Urteil vom 27.01.2011 -
BVerwG 2 WD 39.09ECLI:DE:BVerwG:2011:270111U2WD39.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 27.01.2011 - 2 WD 39.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:270111U2WD39.09.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 39.09

  • Truppendienstgericht Süd 5. Kammer - 25.08.2009 - AZ: TDG S5 VL 12/09

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 27. Januar 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister,
ehrenamtlicher Richter Major Herholt und
ehrenamtlicher Richter Hauptmann Schuchardt,
Leitender Regierungsdirektor Sandbaumhüter,
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Geschäftsstellenverwalterin Kairies
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des früheren Soldaten wird das Urteil der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 25. August 2009 aufgehoben.
  2. Der frühere Soldat hat ein Dienstvergehen begangen.
  3. Das Verfahren wird eingestellt.
  4. Die Kosten des Verfahrens und die dem früheren Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1 Der ledige, im Dezember 1977 geborene frühere Soldat wurde nach dem Erwerb der Hochschulreife im September 1996 zur Bundeswehr eingezogen und im Juni 1997 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine zuletzt auf zwölf Jahre festgesetzte Dienstzeit endete am 31. August 2008. Der frühere Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt im September 2007 zum Hauptmann. Übergangsgebührnisse erhielt er bis zum 31. August 2010; die Übergangsbeihilfe war ihm zuvor ausgezahlt worden.

2 Der zunächst im Sanitätsdienst eingesetzte frühere Soldat wechselte anschließend zur Truppengattung Feldjäger. Er absolvierte den Offizierlehrgang an der Offizierschule des Heeres und wurde nach zwischenzeitlicher Verwendung bei der 2./Feldjägerbataillon 801 zum Studium der Sportwissenschaften an die Universität der Bundeswehr München versetzt, wo er im Oktober 2004 erfolgreich die Diplomprüfung ablegte. Anschließend wurde er als Feldjägeroffizier und Zugführeroffizier Fachtätigkeiten als Ermittler und Verkehrsoffizier bei der 2./Feldjägerbataillon 351 verwendet. Von April 2007 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst nahm er den Dienstposten eines Hörsaalleiters und Feldjägeroffiziers in der lehrgangsgebundenen Ausbildung an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Sonthofen wahr. Diese Verwendung wies insofern eine Besonderheit auf, als die Inspektion abgesetzt von der Schule in Stetten a.k.M. disloziert ist, während der Hörsaal des Soldaten bei der Feldjägerschule in Sonthofen angesiedelt ist.

3 In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 5. Februar 2008 wird dem früheren Soldaten als Hörsaalleiter in der gebundenen Beschreibung hinsichtlich der Aufgabenerfüllung einmal die Wertung „6“, dreimal die Wertung „5“, fünfmal die Wertung „4“ und einmal die Wertung „3“ zuerkannt. In der freien Beschreibung heißt es, er sei ein Mann des Einsatzes und weniger der Materialwirtschaft. Als abgesetzt von der 2. Inspektion an der Feldjägerschule in Sonthofen agierender und auf sich gestellter Hörsaalleiter habe er im Vergleich zu seiner vorhergehenden Verwendung die an ihn gestellten hohen Erwartungen nicht in gleichem Maße erfüllen können.

4 Der Bundeszentralregisterauszug vom 14. Dezember 2010 weist eine strafgerichtliche Verurteilung zu 15 Tagessätzen zu je 40 € Geldstrafe wegen vorsätzlich unerlaubten Besitzes von Munition mit unerlaubtem Führen eines verbotenen Gegenstandes aus. Ferner wurde gegen den früheren Soldaten wegen Verstoßes gegen die ZDv 3/12 am 19. Dezember 2007 eine Disziplinarbuße in Höhe von 500 Euro verhängt.

