Verfahrensinformation



Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat mit einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024 die "COMPACT-Magazin GmbH" sowie die "CONSPECT FILM GmbH" als deren Teilorganisation verboten und aufgelöst. Die "COMPACT-Magazin GmbH" gibt das monatlich erscheinende "COMPACT-Magazin für Souveränität" sowie weitere Print-Formate heraus. Darüber hinaus ist sie im Internet präsent und veröffentlicht u.a. in ihrem YouTube-Kanal "COMPACT-TV". Zur Begründung heißt es in der auf Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG gestützten Verbotsverfügung, die Vereinigung richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Dies komme insbesondere in zahlreichen Beiträgen in ihren Print- und Online-Formaten zum Ausdruck. Mit dem Verbot wurde das Vereinsvermögen beschlagnahmt und eingezogen. Die Bildung von Ersatzorganisationen ist untersagt.


Mit ihrer Klage, für die das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich zuständig ist, machen die betroffenen Unternehmen und mehrere Einzelpersonen vor allem geltend, das Verbot eines Presse- und Medienunternehmens dürfe nicht auf der Grundlage des Vereinsgesetzes erfolgen. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für ein Vereinsverbot nicht vor. Das Verbot erweise sich als unverhältnismäßig.


Parallel zum Klageverfahren hatten die Kläger ein Eilverfahren angestrengt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte dem auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichteten Eilantrag mit Beschluss vom 14. August 2024 - BVerwG 6 VR 1.24 - mit bestimmten Maßgaben teilweise stattgegeben (Pressemitteilung 39 vom 14. August 2024).






Pressemitteilung Nr. 45/2025 vom 17.06.2025

Verkündungstermin in der Verwaltungsstreitsache BVerwG 6 A 4.24

Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig wird am 24. Juni 2025, 10.00 Uhr, im Großen Sitzungssaal in der Verwaltungsstreitsache BVerwG 6 A 4.24 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. Juni 2025 eine Entscheidung verkünden.



Die Plätze für Medienvertreterinnen und -vertreter werden in einem Akkreditierungsverfahren vergeben. Das Akkreditierungsverfahren beginnt mit Veröffentlichung der Pressemitteilung und endet am Montag, den 23. Juni 2025 um 12.00 Uhr.


Für Akkreditierungsgesuche ist ausschließlich das bereitgestellte Anmeldeformular auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts zu nutzen. Dieses muss vollständig ausgefüllt sein. Das Akkreditierungsgesuch kann auch unter Verwendung des Formulars per E-Mail an die Adresse ~l~%3Clink+beschreibung%3D%22pressestelle%40bverwg.bund.de%22+url%3D%22mailto%3Apressestelle%40bverwg.bund.de%22%[email protected]~l~%3C%2Flink%3E~l~ übermittelt werden. Akkreditierungsgesuche an sonstige E-Mail-Adressen oder Telefaxanschlüsse des Gerichts werden nicht berücksichtigt. Der gültige Presseausweis ist vor Ort vorzulegen.


Akkreditierungsgesuche werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los. Nach Ablauf der Frist versendet die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts eine Benachrichtigung über die erfolgreiche bzw. nicht erfolgreiche Akkreditierung.


Für Medienvertreterinnen und -vertreter stehen im Sitzungssaal 48 Sitzplätze zur Verfügung. Die Plätze werden nach der Reihenfolge des Akkreditierungseingangs vergeben. Aufgrund der begrenzten Kapazität steht nur ein Sitzplatz je Medienorgan zur Verfügung.


Ein gesonderter Medienarbeitsraum steht nicht zur Verfügung.



1. Gemäß den Regelungen des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sind Foto-, Film- und Tonaufnahmen im Sitzungssaal nur bis zum Beginn des Verkündungstermins zulässig. Danach haben Fotografinnen und Fotografen und Kamerateams den Sitzungssaal zu verlassen.


2. Der 6. Senat hat darüber hinaus Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts gemäß § 55 VwGO in Verbindung mit § 169 Abs. 3 GVG zugelassen. Dafür werden Medienpools gebildet. Zugelassen werden Fernsehteams (ein öffentlich-rechtliches und ein privat-rechtliches Medienunternehmen mit jeweils einer Kamera) sowie sechs Fotografinnen und Fotografen. Die Fernseh- und Filmaufnahmen dürfen nur mit ortsfesten Kameras an den dafür im Sitzungssaal vorgesehenen Standplätzen gemacht werden. Übersteigt die Anzahl der Anmeldungen die Zahl der im jeweiligen Medienpool zur Verfügung stehenden Plätze, ist Voraussetzung für eine Zulassung die im Akkreditierungsgesuch erklärte Bereitschaft zur Übernahme der Poolführung. Medienvertreterinnen und -vertreter, die die entsprechenden technischen Voraussetzungen nicht erfüllen, können die Poolführung nicht übernehmen. Die Poolführung ist verpflichtet, abgelehnten Bewerbern des Medienpools die gefertigten Aufnahmen auf Anfrage unverzüglich in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen. Die Zulassung zum jeweiligen Medienpool und ggfs. die Vergabe der Poolführung erfolgen nach der Reihenfolge des Akkreditierungseingangs; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los.


Die Bestimmung der konkret mitwirkenden Personen bleibt den Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografinnen und Fotografen selbst überlassen.


3. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Wachtmeisterinnen und Wachtmeister und der Pressestelle ist Folge zu leisten. Foto- und Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuscharmen Apparaten ohne Blitzlicht gestattet.


4. Nach Schluss des Verkündungstermins sowie in den Pausen sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen lediglich außerhalb des Sitzungssaals zugelassen.



Einlass in den Sitzungssaal wird ab eine Stunde vor Beginn der Verkündung gewährt. Medienvertreterinnen und -vertreter dürfen nur die zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Geräte und Taschen mit sich führen.


Foto- und Filmaufnahmen sowie das Telefonieren, das Posten in Sozialen Medien und sonstige Versenden von Nachrichten, aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Für diese Zwecke nutzbare elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, Laptop-Computer oder Tablet-Computer, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Medienvertreterinnen und -vertretern wird während des Verkündungstermins die Nutzung dieser Geräte im Offline-Betrieb zur Eingabe von Text, nicht aber für Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen gestattet. Der Betrieb der Geräte ist nur im Flugzeug- und Lautlosmodus zulässig. In den Sitzungspausen und nach Schließung der Sitzung dürfen Medienvertreterinnen und -vertreter diese Geräte im bzw. aus dem Sitzungssaal zum Telefonieren, zur sonstigen Kommunikation, zum Abrufen von Daten sowie zu jeglicher sonstigen Nutzung des Internets verwenden.


Bitte beachten Sie, dass für die Sitzung zudem eine Anordnung nach § 176 GVG erlassen wurde.


Zu dieser Pressemitteilung gibt es ergänzendes Material.

BVerwG 6 A 4.24


Pressemitteilung Nr. 48/2025 vom 24.06.2025

Bundesverwaltungsgericht hebt COMPACT-Verbot auf

Das mit Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 5. Juni 2024 ausgesprochene Verbot der COMPACT-Magazin GmbH und ihrer Teilorganisation, der CONSPECT FILM GmbH, ist rechtswidrig. Das erst- und letztinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat es deshalb mit heute verkündetem Urteil aufgehoben.


Die Klägerin, die COMPACT-Magazin GmbH, gibt das monatlich erscheinende "COMPACT-Magazin für Souveränität" heraus und ist im Internet präsent. Neben einer eigenen Webseite mit einem Onlineshop veröffentlicht sie über ihren YouTube-Kanal in verschiedenen Rubriken fernsehähnliche Beiträge. Vor allem erscheint dort werktäglich eine Nachrichtensendung. Über die journalistische Tätigkeit hinaus organisiert die Klägerin Veranstaltungen und Kampagnen. Im Wahljahr 2024 tourte sie mit einer Bühne unter dem Slogan "Die blaue Welle rollt" durch verschiedene Bundesländer.


Mit der Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024 stellte das BMI unter Berufung auf Art. 9 Abs. 2 Var. 2 GG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 2, § 17 Nr. 1 Var. 1 VereinsG fest, dass die Klägerin und ihre Teilorganisation sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, deshalb verboten würden und aufgelöst seien. Zur Begründung führte das BMI an, die Vereinigung lehne nach ihren Zwecken und ihrer Tätigkeit die verfassungsmäßige Ordnung ab und weise eine verfassungsfeindliche Grundhaltung auf. Dies komme u. a. in zahlreichen Beiträgen des monatlich erscheinenden Magazins zum Ausdruck.


Der Senat hatte bereits mit Beschluss vom 14. August 2024 (BVerwG 6 VR 1.24 - ~l~%3Clink+beschreibung%3D%22Pressemitteilung+39%2F2024%22+url%3D%22https%3A%2F%2Fwww.BVerwG.de%2Fpresse%2Fpressemitteilungen%2Fpressemitteilung.php%3Fjahr%3D2024%26amp%3Bnr%3D39%22%3E~l~Pressemitteilung 39/2024~l~%3C%2Flink%3E~l~) dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Verfügung erhobenen Klage mit bestimmten Maßgaben stattgegeben. Im Hauptsacheverfahren hatte nunmehr auch die Klage Erfolg.


Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das Vereinsgesetz anwendbar. Bedenken hieran ergeben sich weder aus der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in der die Klägerin organisiert ist, noch aus dem Umstand, dass es sich bei ihr um ein Presse- und Medienunternehmen handelt. Das Vereinsgesetz bezieht in § 17 Nr. 1 ausdrücklich Gesellschaften mit beschränkter Haftung als "Wirtschaftsvereinigungen" ein, wenn diese sich - worauf die Verbotsverfügung hier gestützt ist - gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Für den vereinsrechtlichen Zugriff auf eine als Presse- und Medienunternehmen organisierte Vereinigung mangelt es zudem nicht an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Vielmehr entspricht die Differenzierung zwischen der verbotenen Organisation als solcher und den von ihr herausgegebenen Presse- und Medienerzeugnissen der Abgrenzung zwischen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Vereinsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG) gegenüber der Landesgesetzgebungskompetenz für das Presse- und Medienrecht (Art. 70 Abs. 1 GG). Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Vereinsrecht, die das von einem Kollektiv ausgehende spezifische Gefahrenpotential im Blick hat, ist "blind" für den von der jeweiligen Organisation verfolgten Zweck.


Die von Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit von Meinung, Presse und Medien steht der Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf Presse- und Medienunternehmen nicht entgegen. Der Bedeutung dieser grundrechtlichen Gewährleistungen ist vielmehr bei der Rechtsanwendung im Einzelfall Rechnung zu tragen. Mit einem auf Art. 9 Abs. 2 GG i.V.m. § 3 Abs. 1 VereinsG gestützten Vereinsverbot gegen ein Presse- und Medienunternehmen darf der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG nicht unterlaufen werden. Entgegen der klägerischen Rechtsauffassung ist weder das Verbot der Vorzensur (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG) betroffen noch ist der dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene Ausspruch einer Grundrechtsverwirkung (Art. 18 GG) ein gegenüber dem Vereinsverbot vorrangiges Instrument des präventiven Verfassungsschutzes.


Die Anwendung des Vereinsgesetzes auf die Klägerin erweist sich schließlich auch mit Blick auf den Gesetzeszweck als gerechtfertigt. Denn bei der Klägerin, die uneingeschränkt den Schutz der grundrechtlichen Medienfreiheiten genießt, handelt es sich nicht nur um ein Presse- und Medienunternehmen. Vielmehr verfolgt der maßgebliche Personenzusammenschluss nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda, organisiert Veranstaltungen sowie Kampagnen und versteht sich als Teil einer Bewegung, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeitet.


Der aus Jürgen Elsässer als Zentralfigur, seiner Ehefrau Dr. Stephanie Elsässer und mehreren Mitarbeitern bestehende Personenzusammenschluss ("Elsässer-Kreis") bildet einen Verein i.S.d. § 2 Abs. 1 VereinsG. Denn er ist auf Dauer angelegt, verfolgt mit der Herausgabe der Print- und Onlinemedien und seiner politischen Agenda einen gemeinsamen Zweck und hat sich der straffen Willensbildung des Erstgenannten unterworfen.


Die Vereinigung erfüllt jedoch nicht sämtliche Voraussetzungen des eng auszulegenden Verbotsgrunds des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 9 Abs. 2 Var. 2 GG, § 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 VereinsG). Dieser schützt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Menschenwürde, das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatsprinzip. Die Menschenwürde ist egalitär; sie gründet ausschließlich in der Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung, unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Rasse, Lebensalter oder Geschlecht. Dem Achtungsanspruch des Einzelnen als Person ist die Anerkennung als gleichberechtigtes Mitglied in der rechtlich verfassten Gemeinschaft immanent. Mit der Menschenwürde sind weder ein rechtlich abgewerteter Status noch demütigende Ungleichbehandlungen vereinbar. Dies gilt insbesondere, wenn derartige Ungleichbehandlungen gegen die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen.


Das ist bei dem sog. "Remigrationskonzept" der Fall, das ein Vordenker der Identitären Bewegung, Martin Sellner, entworfen hat. Diese Vorstellungen missachten - jedenfalls soweit sie zwischen deutschen Staatsangehörigen mit oder ohne Migrationshintergrund unterscheiden - das sowohl durch die Menschenwürde als auch das Demokratieprinzip geschützte egalitäre Verständnis der Staatsangehörigkeit. Denn sie gehen von einer zu bewahrenden "ethnokulturellen Identität" aus und behandeln deshalb deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund als Staatsbürger zweiter Klasse. Diejenigen, "die sich nicht assimilieren können oder wollen", sollen zumindest durch Druck - insbesondere durch eine "Politik der De-Islamisierung" - zur "Remigration" in ihre Herkunftsländer bewegt werden.


Die Klägerin hat sich mit dem sog. "Remigrationskonzept" Sellners identifiziert. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, dass sie Martin Sellner sowohl in ihren Print- als auch Online-Medien seit Jahren ohne jegliche Distanzierung einen breiten Raum einräumt. Zudem wird er bewundernd als "unser Held" bezeichnet und seine Strategie als "machbar" und "rechtsstaatlich" verharmlost. Die Zurechenbarkeit seiner Ideen wird dadurch bestätigt, dass bei einzelnen Akteuren völkische Vorstellungen aufscheinen. Ebenso wird dies durch den ideologischen Hintergrund des COMPACT-TV-Chefs mit seiner Nähe zur Identitären Bewegung gestützt. Ferner spricht dafür die Funktion eines Redakteurs und Autors als Pressesprecher der Partei "Die Heimat" (ehemals NPD). Deshalb belegen die das sog. "Remigrationskonzept" unterstützenden Fundstellen aus den COMPACT-Medien gemeinsame Vorstellungen des "Elsässer-Kreises". Es handelt sich nicht um lediglich vereinzelte Ausreißer. Die dazu in der mündlichen Verhandlung abgegebenen relativierenden und verharmlosenden Einlassungen der Klägerseite erweisen sich als bloß prozesstaktisches, nicht glaubhaftes Vorbringen.


Auch wenn die die Grundüberzeugung der Vereinigung zum Ausdruck bringenden Äußerungen als solche weder strafbar noch rechtswidrig sind, können sie als Indizien für ein Vereinsverbot herangezogen werden. Dieses Instrument des präventiven Verfassungsschutzes dient dazu, frühzeitig - und ohne strafbares Handeln abwarten zu müssen - tätig werden zu können. Deshalb setzt ein Vereinsverbot mit der Voraussetzung des Sichrichtens erst an der geplanten Umsetzung der durch die Meinungsfreiheit geschützten verfassungswidrigen Vorstellungen in kämpferisch-aggressiver Weise an; Art. 9 Abs. 2 GG ist kein Weltanschauungs- oder Gesinnungsverbot. Auch das Merkmal des Sichrichtens erfüllt die Klägerin angesichts ihrer politischen Agenda und des Ziels realweltlicher Umsetzung ihrer Vorstellungen im vorpolitischen Raum.


Das Grundgesetz garantiert jedoch im Vertrauen auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung selbst den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit. Es vertraut mit der Vereinigungsfreiheit grundsätzlich auf die freie gesellschaftliche Gruppenbildung und die Kraft des bürgerschaftlichen Engagements im freien und offenen politischen Diskurs. Deshalb ist ein Vereinsverbot mit Blick auf das das gesamte Staatshandeln steuernde Prinzip der Verhältnismäßigkeit nur gerechtfertigt, wenn sich die verfassungswidrigen Aktivitäten für die Vereinigung als prägend erweisen.


In der Gesamtwürdigung erreichen die verbotsrelevanten Äußerungen und Aktivitäten noch nicht die Schwelle der Prägung. Diese Überzeugung hat sich der Senat durch die Sichtung und Würdigung des umfangreichen Materials aus den COMPACT-Medien und weiteren seitens der Beklagten vorgelegten Unterlagen verschafft. Dabei war bei der Deutung von Äußerungen zum Schutz der der Klägerin zustehenden Meinungsfreiheit die Bandbreite möglicher Aussagegehalte zu berücksichtigen.


Eine Vielzahl der von der Beklagten als Beleg für den Verbotsgrund angeführten migrationskritischen bzw. migrationsfeindlichen Äußerungen lässt sich danach auch als überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik an der Migrationspolitik deuten. Dazu kommt, dass die rechtspolitische Forderung nach strengeren Einbürgerungsvoraussetzungen und höheren Integrationsanforderungen im Staatsangehörigkeitsrecht für sich genommen nicht als mit der Menschenwürde oder dem Demokratieprinzip unvereinbar zu beanstanden ist.


Darüber hinaus enthalten insbesondere die Printmedien der Klägerin auch eine Vielzahl von Veröffentlichungen abseits des hier im Fokus stehenden Migrationsthemas, so etwa zu Coronamaßnahmen und zum Ukrainekrieg. Die darin generell zum Ausdruck kommende polemisch zugespitzte Machtkritik sowie die von der Klägerin bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen genießen den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG und vermögen das Vereinsverbot nicht zu rechtfertigen.


Neben der verbotenen Vereinigung hatten auch die mitverbotene Teilorganisation sowie die in der Verfügung als Mitglieder bezeichneten Personen Klage erhoben, diese aber im Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen.


BVerwG 6 A 4.24 - Urteil vom 24. Juni 2025


Beschluss vom 14.08.2024 -
BVerwG 6 VR 1.24ECLI:DE:BVerwG:2024:140824B6VR1.24.0

Vereinsrechtliches Verbot eines Medienunternehmens - COMPACT

Leitsatz:

Ein Vereinsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG kann als Instrument des "präventiven Verfassungsschutzes" auch gegenüber zum Zweck der Verbreitung von Nachrichten und Meinungsbeiträgen gegründeten Medienorganisationen erlassen werden (wie BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020 - 6 A 1.19 - BVerwGE 167, 293 Rn. 34 ff.).

  • Rechtsquellen
    GG Art. 5 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 Alt. 2, Art. 18, 21 Abs. 2
    VwGO § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3, 5 Satz 1 und 3, Abs. 7 Satz 2
    VereinsG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3, §§ 4, 17 Nr. 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.08.2024 - 6 VR 1.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:140824B6VR1.24.0]

Beschluss

BVerwG 6 VR 1.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 14. August 2024 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Steiner und Dr. Gamp beschlossen:

  1. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin zu 1 gegen die Verbotsverfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 5. Juni 2024 wird, soweit in ihr die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist, mit folgenden Maßgaben wiederhergestellt:
  2. a) Die Antragsgegnerin darf vor der Rückgabe der bei dem Vollzug des Vereinsverbots sichergestellten und beschlagnahmten Beweismittel und Vermögensgegenstände binnen einer Woche ab Zustellung des vollständig abgefassten Beschlusses Kopien von papiergebundenen Unterlagen (Akten, Kontoauszügen etc.) sowie elektronischen Speichermedien (u. a. Computer und Laptops mit internen Festplatten, Notebooks, Tablets sowie externen Festplatten, USB-Sticks, USB-Karten, NAS-Speicher, SD-Karten, DVDs, CDs) anfertigen sowie Mobiltelefone und SIM-Karten auswerten.
  3. b) Von der Herausgabe der bei dem Vereinsverbot sichergestellten und beschlagnahmten Gegenstände sind Waffen und waffenähnliche Gegenstände ausgenommen.
  4. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
  5. Die Gerichtskosten tragen die Antragsgegnerin und die Antragstellerin zu 2 zu je 3/10 sowie die Antragsteller zu 3 bis 10 zu je 1/20. Die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1 trägt die Antragsgegnerin. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin tragen die Antragstellerin zu 2 zu 3/10 und die Antragsteller zu 3 bis 10 zu je 1/20; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
  6. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin zu 1 ist ein im Jahre 2010 gegründetes Unternehmen mit Sitz im Bundesland Brandenburg, das seinen Unternehmensgegenstand in der Herausgabe eines Magazins sowie weiterer Publikationen und der Organisation von damit im Zusammenhang stehenden Veranstaltungen und Filmproduktionen sieht. Sie verlegt die Monatszeitschrift "COMPACT-Magazin für Souveränität" (Auflage: 40 000 Exemplare pro Monat) sowie weitere mehrmals pro Jahr erscheinende Print-Formate (COMPACTSpezial sowie COMPACTGeschichte). Darüber hinaus ist die Antragstellerin zu 1 im Internet präsent. Sie veröffentlicht über einen YouTube-Kanal das Online-TV-Format "COMPACT.DerTag", in dem sich wechselnde Gesprächspartner zu gesellschaftspolitischen Themen austauschen; zeitweise erschien es im Stile eines Nachrichtenformats mit Moderatorin. Zusätzliche Angebote ergänzen das Online-TV-Format (u. a. "COMPACT.Interview" und "COMPACT.Live"). Zur Produktpalette der Antragstellerin zu 1 zählen ferner umfangreiche Online-Angebote (u. a. ein Online-Shop und eine kostenpflichtige Clubmitgliedschaft). Die YouTube-Videos von "COMPACT.DerTag" verzeichnen bis zu 460 000 Klicks pro Video. Anteilseigner der Antragstellerin zu 1 sind der Antragsteller zu 3 (66,67 % der Anteile) sowie der Antragsteller zu 5 (33,33 %).

2 Der Gesellschaftszweck der im März 2021 gegründeten Antragstellerin zu 2 besteht in der Produktion und in dem Vertrieb von Filmen und Videos. Sie produziert für die Antragstellerin zu 1 die Nachrichtensendung "COMPACT.DerTag" mit den Außenaufnahmen, Interviews und Talkrunden. Neben der Antragstellerin zu 1 (78,94 %) sind der Antragsteller zu 3 (4,39 %), die Antragstellerin zu 4 (12,28 %) sowie der Antragsteller zu 6 (4,39 %) an der Antragstellerin zu 2 beteiligt.

3 Der Antragsteller zu 3 ist Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1 und zugleich Chefredakteur des "COMPACT-Magazin für Souveränität", die Antragstellerin zu 4 ist Geschäftsführerin der Antragstellerin zu 2. Der Antragsteller zu 5 ist als Prokurist bei der Antragstellerin zu 1 angestellt. Die Antragsteller zu 6 bis 10 sind als Redakteure bzw. kaufmännische Angestellte bei der Antragstellerin zu 1 beschäftigt.

4 Mit Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024 - den Antragstellern zu 3 bis 10 am 16. Juli 2024 ausgehändigt und am selben Tag mit dem verfügenden Teil im Bundesanzeiger veröffentlicht - stellte das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) unter Berufung auf § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 17 Nr. 1 Alt. 1 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG fest, dass die Antragstellerin zu 1 und ihre Teilorganisation, die Antragstellerin zu 2, sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, deshalb verboten würden und aufgelöst seien. Zur Begründung führte das BMI an, die Vereinigung lehne die verfassungsmäßige Ordnung nach ihren Zwecken und ihrer Tätigkeit ab und weise eine verfassungsfeindliche Grundhaltung auf. Bei der Verwirklichung der verfassungsfeindlichen Ziele nehme der Verein eine aggressiv-kämpferische Haltung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung ein. Die Antragstellerin zu 1 propagiere ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept. Dies spiegele sich in zahlreichen Beiträgen ihrer Printausgaben sowie in den Online-Formaten wider. Zudem bediene sie sich des Narratives des "Großen Austauschs" bzw. "Bevölkerungsaustauschs", "Volksaustauschs" oder der "Ersetzungsmigration" und präsentiere die "Remigration" und "Re-Tribalisierung" als Lösungskonzepte zum Erhalt eines ethnisch-homogenen Volkes. In zahlreichen Veröffentlichungen offenbare sich Fremden- und Migrantenfeindlichkeit sowie Antisemitismus.

5 Die Antragsteller haben am 24. Juli 2024 jeweils Anfechtungsklage gegen die Verbotsverfügung erhoben und um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung der Anträge haben sie im Wesentlichen ausgeführt, das Verbot ziele auf ein Totalverbot der publizistischen Verbreitung des monatlichen Magazins und der Medienhäuser der COMPACT-Magazin GmbH sowie der CONSPECT FILM GmbH ab. Es konstruiere dafür ein rechtsextremistisches Netzwerk in Form eines Vereins. Ihre unternehmerische Betätigung genieße den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Für das Presse- und Medienrecht liege die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern. Das Vereinsgesetz dürfe nicht so ausgelegt und angewendet werden, dass die Gesetzgebungskompetenz der Länder für das inhaltsbezogene Presse- und Medienrecht unterlaufen werde. Auch die fehlende Zitierung von Art. 5 Abs. 1 GG in § 32 VereinsG deute darauf hin, dass eine Einschränkung der Pressefreiheit durch den Vereinsgesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sei. Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 seien darüber hinaus keine Vereine i. S. d. § 2 Abs. 1 VereinsG. Jedenfalls sei der Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung nicht erfüllt. Das Vereinsverbot sei im Übrigen unverhältnismäßig.

6 Die Antragsgegnerin ist den Klagen und Anträgen entgegengetreten.

7 Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und der anhängigen Klageverfahren (BVerwG 6 A 4.24 ) sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen. Der Senat hat ergänzend Publikationen der Antragstellerin zu 1 aus den Jahren 2022 bis 2024 und ein Asservatenverzeichnis beigezogen.

II

8 Die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO haben lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Sie sind statthaft, soweit in Ziffer 9 des Bescheids die sofortige Vollziehung angeordnet ist, und auch im Übrigen zulässig.

9 1. Der Antrag der Antragstellerin zu 1 ist mit den aus der Beschlussformel ersichtlichen Maßgaben auch begründet. Bei der im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung gebührt ihrem Interesse am Aufschub der Vollziehung der Verbotsverfügung bei Beachtung der bezeichneten Maßgaben der Vorrang vor dem von der Antragsgegnerin geltend gemachten öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung. Dies folgt daraus, dass nach der in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen und möglichen summarischen Prüfung die Erfolgsaussichten ihrer Klage gegen die Verbotsverfügung derzeit offen sind (a.). Die sofortige Vollziehung der Verbotsverfügung dennoch aufrechtzuerhalten, wäre mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nur dann vereinbar, wenn die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Rechtsbeeinträchtigung der Antragstellerin zu 1 mit hinreichend gewichtigen Gründen des Allgemeinwohls zu rechtfertigen wäre. Dies ist nicht der Fall (b.).

10 a. Der gegenwärtige Sach- und Streitstand ermöglicht dem beschließenden Senat keine verlässliche Prognose über den Erfolg des von der Antragstellerin zu 1 angestrengten Hauptsacheverfahrens. Deren Anfechtungsklage ist zulässig. Sie wäre begründet, wenn sich die Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024 als rechtswidrig erwiese und die Rechte der Antragstellerin zu 1 verletzte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ob die Verbotsverfügung in § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 i. V. m. § 17 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz - ‌VereinsG) vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600), ihre rechtliche Grundlage findet, ist offen. Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf die in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung organisierte und als Presse- und Medienunternehmen tätige Antragstellerin zu 1 (aa.). Alles spricht auch dafür, dass die Verbotsverfügung formell rechtmäßig ist (bb.). In materieller Hinsicht bestehen keine Zweifel daran, dass es sich bei der Antragstellerin zu 1 um einen Verein i. S. d. § 2 Abs. 1 VereinsG handelt (cc.), der sich die Aktivitäten seiner Teilorganisation - der Antragstellerin zu 2 - zurechnen lassen muss (dd.). Ob diese Vereinigung aber den - wie alle Gründe des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG, Art. 9 Abs. 2 GG eng auszulegenden - Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung erfüllt, vermag der Senat derzeit nicht abschließend zu beurteilen (ee.).

11 aa. Das Vereinsgesetz ist auf die Antragstellerin zu 1 anwendbar. Die hiergegen gerichteten Einwände der Antragsteller dringen nicht durch.

12 Bedenken ergeben sich nicht aus der Rechtsform, in der die Antragstellerin zu 1 organisiert ist. Denn § 17 Nr. 1 VereinsG bezieht ausdrücklich auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung als "Wirtschaftsvereinigungen" in das Vereinsgesetz mit ein, wenn sie sich u. a. – worauf die Verbotsverfügung allein gestützt ist - gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten.

13 Auch der Unternehmensgegenstand der Antragstellerin zu 1 hindert nicht die Anwendung vereinsrechtlicher Normen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Vereinsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG als Instrument des "präventiven Verfassungsschutzes" auch gegenüber zum Zweck der Verbreitung von Nachrichten und Meinungsbeiträgen gegründeten Medienorganisationen erlassen werden kann. Denn Gegenstand eines solchen Verbots, das der präventiven Bekämpfung der mit dem zweckgerichteten Zusammenschluss mehrerer Personen einhergehenden Gefahren dient, ist die hinter dem Medium stehende Organisation, die sich der von ihr verlegten Druckerzeugnisse oder Telemedien zur Verfolgung ihrer Ziele bedient (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 26 und vom 29. Januar 2020 - 6 A 1.19 - BVerwGE 167, 293 Rn. 34 ff.). Die Differenzierung zwischen Organisation und Presseerzeugnis bzw. Medium als Anknüpfungspunkt und Objekt staatlicher Maßnahmen entspricht der Abgrenzung zwischen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Vereinsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG) gegenüber der Landesgesetzgebungskompetenz für das Medien- und Presserecht (Art. 70 Abs. 1 GG). Zwar wäre ein Vereinigungsverbot mit den Anforderungen des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren, wenn es nur das Mittel wäre, Meinungsäußerungen oder Publikationen zu untersagen, die für sich genommen den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießen. Insbesondere darf ein Vereinigungsverbot nicht bewirken, dass auf diesem Wege untersagt wird, was die Freiheitsrechte sonst erlauben. Dieser Frage ist aber - entgegen der Auffassung der Antragsteller - nicht auf der Ebene der Anwendbarkeit der vereinsrechtlichen Verbotsnorm nachzugehen, sondern im Rahmen der Prüfung der Verbotsgründe (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 93, 98 und 113).

14 bb. An der formellen Rechtmäßigkeit der Verbotsverfügung bestehen keine Zweifel.

