Beschluss vom 27.01.2010 -
BVerwG 1 WB 35.09ECLI:DE:BVerwG:2010:270110B1WB35.09.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 27.01.2010 - 1 WB 35.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:270110B1WB35.09.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 35.09
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Wilcke und
den ehrenamtlichen Richter Oberleutnant Merkl
am 27. Januar 2010 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü 1/Sabotageschutz).
2 Der 1967 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. August 2022. Zum Oberleutnant wurde er am 18. Oktober 2005 ernannt. Derzeit wird er beim Lufttransportgeschwader ... in W. als Lehroffizier verwendet.
3 Mit Bescheid vom 21. August 2007 stellte der Geheimschutzbeauftragte des Streitkräfteamts fest, dass die für den Antragsteller durchgeführte erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/A 2) Umstände ergeben hat, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellen; die Entscheidung umfasste auch die Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 (Verschlusssachenschutz). Die Feststellung des Sicherheitsrisikos stützte sich darauf, dass der Antragsteller bei Sicherheitsüberprüfungen in den Jahren 1994 und 1999 ebenso wie in dem aktuellen Verfahren unvollständige und unwahre Angaben zu seinen finanziellen Verhältnissen und zu Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn gemacht habe.
4 Am 10. September 2007 leitete der Sicherheitsbeauftragte des Lufttransportgeschwaders ... für den Antragsteller eine einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1/ Sabotageschutz) ein. In seiner Sicherheitserklärung vom 6. September 2007 bat der Antragsteller zu Frage Nr. 4.1 (Sind Sie in der Lage, Ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen?) um ein Gespräch und beantwortete die Frage 4.2 (Sind in den letzten fünf Jahren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen Sie erfolgt?) mit „Ja“.
5 Mit Schreiben vom 30. April 2008 hörte der Geheimschutzbeauftragte des Streitkräfteamts den Antragsteller zu den vom Militärischen Abschirmdienst ermittelten sicherheitserheblichen Erkenntnissen an.
6 Der Antragsteller nahm hierzu mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 3. Juni 2008 Stellung. Dabei räumte er seine früheren unwahren Angaben ein. Diese stellten jedoch seiner Auffassung nach seine Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit für die Zukunft nicht in Frage. Seine Beurteilungen würden ihn als gefestigten und zielstrebigen Offizier ausweisen. Er leiste seit 20 Jahren Dienst, ohne dass es zu Unzuverlässigkeiten gekommen sei. Seine Finanzen seien mittlerweile geordnet und schon die nächste Abrechnung werde frei von Pfändungen und Abtretungen sein.
7 Mit Schreiben vom 21. August 2008 an die Bevollmächtigten des Antragstellers, nachrichtlich an den Antragsteller selbst, teilte der Geheimschutzbeauftragte des Streitkräfteamts mit, dass die Ausführungen im Rahmen der Anhörung die Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Antragstellers nicht hinreichend hätten entkräften können. Wegen der wiederholten unwahren Angaben in Sicherheitserklärungen und des wiederholten Vertrauensbruchs müsse der Antragsteller noch über einen längeren Zeitraum zeigen, dass sich seine Persönlichkeit und sein Charakter gefestigt hätten, bevor ihm eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit anvertraut werden könne. Das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung werde dem Antragsteller zu gegebener Zeit von der personalbearbeitenden Dienststelle eröffnet, die ihn zugleich über die eintretenden Folgen in Kenntnis setze.
8 Mit Schriftsatz vom 19. September 2008 bestätigten die Bevollmächtigten des Antragstellers den Erhalt des Schreibens vom 21. August 2008 und nahmen nochmals zu den sicherheitserheblichen Umständen Stellung.
