierten Fachunternehmen herzustellen und die Brunnenabdeckungen tagwasserdicht auszuführen. Zudem sind dem Eisenbahn-Bundesamt und dem Kreis Wesel für jeden Löschwasserbrunnen ein Schichtverzeichnis sowie die Ausführung und die Darstellung aller Einrichtungen vorzulegen.

22 3. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch an keinen Mängeln der fachplanerischen Abwägung bei der Bewältigung von Unfallrisiken sowie hinsichtlich des Brand- und Katastrophenschutzes.

23 a) Das fachplanerische Abwägungsgebot ist - neben den zwingenden Anforderungen nach § 4 Abs. 1 und 3 AEG - auch in Bezug auf Sicherheitsbelange zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 10.19 - juris Rn. 81) und gebietet, dass das Sicherheitskonzept auf einer sachgerechten Abwägung der davon berührten öffentlichen und privaten Belange beruht.

24 b) Die Planfeststellungsbehörde hat sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise abwägend mit den vorhabenbedingten Unfallrisiken auseinandergesetzt. Nachvollziehbar verweist die Beklagte hierbei darauf, dass bereits die Bestandsstrecke zum Transport gefährlicher Güter zur Verfügung steht und sich die Unfallszenarien, mit denen auf einer zweigleisig betriebenen Güterverkehrsstrecke gerechnet werden muss, nicht von Unfallszenarien auf einer dreigleisigen Strecke unterscheiden. Der erwarteten Zunahme von Gefahrgutverkehren und die Einschränkung der Zugänglichkeit der Strecke durch den Bau von Schallschutzwänden wird in ebenfalls nachvollziehbarer Weise die Beseitigung von höhengleichen Bahnübergängen, die Umsetzung eines Zuwegungskonzepts sowie die Verbesserung der Betriebsqualität als sicherheitssteigernde Maßnahmen gegenübergestellt (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 175 und S. 179).

25 Betriebsregelnde Anordnungen im eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss, wie die vom Kläger zur Risikominimierung geforderte Geschwindigkeitsbeschränkung, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber jedenfalls im Regelfall nicht veranlasst (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. November 2013 - 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 55 und vom 17. November 2016 - 3 C 5.15 - BVerwGE 156, 306 Rn. 16 ff.). Dies gilt auch hier. Ein atypischer Sachverhalt ist - wie bereits dargelegt - im planfestgestellten Streckenabschnitt nicht gegeben. Ein Verzicht auf Weichen in bebauten Gebieten, wie ihn der Kläger fordert, ist schon im Hinblick auf die Erfordernisse des Bahnbetriebs gerade auch im Umfeld von Bahnhöfen und Haltepunkten sachlich fernliegend.

26 Auch hinsichtlich der zur Wahrung des Brand- und Katastrophenschutzes gebotenen technischen Infrastruktur sind Abwägungsmängel nicht ersichtlich. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich - insbesondere mit Blick auf die Löschwasserbereitstellung sowie Flucht- und Rettungswege - in nachvollziehbarer Weise mit den betroffenen Belangen abwägend auseinander (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 176 ff.).

27 4. Nach allem kann offenbleiben, hinsichtlich welcher der von ihm geforderten (weiteren) Maßnahmen der Unfallvorsorge sowie des Brand- und Katastrophenschutzes der Kläger im Einzelnen rügebefugt ist. Nicht der Fall ist dies hinsichtlich solcher Maßnahmen, die - ohne sich auf die Sicherheit im Bereich des Grundstücks des Klägers konkret auszuwirken - lediglich die allgemeine Streckensicherheit betreffen. Insoweit fehlt es schon - da eine diesbezügliche Planergänzung möglich wäre - an der Kausalität für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers.

28 Offenbleiben kann auch, ob der mit der planfestgestellten Beseitigung des Bahnübergangs S.straße für das Grundstück des Klägers verbundene Sicherheitszuwachs nicht etwaige vorhabenbedingte Zunahmen von Risiken jedenfalls übersteigt.

29 5. Auch die Inanspruchnahme von Teilen des Grundstücks des Klägers für das planfestgestellte Vorhaben leidet an keinen rechtlichen Fehlern. Die diesbezügliche fachplanerische Abwägungsentscheidung der Beklagten ist frei von Rechtsmängeln und steht mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums in Einklang.