15 Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VereinsG war das BMI für ihren Erlass zuständig. Hiernach ist das BMI Verbotsbehörde für Vereine und Teilvereine, deren Organisation oder Tätigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. Zuständigkeitsbegründend ist danach unter anderem bereits, dass die betroffene Vereinigung über das Gebiet eines Bundeslandes hinaus durch nicht ganz unbedeutende Tätigkeiten anhaltend in Erscheinung tritt, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese für sich genommen den Verbotstatbestand erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. August 2009 - 6 A 3.08 - BVerwGE 134, 275 Rn. 12). Dies ist hier deshalb der Fall, weil sich das monatlich erscheinende Printmagazin "COMPACT-Magazin für Souveränität" (im Folgenden: COMPACT-Magazin) erkennbar an einen bundesweiten Kundenkreis richtet. Es wird mit einer Auflage von 40 000 Exemplaren über den stationären Einzelhandel sowie zusätzlich über ein von der Antragstellerin zu 1 beworbenes Abonnement im gesamten Bundesgebiet vertrieben. Auch die reichweitenstarke Nachrichtensendung "COMPACT.DerTag", die als "erste oppositionelle Nachrichtensendung in Deutschland" angekündigt wird, verbreitet die Antragstellerin zu 1 über ihren YouTube-Kanal im gesamten deutschsprachigen Raum. Hinzu kommen die bundesweiten Veranstaltungen mit zahlreichen Teilnehmern, die die Antragstellerin zu 1 (mit-)organisiert (u. a. "Die blaue Welle" sowie die jährliche "COMPACTKonferenz" in unterschiedlichen Bundesländern).

16 Eine vorherige Anhörung der Antragstellerin zu 1 war nicht erforderlich. Die Verbotsbehörde kann von der Anhörung der von einer Verbotsverfügung Betroffenen nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG absehen, wenn Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, aufgrund des mit der Anhörung verbundenen Ankündigungseffekts könnten Beweismittel oder Vermögenswerte beiseitegeschafft und dem behördlichen Zugriff entzogen werden. Die Ermessensentscheidung hierüber, die im Hinblick auf das Verbot einer Vereinigung als Gesamtverein mitsamt Teilorganisationen nur einheitlich mit Blick auf den Gesamtverein getroffen werden kann (BVerwG, Urteile vom 7. Juli 2023 - 6 A 2.21 - juris Rn. 23 und - 6 A 4.21 - BVerwGE 179, 284 Rn. 31 sowie vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - juris Rn. 39), bedarf einer Begründung, die erkennen lässt, auf welchen Erwägungen das Absehen von der Anhörung beruht (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 161; BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2022 - 6 A 7.19 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 77 Rn. 36, vom 14. Dezember 2022 - 6 A 6.21 - BVerwGE 177, 259 Rn. 20 und vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - juris Rn. 39). Bestehen nach dem gesamten Inhalt des Bescheids Anhaltspunkte dafür, dass sonst Beweismittel und Vermögenswerte beiseitegeschafft würden, reicht dies jedoch regelmäßig schon aus, um das Absehen von der Anhörung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 ‌- 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 161). Nur in atypischen Fällen muss die Begründung des Bescheids darüber hinaus eine Abwägung aller für und gegen den Verzicht sprechenden Gesichtspunkte enthalten (strenger noch: BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2022 - 6 A 7.19 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 77 Rn. 36 und vom 14. Dezember 2022 - 6 A 6.21 - BVerwGE 177, 259 Rn. 20; Beschluss vom 9. Juni 2022 - 6 VR 2.21 - juris Rn. 15). Die in den Gründen der Verbotsverfügung enthaltene Rechtfertigung des BMI für den Anhörungsverzicht wird diesen Anforderungen gerecht.

17 cc. Die Antragstellerin zu 1 war zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses ein Verein i. S. d. § 2 Abs. 1 VereinsG. Danach ist ein Verein ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat. Diese Voraussetzungen liegen bei summarischer Prüfung vor.

18 Gesellschafter der Antragstellerin zu 1 sind die Antragsteller zu 3 und 5, die sich vor mehr als zehn Jahren in einem konstitutiven Akt zusammengeschlossen haben, um gemeinsam zunächst nur die Zeitschrift COMPACT-Magazin, später auch weitere Publikationen herauszugeben und damit in Zusammenhang stehende Veranstaltungen und Filmproduktionen zu organisieren. Sie bilden einen - für sich genommen schon ausreichenden - Kern der Vereinigung i. S. d. § 2 Abs. 1 VereinsG, für den jedenfalls die gesellschaftsrechtlichen Regelungen des GmbH-Gesetzes eine organisierte Willensbildung vorgeben.

19 An der Herausgabe der zahlreichen Medien, der (Mit-)Organisation von Veranstaltungen sowie der Bereithaltung des umfangreichen Online-Angebots der Vereinigung sind über diese Gesellschafter hinaus weitere Personen beteiligt, u. a. Autoren, Redakteure und kaufmännische Angestellte. Sie haben sich - aufgrund von Arbeitsverträgen, zumindest aber konkludent - mit den beschriebenen Zielen des Zusammenschlusses einverstanden gezeigt und wirken arbeitsteilig zusammen, um das multimediale Produktportfolio aufrechtzuerhalten und die Veranstaltungen durchführen zu können. Ob auch diese Personen - wie die Verbotsverfügung annimmt - als Mitglieder der Vereinigung anzusehen sind, braucht jedenfalls im Eilverfahren nicht abschließend entschieden zu werden.

20 Erkennbar kommt dem Wort des Mehrheitsgesellschafters, Geschäftsführers und Chefredakteurs - des Antragstellers zu 3 - in dem Personenzusammenschluss besonderes Gewicht zu. Das zeigt sich schon daran, dass mit seinem Editorial jede Ausgabe des COMPACT-Magazins sowie von "COMPACTSpezial" beginnt. Er ist die zentrale Führungsgestalt der Vereinigung und hat - wovon auch die Antragsteller ausgehen – "die Geschicke unentwindbar in seinen Händen". Bereits eine von allen Mitgliedern anerkannte Autorität genügt, um von einer vom Willen der einzelnen Mitglieder losgelösten und organisierten Gesamtwillensbildung auszugehen; einer Satzung oder anderen formalen Regelungen der Organisationsstruktur bedarf es nicht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Juli 2019 - 1 BvR 1099/16 - NVwZ 2020, 224 Rn. 17; BVerwG, Urteil vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 21, 34).

21 dd. Die in der Verbotsverfügung explizit genannte Antragstellerin zu 2 ist eine nichtgebietliche Teilorganisation der Antragstellerin zu 1 i. S. d. § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG. Denn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG liegen bei summarischer Prüfung vor. Deshalb muss sich die Antragstellerin zu 1 deren Tätigkeiten zurechnen lassen.

22 Die Rechtsprechung zu § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG verlangt für das Vorliegen einer Teilorganisation im Unterschied zu reinen Hilfs- oder Nebenorganisationen, dass eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung besteht. Die Gliederung muss tatsächlich in die Gesamtorganisation eingebunden sein. Eine totale organisatorische Eingliederung etwa in dem Sinne, dass ausschließlich Mitglieder oder Sympathisanten der Gesamtorganisation der Teilorganisation angehören dürfen, ist allerdings nicht erforderlich. Die Gliederung muss im Wesentlichen von der Gesamtorganisation beherrscht werden. Indizien hierfür können sich aus der personellen Zusammensetzung der Vereinigungen, ihrer Geschichte, ihrem Selbstverständnis und ihren Zielen, ihrer Tätigkeit und Finanzierung sowie aus Verflechtungen bei der Willensbildung und aus Weisungsgegebenheiten, respektive auch aus hierarchischen Strukturen, ergeben. Anhaltspunkte für derartige Strukturen können Berichtspflichten sowie eine ständige Begleitung und Betreuung durch Vertreter des Gesamtvereins sein. Es ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen, wobei sich die jeweilige Aussagekraft der Indizien nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalles richtet. Nicht notwendig ist es daher zum einen, dass sämtliche genannten Indizien nach dem Gesamtbild die Annahme einer Teilorganisation tragen. Zum anderen können auch Indizien, die für sich genommen als nicht zwingend erscheinen mögen, in ihrer Summe eine Qualifikation als Teilorganisation rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2023 - 6 A 4.21 - BVerwGE 179, 284 Rn. 35 m. w. N.).

23 Am Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der beschließende Senat keine Zweifel. Die Antragstellerin zu 1 ist nicht nur mit 78,94 % Hauptgesellschafterin der Antragstellerin zu 2. Darüber hinaus hält der Antragsteller zu 3 (4,39 %) sowie seine Ehefrau, die Antragstellerin zu 4, weitere 12,28 % an der Gesellschaft. Mit dieser gesellschaftsrechtlich beherrschenden Stellung ist eine Dominanz des Hauptgesellschafters und Geschäftsführers der Antragstellerin zu 1 verbunden, die es ihm - dem Antragsteller zu 3 - erlaubt, auch die Geschicke der Antragstellerin zu 2 zu bestimmen. Hierbei kommt ihm zugute, dass die Geschäftsführerin der Antragstellerin zu 2 seine Ehefrau ist und sich der Unternehmenssitz dieser Gesellschaft an derselben Adresse wie die Redaktionsräume der Antragstellerin zu 1 befindet, an dem die Eheleute überdies ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Diese familiäre und zugleich organisatorische Verflechtung ist ein weiteres starkes Indiz für die Einbindung der Antragstellerin zu 2 in die Antragstellerin zu 1. Überdies deutet der Umstand, dass der Geschäftsbetrieb der Antragstellerin zu 2 ganz auf die multimedialen Bedürfnisse der Antragstellerin zu 1 ausgerichtet ist, auf eine enge wirtschaftliche Verzahnung. Dies gilt auch deswegen, weil - was die Antragsteller nicht in Abrede stellen - die Antragstellerin zu 2 keine Produktionen für andere Auftraggeber vornimmt. Im Übrigen bezeichnen die Antragsteller die Antragstellerin zu 2 selbst als "Tochtergesellschaft unter dem Konzerndach" der Antragstellerin zu 1 und sehen die Gesellschaften bei wirtschaftlicher Betrachtung als von dem Antragsteller zu 3 "beherrschtes Unternehmen" an.

24 ee. Zweifelhaft erscheint jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt, ob die Antragstellerin zu 1 - auch unter Einbeziehung der ihr als Teilorganisation zuzurechnenden Aktivitäten der Antragstellerin zu 2 - den Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG ((1)) erfüllt. Zwar lassen einzelne Ausführungen in den von der Antragstellerin zu 1 verbreiteten Print- und Online-Publikationen Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde erkennen ((2)). Es spricht auch viel dafür, dass die Antragstellerin zu 1 mit der ihr eigenen Rhetorik in zahlreichen Beiträgen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen einnimmt ((3)). Zweifel bestehen jedoch, ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge in den dem Senat derzeit vorliegenden Ausgaben des COMPACT-Magazins die Art. 1 Abs. 1 GG verletzenden Passagen für die Ausrichtung der Vereinigung insgesamt derart prägend sind, dass das Verbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist ((4)).

25 (1) Das Schutzgut der verfassungsmäßigen Ordnung umfasst - wie die freiheitlich demokratische Grundordnung in Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 GG - die elementaren Grundsätze der Verfassung, namentlich die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Die Garantie der Menschenwürde enthält insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 539). Die Menschenwürde ist egalitär; sie ist unabhängig von Merkmalen wie u. a. der Herkunft, einer behaupteten "Rasse" oder Religionszugehörigkeit. Dem Achtungsanspruch des Einzelnen als Person ist die Anerkennung als gleichberechtigtes Mitglied in der rechtlich verfassten Gemeinschaft immanent. Mit der Menschenwürde sind daher ein rechtlich abgewerteter Status oder demütigende Ungleichbehandlungen nicht vereinbar. Dies gilt insbesondere, wenn derartige Ungleichbehandlungen gegen die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen, die sich jedenfalls als Konkretisierung der Menschenwürde darstellen. Auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte sind damit unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (BVerfG, Urteil vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - NJW 2024, 645 Rn. 253 m. w. N.). Nichts Anderes gilt, wenn ein Vorrang einer ethnisch definierten "Volksgemeinschaft" propagiert wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 635).

26 Eine Vereinigung muss sich gegen diese elementaren Grundsätze "richten". Ihr Verbot ist nicht bereits dann zu rechtfertigen, wenn sie sich kritisch oder ablehnend gegen diese Grundsätze wendet oder für eine andere Ordnung eintritt. Art. 9 Abs. 2 GG ist - auch unter Beachtung von Art. 5 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG - kein Weltanschauungs- oder Gesinnungsverbot und zielt weder auf innere Haltungen noch auf bestimmte politische Überzeugungen. Selbst die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen überschreitet als solche nicht die Grenze der freien politischen Auseinandersetzung. So wie das Grundgesetz die Meinungsfreiheit im Vertrauen auf die Kraft der freien öffentlichen Auseinandersetzung grundsätzlich auch den Feinden der Freiheit garantiert, vertraut es mit der Vereinigungsfreiheit im Grundsatz auf die Kraft des bürgerschaftlichen Engagements im freien und offenen politischen Diskurs. Daher kommt es zur Rechtfertigung eines Vereinigungsverbots entscheidend darauf an, ob die Vereinigung als solche nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung einnimmt, d. h. sie fortlaufend untergräbt. Es muss keine konkrete Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung eingetreten sein. Vielmehr hat sich der Verfassungsgeber mit Art. 9 Abs. 2 GG als Ausdruck des Bekenntnisses zu einer streitbaren Demokratie für einen präventiven Verfassungsschutz entschieden. Schon wenn die Vereinigung als solche kämpferisch-aggressiv darauf ausgerichtet ist, wesentliche Elemente der verfassungsmäßigen Ordnung zu zerstören, rechtfertigt dies ihr Verbot (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. -‌ BVerfGE 149, 160 Rn. 107 ff.; BVerwG, Urteile vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 -‌ Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 34 f. und vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 -‌ BVerwGE 180, 1 Rn. 256).

27 Schließlich setzt ein Vereinsverbot, um dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu genügen, voraus, dass die verfassungswidrigen Aktivitäten für die Ausrichtung der Vereinigung derart prägend sind, dass mildere Maßnahmen keinen effektiven Schutz versprechen (BVerwG, Urteile vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 -‌ BVerwGE 180, 1 Rn. 121 und vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - juris Rn. 109). Art. 9 Abs. 2 GG steht weniger einschneidenden Eingriffen in die Grundrechte der Vereinigung als ihrem Verbot nicht entgegen, wie etwa einem Verbot bestimmter Tätigkeiten der Vereinigung und Maßnahmen gegen einzelne Mitglieder. Dazu zählen presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen, unabhängig davon, ob solche Maßnahmen im Vereinsrecht selbst, im sonstigen Sicherheits- und Ordnungsrecht oder auch im Strafrecht verankert sind (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 102). Für die Beurteilung, ob die für die Erfüllung eines Verbotstatbestands herangezogenen Tätigkeiten die Aktivitäten des Vereins prägen, kommt es nicht auf eine quantitative, sondern auf eine wertende Betrachtung an (BVerwG, Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 - BVerwGE 180, 1 Rn. 264). Da Vereinigungen etwaige verfassungsfeindliche Bestrebungen erfahrungsgemäß zu verheimlichen suchen, wird sich der vereinsrechtliche Verbotstatbestand in der Regel nur aus dem Gesamtbild ergeben, das sich aus einzelnen Äußerungen und Verhaltensweisen zusammenfügt. Der Umstand, dass diese Äußerungen und Verhaltensweisen gegebenenfalls einer mehr oder weniger großen Zahl unverfänglicher Sachverhalte scheinbar untergeordnet sind, besagt allein nichts über ihre Aussagekraft (BVerwG, Urteil vom 13. April 1999 - 1 A 3.94 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 30 S. 5).

28 Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab für ein Vereinsverbot ist Art. 9 Abs. 2 GG. Das bedeutet aber nicht, dass die Wertungen anderer Grundrechte im Rahmen der Prüfung an Art. 9 GG keine Berücksichtigung fänden. Denn ein Vereinigungsverbot wäre mit den Anforderungen des Grundgesetzes nicht zu vereinbaren, wenn es nur das Mittel wäre, Meinungsäußerungen oder Publikationen zu untersagen, die für sich genommen den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießen. Der Schutz durch andere Grundrechte darf von einem Vereinigungsverbot nicht unterlaufen werden (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 93 und 98). Umgekehrt ergibt sich aus der kollektiven Grundrechtsausübung aber auch kein weitergehender Grundrechtsschutz (BVerfG a. a. O. Rn. 113).

29 Im vorliegenden Fall sind bei der Prüfung des Verbotsgrundes des Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG insbesondere die Wertungen des Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Denn die Antragstellerin zu 1 und ihre Teilorganisation, die Antragstellerin zu 2, können sich als Presse- und Medienunternehmen auf die Presse- und Meinungsfreiheit berufen. Die von der Antragsgegnerin dem Vereinsverbot zugrunde gelegten und der Antragstellerin zu 1 zugerechneten Äußerungen werden vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG unabhängig davon erfasst, ob die einzelne Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <289>; Urteil vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 - BVerfGE 128, 226 <264 f.>). Die Meinungsfreiheit genießt bei Kritik an staatlichen Institutionen hohes Gewicht, weil das Grundrecht gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <293>). Über den Inhalt einer Äußerung hinaus erstreckt sich der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG auch auf ihre Form, so dass selbst polemische oder verletzend formulierte Äußerungen in den Schutzbereich des Grundrechts fallen (BVerfG, Beschlüsse vom 13. Mai 1980 - 1 BvR 103/77 - BVerfGE 54, 129 <138 f.> und vom 22. Juni 1982 - 1 BvR 1376/79 - BVerfGE 61, 1 <7 f.>). Insbesondere in der öffentlichen Auseinandersetzung, zumal im politischen Meinungskampf, vermittelt die Meinungs- und Pressefreiheit das Recht, auch in überspitzter Form Kritik zu äußern. Dass eine Aussage scharf und übersteigert formuliert ist, entzieht sie deshalb nicht dem Schutzbereich des Grundrechts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2009 - 2 BvR 2179/09 - NJW 2009, 3503 Rn. 3).

30 Als Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung einer in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallenden Äußerung muss ihr Sinn zutreffend erfasst worden sein (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 1996 - 1 BvR 262/91 - BVerfGE 94, 1 <9>). Da schon auf der Deutungsebene Vorentscheidungen über die rechtliche Zulässigkeit einer Äußerung fallen, ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur spezifische Anforderungen an die Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Gesetze, sondern bereits an die vorgelagerte Interpretation umstrittener Äußerungen (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <295>; BVerwG, Urteil vom 26. April 2023 ‌- 6 C 8.21 - BVerwGE 178, 246 Rn. 29). Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist daher weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <295> und Kammerbeschlüsse vom 25. März 2008 - 1 BvR 1753/03 - NJW 2008, 2907 <2908> sowie vom 24. September 2009 - 2 BvR 2179/09 - NJW 2009, 3503 Rn. 7). Der Wortlaut einer Äußerung legt ihren Sinn nicht abschließend fest, denn der objektive Sinn wird auch vom Kontext und den Begleitumständen einer Äußerung bestimmt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <295>). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung begleitender Umstände ergibt sich in besonderer Weise dann, wenn die betreffende Formulierung ersichtlich ein Anliegen in nur schlagwortartiger Form zusammenfasst (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 1. Dezember 2007 - 1 BvR 3041/07 - BVerfGK 13, 1 <5>).

31 Bei mehrdeutigen Äußerungen haben Behörden und Gerichte sanktionsrechtlich irrelevante Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen, bevor sie ihrer Entscheidung eine zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung zugrunde legen wollen (BVerfG, Beschlüsse vom 19. April 1990 - 1 BvR 40 und 42/86 - BVerfGE 82, 43 <52>, vom 9. Oktober 1991 - 1 BvR 1555/88 - BVerfGE 85, 1 <14>, vom 13. Februar 1996 - 1 BvR 262/91 - BVerfGE 94, 1 <9> und vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98 - BVerfGE 114, 339 <349>). Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin ist diese Interpretationsmaxime bei der Auslegung von Äußerungen auch im Rahmen der Überprüfung eines gegenüber einem Presse- und Medienunternehmen ausgesprochenen Vereinsverbots zugrunde zu legen. Denn andernfalls könnte - entgegen der verfassungsgerichtlichen Vorgaben (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 93, 98 und 113) – der Schutz der Pressefreiheit durch ein Vereinigungsverbot unterlaufen werden. Deshalb ist bei mehrdeutigen Äußerungen diejenige Variante zugrunde zu legen, die noch von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist. Insoweit ist bei der Auslegung von Äußerungen, die einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten, mit Blick auf das Gewicht des Grundrechts der Meinungsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und die grundsätzliche Vermutung für die Freiheit der Rede in der liberalen Demokratie nicht engherzig zu verfahren (BVerwG, Urteil vom 30. November 2022 - 6 C 12.20 - BVerwGE 177, 190 Rn. 61).

32 (2) In den von der Antragstellerin zu 1 verbreiteten Print- und Online-Publikationen lassen sich Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde finden. Hierbei geht es sowohl um eine demütigende Ungleichbehandlung deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund gegenüber denjenigen ohne Migrationshintergrund als auch darum, den Erstgenannten lediglich einen rechtlich abgewerteten Status zuzubilligen.

33 In den Publikationen der Vereinigung scheint ein an einer ethnischen "Volksgemeinschaft" orientiertes völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept auf. Dies zeigt sich darin, dass "ethnisch Fremde" ausgrenzend als bloße "Passdeutsche" bezeichnet werden und ihnen im Unterschied zu "Biodeutschen" bzw. "richtigen Deutschen" abgesprochen wird, im Rechtssinne vollwertige Teile des deutschen Volkes zu sein. Über die Zugehörigkeit zum deutschen Volk und den damit verbundenen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten soll danach nicht die deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden. Propagiert wird vielmehr ein an ethnischen Kriterien entwickelter Begriff des Volkes. Es ist jedoch in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass das Grundgesetz einen ausschließlich an ethnischen Kategorien orientierten Begriff des Volkes nicht kennt. Für die Zugehörigkeit zum deutschen Volk und den sich daraus ergebenden staatsbürgerlichen Status ist vielmehr die Staatsangehörigkeit von entscheidender Bedeutung (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 -‌ BVerfGE 144, 20 Rn. 690). Indiz für die sich aus der Vorstellung einer ethnisch definierten "Volksgemeinschaft" ableitende Missachtung der Menschenwürde sind zahlreiche der Vereinigung zurechenbare Positionierungen gegenüber Ausländern und Migranten, mit denen ihnen pauschal Negativeigenschaften und ein Hang zu Kriminalität zugeschrieben werden. Eng verbunden hiermit ist weiter das Narrativ einer angeblich gezielten "Umvolkung", welches von der Vereinigung gepflegt wird. Mit diesem wird die Gefahr beschrieben, künftig werde eine ethnisch nicht zugehörige Mehrheit gegen die Interessen der als herrschaftsberechtigt angesehenen ethnischen "Volksgemeinschaft" handeln. Als "Lösungskonzepte" zur Verhinderung bzw. Umkehr dieser Entwicklung werden sowohl ein rechtlich abgewerteter Status für bloße "Passdeutsche" als auch u. a. deren "Remigration" befürwortet, unter der die Rückabwicklung des Migrationsgeschehens der letzten Jahre ungeachtet einer zwischenzeitlich erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit verstanden wird. Hierbei orientiert sich die Vereinigung an den Plänen des österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner, die offensiv unterstützt werden.

34 Exemplarisch kommt dies nach Auffassung des beschließenden Senats in folgenden Veröffentlichungen zum Ausdruck: In dem von der Verbotsverfügung zitierten Beitrag von Manfred Kleine-Hartlage im Monatsmagazin (Ausgabe 3/2020) äußert dieser, ob jemand Deutscher sei, sei keine Frage der Staatsangehörigkeit. Dieser Autor schreibt regelmäßig für das COMPACT-Magazin (u. a. Kolumne "Hartlages BRD-Sprech" in jeder Ausgabe). Auch in seinem Gespräch mit Martin Sellner in der Ausgabe 8/2023 ("Querfront ohne Chance") bezeichnet er es als "unser strategisches und identitätsstiftendes Hauptziel als Rechte", die "ethnokulturelle Identität und Substanz unseres Volkes zu bewahren". Mehrere in der Verbotsverfügung im Wortlaut zitierte Beiträge des Autors Werner Bräuninger sprechen dieselbe Sprache (vgl. COMPACT-Magazin 3/2023 "Kriegsfurien und Klima-Gören" sowie Ausgabe 4/2023 "Braune Brühe").

35 Ferner definiert der Antragsteller zu 3 im Editorial der Ausgabe 10/2023 unter der Überschrift "Etwas zum Auswendiglernen" als Chefredakteur persönlich, was unter einem Volk zu verstehen sei ("Der Begriff Volk bewahrt den ethnischen Kern unserer Gemeinschaft. Und er ist die Grundlage für Demokratie <=Volksherrschaft>"). Dies bedeutet nichts Anderes, als dass zur demokratischen Teilhabe allein die der ethnischen "Volksgemeinschaft" als zugehörig angesehenen Personen berechtigt sein sollen. "Ausländer, Fremde" seien - im Unterschied zu "Menschen, die dieses Land mit aufgebaut und hier Wurzeln geschlagen" haben - bloß Zugewanderte und "Passdeutsche[n]". Zugleich erläutert er die Begriffe "Volksaustausch oder Umvolkung" ("Asylinvasion" sei keine "selbstablaufende Katastrophe oder Panne", sondern folge einem Plan oder Programm). Sein erklärtes Ziel der Definitionen ist es, die Begriffe vorzugeben, die verstärkt "in Umlauf" gebracht werden sollen, verbunden mit der Bitte um "ständige Wiederholung" durch die Leser. Auch in den Publikationen der Vereinigung werden diese Begriffe wiederholt.

36 Ausländer und Migranten werden regelmäßig in ihrer Gesamtheit herabsetzend als die ethnische "Volksgemeinschaft" in ihrer Existenz bedrohend beschrieben, wie etwa der Beitrag des Antragstellers zu 3 im COMPACT-Magazin 8/2023 ("Der Sommer der AfD") verdeutlicht ("unkontrollierte Zuwanderung, wieder auf ähnlicher Höhe wie im Katastrophenjahr 2015, zeigt in einer Kaskade von Messermorden ihr hässliches Gesicht"). Gezielt ist von "Messermännern" die Rede, wie die Zusammenstellung mehrerer Beiträge der Print- und Online-Publikationen der Vereinigung in der Verbotsverfügung zeigt, sowie von "Messereinwanderung" (etwa in COMPACT-Magazin Ausgabe 3/2023 "Das stille Morden an unseren Alten", Ausgabe 2/2023 "Berlin ist überall" und auf dem Titelbild der Ausgabe 8/2021). Den Ausländern und Migranten werden "Messermord[e]", "Gruppenvergewaltigungen" und "Mädchenmorde" zugeschrieben (etwa in COMPACT-Magazin Ausgabe 8/2023 im Editorial, Ausgabe 11/2023 "Die Asyl-Bombe" sowie COMPACT-Online vom 5. November 2023 zum Stichwort "COMPACT-Spezial Asyl. Die Flut"). Es heißt, die "Massenzuwanderung" ende in einem "unfassbaren Abgrund sexueller Gewalt", das ganze Land verwandele sich "in eine große Vergewaltigungszone, in der Frauen nunmehr Freiwild sind" (in COMPACT-Online vom 22. September 2023 "Unfassbar! 246 Gruppen-Vergewaltigungen in NRW"). In der Pauschalität solcher herabsetzenden Äußerungen, die sich gegen Asylbewerber und Migranten in ihrer Gesamtheit richten, liegt nicht nur eine grundsätzliche Kritik an der Einwanderungspolitik in zugespitzter und polemischer Form. Vielmehr ist die drastische Sprache unmittelbar an die Ausländer und Migranten adressiert und macht diese als nach ethnischen Kriterien ausgegrenzte Bevölkerungsgruppe verächtlich.

37 Überwiegendes spricht dafür, dass sich diese Äußerungen - soweit sie nicht ohnehin von dem Chefredakteur der Antragstellerin zu 1, dem Antragsteller zu 3, selbst stammen - der Antragstellerin zu 1 zurechnen lassen. Zwar ist von der Pressefreiheit auch die Entscheidung erfasst, ein Forum nur für ein bestimmtes politisches Spektrum - hier das rechtskonservative - bieten zu wollen, dort aber den Autoren große Freiräume zu gewähren und sich in der Folge nicht mit allen einzelnen Veröffentlichungen zu identifizieren (siehe BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <83 f., 86>). Hier deutet aber nichts darauf hin, dass die Publikationen der Vereinigung, insbesondere das COMPACT-Magazin, einen Markt der Meinungen eröffnen. Im Gegenteil beschreibt der Antragsteller zu 3 das Alleinstellungsmerkmal seiner Veröffentlichungen so, dass versucht werde, alle zusammen zu bringen, alle "mitzunehmen" und sich nicht "laufend unsinnig" voneinander abzugrenzen. Es dürfte auch "mal ein Fehler gemacht werden", "deshalb wird er nicht gleich verstoßen" (Auszüge aus "COMPACT - einzigartig in der Medienwelt", 13. Juni 2023). Diese Äußerung spricht nachdrücklich dafür, dass die Vereinigung hinter den Beiträgen der Autoren im COMPACT-Magazin steht.

38 Der rechtlich abgewertete Status für die - aus Sicht der Vereinigung - lediglich "Passdeutschen" offenbart sich vor allem in dem - vermeintlichen – "Lösungskonzept" der "Remigration", welches die Vereinigung in enger Anlehnung an die Pläne von Martin Sellner vertritt. Letzterer hat einen festen Platz im COMPACT-Magazin sowie im COMPACT-TV. Er beschließt jede Ausgabe des Magazins mit einem Schlusswort, tritt als Autor zahlreicher Beiträge auf und ist als Interviewpartner in den Print- und Onlineformaten sowie bei den Veranstaltungen omnipräsent. Im Zeitraum von November 2023 bis Anfang Januar 2024 erhielt er Gelegenheit, sein Konzept der Remigrationspolitik in einer Videoreihe mit einer Gesamtlänge von 100 Minuten vorzustellen. Im Frühjahr 2024 ist ihm - als Reaktion auf die veröffentlichten Recherchen von CORRECTIV (Geheimplan gegen Deutschland (correctiv.org), zuletzt abgerufen am 8. August 2024) – eine eigene COMPACT-Edition "Sellner - Mein Geheimplan" gewidmet worden. Die Publikationen der Vereinigung kommen regelmäßig und zustimmend auf Martin Sellner zurück; er wird als der wichtigste Vordenker der Rechten präsentiert. Sellner sei "Unser Held", dessen Strategie "gewaltfrei und rechtsstaatlich. Und: Sie ist machbar!" (COMPACT-Magazin Ausgabe 3/2024). Seine Ideen werden als "Feuerwerk des planmäßigen und gelungenen strategischen Denkens" beworben, die alle lesen sollten, "die unser Land retten wollen. Die Eroberung der Macht von Rechts ist möglich!". Die vorstehenden Umstände sprechen bei summarischer Prüfung dafür, dass die Vereinigung dessen Ideen bzw. Pläne gutheißt und sich vorbehaltlos zu Eigen macht; auch sie können der Antragstellerin zu 1 somit zugerechnet werden.

