Urteil vom 25.04.2023 -
BVerwG 4 CN 5.21ECLI:DE:BVerwG:2023:250423U4CN5.21.0
Überplanung einer sogenannten Außenbereichsinsel im beschleunigten Verfahren
Leitsätze:
1. Ob eine diesseits der äußeren Grenzen der Ortslage belegene Freifläche dem Siedlungsbereich zuzuordnen ist und folglich im Wege des beschleunigten Verfahrens nach § 13a BauGB überplant werden kann, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung unter Beachtung siedlungsstruktureller Gegebenheiten.
2. § 13a BauGB umfasst über eine quantitative Vermehrung baulicher Nutzungsmöglichkeiten hinaus auch eine qualitative Entwicklung des Siedlungsbereichs, etwa durch Einbeziehung und Bewahrung von Grünflächen.
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Rechtsquellen
BauGB § 10 Abs. 3, § 13a Abs. 1 und 4 -
Instanzenzug
OVG Münster - 17.08.2020 - AZ: 2 D 27/19.NE
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 25.04.2023 - 4 CN 5.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:250423U4CN5.21.0]
Urteil
BVerwG 4 CN 5.21
- OVG Münster - 17.08.2020 - AZ: 2 D 27/19.NE
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Decker, Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
für Recht erkannt:
- Die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. August 2020 wird zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bebauungsplan der Antragsgegnerin.
2 Der Bebauungsplan Nr. 21 - 13. Änderung und Erweiterung "A./B. Weg/C. Garten/D.-Straße/E.-Linie" umfasst ein etwa 7,2 ha großes Gebiet, das im Nordwesten von der F. Straße und in deren südwestlicher Verlängerung von einem Fuß- und Radweg, im Nordosten von der Straße B. Weg, im Südosten von der D. Straße und im Südwesten von einer Eisenbahnlinie begrenzt wird, an die sich wiederum Bebauung anschließt. Der als private Straßenverkehrsfläche ausgewiesene Weg C. Garten teilt das Gebiet in den schon bisher vom Bebauungsplan Nr. 21 erfassten südöstlichen Teil und den größeren nordwestlichen Teil, der erstmals überplant wird.
3 Die Antragstellerin ist Eigentümerin der im nordwestlichen Teil des Geltungsbereichs gelegenen benachbarten Flurstücke X und Y, Flur Z, Gemarkung G. Das Flurstück X ist mit einem zweigeschossigen ehemaligen Pfarrhaus bebaut. Das etwa 9 000 m2 große unbebaute Flurstück Y ist von Bebauung umgeben. Im Flächennutzungsplan ist es als Grünfläche mit der Zweckbestimmung "Parkanlage" dargestellt.
4 Der im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellte Bebauungsplan setzt im nordwestlichen Bereich reine Wohngebiete (WR 1 bis 5), im südlichen und östlichen Bereich allgemeine Wohngebiete (WA 1 bis 6) fest; das Flurstück X liegt im WA 5. Für das Gebiet des Flurstücks Y sind eine private Grünfläche mit der Zweckbestimmung "Gartenanlage, Gartenland, Streuobstwiese" sowie Erhaltungsgebote für Einzelbäume festgesetzt.
5 Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag abgelehnt: Der Bebauungsplan leide nicht unter einem beachtlichen Bekanntmachungsmangel; auch ohne den Zusatz, dass es sich nicht nur um die 13. Änderung, sondern auch um eine Erweiterung des Bebauungsplans Nr. 21 handele, habe seine Bezeichnung den Hinweiszweck nicht verfehlt. Die Aufstellung des Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren führe nicht auf einen beachtlichen formellen Mangel. Der Bebauungsplan diene der Innenentwicklung, weil er auf einer Vielzahl von Grundstücken neue oder erweiterte Baurechte schaffe und daher jedenfalls auch auf eine Nachverdichtung ziele; hieran ändere sich durch die bestandsorientierte planerische Sicherung der Grünfläche auf dem Flurstück Y nichts. Die Größe des Plangebiets halte die gesetzlichen Höchstmaße ein. Des Weiteren scheitere die Planung nicht daran, dass der Bebauungsplan mit dem Flurstück Y eine Außenbereichsinsel umfasse. Den damit geltend gemachten Verfahrensfehler habe die Antragstellerin nicht fristgerecht gerügt. Unabhängig davon liege ein solcher Mangel in der Sache nicht vor. Zwar handele es sich beim Flurstück Y um eine Außenbereichsfläche im Innenbereich; das ändere aber nichts daran, dass diese Fläche innerhalb eines Siedlungsbereichs liege und angesichts ihrer vergleichsweise geringen Ausdehnung und der sie von allen Seiten umgebenden gewichtigen Bebauung in einen Bebauungsplan der Innenentwicklung habe einbezogen werden können. Eine Überplanung im beschleunigten Verfahren sei hier nach Sinn und Zweck der Regelung jedenfalls auch deshalb nicht ausgeschlossen, weil dieser Bereich gerade als Freifläche erhalten bleibe. Schließlich weise der Bebauungsplan keine beachtlichen Abwägungsfehler auf. Namentlich die von der Planung betroffenen Eigentümerbelange der Antragstellerin seien weder verkannt noch fehlgewichtet worden.
