Verfahrensinformation

Ausbau der Eisenbahnstrecke Oldenburg - Wilhelmshaven (Planfeststellungsabschnitt 1)


Die Kläger - eine Umweltvereinigung, die Stadt Oldenburg, mehrere Anwohner und ein kommunales Rechenzentrum - wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 zum Ausbau der Eisenbahnstrecke 1522 Oldenburg-Wilhelmshaven von Bahn-km 0,841 bis 9,722. Die im betreffenden Abschnitt durch das Stadtgebiet von Oldenburg verlaufende, zweigleisige Eisenbahnstrecke soll insbesondere elektrifiziert und mit Lärmschutzwänden versehen werden. Das Vorhaben dient der verbesserten Schienenanbindung des JadeWeserPort in Wilhelmshaven.


Die Kläger machen Fehler im Verfahrensablauf, Defizite bei der Prognose des zukünftigen Zugverkehrs, unzumutbare Lärm- und Erschütterungsbelastungen in der Bau- und Betriebsphase sowie eine unzureichende Katastrophenprävention geltend. Zudem rügen sie eine ungenügende Prüfung einer alternativen Trassenführung (Umfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg). **


Pressemitteilung Nr. 60/2020 vom 15.10.2020

Klagen gegen den Ausbau der Eisenbahnstrecke Oldenburg - Wilhelmshaven (Planfeststellungsabschnitt 1) erfolglos

Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 zum Ausbau der Eisenbahnstrecke 1522 Oldenburg-Wilhelmshaven von Bahn-km 0,841 bis 9,722 (Planfeststellungsabschnitt 1) ist rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die im betreffenden Abschnitt durch das Stadtgebiet von Oldenburg verlaufende, bereits im 19. Jahrhundert errichtete zweigleisige Eisenbahnstrecke wird insbesondere elektrifiziert und mit Lärmschutzwänden versehen. Das Vorhaben dient der verbesserten Schienenanbindung des JadeWeserPort in Wilhelmshaven.


Die beim erst- und letztinstanzlich zuständigen Bundesverwaltungsgericht erhobenen Klagen der Bundesvereinigung gegen Schienenlärm e.V., der Stadt Oldenburg und mehrerer Anwohner blieben erfolglos. Entgegen der Auffassung der Kläger weist die dem Vorhaben zugrunde gelegte Verkehrsprognose keine methodischen Mängel auf. Auch das Lärmschutzkonzept und die Maßnahmen zum Schutz vor Erschütterungsbelastungen in der Bau- und Betriebsphase sowie das Brand- und Katastrophenschutzkonzept sind nicht zu beanstanden.  Die Abwägung mit planerischen Alternativen zum Ausbau der Bestandstrasse war ebenfalls fehlerfrei; das Ausscheiden einer - neu zu errichtenden - Umgehungstrasse im Rahmen der durchgeführten Grobprüfung genügt den rechtlichen Anforderungen.


BVerwG 7 A 9.19 - Urteil vom 15. Oktober 2020

BVerwG 7 A 10.19 - Urteil vom 15. Oktober 2020


Beschluss vom 19.12.2019 -
BVerwG 7 VR 6.19ECLI:DE:BVerwG:2019:191219B7VR6.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.12.2019 - 7 VR 6.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:191219B7VR6.19.0]

Beschluss

BVerwG 7 VR 6.19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Dezember 2019
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt und Dr. Löffelbein
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 wird abgelehnt.
  2. Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen der Antragsteller zu 1 die Hälfte, die Antragsteller zu 2 und die Antragsteller zu 3 und 4 - diese als Gesamtschuldner - jeweils ein Viertel.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragsteller wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 zum Ausbau der Eisenbahnstrecke 1522 Oldenburg-Wilhelmshaven von Bahn-km 0,841 bis 9,722 (PFA 1). Sie beantragen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der hiergegen erhobenen Klage.

2 Der Antragsteller zu 1 ist eine anerkannte Umweltvereinigung. Der Antragsteller zu 2 ist Miteigentümer eines 973 qm großen Grundstückes an der Bahnstrecke (Flurstück a der Gemarkung Oldenburg; ca. bei Bahn-km ...), das im bahnnahen Bereich im Umfang von 226 qm zur Durchführung von Bauarbeiten vorübergehend in Anspruch genommen werden soll (Betretung für Bauarbeiten; Beseitigung von Gehölzen, Gartenschuppen u.Ä.). Die Antragsteller zu 3 und 4 sind Miteigentümer eines 600 qm großen Grundstückes nahe der Bahnstrecke (Flurstück b der Gemarkung Oldenburg; ca. bei Bahn-km ...), von dem nach dem Grunderwerbsverzeichnis (lfd. Nr. ...) im bahnnahen Bereich 25 qm dauerhaft an die Beigeladene abgegeben werden und 43 qm dauernd belastet werden sollen (dingliche Sicherung zur Aufwuchsbeschränkung von Gehölzen). Die 43 qm große Fläche darf auch zur Durchführung von Bauarbeiten vorübergehend in Anspruch genommen werden. Die Beigeladene hat erklärt, dass die Grundstücke der Antragsteller zu 2 bis 4 bis zum Ablauf des Jahres 2020 nicht in Anspruch genommen werden.

3 Mit ihrer Klage (BVerwG 7 A 9.19 ) begehren die Antragsteller die Aufhebung, hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weiter hilfsweise dessen Ergänzung um Schutzauflagen.

II

4 1. Der Antrag ist zulässig.

5 1.1. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. lfd. Nr. 7 der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuständig. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Für das Vorhaben ist nach § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz - BSWAG) vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3221), in Verbindung mit Abschnitt 1 lfd. Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSWAG der vordringliche Bedarf festgestellt.

6 1.2. Die Antragsteller sind antragsbefugt. Der Antragsteller zu 1 ist als anerkannte Umweltvereinigung unabhängig von der Geltendmachung einer Verletzung in eigenen Rechten (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG), die Antragsteller zu 2 bis 4 sind als Eigentumsbetroffene antragsbefugt. Teile von deren Grundstücken sollen für das planfestgestellte Vorhaben dauerhaft bzw. zumindest vorübergehend in Anspruch genommen werden. Als Grundstückseigentümer können sie geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluss unmittelbar in ihren Rechten aus Art. 14 GG verletzt zu sein (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73, Rn. 19).

7 2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

8 2.1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG sofort vollziehbaren Planfeststellungsbeschluss anordnen.

9 In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es - wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung oder wegen der Komplexität der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen - nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2015 - 7 VR 6.14 - NVwZ-RR 2015, 250 Rn. 8 m.w.N.).

10 Bei der Gewichtung der einander gegenüberstehenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist von maßgeblicher Bedeutung, dass der Gesetzgeber ausweislich des § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG dem Vollzugsinteresse - und damit der beschleunigten Umsetzung eisenbahnrechtlicher Planungsentscheidungen - erhebliches Gewicht beimisst (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. April 2005 - 4 VR 1005.04 - BVerwGE 123, 241 <244>, vom 6. März 2014 - 9 VR 1.14 - juris Rn. 7 und vom 5. Juli 2018 - 9 VR 1.18 - NVwZ 2018, 1653 Rn. 10). Eine längere Dauer des vorangegangenen Planfeststellungsverfahrens schmälert das Gewicht dieses Vollzugsinteresses nicht.

11 Vorliegend sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten. Zum einen verträgt die Entscheidung über den Antrag keinen Aufschub. Zum anderen werden von den Antragstellern Sach- und Rechtsfragen aufgeworfen, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.

12 Die Entscheidung über den Antrag ist dringlich. Neben dem Beschleunigungsgebot, dass aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit - und damit zugunsten der unverzüglichen Umsetzung - von Planfeststellungsbeschlüssen für den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes, für die - wie hier - nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz ein vordringlicher Bedarf festgestellt ist, folgt, ergibt sich diese Dringlichkeit vorliegend auch daraus, dass eine weitere Unterbrechung der bereits begonnenen Rodungsarbeiten, die aus naturschutzrechtlichen Gründen nur bis Ende Februar durchgeführt werden können, den weiteren Bauablauf nach den nachvollziehbaren Angaben der Beigeladenen um mindestens ein Jahr verzögern würde.

13 Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses stellen sich zudem Sach- und Rechtsfragen, die erst im Zuge der Durchführung des Hauptsacheverfahrens geklärt werden können. Dies gilt namentlich im Hinblick auf von den Antragstellern gerügte Verfahrensfehler, etwaige Defizite der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, zahlreiche Einwände gegen die Tragfähigkeit der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Verkehrsprognose und der schalltechnischen Untersuchung sowie Abwägungsfehler der fachplanerischen Alternativenprüfung. Die Antragsteller haben hierbei als anerkannte Umweltvereinigung bzw. als unmittelbar Eigentumsbetroffene grundsätzlich einen Anspruch auf vollständige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses.

14 2.2. Das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen überwiegen das Suspensivinteresse der Antragsteller. Ausgehend von der gesetzgeberischen Grundentscheidung nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit ist hierfür maßgeblich, dass mit einer Fortsetzung der von der Beigeladenen begonnenen Arbeiten keine irreparablen bzw. nicht rückgängig zu machenden Folgen zulasten Drittbetroffener eintreten. Vollendete Tatsachen werden nicht geschaffen. Sollten sich die bis zu einer Entscheidung des Senats in der Hauptsache durchgeführten bauvorbereitenden Maßnahmen bzw. Baumaßnahmen als rechtswidrig erweisen, ließen sich die eingetretenen Folgen im Wege des Rückbaues und der Wiederbepflanzung gerodeter Flächen beseitigen bzw. rückgängig machen.

15 Dem steht nicht entgegen, dass nach einer Wiederbepflanzung gerodeter Flächen vor dem Erreichen des ursprünglichen Zustands Neuanpflanzungen zunächst noch eine Anwachsphase durchlaufen müssen (im Ergebnis wie hier auch BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2017 - 9 VR 2.16 - juris Rn. 33). Der Gesetzgeber setzt Ausgleich und Ersatz für Eingriffe in Natur und Landschaft (vgl. § 15 Abs. 2 BNatSchG) nicht mit einer Naturalrestitution im naturwissenschaftlichen Sinne gleich. Vielmehr nimmt er im Rahmen der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft eine vorübergehende Verschlechterung des ökologischen Zustands hin, weil es auf der Hand liegt, dass etwa ein ausgewachsener Baum erst Jahre später gleichwertig substituiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2012 - 9 A 17.11 - juris Rn. 149 m.w.N.; insoweit in BVerwGE 145, 40 nicht abgedruckt). Für eine Rückgängigmachung von Eingriffen in Natur und Landschaft kann nichts anderes gelten. Entsprechendes gilt auch für die Rückgängigmachung von Eingriffen in Hausgärten.

16 Dass durch die im Zuge von Kampfmittelsondierungen durchzuführenden Bohrungen das an der Bahnstrecke liegende Trinkwasserschutzgebiet Alexandersfeld gefährdet wird, haben die Antragsteller nicht substantiiert dargelegt. Die Antragsgegnerin verweist insoweit nachvollziehbar darauf, dass sich der zur Trinkwassergewinnung genutzte Grundwasserkörper in 50 m Tiefe befindet und die Bohrungen für die Kampfmittelsondierungen lediglich in eine Tiefe von etwa sechs Metern reichen. Die Bohrlöcher werden sofort wieder verfüllt. Stoffe werden nach Angabe der Beigeladenen im Zuge der Sondierungsarbeiten nicht in den Boden eingebracht. Eine Gefährdung des Trinkwassers erscheint vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen.

17 Der Eintritt vollendeter Tatsachen droht auch hinsichtlich der im Eigentum der Antragsteller zu 2 bis 4 stehenden Wohngrundstücke nicht. Die Beigeladene hat dem Senat gegenüber erklärt, dass diese beiden Grundstücke bis zum Ablauf des Jahres 2020 weder im Zuge bauvorbereitender Maßnahmen noch für Baumaßnahmen in Anspruch genommen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist jedoch voraussichtlich mit einer Entscheidung des Senats im Hauptsacheverfahren zu rechnen, so dass es auch insoweit keiner Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bedarf. Sollte sich an den zeitlichen Abläufen der Baumaßnahmen im Bereich der Grundstücke der Antragsteller zu 2 bis 4 etwas zu deren Lasten ändern, wäre es Sache der Beigeladenen, dem Gericht hiervon rechtzeitig Mitteilung zu machen. Gegebenenfalls wäre dann ein Vorgehen nach § 80 Abs. 7 VwGO zu prüfen.

18 Vor dem Hintergrund, dass die Entscheidung des Senats in der Hauptsache voraussichtlich im Jahr 2020 und mithin während der laufenden Ausbaumaßnahmen erfolgen soll, ist vor der Entscheidung über die erhobene Klage auch mit keinen dem planfestgestellten Ausbau zuzurechnenden betriebsbedingten Beeinträchtigungen der Antragsteller - etwa durch Lärmimmissionen - zu rechnen. Ohne rechtliche Bedeutung ist, ob die Beigeladene die Nebenbestimmungen des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses bereits vollständig umgesetzt hat (namentlich etwa durch die Bestellung eines Baulärmbeauftragten). Sollten hier Defizite bestehen, wäre es Sache der Antragsgegnerin, auf deren Beseitigung hinzuwirken; die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses wird hierdurch nicht infrage gestellt.

19 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 19.12.2019 -
BVerwG 7 VR 7.19ECLI:DE:BVerwG:2019:191219B7VR7.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.12.2019 - 7 VR 7.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:191219B7VR7.19.0]

Beschluss

BVerwG 7 VR 7.19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Dezember 2019
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt und Dr. Löffelbein
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 wird abgelehnt.
  2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin, die Stadt Oldenburg, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 zum Ausbau der Eisenbahnstrecke 1522 Oldenburg-Wilhelmshaven von Bahn-km 0,841 bis 9,722 (PFA 1). Sie beantragt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der hiergegen erhobenen Klage.

2 Mit ihrer Klage (BVerwG 7 A 10.19 ) begehrt die Antragstellerin die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, hilfsweise dessen Ergänzung um Schutzauflagen.

II

3 1. Der Antrag ist zulässig.

4 1.1. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. lfd. Nr. 7 der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuständig. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Für das Vorhaben ist nach § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz - BSWAG) vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3221), in Verbindung mit Abschnitt 1 lfd. Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSWAG der vordringliche Bedarf festgestellt.

5 1.2. Die Antragstellerin ist im Hinblick auf ihr gemeindliches Selbstverwaltungsrecht bzw. die ihr zukommende kommunale Planungshoheit antragsbefugt. Jedenfalls insoweit ist eine Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus ist auch Grundeigentum der Antragstellerin von dem planfestgestellten Vorhaben betroffen. Die Antragstellerin ist zwar als kommunale Gebietskörperschaft nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG, kann jedoch wie ein privater Grundstückseigentümer geltend machen, die Inanspruchnahme ihres einfachrechtlich geschützten Eigentums verletze das Gebot gerechter Abwägung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 2014 - 7 VR 2.14 u.a. - juris Rn. 8 m.w.N.).

6 2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

7 2.1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG sofort vollziehbaren Planfeststellungsbeschluss anordnen.

8 In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es - wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung oder wegen der Komplexität der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen - nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 2015 - 7 VR 6.14 - NVwZ-RR 2015, 250 Rn. 8 m.w.N.).

9 Bei der Gewichtung der einander gegenüberstehenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist von maßgeblicher Bedeutung, dass der Gesetzgeber ausweislich des § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG dem Vollzugsinteresse - und damit der beschleunigten Umsetzung eisenbahnrechtlicher Planungsentscheidungen - erhebliches Gewicht beimisst (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. April 2005 - 4 VR 1005.04 - BVerwGE 123, 241 <244>, vom 6. März 2014 - 9 VR 1.14 - juris Rn. 7 und vom 5. Juli 2018 - 9 VR 1.18 - NVwZ 2018, 1653 Rn. 10). Eine längere Dauer des vorangegangenen Planfeststellungsverfahrens schmälert das Gewicht dieses Vollzugsinteresses nicht.

10 Vorliegend sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten. Zum einen verträgt die Entscheidung über den Antrag keinen Aufschub. Zum anderen werden von der Antragstellerin Sach- und Rechtsfragen aufgeworfen, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.

11 Die Entscheidung über den Antrag ist dringlich. Neben dem Beschleunigungsgebot, dass aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit - und damit zugunsten der unverzüglichen Umsetzung - von Planfeststellungsbeschlüssen für den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes, für die - wie hier - nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz ein vordringlicher Bedarf festgestellt ist, folgt, ergibt sich diese Dringlichkeit vorliegend auch daraus, dass eine weitere Unterbrechung der bereits begonnenen Rodungsarbeiten, die aus naturschutzrechtlichen Gründen nur bis Ende Februar durchgeführt werden können, den weiteren Bauablauf nach den nachvollziehbaren Angaben der Beigeladenen um mindestens ein Jahr verzögern würde.

12 Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses stellen sich zudem Sach- und Rechtsfragen, die erst im Zuge der Durchführung des Hauptsacheverfahrens geklärt werden können. Dies betrifft namentlich gerügte Verfahrensfehler, etwaige Defizite der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Verkehrsprognose und insbesondere Abwägungsfehler der fachplanerischen Alternativenprüfung.

13 2.2. Das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen überwiegen das Suspensivinteresse der Antragstellerin. Ausgehend von der gesetzgeberischen Grundentscheidung nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit ist hierfür maßgeblich, dass mit einer Fortsetzung der von der Beigeladenen begonnenen Arbeiten keine irreparablen bzw. nicht rückgängig zu machenden Folgen zulasten Drittbetroffener eintreten. Vollendete Tatsachen werden nicht geschaffen. Sollten sich die bis zu einer Entscheidung des Senats in der Hauptsache durchgeführten bauvorbereitenden Maßnahmen bzw. Baumaßnahmen als rechtswidrig erweisen, ließen sich die eingetretenen Folgen im Wege des Rückbaues und der Wiederbepflanzung gerodeter Flächen beseitigen bzw. rückgängig machen. Dass hierdurch Kosten entstünden, liegt in der Natur der Sache. Die daraus folgende finanzielle Belastung des Vorhabenträgers ist unvermeidliche Konsequenz der Inanspruchnahme der vom Gesetzgeber gebotenen Möglichkeit, Planfeststellungsbeschlüsse für Schienenausbauvorhaben des vordringlichen Bedarfs unverzüglich umzusetzen.

