Verfahrensinformation

Der Kläger ist eine Bürgerinitiative in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Er hat am 12. Januar 2021 Klage gegen zwei Planfeststellungsbeschlüsse für den Bau eines Rad- und Gehweges durch das sog. Bienwald-Gebiet erhoben.  Seine Anerkennung als Umweltverband hatte der Kläger zwar vor Klageerhebung -  am 15. Dezember 2020 - beim zuständigen Landesministerium beantragt; die Anerkennung erfolgte aber erst mit Bescheid vom 3. Februar 2021, also nach Klageerhebung.


Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Verbandsklagebefugnis nach § 2 UmwRG sei nur denjenigen Vereinigungen zuerkannt, die bereits bei Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 3 UmwRG als Umweltvereinigung anerkannt worden seien oder deren nicht rechtzeitige Anerkennung von ihnen nicht zu vertreten sei. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Bei Einlegung des Rechtsbehelfs sei der Kläger unstreitig noch nicht anerkannt gewesen. Dies habe er auch zu vertreten, da er den Anerkennungsantrag zu spät gestellt habe. Ein Vertretenmüssen scheide nur dann aus, wenn der vollständige Antrag so rechtzeitig der Behörde übermittelt worden sei, dass bei einer regelmäßigen Verfahrensdauer von - in Anlehnung an § 75 Satz 2 VwGO - drei Monaten mit einer Entscheidung noch vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist zu rechnen sei.


Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision wegen der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frage der Vereinbarkeit von § 2 Abs. 1 und Abs. 2 UmwRG mit den Anforderungen des Europarechts und der Aarhus-Konvention zugelassen.


Beschluss vom 25.01.2022 -
BVerwG 9 VR 2.21ECLI:DE:BVerwG:2022:250122B9VR2.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.01.2022 - 9 VR 2.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:250122B9VR2.21.0]

Beschluss

BVerwG 9 VR 2.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Januar 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini
beschlossen:

  1. Das Verfahren wird eingestellt.
  2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
  3. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten es mit Schriftsätzen vom 9. und 17. Dezember 2021 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

2 2. Außerdem ist über die Kosten des Verfahrens gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei ist der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Lässt sich der vermutliche Prozessausgang nicht ohne Weiteres übersehen, so entspricht es der Billigkeit, der Ungewissheit über den Verfahrensausgang dadurch Rechnung zu tragen, dass die Kosten im Sinne von § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO gegeneinander aufgehoben werden (BVerwG, Beschlüsse vom 14. März 2008 - 9 VR 3.07 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 77 Rn. 5 und vom 7. April 2008 - 9 VR 6.07 - juris Rn. 1). So liegt es hier.

3 a) Der Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO war nicht bereits deshalb unstatthaft, weil die Antragstellerin, der erst nach Erhebung der Anfechtungsklage die Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach § 3 UmwRG erteilt worden war, nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts bei Klageerhebung kein Verbandsklagerecht nach § 2 UmwRG innehatte. Denn selbst wenn die angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse aus diesem Grund der Antragstellerin gegenüber unanfechtbar gewesen wären und die mit der Anfechtungsklage verbundene aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO nicht hätte eintreten können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1992 - 7 C 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 175 S. 29 f. zu § 42 Abs. 2 VwGO), stünde dies der Statthaftigkeit des Antrags mangels offensichtlicher Unzulässigkeit des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2018 - 1 VR 14.17 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 73 Rn. 23) nicht entgegen. Da das Verbandsklagerecht der Antragstellerin streitig und die Revision wegen der damit zusammenhängenden Frage der Vereinbarkeit von § 2 Abs. 1 und 2 UmwRG mit den Anforderungen des Europarechts zugelassen worden ist, sind vielmehr das Verbandsklagerecht und der Eintritt des Suspensiveffekts im vorliegenden Antragsverfahren zugunsten der Antragstellerin zu unterstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2018 - 3 VR 1.17 - juris Rn. 12 zu § 42 Abs. 2 VwGO).

4 b) Bis zur Erklärung der Antragsgegnerin, die Planfeststellungsbeschlüsse würden bis zur abschließenden Entscheidung im Revisionsverfahren nicht vollzogen, war der Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO auch nicht mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

5 Ein Rechtsschutzbedürfnis bestand bereits deshalb, weil die Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung die Rechtsstellung der Antragstellerin verbessert hätte. Denn bei Ergehen der Anordnung wäre die Vollziehung der angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse weiterhin ausgeschlossen gewesen. Dass die Antragstellerin den Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO am 13. November 2021 vor dem Auslaufen der aufschiebenden Wirkung nach § 80b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO am 13. Januar 2022 gestellt hatte, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Denn die Stellung des Antrags auf Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung vor deren Ablauf ermöglicht es dem Gericht erst, die Anordnung im Einklang mit dem Wortlaut und dem Leitbild der gesetzlichen Regelung vor dem Ende der aufschiebenden Wirkung zu treffen (vgl. zur Zulässigkeit des Antrags nach Beendigung der aufschiebenden Wirkung BVerwG, Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - 4 VR 2.07 - BVerwGE 129, 58 Rn. 13 und vom 13. August 2019 - 6 VR 3.19 - juris Rn. 10).

6 c) Des Weiteren hätte der Antrag auf Anordnung der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung nicht allein deshalb Erfolg gehabt, weil die Revision im Hinblick auf die Frage der Europarechtskonformität von § 2 Abs. 1 und 2 UmwRG nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden war. Denn die auf diesen Zulassungsgrund gestützte Zulassung der Revision lässt als solche nicht den Schluss zu, dass die Klage voraussichtlich Erfolg haben wird. Der Ausgang des Revisionsverfahrens ist vielmehr offen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2018 - 3 VR 1.17 - juris Rn. 19).

