Beschluss vom 12.06.2025 -
BVerwG 2 B 3.25ECLI:DE:BVerwG:2025:120625B2B3.25.0
Leitsatz:
Liegt dem Gericht ein fachmedizinisches Gutachten vor, so begründen abweichende Einschätzungen in einer weiteren ärztlichen Stellungnahme zu einer außerhalb des eigenen Fachgebiets liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung regelmäßig nicht die Verpflichtung, von Amts wegen ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen.
-
Rechtsquellen
VwGO § 86 Abs. 1 Satz 1 und § 108 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 und Abs. 3 Satz 1 -
Instanzenzug
VG Düsseldorf - 09.03.2021 - AZ: 31 K 3163/19
OVG Münster - 08.10.2024 - AZ: 31 A 1080/21.O
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 12.06.2025 - 2 B 3.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:120625B2B3.25.0]
Beschluss
BVerwG 2 B 3.25
- VG Düsseldorf - 09.03.2021 - AZ: 31 K 3163/19
- OVG Münster - 08.10.2024 - AZ: 31 A 1080/21.O
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 12. Juni 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hissnauer beschlossen:
- Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 8. Oktober 2024 wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1 Der Rechtsstreit betrifft ein beamtenrechtliches Disziplinarklageverfahren.
2 1. Der 19.. geborene Beklagte steht als Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 12 LBesO NW) im Dienst des klagenden Landes. Mit Strafbefehl vom Februar 2018 setzte das Amtsgericht gegen den Beklagten wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 110 € fest. Ein bereits zuvor eingeleitetes und aus Anlass des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgesetztes Disziplinarverfahren setzte der Kläger nach Rechtskraft des Strafbefehls fort und erhob im April 2019 Disziplinarklage.
3 Das Verwaltungsgericht hat - nachdem es vom Kläger ein medizinisches Sachverständigengutachten hat einholen lassen - den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom November 2022 als unzulässig verworfen. Auf die Revision des Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 13. Juli 2023 - 2 C 13.22 - (juris) den Beschluss aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
4 Mit Urteil vom Oktober 2024 hat das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, das vom Beklagten außerdienstlich begangene Dienstvergehen in Gestalt des Besitzes kinderpornographischer Schriften führe nach einer Gesamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender Gesichtspunkte zu seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das Dienstvergehen sei von einer Schwere, die für sich genommen die Verhängung der Höchstmaßnahme indiziere. Der Ausschöpfung des Orientierungsrahmens stehe die durch das Amtsgericht verhängte Geldstrafe nicht entgegen; sie habe Bedeutung allein für das Strafverfahren, eine die disziplinare Maßnahmebemessung steuernde Indizwirkung komme ihr nicht zu. Die angemessene Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beklagten gebe keinen Anlass, eine andere als die indizierte Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Insbesondere sei der Beklagte am 20. Oktober 2017, dem Tag, auf den sich der in der Disziplinarklage erhobene Vorwurf des Besitzes kinderpornographischer Dateien beziehe und der damit den für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Anknüpfungszeitpunkt darstelle, nach dem Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T. nicht vermindert schuldfähig gewesen. Den Ausführungen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. in dessen vom Beklagten beigebrachten Gutachten sei nicht zu folgen. Auch die Berücksichtigung des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit führe zu keiner abweichenden Beurteilung.
5 2. Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel gestützte Beschwerde (§ 67 Satz 1 LDG NRW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) hat keinen Erfolg.
6 a) Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 67 Satz 1 LDG NRW i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
7 Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9, vom 24. April 2017 - 1 B 70.17 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 68 Rn. 3 und vom 18. Dezember 2024 - 2 B 21.24 - juris Rn. 10).
8
aa) Die von der Beschwerde als klärungsbedürftig angesehenen Fragen,
ob es tatsächlich angemessen sein kann, dass zwei deutsche Gerichte, die sich mit der gleichen Tat bei vergleichbaren Bewertungsmaßstäben im gleichen grundgesetzlichen Wertesystem beschäftigen, zu vollkommen konträren, an den jeweils äußersten Grenzen der jeweiligen Straf- bzw. Maßnahmenrahmen liegenden Ergebnissen kommen,
bzw.