9 Mit formularmäßigem Bescheid vom 21. August 2008, dem in der vorgelegten Akte eine sechsseitige Begründung beigefügt ist, stellte der Geheimschutzbeauftragte des Streitkräfteamts fest, dass die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1/Sabotageschutz) Umstände ergeben habe, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellten. Eine Wiederholungsüberprüfung könne bei Bedarf im August 2012 eingeleitet werden. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 30. September 2008 im Auftrag des Personalamts der Bundeswehr (als personalbearbeitender Stelle) durch seinen Staffelchef eröffnet. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 teilte der Kommandeur des Lufttransportgeschwaders ... - Fliegende Gruppe - dem Antragsteller ferner mit, dass er wegen des Ergebnisses der Sicherheitsüberprüfung keine Tätigkeiten in sicherheitsrelevanten Bereichen mehr übernehmen könne. Der Antragsteller könne zwar auf seinem bisherigen Dienstposten verbleiben; sein Zugang zu und sein Umgang mit Verschlusssachen sei jedoch beschränkt.
10 Mit Schreiben vom 25. November 2008 wandten sich die Bevollmächtigten des Antragstellers an den Geheimschutzbeauftragten und baten um eine Reaktion auf ihr Schreiben vom 19. September 2008. Der Geheimschutzbeauftragte teilte den Bevollmächtigten unter dem 5. Dezember 2008 mit, dass die Entscheidung dem Antragsteller am 30. September 2008 eröffnet worden und das Sicherheitsüberprüfungsverfahren damit beendet sei.
11 Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 23. Dezember 2008 legte der Antragsteller Beschwerde gegen das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung ein. Die Eröffnung der Entscheidung sei nicht wirksam, weil sie gegen §§ 14 und 41 VwVfG verstoße. Die Eröffnung bzw. Bekanntgabe hätte nicht ihm, sondern seinen Bevollmächtigten gegenüber erfolgen müssen. Außerdem fehle eine Rechtsbehelfsbelehrung, weshalb die Jahresfrist des § 58 VwGO gelte. Hilfsweise werde ein Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. In der Sache verweise er auf die bis dahin abgegebenen Stellungnahmen.
12 Mit Bescheid vom 8. April 2009, zugestellt am 14. April 2009, wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde als unzulässig zurück. Die Beschwerde sei erst erheblich nach Ablauf der mit der Eröffnung am 30. September 2008 beginnenden Beschwerdefrist eingelegt worden. Da es sich bei der Mitteilung des Ergebnisses der Sicherheitsüberprüfung um eine truppendienstliche Erstmaßnahme handele, sei eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht erforderlich gewesen. Das Ergebnis eines Sicherheitsüberprüfungsverfahrens werde nicht dem Vertreter, sondern gemäß Nr. 2712 ZDv 2/30 nur dem betroffenen Soldaten selbst eröffnet; die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes seien insoweit nicht anwendbar. Ungeachtet dessen habe der Geheimschutzbeauftragte mit Schreiben vom 21. August 2008 die Bevollmächtigten über die beabsichtigte Feststellung des Sicherheitsrisikos sowie über die Modalitäten des Verfahrens informiert. Es habe deshalb in der Risikosphäre des Antragstellers und seiner Bevollmächtigten gelegen, sich nach dem 30. September 2008 über die weitere Vorgehensweise rechtzeitig zu informieren. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, weil diese Rechtsfigur in der Wehrbeschwerdeordnung nicht vorgesehen sei. Ein unabwendbarer Zufall im Sinne des § 7 WBO sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids führte der Bundesminister der Verteidigung aus, dass die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten auch in der Sache nicht zu beanstanden sei.
13 Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 13. Mai 2009 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - legte den Antrag zusammen mit seiner Stellungnahme vom 29. Juni 2009 dem Senat vor.