6 Die Antragstellerin rügt mit ihrer Revision in erster Linie einen Verstoß gegen § 13a BauGB. Das beschleunigte Verfahren stehe für die Überplanung von Außenbereichsflächen nicht zur Verfügung. Jedenfalls sei § 13a BauGB nur dann auf Außenbereichsinseln anwendbar, wenn diese mit dem Ziel überplant würden, sie in einen Siedlungsbereich einzubinden und durch Nachverdichtung Baurecht zu mobilisieren. In dieser Hinsicht habe das Oberverwaltungsgericht die Anforderungen an die Substantiierung und Konkretisierung einer nach § 215 Abs. 1 BauGB fristgerechten Rüge überspannt. Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB sei verletzt, weil die Antragsgegnerin die Einschränkung bisher gegebener Nutzungsmöglichkeiten nicht in die Abwägung eingestellt habe. Schließlich liege ein Bekanntmachungsfehler vor.
7 Die Antragsgegnerin tritt der Revision entgegen.
II
8 Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
9 1. Der Bebauungsplan leidet nicht an den gerügten formellen Fehlern.
10 a) Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren nach § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BauGB aufgestellt werden durfte.
11 aa) Diese Prüfung war allerdings hinsichtlich aller relevanten Gesichtspunkte zwingend geboten. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass es nur auf einen Teil der hierauf bezogenen Einwände entscheidungserheblich ankam, weil die aus einer unzutreffenden Verfahrenswahl folgenden Fehler - das Fehlen einer Umweltprüfung (§ 1 Abs. 8 i. V. m. § 2 Abs. 4 BauGB) und eines Umweltberichts (§ 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB) –, die grundsätzlich nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB beachtlich sind (BVerwG, Urteile vom 4. November 2015 - 4 CN 9.14 - BVerwGE 153, 174 Rn. 29 und vom 25. Juni 2020 - 4 CN 5.18 - BVerwGE 169, 29 Rn. 34), jedenfalls gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB mangels fristgerechter Rüge aller Mängel unbeachtlich geworden seien.
12 Die Annahme, die Antragstellerin habe einen Teil der behaupteten Mängel - nämlich die Unzulässigkeit der Überplanung der Außenbereichsinsel - nicht binnen Jahresfrist der Antragsgegnerin gegenüber geltend gemacht, verletzt den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und ist folglich für den Senat nicht bindend. Ihr liegt, wie die Antragstellerin der Sache nach und zu Recht vorbringt, eine aktenwidrige Tatsachenfeststellung zugrunde.
13 Das Oberverwaltungsgericht hat die Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 18. September 2019 lediglich auf eine Überschreitung des Schwellenwerts von 70 000 m2 (§ 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB) bezogen. Ihrem Vorbringen lässt sich jedoch hinreichend deutlich entnehmen, dass sie - sollte es sich bei dem Flurstück 625 um eine sogenannte Außenbereichsinsel handeln - auch insoweit das Fehlen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 31a Abs. 1 Satz 1 BauGB gerügt hat. Dies gilt umso mehr, als sie ausdrücklich vorgetragen hat, es gehe nicht um eine Maßnahme der Innenentwicklung, wenn ein Teil der Fläche nicht bebaut werden dürfe, sondern als private Grünfläche festgesetzt werde. Dass das Vorbringen den Anforderungen an die Substantiierung und Konkretisierung genügt (siehe hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2021 - 4 CN 7.19 - NVwZ 2021, 732 Rn. 25), um der Anstoßfunktion gerecht zu werden, steht nicht in Streit.