39 Das in der Videoreihe vorgestellte Konzept der Remigration differenziert zwischen drei Gruppen, und zwar "1. Asylanten, 2. Nichtstaatsbürger und Ausländer, 3. Leute mit einer deutschen Staatsbürgerschaft". Aus der Erläuterung des Konzepts wird deutlich, dass einem Teil der Personen innerhalb der dritten Gruppe elementare staatsbürgerliche Rechte vorenthalten und diese (dadurch) zur Ausreise angehalten werden sollen. Die Ausreisepläne betreffen in dieser Gruppe ca. sechs Millionen deutsche Staatsangehörige, die nicht hinreichend "assimiliert" seien ("eine fatale Migrationspolitik ohne Plan und Geleit führte dazu, dass es in Deutschland viele Millionen mit einer Staatsbürgerschaft gibt, die aber sich nicht als Deutsche identifizieren, nicht wie Deutsche verhalten, nicht wie Deutsche wählen, sondern aus ethnischem Interesse für ihre Enklaven wählen"). Remigration sei nicht nur das Abschieben von Illegalen, sondern ein umfassendes Konzept, "das sowohl Asylanten, also Asylbetrüger, Ausländer, als auch nicht assimilierte Staatsbürger im Fokus hat". Die "Remigrationspolitik" sei nötig, "um den Bevölkerungsaustausch aufzuhalten". Propagiert wird eine "vollkommen gerechte ethnopluralistische Maßnahme in Verbindung mit starkem Druck auf fremde Parallelgesellschaften". Der starke Druck auf die nicht hinreichend "assimilierten" deutschen Staatsangehörigen meint danach eine "Politik der Deislamisierung", bei der fremde Kulturen im öffentlichen Raum, fremde Speiseangebote, fremde Feiertage, fremde Sprachen sowie fremde Flaggen verboten würden und den Fremden auch untersagt werden müsse, sich politisch im Land zu betätigen oder zu demonstrieren. Durch den "kulturellen Druck, wirtschaftlichen Druck oder kriminologischen Druck", durch "Gesetzesänderungen, Verschärfung von Gesetzen, Umsetzung von Gesetzen, Umkehr auch in der [der] Push-and-Pull-Faktoren, Abschalten aller wirtschaftlicher Anreize in einem längeren Zeitraum" werde eine "Remigration, eine freiwillige Heimkehr" erreicht. Der Druck soll ausdrücklich auch auf einen Teil der deutschen Staatsangehörigen ausgeübt werden, die zugleich über eine weitere Staatsangehörigkeit verfügen, und "unserm Land schaden".

40 In der Gesamtbetrachtung deuten diese - mitunter subtilen - Indizien darauf hin, dass mit dem an die ethnische "Volksgemeinschaft" anknüpfenden "Remigrationskonzept" nicht eine durch unterschiedliche Staatsangehörigkeiten veranlasste (legitime) Differenzierung angestrebt wird. Auch geht es nicht nur um beschleunigte Abschiebungen auf der Grundlage asyl- und ausländerrechtlicher Entscheidungen. Vielmehr ist über eine - schon für sich genommen gegen die Menschenwürde verstoßende - demütigende Ungleichbehandlung hinaus eine Rechtsverweigerung für einen Teil der deutschen Staatsangehörigen vorgesehen. Diesem Personenkreis sollen grundlegende Rechte wie Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit versagt sein; im Grunde soll jegliches Fremdsein unterdrückt und verwehrt werden. Den Betroffenen wird damit anknüpfend an ihre ethnische Herkunft, an ihre Religionsausübung und letztlich auch an Gesichtspunkte wie "Rasse" der soziale Achtungsanspruch aberkannt; sie werden nicht als gleichberechtigte Mitglieder in der rechtlich verfassten Gemeinschaft angesehen. Die Erklärungsversuche, die die Antragsteller dieser Deutung ihrer Veröffentlichungen entgegensetzen, überzeugen nicht, wie die Antragsgegnerin ausführlich dargelegt hat.

41 (3) Es spricht Überwiegendes dafür, dass die Vereinigung mit der ihr eigenen Rhetorik in zahlreichen Beiträgen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen einnimmt. Die gegen die Achtung der Menschenwürde verstoßenden demütigenden Äußerungen und zu elementarer Rechtsungleichheit führenden Konzepte werden in den Print- und Online-Publikationen der Vereinigung fortwährend aufgegriffen. Hierbei wird mit wiederkehrenden Schlagworten und Begriffen gearbeitet, "um die Leute auf die richtigen Gedanken zu bringen", wie die dargestellte Aufforderung zum Auswendiglernen klar formuliert. Die für erstrebenswert gehaltene "Volksgemeinschaft", die sich nach ethnischen Kriterien definieren soll, wird ständig mit emotionalisierenden Formulierungen als in ihrer Existenz bedroht beschrieben, die eine besondere Dringlichkeit des Handelns aufzeigen (etwa "Asyl-Bombe", "Tsunami", "Flut", "Invasion"). Zugleich wird in drastischen Worten die Notwendigkeit betont, der angeblich gezielten "Umvolkung" durch das "Regime", das "System" bzw. durch die "Volksfeinde" etwas entgegenzusetzen. Als zentrales Stilmittel dienen personifizierte Feindbilder; parallel hierzu werden den Rezipienten Handlungsoptionen in verbaler Militanz aufgezeigt ("Kampf", "Umsturz", "Krieg"). Bei einer Gesamtbetrachtung offenbart diese Rhetorik die Tendenz, das Vertrauen zu den Institutionen und Repräsentanten des demokratischen Staates in der Bevölkerung von Grund auf zu erschüttern und die für die verfassungsmäßige Ordnung elementare (Rechts-)Gleichheit aller Staatsbürger als eine zu überwindende Fehlentwicklung darzustellen. Die bewusste Radikalisierung der Rezipienten ist auf ein Wirksamwerden der verfassungsfeindlichen Ideologie in der Gesellschaft gerichtet. Dadurch wird die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend untergraben.

42 (4) Zweifel bestehen jedoch, ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge in den dem Senat derzeit vorliegenden Ausgaben des COMPACT-Magazins ab dem Jahr 2022 die Art. 1 Abs. 1 GG verletzenden Passagen für die Ausrichtung der Antragstellerin zu 1 insgesamt derart prägend sind, dass das Vereinsverbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist. Entscheidend ist hierbei nicht deren Verhältnis zum Gesamtinhalt einer Ausgabe der Zeitschrift oder einer Sendung. Abzulehnen ist auch der Ansatz der Antragsteller, beanstandete einzelne Äußerungen nach Art und Zahl in Vergleich zur Gesamtzahl der der Vereinigung zuzurechnenden Äußerungen zu setzen. Vielmehr kommt es auf eine Bewertung der gesamten Aktivitäten der Vereinigung an.

43 Hierbei ergibt schon die wertende Betrachtung des COMPACT-Magazins als dem zentralen Betätigungsfeld der Antragstellerin zu 1 kein eindeutiges Bild. Es ähnelt in seiner Aufmachung und Gestaltung anderen den Printmarkt dominierenden - und hinsichtlich ihrer Verfassungsfeindlichkeit unverdächtigen - Magazinen. Neben einem zentralen Titelthema, das zumeist in der Covergestaltung erkennbar wird, werden weitere aktuell-politische Themen abgehandelt. Die auf dem Cover verwendeten Bilder sind reißerisch gewählt. Hierin - wie die Verbotsverfügung - bereits eine Delegitimierung des demokratischen Systems zu sehen, geht aber im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Meinungs- und Pressefreiheit deutlich zu weit. Diese erlaubt insbesondere auf einem zum Kauf animierenden Cover auch zugespitzte, plakative und polemische Überschriften und Bilder. Seinem Inhalt nach enthält das Monatsmagazin entsprechend seiner Ausrichtung als rechtskonservatives Magazin zwar zahlreiche Beiträge und feste Kolumnen ("Hartlages BRD-Sprech" oder "Sellners Revolution"), in denen sich die aufgezeigten Anhaltspunkte für eine gegen die Menschenwürde verstoßende aggressiv-kämpferische Haltung finden lassen. Eigenständig werden daneben aber auch andere Schwerpunkte gesetzt ("Dossier", "Leben"). In diesem Teil der Ausgaben werden - oftmals feuilletonartig - allgemeingesellschaftliche Themen erörtert. In den genannten Rubriken finden sich Filmkritiken oder Buchbesprechungen, dort werden Personen der Zeitgeschichte porträtiert, sportliche Ereignisse und sogar archäologische Funde vorgestellt. Selbst wenn in solchen Beiträgen gelegentlich ebenfalls rhetorische Formulierungen Eingang finden, die auf den ethnischen Volksbegriff der Vereinigung hindeuten, dürften sie in weiten Teilen nicht zu beanstanden sein.

44 Die über das Magazin hinausgehenden Print- und Online-Publikationen liegen dem Senat bisher nur vereinzelt bzw. in Auszügen vor. Zu den sonstigen Aktivitäten der Vereinigung - u. a. der (Mit-)Organisation der Veranstaltungen (Konferenzen, Sommerfeste, Spendengala usw.), der Produktpalette und Ausrichtung des Online-Shops, der Ausgestaltung der kostenpflichtigen Clubmitgliedschaft - dürften sich erst aus der Auswertung der bei dem Vollzug des Verbots sichergestellten Asservate weitere Erkenntnisse ergeben. Entgegen der Ansicht der Antragsteller dürfen die Ermittlungen nach § 4 VereinsG auch nach Erlass des Vereinsverbots fortgeführt werden, um weitere Beweismittel im Anfechtungsprozess vorlegen zu können. Denn den Verbotsbehörden sind im Hinblick auf die Besonderheiten der Materie Aufklärungsbefugnisse eingeräumt, die denen der Staatsanwaltschaft ähnlich sind. Der Schwerpunkt der Ermittlungstätigkeit der Verbotsbehörden wird vor dem Erlass der Verbotsverfügung liegen. Unbeschadet der gerichtlichen Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO sind diese aber auch danach zu weiteren Ermittlungen berechtigt (ausführlich BVerwG, Beschluss vom 9. Februar 2001 - 6 B 3.01 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 33 S. 30 f. m. w. N.). Umstände, die sich aus diesen weiteren Ermittlungen ergeben, können bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verbotsverfügung herangezogen werden, sofern sie (noch) für den Zeitpunkt ihres Erlasses aussagekräftig sind (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 -‌ BVerwGE 180, 1 Rn. 64 m. w. N.).

45 Ob die gesamten Aktivitäten der Vereinigung - selbst die in der Verbotsverfügung weiter genannten antisemitischen Äußerungen und die Vernetzung mit dem rechtsextremistischen Spektrum als tragfähig unterstellt und miteinbezogen - von den die Erfüllung des Verbotstatbestandes begründenden Tätigkeiten geprägt ist, so dass sich ihr Verbot als verhältnismäßig erweist, lässt sich mithin derzeit nicht abschließend beurteilen.

46 b. Vor dem Hintergrund der bisherigen Darlegungen gebietet eine Abwägung der widerstreitenden Interessen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Denn die Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung der Verbotsverfügung wäre mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nur dann vereinbar, wenn die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Rechtsbeeinträchtigung der Antragstellerin zu 1 mit hinreichend gewichtigen Gründen des Allgemeinwohls zu rechtfertigen wäre. Diese Voraussetzung liegt nicht vor.

47 Das Interesse der Antragstellerin zu 1 an der Aussetzung der Vollziehung speist sich vor allem aus ihrer Betätigung als Presse- und Medienunternehmen. Erwiese sich die Verbotsverfügung im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig, wäre die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs außerordentlich erschwert, weil sich die Angestellten, Kunden und die Werbepartner unterdessen anderweitig gebunden haben könnten. Da die sofortige Vollziehung des Vereinsverbots zu der sofortigen Einstellung des gesamten Print- und Onlineangebots führt, das den Schwerpunkt der Tätigkeit der Antragstellerin zu 1 ausmacht, kommt ihr auch im Hinblick auf die Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG ein besonderes Gewicht zu. Dahinter tritt das von der Antragsgegnerin angeführte Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung des Verbots der Vereinigung, die einen Verbotsgrund verwirklicht, bei einer Abwägung zurück.

48 Dem Anliegen der Antragsgegnerin, die Fortsetzung der Tätigkeiten der Vereinigung auf Dauer zu unterbinden, die Anlass der erlassenen Verbotsverfügung sind, sowie Beweismittel und Vermögensgegenstände zu sichern, kann bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache in ausreichendem Maße durch die in der Beschlussformel bezeichneten Maßgaben Rechnung getragen werden. Diese dienen der Sicherung der Beweismittel für das anhängige Hauptsacheverfahren, indem sie der Antragsgegnerin die Fortführung der weiteren Ermittlungen nach § 4 VereinsG ermöglichen. Waffen bzw. waffenähnliche Gegenstände, die ausweislich der Asservatenliste bei dem Vollzug des Vereinsverbots auch sichergestellt und beschlagnahmt worden sind (u. a. eine Machete), sind aus Gründen der Gefahrenabwehr von der Rückgabe ausgenommen. Sollten sich die tatsächlichen Verhältnisse ändern, bleibt es den Beteiligten unbenommen, einen Änderungsantrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu stellen.

49 Ergänzend hierzu treten presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen, unabhängig davon, ob solche Maßnahmen im Vereinsrecht selbst, im sonstigen Sicherheits- und Ordnungsrecht oder auch im Strafrecht verankert sind, die während der Dauer des Hauptsacheverfahrens berechtigten öffentlichen Interessen zur Geltung verhelfen können.

50 Der Senat sieht davon ab, die Aufhebung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO anzuordnen, weil dafür kein Anlass besteht. Es ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin die erforderlichen Maßnahmen gegenüber den mit dem Vollzug des Vereinsverbots ersuchten Polizeibehörden der Länder von sich aus vornimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2003 - 6 VR 10.02 -‌ juris Rn. 44).

51 2. Demgegenüber sind die Anträge der Antragsteller zu 2 bis 10 unbegründet, da die in der Verbotsverfügung angeführte Begründung für die sofortige Vollziehung den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt (a.) und das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse dieser Antragsteller überwiegt. Ihre Klagen haben voraussichtlich keinen Erfolg (b.). Gründe, gleichwohl von dem sofortigen Vollzug abzusehen, sind nicht ersichtlich (c.).

52 a. Die Begründung der Verbotsbehörde für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verbotsverfügung genügt den dafür geltenden Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Das BMI legt in der Verbotsverfügung dar, dass hiermit das Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen, nicht veröffentlichten Unterlagen oder Propagandamaterial und dergleichen, die Grundlage für die Tätigkeit der COMPACT-Magazin GmbH einschließlich ihrer Teilorganisation CONSPECT FILM GmbH seien, sowie das spätere Fortsetzen derselben verfassungswidrigen Tätigkeit unterbunden werden sollen. Diese Ausführungen sind hinreichend konkret und auf den Einzelfall bezogen.

53 b. Die Klagen der Antragsteller zu 2 bis 10 haben bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg. Sie sind zulässig, wobei für die Bejahung der Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO zugunsten der Antragsteller zu 5 bis 10 unterstellt wird, dass diese Mitglieder der Vereinigung sind. Die Klagen sind aber voraussichtlich unbegründet (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

54 aa. Die Antragstellerin zu 2 kann als nichtgebietliche Teilorganisation lediglich eine dieser Rechtsstellung angepasste Rechtmäßigkeitsprüfung der Verbotsverfügung verlangen. Sie wird nach § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG, ohne selbst einen Verbotsgrund erfüllen zu müssen, allein aufgrund ihrer Identität mit dem Gesamtverein von dessen Verbot erfasst. Vor dem Hintergrund ihrer hiernach eingeschränkten Berechtigung aus Art. 9 Abs. 1 GG wird eine vorgebliche Teilorganisation eines verbotenen Vereins im Rahmen einer von ihr gegen die Verbotsverfügung erhobenen Anfechtungsklage grundsätzlich nur mit dem Einwand gehört, dass sie keine Teilorganisation des Gesamtvereins sei. Vor allem ist es ihr versagt, sich darauf zu berufen, dass sie keinen Verbotsgrund erfülle. Dabei bestreitet eine als Teilorganisation in Anspruch genommene Vereinigung auch mit dem Vorbringen, der verbotene Gesamtverein habe zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht (mehr) existiert, der Sache nach ihre Eigenschaft als Teilorganisation dieses Vereins. Ferner kann einer derartigen Vereinigung nicht die Prüfung verwehrt werden, ob es - insbesondere aus Gründen der Verhältnismäßigkeit - geboten gewesen wäre, sie gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 VereinsG von dem Vereinsverbot auszunehmen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - BVerwGE 180, 185 Rn. 121 f. m. w. N.).

55 Im Hinblick auf dieses beschränkte Prüfprogramm ist ein Erfolg der Klage der Antragstellerin zu 2 fernliegend. Sie ist - wie dargelegt - eine nichtgebietliche Teilorganisation der auch noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung existierenden Antragstellerin zu 1. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin zu 2 gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 VereinsG von dem Verbot auszunehmen wäre, bestehen ebenfalls nicht.

56 bb. Auch der gerichtliche Prüfungsumfang der Anfechtungsklagen der Antragsteller zu 3 bis 10 ist ihrer - zu ihren Gunsten unterstellten - Rechtsstellung als Mitglieder angepasst. Sie können unter Berufung auf ihre allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG lediglich eine Prüfung erreichen, ob ihnen durch die Auflösung der Vereinigung zu Recht die Möglichkeit entzogen worden ist, sich als Angehörige dieses Personenzusammenschlusses wie bisher zu betätigen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Vereinigung nicht die in § 2 Abs. 1 VereinsG genannten Strukturmerkmale aufweist oder mangels Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes nicht auf der Grundlage des § 3 Abs. 1 VereinsG hätte verboten werden können. Trifft dies zu, ist der Verbotsbescheid aufzuheben, andernfalls ist die Klage abzuweisen, ohne dass das Vorliegen von Verbotsgründen nach § 3 Abs. 1 VereinsG oder die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheids zu prüfen wäre. Auch die Zuständigkeit der Verbotsbehörde wird in diesem Verfahren nicht geprüft (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020 - 6 A 1.19 - BVerwGE 167, 293 Rn. 25 m. w. N.). In Ansehung dieses beschränkten Prüfprogramms sind die Klagen nach den bisherigen Ausführungen unbegründet.

57 c. Besondere Umstände des Einzelfalls, die es bei offensichtlicher Erfolglosigkeit der Hauptsacheverfahren dennoch gebieten könnten, in Abwägung der betroffenen Interessen der Verbotsbehörde und der Antragsteller zu 2 bis 10 von der Anordnung der sofortigen Vollziehung abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

58 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenverteilung berücksichtigt das Maß des Obsiegens und Unterliegens der Antragsteller sowie deren wertmäßig unterschiedliche Beteiligung an dem Rechtsstreit. Den in Bezug auf das Obsiegen der Antragstellerin zu 1 gemachten Maßgaben kommt insoweit nur eine zu vernachlässigende Bedeutung zu (BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2014 - 6 VR 1.14 - juris Rn. 14).

59 4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. den Ziffern 45.1.2 und 45.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der sich hiernach ergebende Betrag (1 x 30 000 € für die Antragstellerin zu 1, 1 x 30 000 € für die Antragstellerin zu 2 und 8 x 5 000 € für die Antragsteller zu 3 bis 10) ist mit Blick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung zu halbieren (entsprechend Ziffer 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs, vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 2018 - 1 VR 14.17 - juris Rn. 35).

Urteil vom 24.06.2025 -
BVerwG 6 A 4.24ECLI:DE:BVerwG:2025:240625U6A4.24.0

Leitsätze:

1. Auch Presse- und Medienunternehmen können als Wirtschaftsvereinigungen auf der Grundlage des Vereinsgesetzes verboten werden.

2. Auch bei einem Presse- und Medienunternehmen dürfen Verbotsbehörde und Gerichte insoweit an Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpfen, als diese Ausdruck des Bestrebens sind, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen. Auch wenn sie weder rechtswidrig noch strafbar sind, können sie als Indizien für ein Vereinsverbot herangezogen werden.

3. Bei mehrdeutigen Äußerungen haben Behörden und Gerichte der Prüfung eines Vereinsverbots die noch von der Meinungsfreiheit gedeckte Auslegungsvariante zugrunde zu legen.

4. Die Frage der Prägung einer Vereinigung durch ihre von den Verbotsgründen des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 GG erfasste Zwecksetzung, Tätigkeit oder Ausrichtung ist der Ort, an dem den von einem Vereinsverbot mitbetroffenen grundrechtlichen Freiheiten das vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Gewicht zu verschaffen ist.

  • Rechtsquellen
    VwVfG § 28 Abs. 2 Nr. 1
    VereinsG § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 3 Abs. 3, § 17 Nr. 1 Alt. 1, § 32
    GG Art. 3 Abs. 3, Art. 5, 9 Abs. 2 Alt. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 21 Abs. 2 und 3, Art. 73 Abs. 1 Nr. 2 und 7, Art. 74 Abs. 1 Nr. 3, Art. 79 Abs. 3

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 24.06.2025 - 6 A 4.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:240625U6A4.24.0]

Urteil

BVerwG 6 A 4.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. und 11. Juni 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Steiner und Dr. Gamp am 24. Juni 2025 für Recht erkannt:

  1. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Kläger zu 2 bis 10 ihre Klagen zurückgenommen haben.
  2. Der Bescheid des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 5. Juni 2024 wird aufgehoben.
  3. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 2 zu 3/10, die Kläger zu 3 bis 10 zu je 1/20 und die Beklagte zu 3/10. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 trägt die Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Klägerin zu 2 zu 1/5 und die Kläger zu 3 bis 10 zu je 1/16; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen die Verfügung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) vom 5. Juni 2024, mit der die Klägerin zu 1 und die Klägerin zu 2 als deren Teilorganisation auf der Grundlage des Vereinsgesetzes verboten wurden.

2 Die Klägerin zu 1 ist ein im Jahre 2010 in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründetes Unternehmen. Der Unternehmensgegenstand besteht in der Herausgabe eines Magazins sowie weiterer Publikationen und in der Organisation von damit im Zusammenhang stehenden Veranstaltungen sowie Filmproduktionen. Die Klägerin zu 1 verlegt die Monatszeitschrift "COMPACT-Magazin für Souveränität" (Auflage: 40 000 Exemplare pro Monat, im Folgenden COMPACT-Magazin) sowie weitere mehrmals pro Jahr erscheinende Print-Formate (u. a. COMPACT.Spezial, COMPACT.Geschichte). Außerdem ist die Klägerin zu 1 im Internet präsent. Neben einer eigenen Webseite mit einem Onlineshop und diversen Social Media-Kanälen veröffentlicht sie über ihren YouTube-Kanal in verschiedenen Rubriken fernsehähnliche Beiträge (COMPACT-TV). Vor allem erscheint dort werktäglich die Nachrichtensendung COMPACT.DerTag, die bis zu 460 000 Klicks pro Video verzeichnet. Darüber hinaus organisiert die Klägerin zu 1 (Protest-)Veranstaltungen, Demonstrationen und Kampagnen. Ferner bietet sie eine kostenpflichtige Mitgliedschaft in ihrem COMPACT.Club an. Im Wahljahr 2024 tourte sie mit einer mobilen Bühne unter dem Slogan "Die blaue Welle rollt" durch verschiedene Bundesländer.

3 Anteilseigner der Klägerin zu 1 sind der Kläger zu 3 sowie der Kläger zu 5. Seit ihrer Gründung und bis September 2024 befand sich der Sitz der Gesellschaft im Land Brandenburg, seither liegt er in Sachsen-Anhalt.

4 Der Gesellschaftszweck der im März 2021 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründeten, zwischenzeitlich aufgelösten und in Liquidation befindlichen Klägerin zu 2 bestand in der Produktion und in dem Vertrieb von Filmen und Videos. Sie produzierte für die Klägerin zu 1 COMPACT-TV, insbesondere die genannte Nachrichtensendung mit den Außenaufnahmen, Interviews und Talkrunden. Neben der Klägerin zu 1 waren der Kläger zu 3, die Klägerin zu 4 sowie der Kläger zu 6 an der Klägerin zu 2 beteiligt.

5 Der Kläger zu 3 ist Geschäftsführer der Klägerin zu 1 und zugleich Chefredakteur des COMPACT-Magazins, die Klägerin zu 4 war Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. Inzwischen ist sie ihre Liquidatorin. Der Kläger zu 5 ist als Prokurist bei der Klägerin zu 1 angestellt. Die Kläger zu 6 bis 10 sind als Redakteure bzw. kaufmännische Angestellte bei der Klägerin zu 1 beschäftigt.

6 Mit Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024 stellte das BMI unter Berufung auf Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 17 Nr. 1 Alt. 1 VereinsG ohne vorherige Anhörung fest, dass die Klägerin zu 1 und ihre Teilorganisation sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richteten, deshalb verboten würden und aufgelöst seien. Das Bereitstellen und Hosten, der Betrieb sowie die weitere Verwendung bestimmter Online-Angebote seien verboten. Auch die Bildung von Ersatzorganisationen und die Fortführung bestehender Organisationen als Ersatzorganisationen sei untersagt. Die Kennzeichen des Vereins und seiner Teilorganisation dürften weder verbreitet noch veröffentlicht oder in einer Versammlung verwendet werden. Das im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes vorhandene Vermögen der Klägerin zu 1 einschließlich ihrer Teilorganisation sowie näher bezeichnete Forderungen und Sachen Dritter würden beschlagnahmt und eingezogen. Die sofortige Vollziehung der Verfügung mit Ausnahme der Einziehungsanordnungen werde angeordnet. Die Verbotsverfügung war adressiert an den Verein COMPACT-Magazin GmbH und die Teilorganisation CONSPECT FILM GmbH, zu Händen der Kläger zu 3 bis 10.

7 Zur Begründung führte das BMI aus, die Klägerin zu 1 stelle einen Verein i. S. d. § 2 Abs. 1 VereinsG dar. Es handele sich um einen Zusammenschluss natürlicher Personen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die organisierte Willensbildung sei aufgrund der Gesellschaftsstruktur und den damit zusammenhängenden Regelungen gewährleistet. Offizieller Zweck sei die Herausgabe des COMPACT-Magazins. Die Klägerin zu 2 sei in die Klägerin zu 1 derart eingegliedert, dass sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als bloße Gliederung dieses Vereins, d. h. als eine Teilorganisation erscheine. Das BMI sei zuständig, da sich die Organisation und Tätigkeit der Vereinigung über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckten. Die Vereinigung lehne nach ihren Zwecken und ihrer Tätigkeit die verfassungsmäßige Ordnung ab. Die Klägerin zu 1 weise eine verfassungsfeindliche Grundhaltung auf. Sie äußere sich offen rassistisch, antisemitisch, fremden-, migranten-, muslimen- und minderheitenfeindlich und verbreite - vornehmlich in Sonderheften - geschichtsrevisionistische Thesen.

8 Die Vereinigung propagiere ein völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept. Dies zeige sich in zahlreichen Beiträgen ihrer Printausgaben sowie in den Online-Formaten, die die Verbotsverfügung exemplarisch aufführt. Hierzu gehöre, dass sie sich der Narrative des "Großen Austauschs" bzw. "Bevölkerungsaustauschs", des "Volksaustauschs" und der "Ersetzungsmigration" bediene sowie die "Remigration" und die "Re-Tribalisierung" als Lösungskonzepte zum Erhalt eines ethnisch-homogenen Volkes präsentiere. In zahlreichen Veröffentlichungen offenbare sich Fremden- und Migrantenfeindlichkeit. Insbesondere Zugewanderten mit muslimischem Hintergrund würden Negativeigenschaften zugeschrieben. Weiterhin verbreite die Klägerin zu 1 in zahlreichen Veröffentlichungen antisemitische Inhalte. Vorrangig handele es sich um Ausprägungen des politischen und sekundären Antisemitismus. Die Äußerungen zielten darauf ab, Juden aufgrund ihres Jüdischseins zu misstrauen und sie aus der Gesellschaft auszugrenzen.

9 Die Vereinigung sei außerdem im rechtsextremistischen Spektrum vernetzt. Über den Kläger zu 6 pflege sie eine enge Verbindung zur Identitären Bewegung. Mit ihren Kontakten zu Martin Sellner verfüge die Vereinigung über einen reichweitenstarken und einflussreichen Akteur der Neuen Rechten. Dieser fungiere zugleich als Leitfigur der gesamten deutschsprachigen Identitären Bewegung. Verbindungen bestünden auch zu der unter dem Verdacht des Rechtsextremismus stehenden Partei Alternative für Deutschland (AfD) und zu deren rechtsextremistischer Jugendorganisation Junge Alternative (JA). Mit der Veranstaltungsreihe "Die Blaue Welle rollt" biete die Vereinigung führenden AfD-Funktionären eine Bühne. Sie berichte in ihren Medien wohlwollend über die JA. Auch zur rechtsextremistischen Partei Die Heimat, ehemals Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), bestünden enge Beziehungen. Einige Mitarbeiter der Klägerin zu 1 stammten aus der ehemaligen NPD oder wiesen Bezüge zu der Partei Die Heimat auf. Beispielsweise sei der Kläger zu 7 unter einem Aliasnamen bei der Klägerin zu 1 als "Chef vom Dienst" tätig und habe bis 2014 als Pressesprecher der NPD-Fraktion in Sachsen gearbeitet. Auch der der Vereinigung zurechenbare Mitarbeiter Arne Schimmer agiere unter einem Aliasnamen und habe einen einschlägigen Vorlauf in der NPD. Er sei von 2009 bis 2014 NPD-Abgeordneter im Sächsischen Landtag gewesen. Bezüge gebe es ferner zu der rechtsextremistischen Regionalpartei Freie Sachsen. Außerdem seien in den Publikationen der Vereinigung regelmäßig Beiträge von Autoren der Zeitschrift "Sezession" erschienen, dem Publikationsorgan des bis April 2024 bestehenden rechtsextremistischen "Instituts für Staatspolitik".

10 Bei der Verwirklichung der verfassungsfeindlichen Ziele nehme der Verein eine aggressiv-kämpferische Haltung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung ein. Deutlich werde dies an einzelnen Äußerungen, die darauf abzielten, das politische System zu stürzen, und an der Agitation in den Publikationen, bei der personifizierte Feindbilder von führenden demokratisch legitimierten Repräsentanten geschaffen würden. Das demokratische System werde fortlaufend delegitimiert. Innerhalb und außerhalb der Vereinigung sei die Einflussnahme und Indoktrination bereits wirksam geworden. Auch finde ein gezieltes Werben um junge Menschen statt.

11 Die verfassungsfeindlichen Haltungen und Äußerungen prägten die Vereinigung. Die Beiträge in den Veröffentlichungen der Klägerin zu 1 seien dieser zuzurechnen. Es werde kein "Markt der Meinungen" eröffnet. Bei einer Gesamtbetrachtung überwögen die verfassungsfeindlichen Positionen in den Publikationen, auch wenn in Teilen eine neutrale Berichterstattung erfolge.

12 Das Verbot sei verhältnismäßig. Die Klägerin zu 1 missbrauche ihre Medienerzeugnisse gezielt als Sprachrohr, um ihre verfassungsfeindliche Zielsetzung reichweitenstark zu verbreiten. Dieses Vorgehen berge ein beachtliches Gefährdungspotential. Dahinter müssten insbesondere die Meinungs-, Presse- und Rundfunkfreiheit bei einer Abwägung zurücktreten. Gegen Art. 10 und Art. 11 EMRK verstoße das Verbot nicht, weil sich die Klägerin zu 1 nicht auf den durch die Konvention gewährten Schutz berufen könne.