30 a) Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses ist im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Inanspruchnahme privaten Grundstückseigentums zu beachten, dass eine Enteignung nach verfassungsrechtlichen Maßstäben nur zulässig ist, wenn sie zur Erreichung der mit einem planfestgestellten Vorhaben angestrebten Gemeinwohlziele (vgl. Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG) - die vom Kläger vorliegend nicht infrage gestellt werden - geeignet und erforderlich ist. Eine einzelne Enteignungsmaßnahme ist hierbei nur dann erforderlich, wenn und soweit sie für die Verwirklichung eines Vorhabens unverzichtbar ist, es hierfür also kein milderes Mittel gibt, das gleich geeignet wäre. Kann das Vorhaben hingegen in gleicher Weise auch ohne den Entzug privaten Eigentums verwirklicht werden, ist die Enteignung unzulässig (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - BVerfGE 134, 242 Rn. 182 f. m.w.N.).

31 Wie jeder staatliche Eingriff in ein Grundrecht ist die Enteignung darüber hinaus nur dann mit Art. 14 Abs. 3 GG vereinbar, wenn sie sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinne erweist. Eine einzelne Enteignungsmaßnahme ist dann mit dem Übermaßverbot vereinbar, wenn der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens leistet, nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des Eingriffs steht, den der konkrete Eigentumsentzug für den betroffenen Rechtsinhaber bedeutet (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - BVerfGE 134, 242 Rn. 186 f. m.w.N.).

32 b) Gemessen hieran greift die Rüge des Klägers, die Inanspruchnahme von Flächen seines Grundstücks sei bei einer Errichtung des dritten Gleises bahnlinks nicht erforderlich und es fehle insoweit an einer hinreichenden Abwägung der gegenläufigen Interessen, nicht durch. Die Inanspruchnahme ist vielmehr sowohl erforderlich als auch verhältnismäßig (im engeren Sinne). Durchgreifende Abwägungsdefizite bestehen nicht.

33 Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich mit der Notwendigkeit der planfestgestellten Grundinanspruchnahme zulasten des Klägers hinreichend auseinander. Er greift die Erläuterungen der Vorhabenträgerin auf, wonach die geeignete Ausbauseite nach betrieblichen, technischen, wirtschaftlichen und umweltbezogenen Gesichtspunkten ausführlich geprüft worden sei und sich die Wahl der durchgehend rechten Ausbauseite im planfestgestellten Abschnitt vor allem aus der Bebauung im Bereich des Haltepunktes V. sowie den Anforderungen der benachbarten Planfeststellungsabschnitte ergebe. Kleinräumige Wechsel der Ausbauseite innerhalb des planfestgestellten Abschnitts führten infolge der technisch erforderlichen Längenausdehnung einer hieraus resultierenden Verschwenkung zu weiteren Auswirkungen und Eingriffen in den Bestand von Natur und Landschaft. Diesen nachvollziehbaren Darlegungen der Beigeladenen hat sich die Beklagte angeschlossen (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 491 ff.).

34 Im Klageverfahren haben Beklagte und Beigeladene näher ausgeführt, dass sich das Grundstück des Klägers zwischen zwei Zwangspunkten befinde, an denen das planfestgestellte zusätzliche Gleis nur bahnrechts realisiert werden könne. Diese Punkte seien zum einen die neu errichtete Straßenüberführung R.straße bei Bahn-km 17,194 und zum anderen der Haltepunkt V. bei Bahn-km 18,792. Zur Frage einer kleinräumigen Verschwenkung der Trasse im Bereich des Grundstücks des Klägers haben sie nachvollziehbar dargelegt, dass eine solche Lösung allgemeinen Trassierungsgrundsätzen widerspräche und neben hohen Kosten und einer erheblichen Bauzeitverlängerung auch Einbußen für Fahrdynamik und Fahrkomfort im Betrieb zur Folge hätte. Für eine kleinräumige Umgehung des Grundstücks des Klägers wären zwei Verschwenkungen aller drei Streckengleise mit einer Entwicklungslänge von jeweils etwa 530 m nötig. Hieraus resultierte nach den unwidersprochenen weiteren Darlegungen der Beigeladenen ein erhöhter Flächenbedarf und eine Betroffenheit von 35 anstelle von elf Eigentümern von Grundstücken. Zugleich wäre hiernach auch eine höhere Zahl von Wohngrundstücken betroffen. Hinsichtlich der Umweltauswirkungen erläutern Beklagte und Beigeladene den bei bahnlinker Führung des dritten Gleises erhöhten naturschutzfachlichen Ausgleichsbedarf namentlich für den Verlust von Gehölzstrukturen mit Leitfunktion für Fledermäuse. Diese Darlegungen bestätigen die im Planfeststellungsbeschluss getroffene fachplanerische Abwägungsentscheidung der Beklagten.

35 Die Flächeninanspruchnahme zulasten des Klägers ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Beitrag, den das entzogene Eigentumsrecht zur Verwirklichung des Vorhabens leistet, steht nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht des Eingriffs, den der konkrete Eigentumsentzug für den Kläger bedeutet. Die überplanten Teilflächen seines Grundstücks sind zur sachgerechten Verwirklichung des Ausbauvorhabens unverzichtbar. Zugleich erscheint das Gewicht des Eingriffs in das Eigentum des Klägers auch dadurch als gering, als ausschließlich Randbereiche des Grundstücks in Anspruch genommen werden und diese zusammen weniger als 10% der Gesamtfläche des Grundstücks ausmachen (567 m² von 5 725 m²).