14 bb) Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB kann ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Dies gilt entsprechend für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung eines Bebauungsplans (§ 13a Abs. 4 BauGB). Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Überplanung des Flurstücks Y im Rahmen des angegriffenen Bebauungsplans sowohl räumlich als auch inhaltlich von § 13a BauGB gedeckt ist.
15 (1) Das Tatbestandsmerkmal der Innenentwicklung ist als Oberbegriff die Voraussetzung sowohl für die in § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten als auch für andere, nicht konkretisierte Maßnahmen (BVerwG, Urteile vom 4. November 2015 - 4 CN 9.14 - BVerwGE 153, 174 Rn. 21, vom 25. Juni 2020 - 4 CN 5.18 - BVerwGE 169, 29 Rn. 27 und vom 27. August 2020 - 4 CN 4.19 - BVerwGE 169, 219 Rn. 15). Damit beschränkt § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB zunächst seinen räumlichen Anwendungsbereich. Der Gesetzgeber knüpft mit § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB an die ältere Bodenschutzklausel des § 1a Abs. 2 Satz 1 BauGB an und verfolgt mit dem beschleunigten Verfahren und den damit verbundenen Verfahrenserleichterungen das Ziel, dass die Gemeinden von einer Neuinanspruchnahme von Flächen außerhalb der Ortslagen absehen und darauf verzichten, den äußeren Umgriff vorhandener Siedlungsbereiche zu erweitern (BVerwG, Urteile vom 4. November 2015 - 4 CN 9.14 - BVerwGE 153, 174 Rn. 24 und vom 25. Juni 2020 - 4 CN 5.18 - BVerwGE 169, 29 Rn. 26). Die auf vorhandene Ortsteile bezogene Innenentwicklung ist daher nur innerhalb des Siedlungsbereichs zulässig; das gilt ausweislich der Gesetzesbegründung auch für die Änderung oder Anpassung von Bebauungsplänen (BT-Drs. 16/2496 S. 12; BVerwG, Urteile vom 4. November 2015 - 4 CN 9.14 - BVerwGE 153, 174 Rn. 22 ff., vom 25. Juni 2020 - 4 CN 5.18 - BVerwGE 169, 29 Rn. 28 und vom 29. Juni 2021 - 4 CN 6.19 - BVerwGE 173, 70 Rn. 17).
16 Wenn der Gesetzgeber die gebietsbezogene Abgrenzung von Innen- und Außenentwicklung an der Belegenheit des betreffenden Gebiets in der Ortslage und dem Siedlungsbereich festmacht, wird deutlich, dass der planungsrechtliche Status der Flächen, ihre Zugehörigkeit zum Innen- oder Außenbereich, hierfür nicht ausschlaggebend sein soll (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2020 - 4 CN 5.18 - BVerwGE 169, 29 Rn. 24 ff.). Schon der Begriff der Innenentwicklung greift nicht auf vorgegebene bauplanungsrechtliche Kriterien zurück, sondern knüpft an einen städtebaulichen Terminus an. Dementsprechend lösen sich auch die Maßstäbe für die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs des § 13a BauGB von den Vorgaben, die für die Frage der Vorhabenzulassung von Bedeutung sind; vielmehr ist der auf die Möglichkeit einer beschleunigten Bauleitplanung bezogene Siedlungsbereich - ungeachtet von räumlichen Überschneidungen - nach eigenständigen Kriterien festzulegen, wobei die tatsächlichen Verhältnisse im Vordergrund stehen.