14 Der Rückgängigmachung steht auch nicht entgegen, dass nach einer Wiederbepflanzung gerodeter Flächen vor dem Erreichen des ursprünglichen Zustands Neuanpflanzungen zunächst noch eine Anwachsphase durchlaufen müssen (im Ergebnis wie hier auch BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2017 - 9 VR 2.16 - juris Rn. 33). Der Gesetzgeber setzt Ausgleich und Ersatz für Eingriffe in Natur und Landschaft (vgl. § 15 Abs. 2 BNatSchG) nicht mit einer Naturalrestitution im naturwissenschaftlichen Sinne gleich. Vielmehr nimmt er im Rahmen der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft eine vorübergehende Verschlechterung des ökologischen Zustands hin, weil es auf der Hand liegt, dass etwa ein ausgewachsener Baum erst Jahre später gleichwertig substituiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2012 - 9 A 17.11 - juris Rn. 149 m.w.N.; insoweit in BVerwGE 145, 40 nicht abgedruckt). Für eine Rückgängigmachung von Eingriffen in Natur und Landschaft kann nichts anderes gelten.

15 Die Entscheidung des Senats in der Hauptsache soll zudem voraussichtlich im Jahr 2020 und mithin während der laufenden Ausbaumaßnahmen erfolgen, so dass dem planfestgestellten Ausbau zuzurechnende betriebsbedingte Beeinträchtigungen vor der Entscheidung über die erhobene Klage nicht zu erwarten sind.

16 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Urteil vom 15.10.2020 -
BVerwG 7 A 10.19ECLI:DE:BVerwG:2020:151020U7A10.19.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 15.10.2020 - 7 A 10.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:151020U7A10.19.0]

Urteil

BVerwG 7 A 10.19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2020
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Günther und Dr. Löffelbein
am 15. Oktober 2020 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich als gebietsbetroffene Gemeinde gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 für das Vorhaben Ausbau der Eisenbahnstrecke 1522 Oldenburg - Wilhelmshaven im Planfeststellungsabschnitt 1.

2 Die Beigeladene plant die Ertüchtigung der Bahnstrecke 1522 insbesondere durch (Wieder-)Herstellung der durchgängigen Zweigleisigkeit, Anhebung der Streckenhöchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf 120 km/h, Erhöhung der Radsatzlast auf 23,5 t sowie Elektrifizierung der Strecke. Dieses Vorhaben soll eine leistungsfähige Hinterlandanbindung für den tideunabhängigen Tiefwasserhafen "Jade-Weser-Port" schaffen.

3 Der Planfeststellungsabschnitt 1 von Bahn-km 0,841 bis Bahn-km 9,772 durchquert vom Hauptbahnhof Oldenburg kommend zunächst das Stadtgebiet und endet nach der Gemeindegrenze kurz vor der Überführung der Autobahn A 29. Das Vorhaben hat in diesem Abschnitt im Wesentlichen die Elektrifizierung der Strecke, die Errichtung von Lärmschutzwänden und den Ersatz des höhengleichen Bahnübergangs Alexanderstraße durch eine Eisenbahnüberführung zum Gegenstand.

4 Der Antrag der Beigeladenen auf Planfeststellung ging am 3. Juni 2013 beim Eisenbahnbundesamt ein. Die Planunterlagen lagen in der Stadt Oldenburg und den Gemeinden Wiefelstede und Rastede vom 21. Februar bis 20. März 2014 und erneut vom 2. März bis 3. April 2017 aus. Der Planfeststellungsbeschluss wurde durch Auslegung vom 16. bis 30. September 2019 öffentlich bekannt gemacht.

5 Die Klägerin rügt mit ihrer am 30. Oktober 2019 erhobenen Klage Verfahrensfehler und materielle Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Die Auslegung der Planunterlagen sei unvollständig gewesen. Insbesondere Unterlagen zur Untersuchung von Trassenvarianten und (weitere) umweltrelevanter Stellungnahmen seien nicht öffentlich ausgelegt worden. Die von der Vorhabenträgerin vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorgelegte neue Verkehrsprognose 2030 sowie deren technische Stellungnahme zu möglichen Trassenvarianten vom 11. Oktober 2018 hätten eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nach sich ziehen müssen. In materieller Hinsicht leide der Planfeststellungsbeschluss unter einem Abwägungsausfall. Die Beklagte habe zu Unrecht von der gesetzlichen Bedarfsfestlegung auf eine Bindung im Rahmen der Alternativenprüfung geschlossen. Die Verkehrsprognose 2030 sei nicht methodengerecht erstellt worden, die prognostizierten Zugzahlen seien nicht plausibel. Hilfsweise liege ein Abwägungsdefizit vor; es fehle eine vollständige Alternativenprüfung. Für Oldenburger Baugebiete ergebe sich flächendeckend eine erhebliche Lärmbelastung. Zudem habe die Ausbaustrecke unzumutbare städtebauliche Auswirkungen, die das kommunale Selbstgestaltungsrecht verletzten. Durch die vorgesehenen Lärmschutzwände auf mehr als 15,8 km Länge entstehe eine optische Barriere, die bislang durchgängig wahrnehmbare Räume trenne. Eine Verlängerung von Schrankenschließzeiten mit erheblich längeren Wartezeiten, habe eine noch stärkere verkehrliche Trennung städtischer Quartiere zur Folge. Die mit Gefahrguttransporten auf der innerstädtischen Strecke verbundenen Risiken seien erheblich. Für mehrere städtische Liegenschaften entstünden erhebliche Immissionsbelastungen, auch durch Baulärm. Es fehle ein Baustellenkonzept zur Minderung der Beeinträchtigungen, eine Verschiebung der Baustellenplanung in die Ausführungsphase sei nicht sachgerecht. Die Vorteile einer östlichen Umfahrung des Stadtgebietes seien nicht ordnungsgemäß geprüft worden. Eine methodisch korrekte Variantenentscheidung hätte in den von einer alternativen Trassenführung betroffenen Gemeinden ausgelegt werden müssen. Es bedürfe einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Schutzauflagen. Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde dürfe der Klägerin die Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben im Bereich des abwehrenden Brandschutzes nicht unmöglich machen oder wesentlich erschweren. Dies sei wegen einer nicht ausreichenden Anzahl von Zugangsstellen für Rettungskräfte der Feuerwehr zum Gleiskörper sowie zu schmalen Zuwegungen und Zugangstüren der Fall. Die Herausnahme des Umbaus des Bahnübergangs "Am Stadtrand" aus der Planfeststellung verstoße gegen das Gebot der Konfliktbewältigung. Die Nebenbestimmungen zum Schutz gegen Baulärm seien fehlerhaft und die Inanspruchnahme des geschützten Landschaftsbestandteiles "Gutspark Dietrichsfeld" als Baustelleneinrichtungsfläche sei im planfestgestellten Umfang nicht erforderlich.

6 Die Klägerin beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 für das Vorhaben "ABS Oldenburg - Wilhelmshaven PFA 1" aufzuheben,
hilfsweise,
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 für das Vorhaben "ABS Oldenburg - Wilhelmshaven PFA 1" für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
weiter hilfsweise,
1. den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, soweit das Grundstück FlNr. 214/7 der Gemarkung Oldenburg (lfd. Nr. 196 des Grunderwerbsverzeichnisses) über das unverzichtbare Maß hinaus als Baustelleneinrichtungsfläche in Anspruch genommen werden darf,
sowie die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen bzw. zu ändern, dass
2. an den Lärmschutzwänden Zugangstüren und Zugangswege zu den Zugangstüren mit einer Mindestbreite von 2,50 m beidseitig im Abstand von 200 m sowie gleisparallel verlaufende Rettungswege mit einer Mindestbreite von 1,25 m errichtet werden, das Zuwegungskonzept für den ausgebauten Zustand in Lageplänen darzustellen ist, die Lagepläne in Anlehnung an die DIN 14095 (Feuerwehrpläne) zu erstellen sind und die Darstellung weiterer Infrastrukturdaten, wie z.B. Gewässer/Entwässerungsanlagen mit Fließrichtung oder parallel geführte Wege, die nicht Teil des Zuwegungskonzepts sind, mit der Klägerin abzustimmen ist,
3. der Beigeladenen aufgegeben wird, für den Bahnübergang "Am Stadtrand" eine verkehrlich funktionsfähige Lösung mit geeigneten Ertüchtigungsmaßnahmen in Abstimmung mit der Klägerin zu planen und umzusetzen und
4. in der Nebenbestimmung A.5.2.1 die Nachtzeit von 20:00 bis 7:00 Uhr festgelegt wird.

7 Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.

8 Sie treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

II

9 Die Klage ist zulässig.

10 Die Klägerin ist im Hinblick auf ihr gemeindliches Selbstverwaltungsrecht klagebefugt. Jedenfalls hinsichtlich der ihr zukommenden kommunalen Planungshoheit ist eine Verletzung in eigenen Rechten bzw. eine Betroffenheit in abwägungsrelevanten Belangen nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen (vgl. zu diesem Maßstab nur BVerwG, Urteil vom 28. November 2017 - 7 A 17.12 - BVerwGE 161, 17 Rn. 16 m.w.N.). Die Klägerin hat auch im Hinblick auf das Rettungskonzept eine wehrfähige Position (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 - 3 A 4.16 - BVerwGE 165, 33 Rn. 19 ff.). Darüber hinaus ist auch Grundeigentum der Klägerin von dem planfestgestellten Vorhaben betroffen. Diese ist als kommunale Gebietskörperschaft zwar nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG, kann jedoch wie ein privater Grundstückseigentümer geltend machen, die Inanspruchnahme ihres einfachrechtlich geschützten Eigentums verletze das Gebot gerechter Abwägung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 2014 - 7 VR 2.14 - juris Rn. 8 m.w.N.).

11 Die Klage ist aber nicht begründet.

12 Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ergänzung um weitere Schutzauflagen.

13 A. Der auf § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gestützte Planfeststellungsbeschluss ist nicht frei von Verfahrensmängeln; diese haben die Entscheidung jedoch nicht in der Sache beeinflusst.

14 1. Die nach § 18a AEG i.V.m. § 73 Abs. 2 VwVfG gebotene Auslegung der Planunterlagen muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 19 und vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 18). Welche Unterlagen hierzu gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Unterlagen sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf die Belange potenziell Betroffener oder anerkannter Vereinigungen ergeben; ergänzt eine Unterlage dagegen nur ausgelegte Planunterlagen, muss sie nicht mit ausgelegt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 2019 - 4 A 1.18 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 9 Rn. 16).

15 Handelt es sich - wie hier - um ein Vorhaben, für das die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ergeben sich weitere Anforderungen in Bezug auf die Auslegung von Unterlagen aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Nach § 9 Abs. 1b Satz 1 UVPG in der hier noch nach der Übergangsvorschrift des § 74 Abs. 2 UVPG anzuwendenden Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94 - im Folgenden UVPG 2010) sind die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens (Unterlagen nach § 6 UVPG 2010) und diejenigen "entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen (...), die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben", zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen. Danach müssen die neben den Unterlagen der UVP-Prüfung "wichtigsten Berichte und Empfehlungen" zugänglich gemacht werden (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 31 unter Hinweis auf BT-Drs. 16/2933 S. 2). Dem entspricht heute wortgleich § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UVPG 2017. Vor diesem Hintergrund kann es an der Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 fehlen, wenn bestimmte Unterlagen lediglich Detailfragen betreffen oder auf sie in anderen - ihrerseits ausgelegten - Unterlagen Bezug genommen wird. Solche Unterlagen gehören gegebenenfalls auch nicht zu den wichtigsten Berichten und Empfehlungen im Sinne von Art. 6 Abs. 3 UVP-Richtlinie (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 31 und vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 20).

16 2. Hieran gemessen hätten auch die Verkehrsprognose 2025 und Angaben über die plangegebene Vorbelastung ausgelegt werden müssen.

17 Die einem Vorhaben zugrunde gelegte Verkehrsprognose gehört regelmäßig zu den auszulegenden Unterlagen im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 VwVfG bzw. den entscheidungserheblichen Berichten und Empfehlungen, die von § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 erfasst werden. Dies gilt auch für ein Schienenwegevorhaben. Der Senat schließt sich insoweit der auf Straßenbauvorhaben bezogenen Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts an (Urteil vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 30). Die dort maßgebliche Erwägung, wonach die Verkehrsprognose die voraussichtliche Verkehrsstärke auf dem Verkehrsweg ermittelt und damit nicht nur Basis für dessen Dimensionierung ist, sondern auch die Daten für die Lärmprognose und das gesamte darauf aufbauende Lärmschutzkonzept liefert, gilt im Grundsatz auch für Schienenwege. Einer Auslegung der Verkehrsprognose selbst bedarf es lediglich dann nicht, wenn die Ermittlung der Verkehrszahlen im ausgelegten Erläuterungsbericht hinreichend nachvollziehbar dargestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 31). Letzteres ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Im Erläuterungsbericht wird zwar die gegenwärtige Streckenbelegung mitgeteilt (44 Personen- und 8 Güterzüge, S. 16), und in gleicher Weise werden auch Angaben über die für das Jahr 2025 prognostizierten Zugzahlen gemacht (44 Personen- und 77 Güterzüge, S. 27). Hieraus ließ sich für die Öffentlichkeit erkennen, welche Belegung die Beigeladene erwartet, und dass diese nach dem damaligen Erkenntnisstand deutlich bei den Güterzügen über dem Ist-Zustand liegen wird. Es fehlt aber an nachvollziehbaren Angaben darüber, auf welcher Grundlage die Prognose erstellt worden ist.

18 Auch die Ermittlung der plangegebenen Vorbelastung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 - 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 45) der von einem (Ausbau-)Vorhaben betroffenen Bestandsstrecke gehört regelmäßig zu den entscheidungserheblichen Berichten und Empfehlungen im Sinne von § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010. Ohne Kenntnis der plangegebenen Vorbelastung lässt sich für potenziell Betroffene und anerkannte Vereinigungen nicht verlässlich einschätzen, ob ein geplantes Eisenbahnvorhaben gegenüber der - hinzunehmenden - Vorbelastung der betreffenden Strecke zur Steigerung von Umweltauswirkungen führen kann und in welchem Umfang ihre Belange oder satzungsgemäßen Interessen infolgedessen betroffen werden können. Hierzu bedarf es der Nennung und Erläuterung der ermittelten plangegebenen Vorbelastung in den ausgelegten Unterlagen. Vorliegend ist schon die Nennung der plangegebenen Vorbelastung nicht ersichtlich. Im Erläuterungsbericht sind - wie dargelegt - die derzeitige und die prognostizierte Streckenbelegung wiedergegeben, nicht aber die deutlich über der Ist-Situation liegende plangegebene Vorbelastung von 44 Personen- und 50 Güterzügen.

19 3. Einer Auslegung der Verkehrsprognose 2030 bedurfte es dagegen nicht.

20 Die Einbeziehung der Verkehrsprognose 2030 in die durchgeführten Auslegungen kam schon aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht. Die Prognose lag weder bei der vom 21. Februar bis 20. März 2014 dauernden ersten noch der vom 2. März bis 3. April 2017 durchgeführten zweiten öffentlichen Auslegung des Plans vor. Vielmehr teilte die Beigeladene der Beklagten die aktualisierten Prognosezahlen erst mit Schreiben vom 24. August 2018 mit und erläuterte sie mit Schreiben vom 25. April 2019 näher. Hinsichtlich solcher Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können, die der zuständigen Behörde aber erst nach Beginn des Beteiligungsverfahrens vorliegen, wird der Zugang der Öffentlichkeit gemäß § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG 2010 nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen gewährleistet (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 21; vgl. auch BT-Drs. 16/2494, S. 23).

21 Es bedurfte auch nicht deswegen einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung, weil ein Teil der ausgelegten Planunterlagen, insbesondere der Erläuterungsbericht, aufgrund der Verkehrsprognose 2030 sowie der Beigeladenen zwischenzeitlich vorgelegter weiterer Unterlagen zur Darstellung und Erörterung planerischer Alternativen, Änderungen erfahren haben. Ändert der Vorhabenträger die nach § 6 UVPG 2010 erforderlichen Unterlagen im Laufe des Verfahrens, kann nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG 2010 von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen werden, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. So liegt es hier. Nach der Verkehrsprognose 2030 ist gegenüber der Verkehrsprognose 2025 mit einer deutlich geringeren Verkehrsbelastung im planfestgestellten Streckenabschnitt zu rechnen. Die technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018 (PFA, Anlage 19) vertieft gegenüber den Ausführungen, die im ausgelegten Erläuterungsbericht (dort S. 32 ff.) zur Frage der Trassenauswahl enthalten sind, lediglich die Argumentation des Vorhabenträgers. Zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens waren mithin hinsichtlich der von den Klägern benannten Unterlagen nicht zu besorgen, so dass von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen werden konnte.

22 Mit der Verkehrsprognose 2030 ist auch keine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen worden, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in einer neuen entscheidungserheblichen Unterlage über die Umweltauswirkungen findet (vgl. BVerwG, Urteile vom 10 November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 25 und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 28). Den im Erläuterungsbericht enthaltenen tabellarischen Übersichten über die für das Jahr 2025 prognostizierte Streckenbelegung (S. 27) lag eine Verkehrsprognose zugrunde, die sich auf denselben Gegenstand bezog wie die Prognose 2030. Wie sich aus der Anlage 20 zum Planfeststellungsantrag ergibt, sind auch in der Systematik und Ermittlungstiefe keine Unterschiede erkennbar. Hinzu kommt, dass dem Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses unverändert die Verkehrsprognose 2025 mit den erhöhten Güterzugzahlen zugrunde gelegt wurde. Damit sind die am stärksten von der Streckenbelegung abhängigen Umweltauswirkungen des Vorhabens von der neuen Prognose nicht in entscheidungserheblicher Weise berührt worden.

