Verfahrensinformation



Der Antragsteller studiert bei der Antragsgegnerin - einer staatlichen Hochschule - seit dem Wintersemester 2002/2003 im Diplomstudiengang Biochemie und Molekularbiologie. Die Regelstudienzeit beträgt neun Semester.


Im Zuge des Bologna-Prozesses erließ die Antragsgegnerin im Jahre 2007 eine Satzung, in der sie diesen Diplomstudiengang aufhob. Die Studierenden könnten die Diplomprüfung noch bis zum 31. März 2012 unter Geltung der bisherigen Studien- und Prüfungsordnung ablegen, in begründeten Ausnahmefällen auch darüber hinaus. Die Antragsgegnerin gewährte dem Antragsteller mehrfach eine Verlängerung zur Ablegung seiner Diplomprüfung, zuletzt bis zum 31. März 2021. Der Antragsteller erhob jeweils Widerspruch gegen die aus seiner Sicht zu kurz bemessenen Verlängerungen.


Im Jahre 2018 erließ die Antragsgegnerin eine Änderungssatzung, in der sie die Satzung aus dem Jahre 2007 um ein verbindliches Enddatum des Diplomstudiengangs zum Ablauf des Wintersemesters 2020/2021 ergänzte. Der Antragsteller - inzwischen einziger noch verbliebener Student des Diplomstudiengangs - hat im August 2019 gegen die Änderungssatzung geklagt und macht geltend, die Änderungssatzung leide an formellen und materiellen Fehlern.


Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag abgelehnt. Die angegriffene Änderungssatzung sei rechtmäßig. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision zugelassen, um zu klären, welche Anforderungen aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip für die Öffentlichkeit der Sitzungen von Hochschulgremien folgten, insbesondere ob die Tagesordnung einer Sitzung vorab zu veröffentlichen sei. Mit seiner Revision vertieft der Antragsteller sein Vorbringen zu den von ihm gerügten Fehlern beim Erlass der Änderungssatzung.


Beschluss vom 06.01.2022 -
BVerwG 6 BN 2.21ECLI:DE:BVerwG:2022:060122B6BN2.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 06.01.2022 - 6 BN 2.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:060122B6BN2.21.0]

Beschluss

BVerwG 6 BN 2.21

  • OVG Schleswig - 15.10.2020 - AZ: 3 KN 12/19

In der Normenkontrollsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Januar 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Tegethoff und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 15. Oktober 2020 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren und - insoweit vorläufig - für das Revisionsverfahren auf jeweils 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Revision des Antragstellers ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Das Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, welche Anforderungen aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip für die Öffentlichkeit der Sitzungen von Hochschulgremien folgen, insbesondere ob die Tagesordnung einer Sitzung vorab zu veröffentlichen ist.

2 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG; die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 und § 63 Abs. 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 6 CN 1.22 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich bzw. in elektronischer Form (§ 55a Abs. 1 bis 6, § 55d VwGO sowie Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach vom 24. November 2017, BGBl. I S. 3803) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Urteil vom 24.01.2024 -
BVerwG 6 CN 1.22ECLI:DE:BVerwG:2024:240124U6CN1.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 24.01.2024 - 6 CN 1.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:240124U6CN1.22.0]

Urteil

BVerwG 6 CN 1.22

  • OVG Schleswig - 15.10.2020 - AZ: 3 KN 12/19

In der Normenkontrollsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller, Hahn und Dr. Tegethoff sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gamp
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Unwirksamkeitserklärung einer Satzung der Antragsgegnerin, mit der diese nach Aufhebung des Diplom-Studiengangs Biochemie infolge des Wechsels auf das konsekutive Bachelor-/Master-System den in einer Übergangsregelung unter Ausnahmevorbehalt gestellten Anspruch der Studierenden auf Ablegung der Diplomprüfung befristet hat.

2 Seit dem Wintersemester 2002/2003 ist der Antragsteller im Diplom-Studiengang Biochemie bei der Antragsgegnerin eingeschrieben. Die Regelstudienzeit beträgt neun Semester. In den Sommersemestern 2015, 2016, 2017 und 2019 war er beurlaubt.