13 Gegen die am 16. Juli 2024 zugestellte Verbotsverfügung haben die Kläger am 24. Juli 2024 Klage erhoben. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen aus, das Verbot ziele auf ein Totalverbot von Presse- und Medienerzeugnissen. Es konstruiere dafür ein rechtsextremistisches Netzwerk in Form eines Vereins. Die unternehmerische Betätigung der Klägerin zu 1 genieße den Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Für das Presse- und Medienrecht liege die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern. Das Vereinsgesetz dürfe nicht so ausgelegt und angewendet werden, dass diese Gesetzgebungskompetenz unterlaufen werde. Der Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung sei bei einem Unternehmen, dessen Hauptzweck in der Publikation von Presseerzeugnissen i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG liege, nicht anwendbar. Jedenfalls seien dessen tatbestandliche Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Klägerin zu 1 habe schon keine verfassungsfeindliche Grundhaltung. In den Inhalten der von ihr herausgegebenen Medien werde kein unzulässiger rassistischer Volksbegriff propagiert und es finde auch keine generelle rassistisch-abstammungsmäßige Diskriminierung statt. Fremdkulturelle Einflüsse würden in den Publikationen gleichfalls nicht unterdrückt. Die unter dem Stichwort der "Remigration" erhobenen Ausweisungsforderungen seien zulässig. Jedenfalls sei das Verbot der Klägerin zu 1 und der Klägerin zu 2 als ihrer angeblichen Teilorganisation unverhältnismäßig. Zumindest sei die Vermögenseinziehung unzulässig.

14 Nachdem die Kläger zu 2 bis 10 im Termin zur mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen haben, beantragt die Klägerin zu 1,
die Verfügung des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 5. Juni 2024 (Aktenzeichen: ÖSII 3-20106/2#24) aufzuheben.

15 Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

16 Sie verteidigt die angefochtene Verbotsverfügung und verweist ergänzend auf die im Laufe des Verfahrens eingereichten weiteren Belege.

17 Der Senat hat mit Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - (NVwZ 2024, 1764) der Klägerin zu 1 vorläufigen Rechtsschutz gewährt und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage mit bestimmten Maßgaben angeordnet.

18 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte mit den Niederschriften über die mündliche Verhandlung, die von den Klägern und der Beklagten vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen sowie die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Insbesondere wird auf die darin enthaltenen Screenshots von der Webseite der Klägerin zu 1 mit dem damaligen Inhalt sowie auf die zusätzlich übersandten Videodateien verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben.

II

19 Soweit die Kläger zu 2 bis 10 die Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).

20 Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin zu 1, über die das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 Abs. 1 Nr. 2 VwGO erst- und letztinstanzlich entscheidet, hat in der Sache Erfolg. Die angefochtene Verbotsverfügung des BMI vom 5. Juni 2024 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin zu 1 in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1 ist das Vereinsgesetz anwendbar. Regelungsgegenstand des angefochtenen Bescheides ist nicht das Verbot bestimmter COMPACT-Medien, sondern ein vereinsrechtliches Verbot der hinter dem Presse- und Medienunternehmen stehenden Klägerin zu 1 (der COMPACT-Magazin GmbH) sowie der als deren Teilorganisation angesehenen Klägerin zu 2 (der CONSPECT FILM GmbH) (1.). Die Verbotsverfügung ist nach der für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Rechtslage (2.) formell rechtmäßig (3.). Jedoch sind nicht alle materiellen Voraussetzungen für ein Vereinsverbot erfüllt, weshalb der Bescheid vom 5. Juni 2024 aufzuheben war (4.).

21 1. Das Vereinsgesetz kommt als Rechtsgrundlage für ein Verbot einer Organisation wie der Klägerin zu 1 in Betracht. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts (Vereinsgesetz - VereinsG) vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. November 2020 (BGBl. I S. 2600), darf ein Verein als verboten (Art. 9 Abs. 2 GG) behandelt werden, wenn durch Verfügung der Verbotsbehörde festgestellt ist, dass dessen Zwecke oder Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen (Alt. 1) oder sich dieser gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Alt. 2) oder den Gedanken der Völkerverständigung (Alt. 3) richtet; in der Verfügung ist die Auflösung des Vereins anzuordnen. Das BMI stützt das Verbot der Klägerin zu 1 und ihrer Teilorganisation allein auf den Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG). Das gleichzeitig ausgesprochene Verbot der Internetpräsenz einschließlich deren Bereitstellung ergibt sich aus der Natur des Vereinsverbots und der Auflösungsanordnung, ohne dass es einer eigenen Rechtsgrundlage bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 18; Beschluss vom 4. Mai 2017 - 1 VR 6.16 - juris Rn. 17). Rechtsgrundlage für das Kennzeichenverbot ist § 9 Abs. 1 VereinsG, für das Verbot von Ersatzorganisationen liegt sie in § 8 Abs. 1 VereinsG und für die Anordnungen der Beschlagnahme und der Einziehung von Vermögen in § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 VereinsG.

22 a. Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes ergeben sich nicht aus der Rechtsform, in der die Klägerin zu 1 organisiert ist. Denn § 17 Nr. 1 VereinsG bezieht ausdrücklich auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung als "Wirtschaftsvereinigungen" in das Vereinsgesetz ein, wenn sie sich - worauf sich die Verbotsverfügung bezieht - gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten.

23 b. Auch der Unternehmensgegenstand der Klägerin zu 1 hindert nicht an der Anwendung vereinsrechtlicher Normen. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein Vereinsverbot gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG als Instrument des präventiven Verfassungsschutzes auch gegenüber zum Zweck der Verbreitung von Nachrichten und Meinungsbeiträgen gegründeten Presse- und Medienorganisationen erlassen werden kann. Denn Gegenstand eines solchen Verbots ist die hinter dem Medium stehende Organisation, die sich der von ihr verlegten Druckerzeugnisse oder Telemedien zur Verfolgung ihrer Ziele bedient (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 26 und vom 29. Januar 2020 - 6 A 1.19 - BVerwGE 167, 293 Rn. 34 ff.). Die Differenzierung zwischen der verbotenen Organisation als solcher und den von ihr herausgegebenen Presse- und Medienerzeugnissen entspricht der Abgrenzung zwischen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Vereinsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG) und der Landesgesetzgebungskompetenz für das Presse- und Medienrecht (Art. 70 Abs. 1 GG). Daran hält der Senat auch in Ansehung der klägerischen Einwände fest. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Vereinsrecht, die das von einem Kollektiv ausgehende spezifische Gefahrenpotential im Blick hat, ist "blind" für den von der jeweiligen Organisation verfolgten Zweck (aa.). Auch sonstiges Verfassungsrecht steht der Anwendung des Vereinsgesetzes auf Presse- und Medienunternehmen nicht entgegen (bb.). Im Übrigen handelt es sich bei der Klägerin zu 1 ohnehin nicht um ein Unternehmen, das sich ausschließlich auf Tätigkeiten im Presse- und Medienbereich beschränkt (cc.).

24 aa. Nach der Systematik der grundgesetzlichen Kompetenzordnung bestimmt die Reichweite der Bundeskompetenzen den Kompetenzbereich der Länder und nicht umgekehrt. Die Auslegung der Kompetenztitel des Grundgesetzes erfolgt anhand der allgemeinen Regeln der Verfassungsinterpretation und damit vor allem nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte. Hierbei ist eine möglichst eindeutige vertikale Gewaltenteilung zu gewährleisten. Für Zweckmäßigkeitserwägungen ist dabei ebenso wenig Raum wie für an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder dem Subsidiaritätsprinzip orientierte Abwägungen. Für die Zuordnung einer bestimmten Regelung zu einer Kompetenznorm sind der unmittelbare Regelungsgegenstand, der Normzweck, die Wirkung und die Adressaten der zuzuordnenden Norm sowie die Verfassungstradition maßgeblich. Sie ist in erster Linie anhand des objektiven Gegenstands des zu prüfenden Gesetzes vorzunehmen. Entscheidend ist der sachliche Gehalt einer Norm und nicht die vom Gesetzgeber gewählte Bezeichnung. Dabei ist zu berücksichtigen, ob die Vorschrift einen Kompetenzbereich speziell und nicht lediglich allgemein behandelt, wobei die Regelung in ihrem Sachzusammenhang zu erfassen ist. Die Wirkungen eines Gesetzes sind anhand seiner Rechtsfolgen zu bestimmen (BVerfG, Beschlüsse vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u. a. - BVerfGE 159, 223 Rn. 119 ff. sowie vom 27. September 2022 - 1 BvR 2661/21 - BVerfGE 163, 1 Rn. 24 ff. m. w. N.). Dem geschichtlichen Zusammenhang der deutschen Gesetzgebung kommt besondere Bedeutung zu, daneben haben auch die Entstehung und die Staatspraxis Gewicht (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 1984 - 1 BvR 1249/83 u. a. - BVerfGE 68, 319 <328> und Urteile vom 24. Oktober 2002 - 2 BvF 1/01 - BVerfGE 106, 62 <105> sowie vom 12. März 2008 - 2 BvF 4/03 - BVerfGE 121, 30 <47>; zur Bedeutung des "Traditionellen" und "Herkömmlichen" siehe auch BVerfG, Beschluss vom 28. Januar 1998 - 2 BvF 3/92 - BVerfGE 97, 198 <219>). Vor allem bei normativ-rezeptiven Zuweisungen, bei denen der Verfassungsgeber einen vorgefundenen Normbereich als zu regelnde Materie den Kompetenztiteln zugeordnet hat, ist maßgeblich auf das traditionelle, herkömmliche Verständnis von Inhalt und Reichweite dieses Normbereichs abzustellen (BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11 u. a. - BVerfGE 134, 33 Rn. 55).

25 (1) Bei der Materie Vereinsrecht handelt es sich um eine solche normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung. Sie ist deshalb in Bezug auf die Zuordnung zu den Kompetenztiteln des Grundgesetzes in demselben Sinn zu verstehen, wie dies unter der Reichsverfassung von 1871 und der Weimarer Reichsverfassung von 1919 der Fall war (Uhle, in: Dürig/​Herzog/​Scholz, GG, Stand 1/2024, Art. 74 Rn. 146; Löwer, in: Kahl/​Waldhoff/​Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand 2/2025, Art. 74 Nr. 3 Rn. 23). Art. 4 Nr. 16 der Reichsverfassung von 1871 wies die Gesetzgebungskompetenz für "die Bestimmungen über die Presse und das Vereinswesen" dem Reich zu. Diese Verfassung sah in einem Verein eine freiwillige Verbindung mehrerer Personen zu einem bestimmten Zweck. Eine Begrenzung nach dem jeweils verfolgten Zweck war dem Kompetenztitel fremd, stattdessen war "jede Vereinigung von Personen" erfasst (Dambitsch, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 1910 S. 169). Die Weimarer Reichsverfassung nahm diese Rechtslage in ihrem Art. 7 Nr. 6 auf und wies dem Reich die Gesetzgebung über "das Presse-, Vereins- und Versammlungswesen" zu.

26 Dieses tradierte rechtliche Konzept hat der Grundgesetzgeber 1949 vorgefunden und daran angeknüpft. Der Gesetzgebungskatalog des Grundgesetzes ist im steten Rückblick insbesondere auf die Weimarer Reichsverfassung ausgearbeitet worden. Die Fortführung selbst der Formulierungen aus diesem Verfassungstext erschien dem Verfassungsgeber deswegen sinnvoll, da Rechtsprechung und Verwaltung mit übernommenen und abgeklärten Fassungen leichter arbeiten konnten als mit völlig neuen (unter Hinweis auf den Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee: BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <414 f.> m. w. N.). Die stetige Verwendung und beinahe wörtliche Übernahme eines Begriffs in den Kompetenzordnungen der neueren deutschen Verfassungsgeschichte gibt einen "Fingerzeig" dafür, dass dieser "Begriff grundsätzlich in demselben Sinne wie früher verstanden werden will" (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Oktober 1982 - 2 BvF 1/81 - BVerfGE 61, 149 <175> zum Titel "das bürgerliche Recht"). Deshalb ist es für den von "Vereinswesen" zu "Vereinsrecht" geänderten Kompetenztitel unverändert ohne Bedeutung, zu welchem Zweck sich die Personen zusammengeschlossen haben.

27 Vor diesem Hintergrund umfasst die Zuständigkeitszuweisung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG in Abgrenzung zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ("das bürgerliche Recht") die öffentlich-rechtlichen Regelungen zu Vereinigungen, insbesondere ihrer Zulassung, ihrer Überwachung, ihrem Verbot und ihrer Auflösung. Inmitten steht das "Vereins-Polizeirecht" (vgl. Oeter/​Münkler, in: Huber/​Voßkuhle, GG, 8. Aufl. 2024, Art. 74 GG Rn. 37; Wittreck, in: Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 74 Rn. 30; Uhle, in: Dürig/​Herzog/​Scholz, GG, Stand 1/2024, Art. 74 Rn. 147; Löwer, in: Kahl/​Waldhoff/​Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand 2/2025, Art. 74 Nr. 3 Rn. 25). Das öffentliche Vereinsrecht gilt im System des deutschen Rechts seit jeher als Sondergebiet des Rechts der allgemeinen Gefahrenabwehr. Dem haben bereits Inhalt und Bedeutung des Vereinsgesetzes vom 19. April 1908 entsprochen, das bis in die Gründungsjahre der Bundesrepublik fortgalt (vgl. dazu BT-Drs. IV/430 S. 8). Das öffentliche Vereinsrecht sollte von Anbeginn an den spezifischen Gefahren begegnen, die von der Existenz der Vereinigung und ihrer typischen verbandsmäßigen Wirkungsmöglichkeit ausgehen. Die behördlichen Eingriffsbefugnisse sind auf die Vereinigung als organisierte Gruppe bezogen. Auch die Einbeziehung bestimmter Wirtschaftsvereinigungen in das Vereinsrecht, namentlich der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, hat historische Vorläufer. Diese unterlagen schon den Vorschriften des Reichsvereinsgesetzes (siehe erneut BT-Drs. IV/430 S. 24).

28 Handelt es sich somit bei Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG um einen speziellen Kompetenztitel für das "Vereins-Polizeirecht", ist kein Raum für die Anwendung der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, nach der die Normen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz als Annex demjenigen Sachbereich zuzurechnen sind, zu dem sie in einem notwendigen Zusammenhang stehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <215>; a. A. Brosius-Gersdorf/​Gersdorf, NVwZ 2024, 1697 <1699>). Die Zuordnung dieser besonderen Materie als Annex zum Presse- und Medienrecht würde vielmehr die als lex specialis in Art. 74 Abs. 1 Nr. 3 GG verortete Gesetzgebungsmaterie außer Acht lassen.

29 (2) Im Unterschied hierzu stehen im Kompetenzbereich der Presse und der Medien die eines besonderen Schutzes bedürftigen Erzeugnisse als solche und die diese Publikationen herstellenden Personen im Vordergrund. Die Materie Presserecht hat - wie eben gezeigt - ebenfalls historische Vorläufer in Art. 4 Nr. 16 der Reichsverfassung von 1871 sowie in Art. 7 Nr. 6 der Weimarer Reichsverfassung. Sie war mit dem Theater- und Lichtspielwesen der Gesetzgebungsbefugnis des Reichs unterstellt (Art. 7 Nr. 20 Weimarer Reichsverfassung). Daran hat das Grundgesetz zunächst angeknüpft und dem Bund die Rahmengesetzgebungskompetenz für die Rechtsverhältnisse der Presse und des Films zugewiesen (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GG a. F.). Hingegen war der Rundfunk als drittes der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG aufgeführten Massenkommunikationsmedien in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GG a. F. nicht genannt. Für die Veranstaltung von Rundfunksendungen stand und steht vielmehr den Ländern die Gesetzgebungsbefugnis zu. Seit dem ersten Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG für das Postwesen und die Telekommunikation nur den sendetechnischen Bereich des Rundfunks unter Ausschluss der sogenannten Studiotechnik umfasst (BVerfG, Urteil vom 28. Februar 1961 - 2 BvG 1/60 u. a. - BVerfGE 12, 205 <225 ff.>). Das Rundfunkrecht hat sich inzwischen zum Medienrecht fortentwickelt. Im Zuge der Grundgesetzreform 1994 ist die Rahmenkompetenz für das Recht des Films zugunsten einer ausschließlichen Länderzuständigkeit entfallen (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 27. Oktober 1994, BGBl. I S. 3146). Mit der Föderalismusreform I im Jahre 2006 ist sodann auch das Pressewesen auf die Länder übergegangen (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006, BGBl. I S. 2034).

30 Obschon somit das Pressewesen als Kompetenzbereich historisch geprägt ist, gibt es nicht für jeden einzelnen Regelungsgegenstand ausreichend verfestigte Bezugspunkte. Mit dem Bundesverfassungsgericht kommt es dann auf eine wesensmäßige Zugehörigkeit zum Pressewesen an; ein bloßer Sachbezug zur Presse genügt nicht (BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juni 1957 - 2 BvL 17/56 u. a. - BVerfGE 7, 29 <40>, vom 28. November 1973 - 2 BvL 42/71 - BVerfGE 36, 193 <203>, vom 13. Februar 1974 - 2 BvL 11/73 - BVerfGE 36, 315 <319> und vom 14. Juni 1978 - 2 BvL 2/78 - BVerfGE 48, 367 <373 ff., 375>). Entscheidend ist, ob der in Rede stehende Regelungsgegenstand pressespezifisch ist, mithin in besonderer Weise seinem Wesen nach gerade - personell - die Angehörigen oder - sachlich - die Eigenart der Institution der freien Presse betrifft (BVerfG, Beschlüsse vom 28. November 1973 - 2 BvL 42/71 - BVerfGE 36, 193 <203 ff.> und vom 14. Juni 1978 - 2 BvL 2/78 - BVerfGE 48, 367 <374>: "Wesen und Wert einer freien Presse"; Cornils, in: Löffler, Presserecht, 7. Aufl. 2023, Einl. Rn. 42). Hingegen ist die besondere Stellung der Presse für die kompetenzrechtliche Einordnung unerheblich (BVerfG, Beschluss vom 28. November 1973 - 2 BvL 42/71 - BVerfGE 36, 193 <205>). Materielle Schutzerwägungen können bei der Abgrenzung der Kompetenzbereiche keinen Ausschlag geben.

31 Das Presserecht im kompetenzrechtlichen (engeren) Sinne erstreckt sich somit nicht auf sämtliche Regelungen, die irgendeine - und sei es auch eine erhebliche - Relevanz für die Presse haben (Cornils, in: Löffler, Presserecht, 7. Aufl. 2023, Einl. Rn. 35; Ricker, in: Ricker/​Weberling, Handbuch des Presserechts, 7. Aufl. 2021, <S. 1 Rn. 1 - 4>). Die Befugnis der Länder umfasst gerade nicht alle Regelungen, die die Presse berühren, sondern stößt dort an Grenzen, wo sie auf eine vorrangige anderweitige Gesetzgebungskompetenz trifft (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 18 ff.).

32 Im Hinblick darauf deutet nichts darauf hin, dass das Verbot eines Presse- und Medienunternehmens historisch Bezüge zum Kompetenzbereich Pressewesen aufweist. Vielmehr legen beide Reichsverfassungen umgekehrt ein weites Verständnis von Vereinigungen nahe, die dem "Vereins-Polizeirecht" – d. h. der Sachmaterie "Vereinsrecht" – unterfallen. Im Übrigen sind Regelungen zum Verbot von Vereinigungen ungeachtet des von ihnen konkret verfolgten Zwecks auch nicht in dem dargestellten Sinne pressespezifisch. Ihrem Wesen, ihren Voraussetzungen und ihrer Rechtsfolge nach zielen sie auf eine Abwehr der Gefahren, die von einer Vereinigung - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung - ausgehen, nicht aber spezifisch auf Angehörige der Presse oder deren Erzeugnisse. Das Presserecht steht deshalb einer kompetenzrechtlichen Differenzierung zwischen den hinter einem Zusammenschluss stehenden Personen als Organisation und den von diesen Personen herausgegebenen Presseprodukten nicht entgegen. Das gilt ungeachtet seiner Besonderheiten sinngemäß auch für das Medienrecht, das seine Wurzeln im Rundfunkrecht hat.

33 (3) Bei dieser Differenzierung zwischen dem Zugriff auf die Organisation als solche und den von ihr herausgegebenen Presse- und Medienerzeugnissen handelt es sich weder um eine unmögliche noch um eine künstliche Unterscheidung (a. A. Brosius-Gersdorf/​Gersdorf, NVwZ 2024, 1697 <1699 f.>). Es trifft schon nicht zu, dass sich die von einem Presse- und Medienunternehmen ausgehenden Gefahren gleichsam immer in den publizierten Inhalten manifestieren. Die gegenteilige Annahme verkennt, dass auch solche Unternehmen in anderer Weise in einen Konflikt mit dem Gesetz geraten können. Der Umstand, dass Adressat der staatlichen Maßnahmen stets das Presse- und Medienunternehmen ist, mithin die Organisation, spricht ebenfalls nicht gegen die Differenzierung. Die verfassungsrechtliche Kompetenzabgrenzung muss zwar eindeutig erfolgen, Doppelzuständigkeiten darf es nicht geben. Dies schließt aber nicht aus, dass Bund und Länder weitgehend identische Maßnahmen gegen denselben Adressaten auf unterschiedliche, ihren jeweiligen Kompetenztiteln entsprechende Zwecke stützen können. Das zeigt etwa der Blick auf die strafprozessualen Eingriffsbefugnisse des Bundes und die - aus Sicht des Betroffenen - ähnlichen polizeilichen Befugnisse der Länder (vgl. Ferreau, K&R 2024, 777 <778>).

34 (4) Von vorstehender Kompetenzzuordnung ist ersichtlich auch der einfache Gesetzgeber bei der Schaffung des Vereinsgesetzes im Jahre 1964 ausgegangen. Dieser hatte ausdrücklich Presse- und Medienunternehmen - etwa "Verlags- und Druckereiunternehmen in GmbH-Form" – im Blick, wie die Begründung zum Gesetzentwurf des Vereinsgesetzes erkennen lässt (BT-Drs. IV/430 S. 24). Die Einbeziehung der in § 17 VereinsG genannten Wirtschaftsunternehmen diente nach der Vorstellung des Gesetzgebers dazu, auch solche Organisationen rasch und effektiv zerschlagen zu können. An diesen Erwägungen ist bei den zum 11. Januar 2007 in Kraft getretenen Änderungen in § 17 VereinsG festgehalten worden (vgl. BT-Drs. 16/3642 S. 18).

35 Der Umstand, dass während der Zeit der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes für das Pressewesen mehrere Versuche, ein Bundespressegesetz zu erlassen, scheiterten, darunter ein Entwurf, der in Anlehnung an die Verbotsgründe des Art. 9 Abs. 2 GG ein Verbot von Zeitungen und Zeitschriften vorsah, führt nicht zu einer abweichenden Würdigung (a. A. Werdermann, NVwZ 2019, 1005 <1007 f.>). Ein solches Verbot hätte die dahinterstehende Organisation unberührt gelassen. Diese wäre nicht gehindert gewesen, andere Zeitungen weiter herauszugeben. In seiner Zielrichtung ging es bei dem Verbot - anders als bei einem Vereinsverbot - gerade nicht um die Zerschlagung der hinter einem Verlag oder Medienunternehmen stehenden Organisation.

36 bb. Auch sonstiges Verfassungsrecht steht der Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf Presse- und Medienunternehmen nicht entgegen.

37 (1) Die fehlende Zitierung von Art. 5 Abs. 1 GG in § 32 VereinsG verstößt nicht gegen das in Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Zitiergebot. Denn dieses gilt nicht für die "allgemeinen Gesetze" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG, die dem Grundrecht der Meinungsfreiheit generell Schranken setzen und damit von vornherein den Inhalt des Grundrechts bestimmen, wenn auch im Einzelfall erst nach einer Abwägung der sich gegenübertretenden geschützten Rechtsgüter (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 1970 - 1 BvR 657/68 - BVerfGE 28, 282 <289>). Die Regelungen des Vereinsgesetzes stellen "allgemeine Gesetze" i. S. d. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 GG dar (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 15. November 2001 - 1 BvR 98/97 - NVwZ 2002, 709 <709> sowie vom 9. Juli 2020 - 1 BvR 2067/17 u. a. - NVwZ 2020, 1424 Rn. 42).

38 (2) Auch die von Art. 5 Abs. 1 GG gewährleistete Freiheit von Meinung, Presse und Rundfunk bzw. Medien hindert nicht an der Anwendung des Vereinsgesetzes auf Presse- und Medienunternehmen. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Bedeutung dieser grundrechtlichen Gewährleistungen bei der Rechtsanwendung im Einzelfall Rechnung zu tragen ist. Mit einem auf Art. 9 Abs. 2 GG i. V. m. § 3 Abs. 1 VereinsG gestützten Vereinsverbot gegen ein Presse- und Medienunternehmen darf der Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG nicht unterlaufen werden. Ein Vereinsverbot darf nicht bewirken, dass auf diesem Wege untersagt wird, was die Freiheitsrechte sonst erlauben. Aus der kollektiven Grundrechtsausübung kann aber auch kein weitergehender Grundrechtsschutz folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 93, 113; BVerwG, Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 - BVerwGE 180, 1 Rn. 120).

39 (3) Der gesonderten Erwähnung einzelner Vereinigungen im Vereinsgesetz, insbesondere von Presse- und Medienunternehmen, bedurfte es nicht. Aus der von der Klägerin zu 1 angeführten sogenannten Wesentlichkeitstheorie folgt nichts Anderes. Hiernach hat der parlamentarische Gesetzgeber die grundlegenden Entscheidungen selbst zu treffen und zu verantworten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 1975 - 2 BvR 883/73 u. a. - BVerfGE 40, 237 <249 f.>). In Ausübung seiner Gesetzgebungskompetenz hat der Bundesgesetzgeber im Vereinsgesetz Regelungen für sämtliche Organisationen und Wirtschaftsvereinigungen getroffen, die unter den Vereinsbegriff des § 2 Abs. 1 VereinsG fallen und die Voraussetzungen des § 17 VereinsG erfüllen. Er hat in § 2 Abs. 2 VereinsG lediglich politische Parteien i. S. v. Art. 21 Abs. 1 GG sowie die Fraktionen des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder von dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Damit hat er die wesentlichen Grundlagen selbst bestimmt. Für die von der Klägerin zu 1 angeregte Vorlage an das Bundesverfassungsgericht zur konkreten Normenkontrolle besteht kein Anlass.

40 (4) Bei dem allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltenen Ausspruch einer Grundrechtsverwirkung (Art. 18 GG) handelt es sich entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1 nicht um ein gegenüber dem Vereinsverbot vorrangiges Instrument des präventiven Verfassungsschutzes.

41 Art. 9 Abs. 2 GG ist - neben Art. 21 Abs. 2 und Art. 18 GG - Ausdruck des Bekenntnisses des Grundgesetzes zu einer "streitbaren Demokratie" (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Juni 1989 - 2 BvL 4/87 - BVerfGE 80, 244 <254> sowie vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 101). Schon die Voraussetzungen für ein Vereinsverbot unterscheiden sich von denjenigen, die Art. 18 GG für eine Grundrechtsverwirkung verlangt. Denn während Art. 9 Abs. 2 GG drei unterschiedliche Verbotstatbestände normiert, erfasst Art. 18 Satz 1 GG nur den Missbrauch bestimmter Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Auch die Rechtsfolgen beider Instrumente sind verschieden. Während ein Vereinsverbot nicht ausschließt, dass sich die hinter der Vereinigung stehenden Personen zu anderen Zwecken erneut zusammenschließen, bewirkt die vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene Grundrechtsverwirkung eine empfindliche Minderung des Grundrechtsstatus des Betroffenen. Denn dieser kann sich nicht mehr auf die aberkannten Grundrechte berufen (Dürig/​Klein, in: Dürig/​Herzog/​Scholz, GG, Stand Oktober 2024, Art. 18 Rn. 69, 75 m. w. N.). Das Bundesverfassungsgericht kann die Verwirkung auf einen bestimmten Zeitraum, mindestens auf ein Jahr, befristen (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG) und dem Betroffenen zusätzlich für die Dauer der Verwirkung der Grundrechte das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkennen (§ 39 Abs. 2 BVerfGG). Für einen Vorrang des Verfahrens nach Art. 18 GG vor einem Verbotsverfahren nach Art. 9 Abs. 2 GG bieten die Normen daher keinen Anhalt. Vielmehr unterscheiden sich die Instrumente kategorial voneinander. Das bestätigt auch ihr jeweiliger Zweck. Art. 18 GG dient der Abwehr von Gefahren, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung durch individuelle Betätigung drohen können, und richtet sich gegen den Einzelnen, der eine Gefahr schafft (BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1974 - 2 BvA 1/69 - BVerfGE 38, 23 <24>). Demgegenüber will Art. 9 Abs. 2 GG drohenden Gefährdungen des Staates, seines Bestandes und seiner Grundordnung, die aus kollektiven Bestrebungen erwachsen können, rechtzeitig und wirksam entgegentreten (BVerfG, Beschluss vom 15. Juni 1989 - 2 BvL 4/87 - BVerfGE 80, 244 <254>).

42 (5) Entgegen der klägerischen Rechtsauffassung berührt ein Vereinsverbot gegenüber einem Presse- und Medienunternehmen nicht das Verbot der Zensur (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG). Unter "Zensur" im Sinne dieser Norm ist nur die Vorzensur zu verstehen (BVerfG, Beschluss vom 25. April 1972 - 1 BvL 13/67 - BVerfGE 33, 52 <71 f.>). Diese meint einschränkende Maßnahmen vor der Verbreitung einer Äußerung, insbesondere das Abhängigmachen von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung ihres Inhalts. Schon die Existenz eines derartigen Kontroll- und Genehmigungsverfahrens würde das Geistesleben lähmen, weshalb es keine Ausnahme vom kategorischen Zensurverbot gibt. Eine derartige Präventivkontrolle ordnet das angefochtene Vereinsverbot nicht an.

43 Es trifft auch nicht zu, dass ein solches Vereinsverbot gegenüber einem Presse- und Medienunternehmen in seiner Wirkung faktisch über eine Vorzensur hinausginge und deswegen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG unzulässig wäre. Auf bereits veröffentlichte Äußerungen kommen die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG zur Anwendung. Diese würden gegenstandslos, wenn das Zensurverbot auch die Nachzensur umfasste, mithin Kontroll- und Repressivmaßnahmen, die erst nach der Veröffentlichung eines Geisteswerkes einsetzen (BVerfG, Beschluss vom 25. April 1972 - 1 BvL 13/67 - BVerfGE 33, 52 <72>; Grabenwarter, in: Dürig/​Herzog/​Scholz, GG, Stand Oktober 2024, Art. 5 Abs. 1 Rn. 118). Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG hindert nicht daran, aus publizierten Inhalten Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls nachträglich Strafen zu verhängen oder Maßnahmen zum präventiven Rechtsgüterschutz zu ergreifen.