23 4. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Bericht über den Termin nach § 5 Abs. 1 Satz 2 UVPG 2010 zur Festlegung des Untersuchungsrahmens der Umweltverträglichkeitsstudie nicht ausgelegt werden. Dies folgt bereits daraus, dass sich dieser lediglich auf Vorfragen der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bezieht und insoweit nicht das Vorhaben selbst betrifft. Weitere Unterlagen, die zu den "wichtigsten Berichten und Empfehlungen" gezählt werden könnten, benennt die Klägerin schon nicht konkret. Verfahrensfehler sind auch hinsichtlich der Auslegung ergänzender Unterlagen der Vorhabenträgerin zur näheren Darstellung und Erörterung planerischer Alternativen nicht ersichtlich. Für die im Zuge der öffentlichen Auslegung des Plans zu erzielende Anstoßwirkung waren die im ausgelegten Erläuterungsbericht (dort S. 32 ff.) enthaltenen Darlegungen und zeichnerischen Darstellungen zur Alternativenprüfung genügend.

24 5. Die unterbliebene Auslegung der Verkehrsprognose 2025 und der Vorbelastung stellt keinen absoluten, sondern lediglich einen relativen Fehler im Sinne von § 4 Abs. 1a UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG dar. Ein solcher Verfahrensfehler ist nach § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Zur Aufklärung dieser Frage hat das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO alle verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen. Lässt sich nicht aufklären, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung nach § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG vermutet (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 33; näher BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 41 ff.).

25 Daran gemessen sind die Mängel vorliegend unbeachtlich. Aufgrund der umfangreichen Einwendungen und der umfänglichen Befassung auch der Lokalpolitik mit dem planfestgestellten Vorhaben - gerade auch mit den Fragen der Verkehrsbelastung auf der Bestandsstrecke und der zu erwartenden Mehrbelastung durch den Streckenausbau - kann festgestellt werden, dass die Defizite bei der Öffentlichkeitsbeteiligung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben. Es erscheint ausgeschlossen, dass es noch Betroffenheiten geben kann, die zu einer anderen Entscheidung in der Sache führten.

26 B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen materiellen Fehlern.

27 Die Planrechtfertigung als ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 45 m.w.N.), liegt für das planfestgestellte Vorhaben vor. Für die "ABS Oldenburg - Wilhelmshaven/Langwedel - Uelzen" ist nach § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz - BSWAG) vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3221), i.V.m. Abschnitt 1 lfd. Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSWAG der vordringliche Bedarf festgestellt. Diese vom Gesetzgeber getroffene Bedarfsfeststellung ist nach § 1 Abs. 2 BSWAG für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich und schließt grundsätzlich die Nachprüfung aus, ob für das geplante Vorhaben ein Verkehrsbedarf vorhanden ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 59 m.w.N.).

28 1. Der Planfeststellungsbeschluss steht mit den gesetzlichen Anforderungen an den Brand- und Katastrophenschutz in Einklang. Ein auf die Wahrung dieser Anforderungen bezogenes Rügerecht steht der Klägerin zur Abwehr einer wesentlichen Erschwerung ihrer in diesem Bereich bestehenden Selbstverwaltungsaufgaben zu (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 - 3 A 4.16 - BVerwGE 165, 33 Rn. 20 ff.).

29 Nach § 4 Abs. 1 AEG müssen Eisenbahninfrastrukturen und Fahrzeuge den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit an den Bau und an den Betrieb genügen. Die Eisenbahnen und Halter von Eisenbahnfahrzeugen sind verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und an Maßnahmen des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung mitzuwirken (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AEG). Eisenbahnen sind zudem verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AEG). Nach § 2 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBA) vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 5. April 2019 (BGBl. I S. 479), müssen Bahnanlagen und Fahrzeuge so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Diese Anforderungen gelten als erfüllt, wenn die Bahnanlagen und Fahrzeuge den Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung und, soweit diese keine ausdrücklichen Vorschriften enthält, anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

30 Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften zu den Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes. Die diesbezüglichen technischen Sicherheitsanforderungen werden aber durch die als Verwaltungsvorschrift eingeführte Richtlinie des Eisenbahn-Bundesamtes "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an Planung, Bau und Betrieb von Schienenwegen nach AEG" (EBA-Richtlinie) vom 7. Dezember 2012 konkretisiert. Die EBA-Richtlinie enthält ausweislich ihres Vorworts eine Zusammenstellung zum Teil bereits anerkannter Regeln der Technik und gibt den Fachbehörden und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen einen einheitlichen Maßstab für die Erfüllung der Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an die Hand. Die Richtlinie, die nach den Angaben der Beigeladenen unter Beteiligung auch des Ausschusses für Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung des Arbeitskreises V der Innenministerkonferenz - und damit unter Einbeziehung auch feuerwehrtechnischen Sachverstandes - erarbeitet worden ist, konkretisiert die sich aus § 4 Abs. 3 AEG ergebenden Verpflichtungen. Die in der Richtlinie enthaltenen Vorgaben sind Verfahren nach § 18 AEG zugrunde zu legen (Ziffer 1.1 EBA-Richtlinie). Die Anwendbarkeit und fachliche Richtigkeit der Richtlinie haben auch die Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.

31 Für die im innerstädtischen Bereich verlaufende und nach dem Inhalt der Planfeststellung beidseitig mit Lärmschutzwänden zu versehende Strecke lässt sich - anders als die Klägerin meint - keine atypische Sondersituation feststellen, hinsichtlich derer sich die EBA-Richtlinie keine Geltung beimessen würde. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass die EBA-Richtlinie ausweislich deren Ziffer 2.2 und 2.3 ausdrücklich auch Situationen erfasst und regelt, in denen - wie hier - Lärmschutzbauwerke größerer Länge bei der Planung des Brand- und Katastrophenschutzkonzepts zu berücksichtigen sind. Die Lage von Eisenbahnstrecken im innerstädtischen Bereich stellt zudem keine atypische Situation, sondern im Gegenteil den typischen Fall dar. Für die Unanwendbarkeit der EBA-Richtlinie auf innerhalb von Ortslagen geführte Schienenwege gibt es daher keine Anhaltspunkte.

32 Den hiernach hinsichtlich der Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes anzulegenden Maßstäben der EBA-Richtlinie wird der Planfeststellungsbeschluss gerecht. Die von der Klägerin geforderten Ergänzungen bzw. Verbesserungen des Rettungs- und Sicherheitskonzepts sind deshalb rechtlich nicht erforderlich (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Nach den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses werden die nach Ziffer 2.2 EBA-Richtlinie regelmäßig zu wahrenden maximalen Abstände für Zuwegungen zu einer Schienenstrecke zur Heranführung der Fremdrettungskräfte von 1 000 m mit durchschnittlich ca. 500 m deutlich unterschritten. Die nach Ziffer 2.2 EBA-Richtlinie vorgesehene Mindestbreite für Zugänge von 1,60 m, die die von der Klägerin insoweit hervorgehobene Möglichkeit der Begegnung von Personen ausdrücklich berücksichtigt, wird gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der nach Ziffer 2.2 EBA-Richtlinie geforderten Mindestbreite gleisparalleler Rettungswege von 0,80 m. Der Sachbeistand der Beigeladenen hat in diesem Zusammenhang der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Rettung von Personen auf den Rettungswegen nicht den einzigen Fluchtweg darstellt. Die Rettung aus einer Gefahrenzone könne insbesondere auch innerhalb des Zuges erfolgen.

33 Aus dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergibt sich nichts Anderes. Sie vermochte zwar durch ihren Sachbeistand, Branddirektor B., aufzuzeigen, dass die von ihr geforderten baulichen Anpassungen maßgeblich zu einer weiteren Effektivierung des feuerwehrlichen Einsatzgeschehens beitragen könnten. Dies kann jedoch nicht infrage stellen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss den in der EBA-Richtlinie niedergelegten und mithin nach breiter fachlicher Einschätzung für hinreichend erachteten Standards des Brand- und Katastrophenschutzes bei Planung, Bau und Betrieb von Schienenwegen entspricht. Hinzu kommt, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht nur bei der Verkürzung der Abstände der Fluchttüren, sondern auch bei der Anordnung der Flucht- und Servicetüren an mehreren Stellen über das nach der EBA-Richtlinie Erforderliche hinausgegangen ist und die Anzahl der Zugangstüren auf insgesamt 46 erhöht sowie nebeneinander liegende Türen vorgesehen hat, um den Rettungszugang bzw. die Fluchtmöglichkeiten zu verbessern.

34 Ebenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene durch eine weitere Nebenbestimmung des Planfeststellungsbeschlusses verpflichtet werden müsste, der Klägerin Feuerwehrpläne bzw. Lagekarten im Sinne der DIN 14095 (Feuerwehrpläne für bauliche Anlagen) vorzulegen. Die Vorlage derartiger Pläne bzw. Karten ist nach Ziffer 4 der für das planfestgestellte Vorhaben nicht zur Anwendung kommenden EBA-Richtlinie "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und Betrieb von Eisenbahntunneln" vom 1. Juli 2008 lediglich bezüglich von Tunnelbauten vorgesehen. Ziffer 3.3 der hier einschlägigen EBA-Richtlinie "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an Planung, Bau und Betrieb von Schienenwegen nach AEG" regelt demgegenüber - ohne Bezugnahme auf die spezifischen Anforderungen der DIN 14095 - (nur), dass zur Lokalisierung einer Ereignisstelle und zur Einsatzplanung seitens des Eisenbahninfrastrukturunternehmens Planunterlagen zu übergeben sind. Von der Klägerin wird jedoch nicht behauptet und ist auch sonst nicht erkennbar, dass die Beigeladene diesen Verhaltenspflichten, die für die jeweils betroffenen Eisenbahninfrastrukturunternehmen im Übrigen unabhängig von den Festsetzungen eines Planfeststellungsbeschlusses gelten, nicht gerecht werden würde.

35 Nach allem ist der auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtete Hilfsantrag 2 der Klägerin, im Planfeststellungsbeschluss die erörterten weitergehenden Festsetzungen zum Brand- und Katastrophenschutz zu treffen, unbegründet.

36 2. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen Mängeln der fachplanerischen Abwägung.

37 a) Das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 23 f. m.w.N.).

38 Unabhängig von der insoweit allgemein beschränkten gerichtlichen Kontrolle fachplanerischer Abwägungsentscheidungen kann eine Gemeinde, vergleichbar einem von dem Vorhaben mittelbar Betroffenen, eine gerichtliche Kontrolle der planerischen Abwägungsentscheidung zudem nur hinsichtlich ihrer eigenen Rechte und schutzwürdigen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange verlangen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 18). Als eigene Rechtspositionen kommen - neben dem einfachgesetzlichen Eigentum - nur Belange in Betracht, die sich dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zuordnen lassen (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2008 - 9 A 19.08 - juris Rn. 28). Demgegenüber kann sich eine Kommune weder zum Kontrolleur anderer staatlicher Behörden in Bezug auf die Wahrung des objektiven öffentlichen Rechts aufschwingen noch als Sachwalterin von Rechten Dritter bzw. des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger vertreten (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. November 2017 - 7 A 3.17 - NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, 19 Rn. 53 m.w.N.).

39 Einen dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zuzuordnenden Belang stellt die gemeindliche Planungshoheit dar. Diese vermittelt nach ständiger Rechtsprechung eine wehrfähige, in die Abwägung einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört, wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder gemeindliche Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 19). Darüber hinaus muss die Planfeststellungsbehörde auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde abwägend dergestalt Rücksicht nehmen, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise "verbaut" werden (BVerwG, Urteil vom 6. September 2018 - 3 A 15.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 86 Rn. 28 m.w.N.).

40 Welches Gewicht den Belangen zukommt, wird auch davon bestimmt, ob ihr Träger sich vernünftigerweise auf die mit dem geplanten Vorhaben verbundenen Änderungen einstellen musste und deswegen nicht auf den Fortbestand einer bestimmten Situation vertrauen durfte (BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 - 9 A 17.06 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64 Rn. 19). Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotenzial her einer Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr daher Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2000 - 4 C 13.99 - BVerwGE 112, 274 <291>).

41 b) Ausgehend von diesen Maßstäben weist der Planfeststellungsbeschluss keine Abwägungsfehler zu Lasten schutzwürdiger Belange der Klägerin auf.

42 aa) Der von der Klägerin angenommene Abwägungsausfall wegen des Unterlassens einer Alternativenprüfung liegt nicht vor. Zwar kann die Klägerin zu Recht darauf verweisen, dass der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Reichweite der Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung (§ 1 Abs. 2 BSWAG) unzutreffende rechtliche Annahmen zugrunde legt. Dies führt jedoch zu keinem Abwägungsausfall, weil die Planfeststellungsbehörde jedenfalls hilfsweise eine Alternativenprüfung durchgeführt hat.

43 Der Planfeststellungsbeschluss (S. 96 f.) geht, im Anschluss an eine Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach mit der Festschreibung eines Vorhabens im gesetzlichen Bedarfsplan als Ausbaustrecke nur eine Streckenalternative in Betracht kommt, die als Ausbau der vorhandenen Strecke angesehen werden kann (BVerwG, Beschluss vom 2. August 1994 - 7 VR 3.94 - NVwZ 1994, 1000 <1001> = juris Rn. 19), davon aus, dass wegen der Listung der Bahnstrecke "Oldenburg - Wilhelmshaven/Langwedel - Uelzen" als Ausbaustrecke ("ABS") im Bedarfsplan (Abschnitt 1 lfd. Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSWAG), die den von der Planfeststellung betroffenen Streckenabschnitt umfasst, eine großräumige Umfahrung von Oldenburg schon deswegen nicht in Betracht komme, weil ein solches Projekt keinen Streckenausbau mehr darstelle und mithin der gesetzlichen Vorgabe zuwiderlaufe. Diese Auffassung geht fehl.

44 Unabhängig davon, dass es im Einzelfall ohnehin nicht immer einfach sein wird, Streckenneubau und Streckenausbau voneinander abzugrenzen, fordert das fachplanerische Abwägungsgebot bei der Planfeststellung eines im Bedarfsplan als Ausbauvorhaben ausgewiesenen Vorhabens auch solche planerischen Alternativen in die Prüfung einzubeziehen, die als Streckenneubau zu qualifizieren wären. Die Ausweisung einer Strecke als Ausbaustrecke ("ABS") im Bedarfsplan rechtfertigt keine Verkürzung der Alternativenprüfung. Derartige Rechtswirkungen ergeben sich aus einer solchen Festsetzung im Bedarfsplan nicht. Mit den Festsetzungen des Bedarfsplans wird gemäß § 1 Abs. 2 BSWAG der verkehrliche Bedarf für die bezeichneten Verbindungen für ein nachfolgendes Planfeststellungsverfahren verbindlich festgestellt (vgl. auch BT-Drs. 18/9524 S. 22). Mithin hat der Gesetzgeber darüber entschieden, ob ein als Neubau- oder als Ausbauvorhaben beschriebenes Projekt planerisch weiter zu verfolgen ist (vgl. BT-Drs. 15/1656 S. 12). Im Rahmen der Planfeststellung hat dies - stellt sich die gesetzliche Bedarfsfeststellung nicht im Ausnahmefall als evident unsachlich dar (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 25 m.w.N.) - zur Konsequenz, dass die Planrechtfertigung für ein entsprechendes Neubau- bzw. Ausbauvorhaben gegeben ist. Demgegenüber kann der Bedarfsplan Entscheidungen auf den der Generalplanungsebene nachfolgenden Planungsstufen - insbesondere der Planfeststellung durch die zuständige Planfeststellungsbehörde - darüber, wie ein Projekt konkret realisiert werden soll, nicht vorwegnehmen (vgl. BT-Drs. 15/1656 S. 12 f.). Der Planungsträger ist durch den Bedarfsplan deshalb nicht gehindert, statt des Ausbaus einer Bestandsstrecke eine Neubaustrecke als Trassenalternative zu erwägen (so zum Fernstraßenbau BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171 S. 134 m.w.N.). Auch kann eine unter verkehrlichen Gesichtspunkten optimale oder vorzugswürdige Trasse an entgegenstehenden öffentlichen Belangen, etwa solchen des Naturschutzes, oder entgegenstehenden privaten Belangen, etwa wesentlich schwerwiegenderen Eingriffen in privates Eigentum, scheitern (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <346 f.>). In diesem Sinne führt auch das Bundesverfassungsgericht aus, dass die Festlegungen im Bedarfsplan von der fachgerichtlichen Rechtsprechung zu Recht nicht auch für die konkrete Linienbestimmung und Trassierung oder für die Abwägung als verbindlich angesehen werden (vgl. - zu einer Eisenbahn-Ausbaustrecke - BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. Juli 1995 - 2 BvR 2397/94 - NVwZ 1996, 261 m.w.N. und - zu einer Eisenbahn-Neubaustrecke - vom 8. Juni 1998 - 1 BvR 650/97 - NVwZ 1998, 1060).

45 bb) Die von der Planfeststellungsbehörde der Alternativenprüfung und der übrigen Abwägungsentscheidung zugrunde gelegte Verkehrsprognose 2030 ist nicht zu beanstanden.

46 Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrundeliegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 - 4 B 53.17 - juris Rn. 36 m.w.N.). Diesen Maßgaben wird die hier zugrunde gelegte Verkehrsprognose 2030, die im Rahmen der Arbeiten zur Bundesverkehrswegeplanung im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur erstellt wurde, gerecht.

