Beschluss vom 17.03.2022 -
BVerwG 4 B 2.22ECLI:DE:BVerwG:2022:170322B4B2.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 17.03.2022 - 4 B 2.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:170322B4B2.22.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 2.22

  • VG Düsseldorf - 14.01.2020 - AZ: 25 K 2318/18
  • OVG Münster - 28.09.2021 - AZ: 2 A 560/20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. März 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt und Dr. Hammer
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. September 2021 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde ist unzulässig. Sie verfehlt die Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO stellt.

2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die in dem angestrebten Revisionsverfahren beantwortet werden kann, sofern dies über den Einzelfall hinaus zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts beiträgt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4). Diese Voraussetzungen legt die Beschwerde nicht dar.

3 Die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage,
ob bei der Bewertung der Frage, ob ein Umgebungsvorhaben die Denkmalwürdigkeit eines Baudenkmals/Kulturdenkmals erheblich beeinträchtigt, auf den Text der Eintragung in die Denkmalliste bzw. die Begründung der Denkmaleigenschaft abzustellen oder diese unabhängig hiervon zu bestimmen ist,
rechtfertigt auch bei sachdienlichem Verständnis nicht die Zulassung der Revision.

4 Die Beschwerde verkennt nicht, dass die Reichweite eines nachbarlichen Abwehrrechts, das aus dem denkmalschutzrechtlichen Umgebungsschutz folgt, sich grundsätzlich nach den gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO irrevisiblen Vorschriften des Landesrechts - hier § 9 Abs. 1 Buchst. b, § 3 Abs. 1 Satz 2 Denkmalschutzgesetz NW - DSchG NW - bestimmt. Der erforderliche Bezug zum revisiblen Recht wird im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde - im Unterschied zum Revisionsverfahren - nicht bereits durch die Behauptung hergestellt, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Auslegung des Landesrechts bundesrechtliche Maßstäbe, die sich aus Art. 14 Abs. 1 GG ergäben, nicht zutreffend erkannt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Juli 1995 - 6 NB 1.95 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 S. 43 und vom 16. August 2018 - 4 B 41.17 - ZfBR 2018, 799 Rn. 8). Die Zulassung der Revision kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn dargelegt wird, dass die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Rechtssätze ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (stRspr, siehe zuletzt etwa BVerwG, Beschlüsse vom 24. März 2021 - 4 BN 46.20 - juris Rn. 4, vom 29. Juni 2021 - 4 B 7.21 - juris Rn. 5 und vom 25. August 2021 - 4 B 3.21 - juris Rn. 5, jeweils m.w.N.). Das leistet die Klägerin mit der in der Beschwerde formulierten Frage nicht.

5 Wie sich aus den Ausführungen in der Beschwerdebegründung ergibt, will die Klägerin geklärt wissen, welche Anforderungen an die Ermittlung der Denkmalwürdigkeit bzw. des Denkmalwerts eines Baudenkmals mit Blick auf den nachbarrechtlichen Umgebungsschutz sich aus dem Eigentumsgrundrecht ergeben. Sie ist der Auffassung, die Schutzpflicht des Gesetzgebers für das Baudenkmal und die aus ihr abgeleitete Abwehrbefugnis des Denkmaleigentümers ließen es nicht zu, insoweit maßgeblich auf die Begründung der Denkmaleigenschaft in der gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 DSchG NW konstitutiven Eintragung in die Denkmalliste abzustellen. Insoweit ist ein Klärungsbedarf nicht dargetan. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Denkmalwürdigkeit eines Baudenkmals auch im Hinblick auf den Umgebungsschutz jedenfalls nicht losgelöst von den Erwägungen bestimmt werden kann, die im Übrigen für die Schutzwürdigkeit des Baudenkmals bestimmend sind. Dies folgt aus der Wechselbezüglichkeit von Substanz- und Umgebungsschutz, die für die Erreichung der Ziele des Denkmalschutzes gleichermaßen erforderlich sind. Nur bei Gewährung eines - als bundesrechtlicher Mindeststandard jedenfalls auf die Abwehr erheblicher Beeinträchtigungen gerichteten - Umgebungsschutzes erweisen sich die den Eigentümer treffenden Pflichten, das Denkmal zu erhalten und zu pflegen, als verhältnismäßig (BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 - 4 C 3.08 - BVerwGE 133, 347 Rn. 14 ff.). Folglich können die Anforderungen an den Umgebungsschutz ohne nähere Kenntnis des Denkmalwerts, die sich auch aus der Begründung der Eintragung in die Denkmalliste ergibt, nicht bestimmt werden. Dies gilt insbesondere für den hier geltend gemachten Schutz von Sichtbeziehungen, die eine nähere Einordnung des Denkmals anhand der hierfür maßgeblichen Schutzkategorien (§ 2 Abs. 1 Satz 1 DSchG NW) voraussetzt.

6 Soweit die Fragestellung - hieran anschließend - dahingehend zu verstehen sein sollte, ob die Denkmalwürdigkeit bzw. der Denkmalwert in Bezug auf den Umgebungsschutz sich bei Fehlen solcher Anhaltspunkte jedenfalls auch aus anderen Umständen ergeben kann, ist deren Entscheidungserheblichkeit nicht dargetan. Denn das Oberverwaltungsgericht hat eine solche weitere Prüfung vorgenommen (UA S. 36 ff.), als deren Ergebnis eine für den denkmalschutzrechtlichen Nachbarschutz relevante Beeinträchtigung des Baudenkmals durch das Bauvorhaben aber verneint. An diese Feststellung wäre der Senat mangels einer hierauf bezogenen durchgreifenden Verfahrensrüge gebunden. Allein mit dem Verweis auf die von der Beigeladenen zu 2 im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorgelegte Stellungnahme ist ein Verfahrensmangel in Bezug auf die Sachverhaltswürdigung nicht dargetan. Auf dieser Grundlage könnte die aufgeworfene Frage im angestrebten Revisionsverfahren dahinstehen.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.