44 (6) Schließlich spricht auch der Grundsatz der Staatsferne nicht gegen ein Verbot von Presse- und Medienunternehmen auf der Grundlage des Vereinsgesetzes (a. A. Brosius-Gersdorf/​Gersdorf, NVwZ 2024, 1697 <1701 f.>).

45 Zwar darf sich der Staat in Bezug auf den freien und offenen Prozess der Meinungs- und Willensbildung nicht betätigen, weil sich diese Willensbildung in einer Demokratie vom Volk zu den Staatsorganen hin vollzieht, nicht umgekehrt. Ihm ist es deswegen nicht nur verwehrt, Presse und Rundfunk zu betreiben. Unzulässig sind darüber hinaus auch alle mittelbaren und subtilen Einflussnahmen des Staates auf die Presse oder den Rundfunk. Einer staatlichen Behörde dürfen deshalb keine inhaltsbezogenen Handlungs- und Wertungsspielräume eingeräumt sein. Verfassungswidrig sind sowohl Ermessensregelungen wie auch solche Normen, die der Behörde sonstige Entscheidungsfreiräume eröffnen, welche eine inhaltliche Bewertung von Rundfunkprogrammen bzw. von Presseinhalten notwendig machen oder deren Ausfüllung zumindest mittelbare Auswirkungen auf den Programm- bzw. Presseinhalt nach sich zieht (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Juli 1966 - 2 BvF 1/65 - BVerfGE 20, 56 <99>, Teilurteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u. a. - BVerfGE 20, 162 <175 f.> und Urteile vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <183> sowie vom 12. März 2008 - 2 BvR 4/03 - BVerfGE 121, 30 <52 f.>; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - NJW 2019, 763 Rn. 18). Auch für die neuen Medien kann nichts Abweichendes gelten.

46 Allerdings steht dieser Grundsatz einem Zugriff des Staates auf die hinter Presse- und Medienerzeugnissen stehende Organisation nicht entgegen, wenn von ihr spezifische Gefahren für die Demokratie ausgehen. Das Grundgesetz bekennt sich - wie dargelegt - zu einer "streitbaren Demokratie" und gibt dem Staat mit einem Vereinsverbot nach Art. 9 Abs. 2 GG ein Mittel zum präventiven Verfassungsschutz an die Hand, um drohenden Gefährdungen, die aus kollektiven Bestrebungen erwachsen können, rechtzeitig und wirksam entgegenzutreten. Dass hierfür an die Presse- und Medieninhalte angeknüpft wird, um auf die Ziele der dahinterstehenden Organisation zu schließen, ist mit einer Presse- oder Medienaufsicht nicht zu vergleichen. Im Übrigen stellt das Grundgesetz die Entscheidung über ein Vereinsverbot auch nicht in das behördliche Ermessen. Ist festgestellt, dass die Vereinigung einen Verbotsgrund des Art. 9 Abs. 2 GG erfüllt, muss sie verboten werden. Mit dieser zwingenden Verbotsnorm soll jedweder politisch einseitigen Ausübung der Verbotsbefugnis entgegengewirkt werden (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 101).

47 cc. Ungeachtet vorstehender Ausführungen zur generellen Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf Presse- und Medienunternehmen handelt es sich bei der Klägerin zu 1 ohnehin nicht um ein Unternehmen, das sich auf die Herausgabe von Presse- oder Medienprodukten beschränkt. Vielmehr verfolgt der maßgebliche Personenzusammenschluss nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda, organisiert Veranstaltungen sowie Kampagnen und versteht sich als Teil einer Bewegung, für die er als Organisation des politischen Vorfelds auf eine Machtperspektive hinarbeitet. Damit erweist sich die Anwendung des Vereinsgesetzes auf die Klägerin zu 1, die uneingeschränkt den Schutz der grundrechtlichen Freiheiten aus Art. 5 Abs. 1 GG genießt, gerade mit Blick auf den Gesetzeszweck als gerechtfertigt.

48 Zwar ist bei der Gründung der Klägerin zu 1 festgelegt worden, dass der Gesellschaftszweck allein in der Herausgabe der Zeitschrift COMPACT-Magazin liege. Später ist er um die Herausgabe weiterer Publikationen und die Organisation von damit im Zusammenhang stehenden Veranstaltungen und Filmproduktionen ergänzt worden, was auf einen journalistischen Schwerpunkt hindeutet. Für die Bestimmung der Vereinsaktivitäten ist aber die tatsächliche Ausrichtung der Vereinigung entscheidend, die sich aus einer Vielzahl von Indizien ergibt (BVerwG, Beschluss vom 21. April 1995 - 1 VR 9.94 - juris Rn. 7 sowie Urteil vom 13. April 1999 - 1 A 3.94 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 30 S. 5). Der Senat ist nach Auswertung der in das Verfahren eingeführten Unterlagen davon überzeugt, dass die klägerischen Presse- und Medienerzeugnisse nicht nur um ihrer selbst willen herausgegeben werden. Die dahinterstehenden Personen, die sich um den Kläger zu 3 als Zentralfigur und dessen Ehefrau, die Klägerin zu 4, zusammengeschlossen haben, verfolgen vielmehr eigene politische Ziele. Dieser "Elsässer-Kreis" will konkret Einfluss nehmen auf das politische Geschehen in der Bundesrepublik und hat eine eigene politische Agenda. Die Presse- und Medienerzeugnisse dienen auch der Verbreitung seiner Ziele, der Sammlung von Unterstützern und vor allem der Umsetzung in die Wirklichkeit, die aktiv angestrebt wird. Dadurch unterscheidet sich die Klägerin zu 1 phänotypisch von anderen am Markt tätigen Verlags- und Medienhäusern. Hierbei stützt sich der Senat auf folgende Umstände:

49 (1) Der "Elsässer-Kreis" hält sich selbst für einen strategischen Vordenker, der politische Ziele verfolgt. Dies zeigt sich daran, dass der Kläger zu 3 in COMPACT-Online vom 13. Juni 2023 "COMPACT - Einzigartig in der Medienwelt" ausdrücklich hervorhebt:
"Und auch noch ein wichtiger Unterschied zu anderen Medien: Wir wollen dieses Regime stürzen. Wir machen keine Zeitung, indem wir uns hinter den warmen Ofen oder den Computer verziehen und irgendwelche Texte wie eine Laubsägearbeit auf den Markt bringen. Sondern das Ziel ist der Sturz des Regimes. Und nur wenn man das Ziel vor Augen hat, kann man auch entsprechende Texte schreiben. Viele andere Zeitungen schreiben auch schöne Texte, aber da denke ich manches Mal, das ist wie 'in Schönheit sterben', das ist l'art pour l'art, Kunst um der Kunst willen, Elfenbeinturm. Da werden Texte nach dem Prinzip der Astronautenkost geschrieben: Alle Vitamine sind drin, aber keiner kriegt die Pampe runter".

50 (2) Zur Erreichung der Ziele stößt die Vereinigung mithilfe ihrer reichweitenstarken Medien kontinuierlich Protestaktionen an bzw. verstärkt sie. Die Klägerin zu 1 betätigt sich seit vielen Jahren aktiv im vorpolitischen Raum. Sie initiiert und organisiert eigene Kampagnen, Demonstrationen, "Sommerfeste" und "Souveränitätskonferenzen" etwa zu Themen wie "Ami go home" und "Frieden mit Russland". Diese thematischen Schwerpunkte werden in verschiedenen Beiträgen im COMPACT-Magazin, in einzelnen Heften der Reihe COMPACT - Spezial, auf DVDs und in Hörbüchern sowie unter eigenen Rubriken auf der Webseite aufbereitet, auf die Veranstaltungen wird hingewiesen und über sie wird anschließend in den COMPACT-Medien berichtet. Zu den Kampagnen werden zudem passende Werbeartikel wie Fahnen (zu "Ami go home") oder Silbermedaillen ("Drushba") über den COMPACT-Webshop vertrieben. Daneben nimmt vor allem der Kläger zu 3 als Redner an Versammlungen und Protestveranstaltungen (u. a. "Montagsdemos") zahlreicher anderer Organisatoren teil, beispielsweise von den Freien Sachsen, von Pegida oder von der AfD.

51 Dass diesen Protestformen ein planmäßiges, strategisches Handeln zugrunde liegt, wird an der im COMPACT-Magazin 11/2023 abgedruckten Diskussion des Klägers zu 3 mit Martin Sellner erkennbar ("Wie wir uns retten können" S. 20 ff.). Sellner skizziert, wie der "Widerstand von unten" ablaufen könne: "Sand ins Getriebe und zur Not Barrikaden auf die Straße". Sodann beschreibt der Kläger zu 3 seinerseits, dass "wir" neben dem parlamentarischen und dem außerparlamentarischen Protest noch ein "drittes Angebot" machen müssen, "das niedrigschwellig ist und das auch ältere oder ängstliche Bürger leicht umsetzen können: Bürgerentscheide auf lokaler beziehungsweise Volksentscheide auf Landesebene". Dann könne die AfD sagen, wenn ein landesweites Volksbegehren etwa über Asylfragen nicht zugelassen werde, dass sie diese Fragen angehe, sobald sie in Regierungsverantwortung komme. So lasse sich "die plebiszitäre mit der parlamentarischen Ebene verknüpfen: Das Referendum ist ein Motiv, die AfD zu wählen". Sellner äußert sich zustimmend: "Ja, exakt, so spielt man sich die Bälle zu!".

52 Konsequenterweise werden in den Presse- und Medienerzeugnissen des "Elsässer-Kreises" Bürgerbegehren und Volksentscheide als probate Mittel dargestellt. Die Print- und Online-Publikationen verstärken die Reichweite solcher regionalen Protestformen und werben um Nachahmung, um gemeinsam das "Regime" zu stürzen. Über örtliche "Mobilisierungserfolge" wird durchweg zustimmend berichtet (z. B. in COMPACT-Magazin 12/2022 "Echte Thüringer, falsche Ukrainer" S. 31 ff.; COMPACT-TV vom 19. Juni 2023 "Sieg: Zwei Drittel stimmen gegen Containerdörfer!"; COMPACT-TV vom 28. August 2023 "Bürgerentscheid_​Fast 100 % gegen Containerdorf!"; COMPACT-TV vom 1. September 2023 "Nein zum Heim"; COMPACT-Online vom 17. April 2024 "Freie Sachsen: 'Weiß-Grün ist bunt genug'"). Darüber hinaus werden die Rezipienten konkret zum aktiven Handeln aufgefordert, etwa durch Aufrufe des Klägers zu 3 in COMPACT-TV vom 20. Dezember 2023 "Achtung! Faeser schaut jetzt in Dein Schlafzimmer" (ab Minute 12:17).

53 In engem Zusammenhang hiermit steht die Spendensammelaktion vom Herbst 2023. Seinerzeit warb die Vereinigung unter dem Stichwort "Wir machen mobil!" um Spenden. Es gehe darum, "dem Widerstand eine Bühne" zu bieten. "Unsere Mannschaft" plane, mit einer Bühne von Ort zu Ort zu fahren, um die dortigen Aktivitäten zu begleiten und "mit Video-Übertragungen im ganzen Land zu verstärken". Geplant sei, darüber dann im täglichen TV-Brennpunkt zu berichten. Es werde überall dorthin gefahren, wo es wehtue – "und wo die Hoffnung wächst"; es müsse "in den kommenden Monaten alles in den Entscheidungskampf um Deutschland" geworfen werden (COMPACT-Magazin 11/2023 "Wir machen mobil!" S. 8).

54 Mit dem Entscheidungskampf wird auf die Wahlen im Jahr 2024 angespielt. Denn die Bühne ist unter dem Slogan "Die blaue Welle rollt" auch für Wahlkampfauftritte der AfD genutzt worden. Ganz offensiv wird vor allem diese Partei in den Print- und Online-Produkten des "Elsässer-Kreises" unterstützt. Schon im Zusammenhang mit dem Spendensammeln für den Erwerb einer Bühne heißt es in COMPACT-Online vom 29. November 2023 "Entscheidungsjahr 2024: Ihre Spende für die Wende!" unter Hinweis auf die Möglichkeit einer AfD-Alleinregierung in Thüringen und Sachsen, 2024 müsse das "Jahr der patriotischen Wende" werden. Mit diesem Einsatz für eine politische Partei versucht der "Elsässer-Kreis" systematisch, auch den parlamentarischen Raum im Sinne seiner politischen Agenda zu besetzen. Er setzt dabei auf eine "breite Koalition aller patriotisch-freiheitlichen Kräfte" (COMPACT-TV vom 12. April 2024 "Demokratie siegt_Höcke gewinnt TV-Duell!" ab Minute 38:30). Der Kläger zu 3 ist dementsprechend auf der Wahlkampftour "Die blaue Welle rollt" als Redner aufgetreten und hat dabei auch für die AfD geworben, wie die zahlreichen Videos belegen, die die Beklagte vorgelegt hat.

55 (3) Hinzu kommt, dass sich die Vereinigung als Teil einer größeren Bewegung versteht, für die sie auf eine Machtperspektive hinarbeitet. So fällt bereits auf, dass der Kläger zu 3, die Klägerin zu 4 sowie der Kläger zu 6 in den Print- und Online-Formaten, insbesondere in den TV-Beiträgen, und auf Veranstaltungen durchweg in der "Wir"-Form sprechen, wenn es darum geht, politische Ziele zu formulieren und Pläne aufzuzeigen, wie diese erreicht werden können.

56 Darüber hinaus bemüht der Kläger zu 3 insbesondere als Redner auf Veranstaltungen seit Jahren das rhetorische Stilmittel einer Faust ("Einen Finger kann man brechen, aber fünf Finger sind eine Faust."), beispielsweise auf der "Montagsdemo am Brandenburger Tor" in Berlin am 19. April 2021, auf einer Pegida-Veranstaltung am 17. Oktober 2021 in Dresden, auf Versammlungen in Leipzig am 5. September 2022 und in München am 18. Februar 2023. Auf der letztgenannten Veranstaltung erläutert er dieses Bild wie folgt (ab Minute 6:41 im Video):
"In diesem Frühjahr wächst der Widerstand neu zusammen. Wir haben 5 Kräfte im Widerstand, die jetzt zusammenkommen. Das sind einerseits die guten Patrioten rund um die AfD. Das ist andererseits zum Zweiten der Corona-Widerstand. [...] Das sind zum Dritten die anständigen Linken. [...] Das sind zum Vierten die Alternativen Medien mit dem Flaggschiff Compact. Und das ist zum Fünften die freie deutsche Jugend, junge Alternative und identitäre Bewegung. Einen Finger kann man brechen, aber 5 Finger sind eine Faust. Wir brauchen die große Querfront für den Frieden. Von Björn Höcke und Martin Sellner bis hin zu Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht. Und dann heißt die Parole Deutschland einig Vaterland für Frieden und Freiheit. Lasst uns alle einig sein."

57 In diesem Zusammenhang beschwört der Kläger zu 3 regelmäßig die Notwendigkeit, dass der "Widerstand" geschlossen auftrete und "zusammenrückt"; "Distanzeritis und Abgrenzeritis und Ausschließeritis" müssten aufhören (vgl. Pegida-Veranstaltung vom 17. Oktober 2021 in Dresden ab Minute 1:30:59 im Video). Angesichts dieser klaren Formulierungen überzeugt der Versuch der Kläger, die "Fünf-Finger-Strategie" als bloße "Linken-Folklore" zu verharmlosen, die angeblich gezielt in den neuen Bundesländern verwendet werde und ohnehin nur die fünf "Käufergruppen" beschreibe, nicht. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass der "Elsässer-Kreis" sich selbst als medialer "Widerstand" bzw. als mediales Netzwerk dieser großen "Widerstandsbewegung" zugehörig ansieht. Dies bestätigen auch die Äußerungen der Kläger zu 3 und 4 anlässlich eines Treffens des COMPACT-Clubs vom 7. Dezember 2022.

58 2. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Verfügungserlasses maßgeblich. Dabei können - wie auch sonst im Gefahrenabwehrrecht - zurückliegende Umstände herangezogen werden, soweit sie zu diesem Zeitpunkt noch aussagekräftig sind (BVerwG, Urteile vom 7. Januar 2016 - 1 A 3.15 - BVerwGE 154, 22 Rn. 17, vom 26. Januar 2022 - 6 A 7.19 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 77 Rn. 25 und vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - BVerwGE 180, 185 Rn. 34). Der Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung vom 5. Juni 2024 ist der 16. Juli 2024, das Datum ihrer Zustellung und Bekanntmachung im Bundesanzeiger.

59 3. An der formellen Rechtmäßigkeit der Verbotsverfügung bestehen keine Zweifel. Das BMI war zum Erlass der Verbotsverfügung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VereinsG zuständig. Denn die Organisation und Tätigkeit der Klägerin zu 1 erstreckt sich über das Gebiet eines Landes hinaus (näher BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 15). Der Senat hält ungeachtet der klägerischen Einwände im Termin zur mündlichen Verhandlung auch daran fest, dass eine Anhörung der Klägerin zu 1 vor Erlass des Verbots nicht erforderlich war. Denn für die Verbotsbehörde lagen Anhaltspunkte für die Annahme vor, aufgrund des mit der Anhörung verbundenen Ankündigungseffekts könnten Beweismittel oder Vermögenswerte beiseitegeschafft und dem behördlichen Zugriff entzogen werden. Deshalb durfte sie nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG von der Anhörung der von der Verbotsverfügung Betroffenen absehen (BVerwG, a. a. O. Rn. 16).

60 Die Auffassung der Klägerseite, bei einem Presse- und Medienunternehmen lägen alle Beweismittel bereits verschriftlicht bzw. verkörpert vor, folglich könne nichts (mehr) beiseitegeschafft werden, überzeugt nicht. Das streitgegenständliche Verbot zielt nicht auf das Verbot der Presse- und Medienerzeugnisse der Klägerin zu 1 ab, sondern auf die Zerschlagung ihrer Organisation. Insofern hätte wegen des Ankündigungseffekts durchaus die Gefahr bestanden, dass Beweismittel dem behördlichen Zugriff entzogen worden wären, die den organisatorischen Verbund betreffen. So war der Klägerin zu 1 an dem Bekanntwerden aller hinter dem "Elsässer-Kreis" stehenden Personen - insbesondere der Einbindung von Autoren und Redaktionsmitgliedern mit NPD-Bezug - nicht gelegen. Daneben wäre auch in Ansehung handels- und steuerrechtlicher Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten, auf die die Klägerseite im Termin zur mündlichen Verhandlung verwiesen hat, zu besorgen gewesen, dass vor einem vereinsrechtlichen Zugriff Vermögenswerte beiseitegeschafft worden wären. Die Notwendigkeit einer Anhörung lässt sich auch nicht damit begründen, dass ansonsten der von der Pressefreiheit umfasste Informantenschutz durch unangekündigte Vollzugsmaßnahmen unterlaufen werden könnte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 27. Februar 2007 - 1 BvR 538/06 u. a. - BVerfGE 117, 244 <265 f.>). Sollten im Einzelfall derartige Befürchtungen bestehen, stünden die gegen Vollzugsmaßnahmen eröffneten Rechtsbehelfe offen.

61 4. Die Verbotsverfügung erweist sich in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt allerdings aus materiell-rechtlichen Gründen als rechtswidrig. Bei der Prüfung der Voraussetzungen des Verbots hat der Senat im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO den gesamten Streitstoff des Verfahrens umfassend zu würdigen (a.). Die hinter der COMPACT-Magazin GmbH stehende Organisation erfüllt die Anforderungen des § 2 Abs. 1 VereinsG (b.) und muss sich die Tätigkeiten ihrer Teilorganisation, der Klägerin zu 2, zurechnen lassen (c.). Es liegen jedoch nicht sämtliche Voraussetzungen des eng auszulegenden Verbotsgrunds des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung vor (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG) (d.).

62 a. Bei der gerichtlichen Überprüfung einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung hat der Senat als Tatsacheninstanz gemäß § 86 Abs. 1 VwGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Seine Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) beruht, der Eigenart der Materie entsprechend, in erheblichem Umfang auf der zusammenfassenden tatrichterlichen Bewertung von Indizien. Er hat sich auf der Grundlage der festgestellten Indizien und nach umfassender Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Beteiligten, der von diesen vorgelegten und in das Verfahren einbezogenen Unterlagen, des ergänzenden Vortrags der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung und einer gegebenenfalls durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung darüber zu bilden, ob der klagende Verein mithilfe von Teilorganisationen in ihn prägender Weise Verbotsgründe verwirklicht hat (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 - BVerwGE 180, 1 Rn. 81 m. w. N.). Bei dieser Würdigung kommt es hier auf die von den Klägern beanstandeten Teil-Schwärzungen, die der Verwaltungsvorgang an verschiedenen Stellen enthält, nicht entscheidungserheblich an.

63 b. Ein Verein ist gemäß § 2 Abs. 1 VereinsG ohne Rücksicht auf die Rechtsform jede Vereinigung, zu der sich eine Mehrheit natürlicher oder juristischer Personen für längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat.

64 Die Begriffsmerkmale des § 2 Abs. 1 VereinsG sind entsprechend der gefahrenabwehrrechtlichen Zwecksetzung des Vereinsgesetzes und im Einklang mit dem Schutz der Vereinigungsfreiheit weit auszulegen. Ein Zusammenschluss setzt allerdings schon nach seinem Wortlaut ein bewusstes und gewolltes Handeln voraus. Auch bei einer extensiven Interpretation des Vereinsbegriffs kann eine solche Verbindung mehrerer Personen nur angenommen werden, wenn sich diese durch einen konstitutiven Akt verbunden haben. Dabei dürfen an die Qualität dieses Aktes aber keine hohen Anforderungen gestellt werden; eine stillschweigende Übereinkunft reicht aus. Auch hinsichtlich des gemeinsamen Zwecks genügt eine faktische Übereinstimmung über die wesentlichen Ziele des Zusammenschlusses. Die von dem Willen der einzelnen Mitglieder losgelöste und organisierte Gesamtwillensbildung, der sich die Mitglieder kraft der Verbandsdisziplin prinzipiell unterordnen müssen bzw. die sie kraft eigenen Entschlusses als prinzipiell beachtlich werten, erfordert weder eine Satzung noch spezifische Vereinsorgane. Auch eine auf faktischer Unterwerfung beruhende autoritäre Organisationsstruktur reicht aus; demokratische Willensbildungsprozesse sind nicht notwendig. Das Vorliegen sämtlicher Begriffsmerkmale kann aus Indizien hergeleitet werden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Januar 2020 - 6 A 1.19 - BVerwGE 167, 293 Rn. 38 f. und vom 24. Juli 2024 - 6 A 5.22 - juris Rn. 28 jeweils m. w. N.; bestätigt durch BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Juli 2019 - 1 BvR 1099/16 - NVwZ 2020, 224 Rn. 16 f.).

65 Nach diesen Maßgaben stellt die hinter der COMPACT-Magazin GmbH stehende Vereinigung einen Verein i. S. d. § 2 Abs. 1 VereinsG dar. Auf die zivilrechtliche Rechtsform des Zusammenschlusses kommt es nicht an, wie § 2 Abs. 1 VereinsG explizit bestimmt. Vielmehr ist das öffentliche Vereinsrecht von dem Grundsatz der Faktizität geprägt (dazu BVerwG, Urteil vom 19. September 2023 - 6 A 12.21 - BVerwGE 180, 185 Rn. 47 m. w. N.). Es ermöglicht ohne Weiteres den Zugriff auf die tatsächliche Organisation, die über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung hinausreicht, deren Anteilseigner die Kläger zu 3 und 5 zum Zeitpunkt des Verbotserlasses waren. Bei diesem faktischen Zusammenschluss handelt es sich um den bereits beschriebenen "Elsässer-Kreis".

66 Dieser aus dem Ehepaar Elsässer und mehreren Mitarbeitern bestehende Personenverbund ist auf Dauer angelegt, verfolgt mit der Herausgabe der Print- und Onlinemedien und seiner politischen Agenda einen gemeinsamen Zweck und hat sich der straffen Willensbildung nach den Vorgaben des Klägers zu 3 als der zentralen Leitfigur unterworfen. Schon nach dem eigenen Vorbringen der Klägerseite hat dieser "die Geschicke unentwindbar in seinen Händen". Er ist der Chefredakteur im Printbereich, mit seinem Editorial beginnt jede Ausgabe des COMPACT-Magazins sowie von COMPACT - Spezial. Sein Führungsanspruch wird dadurch bestätigt, dass sich der Kläger zu 3 im Termin zur mündlichen Verhandlung selbst als "Diktator" bezeichnet hat. Bereits die hiermit verbundene und als solche von allen Mitgliedern anerkannte Autorität genügt, um von einer vom Willen der Einzelnen losgelösten und organisierten Gesamtwillensbildung auszugehen.

67 Als Mitglieder der Klägerin zu 1 sind diejenigen Personen anzusehen, die sich zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen und der organisierten Willensbildung in Gestalt der Autorität des Klägers zu 3 unterworfen haben. Zutreffend geht die Verbotsverfügung davon aus, dass die Kläger zu 4 bis 10 führende Mitglieder des vom Kläger zu 3 angeführten Zusammenschlusses sind ("Führungsebene", Verbotsverfügung S. 3). Diese wirken als Prokurist (Kläger zu 5) und als Redakteure, Autoren, Moderatoren bzw. kaufmännische Angestellte (Klägerin zu 4 sowie Kläger zu 6 bis 10) arbeitsteilig und auf Dauer zusammen, um das multimediale Produktportfolio herzustellen und zu vertreiben sowie die realweltlichen Veranstaltungen durchzuführen. Hierbei kommt der Klägerin zu 4 schon infolge ihrer persönlichen Verbundenheit mit dem Kläger zu 3 eine herausgehobene Stellung zu. Sie ist vor allem als Moderatorin im Bereich von COMPACT-TV tätig und arbeitet dort mit dem Kläger zu 6 ("COMPACT-TV-Chef") zusammen. Der Kläger zu 7 wird im Impressum des COMPACT-Magazins zuletzt als "Chef vom Dienst" bezeichnet. Der Kläger zu 8 leitet den Vertrieb. Die Kläger zu 9 und 10 verantworten die finanzielle Leistungsfähigkeit des Zusammenschlusses.

68 c. Die in der Verbotsverfügung genannte CONSPECT FILM GmbH war - ungeachtet ihrer zwischenzeitlichen Auflösung - zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses eine nichtgebietliche Teilorganisation der Vereinigung mit eigener Rechtspersönlichkeit i. S. d. § 3 Abs. 3 Satz 2 VereinsG. Denn die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG für die Annahme einer Teilorganisation lagen vor (zu den Anforderungen: BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2023 - 6 A 4.21 - BVerwGE 179, 284 Rn. 35 m. w. N.). Die von der Rechtsprechung verlangte Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung war bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse in Bezug auf die Klägerin zu 2 erfüllt. Diese war tatsächlich in die Organisation des "Elsässer-Kreises" eingebunden und wurde von ihm beherrscht.

69 Ausschlaggebend hierfür sind die kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen dem Verein als Ganzem und seinen Mitgliedern einerseits und der Klägerin zu 2 andererseits. Die Klägerin zu 1 war Hauptgesellschafterin, weitere Anteilseigner waren der Kläger zu 3, die Klägerin zu 4 sowie der Kläger zu 6. Mit der gesellschaftsrechtlich beherrschenden Stellung durch die Klägerin zu 1 war eine Dominanz des dortigen Hauptgesellschafters und Geschäftsführers verbunden, die es diesem - dem Kläger zu 3 - erlaubte, auch die Geschicke der Klägerin zu 2 maßgeblich zu bestimmen. Unterstützung erfuhr er hierbei durch die bestehenden familiären und organisatorischen Verbindungen. Seine Ehefrau war die Geschäftsführerin der Klägerin zu 2. Der Unternehmenssitz dieser Gesellschaft befand sich zum Zeitpunkt des Erlasses der Verbotsverfügung an derselben Adresse wie die Redaktionsräume der Klägerin zu 1, wo die Eheleute Elsässer überdies ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Zudem bestand eine enge wirtschaftliche Verzahnung, weil der Geschäftsbetrieb der Klägerin zu 2 im Wesentlichen auf die multimedialen Angebote der Klägerin zu 1 ausgerichtet war. Im Übrigen bezeichnen die Kläger die Klägerin zu 2 selbst als "Tochtergesellschaft unter dem Konzerndach" der Klägerin zu 1. Die Tätigkeiten der Klägerin zu 2 können dem "Elsässer-Kreis" deshalb zugerechnet werden.

70 d. Die Vereinigung erfüllt allerdings auch unter Einbeziehung der ihr als Teilorganisation zuzurechnenden Aktivitäten der Klägerin zu 2 nicht den Verbotsgrund des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung i. S. d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG. Sie vertritt zwar verfassungsfeindliche Positionen (aa.). Auch lässt sich das Merkmal des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung ohne Weiteres annehmen (bb.). Jedoch erreichen die verbotsrelevanten Äußerungen und Aktivitäten des "Elsässer-Kreises" in der Gesamtwürdigung noch nicht die Schwelle der verfassungsfeindlichen Prägung (cc.).

71 aa. Der "Elsässer-Kreis" vertritt politische Forderungen, die zum Teil mit der verfassungsmäßigen Ordnung ((1)) in Gestalt der Garantie der Menschenwürde ((2)) sowie des Demokratieprinzips ((3)) nicht in Einklang stehen.

72 (1) Das Schutzgut der verfassungsmäßigen Ordnung i. S. d. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG umfasst - wie die freiheitliche demokratische Grundordnung in Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 und 3 Satz 1 GG - die elementaren Grundsätze der Verfassung, namentlich die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (BVerfG, Urteile vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 535 ff. und vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - BVerfGE 168, 193 Rn. 247 ff. sowie Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 107; BVerwG, Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 - BVerwGE 180, 1 Rn. 256). Nicht zuletzt der Ausnahmecharakter der Instrumente präventiven Verfassungsschutzes gebietet eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Denn die Grundentscheidung der Verfassung für einen offenen Prozess der politischen Willensbildung hat zur Folge, dass auch das kritische Hinterfragen einzelner Elemente der Verfassung möglich sein muss. Der Regelungsgehalt des Art. 79 Abs. 3 GG geht demgegenüber - etwa durch die Bezugnahme auf die Prinzipien der Republik und des Bundesstaates - über den für einen freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbaren Mindestgehalt hinaus (BVerfG, Urteile vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 535, 537 und vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - BVerfGE 168, 193 Rn. 249).

73 Die Feststellung eines Verstoßes gegen die verfassungsmäßige Ordnung verlangt nicht, dass der betreffende Verein gegen sämtliche Merkmale der verfassungsmäßigen Ordnung vorgeht und diese Ordnung in jeglicher Hinsicht abschaffen will oder ablehnt. Vielmehr genügt schon die Ablehnung eines der Wesenselemente, da diese miteinander verschränkt sind und sich gegenseitig bedingen. Allerdings ist nicht jede verfassungswidrige Forderung, nicht jede einzelne Äußerung für sich genommen ausreichend. Entscheidend ist vielmehr, dass sich die Organisation gezielt insgesamt, in ihrer charakteristischen Grundtendenz, gegen diejenigen fundamentalen Prinzipien wendet, die für ein freiheitliches und demokratisches Zusammenleben unverzichtbar sind (vgl. zu Art. 21 Abs. 2 GG: BVerfG, Urteile vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 548 ff., 556 und vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - BVerfGE 168, 193 Rn. 260 f.).