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Zur Begründung führt der Antragsteller ergänzend insbesondere aus:
Sämtlicher Schriftwechsel seit Juni 2008 sei zwischen dem Geheimschutzbeauftragten und seinen Bevollmächtigten geführt worden. Die anwaltliche Vertretung sei nicht zurückgewiesen worden, was im Hinblick auf Nr. 2708 ZDv 2/30 auch nicht zulässig gewesen wäre. Dementsprechend habe er davon ausgehen können, dass, wenn das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung nicht schon direkt den Bevollmächtigten, sondern ihm eröffnet werde, den Bevollmächtigten zumindest eine Durchschrift der Entscheidung zur Verfügung gestellt werde. Der Geheimschutzbeauftragte sei deshalb am 25. November 2008 in Unkenntnis der Eröffnung angeschrieben und um eine Reaktion auf den Schriftsatz vom 19. September 2008 gebeten worden. Da er, der Antragsteller, davon ausgegangen sei, dass den Bevollmächtigten die Eröffnung mitgeteilt werde und diese fristgerecht darauf reagieren könnten, habe er die Eröffnung durch seinen Staffelkapitän lediglich als zweitrangig angesehen. Obwohl er über umfangreichere Kenntnisse der Wehrbeschwerdeordnung verfüge als einige seiner Kameraden, sei er sich nicht im Klaren darüber gewesen, dass er selbst fristgebunden hätte reagieren müssen. Auch hätte die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten im Hinblick auf den Beschluss des Senats vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 15.05 - einer Rechtsbehelfsbelehrung bedurft.
In der Sache verwies der Antragsteller auf seinen bisherigen Vortrag sowie auf ein als Anlage beigefügtes Schreiben an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages vom Juni 2009, in dem er ausführlich seinen bisherigen Werdegang in der Bundeswehr und seine Dienstauffassung darstellte. Die Zweifel an seiner Zuverlässigkeit seien ihm, dem Antragsteller, angesichts der langen Zeit von der ersten Überprüfung bis zur Feststellung der unwahren Angaben, in der er sich dennoch positiv bewährt habe, nicht nachvollziehbar. Er halte deshalb die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten für unverhältnismäßig. Auch nach seiner jüngsten Beurteilung vom 21. März 2007 übertreffe er sehr deutlich die Anforderungen und zeige eine ausgeprägte Identifikation mit seinem Beruf als Soldat und Offizier. Ihm in einer solchen Situation sein bisheriges Einsatzfeld zu entziehen, in dem er seine besonderen Fähigkeiten gezeigt habe, müsse zwangsläufig zu einer Demoralisierung führen.
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Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
16 Er wiederholt und vertieft die bereits in dem Beschwerdebescheid dargelegten Gründe, aus denen sich die verspätete Einlegung der Beschwerde ergebe. In der Sache weist er insbesondere darauf hin, dass der Antragsteller wiederholt und in mehreren Sicherheitsüberprüfungsverfahren unwahre Angaben gemacht habe. Der Wahrheitspflicht komme gerade im Rahmen eines Sicherheitsüberprüfungsverfahrens und bei Wahrnehmung einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit eine besondere Bedeutung zu.
17 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 535/09 - und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
18 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. Der Bundesminister der Verteidigung hat die Beschwerde des Antragstellers zu Recht als unzulässig zurückgewiesen, weil diese nicht rechtzeitig eingelegt worden ist.
19 1. Die Beschwerdefrist begann mit der Eröffnung der hier strittigen Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Streitkräfteamts gegenüber dem Antragsteller am 30. September 2008.
20 a) Nach § 6 Abs. 1 WBO in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Januar 2009 geltenden Fassung des Gesetzes darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss binnen zwei Wochen eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 30. November 2006 - BVerwG 1 WB 18.06 - Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 4 = NZWehrr 2007, 127, vom 13. August 2008 - BVerwG 1 WB 45.07 - Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 5 und vom 28. April 2009 - BVerwG 1 WB 4.09 und 1 WB 5.09 - NZWehrr 2009, 253). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die „Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides“ (in der bis zum 31. Januar 2009 geltenden Fassung) bzw. an die „Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheides“ (in der ab 1. Februar 2009 geltenden Fassung) anknüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist demnach nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt nur dann, wenn für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (vgl. Beschlüsse vom 15. Oktober 1996 - BVerwG 1 WB 93.95 - <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 103, 390> = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 6 = NZWehrr 1997, 158, vom 28. April 2009 a.a.O. sowie zuletzt vom 22. Dezember 2009 - BVerwG 1 WNB 6.09 -).