17 Der Siedlungsbereich wird grundsätzlich durch eine Bebauung gekennzeichnet, die nicht nur vereinzelt ist, sondern den Eindruck einer jedenfalls lockeren Zusammengehörigkeit erweckt; er wird zur Ortslage, wenn er ein gewisses Gewicht erreicht. Gebiete, die nach den tatsächlichen Verhältnissen einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB bilden, erfüllen diese Voraussetzungen ohne weiteres (vgl. BT-Drs. 16/2496 S. 12). Der Siedlungsbereich reicht jedoch über diesen Kern hinaus. Geht es um den äußeren Umgriff der von der Bebauung geprägten Ortslage, kommen Erweiterungen bei der Fortwirkung aufgegebener baulicher Nutzungen in Betracht (BVerwG, Urteil vom 27. August 2020 - 4 CN 4.19 - BVerwGE 169, 219 Rn. 22 ff.), während bei der vorhandenen Bebauung - im Unterschied zur Abgrenzung des Innenbereichs - eine Einbeziehung des näheren Umfeldes zu erwägen ist (siehe zu § 246 Abs. 9 BauGB Krautzberger/Stüer, DVBl 2015, 73 <77>), die sich allerdings nicht an den Voraussetzungen einer Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB orientieren darf (BVerwG, Urteil vom 4. November 2015 - 4 CN 9.14 - BVerwGE 153, 174 Rn. 25). Flächen, die jenseits der so bestimmten Linie liegen, stehen für Maßnahmen der Innenentwicklung nicht zur Verfügung, sie sind im Regelverfahren zu überplanen.
18 Demgegenüber sind Flächen und Grundstücke, seien sie bebaut oder unbebaut, die diesseits der äußeren Grenze der Ortslage liegen, unabhängig von der Abgrenzung von Innen- und Außenbereich und folglich ungeachtet der Einordnung als sogenannte Außenbereichsinsel typischerweise Teil des Siedlungsbereichs, der vorrangig für eine Überplanung im Sinne einer städtebaulichen Entwicklung in den Blick genommen werden soll und im Interesse der Schonung der freien Landschaft durch Vermeidung einer weiteren Versiegelung von verfahrensmäßigen Erleichterungen profitiert.
19 Die Belegenheit einer Freifläche innerhalb der Ortslage rechtfertigt aber nicht immer deren Zuordnung zum Siedlungsbereich. Vielmehr ist eine wertende Betrachtung nach der Verkehrsauffassung unter Beachtung siedlungsstruktureller Gegebenheiten geboten, um festzustellen, ob sich eine solche Freifläche zur Überplanung im beschleunigten Verfahren anbietet.
20 Dabei sind je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles verschiedene Kriterien heranzuziehen. So kann schon wegen der Größe der Freifläche, sei sie absolut, sei sie relativ zum umgebenden Siedlungsbereich, der Eindruck der Zugehörigkeit zum Siedlungsbereich fehlen und dieser unterbrochen werden, weil die Überplanung und die grundsätzliche Eröffnung der Bebaubarkeit nicht mehr als zwanglose Fortsetzung der Nutzung der umliegenden Bereiche erscheint und sich nicht mehr aufdrängt.
21 Von Bedeutung kann auch sein, ob die einbezogene Freifläche in einem besonderen funktionalen Zusammenhang mit dem sonstigen Plangebiet steht, oder ob dessen Zuschnitt, gerade in Bezug auf die Einbeziehung der Freifläche, als nicht nachvollziehbar oder gar willkürlich erscheint.
22 Eine frühere und nachwirkende bauliche Nutzung kann eine besondere inhaltliche Nähe zum Siedlungsbereich indizieren. Das Fehlen einer solchen Nutzung, mit der wegen der Versiegelung des Bodens eine geringere Schutzwürdigkeit der Flächen einhergeht, steht der Zugehörigkeit zum Siedlungsbereich allerdings nicht entgegen. Denn anderenfalls wäre die Einbeziehung von sogenannten Außenbereichsinseln, die der Gesetzgeber grundsätzlich dem Siedlungsbereich zugeordnet wissen will (siehe zu § 246 Abs. 9 BauGB BT-Drs. 18/2752 S. 7 f., 11), nur in einem eher beschränkten Maße möglich.
23 Ohne Belang für die Bestimmung des räumlichen Anwendungsbereichs des § 13a BauGB sind die möglichen Umweltauswirkungen des Bebauungsplans. Die hierauf bezogenen Prüfungen sind in § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 4 und 5 BauGB normiert.