47 (1) Der gewählte Prognosehorizont 2030 ist in methodischer Sicht nicht zu bemängeln. Für die Prognose der Verkehrsentwicklung gibt der Gesetzgeber keinen festen Zeitrahmen vor. Als Prognosehorizont üblich und nicht zu beanstanden ist ein Zeitraum von (mindestens) zehn Jahren ab der Planfeststellung, der hinsichtlich der Verkehrsprognose 2030 gewahrt ist. Auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 87 m.w.N.). Die lediglich noch hinsichtlich der Bewältigung des Schienenverkehrslärms zugrunde zu legende Verkehrsprognose 2025, die von einer deutlich stärkeren Verkehrssteigerung ausgegangen ist, unterschreitet den üblichen Prognosehorizont. Aus der weiteren Heranziehung dieser Prognose lediglich als Grundlage des planfestgestellten Schallschutzkonzepts entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 18g Satz 2 AEG ergeben sich jedoch keine belastenden Auswirkungen. Die Heranziehung führt vielmehr zu einem höheren Niveau des Schallschutzes, als dies bei einer Zugrundelegung der niedrigeren Verkehrsprognose 2030 der Fall sein würde.

48 (2) Der der Verkehrsprognose 2030 zugrundeliegende Sachverhalt wurde zutreffend und ohne methodische Mängel ermittelt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der für die Entwicklung des Schienengüterverkehrs vom und zum Seehafen Wilhelmshaven maßgeblichen Seeverkehrsprognose und die für den Güterumschlag in Wilhelmshaven getroffenen Annahmen. Hierbei wurde nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des Gutachters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung methodisch besonders berücksichtigt, dass mit dem im Jahr 2012 in Betrieb genommenen "Jade-Weser-Port" eine neue Verkehrsquelle eröffnet worden ist. Insoweit wurden alle relevanten deutschen Häfen - einschließlich der Binnenhäfen - in die Seeverkehrsprognose einbezogen und auch Verlagerungen bestehender Verkehre ermittelt.

49 Die für den Seehafen Wilhelmshaven von dem Gutachterbüro T. GmbH angenommenen Umschlagsmengen erscheinen nicht als zu niedrig. Der Gutachter der Beigeladenen erläutert nachvollziehbar, dass sich die von weiteren Gutachtern selbstständig prognostizierte Gesamtentwicklung des Seehafenumschlags in Wilhelmshaven als plausibel oder sogar als leicht optimistisch erweist. Die generelle Entwicklung im Containerverkehr der deutschen Häfen verläuft insgesamt niedriger als erwartet (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 10). Zudem ist - ungeachtet einer überdurchschnittlichen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland insgesamt - der Seeverkehrsumschlag speziell in Wilhelmshaven zurückgegangen (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 13).

50 Die von der Klägerin hinsichtlich der zu erwartenden Umschlagsmengen vorgelegte Untersuchung des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) aus dem Jahr 2016, wonach der Hafenumschlag bis 2030 auf 83 Mio. t (T. GmbH: 47,6 Mio. t) und die Transportmenge per Bahn auf ca. 7,4 Mio. t (T. GmbH: ca. 4,2 Mio. t) ansteigen werde, spricht insoweit lediglich von Umschlagspotenzialen und hält selbst fest, dass es sich bei der Untersuchung um eine insgesamt optimistische Herangehensweise handele und ein Risiko bestehe, dass sich eingerechnete Potenziale nicht vollständig parallel verwirklichen ließen (vgl. ISL, Perspektivpapier Hafen Wilhelmshaven, Management Summary, Juli 2016, S. 7). Zudem weist der Gutachter der Beigeladenen zu Recht darauf hin, dass einer der Hafenentwicklung dienende Perspektiveinschätzung notwendigerweise die Objektivität einer gesamtdeutschen Prognose fehle, auf der die Verkehrsprognose 2030 basiere (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 14 f.).

51 Hinsichtlich der im Rahmen der Verkehrsverflechtungsprognose angenommenen negativen Bevölkerungsentwicklung verweist die T. GmbH darauf, dass aktuelle Prognosen der Europäischen Union ebenfalls von einem Rückgang der Bevölkerungszahl in Deutschland von aktuell 83 Mio. auf ca. 80 Mio. ausgehen. Die der Verkehrsprognose zugrunde gelegten im Bundesverkehrswegeplan angenommenen ca. 78 Mio. Einwohner lägen zwar etwa drei Prozent darunter. Selbst bei einer Annahme von 84,9 Mio. Einwohnern (Maximalfall) würde jedoch die Wirkung hinsichtlich des zusätzlichen Gesamtverkehrsaufkommens vernachlässigbar gering sein. Veränderte Einwohnerzahlen wirkten sich im Wirtschaftsverkehr gegenüber dem Personenverkehr geringfügiger aus, was aus der Verkehrsverflechtungsprognose entnommen werden könne (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 14). Auch diese Erläuterungen sind für den Senat nachvollziehbar.

52 Soweit die Klägerin meint, es könne nicht unterstellt werden, dass die für 2030 prognostizierte Güterverkehrsmenge im Durchschnitt die gleiche Anzahl von Güterzügen benötige wie die 2025 prognostizierte Menge, geht diese Kritik ins Leere. Der Gutachter der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung insoweit nachvollziehbar erläutert, dass die Zugzahlen (39 Güterverkehrszüge täglich) im Rahmen eines komplexen, seit Jahrzehnten im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung eingesetzten Modellierungs- und Umlegungsprozesses ermittelt worden sind, der unter anderem Beladungsstrukturen nach Gütergruppen und Produktionssystemen sowie infrastrukturelle Restriktionen berücksichtigt. Ergänzend finde zudem eine Abstimmung mit den Verladern und Zugoperateuren im Schienengüterverkehr statt (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 6 ff.). In der Folge wurden in den Verkehrsprognosen 2025 bzw. 2030 auch unterschiedliche Beladungsmengen pro Güterzug angenommen (namentlich 360 Netto-Tonnen in der Verkehrsprognose 2025 und ca. 470 Netto-Tonnen in der Verkehrsprognose 2030; vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 13).

53 Der Gutachter der Beigeladenen vermochte in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar darzulegen, dass Lokleerfahrten und sonstige Fahrten im Planfeststellungsabschnitt (etwa zum Streckenunterhalt) bei der Verkehrsprognose 2030 als Grundlast Berücksichtigung gefunden haben. Auf den Einwand der Klägerin, verstärkte politische Bemühungen um den Klimaschutz ließen eine Zunahme des Bahnverkehrs erwarten, hat der Gutachter der Beigeladenen nachvollziehbar erläutert, dass es nicht der methodisch korrekten Herangehensweise bei der Erstellung einer Verkehrsprognose entspricht, programmatische politische Zielsetzungen zu berücksichtigen.

54 (3) Hinsichtlich des im Prognosefall 2030 zu erwartenden Personenzugverkehrs hat die Beigeladene im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt, dass sich aus der im Laufe des Jahres 2018 fortgeschriebenen Zugzahlengrundlage für den Schienenpersonennahverkehr ergibt, dass (seit dem 1. November 2018) statt 48 täglichen Personenzügen nach der Verkehrsprognose 2030 nunmehr 56 Personenzüge angenommen werden. Diese von der Verkehrsprognose 2030 abweichende Annahme fußt auf der zuletzt entsprechend erhöhten Bestellung des Landes Niedersachsen für den Schienenpersonennahverkehr. Es kann offenbleiben, ob die Planfeststellungsbehörde verpflichtet gewesen wäre, auch diese in der Verkehrsprognose 2030 noch nicht abgebildete Zugzahlengrundlage für den Schienenpersonennahverkehr zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine laufende Anpassungspflicht der Planfeststellungsbehörde an neue Prognosen (BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 74 und vom 30. Mai 2012 - 9 A 35.10 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225 Rn. 25). Dies gilt jedenfalls so lange, wie die der Planfeststellung zugrunde gelegte Datenbasis nicht offensichtlich durch neuere Erkenntnisse überholt ist. Ein Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde sind nicht verpflichtet, selbst laufend die Datenbasis "unter Kontrolle zu halten" (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 77). Ob die Datenbasis der Verkehrsprognose 2030 hinsichtlich des Personenzugverkehrs vorliegend offensichtlich durch neuere Erkenntnisse überholt gewesen ist und insoweit ausnahmsweise eine Anpassungspflicht bestanden hätte, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Wie im jeweiligen Sachzusammenhang darzulegen sein wird, wirkt sich die Zugrundelegung der höheren Personenzugzahl nicht auf das Ergebnis der Planfeststellung aus.

55 Für eine von den Klägern behauptete (noch) weit höhere Personenzugzahl im Prognosefall 2030 fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten. Insbesondere kann insoweit nicht der Zielfahrplan "Deutschlandtakt" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zugrunde gelegt werden. Der angestrebte "Deutschlandtakt" setzt auf den Infrastrukturmaßnahmen des Bundesverkehrswegeplans 2030 auf, stellt jedoch keine Prognose, sondern lediglich eine "konkrete Angebotsvision" dar, deren Umsetzung von zahlreichen Faktoren abhängt. Zudem gelten die Zielannahmen des "Deutschlandtakts" erst für die Jahre ab 2030, so dass für den hier zugrunde gelegten Prognosehorizont bis zum Jahr 2030 aus diesen Unterlagen auch insoweit keine maßgeblichen Ableitungen getroffen werden können. Der "Deutschlandtakt" bildet nur ein Grundgerüst für den wirtschaftlichen Ausbau sowie eine optimale Nutzung der Schieneninfrastruktur; der Zielfahrplan beinhaltet hierbei nur Mustertrassen (vgl. BT-Drs. 19/11254 S. 3). Auch trifft der "Deutschlandtakt" keine Festlegungen zur Finanzierung der zu seiner Umsetzung erforderlichen Infrastruktur und legt kein rechtlich verbindliches Bedienangebot fest (vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Zielfahrplan Deutschlandtakt - Informationen zum dritten Gutachterentwurf, 30. Juni 2020, S. 4 f.).

56 Aus der Zahl der Personenzüge im Fahrplanjahr 2020 (55 Personenzüge) bzw. der Zahl der von der Stadt Oldenburg aktuell gezählten Personenzüge (nach deren Angaben in der mündlichen Verhandlung 56) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine weit höhere Zahl von Personenzügen im Prognosefall 2030. Von einer zukünftigen Steigerung der Zugzahlen kann nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Die Beigeladene kann insoweit vielmehr auf die weitgehende Stabilität der Zugzahlen in den letzten Fahrplanjahren verweisen.

57 cc) Die Planfeststellungsbehörde hat die Umgehungsvariante der Kläger ohne Rechtsverstoß bereits im Rahmen einer Grobprüfung ausgeschieden.

58 Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen einerseits alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt werden. Eine Planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde in Folge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist.

59 Die Planfeststellungsbehörde ist dabei nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 75 m.w.N.). Die ausweislich der Festsetzungen im Bedarfsplan erkennbare Bedarfsstruktur ist bei der Trassenwahl als gesetzgeberische Wertung in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen (vgl. - zum Fernstraßenbau - BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171 S. 134). Diesen Maßgaben wird die durchgeführte Alternativenprüfung gerecht.

60 (1) Die Alternativenprüfung durch die Planfeststellungsbehörde knüpft in zulässiger Weise an die Variantenuntersuchung der Vorhabenträgerin an (vgl. insbesondere Erläuterungsbericht, S. 32 ff. sowie technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018, PFA, Anlage 19) und bezieht, neben der Ostumfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg, eine Reihe weiterer denkbarer Planungsvarianten - wie eine westliche Umfahrung oder eine Tunnellösung - mit ein. Die Ergebnisse dieser Prüfung werden im Planfeststellungsbeschluss (S. 97 ff.) auch nachvollziehbar dargestellt.

61 Die Planfeststellungsbehörde durfte zur Begründung für das Ausscheiden insbesondere einer Ostumfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg entscheidungstragend darauf abstellen, dass der hierfür erforderliche Trassenneubau mit unverhältnismäßig starken und erstmaligen Eingriffen sowohl in privates, nach Art. 14 GG verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum als auch in Natur und Landschaft verbunden wäre, wohingegen der planfestgestellte Ausbau der Bestandsstrecke auf eine bereits langjährig eisenbahngeprägte Umgebung trifft (vgl. PFB, S. 100). Vor diesem Hintergrund durfte - auch wenn es nicht ferngelegen hätte, eine konkrete Kostenschätzung vorzunehmen - die Frage der Mehrkosten einer Ostumfahrung gegenüber der planfestgestellten Variante offengelassen werden. Dessen ungeachtet stellt auch die Klägerin nicht grundlegend in Abrede, dass der für eine Umfahrung erforderliche Neubau mit höheren Kosten verbunden sein dürfte als der planfestgestellte Ausbau der Bestandsstrecke.

62 Zur Quantifizierung der zu erwartenden Eingriffe in Eigentum sowie in Natur und Landschaft im Zuge der Errichtung einer Ostumfahrung beziffert die Beigeladene den Flächenbedarf auf 35 ha, ohne hierbei erforderliche weitere Flächen für naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen zu berücksichtigen. Zudem würde die Umfahrungstrasse fast auf gesamter Länge die Landschaftsschutzgebiete "Kulturlandschaft Wahnbäke" und "Oldenburg-Rasteder Geestrand" neu durchschneiden (vgl. Erläuterungsbericht, S. 36 f.) sowie das FFH-Gebiet "Mittlere und Untere Hunte" queren.

63 Das hohe Eingriffspotenzial einer Ostumfahrung und die Wertigkeit der von einer solchen Umfahrungstrasse betroffenen Naturräume zeigt sich auch ausweislich des Landschaftsrahmenplans der Klägerin vom November 2016 (S. 631), der darlegt, dass die Trasse mit einem erheblichen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet "Oldenburg-Rasteder Geestrand" verbunden wäre, dass Bereiche betroffen sein würden, die die Voraussetzungen zur Ausweisung als Naturschutzgebiet erfüllten (Donnerschweer Wiesen, Blankenburger Holz) und dass wertvolle Biotope und Gehölzbestände verlorengingen. Die Beigeladene erachtet zudem die Entstehung artenschutzrechtlicher Konflikte für sehr wahrscheinlich (vgl. technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018, S. 11, PFA, Anlage 19).

64 (2) Die Planfeststellungsbehörde hat bei der Variantenprüfung auch die Vorteile einer Umfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg nicht übersehen. Namentlich erkennt der Planfeststellungsbeschluss (S. 99) die auch von den Klägern besonders hervorgehobene Minderung der Schallimmissionen innerhalb des dicht besiedelten Stadtgebietes als bedeutendes, wenn auch im Ergebnis nicht durchschlagendes Argument zugunsten der Neuerrichtung einer Umgehungstrasse an.

65 Auch weitere Gesichtspunkte, die zugunsten einer Umfahrungstrasse angeführt werden können, hat die Planfeststellungsbehörde gewürdigt und sich in zulässiger Weise den Erwägungen der Vorhabenträgerin in deren technischer Stellungnahme vom 11. Oktober 2018 angeschlossen. Insbesondere gilt dies für verkehrliche Vorteile einer im Zuge einer Ostumfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg zu errichtenden neuen Huntebrücke mit der Durchfahrtsmöglichkeit für Binnenschiffe ohne Öffnung, geringere Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs durch den Entfall niveaugleicher Kreuzungen sowie betriebliche Vorteile einer Umgehungsstrecke (wie einer Erhöhung der Streckenhöchstgeschwindigkeit). Zu erwartenden kürzeren Fahrzeiten im Schienengüterverkehr stünden nach plausibler Einschätzung von Beigeladener und Beklagter allerdings nicht unerhebliche Nachteile für den Schienenpersonenverkehr, wie eine Fahrzeitenverlängerung und der Ausschluss etwaiger neuer Haltepunkte an der Bestandsstrecke, gegenüber. Die Planfeststellungsbehörde würdigt auch die mögliche Einstellung des Bahnverkehrs auf der Bestandstrasse, die ca. 17 ha Fläche wieder verfügbar machte, und übersieht ebenfalls nicht, dass die Umfahrungstrasse Befürchtungen hinsichtlich von Gefahrguttransporten innerhalb des Stadtgebietes begegnete sowie das Stadtgebiet nicht nur von Lärm, sondern auch von Erschütterungen entlastete (vgl. zum Ganzen näher technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018, S. 9 ff., PFA, Anlage 19).

66 Schließlich würdigt die Planfeststellungsbehörde zugunsten des Ausbauvorhabens ohne Rechtsfehler, dass sich nach der maßgeblichen Verkehrsprognose 2030 - anders als nach der Verkehrsprognose 2025 - der auf der Bestandstrasse zu erwartende Schienenverkehr im Rahmen der plangegebenen Vorbelastung hält und dass sowohl die Stadtlandschaft Oldenburgs als auch die nachbarschaftlichen Verhältnisse im Stadtgebiet von der seit dem 19. Jahrhundert vorhandenen Bahntrasse vorgeprägt sind (vgl. PFB, S. 99 f.).

67 Ausgeschlossen werden kann, dass sich unter Berücksichtigung einer nach neueren Prognosegrundlagen höheren Zahl von Personenzügen (56 statt 48 Personenzüge täglich) am Abwägungsergebnis etwas ändert. Zum einen wird die plangegebene Vorbelastung lediglich geringfügig überschritten (95 gegenüber 94 Zügen). Zum anderen macht die Planfeststellungsbehörde deutlich, dass sie auch auf der Grundlage der deutlichen höheren Verkehrserwartungen der Verkehrsprognose 2025 zu keinem anderen Ergebnis der Variantenuntersuchung gelangt wäre (vgl. PFB, S. 99 f.).

68 In verfahrensmäßiger Hinsicht bedarf es im Rahmen der durchgeführten Grobanalyse keiner förmlichen Beteiligung mit Bezug auf Gemeinden, die von einer bereits auf dieser frühen Stufe ausgeschiedenen alternativen Trassenführung betroffen wären.

69 c) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Planfeststellungsbehörde bei ihrer fachplanerischen Abwägungsentscheidung keine maßgeblichen, gegen das planfestgestellte Vorhaben sprechenden Belange unberücksichtigt gelassen, deren Bedeutung verkannt oder den Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Sie hat auch keine im Rahmen der Planfeststellung zu bewältigenden Konflikte übersehen oder unbewältigt gelassen.