II

5 1. Nachdem eine vom 28. August 2008 datierende Einleitungsverfügung des Amtschefs des Streitkräfteamtes dem früheren Soldaten wegen dessen zwischenzeitlichen Dienstzeitendes nicht mehr zugestellt werden konnte, wurde gegen ihn mit Verfügung des Amtschefs des Personalamtes der Bundeswehr vom 18. Dezember 2008 das gerichtliche Disziplinarverfahren erneut eingeleitet. Mit Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Personalamtes der Bundeswehr vom 29. Mai 2009 wird dem früheren Soldaten vorgeworfen, seine Dienstpflichten wie folgt schuldhaft verletzt zu haben:
1. Im Anschluss an die von dem früheren Soldaten geleitete Ausbildung am 25. April 2008, zu der er Darstellungsmittel am selben Tag in Empfang genommen hatte, lagerte er nachfolgend aufgeführte Darstellungsmittel bis zum 12. Juni 2008 in einer Holzkiste in seinem Dienstzimmer (Gebäude 7, Zimmer 202 der Generaloberst-Beck-Kaserne in 87527 Sonthofen):
16 x UEBHGRL DM 48A2 LOS: DNM04J0015 (verbraucht),
10 x UEBHGRK DM58+DM68,
39 x ZOT-UEBHGR DM 18A2,
22 x UEBHGRL DM48A2 LOS: DNM04J0015 (scharf)
Er wusste, dass er die genannten Darstellungsmittel durch die Lagerung dem Zugriff des Dienstherrn entzog.
Hilfsweise wird dem früheren Soldaten vorgehalten, er hätte dies zumindest wissen können und müssen.
2. Er meldete in der Verbrauchszuweisung von Munition am 25. April 2008 der Wahrheit zuwider den Verbrauch von 40 EA ZOT-UEBHGR DM 18A2 sowie von 40 EA UEBHGRL DM48A2 L0S: DNM04J0015. Sowohl die verbrauchten als auch unverbrauchten Munitionsteile (Punkt 1) bewahrte er anschließend in seinem Dienstzimmer (Gebäude 7, Zimmer 202, Generaloberst-Beck-Kaserne in 87527 Sonthofen) auf. Er handelte mit Wissen und Wollen hinsichtlich der wahrheitswidrigen Meldung. Hilfsweise wird dem früheren Soldaten vorgehalten, er hätte um die Wahrheitswidrigkeit der Meldung wissen können und müssen.
3. Er wusste, dass die Lagerung der 22 x UEBHGRL DM48A2 LOS: DNM04J0015 (scharf) in seinem Büro im Zeitraum zwischen dem 25. April 2008 und dem 12. Juni 2008 entgegen den Bestimmungen der Anlage 5/2 der ZDv 34/250, Nr. 10 geschah, wonach Munition nur in bauartgeprüfter Verpackung aufzubewahren ist und entgegen Nr. 15, wonach in Dienst-/Unterkunftsgebäuden das Aufbewahren von Munition des Gefahrkodes 1.4 S und 1.4 C zulässig ist, während die o.g. Munitionsteile den Gefahrkode 1.4 G haben.
Hilfsweise wird dem früheren Soldaten vorgehalten, er hätte um die Aufbewahrungsbestimmungen der ZDv 34/250 wissen können und müssen.
4. Am 13. April 2008 trat er seinen OvWa-Dienst in der Generaloberst-Beck-Kaserne, Hofener Straße 16, 87527 Sonthofen, erst um 12:30 Uhr an, obwohl dieser Dienst für den früheren Soldaten gemäß „Dienstanweisung für den ‚Offizier vom Wachdienst’ (OvWa) der Generaloberst-Beck-Kaserne“ mit Stand vom 01.01.2008 Nr. 4 a in Verbindung mit der gemäß „Kasernenordnung der für die Generaloberst-Beck-Kaserne“ vom 01. Februar 2006, Teil B Nr. 1, festgelegten OvWa-Diensteinteilung um 7:00 Uhr begann. Die Einteilung seiner Person zu diesem OvWa-Dienst und den damit verbundenen Zeitpunkt des Dienstantrittes hätte er kennen können und müssen.
5. Obwohl sein am 10. Juni 2008 eingereichter Antrag auf Gewährung von Dienstzeitausgleich für den Zeitraum vom 12. Juni bis zum 13. Juni 2008 nicht genehmigt war, trat er seinen Dienst am 12. und 13. Juni 2008 bei der l. Inspektion der SFJg/StDstBw, Hofener Straße 16, 87527 Sonthofen, nicht an. Erst zum Dienstbeginn am Montag, den 16. Juni 2008, meldete er sich zurück. Er wusste, dass die Genehmigung seines Antrages auf Dienstzeitausgleich in Form von Freizeit zwingende Voraussetzung für die Durchführung des Ausgleichs ist und er folglich am 12. und 13. Juni 2008 unerlaubt abwesend war.
Hilfsweise wird dem früheren Soldaten vorgehalten, er hätte um die zwingende Notwendigkeit der genannten Genehmigung und der Folge eines unerlaubten Fernbleiben vom Dienst ohne entsprechende Genehmigung wissen können und müssen.“