ob Ausgangspunkt der Bemessung der Disziplinarmaßnahme tatsächlich die Höchstmaßnahme sein kann, wenn ein Strafgericht die ihm zur Verfügung stehende Strafgewalt in ganz erheblichem Umfang nicht ausgeschöpft hat oder ob Ausgangspunkt der Bemessung der Disziplinarmaßnahme in derartigen Fällen eine unterhalb der Höchstmaßnahme liegende Disziplinarmaßnahme sein muss, sodass ein Abweichen nach oben durch besondere Umstände des Disziplinarverfahrens, wie den Verlust des Vertrauens der Öffentlichkeit und des Dienstherrn, überhaupt noch möglich ist,
rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, denn sie lassen sich mit der Rechtsprechung des Senats im Sinne des Berufungsgerichts beantworten (vgl. UA S. 26). Das nach Auffassung der Beschwerde "konträre Ergebnis" zwischen der strafgerichtlichen Verurteilung des Beklagten zu einer Geldstrafe und dessen disziplinarrechtlicher Entfernung aus dem Beamtenverhältnis findet seine Ursache in den unterschiedlichen Zwecken von Straf- und Disziplinarrecht.
9 Während das Strafrecht vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt ist, verfolgt das Disziplinarverfahren den Zweck, das berufserforderliche Vertrauen in die Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2021 - 2 C 9.21 - BVerwGE 174, 273 Rn. 65 und vom 7. November 2024 - 2 C 16.23 - BVerwGE 183, 332 Rn. 66; Beschlüsse vom 20. Dezember 2018 - 2 B 33.18 - juris Rn. 6, vom 26. April 2023 - 2 B 41.22 - juris Rn. 15 und vom 9. Januar 2024 - 2 B 34.23 - juris Rn. 13).
10 Die im konkreten Fall im Wege der Strafzumessung ausgesprochene Strafe hat deshalb allein strafrechtliche Relevanz. Eine weitergehende, die disziplinare Maßnahmebemessung begrenzende Indizwirkung kommt ihr nicht zu. Aus der konkreten strafgerichtlichen Ahndung einer Straftat mit einer Geldstrafe kann demnach nicht indiziell auf eine geringe disziplinare Schwere des Dienstvergehens geschlossen werden. Auch die Geldstrafe ist eine Hauptstrafe von Gewicht. Zudem ist nach der Rechtsprechung des Senats die konkrete Ausurteilung von Geldstrafen gerade in Fällen des außerdienstlichen Besitzes von kinder- und jugendpornographischen Schriften für die disziplinare Maßnahmebemessung regelmäßig ohne Relevanz (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2019 - 2 C 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 34 ff. m. w. N.; s. a. Beschluss vom 11. März 2021 - 2 B 76.20 - Buchholz 235.1 § 34 BDG Nr. 7 Rn. 24).
11
bb) Die Revision ist auch nicht wegen der von der Beschwerde bezeichneten Frage,
ob § 13 LDG NRW dahingehend zu verstehen ist, dass sich die Bemessung der Disziplinarmaßnahme insbesondere nach dem Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit richtet oder ob mit dem Gesetzeswortlaut davon auszugehen ist, dass Ausgangspunkt und maßgebliche Richtschnur der Bemessung der Disziplinarmaßnahme vielmehr die Schwere des Dienstvergehens sein muss,
zuzulassen. Die Beschwerde verkennt, dass der Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit ausgehend von der Schwere des Dienstvergehens bzw. dem Gewicht der Pflichtverletzung zu bestimmen ist. Das von der Beschwerde nahegelegte Alternativverhältnis besteht nicht. Ungeachtet dessen lässt sich die aufgeworfene Frage auf der Grundlage des Gesetzes und der bisherigen Senatsrechtsprechung beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
12 Nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW ist die Disziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen, das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen; ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt worden ist. Hat der Beamte durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren, ist er nach § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
13 Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme, die im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegt (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - BVerwGE 168, 254 Rn. 19 m. w. N. und vom 28. März 2023 - 2 C 20.21 - NVwZ 2023, 1586 Rn. 38; Beschluss vom 26. April 2023 - 2 B 41.22 - juris Rn. 14). Das Ausmaß des durch eine außerdienstlich begangene Straftat hervorgerufenen Vertrauensschadens muss im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Hierzu ist auf den zum Tatzeitpunkt geltenden Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlusts am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 C 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 28 und vom 20. April 2023 - 2 A 18.21 - NVwZ 2024, 165 Rn. 28; Beschluss vom 16. August 2021 - 2 B 21.21 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 53 Rn. 9).