7 d) Der vermutliche Prozessausgang war nach dem Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache auch im Übrigen nicht absehbar.

8 Die Erfolgsaussichten der Klage für den Fall, dass nach dem Ergebnis des Revisionsverfahrens ein Verbandsklagerecht der Antragstellerin bestünde, ließen sich nicht überblicken. Denn im Hinblick darauf, dass es die Klage als unzulässig abgewiesen hat, hat das Oberverwaltungsgericht insbesondere zu den vor allem geltend gemachten Verstößen gegen das Naturschutzrecht keine Feststellungen getroffen. Das Bundesverwaltungsgericht könnte daher nicht in der Sache selbst entscheiden, sondern müsste sie nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverweisen.

9 Auch das Ergebnis der im Rahmen der Entscheidung über den Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO erforderlichen Abwägung des Interesses der Antragstellerin an der Fortdauer der aufschiebenden Wirkung einerseits und des Interesses des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der Planfeststellungsbeschlüsse andererseits (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. September 2011 - 1 VR 1.11 - Buchholz 310 § 80b VwGO Nr. 3 Rn. 9) war zum Zeitpunkt der Hauptsacheerledigung nicht ohne Weiteres abzusehen. Denn dazu hätte es einer weiteren Ermittlung und Gewichtung der nach Ansicht der Antragstellerin durch den Vollzug der Planfeststellungsbeschlüsse irreversibel beeinträchtigten Naturschutzbelange und des Vollzugsinteresses des Antragsgegners bedurft, die nur mit zusätzlichem Aufwand zu leisten gewesen wäre.

10 e) Die Kosten sind auch nicht unabhängig von den Erfolgsaussichten des Antrags nach § 80b Abs. 2 VwGO deshalb dem Antragsgegner aufzuerlegen, weil er durch seine Erklärung, bis zur Entscheidung im Revisionsverfahren keine Vollzugsmaßnahmen durchzuführen, das erledigende Ereignis herbeigeführt hat. Denn durch diese Erklärung ermöglicht es der Antragsgegner dem Gericht, die Revision ohne den Zeitdruck drohender Vollziehungsmaßnahmen zu prüfen. Es entspräche deshalb nicht der Billigkeit, dies einseitig zu seinen Lasten zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 2008 - 9 VR 6.07 - juris Rn. 1). Das gilt umso mehr, als die aufschiebende Wirkung zum Zeitpunkt der Antragstellung am 13. November 2021 nach § 80b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO noch zwei Monate fortdauerte. Denn der Antragsgegner hatte jedenfalls zu diesem Zeitpunkt noch keine Veranlassung, auf das Unterbleiben von Vollziehungsmaßnahmen hinzuweisen oder die Vollziehung deshalb von Amts wegen auszusetzen, weil absehbar war, dass der Vorhabenträger bis zu dem voraussichtlichen Entscheidungstermin in der Hauptsache keine Vollzugsmaßnahmen in Betracht ziehen würde (vgl. zu einer solchen Verpflichtung BVerwG, Beschlüsse vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f. und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 2.13 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 89 Rn. 2).

11 f) Entgegen der Ansicht des Antragsgegners entspricht es schließlich auch nicht billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens ungeachtet der Erfolgsaussichten im Hinblick darauf allein der Antragstellerin aufzuerlegen, dass die aufschiebende Wirkung noch bis 13. Januar 2022 fortbestand und der sich auf die Zeit danach beziehende Antrag nur durch die Einlegung der Revision und den während des Revisionsverfahrens eintretenden Wegfall der aufschiebenden Wirkung veranlasst wurde. Denn die Antragstellerin hat mit der Einlegung der Revision und der Stellung des Antrags nach § 80b Abs. 2 VwGO lediglich in zulässiger Weise von den ihr zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht.

12 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Urteil vom 14.09.2022 -
BVerwG 9 C 24.21ECLI:DE:BVerwG:2022:140922U9C24.21.0

Verbandsklagebefugnis einer erst nach Klageerhebung anerkannten Umweltvereinigung

Leitsatz:

Die für die Rechtsbehelfsbefugnis von Umweltvereinigungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG erforderliche Anerkennung nach § 3 UmwRG ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung, die nicht bei Einlegung des Rechtsbehelfs, sondern am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung oder bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen muss.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 42 Abs. 2, § 67 Abs. 4 Satz 1 und 2, § 68 Abs. 2, § 75 Satz 1, § 80 Abs. 6 Satz 1
    UmwRG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 und 3
    UVP-RL a. F. Art. 10a
    UVP-RL n. F. Art. 11
    GRC Art. 47

  • OVG Koblenz - 04.08.2021 - AZ: 8 C 10217/21.OVG

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 14.09.2022 - 9 C 24.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:140922U9C24.21.0]

Urteil

BVerwG 9 C 24.21

  • OVG Koblenz - 04.08.2021 - AZ: 8 C 10217/21.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und Dr. Dieterich sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und
Prof. Dr. Schübel-Pfister
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. August 2021 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen Planfeststellungsbeschlüsse für den Ausbau der rheinland-pfälzischen Landesstraße L 545 durch den Bau eines 2,50 m breiten Rad- und Gehweges zwischen S. und B. und zwischen B. und Sch.

2 Der geplante Rad- und Gehweg liegt zum großen Teil innerhalb des FFH-Gebiets DE 6914-301 "B." und des Vogelschutzgebiets DE 6914-401 "B. u. V." in einem Bereich, der Teil des Naturschutzgroßprojekts B. ist.