74 Soweit die Klägerseite insbesondere mit Blick auf die Garantie der Menschenwürde Einschränkungen dieses Maßstabs fordert, folgt der Senat dem nicht. Sie insinuiert, der dargestellte Maßstab gebe subjektiven Meinungen der entscheidenden Richter ("die persönlichen Weltanschauungen der zuständigen Richter"), dem "Zeitgeist" oder den "herrschenden" Grundwerten der Gesellschaft Raum. Das trifft jedoch nicht zu. Was unter die elementaren Wesenselemente der Verfassung fällt, die das Schutzgut der verfassungsmäßigen Ordnung bilden, ist durch die Rechtsprechung näher konturiert worden. Es sind objektive Kriterien, anhand derer sich bemisst, ob ein Verstoß gegen die Menschenwürde, gegen das Demokratieprinzip oder den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit vorliegt. Dass hierbei tatsächliche und rechtliche Würdigungen vorzunehmen sind, steht dem nicht entgegen. Die Kläger meinen außerdem unter Bezugnahme auf die von ihnen so verstandene Rechtsprechung zu Art. 79 Abs. 3 GG (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - BVerfGE 168, 193 Rn. 200 ff., 208 f.), dass ein Vereinsverbot erst gerechtfertigt sei, wenn die Menschenwürde, das Demokratieprinzip oder der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit "im Kern" abgelehnt werde. Diesen Ansatz macht sich der Senat nicht zu eigen. Denn eine Aufspaltung der Menschenwürde in einen Kernbereich und einen - lediglich geringeren Schutz genießenden - Rand lässt sich nicht tragfähig begründen. Ebenso wenig lässt sich die Verletzung elementarer Verfassungsgrundsätze mithilfe von Unterprinzipien und diesen zugemessenen Prozentzahlen gleichsam mathematisch ermitteln.

75 (2) Der "Elsässer-Kreis" verstößt mit Teilen seiner Bestrebungen gegen die Garantie der Menschenwürde, mit der ein rechtlich abgewerteter Status oder demütigende Ungleichbehandlungen von Menschen nicht vereinbar sind ((a)). Prüfungsgegenstand ist hierbei das politische Konzept der Vereinigung, welches sie zur Geltung bringen würde, könnte sie mitgestalten ((b)). Für die Ermittlung der (wahren) politischen Ziele einer Vereinigung ist auf das Auftreten in der Öffentlichkeit, die Publikationen sowie die Äußerungen und die Grundeinstellung ihrer Funktionsträger abzustellen ((c)). Auch bei einem Presse- und Medienunternehmen ist es der Verbotsbehörde nicht verwehrt, insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen anzuknüpfen, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen. Selbst wenn Äußerungen als solche weder strafbar noch rechtswidrig sind, können sie als Indizien für ein Vereinsverbot herangezogen werden ((d)). Allerdings ist Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung einer in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallenden Äußerung, dass ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist; bei mehrdeutigen Äußerungen ist diejenige Variante zugrunde zu legen, die noch von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist ((e)). Ausgehend hiervon erweist sich das sogenannte "Remigrationskonzept" von Martin Sellner - jedenfalls was die unterschiedliche Behandlung deutscher Staatsangehöriger anbelangt - als menschenwürdewidrig ((f)). Mit diesen Plänen identifiziert sich der "Elsässer-Kreis" ((g)). Die gegen die Menschenwürde verstoßenden politischen Ziele werden durch die fortgesetzte verbale Herabwürdigung von Zugewanderten belegt, welche die Presse- und Medienerzeugnisse der Vereinigung enthalten ((h)). Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Klägerin zu 1 vermögen diesen Befund nicht in Frage zu stellen ((i)). Die weiteren Umstände, auf die sich die Verbotsverfügung stützt, begründen keinen darüber hinausgehenden Verstoß gegen die Menschenwürde ((j)).

76 (a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts findet die verfassungsmäßige Ordnung im Sinne der zweiten Tatbestandsvariante des Art. 9 Abs. 2 GG - wie die freiheitliche demokratische Grundordnung in Art. 18 und Art. 21 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 107) – ihren Ausgangspunkt in der Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 GG). Dies ist der oberste Wert des Grundgesetzes. Die Menschenwürde ist unverfügbar. Die Staatsgewalt hat sie in allen ihren Erscheinungsformen zu achten und zu schützen. Damit wird dem Staat und seiner Rechtsordnung jede Absolutheit und jeder "natürliche" Vorrang genommen. Die Garantie der Menschenwürde umfasst insbesondere die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit. Dem liegt eine Vorstellung vom Menschen zugrunde, die diesen als Person begreift, die in Freiheit über sich selbst bestimmen und ihr Schicksal eigenverantwortlich gestalten kann. Mit der Subjektqualität des Menschen ist ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum "bloßen Objekt" staatlichen Handelns zu degradieren.

77 Auch wenn diese "Objektformel" in ihrer Leistungskraft begrenzt sein mag, ist sie zur Identifizierung von Menschenwürdeverletzungen jedenfalls überall dort geeignet, wo die Subjektqualität des Menschen und der daraus folgende Achtungsanspruch grundsätzlich in Frage gestellt werden. Dies ist insbesondere bei jeder Vorstellung eines ursprünglichen und daher unbedingten Vorrangs eines Kollektivs gegenüber dem einzelnen Menschen der Fall. Die Würde des Menschen bleibt nur unangetastet, wenn der Einzelne als grundsätzlich frei, wenngleich stets sozialgebunden, und nicht umgekehrt als grundsätzlich unfrei und einer übergeordneten Instanz unterworfen behandelt wird. Die unbedingte Unterordnung einer Person unter ein Kollektiv, eine Ideologie oder eine Religion stellt eine Missachtung des Wertes dar, der jedem Menschen um seiner selbst willen, kraft seines Personseins zukommt. Sie verletzt seine Subjektqualität und stellt einen Eingriff in die Garantie der Menschenwürde dar, der fundamental gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstößt.

78 Menschenwürde ist egalitär; sie gründet ausschließlich in der Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung, unabhängig von Merkmalen wie Herkunft, Rasse, Lebensalter oder Geschlecht. Dem Achtungsanspruch des Einzelnen als Person ist die Anerkennung als gleichberechtigtes Mitglied in der rechtlich verfassten Gemeinschaft immanent. Mit der Menschenwürde sind daher ein rechtlich abgewerteter Status oder demütigende Ungleichbehandlungen nicht vereinbar. Dies gilt insbesondere, wenn derartige Ungleichbehandlungen gegen die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG verstoßen, die sich jedenfalls als Konkretisierung der Menschenwürde darstellen. Antisemitische oder auf rassistische Diskriminierung zielende Konzepte sind damit nicht vereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung (zu Vorstehendem: BVerfG, Urteile vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 538 ff. und vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - BVerfGE 168, 193 Rn. 250 ff.). Die Ablehnung weiterer Zuwanderung offenbart jedenfalls dann eine verfassungsfeindliche Haltung, wenn deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund allen Deutschen zustehende Rechte abgesprochen und wohlerworbene Rechte rechtsstaatswidrig aberkannt bzw. ihnen mit rechtsstaatswidrigen Mitteln begegnet, sie also ausgegrenzt oder vertrieben werden sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 47).

79 Hingegen widersprechen politische Konzepte nicht der Verfassung, die bei der Ausgestaltung des Staatsangehörigkeitsrechts nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 2 GG lediglich allgemein die Bewahrung einer geistig-kulturellen Homogenität oder die Erhaltung des Abstammungsprinzips fordern. Dem entspricht es, dass auch bei der Ausformung der Europäischen Union auf die unterschiedlichen nationalen Identitäten der Mitgliedsstaaten zu achten ist. Ihnen müssen in hinreichendem Umfang eigene Hoheitsrechte - insbesondere im Staatsangehörigkeitsrecht - verbleiben, damit die Staatsvölker dem, was sie - relativ homogen - geistig sozial und politisch verbindet, rechtlichen Ausdruck geben könnten (BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 48 unter Verweis auf BVerfG, Urteil vom 12. Oktober 1993 - 2 BvR 2134/92 u. a. - BVerfGE 89, 155 <181, 186> und vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u. a. - BVerfGE 123, 267 <350, 357 f., 381, 400 f., 405 f.>).

80 (b) Prüfungsgegenstand ist das politische Konzept des "Elsässer-Kreises", das zur Geltung käme, könnte dieser die Geschicke des Landes mitgestalten und das Konzept mit hoheitlichen Mitteln umsetzen. Damit ist die Frage einer Drittwirkung der Grundrechte, namentlich der Menschenwürde, entgegen der klägerischen Auffassung nicht angesprochen. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG verlangt ein Sichrichten gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Hierfür kommt es nicht auf eine Grundrechtswidrigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit der privatrechtlichen Betätigung der Vereinigung an, sondern auf deren Verfassungsfeindlichkeit. Dies erfordert, sich mit der politischen Agenda der Vereinigung auseinanderzusetzen. Missachten ihre politischen Ziele die Würde des Menschen (respektive das Demokratieprinzip oder den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit), wäre die verfassungsfeindliche Haltung erwiesen.

81 (c) Die (wahren) politischen Ziele einer Vereinigung ergeben sich vor allem aus dem Auftreten in der Öffentlichkeit, den Publikationen sowie den Äußerungen und der Grundeinstellung ihrer Funktionsträger. Da eine Vereinigung etwaige verfassungsfeindliche Bestrebungen erfahrungsgemäß zu verheimlichen sucht, kommt es weniger auf ihre Satzung oder ihr Programm an, sondern auf das Gesamtbild, das sich aus einzelnen Äußerungen und Verhaltensweisen zusammenfügt (BVerwG, Urteile vom 5. August 2009 - 6 A 3.08 - BVerwGE 134, 275 Rn. 45 und vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 35). Hier lässt sich vor allem an Beiträge in den Print- und Online-Formaten der Klägerin zu 1 anknüpfen ((aa)). Daneben können Verhaltensweisen der führenden Mitglieder des "Elsässer-Kreises" sowie deren Äußerungen außerhalb der Publikationen gewürdigt werden ((bb)).

82 (aa) Nicht jeder Artikel oder Beitrag in den Print- und Online-Medien der Klägerin zu 1 ist Ausdruck ihrer eigenen Haltung. Es kommt vielmehr darauf an, ob sie sich mit diesen Positionen inhaltlich identifiziert und sie sich zu eigen macht. Das Institut der presserechtlichen Verantwortung ermöglicht für sich genommen noch keine Zurechnung von Beiträgen auf die dort aufgeführten Personen, da es anderen Zwecken dient. Die in den Pressegesetzen ausdrücklich geregelte Pflicht zum Impressum und darin unter anderem zur Angabe des Verlags und des verantwortlichen Redakteurs soll die Vereitelung einer straf- und zivilrechtlichen Haftung durch Flucht in die Anonymität verhindern (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <85>). In Ansehung dieser Maßgaben rechnet der Senat Äußerungen, die führende Mitglieder der Vereinigung in den COMPACT-Medien tätigen, ohne Weiteres der Organisation zu (<1>). Außerdem können die Beiträge von Redakteuren zugerechnet werden (<2>). Über diesen Personenkreis hinaus kommt auch eine Zurechnung bestimmter Autoren in Betracht, mit denen sich die Vereinigung identifiziert (<3>). Ob und in welchem Umfang in den COMPACT-Medien, namentlich im COMPACT-Magazin, ein "Markt der Meinungen" eröffnet wird, kann deshalb offenbleiben (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 37; BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <83 f., 86>).

83 <1> Es liegt auf der Hand, dass die Äußerungen führender Mitglieder der Vereinigung inhaltlich als Position der Organisation anzusehen sind. Infolge ihrer herausgehobenen Stellung bestimmen sie die Ausrichtung, den Inhalt und die Gestaltung der Presse- und Medienprodukte. Dies betrifft vor allem den Kläger zu 3, der als Chefredakteur und Autor im Print- und Online-Bereich tätig ist und darüber hinaus als Co-Moderator bei COMPACT-TV auftritt. Einbezogen sind hiermit auch die Kläger zu 4 und 6 (letzterer als "COMPACT-TV-Chef"), die als Autoren, Redakteure sowie Moderatoren in den Print- und Online-Formaten auftreten. Außerdem lässt sich an die Beiträge des Klägers zu 7 anknüpfen, der unter dem Aliasnamen "Daniell Pföhringer" sowohl eigene Beiträge verfasst als auch als "Chef vom Dienst" für das COMPACT-Magazin in herausgehobener Verantwortung agiert.

84 Dass sich der Kläger zu 7 hinter diesem Aliasnamen verbirgt, schließt der Senat aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen. Diese beinhalten das G10-Protokoll eines Telefonats eines Autors mit dem Kläger zu 3 vom 24. Oktober 2022, aus dem sich diese Information ergibt. Vor allem bestätigen sie, dass die Identität u. a. des Klägers zu 7 vom "Elsässer-Kreis" nach außen bewusst verschleiert worden ist, um dessen Vergangenheit in der NPD zu verheimlichen. Hierdurch sollte Schaden von der Vereinigung abgewendet werden, der durch eine allzu große Nähe zur NPD befürchtet worden war. Dies zeigt sich eindrücklich in einem Telefonat vom 19. Juni 2023 zwischen der Klägerin zu 4 mit dem Kläger zu 6. Darin äußert die Klägerin zu 4, dass NPD-Anhänger generell "verbrannt" seien und potentielle Spender abschrecken könnten. Sie könnten lediglich hinter der Kamera oder unter einem Pseudonym auftreten. Zudem dürfe in keinem Fall herauskommen, dass u. a. der Kläger zu 7 Hitlers Geburtstag feiere, andernfalls drohten "richtig" Probleme. Das sei auch ein Grund dafür, weshalb der Kläger zu 7 ausschließlich im Hintergrund arbeite.

85 <2> Darüber hinaus nehmen sämtliche Redaktionsmitglieder der Print- und Online-Formate Einfluss auf den Inhalt und das Erscheinungsbild des Mediums. Sie legen in Abstimmung mit den Führungspersonen der Vereinigung jeweils die redaktionellen Linien fest. Einige Redakteure treten dabei zugleich als regelmäßige Autoren auf. Ihre Beiträge geben ein authentisches Bild darüber ab, welche Positionen Ausdruck der jeweiligen redaktionellen Linie sind. Dies gilt insbesondere für die Redakteure Sven Eggers sowie - unter dem Aliasnamen "Sven Reuth" auftretend - Arne Schimmer.

86 Dass sich Arne Schimmer hinter diesem Pseudonym verbirgt, ergibt sich aus dessen Telefonat mit dem Kläger zu 3 vom 6. Juli 2022. Darin erörtern beide das Thema eines Beitrags von Schimmer. Der Kläger zu 3 regt an, etwas zu den von der Landesregierung Thüringen diskutierten Waffenverboten zu schreiben ("Deswegen so eine Überschrift wie ... was weiß ich ... 'Jetzt droht das Waffenverbot für alle Patrioten'"). Am selben Tag erscheint auf COMPACT-Online der Beitrag "Thüringen: Waffenverbot für alle Patrioten" des Autors "Sven Reuth". Dass es sich bei diesem Namen um ein Pseudonym handelt, ergibt sich aus dem politischen Hintergrund Schimmers. Dieser war nicht nur Mitglied der NPD und Abgeordneter dieser Partei im Sächsischen Landtag (von 2009 bis 2014). Arne Schimmer ist auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage in der in Die Heimat umbenannten Partei unverändert in einer Führungsposition tätig. Er ist bei der letzten Vorstandswahl im Jahre 2023 als Beisitzer in den Bundesvorstand gewählt worden und als Pressesprecher dieser Partei tätig (Die Führungsetage | Meine Heimat, abgerufen am 24. Juni 2025). Nach dem eigenen Verständnis des "Elsässer-Kreises" war es deshalb geboten, dass Arne Schimmer nur unter einem Pseudonym auftreten konnte. Im Übrigen sind die Kläger der von der Beklagten vorgenommenen Zuordnung der unterschiedlichen Aliasnamen nicht entgegengetreten.

87 <3> Daneben räumt die Vereinigung seit vielen Jahren verschiedenen Gastautoren die Möglichkeit ein, ihre Beiträge in den COMPACT-Medien zu veröffentlichen. Diese kontinuierliche Bereitstellung geeigneter Medien deutet auf eine enge ideologische Verbundenheit und eine inhaltliche Übereinstimmung hin. Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass den Autoren zum Teil feste Kolumnen im COMPACT-Magazin zur Verfügung gestellt werden. Die Kolumnen prägen nicht nur das äußerliche Erscheinungsbild des Magazins, sondern bilden aus der Perspektive der Rezipienten zugleich einen erwartbaren Beitrag dieser Autoren in jedem Heft.

88 Dies betrifft zunächst Martin Sellner, der als führender Vordenker der Identitären Bewegung im deutschsprachigen Raum gilt. Er wird von den Klägern zu 3 und 4 als Person sehr geschätzt, wie beide im Termin zur mündlichen Verhandlung geäußert haben. Martin Sellner hat einen festen Platz im COMPACT-Magazin. Er beschließt jede Ausgabe des Magazins mit einem Schlusswort (Kolumne "Sellners Revolution_"). Daneben werden fortwährend Artikel von Sellner unter anderem im COMPACT-Magazin sowie auf COMPACT-Online veröffentlicht. Außerdem tritt Martin Sellner als Gastredner bzw. Podiumsdiskutant bei den Veranstaltungen der Vereinigung (u. a. "Sommerfeste", "Souveränitätskonferenzen") auf. Sellner darf auch eine eigene COMPACT-Videokolumne betreiben ("COMPACTSellner"). In der nachrichtenähnlichen Sendung von COMPACT-TV ("COMPACT.DerTag") kommen die Moderatoren - neben dem Kläger zu 3 vor allem die Kläger zu 4 und 6 - regelmäßig und zustimmend auf die Person Sellner zu sprechen. Gleiches gilt für die übrigen Veröffentlichungen der Vereinigung, in denen er als der wichtigste Vordenker der Rechten präsentiert wird. Auch in wiederholten Gesprächsrunden Sellners etwa mit dem Kläger zu 3 ("Wie wir uns retten können" in COMPACT-Magazin 11/2023 S. 20 ff.) sowie mit Manfred Kleine-Hartlage als weiterem regelmäßigen Gastautor ("Querfront ohne Chance" in COMPACT-Magazin 8/2023 S. 27 ff.) kommt gegenseitige Sympathie und ideologische Nähe zum Ausdruck. Im Frühjahr 2024 ist Martin Sellner - als Reaktion auf die veröffentlichten Recherchen von CORRECTIV (Geheimplan gegen Deutschland, abgerufen am 24. Juni 2025) – eine eigene COMPACT-Edition "Sellner - Geheimplan - Was ich wirklich will" gewidmet worden. Insgesamt wird hieraus deutlich, dass sich die Person Martin Sellner innerhalb des "Elsässer Kreises" großer ideologischer Wertschätzung erfreut.

89 Aus ähnlichen Gründen ist eine Zurechnung der Beiträge des soeben erwähnten Autors Manfred Kleine-Hartlage möglich. Auch er tritt seit Jahren mit einer festen Kolumne im COMPACT-Magazin in Erscheinung ("Hartlages BRD-Sprech_"). Daneben veröffentlicht er weitere Artikel in den COMPACT-Medien (z. B. "Verbrecher an der Macht" in COMPACT-Magazin 5/2024 S. 10 ff.). Seine Bücher werden in den Print- und Online-Formaten der Vereinigung beworben (u. a. "Querfront", "BRD Sprech - Wörter als Waffe der Umerziehung"). Daneben wird Manfred Kleine-Hartlage insbesondere vom Kläger zu 3 als Interview- und Gesprächspartner bei COMPACT-TV geschätzt (etwa "Aufstieg und Fall der Sahra W." am 28. Oktober 2023 oder "So funktioniert die Umerziehungspropaganda" am 5. November 2023).

90 Außerdem rechnet der Senat die Beiträge des Autors Werner Bräuninger der Vereinigung zu. Dieser veröffentlicht seit langem und regelmäßig im COMPACT-Magazin sowie auf COMPACT-Online (z. B. "Überfremdung: Wie Frankfurt zu Kalkutta wurde" auf COMPACT-Online vom 6. September 2022, "Kriegsfurien und Klima-Gören" in COMPACT-Magazin 3/2023 S. 18 ff., "Braune Brühe" in COMPACT-Magazin 4/2023 S. 51 ff.). Die Überlegungen Bräuningers zur Migrationspolitik ("Remigration nach Plan" in COMPACT-Magazin 9/2023 S. 38 ff.) liegen auf einer Linie mit den Beiträgen, die der Vereinigung eindeutig zugerechnet werden können. Die Umstände sprechen in der Gesamtschau dafür, dass die Vereinigung auch die Positionen von Werner Bräuninger befürwortet.

91 (bb) Darüber hinaus können das Verhalten der Führungspersonen der Vereinigung und deren Äußerungen außerhalb der Veröffentlichungen in die Würdigung einbezogen werden. Unerheblich ist, in welchem Zusammenhang solche Aussagen gefallen sind. Eine trennscharfe Unterscheidung zwischen einer rein privaten und einer der Vereinigung zuzurechnenden Sphäre gibt es hier nicht. Stammen Äußerungen von führenden Mitgliedern einer Vereinigung oder wird ihr Inhalt von ihnen erkennbar befürwortet, sind sie der Vereinigung auch dann zuzurechnen, wenn sie als solche nicht für die Vereinstätigkeit erstellt oder in ihr verwandt worden sind, jedoch den ideologischen Hintergrund kennzeichnen, vor dem die Verantwortlichen der Vereinigung handeln. Eine Zurechnung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn eine Aussage inhaltlich auf einer Linie mit anderen Beiträgen liegt, die der Vereinigung eindeutig zugeordnet werden können (BVerwG, Urteile vom 1. September 2010 - 6 A 4.09 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 55 Rn. 30 und 52 sowie vom 19. Dezember 2012 - 6 A 6.11 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 59 Rn. 18). Insofern können Äußerungen der Führungspersonen der Klägerin zu 1, namentlich solche der Kläger zu 3 und 4, auf Demonstrationen, Podiumsdiskussionen und sonstigen Veranstaltungen oder in Telefonaten ohne Weiteres der Vereinigung zugerechnet werden. Dies gilt umso mehr, als "Außenauftritte" auf realweltlichen Veranstaltungen in der Regel mit konkreter Werbung für das COMPACT-Magazin verknüpft waren und die Zuhörer die Aussagen somit mit der Klägerin zu 1 verbunden haben.

92 (d) Auch bei einem Presse- und Medienunternehmen dürfen Verbotsbehörde und Gerichte insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpfen, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen. Dem Staat ist grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen (vgl. für die Anknüpfung an Presseinhalte durch Verfassungsschutzbehörden: BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <82, 85>).

93 Selbst wenn die die Grundüberzeugung einer Vereinigung zum Ausdruck bringenden Äußerungen als solche weder strafbar noch rechtswidrig sind, können sie als Indizien für ein Vereinsverbot herangezogen werden. Schon die Existenz von zwei weiteren, jeweils selbständig neben der Strafgesetzwidrigkeit stehenden und eigenständig formulierten Verbotsgründen in Art. 9 Abs. 2 GG spricht dafür, dass es bei diesen nicht notwendigerweise darauf ankommt, ob die herangezogenen Handlungen oder Äußerungen die Strafbarkeitsschwelle überschreiten. Vor allem dient ein Vereinsverbot als Instrument des präventiven Verfassungsschutzes dazu, schon vorbeugend einzugreifen. Dem Verfassungsgeber genügte ein repressiver Schutz der verfassungsmäßigen Ordnung durch strafrechtliche Bestimmungen gerade nicht. Vielmehr wollte er dem wehrhaften Verfassungsstaat nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus die Möglichkeit eröffnen, frühzeitig - ohne erst strafbares Handeln abwarten zu müssen - tätig werden zu können. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass sich das der Organisation zurechenbare Handeln - unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung - als gesetzeswidrig darstellt (vgl. zu Art. 21 Abs. 2 GG: BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 578).

94 (e) Allerdings ist Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung einer in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallenden Äußerung, dass ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 1996 - 1 BvR 262/91 - BVerfGE 94, 1 <9>). Da schon auf der Deutungsebene Vorentscheidungen über die rechtliche Zulässigkeit einer Äußerung fallen, ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur spezifische Anforderungen an die Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Gesetze, sondern bereits an die vorgelagerte Interpretation umstrittener Äußerungen (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <295>; BVerwG, Urteil vom 26. April 2023 - 6 C 8.21 - BVerwGE 178, 246 Rn. 29). Ziel der Deutung ist die Ermittlung des objektiven Sinns einer Äußerung. Maßgeblich ist daher weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums objektiv hat (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <295> und Kammerbeschlüsse vom 25. März 2008 - 1 BvR 1753/03 - NJW 2008, 2907 <2908> sowie vom 24. September 2009 - 2 BvR 2179/09 - NJW 2009, 3503 Rn. 7). Der Wortlaut einer Äußerung legt ihren Sinn nicht abschließend fest, denn der objektive Sinn wird auch vom Kontext und den Begleitumständen einer Äußerung bestimmt, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <295>). Die Notwendigkeit der Berücksichtigung begleitender Umstände ergibt sich in besonderer Weise dann, wenn die betreffende Formulierung ersichtlich ein Anliegen in nur schlagwortartiger Form zusammenfasst (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 1. Dezember 2007 - 1 BvR 3041/07 - BVerfGK 13, 1 <5>).

95 Bei mehrdeutigen Äußerungen haben Behörden und Gerichte sanktionsrechtlich irrelevante Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen, bevor sie ihrer Entscheidung eine zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung zugrunde legen (BVerfG, Beschlüsse vom 19. April 1990 - 1 BvR 40 und 42/86 - BVerfGE 82, 43 <52>, vom 9. Oktober 1991 - 1 BvR 1555/88 - BVerfGE 85, 1 <14>, vom 13. Februar 1996 - 1 BvR 262/91 - BVerfGE 94, 1 <9> und vom 25. Oktober 2005 - 1 BvR 1696/98 - BVerfGE 114, 339 <349>; BVerwG, Urteil vom 26. April 2023 - 6 C 8.21 - BVerwGE 178, 246 Rn. 30). Entgegen der Annahme der Beklagten ist diese Interpretationsmaxime bei der Auslegung von Äußerungen auch und erst recht im Rahmen der Überprüfung eines gegenüber einem Presse- und Medienunternehmen ausgesprochenen Vereinsverbots zugrunde zu legen. Denn andernfalls könnte - entgegen den verfassungsgerichtlichen Vorgaben (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 93, 98 und 113) – der Schutz der Presse- und Medienfreiheit durch ein Vereinsverbot unterlaufen werden.

96 Teil dieser Freiheit ist, dass als verantwortlich angesehene Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für deren Art und Weise der Machtausübung angegriffen werden können. Im Gegensatz zu legitimer Machtkritik ist freilich eine auf die Person abzielende, insbesondere öffentliche Verächtlichmachung oder Hetze unzulässig (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Mai 2009 - 1 BvR 2397/19 - NJW 2020, 2622 Rn. 30, 32). Deshalb ist insbesondere in Bezug auf Presse- und Medienerzeugnisse bei mehrdeutigen Äußerungen diejenige Variante zugrunde zu legen, die noch von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist. Gerade bei der Auslegung von Äußerungen, die einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leisten, ist mit Blick auf das Gewicht des Grundrechts der Meinungsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und die grundsätzliche Vermutung für die Freiheit der Rede in der liberalen Demokratie nicht engherzig zu verfahren (BVerwG, Urteil vom 30. November 2022 - 6 C 12.20 - BVerwGE 177, 190 Rn. 61).

97 (f) In Anlegung dieses Maßstabs ist festzustellen, dass das sogenannte "Remigrationskonzept" Martin Sellners ((aa)) nicht jeden Staatsbürger in der rechtlich verfassten Gemeinschaft als gleichberechtigt anerkennt. Seine Vorstellungen missachten das durch die Menschenwürde geschützte egalitäre Verständnis der Staatsangehörigkeit, weil sie für Deutsche mit Migrationshintergrund einen rechtlich abgewerteten Status vorsehen ((bb)).

98 (aa) Nach den Vorstellungen Sellners handelt es sich bei dem sogenannten "Remigrationskonzept" um einen Lösungsansatz zur Behebung eines von ihm identifizierten Missstands der gegenwärtigen Bevölkerungszusammensetzung. Sellner verbreitet seine Ideen schon seit 2015 (dazu bereits BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 44). Er beschreibt seine Pläne eingehend in einer von November 2023 bis Anfang Januar 2024 auf der Webseite der Vereinigung veröffentlichten und verlinkten mehrteiligen Videoreihe in der Kolumne "COMPACTSellner", die dem Senat vorliegt. Darüber hinaus hat er sie in zahlreichen Veröffentlichungen und Veranstaltungen erläutert, u. a. in der COMPACT-Edition "Sellner - Geheimplan - Was ich wirklich will" vom Frühjahr 2024.

99 Ausgehend von dem von der Identitären Bewegung verfolgten Konzept des sogenannten "Ethnopluralismus" (zu diesem: BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 28) bestehe - so Sellner - das Hauptziel im "Erhalt der ethnokulturellen Identität". Dazu brauche es eine "alternative und patriotische Bevölkerungs- und Identitätspolitik", die dem stattfindenden "Bevölkerungsaustausch" entgegentrete (COMPACT-Edition "Sellner - Geheimplan - Was ich wirklich will" S. 55). Menschen mit Migrationshintergrund würden gegenwärtig "importiert", um demografische Lücken in der hiesigen Bevölkerung auszugleichen. Dies führe zu einer irreversiblen kulturellen Zerstörung des deutschen Volkes. Das ist der angebliche Missstand, den Sellner beheben will. Dass der "Bevölkerungsaustausch" so ungehindert stattfinden könne, habe seine Ursache im "Schuldkult" der Deutschen, der eine positive Identitäts- und Bevölkerungspolitik verhindere (Videodatei - Sellner_Remigration_Teil 1 ab Minute 00:50 und 08:28).

100 Ausdrücklich bezieht Martin Sellner - neben "Asylanten" sowie "Nichtstaatsbürger[n] und Ausländer[n]" (Videodatei_Sellner_Remigration_Teil 2 ab Minute 2:00) – auch deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund in seine Überlegungen mit ein. Schon in den einleitenden Worten seiner Videoreihe erklärt er, dass es nicht nur um die "Abschiebung von Illegalen" gehe, sondern seine "Remigrationspläne" umfassender angelegt seien und "nicht assimilierte Staatsbürger" einschlössen (Videodatei_Sellner_Remigration_Wann_sagen_es_Reichelt_und_Maaßen ab Minute 4:50). Er plant explizit eine Rückabwicklung des Migrationsgeschehens ungeachtet einer zwischenzeitlich verliehenen oder "sogar" schon durch Geburt "in Parallelgesellschaften" erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit, sofern es an einer hinreichenden "Assimilation" dieser Staatsangehörigen mangele und diese "nach wie vor eine fremde Identität haben und der Gesellschaft zur Last fallen" (Videodatei_Sellner_Remigration_Teil 4 ab Minute 1:00). Für die von ihm konzipierte "Remigrationspolitik" kämen generell Personengruppen in Betracht, die sich "wirtschaftlich", "kriminologisch" oder "kulturell durch Überfremdung, Clanbildung oder durch Islamisierung" als "Belastung" erwiesen. Diese überstiegen die "Aufnahmekapazität des deutschen Volkes" (Videodatei_Sellner_Remigration_Teil 2 ab Minute 2:13). Unter den ca. 12,2 Millionen deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund befänden sich 5 bis maximal 6 Millionen Staatsbürger, die "möglicherweise für eine Remigrationspolitik in Frage kämen, weil sie sich nicht assimilieren wollen, können, und daher dauerhaft auch nicht in das Land passen, sondern eher besser in einem anderen Land leben sollen" (Videodatei_​Sellner_Remigration_Teil 4 ab Minute 3:30). Einbezogen seien hierin "Doppelstaatler", deren Gruppe Sellner auf 2,6 bis 4,3 Millionen Menschen beziffert (a. a. O. ab Minute 4:40).