70 aa) Soweit die Klägerin rügt, dass sich für Oldenburger Baugebiete flächendeckend erhebliche zusätzliche Lärm- sowie Erschütterungsbelastungen ergäben, legt sie schon nicht dar, dass diese so weitreichend wären, dass sie die Gewährleistung gesunder Wohnverhältnisse und damit die Möglichkeiten zur Bauleitplanung bzw. weiteren städtebaulichen Entwicklung im jeweiligen Bereich in Frage stellen würden (vgl. zu diesem Maßstab etwa BVerwG, Urteil vom 6. September 2018 - 3 A 15.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 86 Rn. 29). Abwägungsrelevante Beeinträchtigungen der kommunalen Planungshoheit sind hiernach nicht ersichtlich.

71 Hinsichtlich städtischer Liegenschaften verweist die Klägerin auf erhebliche Immissionsbelastungen für mehrere kommunale Objekte und insbesondere auf schwere Beeinträchtigungen für die städtische Kindertagesstätte Dietrichsfeld während der Bauphase, trägt jedoch nicht substantiiert vor, dass die Bewältigung der Lärmproblematik durch die planfestgestellten Schallschutzmaßnahmen defizitär wäre. Auf ebenfalls angesprochene individuelle Lärmschutzbelange ihrer Bürger kann sich die Klägerin - wie bereits dargelegt - nicht berufen.

72 bb) Zu den von der Klägerin gerügten Verkehrsbeeinträchtigungen, insbesondere durch die Trennungswirkung verlängerter Schrankenschließzeiten an fünf höhengleichen Bahnübergängen, ist - abgesehen davon, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, die Belange einzelner Verkehrsteilnehmer wahrzunehmen - darauf hinzuweisen, dass sich die nach der Verkehrsprognose 2030 zu erwartende Verkehrsfrequenz auf der Schienenstrecke im Rahmen der plangegebenen Vorbelastung hält (87 Zugfahrten gegenüber einer plangegebenen Vorbelastung mit 94 Zügen) und insoweit auch seitens der Klägerin hinzunehmen ist. Abweichendes kann sich auch unter Berücksichtigung einer nach neueren Prognosegrundlagen höheren Zahl im Prognosefall erwarteter Personenzüge (56 statt 48 Personenzüge täglich) nicht ergeben. Die Beigeladene hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass die Schrankenschließzeiten auch unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Personenzüge hinter der plangegebenen Vorbelastung zurückbleiben. Ausschlaggebend hierfür ist, dass die Schließzeiten bei durchfahrenden Güterzügen, deren prognostizierte Zahl nach der Verkehrsprognose 2030 deutlich hinter der plangegebenen Vorbelastung zurückbleibt (39 gegenüber 50 Güterzügen), wegen deren meist deutlich größerer Zuglänge und deren geringerer Geschwindigkeit länger sind als die Schließzeiten bei durchfahrenden Personenzügen.

73 cc) Mit einem Hilfsantrag begehrt die Klägerin, der Beigeladenen aufzugeben, für den Bahnübergang "Am Stadtrand" in Abstimmung mit ihr eine verkehrlich funktionsfähige Lösung mit geeigneten Ertüchtigungsmaßnahmen zu planen und umzusetzen, weil es nach den Prognosedaten 2025 an diesem Bahnübergang zu unzumutbaren Schrankenschließzeiten von mindestens 14 Minuten pro Stunde komme. Ein solcher Anspruch kommt nach dem Dargelegten nicht in Betracht. Gegen die Herausnahme von Maßnahmen der baulichen Optimierung im Bereich des Bahnüberganges "Am Stadtrand" aus der Planfeststellung sind rechtliche Bedenken nicht zu erheben, weil auf der Grundlage der maßgeblichen Verkehrsprognose 2030 - wie dargelegt - die vorhabenbedingt zu erwartenden Zugzahlen nicht über die plangegebene Vorbelastung hinausgehen. Vor diesem Hintergrund besteht, wie im Planfeststellungsbeschluss (S. 41) zu Recht festgestellt, keine Notwendigkeit, die Verkehrssituation an dem Bahnübergang planungsrechtlich in den Blick zu nehmen, um sie mit Vorsorgemaßnahmen konfliktmindernd zu optimieren. Abweichendes kann sich auch unter Berücksichtigung einer höheren Zahl von Personenzügen (56 statt 48 Personenzüge täglich) nicht ergeben. Die Beigeladene hat berechnet, dass die Schrankenschließzeiten am Bahnübergang "Am Stadtrand" auch unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Personenzüge um zwölf Minuten hinter der plangegebenen Vorbelastung zurückbleiben. Einwände gegen die Richtigkeit dieser Berechnung hat die Klägerin nicht erhoben. Rechtlich nicht maßgeblich ist, wie sich die Schrankenschließzeiten gegenüber der gegenwärtigen tatsächlichen Situation verändern werden.

74 Der Beseitigung eines im Bereich der Autobahn-Überführung zwischen Nedderend und Babenend parallel zur Eisenbahnstrecke geführten Fuß- und Radweges erscheint entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als fehlerhaft. Insoweit verweist die Planfeststellungsbehörde im Rahmen ihrer fachplanerischen Abwägung ohne Rechtsfehler darauf, dass einerseits vorhabenbedingt kein ausreichender Platz mehr für den Weg vorhanden sei und andererseits keine unzumutbaren Verkehrsverhältnisse entstünden (vgl. PFB, S. 117, und Erläuterungsbericht, S. 136).

75 dd) Soweit die Klägerin unzumutbare Beeinträchtigungen der Huntebrücke, die außerhalb des von der Planfeststellung betroffenen Streckenabschnittes liegt, durch das im Prognosefall zu erwartende Verkehrsaufkommen rügt, geht dies schon wegen des nach der Verkehrsprognose 2030 hinter der plangegebenen Vorbelastung zurückbleibenden Verkehrsaufkommens ins Leere. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Brückenöffnungszeiten für den Schiffsverkehr als auch im Hinblick auf die befürchtete Erhöhung von Ausfallzeiten. Auch unter Berücksichtigung einer nach neueren Prognosegrundlagen höheren Zahl von Personenzügen (56 statt 48 Personenzüge täglich) kommt Abweichendes nicht in Betracht. Die plangegebene Vorbelastung wird auf dieser Grundlage lediglich um einen Zug täglich (95 statt 94 Züge) überschritten und bewegt sich insoweit weiter im Bereich der plangegebenen Vorbelastung (vgl. PFB, S. 94).

76 Inwieweit die Leistungsfähigkeit der in den planfestgestellten Streckenabschnitt einbezogenen Pferdemarktbrücke (vgl. PFB, S. 90 f. und 126) nicht ausreichend untersucht worden sein soll, legt die Klägerin schon nicht näher dar. Entsprechendes gilt hinsichtlich der ebenfalls angesprochenen Frage der Leistungsfähigkeit der Einfädelung der Eisenbahnstrecke 1522 in die Strecke 1502, der westlichen Einfahrt in den Hauptbahnhof sowie des Hauptbahnhofs selbst.

77 ee) Die Planfeststellungsbehörde hat auch die städtebaulichen Auswirkungen der planfestgestellten Ausbaustrecke rechtsfehlerfrei bewältigt. Der Einwand der Klägerin, es fehle eine Bewertung der insbesondere mit der Errichtung der Lärmschutzwände nebst der Errichtung von Oberleitungsmasten (und Oberleitungen) verbundenen Eingriffe in das Stadtbild, geht fehl. Der Planfeststellungsbeschluss (S. 124) setzt sich vielmehr auch mit den Belangen des Ortsbildes der Klägerin auseinander und verweist hierbei darauf, dass das Vorhaben einen bereits seit langer Zeit vorhandenen und damit die Umgebung maßgeblich vorprägenden Verkehrsweg betrifft, so dass sich die Beeinträchtigung in einem Rahmen bewege, der nicht als unzumutbar eingeordnet werde. Dies lässt Abwägungsfehler nicht erkennen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2012 - 9 A 35.10 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225 Rn. 36). Zudem sind Maßnahmen zur besseren Einbindung des Schienenweges in das Ortsbild durch die Verwendung transparenter Elemente, Begrünung und Auswahl geeigneter Farben und Materialien für die Lärmschutzwände, die nach Wahl der Klägerin auch als Gabionen ausgeführt werden können, vorgesehen (vgl. PFB, S. 28 und 103 ff., insbesondere S. 106).

78 Mit der Frage, ob angesichts des nach der Verkehrsprognose 2030 gegenüber der Verkehrsprognose 2025 geringeren zu erwartenden Schienenverkehrslärms Anpassungen am Umfang der geplanten Lärmschutzwände geboten waren, um den Belangen des Stadtbildes besser gerecht zu werden, setzt sich die Planfeststellungsbehörde ebenfalls auseinander. Zu Recht verweist der Planfeststellungsbeschluss insoweit darauf, dass die Regelung des § 18g Satz 2 AEG einer Herabsetzung der Wirksamkeit des Schallschutzkonzepts entgegensteht. Zum anderen kann auch diesbezüglich frei von Abwägungsfehlern an dem Umstand angeknüpft werden, dass das Ortsbild der Stadt Oldenburg durch die bereits seit 1867 in Betrieb befindliche Bestandsstrecke, an die Baugebiete erst im Lauf der Zeit herangerückt sind, maßgeblich vorgeprägt ist (vgl. PFB, S. 103 ff.).

79 Auch unter dem Gesichtspunkt denkmalschutzrechtlicher Belange - die geplanten Lärmschutzwände und Oberleitungsmasten beeinträchtigten nach Darstellung der Klägerin 44 Baudenkmale auf mittlerem und 15 auf hohem Niveau - setzt sich die Planfeststellungsbehörde abwägend mit den beeinträchtigenden Wirkungen der Lärmschutzwände und Oberleitungsmasten auseinander und verweist insoweit ebenfalls ohne Rechtsfehler auf das Gewicht des gesetzlich gebotenen aktiven Lärmschutzes in der Abwägung (vgl. PFB, S. 123 f.). Substanzverluste an Denkmälern stehen nicht in Rede.

80 Hinsichtlich des von der Klägerin als solchen bezeichneten "Theaterbühneneffekts" im Bereich von Bahnübergängen verweist die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei darauf, dass mit der Unterbrechung von Lärmschutzwänden an Bahnübergängen zumindest eine Auflockerung ihrer ansonsten geschlossenen Bauweise verbunden ist, die unter optischen Gesichtspunkten eher als vorteilhaft empfunden werden kann, im Übrigen aber wegen der notwendigen ungehinderten Straßenführung jedenfalls hinzunehmen ist (vgl. PFB, S. 103 ff.).

81 ff) Die Belange des Brand- und Katastrophenschutzes wahrt der Planfeststellungsbeschluss auch im Rahmen der fachplanerischen Abwägung. Ohne Abwägungsmängel kann die Planfeststellungsbehörde darauf verweisen, dass mit dem planfestgestellten Vorhaben neue spezifische Risiken bezüglich von Gütertransporten nicht geschaffen werden (vgl. PFB, S. 114). Auch insoweit ist überdies darauf hinzuweisen, dass die nach der Verkehrsprognose 2030 zu erwartende Zahl der Güterzüge - und damit das diesbezügliche Risikopotenzial - sogar deutlich hinter der plangegebenen Vorbelastung zurückbleibt (39 gegenüber 50 Güterzügen). Nachvollziehbar verweist die Beigeladene unter Abwägungsgesichtspunkten hinsichtlich der bahnparallelen Rettungswege noch darauf, dass eine etwaige Verbreiterung dieser Wege zu einer verminderten Wirkung der Lärmschutzwände sowie zu einer erhöhten Grundinanspruchnahme insbesondere zu Lasten Privater führte.

82 gg) Die zu erwartenden bauzeitlichen Belastungen wurden von der Planfeststellungsbehörde ebenfalls abwägungsfehlerfrei bewältigt. Soweit sich die Klägerin auf diesbezügliche Belastungen insbesondere als Eigentümerin betroffener Grundstücke oder Betreiberin kommunaler Einrichtungen - namentlich der Kindertagesstätte Dietrichsfeld - beruft, greifen ihre Einwendungen nicht durch. Zur Minderung der Belastung mit baubedingten Lärmimmissionen sieht der Planfeststellungsbeschluss (S. 23 ff.) umfangreiche Nebenbestimmungen zum Schutz gegen Baulärm vor und nimmt ergänzend die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19. August 1970 (AVV Baulärm) in Bezug. Etwaige Defizite bei der Beachtung von Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses oder der Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm bei der Baudurchführung sind eine Frage des Vollzugs und können die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht in Zweifel ziehen.

83 Weitergehender Regelungen im Planfeststellungsbeschluss zu Details der Baustellenplanung bedurfte es nicht. Die Erstellung eines von der Klägerin angesprochenen Baulärm- oder Bauimmissionsgutachtens setzt eine Ausführungsplanung voraus, die ein Vorhabenträger ohne gesicherte Rechtsposition, die er erst mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erlangt, grundsätzlich nicht erstellen muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 29 und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 42).

84 Im Wege eines Hilfsantrags begehrt die Klägerin, dass in der dem Schutz gegen Baulärm dienenden Nebenbestimmung A.5.2.1 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 23) die Nachtzeit von 20:00 bis 7:00 Uhr festgelegt wird, weil nach Ziffer 3.1.2 der AVV Baulärm die Zeit von 20:00 bis 7:00 Uhr als Nachtzeit gelte. Dieses Vorbringen beruht auf einem Missverständnis und ist unbegründet. Mit der Nebenbestimmung A.5.2.1 soll nicht etwa - wie von der Klägerin angenommen - die Regelung nach Ziffer 3.1.2 der AVV Baulärm modifiziert werden. Im Planfeststellungsbeschluss wird vielmehr eine Schutzauflage dahingehend formuliert, als - über die nach der AVV Baulärm geltenden Immissionsrichtwerte für die Nachtzeit (20:00 bis 7:00 Uhr) hinaus und unabhängig von den diesbezüglichen Regelungen - in der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen dafür Sorge zu tragen ist, dass Bauarbeiten in der Nähe schutzwürdiger Bebauung auf das unumgänglich notwendige Mindestmaß beschränkt werden.

85 hh) Mit einem weiteren Hilfsantrag begehrt die Klägerin, auf die Inanspruchnahme des in ihrem Eigentum stehenden Grundstücks FlNr. 214/7 der Gemarkung Oldenburg, auf dem sich der Gutspark Dietrichsfeld als geschützter Landschaftsbestandteil befindet, als Baustelleneinrichtungsfläche soweit wie möglich zu verzichten. Auch dieser Hilfsantrag ist unbegründet. Die Beigeladene legt nachvollziehbar dar, dass die randliche Inanspruchnahme des Gutsparks Dietrichsfeld für ein bauzeitliches, temporäres Umfahrungsgleis nebst Entwässerungsgraben im Zuge der Bahnhochlegung zur Beseitigung des Bahnübergangs Alexanderstraße aus technischen Gründen zwingend erforderlich ist (vgl. hierzu auch PFB, S. 49). Die geplante Baustelleneinrichtungsfläche liegt nach den weiteren Ausführungen der Beigeladenen zudem ausschließlich im Bereich einer Wiese außerhalb eines vorhandenen schutzwürdigen Seggenbestands. Zudem sieht die Satzung über den geschützten Landschaftsbestandteil OL-S-8 "Gutspark Dietrichsfeld im Stadtteil Bürgerfelde/Dietrichsfeld" der Stadt Oldenburg vom 23. März 2009 in ihrem § 4 Nr. 2 ausdrücklich die Freistellung mit der Bahnhochlegung verbundener notwendiger Arbeiten und Maßnahmen im östlichen Grundstücksgrenzbereich von nach der Satzung geltenden Verboten vor.

86 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Urteil vom 15.10.2020 -
BVerwG 7 A 9.19ECLI:DE:BVerwG:2020:151020U7A9.19.0

Planfeststellung für Ausbaustrecke Oldenburg-Wilhelmshaven (PFA 1)

Leitsätze:

1. Die einem Schienenwegevorhaben zugrunde gelegte Verkehrsprognose und die Ermittlung einer plangegebenen Vorbelastung gehören regelmäßig zu den entscheidungserheblichen Berichten und Empfehlungen im Sinne von § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 30).

2. Das fachplanerische Abwägungsgebot fordert bei der Planfeststellung eines im Bedarfsplan (Anlage zu § 1 BSWAG) als Ausbauvorhaben ausgewiesenen Schienenwegevorhabens auch solche planerischen Alternativen in die Alternativenprüfung einzubeziehen, die als Streckenneubau zu qualifizieren wären.

3. Über den Bereich der Bewältigung des Verkehrslärms hinaus bewirkt § 18g Satz 2 AEG keine Verschiebung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Zeitpunkts.

  • Rechtsquellen
    AEG § 4 Abs. 3, § 18 Abs. 1 Satz 1, § 18a, § 18g Satz 2
    BSWAG § 1 Abs. 2, Anlage zu § 1
    BImSchG §§ 41 ff.
    16. BImSchV § 4 Abs. 3 Satz 1, Anlage 2 zu § 3 (Schall 03 1990)
    BNatSchG § 15
    VwVfG §§ 46, 73 Abs. 1 Satz 2, § 74 Abs. 1 Satz 1
    UVPG § 74 Abs. 2
    UVPG 2010 § 9 Abs. 1b Satz 1
    UmwRG § 4 Abs. 1a

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 15.10.2020 - 7 A 9.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:151020U7A9.19.0]

Urteil

BVerwG 7 A 9.19

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2020
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rublack und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Günther und Dr. Löffelbein
am 15. Oktober 2020 für Recht erkannt:

  1. Das Verfahren wird hinsichtlich des Klägers zu 3 eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen der Kläger zu 1 zwei Fünftel, die Kläger zu 2 bis 4 und zu 7 und 8 jeweils ein Zehntel und die Kläger zu 5 und 6 als Gesamtschuldner ein Zehntel.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 für das Vorhaben Ausbau der Eisenbahnstrecke 1522 Oldenburg - Wilhelmshaven im Planfeststellungsabschnitt 1.