3 Der Kläger ist eine Bürgerinitiative in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Der Verein dient nach seiner Satzung dem Schutz von Umwelt, Natur und Landschaft. Dieser Satzungszweck soll insbesondere durch die Förderung eines umweltorientierten Verkehrskonzepts mit Maßnahmen unter anderem gegen die Zerstörung wertvoller Landschaften und Naturräume verwirklicht werden.

4 Die Planfeststellungsbeschlüsse vom 29. und 30. Oktober 2020 lagen vom 30. November 2020 bis einschließlich 14. Dezember 2020 zur Einsicht aus.

5 Mit Schreiben vom 15. Dezember 2020 beantragte der Kläger beim rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten seine Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach § 3 UmwRG. Am 12. Januar 2021 erhob er Klage beim Verwaltungsgericht N. mit dem Antrag, die Planfeststellungsbeschlüsse vom 29. und 30. Oktober 2020 aufzuheben. Das Verwaltungsgericht erklärte sich mit Beschluss vom 1. Februar 2021 für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz. Mit Bescheid vom 3. Februar 2021 erkannte das rheinland-pfälzische Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten den Kläger zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach § 3 UmwRG als Umweltvereinigung an.

6 Das Oberverwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 4. August 2021 mangels Klagebefugnis als unzulässig ab. Der Kläger sei nicht nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, weil er sich nicht auf eine Verletzung in eigenen Rechten berufen könne. Er sei auch nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG verbandsklagebefugt. Die nach dieser Regelung erforderliche Anerkennung stelle eine Zugangsvoraussetzung dar, die bereits zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsbehelfs vorliegen müsse. Der Kläger sei jedoch erst nach Klageerhebung gemäß § 3 UmwRG als Umweltvereinigung zur Einlegung von Rechtsbehelfen anerkannt worden. Er sei schließlich auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG klagebefugt, weil er die verspätete Anerkennung zu vertreten habe. Dies sei auch mit Unionsrecht vereinbar. Schließlich komme auch eine Verbandsklagebefugnis nach § 64 BNatSchG nicht in Betracht.

7 Zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision führt der Kläger im Wesentlichen aus: Bei dem Erfordernis der Anerkennung handele es sich nicht um eine Zugangs-, sondern um eine Sachentscheidungsvoraussetzung, die erst zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen müsse. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger jedoch über die erforderliche Anerkennung verfügt. Auf die Frage, ob er eine fehlende Anerkennung zu vertreten habe, komme es daher nicht an. Im Übrigen sei diese Frage zu verneinen und die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts mit dem Aarhus-Übereinkommen und Unionsrecht nicht vereinbar.

8 Der Kläger beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. August 2021 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückzuverweisen.

9 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10 Er verteidigt das angefochtene Urteil.

11 Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich nicht an dem Verfahren.

II

12 Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (1.). Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (2.). Das Bundesverwaltungsgericht hebt deshalb das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurück (3.).

13 1. Das Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

14 Die entscheidungstragende Erwägung, dass dem Kläger ein Verbandsklagerecht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht zustehe, weil die danach erforderliche Anerkennung nach § 3 UmwRG eine Zugangsvoraussetzung sei, die bereits bei Klageerhebung vorliegen müsse, der Kläger zu diesem Zeitpunkt - am 12. Januar 2021 - aber noch nicht anerkannt gewesen sei, steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Denn bei dem Erfordernis der Anerkennung handelt es sich entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht um eine Zugangs-, sondern um eine Sachentscheidungsvoraussetzung, die am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung oder in den Fällen einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vorliegen muss (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27. März 1998 - 4 C 14.96 - BVerwGE 106, 295 <299>) und wegen der Anerkennung des Klägers am 3. Februar 2021 am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2021 auch vorlag.

15 a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG wie die angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine solche Entscheidung Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG berührt zu sein (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG), und im Falle eines Verfahrens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, um das es hier geht, zur Beteiligung berechtigt war.

16 Bei diesen Voraussetzungen handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um Sachentscheidungsvoraussetzungen, für deren Beurteilung die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht maßgeblich sind (BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 - 7 C 25.15 - Buchholz 445.41 § 27 WHG 2010 Nr. 3 Rn. 17 ff.; vgl. der Sache nach auch BVerwG, Urteile vom 15. Juli 2016 - 9 C 3.16 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 14 Rn. 17 ff., 20 <Entstehung der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG erforderlichen UVP-Pflicht im Lauf des Klageverfahrens> und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 23 f. <Wegfall einer gesetzlichen Voraussetzung wegen Gesetzesänderung>). Dies gilt auch für die im vorliegenden Verfahren im Zentrum stehende Frage der Anerkennung der Vereinigung nach § 3 UmwRG. Denn auch insoweit stellt das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ab (BVerwG, Urteil vom 16. September 2021 - 7 A 5.21 - DVBl 2022, 356 Rn. 18). Die gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts findet im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Juli 2020 - 4 VR 7.19 , 4 VR 3.20 - (NVwZ 2021, 723 Rn. 10) keine Stütze, weil dieser keine Aussage zu Fällen enthält, in denen die Anerkennung erst nach Einlegung des Rechtsbehelfs erfolgt ist.

17 b) Dass es sich bei dem Erfordernis einer Anerkennung nach § 3 UmwRG um eine Sachentscheidungsvoraussetzung handelt, ergibt eine Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte. Eine unionsrechtskonforme Auslegung bestätigt dieses Ergebnis.

18 aa) Schon der Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG spricht eher gegen die Annahme einer - für die Verwaltungsgerichtsordnung unüblichen - Zugangsvoraussetzung.

19 Dass danach nur eine nach § 3 anerkannte Vereinigung "Rechtsbehelfe ... gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen" kann, steht dem nicht entgegen. Die Formulierung lässt sich vielmehr dahin verstehen, dass nur anerkannten Vereinigungen die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung eingeräumt werden soll (Regelung der Klagebefugnis); zu dem Zeitpunkt für das Vorliegen der Anerkennung enthält die Norm keine Aussage.