3 Am 27. Dezember 2007 veröffentlichte die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite und im Nachrichtenblatt des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein die "Satzung zur Aufhebung der Studienordnung und Prüfungsordnung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät für Studierende des Studiengangs Biochemie mit dem Abschluss Diplom" vom 29. November 2007 (Aufhebungssatzung). Art. 1 dieser Satzung enthält die Aufhebung der Studienordnung für diesen Studiengang, während ihr Art. 2 die zugehörige Prüfungsordnung aufhebt. Nach Art. 3 der Aufhebungssatzung tritt diese am Tage nach ihrer Bekanntmachung, also am 28. Dezember 2007, in Kraft. Zudem enthält Art. 3 der Aufhebungssatzung folgende Übergangsregelung: "Studierende, die an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel für den Diplom-Studiengang Biochemie eingeschrieben sind, können die Diplomprüfung nach In-Kraft-Treten dieser Satzung bis zum 31.03.2012 nach der in Artikel 2 Satz 1 genannten Prüfungsordnung in Verbindung mit der in Artikel 1 Satz 1 genannten Studienordnung ablegen. Darüber hinaus ist die Ablegung der Prüfung nach der in Artikel 2 Satz 1 genannten Prüfungsordnung nur in begründeten Ausnahmefällen möglich; hierüber entscheidet der Prüfungsausschuss auf Antrag."

4 Auf seinen Antrag hin bewilligte der Prüfungsausschuss der Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 16. April 2018 eine Verlängerung der Frist zur Ablegung der Diplomprüfung bis zum 30. September 2020. Hiergegen legte der Antragsteller - beschränkt auf die Dauer der gewährten Fristverlängerung - Widerspruch ein. Aufgrund seiner Beurlaubung im Sommersemester 2019 begehrte er mit Schreiben vom 9. Juni 2019 eine Verlängerung der Frist bis zum 30. September 2021. Die Antragsgegnerin verlängerte daraufhin mit Bescheid vom 20. Juni 2019 die Frist bis zum 31. März 2021 und lehnte den weitergehenden Antrag ab. Auch hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Die Widersprüche hat die Antragsgegnerin noch nicht beschieden.

5 Die Antragsgegnerin entschloss sich im Jahr 2018, den Diplom-Studiengang Biochemie endgültig abzuwickeln. Hierzu sollte eine Änderungssatzung erlassen werden, die die in Art. 3 der Aufhebungssatzung enthaltene Übergangsregelung um folgende Sätze ergänzt: "Mit Ablauf des Wintersemesters 2020/2021 erlischt jeglicher Prüfungsanspruch nach der in Artikel 2 genannten Prüfungsordnung. Danach ist eine Ablegung der Diplomprüfung auch in begründeten Ausnahmefällen ausgeschlossen."

6 Der Konvent der Medizinischen Fakultät und der Konvent der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät stimmten dem Entwurf der Satzungsänderung mit Beschlüssen vom 25. bzw. 27. Juni 2018 zu. Der Senat fasste in seiner Sitzung vom 11. Juli 2018 den Beschluss, gegen die beabsichtigte Satzungsänderung keine Einwendungen zu erheben. Die Sitzungstermine der genannten Konvente und des Senats wurden jeweils im Januar 2018 im Internet veröffentlicht und waren über die Homepages der jeweiligen Fakultäten oder über das Veranstaltungsverzeichnis Univis der Antragsgegnerin einsehbar. Die Tagesordnungen zu den Sitzungen wurden nicht öffentlich bekanntgemacht. Das Präsidium der Antragsgegnerin stimmte der Satzungsänderung am 17. Juli 2018 zu. Die "Erste Satzung zur Änderung der Satzung zur Aufhebung der Studienordnung und Prüfungsordnung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel für Studierende des Studiengangs Biochemie mit dem Abschluss Diplom" vom 19. Juli 2018 (Änderungssatzung) wurde am 9. August 2018 auf der Internetseite der Antragsgegnerin und im genannten Nachrichtenblatt bekannt gemacht.