24 Schließlich sind - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - die Ausdehnung des Siedlungsbereichs und damit die räumlichen Grenzen für ein Vorgehen im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB einheitlich für alle Arten der Innenentwicklung zu bestimmen. Zwar ist die Maßnahme der Innenentwicklung der Oberbegriff; sie geht über die gesetzlichen Beispiele der Wiedernutzbarmachung und der Nachverdichtung hinaus. Das bezieht sich aber allein auf die inhaltlichen Regelungsmöglichkeiten der Planung im beschleunigten Verfahren. Hiernach entscheidet sich etwa, ob immer eine zusätzliche Mobilisierung von Bauflächen erforderlich ist oder ob sich der Bebauungsplan auch mit der Überplanung eines gegebenen Bestands begnügen kann. Diesen Überlegungen liegt aber auf der ersten Stufe die räumliche Umgrenzung des tauglichen Plangebiets voraus, die nach generalisierenden Maßstäben und nicht in Abhängigkeit von den geplanten Maßnahmen und Festsetzungen zu erfolgen hat.
25 Das Oberverwaltungsgericht ist von diesen Maßstäben ausgegangen und hat insbesondere auf die relativ geringe räumliche Ausdehnung und eine daraus folgende bauliche Vorprägung des künftigen Plangebiets abgestellt. An die hieran anknüpfende tatrichterliche Würdigung, das Flurstück Y gehöre dem Siedlungsbereich an, ist der Senat gebunden.
26 (2) Auch inhaltlich ist die Überplanung des Flurstücks Y von § 13a BauGB gedeckt.
27 Der Aufstellung des Bebauungsplans im Wege des beschleunigten Verfahrens steht nicht entgegen, dass auf der Fläche der sogenannten Außenbereichsinsel kein Baurecht geschaffen, sondern diese als private Grünfläche festgesetzt worden ist. Bezugspunkt für die Maßnahme der Innenentwicklung ist nicht das einzelne Grundstück, sondern das gesamte Plangebiet. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sieht der Bebauungsplan in verschiedenen Teilbereichen eine maßvolle Nachverdichtung vor und verwirklicht somit eine in § 13a BauGB ausdrücklich beispielhaft genannte Maßnahme der Innenentwicklung.
28 Im Übrigen beschränkt sich der Begriff der Innenentwicklung nicht auf eine quantitative Vermehrung baulicher Nutzungsmöglichkeiten; er hat nicht nur die Beseitigung von "Baulücken" jeglicher Art im Blick. Vielmehr soll § 13a BauGB in einem weiten Sinne eine Planung fördern, die der Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und dem Umbau vorhandener Ortsteile dient (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB; BT Drs. 16/2496 S. 12). Danach umfasst § 13a BauGB - in Einklang mit dem städtebaulichen Begriff der "doppelten Innenentwicklung" (vgl. etwa Kühnau et al., in: Bundesamt für Naturschutz <Hrsg.>, Doppelte Innenentwicklung - Perspektiven für das urbane Grün, sowie zur Fortschreibung des Leitbilds Schubert et al., in: Umweltbundesamt <Hrsg.>, Dreifache Innenentwicklung. Definition, Aufgaben und Chancen für eine umweltorientierte Stadtentwicklung, Dezember 2022) – auch eine qualitative Entwicklung des Siedlungsbereichs, etwa durch Einbeziehung und Bewahrung von Grünflächen, nicht zuletzt - wie hier - aus stadtklimatischen Gründen.
29 b) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht hat das Normenkontrollurteil einen beachtlichen Fehler der Bekanntmachung des Bebauungsplans verneint.
30 Nach Auffassung der Revision ist § 10 Abs. 3 BauGB verletzt, weil die Bekanntmachung abweichend vom Satzungsbeschluss nur die Änderung des Bebauungsplans bezeichne, nicht aber seine Erweiterung. Dies trifft nicht zu.