6 2. Die 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat gegen den früheren Soldaten mit Urteil vom 25. August 2009 eine Kürzung seiner Übergangsgebührnisse in Höhe von drei Zwanzigstel für die Dauer von 10 Monaten verhängt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der verlesenen Äußerungen des zur Hauptverhandlung nicht erschienenen früheren Soldaten sowie glaubhafter Zeugenaussagen stehe fest, dass der frühere Soldat hinsichtlich des unter Anschuldigungspunkt 2 beschriebenen Verhaltens vorsätzlich, im Übrigen jedoch fahrlässig gehandelt und dadurch gegen seine Dienstpflichten nach §§ 7, 13 Satz 1, § 11 Abs. 1 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen habe.

7 Bei der Maßnahmebemessung sei mildernd zu berücksichtigen, dass sich der frühere Soldat in seiner Funktion als Offizier einer Inspektion, die von der Schule abgesetzt ihre Führungsleiste in Stetten a.k.M. beherberge, überfordert gefühlt habe, und angesichts des nahen Dienstzeitendes eine Hauptsorge auch seine neue berufliche Verwendung gewesen sei, wodurch er von seinen militärischen Verpflichtungen abgelenkt gewesen sein möge. Schließlich habe die Kammer berücksichtigt, dass der frühere Soldat den Urlaubsantrag zeitgerecht eingereicht gehabt habe, so dass er möglicherweise im Vertrauen auf eine Mitteilung für den Fall, dass der Urlaub nicht genehmigt würde, seinen Dienst nicht angetreten habe. Das Fehlverhalten lasse in der Gesamtschau noch eine Kürzung des Ruhegehalts angemessen erscheinen. Dabei habe die Kammer berücksichtigt, dass der frühere Soldat ein in langen Jahren erworbenes, insgesamt günstiges Persönlichkeitsbild aufweise und auf seinem letzten Dienstposten kurz vor seinem Ausscheiden aufgrund seiner isolierten Lage erhöhten Anforderungen ausgesetzt gewesen sei.

8 3. Gegen das ihm am 17. September 2009 zugestellte Urteil hat der frühere Soldat am 14. Oktober 2009 in vollem Umfang Berufung eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es stelle sich die Frage, wie jemand rechtmäßig seinen Urlaub ablehnen könne, gegen ihn ermitteln oder ihn zum OvWa-Dienst einteilen könne, der nicht sein Disziplinarvorgesetzter sei und ihm auch ansonsten keine Befehle erteilen dürfe. Neben ihm hätten im Übrigen noch fünf weitere Offiziere und Unteroffiziere den Raum 203 genutzt. Er habe kein Lehrmaterial veruntreut und somit auch nicht gegen die Vorschriften zur Lagerung verstoßen; dies hätten andere getan. Hinsichtlich des zu spät angetretenen OvWa-Dienstes verweise er auf die Aussage des für die Einteilung verantwortlichen Stabsfeldwebels Illtz, vor dem sich der Inspektionsfeldwebel Krips damit gebrüstet habe, ihn - den früheren Soldaten - hereingelegt zu haben. Hinsichtlich des Vorwurfs der unerlaubten Abwesenheit sei zu bemerken, dass er seine Dienstgeschäfte einschließlich des laufenden Lehrgangs zu diesem Zeitpunkt bereits an seinen Nachfolger übergeben gehabt habe.

III

9 Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung des früheren Soldaten hat Erfolg. Das Urteil des Truppendienstgerichts ist aufzuheben und das Verfahren unter Feststellung eines Dienstvergehens gem. § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO einzustellen.

10 1. Die vom Truppendienstgericht verhängte Disziplinarmaßnahme ist nach der zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung maßgeblichen Sach- und Rechtslage nicht mehr zulässig und dessen Urteil folglich aufzuheben. Die verhängte Ruhegehaltskürzung in Form der Kürzung der Übergangsgebührnisse (vgl. § 67 Abs. 1 WDO) verstößt gegen § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WDO.