7 Der gegen die Änderungssatzung am 8. August 2019 beim Oberverwaltungsgericht eingereichte Normenkontrollantrag des Antragstellers blieb ohne Erfolg. Der Antrag sei zwar zulässig. Die Änderungssatzung könne Gegenstand eines Normenkontrollantrags sein. Der Antragsteller habe den Antrag fristgerecht gestellt und sei antragsbefugt. Seine Beschwer beruhe darauf, dass er als Studierender des aufgehobenen Studiengangs durch die Änderungssatzung seinen Anspruch auf Ablegung der für diesen Studiengang vorgesehenen Abschlussprüfung verliere. Jedoch sei der Normenkontrollantrag unbegründet. Die Änderungssatzung sei formell rechtmäßig. Die Befugnis der Antragsgegnerin zum Erlass der Änderungssatzung ergebe sich aus § 52 Abs. 1 und Abs. 10 Satz 1 HSG i. V. m. § 6 Abs. 2 HSG. Die Änderungssatzung sei ordnungsgemäß erlassen worden. Einer Zustimmung des Ministeriums habe es nach § 49 Abs. 6 Satz 1 HSG nicht bedurft. Auch sei durch die Sitzungen der Fachbereichskonvente der Grundsatz der Öffentlichkeit nicht verletzt worden. Dieser Grundsatz diene dazu, der Allgemeinheit Publizität, Information, Kontrolle und Integration zu vermitteln. Dem sei hier entsprochen worden. Die Sitzungen seien öffentlich abgehalten und ihre Termine zuvor in der vorgeschriebenen Form bekanntgemacht worden. Den Mitgliedern der Antragsgegnerin sei es daher möglich gewesen, an den Sitzungen als Zuhörer teilzunehmen. Dies genüge, um dem Grundsatz der Öffentlichkeit Rechnung zu tragen. Die Bekanntgabe der Tagesordnung habe der Gesetzgeber aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht vorsehen müssen. Zwar sei dies unter dem Gesichtspunkt der Transparenz förderlich, aber nicht geboten. Angesichts von vier Terminen pro Semester könnten sich Interessierte zu Beginn der Sitzung dorthin begeben oder sich vorab beim Dekanat über die Tagesordnung informieren. Hierdurch werde der Zugang zur Tagesordnung nicht über Gebühr erschwert. Auch der materielle Gehalt der Änderungssatzung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Die Aufhebung des Studiengangs sei sowohl nach § 49 Abs. 6 Satz 8 HSG als auch am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG sowie des Vertrauensschutzes nicht zu beanstanden. Das Verbot von Einzelfallgesetzen gelte nicht für Satzungen.

8 Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision macht der Antragsteller geltend, es verstoße gegen den in Art. 20 Abs. 1 und 3 GG verankerten Öffentlichkeitsgrundsatz, dass die Tagesordnungen der Sitzungen der Konvente und des Senats nicht öffentlich bekanntgemacht worden und daher für Studierende nicht einsehbar gewesen seien. Dem Grundsatz der Öffentlichkeit werde nur Rechnung getragen, wenn auch die Tagesordnung vorab öffentlich bekannt gemacht werde. Die Anstoßfunktion könne nur erfüllt werden, wenn die Bekanntmachung auch die Tagesordnung umfasse. Es sei unzumutbar, Interessierte darauf zu verweisen, sich nach der jeweiligen Tagesordnung in den Gremien zu erkundigen. Zudem werde Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, weil eine Zustimmung des Ministeriums zur Aufhebung der Studien- und der Prüfungsordnung verfassungsrechtlich zur Wahrung der Ausbildungsinteressen der Studierenden geboten gewesen sei. Ein Rechtsschutzbedürfnis für seinen Normenkontrollantrag bestehe, weil der Antragsteller in absehbarer Zeit die Voraussetzungen für die Zulassung sowohl zur Diplomvorprüfung als auch zur Diplomprüfung erlangen könne. Für die Zulassung zur Diplomvorprüfung fehle ihm noch eine Klausur als Nachweis der erfolgreichen Teilnahme in Organischer Chemie. An dieser Klausur könne er im Falle eines Obsiegens noch im Wintersemester 2023/2024 teilnehmen. Innerhalb von vier Wochen könne er dann die Fachprüfungen der Diplomvorprüfung absolvieren, deren ersten Prüfungsabschnitt er bereits bestanden habe. Die Antragsgegnerin habe ihm die Frist zur Ablegung der Diplomprüfung mehrmals verlängert. Es sei nicht auszuschließen, dass ihm die Frist zur Ablegung der Diplomprüfung nochmals verlängert werde. Jedenfalls sei nicht davon auszugehen, dass er auf unabsehbare Zeit seinem Ziel nicht näherkommen könne.