31 Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist die Erteilung der Genehmigung bzw. hier der Beschluss des Bebauungsplans (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 BauGB) ortsüblich bekannt zu machen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Ein ohne Geltung von Rügefristen (vgl. § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) stets beachtlicher Bekanntmachungsfehler liegt nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 3 BauGB vor, wenn der mit der Bekanntmachung der Satzung verfolgte Hinweiszweck nicht erreicht worden ist. Der Hinweis erfüllt seinen Zweck, wenn er geeignet ist, dem Normadressaten das Inkrafttreten neuen Bebauungsrechts in einem näheren Bereich des Gemeindegebiets bewusst zu machen und denjenigen, der sich über den Regelungsgehalt informieren will, zu dem richtigen, zur Einsicht bereitgehaltenen Plan zu führen. Ausreichend ist eine schlagwortartige Kennzeichnung, die auf den räumlichen Geltungsbereich des Plans hinweist und ihn damit identifiziert (BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 2020 - 4 CN 2.19 - BVerwGE 170, 26 Rn. 16 und vom 14. Dezember 2022 - 4 CN 1.22 - NVwZ 2023, 667 Rn. 22, jeweils m. w. N.).
32 Das Oberverwaltungsgericht hat dargelegt, weshalb der Hinweiszweck nicht verfehlt wird: Der Geltungsbereich der 13. Änderung sei anhand der zutreffenden geografischen Umschreibung im Titel und des beigefügten Übersichtsplans für potenziell Betroffene eindeutig erkennbar gewesen. Der in der Bekanntmachung verwendete Begriff der Änderung erfasse nach seinem Wortsinn zudem auch eine räumliche Erweiterung des Plangebiets. Diese nicht mit Verfahrensrügen angegriffene tatrichterliche Würdigung ist für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO). Wenn die Revision meint, die Bekanntmachung könne nur dahin verstanden werden, dass Änderungen innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans vorgenommen worden seien, setzt sie lediglich ihre eigene Würdigung an die Stelle der des Tatsachengerichts.
33 2. Der angegriffene Bebauungsplan ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, das Abwägungsgebot sei verletzt, weil ihre Eigentumsbelange, insbesondere ihr Interesse an der Erhaltung der von § 35 BauGB eingeräumten baulichen Nutzungsmöglichkeiten, nicht angemessen berücksichtigt worden seien.
34 Die Gemeinde muss die abwägungserheblichen Belange ermitteln und bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB) und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einstellen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Zu den abwägungserheblichen privaten Belangen gehört das durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Eigentum an Grundstücken im Plangebiet, dessen Inhalt und Schranken durch die Festsetzungen des Bebauungsplans bestimmt werden (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Insbesondere ist die Beschränkung von Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks zu beachten (vgl. BVerwG, Urteile vom 31. August 2000 - 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41 <48 f.>, vom 1. September 2016 - 4 C 2.15 - NVwZ 2017, 720 Rn. 17 und vom 23. November 2016 - 4 CN 2.16 - BVerwGE 156, 336 Rn. 12; Beschluss vom 13. März 2017 - 4 BN 25.16 - ZfBR 2017, 589 Rn. 5).
35 Hiervon ausgehend hat das Oberverwaltungsgericht die planerische Abwägung ohne revisible Rechtsfehler gebilligt.
36 Die Antragsgegnerin hat nach den tatrichterlichen Feststellungen die Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten auf dem bisherigen Außenbereichsgrundstück in der Abwägung weder außer Acht gelassen noch in unverhältnismäßiger Weise anderen Belangen den Vorrang eingeräumt. Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Rat der Antragsgegnerin die Folgen der Planung für die Antragstellerin gesehen und in seine Entscheidung einbezogen. Er sei zu dem planerisch jedenfalls vertretbaren Ergebnis gelangt, dass die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten der Antragstellerin durch das Gewicht der für die Planung sprechenden Aspekte, nämlich der Sicherung eines Freiraums anschließend an eine zu verdichtende innerstädtische Bebauung, gerechtfertigt sei. Sie habe ihr Grundstück auch bisher nicht zum Wohnungsbau nutzen können. Die Errichtung im Außenbereich privilegierter baulicher Anlagen sei bestenfalls eine theoretische Option gewesen, von der die Antragstellerin in den letzten Jahrzehnten keinen Gebrauch gemacht habe. Die bisherigen tatsächlichen Nutzungen, deren Aufgabe die Antragstellerin nicht beabsichtige, blieben erhalten; namentlich stehe die Festsetzung als Grünfläche der Beweidung nicht entgegen.
37 An die dieser Würdigung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen, die die Antragstellerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die rechtlichen Maßstäbe werden auf dieser Grundlage nicht verfehlt.
38 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.