20 Ein solches Verständnis drängt sich auf, wenn man den weiteren Wortlaut ("ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen") berücksichtigt, der verdeutlicht, dass anerkannten Vereinigungen eine Rechtsschutzmöglichkeit auch dann eröffnet wird, wenn die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. Für die Auslegung als Norm zur Regelung der Klagebefugnis spricht des Weiteren, dass die Einlegung der Rechtsbehelfe "nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung" erfolgt. Sie richtet sich also nach dem allgemeinen verwaltungsprozessrechtlichen Grundsatz, dass für die Beurteilung des Vorliegens der Sachentscheidungsvoraussetzungen der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder bei Entscheidungen ohne mündliche Verhandlung der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist. Gerade vor dem Hintergrund der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Verwaltungsgerichtsordnung hätte der Gesetzgeber eine Abweichung von diesem Grundsatz deutlich zum Ausdruck bringen müssen. Dies wäre auch ohne Weiteres durch einen klarstellenden Zusatz ("wenn die Vereinigung bereits bei Einlegung des Rechtsbehelfs nach § 3 anerkannt war") möglich gewesen.

21 bb) Auch der systematische Zusammenhang, in dem § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG steht, schließt eine Einordnung des Anerkennungserfordernisses als Sachentscheidungsvoraussetzung nicht aus.

22 aaa) Dies gilt zunächst im Hinblick auf das Verhältnis von § 2 Abs. 1 Satz 1 zu § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG.

23 Nach dieser Regelung kann eine Vereinigung, die nicht nach § 3 UmwRG anerkannt ist, einen Rechtsbehelf nach § 2 Abs. 1 UmwRG nur dann einlegen, wenn sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwRG) und über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwRG). Hieraus schließt das Oberverwaltungsgericht, dass auch die in § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG geforderte Anerkennung bei Einlegung des Rechtsbehelfs vorliegen müsse. Dieser Schluss ist jedoch nicht gerechtfertigt.

24 § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG enthält ebenso wenig wie § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG eine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt, der für die Beurteilung der Frage maßgeblich ist, ob eine Vereinigung anerkannt ist oder nicht. Ausdrücklich geregelt ist in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwRG vielmehr lediglich der Zeitpunkt, zu dem bei einer nicht anerkannten Vereinigung die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt gewesen sein müssen, damit sie auch ohne Anerkennung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG rechtsbehelfsbefugt sein kann. Dies spricht ebenfalls dafür, dass insoweit nach dem für Sachentscheidungsvoraussetzungen geltenden allgemeinen Grundsatz der Schluss der mündlichen Verhandlung oder der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich sein soll.

25 Auch bei einem solchen Regelungsverständnis behält § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG einen relevanten Anwendungsbereich (vgl. in diesem Sinne auch Römling, NuR 2018, 538 <539 li. Sp.>). Dies zeigt insbesondere das Urteil vom 16. September 2021 - 7 A 5.21 - (DVBl 2022, 356 Rn. 18), in dem das Bundesverwaltungsgericht § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG gerade deshalb angewandt hat, weil die klagende Vereinigung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht über die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG erforderliche Anerkennung verfügte.

26 bbb) Auch aus § 2 Abs. 2 Satz 3 UmwRG folgt nichts anderes. Danach wird ein trotz fehlender Anerkennung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG zulässiger Rechtsbehelf mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung unzulässig. Eine ausdrückliche Regelung, dass umgekehrt der Rechtsbehelf zulässig wird, wenn die Anerkennung im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erteilt wird, ist hingegen nicht vorhanden. Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts bedeutet dies aber nicht, dass ein Rechtsbehelf nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG zulässig ist, wenn die Anerkennung erst während des gerichtlichen Verfahrens erfolgt. Vielmehr spricht es dafür, dass die Anerkennung eine Sachentscheidungsvoraussetzung darstellt, die erst am Schluss der mündlichen Verhandlung oder zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfüllt sein muss. Denn bei diesem Normverständnis bedarf es keiner eigenen Regelung, nach der der Rechtsbehelf mit der Anerkennung zulässig wird. Erfolgt die Anerkennung im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens, ist diese Zulässigkeitsvoraussetzung im maßgeblichen Zeitpunkt erfüllt, so dass sich die Rechtsbehelfsbefugnis bereits aus § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG ergibt, soweit dessen übrige Voraussetzungen vorliegen.

27 ccc) Die vom Oberverwaltungsgericht darüber hinaus als Beispiele für Zugangsvoraussetzungen angeführten verwaltungsprozessualen Regelungen legen kein abweichendes Verständnis von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nahe.

28 (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage grundsätzlich voraus, dass der Kläger den Erlass des im gerichtlichen Verfahren begehrten Verwaltungsakts in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren bei der zuständigen Behörde ohne Erfolg beantragt hat. Diese Zulässigkeitsvoraussetzung ergibt sich aus § 68 Abs. 2 und § 75 Satz 1 VwGO, die jeweils einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts verlangen. Sie dient dem Schutz der Gerichte vor unnötiger Inanspruchnahme und stellt eine Ausprägung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung dar, demzufolge es zunächst Sache der Verwaltung ist, sich mit Ansprüchen zu befassen, die an sie gerichtet werden (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 2. März 2022 - 6 C 7.20 - NVwZ 2022, 1205 Rn. 58; Beschluss vom 22. November 2021 - 6 VR 4.21 - NVwZ-RR 2022, 164 Rn. 8 m. w. N.). Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung enthält außerdem § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO, soweit danach ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig ist, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder teilweise abgelehnt hat, eine - ausdrücklich so bezeichnete - Zugangsvoraussetzung, die bereits im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht gegeben sein muss und nicht nachgeholt werden kann. Begründet wird dies damit, dass der Regelungszweck der Entlastung der Gerichte und des Vorrangs der verwaltungsinternen Kontrolle nur zu verwirklichen sei, wenn § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO nicht als im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nachholbare Sachentscheidungsvoraussetzung interpretiert werde (VGH München, Beschlüsse vom 25. November 1991 - 6 CS 91.22 14 - juris Rn. 6 und vom 22. September 2021 - 6 CS 21.22 57 - juris Rn. 7 m. w. N.).