9 Der Antragsteller beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2020 abzuändern und die Erste Satzung zur Änderung der Satzung zur Aufhebung der Studienordnung und Prüfungsordnung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel für Studierende des Studiengangs Biochemie mit dem Abschluss Diplom vom 19. Juli 2018 (NBl. HS MBWK Schl.-H. 2018, S. 55), die auf der Internetseite der Antragsgegnerin am 9. August 2018 bekanntgemacht wurde, für unwirksam zu erklären.

10 Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor, dem Antragsteller sei um das Jahr 2008 die Erlaubnis erteilt worden, Lehrveranstaltungen aus dem Hauptdiplom belegen zu dürfen, obwohl er das Vordiplom noch nicht bestanden habe. Ihm fehlten Leistungsnachweise für die Diplomvorprüfung und die Diplomprüfung. Die Diplomvorprüfung habe er noch nicht bestanden. Sie biete seit dem 31. März 2012 keine Veranstaltungen mehr im Diplom-Studiengang Biochemie an. Gleiches gelte für die Diplomvorprüfung. Der Antragsteller könne die erforderlichen Leistungsnachweise mit Ausnahme der für den Bachelor-Abschluss und die Zulassung zur Diplomvorprüfung gleichermaßen notwendigen sogenannten Reaktionsmechanismen-Klausur nicht mehr ohne Studiengangwechsel erwerben.

II

11 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Normenkontrollantrag statthaft ist (1.), der Antragsteller den Antrag fristgerecht gestellt hat (2.) und die Antragsbefugnis gegeben ist (3.). Das Urteil verstößt jedoch gegen revisibles Recht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, weil es rechtsfehlerhaft ein Rechtsschutzbedürfnis für das Normenkontrollverfahren angenommen hat. Vielmehr erweist sich der Normenkontrollantrag als unzulässig und das angefochtene Urteil gemäß § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig (4.).

12 1. Das Oberverwaltungsgericht ist ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgegangen, dass das Normenkontrollverfahren statthaft ist. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Diese Voraussetzungen liegen nach der den Senat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO bindenden Auslegung von Landesrecht durch die Vorinstanz vor. Danach öffnet § 67 des Schleswig-Holsteinischen Landesjustizgesetzes (LJG SH) das Normenkontrollverfahren für im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften (Rechtsverordnungen und Satzungen). Die Änderungssatzung findet nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ihre Rechtsgrundlage in § 52 Abs. 1 und 10 des Gesetzes über die Hochschulen und das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (Hochschulgesetz - HSG SH) vom 5. Februar 2016 (GVOBl. SH S. 39) i. d. F. des Gesetzes vom 10. Februar 2018 (GVOBl. SH S. 68) und regelt in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit fallende öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen.

13 Nach den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil beschränkt sich der Gegenstand des Normenkontrollverfahrens auf den Inhalt der Änderungssatzung. Mit ihr wird der unter Art. 3 der Aufhebungssatzung in Satz 2 der Übergangsregelung normierte, nur noch in begründeten Ausnahmefällen bestehende Anspruch auf Ablegung der Diplomprüfung im Diplom-Studiengang Biochemie zeitlich befristet; der Anspruch erlischt mit Ablauf des Wintersemesters 2020/2021 zum 31. März 2021 (vgl. UA S. 3, 9, 15 und 18). Allein hierauf bezieht sich die Regelung der Änderungssatzung. An diese Auslegung der Satzung als irrevisibles Landesrecht ist der Senat ebenfalls nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO gebunden (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 19. Juni 2019 - 6 CN 1.18 -‌ BVerwGE 166, 65 Rn. 19). Diesem Verständnis folgend sind die weiteren Regelungen der Aufhebungssatzung wie die Aufhebung der Studien- und Prüfungsordnung sowie die übergangsweise Ermöglichung der Fortführung des Diplom-Studiums bis zum 31. März 2012 nicht Gegenstand des Normenkontrollverfahrens (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - 4 CN 7.98 - BVerwGE 110, 193 <198>).