21 Eine derartige besondere Form der Bekanntgabe ergibt sich vorliegend aus Nr. 2710 und Nr. 2712 Abs. 1 ZDv 2/30 (vgl. zum folgenden Beschlüsse vom 4. September 1996 - BVerwG 1 WB 14.96 - Buchholz 311 § 6 WBO Nr. 2 = NZWehrr 1997, 78, vom 15. Oktober 1996 a.a.O. und vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 -). Gemäß Nr. 2710 Abs. 1 Satz 1 ZDv 2/30 hat der Geheimschutzbeauftragte, wenn er die Verwendung des Betroffenen in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit wegen Vorliegens eines Sicherheitsrisikos ablehnt, den Sicherheitsbeauftragten (mit Nebenabdruck für die personalbearbeitende Stelle) und den Militärischen Abschirmdienst zu unterrichten; der Sicherheitsbeauftragte der Beschäftigungsdienststelle des Betroffenen unterrichtet unverzüglich den Dienststellenleiter und leitet den Nebenabdruck an die zuständige personalbearbeitende Stelle weiter (Nr. 2710 Abs. 3 ZDv 2/30); die personalbearbeitende Stelle schließlich setzt die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten in eine dienst- oder arbeitsrechtliche Maßnahme um und unterrichtet den Betroffenen über die Ablehnung der Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit (Nr. 2712 Abs. 1 ZDv 2/30). In dieser Weise ist auch gegenüber dem Antragsteller verfahren worden. Der Bescheid des Geheimschutzbeauftragten des Streitkräfteamts vom 21. August 2008, der ein Sicherheitsrisiko feststellte, wurde dem Antragsteller am 30. September 2008 im Auftrag des Personalamts der Bundeswehr (als der für den Antragsteller zuständigen personalbearbeitenden Stelle) durch seinen Staffelchef, Major L., eröffnet. Dieser Vorgang als solcher wird von dem Antragsteller nicht bestritten.
22 b) Entgegen der Ansicht des Antragstellers musste die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten nicht gegenüber seinen Bevollmächtigten eröffnet oder bekanntgegeben oder diesen zumindest (zeitnah zu der Eröffnung gegenüber dem Antragsteller) ein Abdruck der Entscheidung übermittelt werden.
23 Die Wehrbeschwerdeordnung enthält keine Bestimmung, wonach die Bekanntgabe einer Entscheidung nur an einen bestellten Bevollmächtigten erfolgen kann (vgl. - auch zum Folgenden - Beschluss vom 13. August 2008 a.a.O.).
24 Eine solche Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften. Dabei kommt es auf die - vom Bundesminister der Verteidigung unter Berufung auf Nr. 2 des Erlasses zur Vertretung von Soldaten gegenüber personalbearbeitenden Stellen außerhalb von Beschwerdeverfahren (vom 11. September 1987, VMBl S. 335) verneinte - Frage nicht an, ob die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes über Bevollmächtigte und Beistände in truppendienstlichen Angelegenheiten Anwendung finden. Denn § 41 Abs. 1 Satz 2 VwVfG sieht lediglich vor, dass die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes auch gegenüber einem bestellten Bevollmächtigten vorgenommen werden kann (jedoch nicht muss). § 41 Abs. 1 Satz 2 VwVfG stellt eine spezielle Vorschrift dar, die für die Bekanntgabe einer Entscheidung die allgemeine Regelung des § 14 Abs. 3 VwVfG, wonach sich die Behörde an einen bestellten Bevollmächtigten wenden soll, verdrängt (vgl. näher Urteil vom 30. Oktober 1997 - BVerwG 3 C 35.96 - BVerwGE 105, 288 <292 ff.> = Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 11). Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG, wonach eine Zustellung an den bestellten Bevollmächtigten zu richten ist, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat, ist schließlich schon deswegen nicht einschlägig, weil die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten nicht förmlich zugestellt wurde und auch nicht förmlich zugestellt werden musste.