29 Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf das Anerkennungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG drängt sich schon wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen nicht auf. Die Voraussetzung der Anerkennung dient nicht dazu, im Interesse der Gewaltenteilung eine vorherige Befassung der Verwaltung mit dem gerichtlich geltend gemachten Rechtsschutzbegehren zu gewährleisten und die Gerichte dadurch von unnötigen Verfahren zu entlasten. Zwar entfaltet auch das Anerkennungserfordernis eine Entlastungswirkung. Diese beruht aber darauf, dass bei Vorliegen der Anerkennung eine Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen nach § 3 UmwRG im gerichtlichen Verfahren entbehrlich ist. Diese entlastende Wirkung tritt allerdings gerade dann ein, wenn das Anerkennungserfordernis nicht als Zugangs-, sondern als Sachentscheidungsvoraussetzung verstanden wird. Denn dann bedarf es der in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwRG vorgesehenen Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen nur, wenn die Anerkennung auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung oder bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht erfolgt ist.

30 (2) § 67 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO, wonach sich die Beteiligten vor den Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen, gibt ebenfalls keinen Anlass, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG als Zugangsvoraussetzung auszulegen. Zwar muss die Prozesshandlungsvoraussetzung der Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten bereits bei Vornahme der jeweiligen Prozesshandlung erfüllt sein. Bei der Anerkennung der Umweltvereinigung handelt es sich aber nicht um eine Prozesshandlungsvoraussetzung, sondern um eine Voraussetzung für das Vorliegen einer Rechtsbehelfsbefugnis.

31 cc) Das Verständnis der Anerkennung nach § 3 UmwRG als Sachentscheidungsvoraussetzung entspricht insbesondere dem Sinn und Zweck von § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG.

32 aaa) Nach Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175 S. 40) in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 unter anderem zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 S. 17; im Folgenden: UVP-RL a. F.; jetzt: Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten <ABl. L 26 S. 1 vom 28. Januar 2012>; im Folgenden: UVP-RL n. F.) stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die ein ausreichendes Interesse haben, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen der UVP-Richtlinie eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorsehen. Was dabei als ausreichendes Interesse gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten nach Art. 10a UAbs. 3 Satz 1 UVP-RL a. F. und Art. 11 Abs. 3 Satz 1 UVP-RL n. F. im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Art. 10a UVP-RL a. F. und Art. 11 UVP-RL n. F. sollen Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung in Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen; im Folgenden: AK; vgl. dazu das Zustimmungsgesetz vom 9. Dezember 2006 <BGBl. II S. 1251>) Rechnung tragen, der aufgrund der Unterzeichnung des Aarhus-Übereinkommens durch die Europäische Gemeinschaft und seiner Genehmigung durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. L 124 S. 1) integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung geworden ist (EuGH, Urteil vom 8. März 2011 - C-240/09 [ECLI:​EU:​C:​2011:​125] - NVwZ 2011, 673 Rn. 30).

33 § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG dient der Umsetzung von Art. 10a UVP-RL a. F bzw. Art. 11 UVP-RL n. F. Er soll als grundlegende Vorschrift für die Einführung der umweltrechtlichen Vereinsklage die Anforderungen für Rechtsbehelfe von Umweltvereinigungen gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG regeln. Eine Verletzung in eigenen Rechten sollen die Umweltverbände dabei nicht geltend machen müssen. Das Recht, Rechtsbehelfe einzulegen, soll allerdings nur nach § 3 UmwRG anerkannten Vereinigungen eingeräumt werden. Für die Ausgestaltung der durch die Regelung ermöglichten Rechtsbehelfe soll es im Übrigen weitgehend bei den bewährten Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung bleiben (BT-Drs. 16/2495 S. 11 f.).

34 Diesen Zwecken wird eine Auslegung als Sachurteilsvoraussetzung besser gerecht als ein Normverständnis, nach dem die Umweltvereinigung bereits bei Einlegung des Rechtsbehelfs anerkannt sein muss. Eine solche Auslegung trägt dem Ziel des Gesetzgebers Rechnung, die Umweltverbandsklage weitgehend nach den bewährten Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung auszugestalten. Denn sie entspricht - wie bereits ausgeführt wurde - der üblichen Einordnung von Sachentscheidungsvoraussetzungen. Außerdem setzt ein solches Verständnis Art. 10a UVP-RL a. F. und Art. 11 UVP-RL n. F. weitgehender um als eine Auslegung als Zugangsvoraussetzung. Denn es eröffnet auch den erst im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens anerkannten Umweltverbänden eine Rechtsschutzmöglichkeit, ohne dass die zusätzlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG erfüllt sein müssen.

35 bbb) Auch soweit das Oberverwaltungsgericht den Sinn und Zweck des Anerkennungserfordernisses darin sieht zu gewährleisten, dass die Rechtsbehelfsbefugnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nur Vereinigungen zukommt, die sich als Sachwalter der Natur etabliert und durch den Akt der staatlichen Anerkennung die Legitimation als "Anwältin der Natur" erworben haben, wird dem die vorgenommene Auslegung gerecht. Denn auch wenn die Anerkennung erst am Ende des gerichtlichen Verfahrens vorhanden sein muss, sind nur durch sie legitimierte Umweltvereinigungen befugt, die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG oder deren Unterlassen überprüfen zu lassen.