14 2. Der Antragsteller hat mit dem am 8. August 2019 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Normenkontrollantrag die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von einem Jahr gewahrt. Die Änderungssatzung wurde am 9. August 2018 auf der Internetseite der Antragsgegnerin bekannt gemacht; im Nachrichtenblatt des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein wurde auf die Bekanntmachung hingewiesen (vgl. auch § 36 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung der Antragsgegnerin sowie § 95 Abs. 2 Satz 1 HSG SH). Die Jahresfrist endete am 9. August 2019.

15 3. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist eine natürliche Person antragsbefugt, wenn sie geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Hiervon ist die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverstoß ausgegangen. Der Antragsteller ist antragsbefugt, da er als in dem Diplom-Studiengang Biochemie eingeschriebener Studierender geltend machen kann, durch die Änderungssatzung in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu werden. Mit der Änderungssatzung wird die Ablegung der Diplomprüfung in diesem Studiengang nach Ablauf des Wintersemesters 2020/2021 ausgeschlossen.

16 4. Das angefochtene Urteil verletzt aber revisibles Recht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, weil es ein Rechtsschutzbedürfnis für das Normenkontrollverfahren unterstellt hat (a)), obwohl es im vorliegenden Fall nicht gegeben ist (b)). Insoweit stellt sich das angefochtene Urteil jedoch nach § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig dar (c)).

17 a) Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist eine für alle der Verwaltungsgerichtsordnung unterliegenden Verfahren einheitliche, ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung und unterfällt als prozessrechtliches Erfordernis dem Begriff des Bundesrechts im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Es beruht auf dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben, dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte und dem auch für die Gerichte geltenden Grundsatz der Effizienz staatlichen Handelns. Im Zusammenhang mit § 47 VwGO soll es verhindern, dass Gerichte in eine Normprüfung eintreten, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos bzw. nutzlos ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99 u. a. - BVerfGE 104, 220 <232>; BVerwG, Urteile vom 16. April 2015 - 4 CN 6.14 - BVerwGE 152, 49 Rn. 15, vom 13. Dezember 2018 - 4 CN 3.18 - BVerwGE 164, 74 Rn. 14 und vom 24. Januar 2023 - 4 CN 8.21 - BVerwGE 177, 314 Rn. 9 m. w. N.).

18 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Normenkontrollverfahren regelmäßig vor, wenn der Antragsteller antragsbefugt ist (vgl. nur BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2018 ‌- 4 CN 3.18 - BVerwGE 164, 74 Rn. 14 und vom 12. Juli 2022 - 4 CN 3.21 - NVwZ 2022, 1569 Rn. 18). Hiervon ist die Vorinstanz ersichtlich ausgegangen, weil sie in dem angefochtenen Urteil nach der Feststellung der Antragsbefugnis ohne weitere Erörterung von anderen Sachentscheidungsvoraussetzungen die Begründetheit des Normenkontrollantrags geprüft hat.

19 b) Auf Seiten des Antragstellers ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung des Normenkontrollverfahrens jedoch nicht anzuerkennen. Der Senat hat im Revisionsverfahren die Sachurteilsvoraussetzungen eines Rechtsbehelfs von Amts wegen zu prüfen, da ihm eine Sachentscheidung verwehrt ist, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Die für die Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen notwendigen Tatsachen hat der Senat als Prozesstatsachen, die nicht an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teilnehmen, selbst festzustellen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 1985 - 2 C 14.84 - BVerwGE 71, 73 <74 f.> und vom 28. November 2018 - 6 C 2.17 - BVerwGE 164, 1 Rn. 12 m. w. N.).

