Beschluss vom 04.04.2023 -
BVerwG 5 PB 7.22ECLI:DE:BVerwG:2023:040423B5PB7.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 04.04.2023 - 5 PB 7.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:040423B5PB7.22.0]

Beschluss

BVerwG 5 PB 7.22

  • VG Potsdam - 13.07.2021 - AZ: 20 K 3174/20.PVB
  • OVG Berlin-Brandenburg - 22.09.2022 - AZ: 62 PV 2/21

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. April 2023
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
beschlossen:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 22. September 2022 wird verworfen.

Gründe

1 1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat keinen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes (§ 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92a Satz 2 und § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG) nicht genügt.

2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne der nach § 108 Abs. 2 BPersVG entsprechend anwendbaren Regelung des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Nach § 92a Satz 2 i. V. m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG ist in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit darzulegen. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4 und vom 25. Mai 2016 - 5 PB 21.15 - juris Rn. 10 m. w. N.). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. September 2018 - 5 PB 8.18 - juris Rn. 3 m. w. N.).

3 Ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts selbstständig tragend auf mehrere Gründe gestützt, kann die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Begründungsstranges ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 2019 - 5 PB 6.19 - juris Rn. 7 m. w. N.). Das ist hier nicht der Fall.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den die Wahl zum Personalrat beim Kommando H. vom 9. bis 11. November 2020 für unwirksam erklärenden Beschluss des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Die Wahl sei unwirksam, weil der Wahlvorstand gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen habe. Entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BPersVWO habe er Namen und Anschrift der Wahlberechtigten nicht auf dem den Briefwahlunterlagen beigefügten Freiumschlägen eingetragen. Außerdem habe der Wahlvorstand die zurückgesandten Briefwahlunterlagen nicht in einem verschlossenen Behälter verwahrt.

5 Jedenfalls hinsichtlich der zweiten, die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ausdrücklich selbstständig tragenden Begründung (BA S. 9, 12) genügt die Beschwerde den aufgezeigten Darlegungsanforderungen nicht. Sie hält insofern die folgende Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig:
"Müssen die zurückgesandten Freiumschläge vom Zeitpunkt des Zugangs beim Wahlvorstand bis zum Beginn der Wahlhandlung im Wahllokal in einem geschlossenen Behältnis verwahrt werden?"

6 Die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage legt die Beschwerde nicht ausreichend dar. Insbesondere setzt sie sich mit der eingehend begründeten Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht ansatzweise auseinander, dass sich der Wahlordnung in Ermangelung einer ausdrücklichen normativen Anordnung zur Sicherung eingetroffener Briefwahlunterlagen in Analogie zu den Bestimmungen über die Sicherung der im Wahlraum abgegebenen Stimmen das zwingende Gebot ihrer Verwahrung unter besonderem Verschluss entnehmen lasse. Vielmehr beschränkt sich die Beschwerde auf eine zusammenfassende Inhaltswiedergabe der angefochtenen Entscheidung und stützt sich im Übrigen auf den Hinweis, dass in der Kommentarliteratur zwar die Auffassung vertreten werde, die zurückgesandten Briefwahlunterlagen seien in einem geschlossenen Behältnis aufzubewahren, es insoweit aber sowohl an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung als auch an einer einschlägigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts fehle, womit allein die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen Frage nicht aufgezeigt wird. Darüber hinaus begründet sie auch nicht, weshalb dem von ihr der Sache nach eingenommenen Rechtsstandpunkt zu folgen sei, es bedürfe einer Sicherung der Briefwahlunterlagen nicht.

7 2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 92a Satz 2 i. V. m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.