2 Der Kläger zu 1 ist eine anerkannte Umweltvereinigung. Die weiteren Kläger sind Streckenanlieger. Die Kläger zu 3 bis 8 sind vorübergehend oder dauerhaft hinsichtlich von Teilflächen ihrer Wohngrundstücke eigentumsbetroffen. Die Beigeladene plant die Ertüchtigung der Bahnstrecke 1522 insbesondere durch (Wieder-)Herstellung der durchgängigen Zweigleisigkeit, Anhebung der Streckenhöchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf 120 km/h, Erhöhung der Radsatzlast auf 23,5 t sowie Elektrifizierung der Strecke. Dieses Vorhaben soll eine leistungsfähige Hinterlandanbindung für den tideunabhängigen Tiefwasserhafen "Jade-Weser-Port" schaffen.

3 Der Planfeststellungsabschnitt 1 von Bahn-km 0,841 bis Bahn-km 9,772 durchquert vom Hauptbahnhof Oldenburg kommend zunächst das Stadtgebiet und endet nach der Gemeindegrenze kurz vor der Überführung der Autobahn A 29. Das Vorhaben hat in diesem Abschnitt im Wesentlichen die Elektrifizierung der Strecke, die Errichtung von Lärmschutzwänden und den Ersatz des höhengleichen Bahnübergangs Alexanderstraße durch eine Eisenbahnüberführung zum Gegenstand.

4 Der Antrag der Beigeladenen auf Planfeststellung ging am 3. Juni 2013 beim Eisenbahnbundesamt ein. Die Planunterlagen lagen in der Stadt Oldenburg und den Gemeinden Wiefelstede und Rastede vom 21. Februar bis 20. März 2014 und erneut vom 2. März bis 3. April 2017 aus. Der Planfeststellungsbeschluss wurde durch Auslegung vom 17. bis 30. September 2019 öffentlich bekannt gemacht.

5 Die Kläger rügen mit ihrer am 30. Oktober 2019 erhobenen Klage Verfahrensfehler und materielle Fehler des Planfeststellungsbeschlusses. Die Antragsstellung durch die Beigeladene sei vollkommen lückenhaft gewesen und widerspreche Treu und Glauben; sie sei überhastet erfolgt, um von Übergangsvorschriften zu profitieren. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Beklagte begründe ihre Entscheidung mit einer Reihe von Dokumenten, die nicht Gegenstand der öffentlichen Auslegung und Erörterung gewesen seien. Dies betreffe die Verkehrsprognose 2025, die behördlichen Genehmigungen zum Bau und zur wesentlichen Änderung der bestehenden Strecke, eine Darstellung und Begründung der plangegebenen Vorbelastung sowie eine Darstellung und Erörterung möglicher Alternativen. Die Verkehrsprognose 2030 mache den Planfeststellungsantrag unschlüssig. Sollten tatsächlich nur die prognostizierten 39 Güterzüge pro Tag fahren, fehle die Planrechtfertigung. Die Korrektur der Verkehrsprognose beruhe auf einem unzutreffend ermittelten Sachverhalt, sei methodisch fragwürdig und enthalte zahlreiche Rechenfehler. Zu Unrecht gehe die Beklagte von einer gesetzlichen Pflicht zum Ausbau der vorhandenen Eisenbahnstrecke aus. Der Planfeststellungsbeschluss werde zudem dem Gebot der Problembewältigung nicht gerecht. Die angefochtene Entscheidung weise auch gravierende Fehler in der Befundung und Bewertung der Umweltbelange und der Bewältigung möglicher Havarien insbesondere bei Gefahrguttransporten auf. Die von der Beklagten vorgenommene rudimentäre Abwägung von Alternativen sei nicht ernstlich erfolgt. Die Versagung einer Umfahrung, zumindest aber die fehlende ernsthafte Erwägung, seien willkürlich. Hilfsweise würden notwendige Verbesserungen an der genehmigten Planung auch im Hinblick auf ein Baustellenkonzept eingefordert.

6 Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 für das Vorhaben "ABS Oldenburg - Wilhelmshaven PFA 1" aufzuheben,
hilfsweise,
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 5. Juli 2019 für das Vorhaben "ABS Oldenburg - Wilhelmshaven PFA 1" für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss vom 5. Juli 2019 um folgende Entscheidungsvorbehalte und Schutzauflagen zugunsten der Kläger zu ergänzen bzw. zu ändern:
1. Die Entscheidung ergeht hinsichtlich aller Immissionsschutzmaßnahmen unter dem Vorbehalt der nachträglichen Kontrolle und Korrektur zu Lasten der Projektträgerin.
2. Die Grundlagen der Immissionsbelastungen an der Strecke sind laufend durch Monitoring, Messung und rechnerische Überprüfung der geschätzten Immissionsbelastungen an zehn ausgewählten Standorten bahnnah gelegener Schlafräume zu überprüfen und hinsichtlich des notwendigen aktiven und passiven Lärmschutzes und Erschütterungsschutzes durch Entscheidung der Beklagten an die aktuelle Sach- und Rechtslage anzupassen.
3. Zur Ermöglichung eines erschütterungsfreien Betriebes ist die Strecke durchgängig in einen Betontrog einzubetten, in dem die Schienen auf Unterschottermatten liegen.
4. Die Beklagte behält sich vor, den notwendigen Immissionsschutz auch durch geeignete Betriebsbeschränkungen sicherzustellen.
5. Zur Gewährleistung des notwendigen Schutzes vor Lärm und Erschütterungen ist auf der Strecke innerhalb der geschlossenen Ortschaft Oldenburg eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h für alle Güterzüge anzuordnen.
6. Die Projektträgerin ist verpflichtet, bei den für notwendig angesehenen Schalldämmlüftern die Kosten für Geräte mit Wärmerückgewinnung zu erstatten.
7. Die Projektträgerin ist verpflichtet, den Berechtigten notwendiger passiver Schallschutzeinrichtungen auch die laufenden Kosten des Betriebes sowie die Mehrkosten für Reparatur und Ersatzbeschaffung von Schallschutzeinrichtungen zu erstatten, die gegenüber den Kosten üblicher Bauteile, die nicht auch dem Schallschutz dienen, anfallen.
8. Auf Wunsch des am Bahndamm angrenzenden Grundstückseigentümers hat die Projektträgerin eine Dauerbegrünung (z.B. Efeu) an den Lärmschutzwänden anzupflanzen, zu unterhalten und zu erhalten.
9. Bei der Pflege der Bahnanlage gegen so genanntes "Unkraut" ist auf den Einsatz von Chemikalien zu verzichten, deren Unschädlichkeit nicht erwiesen ist, z.B. Glyphosat.
10. Die Entfernung von lebendem Grün allein zur Ermöglichung eines Luftraums für den Maschineneinsatz wird untersagt, ebenso der Einsatz von entsprechenden Geräten.
11. Der Beginn der Arbeiten, die die unter A 5.2 des Planfeststellungsbeschlusses erwähnten "baubedingten Immissionen" verursachen, steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung eines Bauausführungsplans, der eine Prognose der zu erwartenden Immissionen auf die jeweils Betroffenen zu enthalten hat.
12. Anstelle des im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen "nach § 29 b BImSchG zertifizierten Sachverständigen" ist ein von der IHK Oldenburg öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für den Bereich Lärm zu verpflichten.
13. Jede Nachtarbeit bedarf der vorherigen Genehmigung der Beklagten. Lärmintensive Bauarbeiten mit Immissionen oberhalb der nächtlichen Richtwerte der AVV Baulärm sind in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr untersagt.
14. Mit Ramm- und Vernagelungsarbeiten an der Strecke darf erst nach Vorliegen der schriftlichen Ergebnisse von Beweissicherungen durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Gebäude auf unmittelbar an die Strecke angrenzenden Grundstücken begonnen werden.
15. Alle Rammarbeiten sind erschütterungsfrei und alle Vernagelungsarbeiten ohne Beschädigung oder Abholzungen von Sträuchern und Bäumen durchzuführen, die nicht im Eigentum der Projektträgerin stehen.
Die Klägerin zu 2 beantragt weiter hilfsweise,
sie hinsichtlich der Betroffenheit ihres Grundstücks S.straße ..., ... Oldenburg, von künftigen Schallimmissionen der genehmigten Eisenbahnstrecke neu zu verbescheiden.

7 Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.

8 Sie treten dem Vorbringen der Kläger entgegen.

II

9 Hinsichtlich des Klägers zu 3 ist das Verfahren nach den übereinstimmenden Erledigungserklärungen in der mündlichen Verhandlung entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

10 Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Ergänzung um weitere Schutzauflagen.

11 A. Der auf § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gestützte Planfeststellungsbeschluss ist nicht frei von Verfahrensmängeln; diese haben die Entscheidung jedoch nicht in der Sache beeinflusst.

12 1. Die Rüge der Kläger, der Plan sei bei seiner Einreichung "vollkommen lückenhaft" gewesen, so dass die Anhörungsbehörde ihn nicht hätte annehmen, sondern unverzüglich zurückweisen müssen, greift nicht durch. Nach § 18a AEG i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 VwVfG muss der vom Träger des Vorhabens einzureichende Plan Zeichnungen und Erläuterungen enthalten, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Diesen Anforderungen ist der eingereichte Plan ohne Weiteres gerecht geworden, so dass eine wirksame Antragstellung im Sinne des § 22 Satz 2 Nr. 2 VwVfG vorliegt. Soweit die Kläger darüber hinaus die "Annahme" des Antrags zur Bearbeitung deshalb für verfahrensfehlerhaft und zudem für treuwidrig halten, weil die Antragstellung überhastet und ausschließlich in der Absicht erfolgt sei, noch die in § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG enthaltene Übergangsregel für die Ermittlung der Beurteilungspegel ausnutzen zu können, ist ebenfalls kein Rechtsverstoß dargetan. Abgesehen davon, dass es an jeder Substantiierung der Behauptung einer überhasteten Antragstellung fehlt, begegnet die Ausnutzung einer durch den Gesetzgeber dem Vorhabenträger eingeräumten Übergangsfrist weder in verfahrensrechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht Bedenken. Daher ist auch ein Verstoß gegen Art. 2 oder 3 GG dadurch, dass die Planfeststellungsbehörde den Antrag der Beigeladenen zur Bearbeitung angenommen hat, schon im Ansatz nicht ersichtlich. Mithin bedarf es - ungeachtet dessen, dass insoweit ohnedies nicht die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes, sondern ein Verhalten der Exekutive in Rede steht - der von den Klägern nach ihrer Vorlageanregung 1 (Unterpunkt 2) für geboten erachteten Anrufung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG nicht.

13 2. Verfahrensmängel bei der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung sind nicht ersichtlich.

14 Die Kläger halten die durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich Umfang und Tiefe für unzureichend, machen jedoch insoweit keine Fehler geltend, die die äußere Ordnung des Verfahrens, also den Verfahrensablauf als solchen, betreffen (vgl. § 9 VwVfG). Hierzu gehören etwa Regelungen über den Beginn des Verfahrens, die Beteiligung anderer Behörden und der Öffentlichkeit sowie sonstige Verfahrensschritte ihrem äußeren Ablauf nach. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört nach der Rechtsprechung des Senats dagegen der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, wie er sich regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht. Die Differenzierung zwischen Fehlern, die den Verfahrensablauf betreffen, und solchen, die für die Willens- und Entscheidungsbildung relevant sind, greift auch in Ansehung der Ausgestaltung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Etwaige inhaltliche Defizite der in diesem Rahmen erfolgenden umweltfachlichen Begutachtung stellen keine Verfahrensfehler dar. Das gutachterliche Vorgehen beurteilt sich vielmehr nach Maßgabe der jeweiligen materiell-rechtlichen Zulassungsvoraussetzungen etwa des (allgemeinen) Naturschutz-, Artenschutz-, Habitat- und Wasserrechts (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2017 - 7 A 10.17 - Buchholz 445.5 § 1 WaStrG Nr. 7 Rn. 21 ff.).

15 3. Die Beteiligung der Öffentlichkeit war nicht frei von Rechtsfehlern. Diese haben die Entscheidung aber nicht in der Sache beeinflusst.

16 a) Die nach § 18a AEG i.V.m. § 73 Abs. 2 VwVfG gebotene Auslegung der Planunterlagen muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 19 und vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 18). Welche Unterlagen hierzu gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Unterlagen sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf die Belange potenziell Betroffener oder anerkannter Vereinigungen ergeben; ergänzt eine Unterlage dagegen nur ausgelegte Planunterlagen, muss sie nicht mit ausgelegt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 2019 - 4 A 1.18 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 9 Rn. 16).

17 Handelt es sich - wie hier - um ein Vorhaben, für das die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ergeben sich weitere Anforderungen in Bezug auf die Auslegung von Unterlagen aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Nach § 9 Abs. 1b Satz 1 UVPG in der hier noch nach der Übergangsvorschrift des § 74 Abs. 2 UVPG anzuwendenden Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94 - im Folgenden UVPG 2010) sind die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens (Unterlagen nach § 6 UVPG 2010) und diejenigen "entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen (...), die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben", zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen. Danach müssen die neben den Unterlagen der UVP-Prüfung "wichtigsten Berichte und Empfehlungen" zugänglich gemacht werden (BVerwG, Urteil vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 31 unter Hinweis auf BT-Drs. 16/2933 S. 2). Dem entspricht heute wortgleich § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UVPG 2017. Vor diesem Hintergrund kann es an der Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 fehlen, wenn bestimmte Unterlagen lediglich Detailfragen betreffen oder auf sie in anderen - ihrerseits ausgelegten - Unterlagen Bezug genommen wird. Solche Unterlagen gehören gegebenenfalls auch nicht zu den wichtigsten Berichten und Empfehlungen im Sinne von Art. 6 Abs. 3 UVP-Richtlinie (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 31 und vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 20).

18 b) Hieran gemessen hätten auch die Verkehrsprognose 2025 und Angaben über die plangegebene Vorbelastung ausgelegt werden müssen.

19 Die einem Vorhaben zugrunde gelegte Verkehrsprognose gehört regelmäßig zu den auszulegenden Unterlagen im Sinne von § 73 VwVfG bzw. den entscheidungserheblichen Berichten und Empfehlungen, die von § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 erfasst werden. Dies gilt auch für ein Schienenwegevorhaben. Der Senat schließt sich insoweit der auf Straßenbauvorhaben bezogenen Rechtsprechung des 9. Senats des Bundesverwaltungsgerichts an (Urteil vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 30). Die dort maßgebliche Erwägung, wonach die Verkehrsprognose die voraussichtliche Verkehrsstärke auf dem Verkehrsweg ermittelt und damit nicht nur Basis für dessen Dimensionierung ist, sondern auch die Daten für die Lärmprognose und das gesamte darauf aufbauende Lärmschutzkonzept liefert, gilt im Grundsatz auch für Schienenwege. Einer Auslegung der Verkehrsprognose selbst bedarf es lediglich dann nicht, wenn die Ermittlung der Verkehrszahlen im ausgelegten Erläuterungsbericht hinreichend nachvollziehbar dargestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 31). Letzteres ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Im Erläuterungsbericht wird zwar die gegenwärtige Streckenbelegung mitgeteilt (44 Personen- und 8 Güterzüge, S. 16), und in gleicher Weise werden auch Angaben über die für das Jahr 2025 prognostizierten Zugzahlen gemacht (44 Personen- und 77 Güterzüge, S. 27). Hieraus ließ sich für die Öffentlichkeit erkennen, welches Zugaufkommen die Beigeladene erwartet, und dass dieses nach dem damaligen Erkenntnisstand bei den Güterzügen deutlich über dem Ist-Zustand liegen wird. Es fehlt aber an Angaben darüber, auf welcher Grundlage die Prognose erstellt worden ist.

20 Auch die Ermittlung der plangegebenen Vorbelastung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 - 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 45) der von einem (Ausbau-)Vorhaben betroffenen Bestandsstrecke gehört regelmäßig zu den auszulegenden Unterlagen. Ohne Kenntnis der plangegebenen Vorbelastung lässt sich für potenziell Betroffene und anerkannte Vereinigungen nicht verlässlich einschätzen, ob ein geplantes Eisenbahnvorhaben gegenüber der - hinzunehmenden - Vorbelastung der betreffenden Strecke zur Steigerung von Umweltauswirkungen führen kann und in welchem Umfang ihre Belange oder satzungsgemäßen Interessen infolgedessen betroffen werden können. Hierzu bedarf es der Nennung und Erläuterung der ermittelten plangegebenen Vorbelastung in den ausgelegten Unterlagen. Hieran fehlt es. Im Erläuterungsbericht sind - wie dargelegt - die derzeitige und die prognostizierte Streckenbelegung wiedergegeben, nicht aber die deutlich über der Ist-Situation liegende plangegebene Vorbelastung von 44 Personen- und 50 Güterzügen.

21 Des von den Klägern zum Umfang der Pflicht zur öffentlichen Auslegung von Unterlagen nach Maßgabe der UVP-Richtlinie angeregten Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es nach allem nicht. Es besteht kein unionsrechtlicher Klärungsbedarf.

22 c) Einer Auslegung der Verkehrsprognose 2030 bedurfte es dagegen nicht.

23 Die Einbeziehung der Verkehrsprognose 2030 in die durchgeführten Auslegungen kam schon aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht. Die Prognose lag weder bei der vom 21. Februar bis 20. März 2014 dauernden ersten noch der vom 2. März bis 3. April 2017 durchgeführten zweiten öffentlichen Auslegung des Plans vor. Vielmehr teilte die Beigeladene der Beklagten die aktualisierten Prognosezahlen erst mit Schreiben vom 24. August 2018 mit und erläuterte sie mit Schreiben vom 25. April 2019 (PFA, Anlage 20) näher. Für Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können, die der zuständigen Behörde aber erst nach Beginn des Beteiligungsverfahrens vorliegen, wird der Zugang der Öffentlichkeit gemäß § 9 Abs. 1b Satz 2 UVPG 2010 nach den Bestimmungen des Bundes und der Länder über den Zugang zu Umweltinformationen gewährleistet (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 21; vgl. auch BT-Drs. 16/2494 S. 23).