20 aa) Die Beurteilung des Rechtsschutzbedürfnisses richtet sich nach den jeweiligen Verhältnissen im Einzelfall (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. August 1987 ‌- 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>, vom 9. Februar 1989 - 4 NB 1.89 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 37 S. 25 und vom 11. Oktober 2016 - 3 BN 1.15 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 210 Rn. 4). Das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines Normenkontrollverfahrens ist anzunehmen, wenn der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Nichtigerklärung der Rechtsvorschrift seine Rechtsstellung verbessern kann. Es ist nicht erforderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen Rechtsschutzziel führt. Vielmehr reicht es aus, dass die begehrte Entscheidung des Normenkontrollgerichts für den Antragsteller zumindest aus tatsächlichen Gründen vorteilhaft ist bzw. es sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für ihn von Nutzen sein kann, um sein gegebenenfalls außerhalb des Normenkontrollverfahrens liegendes tatsächliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. April 2002 - 4 CN 3.01 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 156 S. 87 f. und vom 16. April 2015 - 4 CN 6.14 - BVerwGE 152, 49 Rn. 15).

21 Mit Blick auf den bei Erfüllung der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich bestehenden Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung ist ein strenger Maßstab anzulegen; das Rechtsschutzbedürfnis darf nur in engen Grenzen verneint werden. Es entfällt lediglich dann, wenn die Normprüfung für den Antragsteller wert- bzw. nutzlos ist. Dies ist der Fall, wenn das Ergebnis der Normprüfung die Rechtsstellung des Antragstellers nicht verbessern kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2022 - 4 CN 3.21 - NVwZ 2022, 1569 Rn. 18; Beschlüsse vom 18. Juli 1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231> und vom 11. Oktober 2016 - 3 BN 1.15 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 210 Rn. 4) bzw. die Feststellung der Nichtigkeit nichts dazu beizutragen vermag, das eigentliche Rechtsschutzziel zu erreichen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Mai 1993 ‌- 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 S. 140, vom 26. Mai 1993 - 4 NB 3.93 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 80 S. 145 und vom 7. März 2002 - 4 BN 60.01 - Buchholz 406.13 § 5 ROG Nr. 3 S. 2 f.). Der Antragsteller darf unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance haben, sein eigentliches Ziel zu erreichen; nur dann wird das Normenkontrollgericht unnütz in Anspruch genommen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2002 - 4 CN 3.01 -‌ Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 156 S. 88; Beschluss vom 7. März 2002 - 4 BN 60.01 - Buchholz 406.13 § 5 ROG Nr. 3 S. 2 f.).

22 bb) Der Antragsteller verfolgt das hinter dem Normenkontrollantrag stehende Ziel, die Diplomprüfung im Studiengang Biochemie noch ablegen zu können. Dieses Ziel kann er jedoch tatsächlich nicht mehr erreichen, sodass sich das Normenkontrollverfahren für ihn als nutzlos erweist. Zwar würde im Fall der Unwirksamkeitserklärung der Änderungssatzung der auf begründete Ausnahmefälle beschränkte Anspruch auf Ablegung der Diplomprüfung im Studiengang Biochemie nach Satz 2 der in Art. 3 der Aufhebungssatzung enthaltenen Übergangsregelung unbefristet fortbestehen. Jedoch erweist sich dieser auf die Ablegung der Diplomprüfung gerichtete Anspruch für den Antragsteller als nutzlos, weil er keine reale Chance mehr hat, diese Prüfung noch ablegen zu können. Letzteres setzt voraus, dass der Studierende die Voraussetzungen für die Zulassung zur Diplomprüfung erfüllt. Hierzu gehört unter anderem nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 der bereits aufgehobenen Prüfungsordnung, dass der Antragsteller die Diplomvorprüfung in demselben oder in einem verwandten Studiengang oder eine als gleichwertig angerechnete Prüfung bestanden hat. Diese Voraussetzung kann der Antragsteller nicht mehr erfüllen.