25 2. Begann die Zwei-Wochen-Frist für die Einlegung der Beschwerde nach § 6 Abs. 1 WBO demnach am 30. September 2008, so endete sie nach der - im Wehrbeschwerdeverfahren (ab dem 1. Februar 2009: gemäß § 23a Abs. 2 WBO) entsprechend anwendbaren - Regelung des § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 14. Oktober 2008.
26 Die mit Schreiben der Bevollmächtigten vom 23. Dezember 2008 eingelegte Beschwerde war damit verspätet. Das Schreiben vom 19. September 2008 stellt seinem Inhalt nach offenkundig eine Äußerung im Rahmen der - nach Auffassung der Bevollmächtigten des Antragstellers noch offenen - Anhörung, nicht aber die Einlegung eines Rechtsbehelfs dar; letzteres wird von dem Antragsteller auch nicht geltend gemacht.
27 a) Die Verfristung der Beschwerde wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war. Zwar ist es gemäß § 7 Abs. 2 WBO als ein unabwendbarer, die Einhaltung einer Frist hindernder Zufall anzusehen, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden ist; in diesem Falle läuft die Frist erst drei Tage (ab 1. Februar 2009: zwei Wochen) nach Beseitigung des Hindernisses, d.h. der nachträglichen Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung, ab (§ 7 Abs. 1 WBO). Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats jedoch nur dann, wenn eine gesetzliche Verpflichtung besteht, eine Rechtsmittelbelehrung zu erteilen, oder wenn eine solche Belehrung im Hinblick auf eine nicht vorauszusetzende Kenntnis der Frist verfassungsrechtlich geboten ist.
28 Die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Streitkräfteamts bedurfte danach keiner Rechtsbehelfsbelehrung. Die Wehrbeschwerdeordnung schreibt Rechtsbehelfsbelehrungen nur für ablehnende Beschwerdeentscheidungen vor (§ 12 Abs. 1 Satz 4, § 16 Abs. 4 WBO). Eine darüber hinausgehende verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer derartigen Belehrung hat der Senat für die bis zum 31. Januar 2009 geltende Fassung der Wehrbeschwerdeordnung nur bei truppendienstlichen Erstmaßnahmen angenommen, die unmittelbar vom Bundesminister der Verteidigung erlassen sind und gegen die deshalb als Rechtsbehelf nur der Antrag auf gerichtliche Entscheidung - mit dem Zwang, den Antrag innerhalb der Antragsfrist nicht nur einzulegen, sondern auch zu begründen - zu Gebote steht (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO). Ansonsten bedürfen truppendienstliche Erstmaßnahmen - wie hier die Entscheidung des Geheimschutzbeauftragten des Streitkräfteamts - keiner Belehrung, weil der Rechtsbehelf der Beschwerde und die dafür geltende Frist des § 6 Abs. 1 WBO - jedenfalls in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Januar 2009 geltenden Fassung des Gesetzes - bei allen Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden können (stRspr, vgl. Beschluss vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 38.08 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.1 § 7 WBO Nr. 5> m.w.N.).
29 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Antragsteller angeführten Beschluss des Senats vom 24. Januar 2006 - BVerwG 1 WB 15.05 - (BVerwGE 125, 56 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 11). Denn Gegenstand des dortigen Verfahrens war - anders als hier - nicht ein Bescheid des Geheimschutzbeauftragten des Streitkräfteamts, sondern ein Bescheid des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung. Das Handeln des Geheimschutzbeauftragten im Bundesministerium der Verteidigung ist dem Bundesminister der Verteidigung im Sinne des § 21 Abs. 1 WBO zuzurechnen, weshalb als Rechtsbehelf nicht - wie hier - die Beschwerde, sondern nur unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung in Betracht kam. Deshalb war nach den dargelegten Grundsätzen - anders als hier - auch eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung erforderlich.