24 Hinsichtlich der Verkehrsprognose 2030 sowie von der Beigeladenen zwischenzeitlich vorgelegter weiterer Unterlagen zur Darstellung und Erörterung planerischer Alternativen, insbesondere einer diesbezüglichen technischen Stellungnahme vom 11. Oktober 2018 (PFA, Anlage 19), bedurfte es auch keiner weiteren (dritten) Öffentlichkeitsbeteiligung.

25 Ändert der Vorhabenträger die nach § 6 UVPG 2010 erforderlichen Unterlagen im Laufe des Verfahrens, kann nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG 2010 von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung abgesehen werden, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Nach der Verkehrsprognose 2030 ist gegenüber der Verkehrsprognose 2025 mit einer deutlich geringeren Verkehrsbelastung im planfestgestellten Streckenabschnitt zu rechnen. Die technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018 vertieft gegenüber den Ausführungen, die im ausgelegten Erläuterungsbericht (dort S. 32 ff.) zur Frage der Trassenauswahl enthalten sind, lediglich die Argumentation des Vorhabenträgers. Zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des planfestgestellten Vorhabens waren mithin hinsichtlich der von den Klägern benannten Unterlagen nicht zu besorgen, so dass von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit abgesehen werden konnte.

26 Mit der Verkehrsprognose 2030 ist auch keine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen worden, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in einer neuen entscheidungserheblichen Unterlage über die Umweltauswirkungen findet (vgl. BVerwG, Urteile vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 25 und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 28). Den im Erläuterungsbericht enthaltenen tabellarischen Übersichten über die für das Jahr 2025 prognostizierte Streckenbelegung (S. 27) lag eine Verkehrsprognose zugrunde, die sich auf denselben Gegenstand bezog wie die Prognose 2030. Wie sich aus der Anlage 20 zum Planfeststellungsantrag ergibt, sind auch in der Systematik und Ermittlungstiefe keine Unterschiede erkennbar. Hinzu kommt, dass dem Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses unverändert die Verkehrsprognose 2025 mit den erhöhten Güterzugzahlen zugrunde gelegt wurde. Damit sind die am stärksten von der Streckenbelegung abhängigen Umweltauswirkungen des Vorhabens von der neuen Prognose nicht in entscheidungserheblicher Weise berührt worden.

27 d) Einer Auslegung der historischen Genehmigungen zum Bau und zu wesentlichen Änderungen der bereits Mitte des 19. Jahrhunderts eröffneten Eisenbahnstrecke bedurfte es nicht.

28 Altgenehmigungen sind der Planfeststellungsbehörde weder durch die Vorhabenträgerin vorgelegt worden noch konnten solche Dokumente - mangels Verfügbarkeit - vorgelegt werden. Zudem bedarf es - wie ausgeführt - einer Auslegung von Unterlagen zu früheren Planungen auch deshalb nicht, weil diese weder für die Anstoßwirkung erforderlich sind noch zu den "wichtigsten entscheidungserheblichen Unterlagen" gehören. Dies gilt insbesondere auch für die Vorbelastung der Strecke. Fehlt es an einem Planungsakt, aus dem sich Beschränkungen hinsichtlich Art, Umfang und Zeitpunkt des Schienenverkehrs im planfestgestellten Abschnitt entnehmen lassen, kann dieser auch nicht ausgelegt werden; die Bestandsstrecke ist in diesem Fall rechtlich in ihrer Nutzbarkeit nicht beschränkt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2017 - 3 B 15.16 - UPR 2018, 258 Rn. 28 und VGH München, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 22 A 15.40025 - juris Rn. 75).

29 e) Verfahrensfehler sind auch hinsichtlich der Auslegung ergänzender Unterlagen der Vorhabenträgerin zur näheren Darstellung und Erörterung planerischer Alternativen nicht ersichtlich. Für die im Zuge der öffentlichen Auslegung des Plans zu erzielende Anstoßwirkung waren die im ausgelegten Erläuterungsbericht (dort S. 32 ff.) enthaltenen Darlegungen und zeichnerischen Darstellungen zur Alternativenprüfung genügend. Insbesondere die von der Stadt Oldenburg bevorzugte Bahnumfahrung des zusammenhängenden Siedlungsgebietes Oldenburg wird darin mit Blick auf ihre eisenbahnbetrieblichen Auswirkungen, die Kosten, verschiedene Umweltschutzgüter sowie die bei einer Neutrassierung erforderlichen umfangreichen Eigentumseingriffe untersucht und bewertet.

30 4. Die unterbliebene Auslegung der Verkehrsprognose 2025 und der Vorbelastung stellt keinen absoluten, sondern lediglich einen relativen Fehler im Sinne von § 4 Abs. 1a UmwRG i.V.m. § 46 VwVfG dar. Ein solcher Verfahrensfehler ist nach § 46 VwVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Zur Aufklärung dieser Frage hat das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO alle verfügbaren Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen. Lässt sich nicht aufklären, ob der Verfahrensfehler die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung nach § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG vermutet (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 33; näher BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 41 ff.).

31 Daran gemessen sind die Mängel vorliegend unbeachtlich. Aufgrund der umfangreichen Einwendungen und der umfänglichen Befassung auch der Lokalpolitik mit dem planfestgestellten Vorhaben - gerade auch mit den Fragen der Verkehrsbelastung auf der Bestandsstrecke und der zu erwartenden Mehrbelastung durch den Streckenausbau - kann festgestellt werden, dass die Defizite bei der Öffentlichkeitsbeteiligung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben. Es erscheint ausgeschlossen, dass es noch Betroffenheiten geben kann, die zu einer anderen Entscheidung in der Sache führten.

32 B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen materiellen Fehlern.

33 Die Planrechtfertigung als ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 45 m.w.N.), liegt für das planfestgestellte Vorhaben vor. Für die "ABS Oldenburg - Wilhelmshaven/Langwedel - Uelzen" ist nach § 1 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz - BSWAG) vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3221), i.V.m. Abschnitt 1 lfd. Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSWAG der vordringliche Bedarf festgestellt. Diese vom Gesetzgeber getroffene Bedarfsfeststellung ist nach § 1 Abs. 2 BSWAG für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich und schließt grundsätzlich die Nachprüfung aus, ob für das geplante Vorhaben ein Verkehrsbedarf vorhanden ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 59 m.w.N.).

34 1. Der Planfeststellungsbeschluss steht mit Naturschutzrecht in Einklang.

35 Das planfestgestellte Vorhaben stellt eine nach § 15 Abs. 1 BNatSchG unvermeidbare Beeinträchtigung von Natur und Landschaft dar. Insoweit greifen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände, insbesondere die Zugriffsverbote nach § 44 Abs. 1 BNatSchG, gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG in modifizierter Form für nach Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) (ABl. L 206 S. 7) geschützte Arten, die europäischen Vogelarten (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 12 BNatSchG i.V.m. Art. 1 der Richtlinie 2009/147/EG) sowie die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs. 1 BNatSchG aufgeführten Arten. Sind andere geschützte Arten betroffen, kommen die artenschutzrechtlichen Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach § 44 Abs. 5 Satz 5 BNatSchG demgegenüber nicht zur Anwendung. Insoweit findet eine Prüfung im Rahmen der Eingriffsregelung nach § 15 BNatSchG statt. Diese verpflichtet den Verursacher eines Eingriffs, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG) und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen oder zu ersetzen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Der Planfeststellungsbeschluss steht hiermit in Einklang.

36 a) Die zur Untersuchung des floristischen und faunistischen Inventars im Vorhabenbereich durchgeführten fachgutachterlichen Untersuchungen unterliegen keinen durchgreifenden Bedenken. Die von den Klägern behaupteten Untersuchungsdefizite, namentlich bezüglich der Hausgärten, sind nicht ersichtlich. Die am planfestgestellten Streckenabschnitt anliegenden Hausgärten wurden im Rahmen der von der LACON Landschaftsconsult GbR durchgeführten Umweltverträglichkeitsstudie mit ihrem faunistischen und floristischen Inventar den anerkannten fachlichen Standards gemäß erfasst. Nach dem (auch) von den Klägern als maßgebliches fachliches Regelwerk zugrunde gelegten Kartierschlüssel werden Hausgärten bei der Kartierung in der Regel mit den zugehörigen Gebäuden zu größeren Biotopkomplexen zusammengefasst, das heißt nicht separat abgegrenzt (vgl. von Drachenfels, Kartierschlüssel für Biotoptypen in Niedersachsen, Stand Februar 2020, S. 302).

37 In diesem Sinne wurden die im Untersuchungsgebiet vorhandenen Hausgärten regelmäßig keiner Einzelbetrachtung durch die Gutachter unterzogen, sondern gemeinsam betrachtet. Anders wurde, den Maßgaben des Kartierschlüssels folgend, ausnahmsweise (nur) dann vorgegangen, wenn Strukturen besonderer Größe bzw. Wertigkeit zu erfassen waren; dies war etwa bei einem vorhandenen größeren Obst- und Gemüsegarten sowie einem Hausgarten mit Großbäumen der Fall (vgl. zum Ganzen LACON Landschaftsconsult GbR, Erläuterungsbericht zur Umweltverträglichkeitsstudie vom 30. Mai 2013, S. 56, PFA, Anlage 13.1). Ungeachtet der gemeinsamen Betrachtung der Hausgärten schloss die Untersuchung entgegen der Annahme der Kläger eine Erfassung der Amphibienbestände in Gartenteichen mit ein (vgl. hierzu LACON Landschaftsconsult GbR, Erläuterungsbericht zum Landschaftspflegerischen Begleitplan (LPB) vom 14. Juni 2019, S. 50 ff., PFA, Anlage 12.1).

38 Die Bildung des Untersuchungskorridors ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu beanstanden. Nachvollziehbar lässt sich die erhebliche Verringerung der Breite des Untersuchungsraumes für ein Ausbauvorhaben gegenüber einem Neubauvorhaben damit begründen, dass lediglich diejenigen Bereiche der Untersuchung bedürfen, in denen durch den Ausbau zusätzliche Wirkungen zu erwarten sind (vgl. Eisenbahn-Bundesamt, Umwelt-Leitfaden zur eisenbahnrechtlichen Planfeststellung und Plangenehmigung sowie für Magnetschwebebahnen, Stand August 2014, Teil III, S. 80; LACON Landschaftsconsult GbR, Erläuterungsbericht zur Umweltverträglichkeitsstudie vom 30. Mai 2013, S. 23, PFA, Anlage 13.1).

39 Für die Erfassung der Vogelbestände bedurfte es, wie der Fachgutachter in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert hat, keines Betretens der Flächen der Hausgärten (vgl. hierzu auch Erläuterungsbericht zum LPB, S. 36 ff., PFA, Anlage 12.1). Das gegenüber den Hausgärten deutlich größere Brutvogelvorkommen im Bereich des Bürgerbusches lässt sich mit der besseren Habitateignung des Parks ohne Weiteres erklären. Die im Zuge der Planfeststellung zugelassene Beseitigung von Gehölzen führt nach nachvollziehbarer fachgutachterlicher Einschätzung zu keiner Beeinträchtigung der vorhandenen Avifauna, da sich in der Umgebung betroffener Gehölze geeignete Ersatzhabitate befinden. Die hinsichtlich der Erfassung von Fledermäusen, Reptilien sowie Insekten von den Klägern vorgetragenen Bedenken bleiben schon im Ansatz unsubstantiiert.

40 b) Defizite der Planfeststellung hinsichtlich des Umgangs mit Amphibien werden entgegen der Auffassung der Kläger nicht erkennbar. Dies gilt auch hinsichtlich der Art Fadenmolch, die als europäische Amphibienart nach Anlage 1 Spalte 2 zu § 1 der Verordnung zum Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten (Bundesartenschutzverordnung) vom 16. Februar 2005 (BGBl. I S. 258), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95), nach § 44 Abs. 1 BNatSchG besonders geschützt ist und von der im Untersuchungsgebiet zwei Einzelindividuen dokumentiert wurden.

41 Die zugunsten sämtlicher Amphibienarten, wie etwa der im Bereich des Gutsparks Dietrichsfeld in großer Zahl vorkommenden Art Bergmolch (vgl. hierzu Erläuterungsbericht zum LPB, S. 52, PFA, Anlage 12.1), planfestgestellten Maßnahmen, also die Abzäunung mit Amphibienleiteinrichtungen während der Bauphase, die Schaffung kleintiergerechter Öffnungen in den Fundamenten der Schallschutzwände, der Bau eines Durchlasses zwischen Gutspark Dietrichsfeld und Bürgerbusch sowie die Anlage eines Kleingewässers, führen nachvollziehbar sogar zu einer Verbesserung der Habitateignung des Vorhabenbereichs im Verhältnis zu der im Rahmen der plangegebenen Vorbelastung gegebenen Situation (vgl. PFB, S. 65 ff.) und kommen auch dem Fadenmolch zu Gute. Dies gilt unabhängig von der von Klägerseite kritisierten fachlichen Annahme der Gutachter, es handele sich bei den zwei vorgefundenen Fadenmolchen um Tiere aus einer eingesetzten Population, die infolge dessen für die Bewertung des Untersuchungsgebietes als Amphibienlebensraum nicht weiter betrachtet werde (vgl. Erläuterungsbericht zum LPB, S. 52, PFA, Anlage 12.1 und Anhang zum Erläuterungsbericht, S. 11, PFA, Anlage 2.2; vgl. auch PFB, S. 65 und 121). Auch der etwaige Fund zusätzlicher Individuen von Amphibienarten im Zuge von den Klägern geforderter weiterer Untersuchungen führte zu keiner anderen Bewertung der Habitateignung und zu keiner Festsetzung anderer als der vorgesehenen Schutzvorkehrungen. Insoweit ist es auch unschädlich, dass die besonders geschützte Art Fadenmolch - konsequenterweise - in der zusammenfassenden Darstellung nach § 11 UVPG 2010 keine Erwähnung findet.

42 c) Die nach der Planfeststellung zulässige Beseitigung von Gehölzen im Zuge der Baumaßnahmen und deren Umfang sind nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss (S. 49) stellt hierzu fest, dass bei der Errichtung von Baustraßen, Baustelleneinrichtungsflächen und technologischen Streifen vorhandene wertgebende Vegetationsstrukturen und somit Lebensräume der Flora und Fauna beeinträchtigt würden. Aufgrund der oftmals eingeschränkten Flächenverfügbarkeit in den bebauten Siedlungsflächen des Planfeststellungsabschnittes könne jedoch weniger Rücksicht auf vorhandene Gehölzbestände genommen werden. Daher seien bauzeitliche Verluste von Gehölzen einschließlich Wald und Wallhecken auf einer Fläche von ca. 5,73 ha sowie von 135 Einzelbäumen festzuhalten. Auch die teilweise bauzeitliche Inanspruchnahme des als geschützter Landschaftsbestandteil (§ 29 BNatSchG) ausgewiesenen Gutsparks Dietrichsfeld sei unumgänglich. Die hiernach nicht unerheblichen, jedoch nicht vermeidbaren baubedingten Gehölzverluste und Funktionsbeeinträchtigungen würden im Wege der planfestgestellten Sanierung vorhandener Hecken, Waldrandgestaltungen aus Wallhecken sowie der Wiederherstellung trockenwarmer Biotope wiederhergestellt (vgl. hierzu PFB, S. 74). Diese Darlegungen sind nachvollziehbar.

43 Die Kläger tragen demgegenüber vor, die Beseitigung von Gehölzen, die dazu diene, den Einsatz von Baumaschinen zu ermöglichen, sei jedenfalls im zugelassenen Umfang vermeidbar. Diese Behauptung bleibt jedoch unsubstantiiert. Die Kläger vermögen nicht aufzuzeigen, welche andere (bautechnische) Herangehensweise konkret zu einer verringerten Inanspruchnahme von Gehölzen führte. Der Verweis auf einen Fachaufsatz zur Böschungssicherung unter Verwendung von Mikropfählen (Heinrich/von Havranek, Gleisgestützte Installation von Mikropfählen, April 2018) genügt hierfür nicht. Dessen ungeachtet hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass im Rahmen der Bauausführung ohnedies darauf Bedacht genommen werde, zur Böschungsvernagelung soweit technisch möglich Mikropfähle einzusetzen. Zudem werde eine ökologische Baubegleitung gewährleistet.

44 Hinsichtlich des Gutsparks Dietrichsfeld legt die Beigeladene dar, dass für die Bauarbeiten zum Ersatz des höhengleichen Bahnübergangs Alexanderstraße durch eine höhenungleiche Lösung zwingend Baueinrichtungsflächen im Umfeld notwendig sind, so dass die Beanspruchung des Gutsparks Dietrichsfeld ohne Alternative bleibt. Es würden jedoch möglichst wenige Gehölze gefällt und verbleibende Gehölze würden durch Zäune vor möglichen Schäden geschützt; zudem erfolge eine Neupflanzung von Bäumen und weiteren Gehölzen, so dass die Funktionen des geschützten Landschaftsbestandteils mittel- bzw. langfristig wiederhergestellt würden (vgl. hierzu PFB, S. 172). Auch dies erscheint nachvollziehbar.

45 Soweit die Kläger hinsichtlich drohender Gehölzverluste einen Widerspruch zwischen den Ausschreibungsunterlagen der Beigeladenen für die Gehölzbeseitigung und den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 49) aufzeigen möchten, weil die dort genannten 135 Einzelbäume mit einer nach der Ausschreibung der Beigeladenen zu fällenden Zahl von 2 724 Bäumen nicht in Einklang zu bringen sei, überzeugt dies nicht. Der Planfeststellungsbeschluss stellt - wie dargelegt - einen Verlust von Gehölzen einschließlich Wald und Wallhecken auf einer Fläche von insgesamt ca. 5,73 ha dar und benennt - kumulativ - den Verlust von 135 markanten Einzelbäumen.