23 Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Antragsteller die Diplomvorprüfung in einem verwandten Studiengang oder eine als gleichwertig angerechnete Prüfung bestehen kann. Der Antragsteller erachtet es vielmehr für zumutbar, dass die Antragsgegnerin ihm die Ablegung der Diplomvorprüfung weiterhin ermöglicht. Hierauf kommt es aber nicht an. Entscheidend ist, dass die Antragsgegnerin nach dem 31. März 2012 nicht mehr rechtlich verpflichtet ist, die Diplomvorprüfung anzubieten. Sie hat im Anschluss an die gesetzliche Vorgabe in § 46 Abs. 3 Satz 5 HSG SH, wonach bestehende Diplom- und Magisterstudiengänge auslaufen, nach Einrichtung des Bachelor- und Masterstudiengangs Biochemie die Studienordnung und die Prüfungsordnung für den Diplom-Studiengang Biochemie mit Wirkung vom 28. Dezember 2007 aufgehoben. Des Weiteren hat sie es in Umsetzung von § 49 Abs. 6 Satz 8 HSG SH den eingeschriebenen Studierenden im Diplom-Studiengang Biochemie durch die in Satz 1 der in Art. 3 der Aufhebungssatzung enthaltene Übergangsregelung ermöglicht, den Abschluss innerhalb der Regelstudienzeit bis zum 31. März 2012 zu erreichen. Nach Ablauf dieses Übergangszeitraums war die Antragsgegnerin nicht mehr verpflichtet, die Diplomvorprüfung anzubieten und diese wird von ihr auch nicht mehr angeboten. Damit ist es dem Antragsteller unmöglich, diese Voraussetzung für die Zulassung zur Diplomprüfung noch erfüllen zu können.

24 Angesichts dessen kann es vorliegend dahinstehen, ob der Antragsteller noch die ihm fehlenden Leistungsnachweise für die Zulassung zur Diplomvorprüfung bzw. Diplomprüfung etwa durch den Besuch anderer Veranstaltungen der Antragsgegnerin und deren Anerkennung für den Diplom-Studiengang erlangen kann. Denn dies wäre allenfalls im Hinblick auf die - kumulativ zu erfüllende - weitere Voraussetzung für die Zulassung zur Diplomprüfung nach § 19 Abs. 1 Nr. 3 der aufgehobenen Prüfungsordnung von Bedeutung.

25 Aus dem Verhalten der Antragsgegnerin dem Antragsteller gegenüber ergibt sich ebenso wenig, dass noch eine reale Chance für ihn besteht, die Diplomprüfung ablegen zu können. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller bereits im Jahr 2008 erlaubte, ohne bestandene Diplomvorprüfung Leistungsnachweise aus dem Hauptdiplom zu erwerben, lässt keine Rückschlüsse darauf zu, dass der Antragsteller noch nach Ablauf des 31. März 2012 die Diplomvorprüfung hätte ablegen können. Auch die Tatsache, dass der Antragsteller als in den Diplom-Studiengang Biochemie eingeschriebener Studierender nach dem 31. März 2012 die sogenannte Reaktionsmechanismen-Klausur des Bachelor-Studiengangs Biochemie wiederholt hat schreiben können, lässt nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin ihm die Ablegung der Diplomvorprüfung weiterhin hat ermöglichen wollen. Die Zulassung des Antragstellers zu dieser Klausur beruht nach den nachvollziehbaren Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung allein auf dem Umstand, dass diese Klausur sowohl ein Leistungsnachweis für die Zulassung zur Diplomvorprüfung war als auch - insoweit als einzige Klausur - unverändert im Bachelorstudiengang angeboten wird. Sie ist ein Modul des Bachelor- und keine Veranstaltung des Diplom-Studiengangs. Schließlich lässt sich den dem Antragsteller gewährten Fristverlängerungen zur Ablegung der Diplomprüfung nicht entnehmen, dass ihm die Antragsgegnerin hiermit die Beendigung des Diplomstudiums einschließlich der Ablegung der Diplomvorprüfung als Zwischenschritt hat ermöglichen wollen. Aus den vorliegenden Umständen ergibt sich, dass die Fristverlängerungen gewährt worden sind, um dem Antragsteller einen Wechsel in den Bachelor-Studiengang weiterhin offen zu halten. Dies folgt insbesondere daraus, dass die Antragsgegnerin nach dem 31. März 2012 keine Veranstaltungen und Diplomvorprüfungen in dem Diplom-Studiengang Biochemie mehr angeboten hat. Überdies hat sie den Antragsteller etwa im Fristverlängerungsbescheid vom 16. April 2018 explizit darauf hingewiesen, dass infolge der Umwandlung in das Bachelor-Master-System keine dem Diplom-Studiengang entsprechenden Kurse mehr angeboten werden und der Prüfungsausschuss mit Nachdruck den Wechsel in den Bachelor-Studiengang unter Anrechnung erbrachter Studienleistungen über eine Äquivalenzanerkennung empfohlen hat.

26 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.