11 Nach dieser Vorschrift kann zwar u.a. gegen frühere Soldaten, die als Soldaten im Ruhestand gelten (§ 1 Abs. 3 WDO), eine Kürzung des Ruhegehalts ausgesprochen werden. Der frühere Soldat gilt aber nicht mehr als Soldat im Ruhestand. Gem. § 1 Abs. 3 Satz 1 WDO gelten frühere Soldaten, die keinen Anspruch auf Ruhegehalt, jedoch einen sonstigen Anspruch auf Dienstzeitversorgung oder Berufsförderung haben, bis zur Beendigung der Gewährung dieser Leistungen im Sinne der WDO als Soldaten im Ruhestand. Die Übergangsgebührnisse wurden dem früheren Soldaten jedoch nur bis Ende August 2010 gewährt und die Übergangsbeihilfe war ihm bereits zuvor vollständig ausgezahlt worden (vgl. dazu auch Urteil vom 14. November 2007 - BVerwG 2 WD 29.06 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr. 4), so dass er zwar noch zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Truppendienstgericht als Soldat im Ruhestand galt, nicht aber mehr zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung. Da bei einem früheren Soldaten auch die Verhängung einfacher Disziplinarmaßnahmen (§ 58 Abs. 6 i.V.m. § 22 Abs. 1 WDO) ausscheidet, dürften gemäß § 58 Abs. 3 WDO eigentlich nur noch eine Dienstgradherabsetzung oder die Aberkennung des Dienstgrades ausgesprochen werden.

12 2. Über die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung hinaus ist das Verfahren jedoch nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO einzustellen, weil es angesichts der vorliegenden Fallgestaltung auch unzulässig wäre, die noch allein in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahmen - Dienstgradherabsetzung oder Aberkennung des Dienstgrades - zu verhängen. Da allein der frühere Soldat Berufung eingelegt und das Truppendienstgericht gegen ihn lediglich eine Kürzung des Ruhegehalts ausgesprochen hat, stünde der Verhängung der genannten Disziplinarmaßnahmen von vornherein das Verschlechterungsverbot (§ 123 Satz 3, § 91 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 331 Abs. 1 StPO) entgegen (vgl. Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 WD 14.03 - BVerwGE 120, 166 <175>).

13 3. Die Verfahrenseinstellung hat jedoch unter Feststellung eines Dienstvergehens zu erfolgen (Urteile vom 13. Februar 2008 - BVerwG 2 WD 5.07 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 3, vom 28. Januar 2004 - BVerwG 2 WD 13.03 - BVerwGE 120, 105 <106>, vom 19. Februar 2004 a.a.O. S. 167 und vom 17. Juni 2003 - BVerwG 2 WD 2.02 - NZWehrr 2004, 83 ff.), so dass nicht auf Freispruch erkannt werden kann.

14 Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der frühere Soldat jedenfalls die unter Anschuldigungspunkt 5 beschriebene Pflichtverletzung fahrlässig begangen und damit gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) und zu einem Verhalten, das dem Ansehen sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG), verstoßen hat. Ob er auch hinsichtlich des darüber hinaus angeschuldigten Verhaltens Pflichtverletzungen begangen hat, kann dahingestellt bleiben und braucht auch nicht mehr weiter aufgeklärt zu werden, weil dies der Wertung des Gesetzgebers widerspräche, Verfahren zur Einstellung zu bringen, wenn eine Disziplinarmaßnahme unzulässig ist (vgl. zum Strafverfahren BGH, Beschlüsse vom 29. Oktober 1998 - 5 StR 288/98 - BGHSt 44, 209 <219> sowie vom 25. April 1996 - 5 StR 54/96 - NStZ-RR 1996, 299 f.).