36 ccc) Ein Verständnis des Anerkennungserfordernisses als Sachurteilsvoraussetzung läuft auch nicht dem Sinn und Zweck von § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG zuwider.

37 § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG soll es auch Vereinigungen, die die materiellen Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen, deren Anerkennungsverfahren aber aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen noch nicht abgeschlossen ist, in unionsrechtskonformer Weise ermöglichen, Rechtsbehelfe einzulegen (BT-Drs. 16/2495 S. 12 und BT-Drs. 16/2931 S. 6). Die Norm hat auch dann einen Anwendungsbereich, wenn sie nur in Fällen gilt, in denen die Anerkennung auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der gerichtlichen Entscheidung nicht erfolgt ist (vgl. Römling, NuR 2018, 538 <539 li. Sp.>). Dies zeigt nicht zuletzt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. September 2021 - 7 A 5.21 - (DVBl 2022, 356 Rn. 18), das § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG in einem solchen Fall zur Anwendung gebracht hat.

38 Auch mit dem weiteren Zweck, Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, die sich daraus ergeben könnten, dass einer Vereinigung, die ohne eigenes Verschulden nicht anerkannt war, nach einem positiven Ausgang des Anerkennungsverfahrens Wiedereinsetzung zu gewähren wäre (BT-Drs. 16/2495 S. 12), ist ein Verständnis des Anerkennungserfordernisses im Sinne einer Sachentscheidungsvoraussetzung vereinbar. Denn auch dann gibt es Konstellationen, in denen § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwRG mit der Folge zur Anwendung gelangt, dass die Verschuldensprüfung in das von einer nicht anerkannten Vereinigung betriebene gerichtliche Verfahren vorverlagert und die mit einem späteren Wiedereinsetzungsverfahren verbundene Verzögerung vermieden wird (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 16. September 2021 - 7 A 5.21 - DVBl 2022, 356 Rn. 18). Einer derartigen Verzögerung wird sogar besser entgegengewirkt, als wenn die erforderliche Anerkennung bereits bei Rechtsbehelfseinlegung erfolgt sein müsste. Denn je später die Anerkennung vorliegen muss, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens erteilt wird und deshalb eine verfahrensverzögernde Wiedereinsetzung von vornherein entbehrlich ist.

39 dd) Die Entstehungsgeschichte von § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG steht einem Verständnis des Anerkennungserfordernisses als Sachentscheidungsvoraussetzung ebenfalls nicht entgegen.

40 aaa) § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG knüpft hinsichtlich seines Wortlauts an § 61 BNatSchG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften (BNatSchGNeuregG) vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193; im Folgenden: BNatSchG 2002) an, wonach ein gemäß § 59 BNatSchG 2002 oder auf Grund landesrechtlicher Vorschriften im Rahmen des § 60 BNatSchG 2002 anerkannter Verein, ohne in seinen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen konnte.

41 § 61 BNatSchG 2002 führte erstmals auf Bundesebene ein Klagerecht für anerkannte Naturschutzverbände ein (BT-Drs. 14/6378 S. 61). Die Gesetzesbegründung zu dieser Regelung, die von einem "Klagerecht", einem "Recht der Klageerhebung", der "Möglichkeit zur Erhebung einer Vereinsklage", der erstmaligen Eröffnung der "Vereinsklagemöglichkeit" oder davon spricht, dass der Verein "zur Klage befugt" ist (BT-Drs. 14/6378 S. 60 f.), äußert sich nicht zum Zeitpunkt, zu dem die erforderliche Anerkennung erfolgt sein musste. Sie bringt vielmehr deutlich zum Ausdruck, dass das Verfahren über den Rechtsbehelf sich nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung richten sollte (BT-Drs. 14/6378 S. 61). Ein Hinweis darauf, dass von der Verwaltungsgerichtsordnung bezüglich des allgemeinen Grundsatzes, wonach die Sachentscheidungsvoraussetzungen am Schluss der mündlichen Verhandlung oder zum Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Gerichts erfüllt sein müssen, hätte abgewichen werden sollen, findet sich hingegen nicht. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die Anerkennung, von der § 61 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 die Verbandsklagemöglichkeit abhängig machte, als Sachentscheidungsvoraussetzung angesehen, die erst zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts vorliegen musste (BVerwG, Urteil vom 12. März 2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 23).

42 bbb) Dass der Gesetzgeber § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG trotz seines im Kern mit § 61 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 übereinstimmenden Wortlauts in einem anderen Sinne verstanden wissen wollte, geht aus den Gesetzesmaterialien zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nicht hervor.

43 § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG regelt danach ergänzend zum bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG die umweltrechtliche Vereinsklage, für die es keiner Verletzung in eigenen Rechten bedarf, wobei es für die Ausgestaltung der damit verbundenen Rechtsbehelfsmöglichkeiten weitgehend bei den bewährten Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung bleiben und das Recht, Rechtsbehelfe einlegen zu können, grundsätzlich nur nach § 3 UmwRG anerkannten Vereinigungen eingeräumt werden soll (BT-Drs. 16/2495 S. 11 f.).