14 Da § 184b Abs. 3 StGB in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorsieht, ist - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist - der Orientierungsrahmen bis zur disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme eröffnet (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 C 3.18 - BVerwGE 166, 389 Rn. 29 und vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - BVerwGE 168, 254 Rn. 22; Beschlüsse vom 23. Januar 2014 - 2 B 52.13 - juris Rn. 8 und vom 26. Oktober 2021 - 2 B 12.21 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 88 Rn. 12).
15 Die sich nach Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten anschließende prognostische Frage nach dem Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit (§ 13 Abs. 2 Satz 3 LDG NRW) betrifft die Erwartung, dass sich der Beamte aus der Sicht des Dienstherrn und der Allgemeinheit so verhält, wie es von ihm im Hinblick auf seine Dienstpflichten als berufserforderlich erwartet wird. Das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in die Person des Beamten bezieht sich in erster Linie auf dessen allgemeinen Status als Beamter, daneben aber auch auf dessen konkreten Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und auf dessen konkret ausgeübte Funktion. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern die Frage, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten be- und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der be- und entlastenden Umstände bekannt würde. Dies unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Überprüfung. Ein Beurteilungsspielraum des Dienstherrn besteht nicht (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <260>, vom 28. Februar 2013 - 2 C 62.11 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 19 Rn. 56, vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - BVerwGE 168, 254 Rn. 38, vom 2. März 2023 - 2 A 19.21 - NVwZ-RR 2023, 916 Rn. 44 und vom 1. Februar 2024 - 2 A 7.23 - NVwZ 2024, 926 Rn. 32).
16 Diesen rechtlichen Maßstab hat auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt (UA S. 20 ff.).
17
cc) Soweit mit der Beschwerde zudem die Frage aufgeworfen wird,
ob tatsächlich angenommen werden kann, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in einen Beamten, der zu einer geringen Geldstrafe (von im konkreten Fall 150 Tagessätzen) verurteilt worden ist, derart beeinträchtigt sein kann, dass tatsächlich von einem unwiederbringlichen Verlust des Vertrauens ausgegangen werden kann, wenn sich im Disziplinarverfahren keine über die Annahmen im Strafverfahren hinausgehenden Anknüpfungspunkte der besonderen Schwere der Tat ergeben,
wird keine der rechtsgrundsätzlichen Klärung zugängliche Frage bezeichnet. Denn die konkrete Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist stets eine Frage der Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls (stRspr, BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - BVerwGE 168, 254 Rn. 39; Beschlüsse vom 26. Oktober 2021 - 2 B 12.21 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 88 Rn. 8, vom 30. März 2022 - 2 B 46.21 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 55 Rn. 9 und vom 9. Januar 2024 - 2 B 34.23 - juris Rn. 11), die sich einer Beantwortung in verallgemeinerungsfähiger Form entzieht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. April 2020 - 2 B 3.20 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 73 Rn. 20, vom 3. September 2020 - 2 B 25.20 - juris Rn. 7 und vom 7. August 2024 - 2 B 10.24 - juris Rn. 14).
18 b) Die Beschwerde legt auch keine Verfahrensmängel dar, auf denen die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 67 Satz 1 LDG NRW i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
19 aa) Der Einwand der Beschwerde, das Berufungsgericht habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten und hierdurch gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen, geht fehl.
20 Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung einer Tatsacheninstanz ist der Beurteilung des Revisionsgerichts nur insoweit unterstellt, als es um Verfahrensfehler i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geht. Rügefähig ist damit nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung, sondern nur der Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Derartige Mängel liegen insbesondere vor, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, also beispielsweise entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Die Einhaltung der verfahrensmäßigen Verpflichtungen des Tatsachengerichts ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter ein aus seiner Sicht fehlerhaftes Ergebnis der gerichtlichen Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als das angefochtene Urteil. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Beweiswürdigung eingegangen sind und ob diese Einzelumstände die Würdigung tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen. Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz hat jedoch dann den Charakter eines Verfahrensfehlers, wenn das Tatsachengericht allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze verletzt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2017 - 2 B 2.16 - juris Rn. 15, vom 8. Juni 2017 - 2 B 5.17 - juris Rn. 17 und vom 23. Januar 2024 - 2 B 25.23 - juris Rn. 24). Das Ergebnis der gerichtlichen Beweiswürdigung selbst ist vom Revisionsgericht nur daraufhin nachzuprüfen, ob es gegen Logik (Denkgesetze) und Naturgesetze verstößt oder gedankliche Brüche und Widersprüche enthält (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16 sowie Beschlüsse vom 23. September 2013 - 2 B 51.13 - juris Rn. 19, vom 28. März 2017 - 2 B 9.16 - juris Rn. 17, vom 30. August 2023 - 2 B 44.22 - juris Rn. 6 und vom 23. Januar 2024 - 2 B 25.23 - juris Rn. 24).