15 a) Der frühere Soldat ist dem Dienst am 12. (Donnerstag) und 13. Juni 2008 (Freitag) unerlaubt ferngeblieben. Der von ihm am 10. Juni 2008 - einem Dienstag - beantragte Dienstzeitausgleich ist am 12. Juni 2008 abgelehnt worden. Soweit der frühere Soldat dies bestreitet, steht dem bereits die aktenkundig dokumentierte Ablehnung entgegen (Beiakte I, 33). Hinzu kommt, dass der frühere Soldat erstmals in der Berufungshauptverhandlung eine Genehmigung durch Oberstleutnant Riedel und den Disziplinarvorgesetzten Major Angermann behauptet hat. Dieser Vortrag ist nicht nur neu, sondern steht auch in Widerspruch dazu, dass sich in den Verwaltungsvorgängen kein Hinweis des Majors Angermann oder des Oberstleutnants Riedel auf eine von ihnen erteilte Genehmigung findet. Da sich der frühere Soldat auch in seiner ersten - tatzeitnahen - Stellungnahme vom 30. September 2008 nicht auf eine Genehmigung konkret durch diese Offiziere berufen hat, bestand kein Anlass, an der Richtigkeit der dokumentierten Antragsablehnung zu zweifeln.

16 b) Der frühere Soldat handelte zumindest fahrlässig, als er den Antrag auf Dienstzeitausgleich zusammen mit zahlreichen Belegen, die den Nachweis über die Berechtigung des Ausgleichsanspruchs erbringen sollten, abgab und sich nicht einer Genehmigung vergewisserte.

17 Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der frühere Soldat mit seinem Verhalten nicht bereits im Bereich vorsätzlichen Handelns bewegte, wenn die Aussage des Stabsfeldwebels Krips (anlässlich seiner Vernehmung vor dem Truppendienstgericht) und die des Oberfeldwebels Salzwedel (anlässlich seiner außergerichtlichen Vernehmung am 24. April 2008) als wahr zugrunde gelegt werden. Jedenfalls handelte der frühere Soldat - immerhin im Rang eines Hauptmanns - fahrlässig.

18 Schon nach seiner eigenen Berechnung standen ihm nur für eineinhalb, nicht aber - wie von ihm beantragt - für zwei Tage Dienstzeitausgleich zu, so dass er schon deshalb nicht von einer reibungslosen Genehmigung ausgehen durfte. Hinzu kam, dass er von einer Prüfung der zum Nachweis des Ausgleichsanspruchs von ihm umfangreich beigefügten Unterlagen ausgehen musste. Da der frühere Soldat zudem der Auffassung war, dass die Genehmigung durch seinen nicht vor Ort ansässigen Disziplinarvorgesetzten Major Angermann erteilt werden würde, hätte sich ihm zusätzlich aufdrängen müssen, dass eine Genehmigung innerhalb von eineinhalb Tagen nicht möglich sein würde. Mit diesem Zeitraum unterschritt der frühere Soldat auch den Zeitraum von drei Tagen, der in der Einheit gemeinhin als erforderliche Vorlaufzeit für eine etwaige Ablehnung angesehen wurde. Dabei kann zugunsten des früheren Soldaten dahingestellt bleiben, ob er auf diese Dreitagesfrist schon deshalb nicht hätte vertrauen dürfen, weil nicht regulärer Erholungsurlaub, sondern Dienstzeitausgleich in Rede stand, der komplexere Überlegungen abverlangte. Abgerundet wird das Bild schließlich dadurch, dass die Dienstgeschäfte des früheren Soldaten nicht (mit Billigung seiner Vorgesetzten) bereits an seinen Nachfolger übergeben worden waren, so dass er auch deshalb nicht davon ausgehen durfte, gerade zum Abschluss des von ihm begleiteten Lehrgangs Dienstzeitausgleich genehmigt zu bekommen; dies gilt umso mehr, als er zahlreiche Prüfungsarbeiten unkorrigiert zurückließ. Im Übrigen haben die Einlassungen des früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung den Eindruck entstehen lassen, dass er in der Annahme, einen (vermeintlichen) Anspruch auf Zeitausgleich zu haben, die Notwendigkeit einer Genehmigung durch seine Vorgesetzten zu Unrecht als schlichte Formalie betrachtet hat.

19 4. Bei einer Einstellung nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 WDO sind die Kosten des Verfahrens gemäß § 138 Abs. 3 WDO regelmäßig dem Bund aufzuerlegen, der auch die dem früheren Soldaten notwendigen Auslagen gemäß § 140 Abs. 1 WDO zu tragen hat.