44 Eine von den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung abweichende Regelungsabsicht wird auch nicht dadurch hinreichend deutlich, dass die Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG ausführt, dass in Fällen fehlender Anerkennung das Gericht selbst zu prüfen habe, ob die Vereinigung die Anerkennungsvoraussetzungen erfülle, und dass hierfür der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsbehelfs relevant sei (BT-Drs. 16/2495 S. 12). Erläutert wird damit lediglich die Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, nach der eine nicht anerkannte Vereinigung einen Rechtsbehelf einlegen kann, wenn sie "bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt" (vgl. BT-Drs. 16/2495 S. 5). Hingegen enthält die Gesetzesbegründung ebenso wie die gesetzliche Regelung selbst keine Aussage dazu, ob § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG bereits Anwendung findet, wenn die Anerkennung bei Einlegung des Rechtsbehelfs nicht vorliegt, oder ob er erst dann an die Stelle von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG tritt, wenn die Umweltvereinigung auch am Schluss der mündlichen Verhandlung oder zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch nicht anerkannt ist. Eine solche Aussage lässt sich der Gesetzesbegründung auch nicht entnehmen, soweit danach eine seit zehn Jahren bestehende Vereinigung, die den Antrag auf Anerkennung erst parallel zur Einlegung des Rechtsbehelfs gestellt hat, im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwRG zu vertreten hat, dass das Anerkennungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (BT-Drs. 16/2495 S. 12). Denn diese Ausführungen setzen voraus, dass die Vereinigung zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht anerkannt ist und sich ihre Rechtsbehelfsbefugnis daher nur aus § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG ergeben kann. Sie befassen sich aber nicht mit der Frage, ob der Zeitpunkt der Rechtsbehelfseinlegung oder der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung oder der gerichtlichen Entscheidung für das Vorliegen der Anerkennung maßgeblich ist.

45 Im Übrigen ist für die Auslegung der objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist, und zu dessen Erfassung die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte heranzuziehen sind. Nicht entscheidend ist dagegen die subjektive Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder über die Bedeutung der Bestimmung. Der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift kommt daher für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können (BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. März 2016 - 2 BvR 1576/13 - NVwZ-RR 2016, 521 Rn. 63; BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2017 - 9 C 30.15 - BVerwGE 157, 203 Rn. 14 jeweils m. w. N.). Selbst wenn also die Bundesregierung von der Vorstellung ausgegangen sein sollte, dass eine Rechtsbehelfsbefugnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nur in Frage komme, wenn die Umweltvereinigung schon bei Einlegung des Rechtsbehelfs anerkannt sei, wäre diese Vorstellung für die Auslegung nicht maßgeblich. Denn weder entspricht sie dem Regelungszweck, noch ist sie angesichts des Umstands, dass die durch § 2 UmwRG eröffneten Rechtsbehelfe den Maßgaben der Verwaltungsgerichtsordnung unterliegen, im Wortlaut, in der Gesetzessystematik oder in den Gesetzesmaterialien genügend klar zum Ausdruck gekommen.

46 ee) Dass das Anerkennungserfordernis nach alldem eine Sachentscheidungsvoraussetzung ist, die erst am Schluss der mündlichen Verhandlung oder zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfüllt sein muss, bestätigt schließlich auch eine unionsrechtskonforme Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG.

47 aaa) Nach Art. 10a Abs. 3 Satz 1 UVP-RL a. F. und Art. 11 Abs. 3 Satz 1 UVP-RL n. F. müssen die nationalen Rechtsvorschriften einen weiten Zugang zu Gerichten sicherstellen und die praktische Wirksamkeit derjenigen Bestimmungen der UVP-Richtlinie gewährleisten, die die gerichtliche Anfechtung betreffen (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2009 - C-263/08 [ECLI:​EU:​C:​2009:​631] - NVwZ 2009, 1553 Rn. 45).

48 Dementsprechend sind die nationalen Gerichte verpflichtet, das Verfahrensrecht in Bezug auf die Voraussetzungen, die für die Einleitung eines Überprüfungsverfahrens vorliegen müssen, so weit wie möglich im Einklang sowohl mit dem Ziel eines weiten Zugangs zu Gerichten als auch mit dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die durch das Unionsrecht verliehenen Rechte auszulegen, um es einer Umweltschutzorganisation zu ermöglichen, eine behördliche Entscheidung gerichtlich anzufechten (EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - C-664/15 [ECLI:​EU:​C:​2017:​987] - NVwZ 2018, 225 Rn. 54 m. w. N.; BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2013 - 4 C 14.12 - BVerwGE 149, 17 Rn. 34 und vom 23. Juni 2020 - 9 A 22.16 - BVerwGE 168, 368 Rn. 18). Sollte eine solche unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich sein, müsste das nationale Gericht eine Verfahrensvorschrift, die einem weiten Zugang zu Gerichten und einem effektiven gerichtlichen Rechtsschutz entgegensteht, erforderlichenfalls unangewendet lassen (vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - C-664/15 - NVwZ 2018, 225 Rn. 54 ff.).

49 Danach ist auch unionsrechtlich eine Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG geboten, nach der die Anerkennung der Umweltvereinigung nach § 3 UmwRG erst am Schluss der mündlichen Verhandlung oder zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erfolgt sein muss. Denn eine solche Auslegung gewährleistet einen weiteren Zugang zu den Gerichten als ein Normverständnis, nach dem die Anerkennung bereits bei Einlegung des Rechtsbehelfs vorhanden sein muss. Sie eröffnet auch Vereinigungen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht anerkannt sind, aber im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens anerkannt werden, unabhängig davon eine Rechtsschutzmöglichkeit, ob sie das ursprüngliche Fehlen der Anerkennung zu vertreten haben. Außerdem entspricht diese Auslegung, wie dargelegt, den anerkannten Auslegungsmethoden.