21 Ausgehend hiervon zeigt die Beschwerde nicht auf, dass die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an einem derart qualifizierten Mangel leidet. Die Beschwerde erschöpft sich darin, ihre eigene Bewertung an die Stelle der Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zu setzen und den Aussagen im Gutachten des Sachverständigen Dr. P. Vorrang einzuräumen. Hiermit wird ein qualifizierter Fehler der Überzeugungsbildung nicht dargetan (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2021 - 2 B 37.21 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 100 Rn. 18).
22 Ungeachtet dessen nimmt die Beschwerde nicht in den Blick, dass das Vorliegen der Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit oder sonstiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht bezogen auf den "Moment des Entstehens des Ordners (...), nämlich im Oktober/November 2016", sondern - dem disziplinaren Vorwurf entsprechend - bezogen auf den 20. Oktober 2017 zu beurteilen war. Diese Beurteilung hat das Berufungsgericht unter detaillierter Auseinandersetzung mit den vorliegenden Sachverständigengutachten vorgenommen.
23 bb) Das Berufungsgericht hat durch die unterbliebene Einholung eines weiteren (kardiologischen) Sachverständigengutachtens auch nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen.
24 Eine Aufklärungsrüge nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zum einen die substantiierte Darlegung, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände aus der materiell-rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese bei Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Zum anderen muss dargelegt werden, dass bereits im Berufungsverfahren, insbesondere in der mündlichen Berufungsverhandlung, auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit der bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist kein Mittel, um Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Beteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. März 2017 - 2 B 26.16 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 13 Rn. 7 f., vom 10. Dezember 2020 - 2 B 6.20 - NVwZ-RR 2021, 469 Rn. 7 f. und vom 14. Dezember 2023 - 2 B 18.23 - juris Rn. 16).
25 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Beschwerde behauptet bereits nicht, in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens gerichteten Beweisantrag gestellt zu haben. Dem Berufungsgericht musste sich eine weitere Sachaufklärung auf der Grundlage des für widerspruchsfrei und aussagekräftig befundenen Gutachtens der Sachverständigen Dr. T., dem das Berufungsgericht in Abgrenzung zum Gutachten des Dr. P. gefolgt ist, auch nicht aufdrängen.
26 Gegenteiliges wird mit der Beschwerde, die sich mit den vom Berufungsgericht aufgezeigten qualitativen Mängeln des Gutachtens des Sachverständigen Dr. P. nur im Hinblick auf dessen Feststellungen zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beklagten auf kardiologischem Fachgebiet auseinandersetzt, nicht dargetan. Diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat der Sachverständige als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aber - wie vom Berufungsgericht hervorgehoben - fachfremd beurteilt. Liegt dem Gericht ein fachmedizinisches Gutachten vor − wie hier das kardiologische Gutachten des Chefarztes Dr. W. −, so begründen abweichende Einschätzungen in einer weiteren ärztlichen Stellungnahme zu einer außerhalb des eigenen Fachgebiets liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung − wie hier der Einschätzung zu den Folgen einer Herzerkrankung durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. − regelmäßig nicht die Verpflichtung, von Amts wegen ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Dies gilt insbesondere, wenn sich aus der fachmedizinischen Begutachtung selbst keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen ergeben.
27 Dementsprechend musste sich dem Berufungsgericht hier keine weitere Sachverhaltsaufklärung aufdrängen. Vielmehr ergibt sich aus den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts aus der gutachterlichen Stellungnahme des Facharztes für Kardiologie Dr. W. vom 10. Dezember 2019 in Bezug auf die Jahre 2016 und 2017 lediglich die Diagnose einer beschwerdelos verlaufenden hypertensiven Herzkrankheit, die von fachärztlicher Seite als "gut kontrollierbar" eingestuft worden ist. Darauf, dass die fachfremd abgegebene Einschätzung in der vom Beklagten vorgelegten Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. nicht nur außerhalb des eigenen Fachgebiets lag, sondern überdies allein auf der Grundlage von Aussagen des Beklagten erfolgt ist, hat bereits die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. T. hingewiesen.
28 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Werts des Streitgegenstands bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NRW erhoben werden.