30 b) Andere Umstände, die im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO als den Fristablauf hemmender „unabwendbarer Zufall“ angesehen werden könnten, liegen nicht vor. Dies gilt insbesondere für die fehlerhafte Einschätzung der Situation und der erforderlichen Schritte zur Rechtswahrung durch den Antragsteller und seine Bevollmächtigten.
31 Grundsätzlich gilt, dass eine unrichtige Rechtsauffassung oder mangelnde Rechtskenntnis keinen unanwendbaren Zufall im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO begründen (vgl. Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 7 Rn. 12 mit zahlreichen Beispielen und Nachweisen). Im Falle des Antragstellers ist ferner zu berücksichtigen, dass er bereits wiederholt eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen hat und ihm erst etwa ein Jahr vor der hier strittigen Entscheidung in Gestalt des Bescheids des Geheimschutzbeauftragten des Streitkräfteamts vom 21. August 2007 eine negative Entscheidung in einem Sicherheitsüberprüfungsverfahren eröffnet worden ist; es ist deshalb davon auszugehen, dass dem Antragsteller der Ablauf und die Bedeutung der einzelnen Verfahrensschritte durchaus vertraut waren. Darüber hinaus hat der Geheimschutzbeauftragte mit Schreiben vom 21. August 2008 die Bevollmächtigten des Antragstellers und - nachrichtlich - den Antragsteller selbst über die beabsichtigte Entscheidung und das weitere Vorgehen, wie es in Nr. 2712 ZDv 2/30 vorgesehen ist, korrekt informiert. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: „Das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung wird Ihrem Mandanten zu gegebener Zeit von der personalbearbeitenden Dienststelle eröffnet, die ihn zugleich auch über die eintretenden Folgen in Kenntnis setzt“. Die Annahme des Antragstellers und seiner Bevollmächtigten, der Geheimschutzbeauftragte werde seine Entscheidung (auch) den Bevollmächtigten gegenüber eröffnen bzw. bekanntgeben, entspricht deshalb nicht nur nicht der Rechts- und Vorschriftenlage (dazu oben 1. b); sie wurde auch nicht etwa durch eine falsche Auskunft oder ein irreführendes Verhalten des Geheimschutzbeauftragten veranlasst. Es wäre daher allein Sache des Antragstellers und seiner Bevollmächtigten gewesen, sicherzustellen, dass nach Eröffnung der Entscheidung gegenüber dem Antragsteller rechtzeitig die erforderlichen Schritte ergriffen werden. Eventuelle Kommunikations- und Koordinationsprobleme zwischen dem Antragsteller und seinen Bevollmächtigten liegen in deren Verantwortungs- und Risikobereich und stellen keinen unabwendbaren Zufall im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO dar. Dabei bedarf es keiner Aufklärung, bei wem - dem Antragsteller oder seinen Bevollmächtigten - letztlich der für die verspätete Einlegung der Beschwerde ursächliche „Fehler“ lag; denn im Wehrbeschwerdeverfahren geht auch ein von den Bevollmächtigten zu vertretendes Versäumnis zu Lasten des Antragstellers (vgl. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1).
32 c) Die vom Antragsteller hilfsweise beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sieht die Wehrbeschwerdeordnung nicht vor. Die Funktion dieses Rechtsinstituts erfüllt im Wehrbeschwerdeverfahren die Vorschrift des § 7 WBO, deren Voraussetzungen hier, wie dargelegt, nicht gegeben sind. § 32 VwVfG und § 60 VwGO sind nicht entsprechend anwendbar, weil eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliegt (stRspr, vgl. Beschluss vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 80.08 -); im Übrigen wären auch deren Voraussetzungen nicht erfüllt.