36 c) Die vom Kläger im Zuge der Anpassung seiner Grundstückszufahrt an die geplante Errichtung einer Wendeanlage in der S.straße ursprünglich befürchteten (weiteren) Beeinträchtigungen seines Eigentums werden jedenfalls dadurch vermieden, dass die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung auf seine Anregung hin erklärt hat, im Zuge der Umsetzung der planfestgestellten Maßnahmen neue, technisch und funktional gleichwertige und gleichartige Zufahrten und Zugänge zur Garage und zum Garten auf dem Grundstück des Klägers herzustellen. Etwaige Schäden durch die durchzuführenden Baumaßnahmen werden auf Kosten der Beigeladenen unverzüglich beseitigt.

37 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Beschluss vom 13.01.2022 -
BVerwG 7 KSt 1.21ECLI:DE:BVerwG:2022:130122B7KSt1.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 13.01.2022 - 7 KSt 1.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:130122B7KSt1.21.0]

Beschluss

BVerwG 7 KSt 1.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Januar 2022
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Löffelbein und Dr. Wöckel
beschlossen:

  1. Die Erinnerung der Beigeladenen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 28. September 2021, ergänzt durch Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 29. November 2021, wird zurückgewiesen.
  2. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt die Beigeladene.

Gründe

1 Die nach §§ 165, 151 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Erinnerung gegen den mit Beschluss vom 29. November 2021 ergänzten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. September 2021 ist unbegründet. Die Reisekosten eines zweiten Anwalts zur mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2021 sind nicht erstattungsfähig.

2 Zu den nach § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähigen Kosten gehören die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die Notwendigkeit einer Aufwendung muss aus der Sicht einer verständigen Partei beurteilt werden. Dabei ist jeder Beteiligte aus dem prozessrechtlichen Verhältnis heraus verpflichtet, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten (BVerwG, Beschluss vom 30. September 2014 - 9 KSt 6.14 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 53 Rn. 3 m.w.N.), soweit sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt (BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2019 - 2 KSt 1.19 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 59 Rn. 5 m.w.N.). Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind unter anderem die Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig.

3 Auf dieser Grundlage sind grundsätzlich die Reisekosten nur eines Anwalts zu einer mündlichen Verhandlung zu erstatten. Anderes kann sich unter besonderen Umständen ergeben. Besondere Umstände liegen etwa dann vor, wenn im Hinblick auf die hohe Komplexität und den Schwierigkeitsgrad der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen, die Zahl der von einer Anwaltskanzlei vertretenen Verfahrensbeteiligten sowie die mit einer über mehrere Wochen angesetzten mündlichen Verhandlung verbundenen Besonderheiten die Anwesenheit von zwei Rechtsanwälten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dient (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Oktober 2009 - 4 KSt 1009.07 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 47 Rn. 12).

4 Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben. Allein der Sachverhalt, dass es sich um ein Klageverfahren gegen einen eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss von einigem Umfang handelt, begründet eine solche besondere Situation nicht. Das Verfahren betreffend den dreigleisigen Ausbau einer bislang zweigleisig geführten Eisenbahnstrecke zeichnet sich weder innerhalb des Spektrums von Planfeststellungssachen noch der vor dem Bundesverwaltungsgericht insgesamt anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten durch eine herausgehobene Komplexität oder einen besonderen Schwierigkeitsgrad aus. Für die mündliche Verhandlung wurde demgemäß - kombiniert mit einem Parallelverfahren mit identischen Beteiligten auf Beklagten- und Beigeladenenseite - ein einzelner Verhandlungstag angesetzt. Die von der Beigeladenen beauftragte Anwaltskanzlei wurde zudem in beiden Verfahren ausschließlich für die Beigeladene und nicht für eine Mehrzahl Beteiligter tätig.

5 Eine hier nicht zu entscheidende Frage ist, ob im Hinblick auf den Umfang der in einer mündlichen Verhandlung möglicherweise relevanten Sachfragen und der diesbezüglich erforderlichen Akten- und Detailkenntnisse die Anwesenheit eines (weiteren) verantwortlichen bzw. sachbearbeitenden Mitarbeiters der Genehmigungsbehörde oder des Vorhabenträgers für zweckentsprechend erachtet werden darf (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 - 4 KSt 1010.07 - juris Rn. 7 und vom 20. August 2014 - 9 KSt 3.14 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 52 Rn. 3).

6 Über Gerichtskosten war nicht zu entscheiden, weil das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.