101 Im Einzelnen sieht Sellner für die deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund, die sich als "Belastung" erwiesen, ein Bündel an Maßnahmen vor, die langfristig zu ihrer "Remigration" führen sollen. Ansetzen will er im Staatsangehörigkeitsrecht. Den "Doppelstaatlern" könne der deutsche Pass entzogen werden, dann fielen sie in eine andere rechtliche Kategorie und ihnen könnte - wenn sie "schaden" – die "Heimreise nahegelegt werden". Auch Straftätern könne die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden, wenn sie noch über eine weitere Staatsangehörigkeit verfügten, dies gelte etwa bei "Clankriminellen" und "Terrorkämpfern". In "krassen Fällen" sei ein solcher Entzug auch "durchaus denkbar", wenn Staatenlosigkeit drohe, etwa "bei Clankriminellen, bei Terroristen, bei Terrorfans, bei fremden Nationalisten, die fremde Konflikte auf unseren Boden tragen und die tatsächlich [...] in kriegerischen Akten wie Clankriegen dann verwickelt sind". Diese Personen sollten in "Auffang- und Ankerzentren" gebracht werden, von wo aus sie dabei unterstützt werden müssten, die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftslandes wiederzuerlangen (Vorstehendes aus Videodatei_Sellner_Remigration_Teil 4 ab Minute 6:15). Auch "erschwindelte" Pässe könnten entzogen werden. Drohe dadurch Staatenlosigkeit, ermögliche der ihm bekannte rechtliche Rahmen derzeit keinen Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit; hier müsse "man auch, finde ich, offen über Lösungen nachdenken" (a. a. O. ab Minute 8:38).

102 Eingehend befasst sich Sellner mit dem Teil der deutschen Staatsbürger mit Migrationshintergrund, "der keinen Doppelpass hat, aber dennoch ein Problem der Belastung darstellt" (a. a. O. ab Minute 9:23). Hier gelte es, – erstens - den "Assimilationsdruck" zu erhöhen. Man müsse den Betroffenen nahelegen, dass sie sich ökonomisch, kulturell "voll und ganz" assimilieren müssten. Es komme auf eine "De-Islamisierung" bzw. eine "strenge De-Islamisierungspolitik" an, verbunden mit einer starken "Leitkultur". Die Islamisierung müsse mit einem Bündel an Maßnahmen radikal abgebaut werden. Dazu gehöre es, dass fremde Kulturen im öffentlichen Raum nicht mehr stattfinden dürften, auch keine fremden Speisegebote, keine fremden Feiertage und keine fremden Sprachen. Nicht nur das Zeigen fremder Nationalfahnen solle verboten werden, sondern ebenso, dass sich Ausländer politisch im Land betätigen. Sie sollten weder demonstrieren noch Minarette auf ihre Moscheen bauen dürfen. Als verbindlich empfundene Bekleidungsvorschriften (Vollverschleierung) sollten in der Öffentlichkeit unterbunden werden. Damit werde dem Ausbreiten einer islamistischen Parallelgesellschaft entgegengetreten. Zudem müsse - zweitens – "struktureller Druck" ausgeübt werden. Dänische "Ghetto-Gesetze" dienen Sellner insoweit als Vorbild, ohne dass dies von ihm näher beleuchtet wird. Generell sollen jedenfalls "strukturelle wirtschaftliche Maßnahmen" ebenfalls "Remigrationsdruck" ausüben.

103 (bb) Sellners Pläne gehen von einem Vorrang der ethnisch-kulturell Deutschen aus, denen das Heimatrecht in Deutschland exklusiv zusteht. Diese sind gleichsam Staatsbürger erster Klasse. Demgegenüber wird deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund kein uneingeschränktes Bleiberecht zugestanden. Sie haben den Status von Staatsbürgern zweiter Klasse. Von ihnen wird Assimilation gefordert. Diejenigen, "die sich nicht assimilieren können oder wollen" (COMPACT-Edition "Sellner - Geheimplan - Was ich wirklich will" S. 46), können die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, jedenfalls aber sollen sie durch Druck zur "Remigration" in ihre Herkunftsländer bewegt werden. Der Entzug einer durch Einbürgerung oder Geburt erworbenen Staatsangehörigkeit wird explizit als ein Instrument angesehen, um gegen "nicht assimilierte Staatsbürger", die eine "Belastung" darstellten, vorzugehen und sie zum Verlassen Deutschlands zu bewegen. Selbst drohende Staatenlosigkeit stellt hierbei offenbar kein Hindernis dar. Die "Belastung" soll von unscharfen Kategorien wie "Überfremdung, Clanbildung" oder "Islamisierung" abhängen. Neben der Vorenthaltung eines dauerhaften Bleiberechts wird Deutschen mit Migrationshintergrund eine umfassende rechtliche Gleichstellung verwehrt. Vor allem die geplante "De-Islamisierung" deutscher Staatsangehöriger muslimischen Glaubens zielt darauf ab, dass diesen elementare Freiheitsgrundrechte - etwa die Freiheit der Religionsausübung, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit - vorenthalten werden. Sie erfahren wegen ihres Glaubens eine empfindliche Einbuße in ihren - allen Deutschen zustehenden - Rechten. Diffus bleibt, mit welchen rechtlichen Einschränkungen die von Sellner propagierten "strukturelle[n] wirtschaftliche[n] Maßnahmen" – etwa nach Ausweisung bestimmter Regionen wie in Dänemark - einhergehen. Anknüpfen sollen jedoch auch sie an Differenzierungskriterien, die Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG benennt: Herkunft, Abstammung und Glauben. Nach alledem erweist sich das auf die Bewahrung einer "ethnokulturellen Identität" ausgerichtete sogenannte "Remigrationskonzept" Martin Sellners in Bezug auf die deutschen Staatsangehörigen als nicht egalitär und daher als menschenwürdewidrig (ebenso BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 44 f.).

104 (g) Die Würdigung der in das Verfahren eingebrachten Belege und Nachweise ergibt, dass sich der "Elsässer-Kreis" mit Sellners Plänen zur "Remigration" identifiziert. Ein erster Anhaltspunkt hierfür liegt schon darin, dass die Vereinigung - wie bereits beschrieben - Sellner als Person sowohl in den Print- und Online-Medien als auch auf den Veranstaltungen seit Jahren ohne jegliche Distanzierung einen breiten Raum einräumt. Die Identifizierung bezieht sich dabei ausdrücklich auch auf dessen konzeptionelle Überlegungen zur "Remigration". Dafür spricht schon die Art und Weise der Präsentation der mehrteiligen Videoreihe zur "Remigration" auf der Webseite der Klägerin zu 1 ((aa)). Hinzu kommt, dass sich die Kläger zu 3 und 4 in COMPACT-TV lobend zu diesem Konzept geäußert und es gegenüber Kritik verteidigt haben ((bb)). Sellner wird in den klägerischen Medien bewundernd als "unser Held" bezeichnet und seine Strategie zur "Remigration" als "machbar" und "rechtsstaatlich" dargestellt. Von Werner Bräuninger werden in den COMPACT-Medien auffallend ähnliche Pläne zur "Remigration" vorgestellt ((cc)). Dass die Führungspersonen des "Elsässer-Kreises" hinter dem sogenannten "Remigrationskonzept" Sellners stehen, wird zudem gestützt durch den ideologischen Hintergrund des COMPACT-TV-Chefs mit seiner Nähe zur Identitären Bewegung ((dd)) sowie eines Redakteurs und Autors als Pressesprecher der Partei Die Heimat ((ee)). Die Zurechenbarkeit seiner Ideen wird zusätzlich dadurch bestätigt, dass bei mehreren Akteuren völkische Vorstellungen aufscheinen ((ff)). Deshalb belegen die das sogenannte "Remigrationskonzept" unterstützenden Fundstellen aus den COMPACT-Medien gemeinsame Vorstellungen des "Elsässer-Kreises". Es handelt sich nicht um lediglich vereinzelte Ausreißer. Die dazu schriftsätzlich sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung abgegebenen relativierenden und verharmlosenden Einlassungen der Klägerseite erweisen sich als bloß prozesstaktisches, nicht glaubhaftes Vorbringen.

105 (aa) Bei der auf der Webseite der Klägerin zu 1 von November 2023 bis Anfang Januar 2024 veröffentlichten mehrteiligen Videoreihe zu den Sellnerschen Plänen handelt es sich um ein exklusives Angebot für die COMPACT-Medien. Dies erwähnt Martin Sellner in den Videos (Videodatei_Sellner_Remigration_Teil 2 ab Minute 00:06). Der zeitliche Rahmen der Videoreihe mit einer Gesamtlänge von ca. 100 Minuten hebt sich von den anderen Formaten auf COMPACT-Online ab. Die Verlinkung zur Videokolumne "COMPACTSellner" wird auf COMPACT-Online zustimmend kommentiert. Dass die Videoreihe nicht in COMPACT-TV veröffentlich worden ist, wie die Klägerin zu 1 hervorhebt, ist vor diesem Hintergrund ohne Relevanz.

106 (bb) Die Kläger zu 3 und 4 äußerten sich nach den bereits erwähnten Veröffentlichungen von CORRECTIV zu einem Treffen in Potsdam, bei dem Martin Sellner als Hauptredner aufgetreten war und sein "Remigrationskonzept" vorgestellt hatte, zustimmend zu den Sellnerschen Plänen. Beide haben es gegenüber Kritik verteidigt.

107 Bereits in der Sendung "Deportationen_Correctiv gibt Lügen über AfD zu!" in COMPACT-TV vom 30. Januar 2024 setzt sich die Klägerin zu 4 für ihren "österreichischen Kommentator" ein, dem COMPACT jetzt eine Edition "gewidmet" habe und der "ein brillianter Denker" sei (ab Minute 16:51). In der von den Klägern zu 3 und 4 moderierten Sendung in COMPACT-TV "Stasi-Faeser_Jagd auf Martin S." vom 23. Februar 2024 gibt die Klägerin zu 4 an (ab Minute 9:30):
"Wir haben uns ja die Schriften von Martin S. auch durchgelesen, also wir können da überhaupt nichts strafbar Relevantes erkennen, nichts, ja, es sind einfach unbescholtene, konservative Patrioten, die sich nie im Leben was zu schulden kommen ließen, die nach moralisch-ethischen Grundsätzen und Werten leben [...] und die sind wirklich kein Problem hier in unserem Land, nein, das Problem sind ganz andere Jugendgruppen, Jugendorganisationen."

108 Zwar behauptet der Kläger zu 3 mehrfach, "Martin" fordere lediglich, die Illegalen mit rechtsstaatlichen Mitteln außer Landes zu bringen (ab Minute 6:29 und nochmals ab 10:53). Martin Sellner hat sich jedoch in der von dem Kläger zu 3 in der Sendung beworbenen Sonderedition (COMPACT-Edition "Sellner - Geheimplan - Was ich wirklich" will S. 44) sowie in der beschriebenen Videoreihe "COMPACTSellner" dahingehend geäußert, dass es ihm gerade nicht nur um die Abschiebung Illegaler geht.

109 Erklärtermaßen aus Sorge um beschränkende Maßnahmen seitens YouTube wird Martin Sellner bei COMPACT-TV nicht mehr mit seinem vollen Namen genannt und nur noch mit einem Balken vor dem Gesicht abgebildet (Erläuterung des Klägers zu 3 ab Minute 2:51). Der Kläger zu 3 verweist in der zuletzt genannten Sendung zugleich mehrfach darauf, dass eine "unzensierte" und "unverpixelt[e]" Version auf seinem Privatkanal abgerufen werden könnte. Ersichtlich dienen diese Hinweise auf den eigenen Kanal nicht dem Marketing bestimmter Produkte. Vielmehr offenbaren insbesondere solche Äußerungen, dass die im Verfahren behauptete Distanzierung von Sellners Plänen allein strategisch motiviert war.

110 Aufgrund dessen geht der Senat davon aus, dass die Kläger zu 3 und 4 die Sellnerschen Pläne meinen, wenn sie wiederholt eine "Remigration" fordern (etwa auf Veranstaltungen von "Die blaue Welle" vom 9. Juni 2024 in Magdeburg [Video ab Minute 40:03], auf COMPACT-Online vom 29. November 2023 "Entscheidungsjahr 2024: Ihre Spende für die Wende!", in COMPACT-TV vom 21. April 2024 "Jürgen Elsässer_Blaue Welle spült die Ampel weg" ab Minute 4:33 und vom 21. Juni 2024 "Jetzt auch im Osten: Hass gegen Weiße eskaliert!" ab Minute 20:04 sowie im COMPACT-Magazin 7/2024 "Le Pen macht peng" S. 3).

111 (cc) Im COMPACT-Magazin wird Martin Sellner nicht nur als "unser Held" bezeichnet, dessen "in verleumderischer Absicht skandalisierte 'Remigrations-Rede'" in der COMPACT-Edition nachgelesen werden könne. Sellners Überlegungen werden dort auch - in verharmlosender Art und Weise als "gewaltfrei und rechtsstaatlich" beschrieben - inhaltlich unterstützt (COMPACT-Magazin 3/2024 S. 8).

112 Auch Arne Schimmer alias "Sven Reuth" bezeichnete Sellners Überlegungen auf COMPACT-Online vom 8. August 2023 ("Sellner: Mit richtiger Strategie ins Zentrum der Macht") als "Feuerwerk des planmäßigen und gelungenen strategischen Denkens", die alle lesen sollten, "die unser Land retten wollen". "Die Eroberung der Macht von Rechts ist möglich!". Nur kurze Zeit später bewirbt derselbe Autor nochmals zustimmend Sellners Pläne (COMPACT-Online vom 22. September 2023 "Unfassbar! 246 Gruppen-Vergewaltigungen in NRW").

113 Darüber hinaus wird von Werner Bräuninger eine "Remigration nach Plan" gefordert (COMPACT-Magazin 9/2023 S. 38 ff., vgl. auch COMPACT-Online vom 4. September 2023 "Asyl: Verabschiedungs- statt Willkommenskultur"), deren konzeptionelle Ausgestaltung inhaltlich und auch begrifflich stark an die Sellnerschen Überlegungen erinnern. Auch die Problemanalyse gleicht sich. Bräuninger will ebenfalls an das Staatsangehörigkeitsrecht anknüpfen, "Assimilationsdruck", besser noch "Remigrationsdruck" ausüben und mit einem "Mehrstufenplan" sicherstellen, dass es für Fremde kein Bleiberecht mehr in Deutschland gebe. Zeitgleich müsse die "Deislamisierung" voranschreiten. Insgesamt erlauben diese Parallelen zu Sellners Plänen den Rückschluss, dass Bräuninger dessen Überlegungen gutheißt.

114 (dd) Der Senat stützt seine Annahme ferner auf die - von den Klägern nicht in Abrede gestellte - ideologische Verbundenheit des Klägers zu 6 mit der Identitären Bewegung. Der Kläger zu 6 wird in COMPACT-TV vom 22. November 2019 "Ich bin rechts - COMPACT 12/2019" in Minute 2:22 als "Mitglied der Identitären Bewegung" bezeichnet. Dass er auch noch zum Zeitpunkt des Verbotserlasses dieser Bewegung eng verbunden ist, dokumentieren mehrere Umstände.

115 Der Kläger zu 6 hat am 8. Dezember 2023 anlässlich der Eröffnung eines "patriotischen Jugendzentrums" in Chemnitz, hinter dem "die örtlichen Identitären" stehen (so Sven Eggers in COMPACT-Online vom 3. Dezember 2023 "Zentrum Chemnitz: Jetzt geht's los!", zum Zentrum selbst siehe Startseite | Zentrum Chemnitz, abgerufen am 24. Juni 2025), einen Vortrag gehalten. Darüber hinaus hat er an der "Remigrationsdemo" vom 29. Juli 2023 in Wien teilgenommen, die von der österreichischen Identitären Bewegung organisiert worden war. In einem Telefonat wenige Tage vorher hat er zudem versucht, seinen Gesprächspartner unter anderem mit der Bemerkung "... wir müssen ja die Kanaken dann mal loswerden" zur Teilnahme zu motivieren (G10-Protokoll zum Telefonat vom 24. Juli 2023).

116 Außerdem hat der Kläger zu 6 offensichtlich freie Hand, um im Rahmen von COMPACT-TV kontinuierlich Aufmerksamkeit auf die Anliegen und Aktionen der Identitären Bewegung zu lenken. Hiervon hat er bis zum Zeitpunkt des Verbotserlasses Gebrauch gemacht, etwa in verschiedenen Sendungen in COMPACT-TV (u. a. vom 1. August 2023 "Alarm! Die neuen Asyl-Zahlen" ab Minute 10:30, vom 23. Dezember 2023 "Linke toben: Identitäres Haus in Sachsen eröffnet!" sowie vom 15. Juni 2024 über die Feierlichkeiten anlässlich des 10jährigen Jubiläums der Identitären Bewegung). Daneben lenkt er auch in den Printmedien kontinuierlich den Blick auf die Identitäre Bewegung (beispielsweise im COMPACT-Magazin 12/2023 "Jung und rechts" S. 26 ff.).

117 Angesichts der mit Sellner übereinstimmenden politischen Grundeinstellung des Klägers zu 6 ist davon auszugehen, dass er dessen Pläne zur "Remigration" teilt und sie inhaltlich meint, wenn er von "Remigration" spricht (beispielsweise in COMPACT-TV vom 13. Juli 2023 "Heftig_Zu Besuch in Deutschlands brutalstem Freibad!" ab Minute 12:02, vom 1. August 2023 "Alarm! Die neuen Asyl-Zahlen" ab Minute 10:30 und vom 19. Januar 2024 "Skandal_AfD-Jugend soll verboten werden!" ab Minute 12:57). Die von der Klägerseite behauptete Beschränkung der "Remigrationsforderung" des Klägers zu 6 auf erst kürzlich eingewanderte Asylbewerber vermag der Senat in dessen Äußerungen nicht zu erkennen.

118 (ee) Die Funktion eines Redakteurs und Autors der Klägerin zu 1 als Pressesprecher der Partei Die Heimat - der früheren NPD - bestätigen den Senat in seinem Eindruck. Angesprochen ist hiermit Arne Schimmer alias "Sven Reuth". Das Vokabular und auch das Gedankengut der Identitären Bewegung haben erhebliche Übereinstimmung mit der Programmatik der für verfassungswidrig erklärten NPD (so bereits BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 49). Die sich hierin ausprägende ideologische Verbundenheit legt eine Zustimmung zu dem von der Leitfigur der Identitären Bewegung propagierten "Remigrationskonzept" nahe. Insbesondere die beiden soeben unter (cc) zitierten Beiträge Schimmers vom 8. August und 22. September 2023 auf COMPACT-Online bekräftigen dies, ebenso dessen wiederholte polemische Kritik an einem angeblichen "Schuldkult" der Deutschen (z. B. COMPACT-Online vom 20. April 2023 "Schuldkult: Steinmeier geht vor Polen in die Knie" und "Genosse Schuldkult" in COMPACT-Magazin 3/2024 S. 27 ff.).

119 (ff) Auch unter Berücksichtigung der Deutungsvorgaben aus der Meinungsfreiheit scheinen in verschiedenen Beiträgen der Vereinigung völkische Vorstellungen auf, die den Senat in seinem Eindruck bestätigen.

120 <1> So liegt es zunächst beim Kläger zu 3. Bereits in seinem Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - (NVwZ 2024, 1764 Rn. 35) hat der Senat hierfür auf die Definitionen abgestellt, die der Kläger zu 3 im Editorial des COMPACT-Magazins 10/2023 unter der Überschrift "Etwas zum Auswendiglernen" als Chefredakteur vorgegeben hat (S. 3):
"Volk: Nicht Bevölkerung und nicht Gesellschaft. Der Begriff Volk bewahrt den ethnischen Kern unserer Gemeinschaft. Und er ist die Grundlage für Demokratie (=Volksherrschaft)".
"Ausländer, Fremde: Dient der klaren Unterscheidung zwischen Menschen, die dieses Land mit aufgebaut und hier Wurzeln geschlagen haben, und bloßen Zugewanderten und Passdeutschen."

121 Erklärtes Ziel der Definitionen ist es, die Begriffe vorzugeben, die verstärkt "in Umlauf" gebracht werden sollen, verbunden mit der Bitte um "ständige Wiederholung" durch die Leser. Aus diesem Volksbegriff wird ersichtlich, dass zur demokratischen Teilhabe allein die "unserer" ethnischen Gemeinschaft als zugehörig angesehenen Personen berechtigt sein sollen. In der Definition der Ausländer bzw. Fremden ist die Differenzierung innerhalb der deutschen Staatsangehörigen angelegt. Beide Begriffsklärungen offenbaren ein völkisches Weltbild, bei dem der Zugehörigkeit zur ethnisch-deutschen Gemeinschaft ein höheres Gewicht zukommt als der deutschen Staatsangehörigkeit.

122 Es ist im Übrigen der Kläger zu 3, der in seinen Beiträgen und auf Veranstaltungen sprachlich ständig "Passdeutsche" von vermeintlich echten "Biodeutschen" abgrenzt (z. B. in COMPACT-TV vom 19. April 2023 "Asyl_Landkreise in Aufruhr!" ab Minute 7:14: "Passdeutsche ... also Ausländer, die irgendwann mal die deutschen Papiere nachgeschmissen bekommen haben, die Biodeutschen, also wir, okay, Messer ist keine deutsche Tatwaffe", vgl. auch COMPACT-TV vom 22. August 2023 "Irre: Neue Kinderprämien für Asylanten" ab Minute 4:19). Die Versuche der Kläger, diese begriffliche und, wie gezeigt, auch rechtliche Unterscheidung zwischen den einen und den anderen Deutschen zu verharmlosen, sind erkennbar verfahrensangepasst.

123 In eine völkische Richtung deutet auch die Formulierung des Klägers zu 3 in COMPACT-TV vom 29. November 2023 "Ausgelacht_Scholz flieht aus dem Bundestag!" (ab Minute 17:54: "... um fremde Volksmassen aus Afrika, Asien, aus weiß der Teufel, anzuziehen, ja.").

124 Vereinzelt - so in seinem Editorial im COMPACT-Magazin 8/2019 ("Asyl-Rackete gegen Italien" S. 3) – verwendet der Kläger zu 3 überdies Beschreibungen, die dunkelhäutige Migranten auf ein rein triebgesteuertes Verhalten reduzieren:
"Fast alle Schwarzen, die sich auf den Seelenverkäufern von Rackete und Co. drängeln, sind junge, kräftige Männer, gestählt im Dschungel- und Straßenkampf. Die Armen, Kranken, Kinder und Alten haben sie zu Hause zurückgelassen oder führen sie lediglich als Staffage mit. In Rudeln stürzen sie sich zum Beutemachen auf unseren Kontinent, ihr erstes Opfer sind unsere Frauen."

125 <2> Ähnlich verhält es sich bei der Klägerin zu 4. Auch ihre Äußerungen geben wiederholt einen Anhalt für ein völkisches Denken. Beispielsweise stellt sie im COMPACT-Magazin 10/2023 ("Gebärprämie für Umvolkung" S. 39 ff.) die Pläne für ein neues Staatsangehörigkeitsrecht vor:
"Deutscher ist ein Mensch deutscher Herkunft. Diese Reform ist schon allein der Lebensleistung unserer Vorfahren geschuldet. Fälschlich Eingebürgerte müssen ihren deutschen Pass abgeben, zusätzlich gibt es Prämienzahlungen bei freiwilliger Rückkehr ins Heimatland."

126 Diese politische Zielsetzung lässt durch die Berufung auf die "Lebensleistung unserer Vorfahren" erkennen, dass an eine ethnische Zugehörigkeit angeknüpft werden soll, nicht an die formale Staatsangehörigkeit der Eltern (vgl. § 4 Abs. 1 StAG) oder Integrationsleistungen (§ 8 StAG). Wer trotz seiner nicht deutschen Herkunft eingebürgert worden ist, soll wieder ausgebürgert werden. In einem weiteren Beitrag klingt an, dass die Klägerin zu 4 die verschiedenen Kulturen mit unterschiedlichen menschlichen Rassen gleichsetzt (COMPACT-TV vom 24. November 2023 "Hass auf Weiße_Jetzt töten sie unsere Kinder" ab Minute 15:45):
"Es sind fremde Religionen, es sind fremde Kulturen, sie passen nicht hierher, und wir haben nun mal verschiedene Religionen auf dieser Erde, unterschiedlichste Kulturen, das ist nun einmal so und wir haben auch unterschiedliche Rassen, ja, wir sprechen ja hier auch von einem Rassismus gegen Weiße, und ansonsten ist ja eher das Volk die Größe, von dem man spricht, wir sind ja das deutsche Volk, nicht die deutsche Rasse, wir sind das deutsche Volk. Und jedenfalls ist das auch historisch eine brandneue Idee, dass es keine Rassen geben soll, also um wahrscheinlich diese momentane Auflösung der Nationen und der Völker voranzutreiben, um eben für immer mehr Akzeptanz fremder Rassen, pardon, Kulturen, Religionen, in unserem eigenen Land oder auch in den anderen europäischen Vaterländern zu werben, das voranzutreiben, warum, damit wir uns auflösen, damit wir verschwinden, damit wir aufgehen in diesem identitätslosen Brei ohne Wurzeln."

127 Für ein völkisches Denken sprechen zudem die Äußerungen der Klägerin zu 4 anlässlich eines Telefonats mit G. vom 6. Juni 2023, in dem sich beide freimütig zur Intelligenz von Migranten äußern. Sie führt eine - angeblich - drastische Minderung der Intelligenz der deutschen Bevölkerung auf die Zuwanderung zurück.

128 <3> Auch die Beiträge von Manfred Kleine-Hartlage durchzieht ein völkisches Weltbild, wie schon im Eilverfahren hervorgehoben worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 34). In dessen Gespräch mit Martin Sellner (COMPACT-Magazin 8/2023 "Querfront ohne Chance" S. 27 ff.) äußert Kleine-Hartlage, dass "Völker und Familien Quellen naturwüchsiger Solidarität und in dieser Funktion durch nichts zu ersetzen" seien. Das unterstützt Sellner: "Ich stimme dir zu: Weitere außersystemische Parteien, die das Volk als unverzichtbare Basis 'naturwüchsiger Solidarität' anerkennen (und damit aus Sicht des VS 'gesichert rechtsextrem' wären) würden eine Reconquista beschleunigen." Hierin kommt zum Ausdruck, dass das Volk als zentraler Bezugspunkt angesehen wird und dessen zu wahrende "Identität" in seiner Bedeutung über andere Aspekte gestellt wird.

129 Bereits in seiner Kolumne in COMPACT-Magazin 3/2020 S. 63 ("Hartlages BRD-Sprech_Integration") äußert Kleine-Hartlage:
"Ob jemand Deutscher ist oder nicht, ist keine Frage der Staatsangehörigkeit: Der Staat schafft nicht das Volk, er findet es bei seiner Entstehung vor und setzt seine Existenz als soziologische, nicht rechtliche Gegebenheit voraus."

130 Soweit der Autor in diesem Zusammenhang fordert, eine Einbürgerung solle am Ende eines Integrationsprozesses stehen, bei dem gewisse Anforderungen an den Einbürgerungsbewerber gestellt werden könnten, ist dies zwar legitim. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass weder der Ruf nach konsequenter Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer noch die Forderung nach Begrenzung der Zuwanderung oder das Motto "keine Einbürgerung ohne vollständige Integration in Staat, Sprache und Kultur" gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen (BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 47). Jedoch erschöpft sich der Beitrag Kleine-Hartlages nicht darin. Der Autor hebt hervor, dass die Frage der "Zugehörigkeit zu einer Solidargemeinschaft", die ein Volk "definitionsgemäß" darstelle, nichts mit der Frage der Einbürgerung zu tun habe. Es ist indes in der Rechtsprechung geklärt, dass der Volksbegriff des Grundgesetzes sich nicht vor allem oder auch nur überwiegend nach ethnischen Zuordnungen bestimmt. Auch auf Art. 116 GG lässt sich dies nicht stützen (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 693; BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 46). Für die Zugehörigkeit zum deutschen Volk und den sich daraus ergebenden staatsbürgerlichen Status ist vielmehr die Staatsangehörigkeit von entscheidender Bedeutung (BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 33).

131 <4> Werner Bräuninger vertritt gleichfalls völkische Positionen. Dies dokumentiert beispielsweise sein Beitrag im COMPACT-Magazin 8/2023 "Wie sich die Bilder gleichen" S. 54 ff., in dem ein "Verglühen" des eigenen Volkes - ungeachtet etwaiger Integrationsleistungen der Migranten - durch Zuwanderung befürchtet wird.

132 (h) Das in Teilen gegen die Menschenwürde verstoßende politische Konzept des "Elsässer-Kreises" kommt auch in fortgesetzten Herabsetzungen von Zugewanderten im Allgemeinen zum Ausdruck, die die Veröffentlichungen der Vereinigung enthalten. Diese belegen die bereits festgestellte Befürwortung eines rechtlich abgewerteten Status deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund und deren damit einhergehende demütigende Ungleichbehandlung (vgl. BVerfG, Urteile vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 541 und vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - BVerfGE 168, 193 Rn. 253). Selbst wenn die Aussagen jeweils von den Kommunikationsgrundrechten geschützt sein sollten, dürfen Verbotsbehörden und Gerichte aus solchen Äußerungen ergänzend auf das politische Programm einer Vereinigung schließen. Dies ist Folge dessen, dass es auf die Strafbarkeit oder Rechtswidrigkeit von Aussagen nicht ankommt.

133 In den von dem "Elsässer-Kreis" herausgegebenen Presse- und Medienprodukten werden Zugewanderte ungeachtet ihres rechtlichen Status oftmals in ihrer Gesamtheit herabsetzend beschrieben. Dies betrifft Asylbewerber bzw. Flüchtlinge ((aa)) ebenso wie Ausländer im Allgemeinen ((bb)). Ihnen werden pauschal Negativeigenschaften wie beispielsweise ein Hang zu Gewalt, eine nur verminderte Intelligenz oder ein grundsätzlicher Rechtsmissbrauch zugeschrieben. Besonders trifft es Zugewanderte muslimischen Glaubens und afrikanische Migranten ((cc)). In der Pauschalität solcher herabsetzenden Äußerungen, die sich gegen die jeweils angesprochene Gruppe der Ausländer in ihrer Gesamtheit richten, liegt nicht nur eine grundsätzliche Kritik an der Einwanderungspolitik in zugespitzter und polemischer Form. Vielmehr ist die drastische Sprache unmittelbar an die Zugewanderten adressiert und macht diese als nach ethnischen Kriterien ausgegrenzte Bevölkerungsgruppe verächtlich (BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 36). Diese Ausgrenzung aller Migranten flankiert den für die deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund vorgesehenen abgewerteten rechtlichen Status und übt auf diese zusätzlichen faktischen "Remigrationsdruck" aus.