50 bbb) Ein anderes Verständnis wäre im Übrigen mit dem unionsrechtlichen Grundsatz der Effektivität nicht vereinbar, wonach die Verfahrensmodalitäten für Rechtsbehelfe, die den Schutz der aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (EuGH, Urteile vom 8. März 2011 - C-240/09 - NVwZ 2011, 673 Rn. 48 m. w. N., vom 19. Mai 2011 - C-452/09 [ECLI:​EU:​C:​2011:​323] - juris Rn. 16 m. w. N. und vom 16. April 2015 - C-570/13 [ECLI:​EU:​C:​2015:​231] - juris Rn. 37).

51 Käme eine Rechtsbehelfsbefugnis nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nur für bereits bei Einlegung des Rechtsbehelfs anerkannte Umweltvereinigungen in Betracht, würde dies für erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens anerkannte Vereinigungen die Ausübung ihrer durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nach Art. 10a UVP-RL a. F., Art. 11 UVP-RL n. F. und Art. 9 Abs. 2 AK i. V. m. Art. 47 GRC, die Verletzung der nationalen Vorschriften, die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzen, sowie der unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union gerichtlich geltend zu machen (vgl. EuGH, Urteile vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​633] - NJW 2015, 3495 Rn. 92 und vom 8. November 2016 - C-243/15 [ECLI:​EU:​C:​2016:​838] - juris Rn. 54 ff.) erheblich erschweren. Denn die Rechtsbehelfe solcher Vereinigungen wären dann nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwRG zulässig, dass über die Anerkennung aus Gründen, die die Vereinigung nicht zu vertreten hat, noch nicht entschieden ist.

52 Ein hinreichend gewichtiger rechtfertigender Grund ist nicht ersichtlich. Insbesondere lässt sich das Ziel, die Umweltverbände dazu zu bewegen, die Anerkennung frühzeitig zu beantragen, um das Rechtsbehelfsverfahren von der Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen zu entlasten und damit verbundene Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, nicht durch eine Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG als Zugangsvoraussetzung erreichen. Die Entlastungswirkung ist vielmehr bei dieser Auslegung geringer als bei einem Verständnis des Anerkennungserfordernisses als Sachentscheidungsvoraussetzung. Ist der Anforderung, dass die Vereinigung bereits bei Einlegung des Rechtsbehelfs anerkannt sein muss, nicht genügt, müssen nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Anerkennungsvoraussetzungen grundsätzlich auch dann geprüft werden, wenn die Umweltvereinigung im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens anerkannt worden ist. Ist hingegen maßgeblicher Zeitpunkt der Schluss der mündlichen Verhandlung oder der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, sind die Anerkennungsvoraussetzungen nicht mehr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwRG zu prüfen, wenn die Anerkennung inzwischen erteilt worden ist.

53 c) Beruht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts damit hinsichtlich der entscheidungstragenden Auslegung von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG auf der Verletzung von Bundesrecht, so kommt es auf etwaige weitere Bundesrechtsverstöße nicht an. Es braucht deshalb nicht geprüft zu werden, ob das Oberverwaltungsgericht eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO und eine Verbandsklagebefugnis nach § 64 BNatSchG im Einklang mit Bundesrecht verneint hat, ob dem Oberverwaltungsgericht bei seinem bundesrechtswidrigen Rückgriff auf § 2 Abs. 2 Satz 1 UmwRG weitere Bundesrechtsverstöße unterlaufen sind, soweit es die Voraussetzungen von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwRG verneint hat, und inwieweit seine Ausführungen zur Unionsrechtskonformität seiner Auslegung von § 2 Abs. 1 und 2 UmwRG mit Unionsrecht im Einklang stehen.

54 2. Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage auch im Ergebnis zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Denn sie ist insgesamt zulässig.

55 Der Kläger ist verbandsklagebefugt, weil er nicht nur nach § 3 UmwRG anerkannt ist, sondern auch die übrigen Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwRG erfüllt. Insbesondere war er, wie § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG dies erfordert, in den Planfeststellungsverfahren, die den streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschlüssen zugrunde liegen, nach § 5a Abs. 2 Satz 1 des Landesstraßengesetzes (LStrG) in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 2004 (GVBl. S. 548) und des Gesetzes vom 20. März 2013 (GVBl. S. 35) i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94; im Folgenden UVPG a. F.) zur Beteiligung berechtigt. Denn danach war ihm als Teil der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung Gelegenheit zur Äußerung zu geben (zur Anwendbarkeit von § 5a Abs. 2 Satz 1 LStrG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 UVPG a. F. vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 des Landesgesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung <LUVPG> in der Fassung des Gesetzes vom 27. März 2018 <GVBl. S. 55> und § 7 Abs. 2 Satz 1 und 2 LUVPG in der Fassung vom 22. Dezember 2015 <GVBl. S. 516>). Es kann deshalb offenbleiben, ob § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass Umweltvereinigungen, die zur betroffenen Öffentlichkeit zählen, nach Art. 10a UVP-RL a. F. bzw. Art. 11 UVP-RL n. F. und Art. 9 Abs. 2 AK Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht haben müssen, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit der in diesen Bestimmungen genannten Entscheidungen anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie im Verfahren über den Genehmigungsantrag spielen konnten (EuGH, Urteile vom 15. Oktober 2009 - C-263/08 - NVwZ 2009, 1553 Rn. 39 und vom 14. Januar 2021 - C-826/18 [ECLI:​EU:​C:​2021:​7] - ZuR 2021, 229 Rn. 55), mit Unionsrecht vereinbar ist.

56 3. Das Bundesverwaltungsgericht hebt das angefochtene Urteil auf und verweist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurück (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Es kann nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), weil das Oberverwaltungsgericht von der Unzulässigkeit der Klage ausgegangen ist und deshalb weder die Begründetheit der Klage geprüft noch die für die Begründetheitsprüfung erforderlichen Feststellungen getroffen hat.