134 (aa) Asylbewerbern und Flüchtlingen gegenüber wird durchweg ein Rechtsmissbrauch unterstellt. Dies verdeutlicht die sprachliche Bezeichnung der Gruppe als "Asylschmarotzer[n]" und "Scheinasylanten", die nahelegt, dass die Schutzgesuche nur vorgeschoben seien (beide Begriffe im Editorial des Klägers zu 3 im COMPACT-Magazin 8/2023 "Lob des Gastarbeiters" S. 3). Mit der Bezeichnung als "Asylschmarotzer[n]" ist der pauschale Vorwurf verbunden, ohne Grund auf Kosten Anderer zu leben. Auch der Begriff "Scheinasylanten" vermittelt die klare Botschaft, dass in Wahrheit kein Asylgrund vorliege. Darüber hinaus werden Flüchtlinge entmenschlichend "als Waffe" bezeichnet ("Flüchtlinge als Waffe" auf dem Titelbild von COMPACT - Spezial "Asyl. Die Flut").

135 (bb) Ferner werden Ausländer grundsätzlich als kriminell dargestellt. Insbesondere wird ihnen in verzerrender Art ein Hang zu Sexualstraftaten angelastet. Exemplarisch hierfür steht das bereits im Beschluss des Senats vom 14. August 2024 (- 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 36) herangezogene Zitat aus einem Bericht von Arne Schimmer alias "Sven Reuth" auf COMPACT-Online vom 22. September 2023 "Unfassbar! 246 Gruppen-Vergewaltigungen in NRW":
"Die Massenzuwanderung endet in einem unfassbaren Abgrund sexueller Gewalt. [...] Das ganze Land transformiert sich durch die komplett ungebremste Massenzuwanderung aus Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten in eine große Vergewaltigungszone, in der Frauen nurmehr Freiwild sind. [...] Leider sind die Schmerzen sehr einseitig verteilt, nämlich immer auf Seiten der deutschen Opfer, die sich zunehmend als Freiwild der Migranten-Banden fühlen dürfen. Dazu kommt noch die deutsche Kuschel-Justiz, die die ausländischen Sex-Gangster mit Samthandschuhen anfasst."

136 Nicht nur die drastische Sprache, mit der Frauen als "Freiwild" bezeichnet werden sowie von einem "Abgrund sexueller Gewalt", von einer großen "Vergewaltigungszone" die Rede ist, ist menschenverachtend. Hinzu kommt, dass dieser Artikel mit einer symbolisierenden Bebilderung versehen ist, um das Thema agitatorisch auszureizen.

137 Ausländer werden zudem als Gruppe mit Gewalt in Verbindung gebracht. Dies kommt beispielsweise in "sprechenden" Bezeichnungen wie "Krawall-Ali" und "Molotow-Mohammed" zum Ausdruck, wie sie der Kläger zu 6 in der Sendung "Silvester_Was die Politik verschweigt" in COMPACT-TV vom 2. Januar 2024 (ab Minute 8:19) verwendet. Auch im Zusammenhang mit der Gewaltzuschreibung wird regelmäßig mit bedrohlichen, angsterregenden Bildern gearbeitet. Sie unterstreichen plakativ die inhaltliche Botschaft, dass es sich um eine generelle Negativeigenschaft von Ausländern handele (siehe etwa die Bebilderung in COMPACT-Online vom 1. Juli 2024 "Ausländergewalt: Wieder Horror-Wochenende" des Klägers zu 7 alias "Daniell Pföhringer").

138 Darauf, dass Ausländern allgemein auch eine verminderte Intelligenz zugeschrieben wird, ist bereits im Zusammenhang mit der völkischen Grundhaltung einzelner Führungspersonen eingegangen worden. Exemplarisch hierfür steht das oben benannte Telefongespräch der Klägerin zu 4 vom 6. Juni 2023.

139 (cc) Die Herabsetzungen treffen vor allem diejenigen Zugewanderten, die muslimischen Glaubens sind und afrikanische Migranten. Wiederholt werden diese Gruppen aufgrund ihres muslimischen Glaubens und ihrer Herkunft verächtlich gemacht. Dies verdeutlichen Aussagen wie die der Klägerin zu 4 in der Sendung "Wieder Mannheim: Blutige Messer-Attacke auf AfD-Politiker" vom 5. Juni 2024 in COMPACT-TV (ab Minute 9:17):
"Es ist unglaublich, ja, also diese primitive Gewalt, die kommt wirklich nur noch von Linksextremisten und von den Goldstücken, die eben aus diesen Steinzeit-Moslem-Kulturen kommen, ja, und hier überhaupt keinen Respekt haben vor unserer Kultur."

140 Hinzu kommen Äußerungen des Klägers zu 3 wie in der Sendung "Irre_Neue Kinderprämie für Asylanten" vom 22. August 2023 in COMPACT-TV (ab Minute 6:45), in der er ausgeführt hat, bestimmte ausländische Populationen finanzierten ihr Familieneinkommen dadurch, dass sie ein Kopftuch-Mädchen nach dem anderen machten. Diese Aussagen bringen die Auffassung zum Ausdruck, dass Muslime infolge ihrer Religion rückständig, respektlos und arbeitsscheu seien.

141 (i) Die gegen den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit erhobenen Einwendungen der Klägerin zu 1 vermögen den Befund nicht in Frage zu stellen. So vermag der Senat darin, dass auch türkisch-stämmige Opfer von Gewalttaten "gleichermaßen beklagt werden wie die europäischen Opfer" (in COMPACT-TV vom 9. Juni 2023 "Grüne Einwanderung: Messerstecher jagen Kinder" ab Minute 2:40), die Politikerin Amira Mohamed Ali "ohne deren Abstammung zu kommentieren oder zu kritisieren" erwähnt wird (in der Sendung "Wagenknecht: Jetzt schon Altpartei?" vom 23. Oktober 2023 ab Minute 5:20) oder die Religionszugehörigkeit des französischen Politikers Eric Zemmour erwähnt wird ("jüdische[r] Patriot", Bildunterschrift im COMPACT-Magazin 1/2022 S. 5), keine Entlastung zu sehen. Auch die hervorgehobene Differenzierung zwischen "kürzlich eingewanderte[n] Asylbewerber[n]" und "langjährig ansässige[n] Menschen" lässt sich nicht als eindeutiger Beleg dafür deuten, dass lediglich die Masseneinwanderung der letzten Jahre als politisch verfehlt kritisiert werde. In der Tat wird zwar mitunter der "Gastarbeiter" gelobt, der nicht mit den "Asylschmarotzern" verwechselt werden dürfe, die in jüngster Zeit eingereist seien ("Lob des Gastarbeiters", Editorial des Klägers zu 3 im COMPACT-Magazin 8/2023 S. 3). Dieser werde aber, wie in dem Artikel zugleich betont wird, selbst wenn er fleißig sei und arbeite, trotz Einbürgerung mit seinem "Doppelpass" kein Deutscher. Soweit sich die Klägerin zu 1 weiter auf Aussagen stützt, die nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage getätigt wurden, oder die Umstände betreffen, auf die sich der Senat in seiner Würdigung nicht oder allenfalls zur Abrundung stützt, gehen ihre Ausführungen ins Leere.

142 (j) Aus dem Umstand, dass die Verbotsverfügung den Verstoß gegen die Menschenwürde noch mit weiteren Umständen begründet, insbesondere mit einem Verächtlichmachen gesellschaftlicher Minderheiten, mit Re-Tribalisierungsplänen, mit dem Bedienen von Verschwörungstheorien sowie dem Verbreiten geschichtsrevisionistischer Thesen (S. 8, 11 ff.), folgt über das bisher Gesagte hinaus nichts Weitergehendes. Was den zusätzlichen Vorwurf des Antisemitismus anbelangt, so mögen zwar vereinzelte Belege in der Verbotsverfügung als antisemitisch gedeutet werden können. Jedoch tritt aus ihnen ein derartiger Gehalt nicht eindeutig genug hervor. Auf die insoweit erhobenen Einwände der Klägerin zu 1 kommt es deshalb nicht an.

143 (3) Eine verfassungsfeindliche Haltung der Klägerin zu 1 zeigt sich ferner in einem Verstoß gegen das Demokratieprinzip. Zu dessen Kernelement gehört die gleichberechtigte Teilhabe aller Staatsbürger an der politischen Willensbildung ((a)), die die politische Agenda des "Elsässer-Kreises" missachtet ((b)). Hingegen rechtfertigen vereinzelte Anhaltspunkte für eine Ablehnung des gegenwärtigen parlamentarisch-repräsentativen Systems noch nicht die Annahme, dass das Prinzip der parlamentarischen Demokratie insgesamt negiert wird ((c)).

144 (a) Das Demokratieprinzip ist ein zentrales Element der verfassungsmäßigen Ordnung. Demokratie ist die Herrschaftsform der Freien und Gleichen. Sie beruht auf der Idee der freien Selbstbestimmung aller Bürger. Das Grundgesetz geht vom Eigenwert und der Würde des zur Freiheit befähigten Menschen aus und verbürgt im Recht der Bürger, in Freiheit und Gleichheit durch Wahlen und Abstimmungen die sie betreffende öffentliche Gewalt personell und sachlich zu bestimmen, zugleich den menschenrechtlichen Kern des Demokratieprinzips. Unverzichtbar für ein demokratisches System sind die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller Bürger am Prozess der politischen Willensbildung und die Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG). Wie diesen Anforderungen entsprochen wird, ist für die Frage der Vereinbarkeit eines politischen Konzepts mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung jedoch nicht entscheidend (BVerfG, Urteile vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 542 ff. und vom 23. Januar 2024 - 2 BvB 1/19 - BVerfGE 168, 193 Rn. 211 ff., 254 ff.).

145 (b) Das von der Klägerin zu 1 in Anlehnung an die Pläne Sellners vertretene sogenannte "Remigrationskonzept" missachtet, soweit es - wie dargestellt - deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund betrifft, das egalitäre Verständnis der Staatsangehörigkeit. Dieses Konzept sieht Ausbürgerungen als Mittel zur Schaffung eines ethnisch-deutschen Volkes auch vor dem Hintergrund künftiger Wahlen und Abstimmungen vor. Sellner bezeichnet die "ethnische Wahl" explizit als Problem (COMPACT-Edition "Sellner - Geheimplan - Was ich wirklich will" S. 13 ff.). Diese müsse unterbunden werden, weil dadurch der Stimme eines ethnisch-kulturell Deutschen immer weniger Gewicht zukomme ("Die Demografie frisst die Demokratie", a. a. O. S. 15 f.). Die politischen Pläne sind somit erkennbar auch dadurch motiviert, den Einfluss der Gruppe von Deutschen mit Migrationshintergrund bei Wahlen und Abstimmungen zu schmälern. Das widerspricht dem Anspruch aller deutschen Staatsangehörigen auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung und ist mit dem menschenrechtlichen Kern des Demokratieprinzips nicht zu vereinbaren (zur Identitären Bewegung ebenso BVerwG, Urteil vom 19. April 2024 - 2 WD 9.23 - BVerwGE 182, 151 Rn. 51 ff.).

146 (c) Einzelne Beiträge deuten zwar darüber hinaus auch darauf hin, dass der "Elsässer-Kreis" das gegenwärtige parlamentarisch-repräsentative System ablehnt. So äußern die Kläger zu 3 und 4 wiederholt, es müsse "Widerstand" geleistet werden gegen das "Regime" bzw. die "BRD-Diktatur" (siehe die Werbung für "1000 Seiten BRD-Diktatur" als "Rabatt-Paket" auf COMPACT-Online vom 17. April 2024 von Arne Schimmer alias "Sven Reuth" zum Thema "Freie Sachsen: 'Weiß-Grün ist bunt genug'"). Mehrfach spricht insbesondere die Klägerin zu 4 in Telefonaten ganz offen von einem Sturz des "Systems", der angestrebt werde (G10-Protokolle vom 13. Juni und vom 19. Dezember 2022 sowie vom 5. Mai 2023). Der Kläger zu 3 definiert die "Revolution" als das stärkste "Antidot gegen den parlamentarischen Kretinismus und die Oligarchisierung der Opposition" (Editorial im COMPACT-Magazin 10/2023 S. 3). Das gezielte Eindringen in Volksvertretungen, um demokratische Entscheidungen gewählter Politiker zu verhindern ("Sturm von Zittau"), wird insbesondere von Martin Sellner als nachahmenswert vorgestellt (COMPACT-Edition "Sellner - Geheimplan - Was ich wirklich will" S. 88 f., vgl. auch die Diskussion zwischen Martin Sellner und dem Kläger zu 3 im COMPACT-Magazin 11/2023 "Wie wir uns retten können" S. 20 ff.). Der Kläger zu 6 begrüßt in einer Audiobotschaft vom 30. August 2020 ausdrücklich den als "Sturm auf den Reichstag" bekannten Vorfall vom Vortag, bei dem zahlreiche Demonstranten versuchten, über Absperrgitter hinweg in den Reichstag einzudringen ("Und dass Symbole des Parlamentarismus entweiht wurden, indem da Leute einfach über die Absperrung gesprungen und die Stufen hochgerannt sind, das ist mega in meinen Augen").

147 Dass der "Elsässer-Kreis" aber tatsächlich systemüberwindende Ziele verfolgt, steht nicht zur Gewissheit fest. Zwar wird der Rahmen des für die verfassungsmäßige Ordnung elementaren Demokratieprinzips verlassen, wenn der Parlamentarismus verächtlich gemacht wird, ohne aufzuzeigen, auf welchem anderen Weg dem Grundsatz der Volkssouveränität Rechnung getragen und die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses gewährleistet werden kann. Denn der Grundsatz der Volkssouveränität (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG) erfordert, dass sich alle Akte der Ausübung der Staatsgewalt auf den Willen des Volkes zurückführen lassen (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 144, 20 Rn. 546). Die wiedergegebenen Äußerungen lassen sich im Lichte der Meinungsfreiheit aber noch als überspitzte Machtkritik verstehen, die auf eine Änderung der politischen Verhältnisse unter Beibehaltung des parlamentarischen Systems abzielen.

148 bb. Die Klägerin zu 1 erfüllt auch das Tatbestandsmerkmal des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Die hierfür erforderliche kämpferisch-aggressive Haltung ((1)) zeigt sich in ihrer auf ein Hineinwirken in die Realwelt bezogenen Tätigkeit ((2)), die von einer agitatorischen Rhetorik insbesondere in den Publikationen ((3)) begleitet wird.

149 (1) Für ein Sichrichten genügt nicht schon, dass sich eine Vereinigung kritisch oder ablehnend gegen die verfassungsmäßige Ordnung wendet oder für eine andere Ordnung eintritt. Art. 9 Abs. 2 GG ist - auch unter Beachtung von Art. 5 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG - kein Weltanschauungs- oder Gesinnungsverbot und zielt weder auf innere Haltungen noch auf bestimmte politische Überzeugungen. Selbst die Verbreitung verfassungsfeindlicher Ideen überschreitet als solche nicht die Grenze der freien politischen Auseinandersetzung. Vielmehr vertraut das Grundgesetz mit der Vereinigungsfreiheit im Grundsatz auf die Kraft des bürgerschaftlichen Engagements im freien und offenen politischen Diskurs. Daher ist zur Rechtfertigung eines Verbots entscheidend, ob die Vereinigung als solche nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung einnimmt. Ein Verbot kommt umgekehrt nicht erst dann in Betracht, wenn eine konkrete Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung eingetreten ist oder eine Vereinigung die elementaren Grundsätze der Verfassung tatsächlich gefährdet. Der Verfassungsgeber hat sich mit Art. 9 Abs. 2 GG als Ausdruck des Bekenntnisses zu einer "streitbaren Demokratie" vielmehr für einen präventiven Verfassungsschutz entschieden. Die Verbotsbefugnis ermöglicht es daher, Organisationen rechtzeitig entgegenzutreten. Es kommt anders als bei politischen Parteien bei Vereinigungen auch weder auf ihre Potentialität im Sinne konkreter Anhaltspunkte von Gewicht an, die es möglich erscheinen lassen, dass ihr Handeln erfolgreich sein kann, noch auf die räumliche Reichweite ihres Handelns. Schon wenn die Vereinigung als solche kämpferisch-aggressiv darauf ausgerichtet ist, wesentliche Elemente der verfassungsmäßigen Ordnung zu zerstören, rechtfertigt dies ihr Verbot (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 108 f.; BVerwG, Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 - BVerwGE 180, 1 Rn. 256 m. w. N.). Es genügt hierfür die Feststellung, dass die Vereinigung ihre verfassungsfeindlichen Ziele in die Tat umsetzen bzw. die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend aktiv untergraben will und zum Kampf gegen sie aufruft (BVerwG, Urteile vom 23. März 1971 - 1 C 54.66 - BVerwGE 37, 344 <358 f.>, vom 5. August 2009 - 6 A 3.08 - BVerwGE 134, 275 Rn. 44, vom 19. Dezember 2012 - 6 A 6.11 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 59 Rn. 14 und vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 35; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 109, 144).

150 (2) In diesem Sinne richtet sich der "Elsässer-Kreis" mit seinen realweltlichen Zielen und Aktivitäten gegen die aufgezeigten elementaren Grundsätze der Verfassung. Denn die von dieser Vereinigung organisierten (Protest-)Veranstaltungen, Demonstrationen, "Sommerfeste" und "Souveränitätskonferenzen" sowie die von ihr beworbene Clubmitgliedschaft und die durch die "Fünf-Finger-Strategie" betonte Vernetzung zu einer größeren Bewegung zielen unmittelbar auf eine Beeinflussung des politischen Vorfelds. Dies sind Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, die verfassungsfeindlichen Ziele des "Elsässer-Kreises" in die Tat umzusetzen.

151 (3) Hinzu kommt die Unterstützung, die das realweltliche Handeln durch die bereits im Beschluss des Senats vom 14. August 2024 im Eilverfahren - 6 VR 1.24 - (NVwZ 2024, 1764 Rn. 41) aufgezeigte agitatorische Rhetorik insbesondere in den Publikationen der Vereinigung erfährt. Hierbei handelt es sich um mehr als bloßen Verbalradikalismus, der für sich genommen nicht ausreicht, um die maßgebliche Gefahrenschwelle zu überschreiten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 143, 147 unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08 - BVerfGE 124, 300 <332 f., 342>).

152 Die Rhetorik der Klägerin zu 1 übersteigt diese Gefahrenschwelle. Infolge der insbesondere in ihren Medien als existenziell geschilderten "Bedrohung" des von ihr als ethnisch-homogen dargestellten deutschen Volkes lässt sie keinen Zweifel daran aufkommen, dass unverzügliches Handeln, eben "Widerstand", geboten ist, um in der realen Welt weiteren Schaden abzuwenden. Es werden den Rezipienten hierfür - wie gezeigt - konkrete, unmittelbare, jeweils als dringlich bezeichnete Handlungsvorschläge unterbreitet, was nachdrücklich für die Betroffenheit der Realsphäre spricht.

153 cc. Trotz der vorstehenden Feststellungen zu den verbotsrelevanten Äußerungen und Aktivitäten des "Elsässer-Kreises" gelangt der Senat in der tatrichterlichen Gesamtwürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) jedoch zu dem Ergebnis, dass die angefochtene Verfügung keinen Bestand haben kann. Denn diese Äußerungen und Aktivitäten erreichen noch nicht die Schwelle der verfassungsfeindlichen Prägung. Die Frage der Prägung einer Vereinigung durch ihre von den Verbotsgründen des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 GG erfasste Zwecksetzung, Tätigkeit oder Ausrichtung ist der Ort, an dem den mitbetroffenen grundrechtlichen Freiheiten das vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Gewicht zu verschaffen ist ((1)). Für die Beurteilung, ob die den Verbotstatbestand begründenden Tätigkeiten die Aktivitäten der Vereinigung prägen, kommt es nicht auf eine quantitative, sondern auf eine wertende Betrachtung an (BVerwG, Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 - BVerwGE 180, 1 Rn. 264). Vorliegend erweisen sich die verbotswürdigen Tätigkeiten der Vereinigung nicht als prägend ((2)). Damit stellt sich die im Eilverfahren angesprochene Frage nach milderen Mitteln nicht, die ein Vereinsverbot im Hinblick auf Zweck, Tätigkeit oder Ausrichtung entbehrlich machen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 49).

154 (1) Mit der Prüfung, ob eine Vereinigung durch die einen Verbotsgrund - hier: des Sichrichtens gegen die verfassungsmäßige Ordnung - verwirklichende Zwecksetzung, Tätigkeit oder Ausrichtung geprägt wird, wird den grundrechtlichen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit eines Vereinsverbots Rechnung getragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 102, 104 und 131). Denn die durch Art. 9 Abs. 2 GG vorgegebene Normstruktur des § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG eröffnet der Verbotsbehörde kein Ermessen auf der Rechtsfolgenseite, in dessen Rahmen typischerweise Raum für Verhältnismäßigkeitserwägungen besteht. Deshalb kann das das gesamte Staatshandeln durchziehende Prinzip der Verhältnismäßigkeit nur auf der Tatbestandsseite der Norm berücksichtigt werden. Neben dem engen Verständnis der Verbotsgründe wird mit der Prüfung einer solchen Prägung der Vereinigung den Anforderungen des Übermaßverbots das verfassungsrechtlich gebotene Gewicht verschafft.

155 Das Grundrecht, an dem sich ein Vereinigungsverbot messen lassen muss, ist in erster Linie die Vereinigungsfreiheit. Diese Freiheit steht im Vordergrund. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Wertungen weiterer Grundrechte im Rahmen der Prüfung am Maßstab des Art. 9 GG keine Berücksichtigung finden. Bei dem Verbot eines Presse- und Medienunternehmens sind vor allem die von Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Kommunikationsgrundrechte mitbetroffen. Art. 5 Abs. 1 GG wird damit zwar nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab. Ein Vereinigungsverbot wäre mit den Anforderungen des Grundgesetzes allerdings nicht zu vereinbaren, wenn es nur das Mittel wäre, Meinungsäußerungen oder Publikationen zu untersagen, die für sich genommen den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG genießen. Auch das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ist im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 GG zu beachten, weshalb sich ein solches Verbot nicht einseitig gegen bestimmte politische Anschauungen richten darf. Denn der Schutz durch andere Grundrechte darf von einem Vereinigungsverbot nicht unterlaufen werden; grundrechtliche Versprechungen sind auch hierbei ernst zu nehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 93 f.).

156 Deshalb muss im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Verbots eines Presse- und Medienunternehmens vor allem auch dem Zweck der Verbürgung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG angemessen Rechnung getragen werden. Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist. Aufgabe der Presse ist es dementsprechend, umfassende Information zu ermöglichen, die Vielfalt der bestehenden Meinungen wiederzugeben und selbst Meinungen zu bilden und zu vertreten. Dies setzt ihre Unabhängigkeit vom Staat voraus. Die Pressefreiheit schützt die Grundrechtsträger daher vor Einflussnahmen des Staates auf die mit Hilfe der Presse verbreiteten Informationen, insbesondere vor negativen oder positiven Sanktionen, die an Inhalt und Gestaltung des Presseerzeugnisses anknüpfen (BVerfG, Teilurteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u. a. - BVerfGE 20, 162 <174 f.> und Beschluss vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - BVerfGE 113, 63 <76>). Mit dem Verbot eines Presse- und Medienunternehmens greift der Staat in besonders massiver Form in die freie und öffentliche Meinungsbildung ein.

157 (2) Die Klägerin zu 1 wird bei der gebotenen wertenden Betrachtung von den aufgezeigten verfassungsfeindlichen Positionierungen noch nicht geprägt.

158 Einerseits fällt zwar ins Gewicht, dass die Missachtung der Rechtsgleichheit aller Staatsbürger einen elementaren Grundpfeiler des durch das Grundgesetz verfassten Staates betrifft. Die rechtliche Benachteiligung von Deutschen mit Migrationshintergrund stellt die verfassungsmäßige Ordnung in doppelter Hinsicht in Frage. Sie ist menschenwürdewidrig und verstößt gleichzeitig gegen das Demokratieprinzip.

159 Andererseits ist für die Würdigung entscheidend, dass die Klägerin zu 1 ihre verfassungsfeindlichen Botschaften hauptsächlich in Presse- und Medienerzeugnissen sowie auf Veranstaltungen äußert, über die anschließend wiederum in den COMPACT-Medien berichtet wird. Sie unterfallen dem grundrechtlichen Schutz der Meinungs-, Presse- und Rundfunk- bzw. Medienfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG. Das Grundgesetz gewährt die Meinungsfreiheit im Vertrauen auf die Kraft der freien öffentlichen Auseinandersetzung grundsätzlich auch den Feinden der Freiheit. Das Äußern und Verbreiten verfassungsfeindlicher Ideen - auch in Presse- und Medienerzeugnissen - überschreitet als solches noch nicht die Grenze der freien politischen Auseinandersetzung. Die Verfassung setzt grundsätzlich auf die freie, öffentliche Kommunikation und die Kraft des Diskurses. Rechtsradikales Gedankengut ist hiervon nicht per se ausgenommen, erst recht gilt dies für bloße Geschmacklosigkeiten oder wissenschaftliche Halbwahrheiten (vgl. zum Vorstehenden BVerfG, Beschlüsse vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08 - BVerfGE 124, 300 <330> und vom 13. Juli 2018 - 1 BvR 1474/12 u. a. - BVerfGE 149, 160 Rn. 108).

160 Abstrakte Gefahren, die mit der Verbreitungsform in Presse- und Medienprodukten verbunden sind, namentlich die durch diese Massenkommunikationsmittel erzielte große Reichweite, nimmt das Grundgesetz nach der normativen Wertung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG hin. Denn die Presse ist eines der wichtigsten Instrumente der Bildung der öffentlichen Meinung und genießt deshalb spezifischen Grundrechtsschutz (BVerfG, Beschlüsse vom 25. Januar 1961 - 1 BvR 9/57 - BVerfGE 12, 113 <125> und vom 28. November 1973 - 2 BvL 42/71 - BVerfGE 36, 193 <204>). Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang, in ihr artikuliert sich die öffentliche Meinung (BVerfG, Teilurteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u. a. - BVerfGE 20, 162 <174 f.>). In der Verfassungswirklichkeit nehmen diese Aufgabe zunehmend auch die sogenannten neuen Medien wahr.

161 Zudem machen die verfassungsfeindlichen Positionierungen nur einen Teilbereich der Tätigkeiten der Klägerin zu 1 aus. Größtenteils lassen sich die im angefochtenen Bescheid als verbotsrelevant angeführten Äußerungen unter Berücksichtigung der Deutungsvorgaben der Meinungsfreiheit noch als Ausdruck einer polemisch formulierten Machtkritik und der verfassungsrechtlich unbedenklichen Forderung nach einer Verschärfung des Zuwanderungs- und Staatsangehörigkeitsrechts verstehen. Dies betrifft die weit überwiegende Zahl der von der Beklagtenseite zur Begründung des Vereinsverbots angeführten Aussagen. Die vorstehend als verbotsrelevant gewürdigten Beiträge werden dadurch in beachtlichem Maße relativiert.

162 Dazu kommt, dass zumindest den zentralen Anführer des Personenzusammenschlusses, den Kläger zu 3, eine beachtliche Wendigkeit auszeichnet. Nicht nur, dass er mit seiner politischen Überzeugung zunächst dem politisch linken Spektrum verbunden war. Auch jetzt noch, nachdem er zum äußerst rechten politischen Rand gewechselt ist, lässt er als Chefredakteur eine große Offenheit für andere Auffassungen oder neue thematische Schwerpunkte innerhalb dieses Spektrums erkennen. Im Kern zeichnet ihn ein "Widerstands-Ethos" aus, er ist vor allem "dagegen". Er folgt seinem journalistischen Gespür dafür, welche Themen "Hochkonjunktur" haben und sich mutmaßlich gut verkaufen lassen. Obschon auch er mitunter völkische Ansichten äußert, offenbart sich beispielsweise in seinen Aussagen zu den sogenannten Gastarbeitern eine durchaus auch ambivalente Haltung zu Ausländern. Außerdem hat er sich an anderer Stelle auch gegen eine pauschale Islamkritik ausgesprochen (COMPACT-Magazin 12/2023 "Kriegsfanatiker als Bündnispartner?" S. 52 ff.).

163 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass auch die Themenbreite der von der Klägerin zu 1 vertriebenen Produkte und der in ihnen bestehenden Rubriken sowie der aufscheinende Debattencharakter die Gefährlichkeit der verfassungsfeindlichen Positionen mindert. Gerade der freie Diskurs über Gegenstände von allgemeiner Bedeutung sichert die freie Bildung der öffentlichen Meinung, die sich im Widerstreit verschiedener und aus unterschiedlichen Motiven vertretener, aber jedenfalls in Freiheit vorgetragener Auffassungen vollzieht. Auch die Kritik an den vorherrschenden politischen Verhältnissen ist legitim, ihrem besonderen Schutzbedürfnis dienen die Kommunikationsgrundrechte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 u. a. - BVerfGE 93, 266 <292>). Dazu gehört - wie dargelegt - grundsätzlich auch, die als verantwortlich angesehenen Amtsträger in anklagender und personalisierter Weise für deren Art und Weise der Machtausübung angreifen zu können (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19 - NJW 2020, 2622 Rn. 30, 32). In weiten Teilen erfolgt zudem eine neutrale Berichterstattung in den COMPACT-Medien, die völlig unverfängliche Themen betrifft und keinerlei verfassungsfeindliche Aussagen enthält, wie bereits im Eilbeschluss ausgeführt (BVerwG, Beschluss vom 14. August 2024 - 6 VR 1.24 - NVwZ 2024, 1764 Rn. 43) und auch in der Verbotsverfügung hervorgehoben worden ist. Dadurch bestimmt die Verwirklichung lediglich eines normierten Verbotstatbestandes nicht das gesamte Handeln der Vereinigung (anders als etwa in dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21. August 2023 - 6 A 3.21 - BVerwGE 180, 1 Rn. 262 ff. entschiedenen Fall). Nach alledem sind die Presse- und Medienerzeugnisse und das sonstige Agieren der Klägerin zu 1 auch in Ansehung der von ihr verfolgten politischen Agenda noch nicht solchermaßen durchdrungen von verbotswürdigen Handlungen und Beiträgen, dass diese die Vereinigung schon prägen.

164 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Sie berücksichtigt das Maß des Obsiegens und Unterliegens, die Kostenlast der Kläger zu 2 bis 10 infolge der Rücknahme ihrer Klagen sowie den Umstand, dass die Beteiligung der Kläger zu 2 bis 10 an dem Rechtsstreit wertmäßig in unterschiedlicher Weise zu Buche schlägt.