46 d) Die zu Gesichtspunkten des Naturschutzes bzw. der Landschaftspflege gestellten Hilfsanträge 8 bis 10 sowie 15 waren als unbegründet abzulehnen. Soweit die Kläger mit dem Hilfsantrag 8 eine Abstimmung der Begrünung von Lärmschutzwänden mit den angrenzenden Nachbarn einfordern, ist eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich. Dessen ungeachtet weist die Beigeladene darauf hin, dass eine diesbezügliche Abstimmung der Vorhabenträgerin mit der Stadt Oldenburg vorgesehen ist (vgl. PFB, S. 28). Soweit die Kläger mit dem Hilfsantrag 9 eine Regelung zum Verzicht auf die Verwendung bestimmter Chemikalien an der Bahnstrecke einfordern, ist schon nicht ersichtlich, dass der Einsatz von Herbiziden im Streckenbereich - beispielhaft nennen die Kläger das Herbizid Glyphosat - vorhabenbedingt erhöht würde. Soweit schließlich die Hilfsanträge 10 und 15 darauf gerichtet sind, im Zuge der Bauarbeiten auf die Inanspruchnahme vorhandener Gehölze zu verzichten, sind diese wegen der dargelegten Unvermeidbarkeit der Inanspruchnahme dieser Grünstrukturen unbegründet.

47 2. Wasserrechtliche Bestimmungen stehen dem planfestgestellten Vorhaben nicht entgegen. Es sind keine Anhaltspunkte für eine fehlende Vereinbarkeit mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WHG) ersichtlich. Auch eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung des westlich an die Bahnstrecke angrenzenden Trinkwasserschutzgebietes Alexandersfeld ist nicht erkennbar. Dies gilt auch hinsichtlich der - bereits durchgeführten - Kampfmittelsondierungen, die mit einer Einbringung von Stoffen in den Boden nicht verbunden waren. Die Kläger vermögen auch nicht aufzuzeigen, dass es für das Vorhaben weiterer hydrogeologischer Untersuchungen bedurft hätte. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ist eine intensive Auseinandersetzung mit der hydrogeologischen Situation erfolgt (vgl. zum Ganzen PFB, S. 121 f.). Soweit die Kläger mit dem Hilfsantrag 9 eine Regelung zur Verwendung gegebenenfalls (auch) wassergefährdender Chemikalien an der Bahnstrecke begehren, ist - wie bereits dargelegt - nicht ersichtlich, dass der Einsatz von Herbiziden im Streckenbereich vorhabenbedingt erhöht würde.

48 3. Der Planfeststellungsbeschluss steht mit den gesetzlichen Anforderungen an den Brand- und Katastrophenschutz in Einklang.

49 Nach § 4 Abs. 1 AEG müssen Eisenbahninfrastrukturen und Fahrzeuge den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit an den Bau und an den Betrieb genügen. Die Eisenbahnen und Halter von Eisenbahnfahrzeugen sind verpflichtet, ihren Betrieb sicher zu führen und an Maßnahmen des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung mitzuwirken (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AEG). Eisenbahnen sind zudem verpflichtet, die Eisenbahninfrastruktur sicher zu bauen und in betriebssicherem Zustand zu halten (§ 4 Abs. 3 Satz 2 AEG). Nach § 2 Abs. 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBA) vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563), zuletzt geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 5. April 2019 (BGBl. I S. 479), müssen Bahnanlagen und Fahrzeuge so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Diese Anforderungen gelten als erfüllt, wenn die Bahnanlagen und Fahrzeuge den Vorschriften der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung und, soweit diese keine ausdrücklichen Vorschriften enthält, anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

50 Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften zu den Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes. Die diesbezüglichen technischen Sicherheitsanforderungen werden aber durch die als Verwaltungsvorschrift eingeführte Richtlinie des Eisenbahn-Bundesamtes "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an Planung, Bau und Betrieb von Schienenwegen nach AEG" (EBA-Richtlinie) vom 7. Dezember 2012 konkretisiert. Die EBA-Richtlinie enthält ausweislich ihres Vorworts eine Zusammenstellung zum Teil bereits anerkannter Regeln der Technik und gibt den Fachbehörden und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen einen einheitlichen Maßstab für die Erfüllung der Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an die Hand. Die Richtlinie, die nach den Angaben der Beigeladenen unter Beteiligung auch des Ausschusses für Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung des Arbeitskreises V der Innenministerkonferenz - und damit unter Einbeziehung auch feuerwehrtechnischen Sachverstandes - erarbeitet worden ist, konkretisiert die sich aus § 4 Abs. 3 AEG ergebenden Verpflichtungen. Die in der Richtlinie enthaltenen Vorgaben sind Verfahren nach § 18 AEG zugrunde zu legen (Ziffer 1.1 EBA-Richtlinie). Die Anwendbarkeit und fachliche Richtigkeit der Richtlinie haben auch die Beteiligten nicht in Zweifel gezogen.

51 Für die im innerstädtischen Bereich verlaufende und nach der Planfeststellung beidseitig mit Lärmschutzwänden zu versehende Strecke lässt sich keine atypische Sondersituation feststellen, hinsichtlich derer sich die EBA-Richtlinie keine Geltung beimessen würde. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass die EBA-Richtlinie ausweislich deren Ziffer 2.2 und 2.3 ausdrücklich auch Situationen erfasst und regelt, in denen - wie hier - Lärmschutzbauwerke größerer Länge bei der Planung des Brand- und Katastrophenschutzkonzepts zu berücksichtigen sind. Die Lage von Eisenbahnstrecken auch im innerstädtischen Bereich stellt zudem keine atypische Situation, sondern im Gegenteil den typischen Fall dar. Für die Unanwendbarkeit der EBA-Richtlinie auf innerhalb von Ortslagen geführte Schienenwege gibt es daher keine Anhaltspunkte.

52 Den hiernach hinsichtlich der Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes anzulegenden Maßstäben der EBA-Richtlinie wird der Planfeststellungsbeschluss gerecht. Ergänzungen bzw. Verbesserungen des Rettungs- und Sicherheitskonzepts sind deshalb rechtlich nicht erforderlich (vgl. § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG). Nach den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses werden die nach Ziffer 2.2 EBA-Richtlinie regelmäßig zu wahrenden maximalen Abstände für Zuwegungen zu einer Schienenstrecke zur Heranführung der Fremdrettungskräfte von 1 000 m mit durchschnittlich ca. 500 m deutlich unterschritten. Die nach Ziffer 2.2 EBA-Richtlinie vorgesehene Mindestbreite für Zugänge von 1,60 m, die die Möglichkeit der Begegnung von Personen ausdrücklich berücksichtigt, wird gewahrt. Dies gilt auch hinsichtlich der nach Ziffer 2.2 EBA-Richtlinie geforderten Mindestbreite gleisparalleler Rettungswege von 0,80 m. Der Sachbeistand der Beigeladenen hat in diesem Zusammenhang in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Rettung von Personen auf den Rettungswegen nicht den einzigen Fluchtweg darstellt. Die Rettung aus einer Gefahrenzone könne insbesondere auch innerhalb des Zuges erfolgen.

53 Aus dem Vorbringen der Klägerin in dem Parallelverfahren BVerwG 7 A 10.19 in der mündlichen Verhandlung ergibt sich nichts Anderes. Sie vermochte zwar durch ihren Sachbeistand, Branddirektor B., aufzuzeigen, dass die von ihr geforderten baulichen Anpassungen maßgeblich zu einer weiteren Effektivierung des feuerwehrlichen Einsatzgeschehens beitragen könnten. Dies kann jedoch nicht infrage stellen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss den in der EBA-Richtlinie niedergelegten und mithin nach breiter fachlicher Einschätzung für hinreichend erachteten Standards des Brand- und Katastrophenschutzes bei Planung, Bau und Betrieb von Schienenwegen entspricht. Hinzu kommt, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht nur bei der Verkürzung der Abstände der Fluchttüren, sondern auch bei der Anordnung der Flucht- und Servicetüren an mehreren Stellen über das nach der EBA-Richtlinie Erforderliche hinausgegangen ist und die Anzahl der Zugangstüren auf insgesamt 46 erhöht sowie nebeneinander liegende Türen vorgesehen hat, um den Rettungszugang bzw. die Fluchtmöglichkeiten zu verbessern.

54 4. Die Planfeststellungsbehörde hat der fachplanerischen Bewältigung des vom planfestgestellten Schienenwegausbau ausgehenden Verkehrslärms zu Recht die Verkehrsprognose 2025 und nicht die im Zeitpunkt der Planfeststellung aktuellere Verkehrsprognose 2030 zugrunde gelegt.

55 a) Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist allerdings grundsätzlich die Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 21 m.w.N.), so dass die in diesem Zeitpunkt vorliegende Prognose zu verwenden ist. Ein vom Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses abweichender Zeitpunkt gilt allerdings hinsichtlich der Bewältigung des vom Schienenweg ausgehenden Verkehrslärms. Der durch Gesetz vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2237) mit Wirkung vom 7. Dezember 2018 in das Allgemeine Eisenbahngesetz eingefügte und daher auf den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten anzuwendende § 18g Satz 2 AEG bestimmt, dass hinsichtlich des zu erwartenden Verkehrslärms das Planfeststellungsverfahren mit der zum Zeitpunkt der Einreichung des Plans prognostizierten Verkehrsentwicklung zu Ende zu führen ist, wenn die Auslegung des Plans öffentlich bekannt gemacht worden ist und sich der Beurteilungspegel aufgrund von zwischenzeitlichen Änderungen der Verkehrsentwicklung weder um mindestens 3 dB(A), noch auf mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht. Mit dieser Neuregelung will der Gesetzgeber für bereits laufende Planfeststellungsverfahren, deren Plan öffentlich bekannt gemacht worden ist, Rechtssicherheit im Hinblick auf die für die Schallschutzgutachten maßgebenden prognostizierten Zugzahlen erlangen (BR-Drs. 389/18 S. 36; vgl. zum Ganzen Antweiler, NVwZ 2019, 29 <31 f.>). Über den Bereich der Bewältigung des Verkehrslärms hinaus bewirkt § 18g Satz 2 AEG dagegen keine Verschiebung des für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses maßgeblichen Zeitpunkts. Die Bestimmung trifft, wie sich aus ihrer Bezugnahme in Satz 1 auf die der "Berechnung des Beurteilungspegels" zugrundeliegende Verkehrsentwicklung und die in Satz 2 wiedergegebenen Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) ergibt, eine Sonderregelung nur insoweit, als die Verkehrsprognose für die Berechnung des zu gewährleistenden Lärmschutzes maßgeblich ist. Das hat zur Folge, dass es im Übrigen, etwa bei der Prüfung der naturschutzrechtlichen Auswirkungen eines Schienenweges oder der Abwägung der Belange, bei dem allgemeinen Grundsatz bleibt und aktuelle Verkehrsprognosen zu berücksichtigen sind. Hiervon ist auch die Planfeststellungsbehörde ausgegangen.

56 Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 18g Satz 2 AEG sind vorliegend erfüllt. Im Hinblick auf die deutliche Abnahme der bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Zuge der Verkehrsprognose 2030 gegenüber der Verkehrsprognose 2025 erwarteten Verkehrsmenge (Rückgang der erwarteten Zahl der Güterzüge von 77 auf 39, Steigerung der erwarteten Zahl der Personenzüge von 44 auf 48 und damit Rückgang der Gesamtzahl der erwarteten Züge von 121 auf 87) ist sogar von einer Reduzierung der Beurteilungspegel auszugehen. Dies gilt auch unter Zugrundelegung der zuletzt erwarteten Zahl von 56 Personenzügen. Auf diesen Fall ist § 18g Satz 2 AEG nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut ebenfalls anwendbar (vgl. Reimold/Ulland, UPR Sonderheft 2019, 476 <477>).

57 b) Rechtlicher Maßstab für die Bewertung des vom Schienenweg ausgehenden Verkehrslärms sind die §§ 41 ff. BImSchG und die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV). Hinsichtlich der Anwendung der maßgeblichen Fassung dieser Normen hat die Planfeststellungsbehörde zu Recht gebilligt, dass der Gutachter die Beurteilungspegel für Schienenverkehrsgeräusche noch auf der Grundlage der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S. 1036) - Schall 03 1990 - berechnet hat.

58 Wenn die Kläger annehmen, die Schall 03 1990 sei nicht mehr anwendbar, weil die genannte Anlage zur Verkehrslärmschutzverordnung im Zeitpunkt der Planfeststellung bereits eine neue Fassung erhalten hatte, übersehen sie die Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 1 der 16. BImSchV in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung (Art. 1 der Verordnung vom 18. Dezember 2014, BGBl. I S. 2269). Darin wird angeordnet, dass § 3 i.V.m. Anlage 2 der Verkehrslärmschutzverordnung in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung weiter anzuwenden ist für Abschnitte von Vorhaben, für die - wie hier - das Planfeststellungsverfahren bis zum 31. Dezember 2014 bereits eröffnet und die Auslegung des Plans öffentlich bekannt gemacht worden ist.

59 Ohne Erfolg wenden die Kläger ein, die Schall 03 1990 habe nicht angewendet werden dürfen, weil sie weder dem Stand der Technik noch weltweit anerkannten Schallausbreitungsregeln (ISO 9613-2) entspreche. Dieser Einwand verfehlt den anzulegenden rechtlichen Maßstab. Als Anlage zur Verkehrslärmschutzverordnung ist die Schall 03 1990 Bestandteil des immissionsschutzrechtlichen Lärmschutzkonzepts für Schienenwege und mit normativer Verbindlichkeit ausgestattet, die nur durch einen zur Nichtigkeit führenden Widerspruch zu höherrangigem Recht, namentlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gesundheitsschutzes, beseitigt werden kann (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 59 ff.).

60 Die Kläger irren, wenn sie einen solchen Widerspruch insbesondere aus der - vermeintlichen - Missachtung des Standes der Technik ableiten wollen. Innerhalb des Lärmschutzkonzepts für Verkehrswege nach §§ 41 ff. BImSchG sind nur Maßnahmen des Vorhabenträgers zur Vermeidung von Verkehrsgeräuschen am Stand der Technik zu messen (§ 41 Abs. 1 BImSchG). Die dem Verordnungsgeber erteilte Ermächtigung in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG zum Erlass von Vorschriften "über das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen oder Immissionen" enthält keine derartige Vorgabe. Daher ist es unerheblich, ob die Schall 03 1990 - wie es die Kläger in Abrede stellen - das Schallausbreitungsmodell der ISO 9613-2 berücksichtigt, selbst wenn dieses Regelwerk den Stand der Technik verkörpern würde (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 61).

61 Eine Verpflichtung des Verordnungsgebers, seine Berechnungsvorschriften für Verkehrsgeräusche fortlaufend dem Stand der Technik anzupassen, lässt sich auch nicht aus höherrangigem Recht herleiten. Dem Gesetz- und Verordnungsgeber steht nach gefestigter Rechtsprechung nicht nur bei der Festlegung der Immissionsgrenzwerte, sondern auch bei der Bestimmung des Rechenverfahrens zur Ermittlung der Immissionsbelastung ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der einer gerichtlichen Nachprüfung nur begrenzt offensteht (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2011 - 7 A 11.10 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 59 Rn. 28 und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 62).

62 c) Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Verordnungsgeber die Grenzen seines normativen Ermessens überschritten hat. Das wäre nur der Fall, wenn die bei Anwendung der Schall 03 1990 rechnerisch ermittelte Geräuschbelastung die Wirklichkeit völlig unzulänglich abbilden und damit die grundrechtliche Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 GG verletzen würde. Dafür ist aber nichts erkennbar. Den Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung folgend akzeptiert die Rechtsprechung seit langem, dass der Verordnungsgeber in der Verkehrslärmschutzverordnung - wie in anderen Regelwerken auch - ausschließlich auf Mittelungspegel abstellt und Maximalpegel nicht gesondert zur Bewertung der Belastung heranzieht. Damit ist das normative Ermessen nicht überschritten (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1998 - 11 A 55.96 - BVerwGE 106, 241 <246 > und Beschluss vom 29. April 2003 - 9 B 59.02 - juris Rn. 64). Dieses erlaubt, bei der Erstellung einer Lärmschutzkonzeption, deren integraler Bestandteil das Rechenverfahren ist, gegenläufige öffentliche und private Interessen und Aspekte der Praktikabilität wie Einfachheit der Verfahren, einheitliche Anwendbarkeit und internationale Vergleichbarkeit mit zu berücksichtigen, soweit die Korrelation mit Lärmwirkungen gewahrt bleibt. Dies gilt auch, soweit es um die verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle geht (BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 376 f. und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 65).

63 Dass der Gesetz- und Verordnungsgeber Mittelungspegel weiterhin für geeignet erachtet, innerhalb des Konzepts der §§ 41 ff. BImSchG und der Verkehrslärmschutzverordnung für die angestrebte Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche zu sorgen, zeigt der Umstand, dass auch die Neufassung der Schall 03 aus dem Jahr 2014 (Anlage 2 der 16. BImSchV i.d.F. von Art. 1 der Verordnung vom 18. Dezember 2014, BGBl. I S. 2269) ausschließlich Mittelungspegel für maßgebend erachtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1. 16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 65).

64 Für einen Ausnahmefall, in dem es gegebenenfalls geboten sein kann, zusätzlich Maximalpegel zur Bewertung heranzuziehen, ist hier nichts ersichtlich. Insbesondere folgt ein solcher Ausnahmefall nicht allein daraus, dass Schienenverkehr intermittierende, also zeitlich schwankende Geräusche mit teils hohen Pegelspitzen hervorruft (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 66). Aus den von den Klägern beigebrachten Unterlagen ergibt sich nichts Anderes. Vorgelegt wurden keine (neuen) Forschungsstudien mit konkreten wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern (nur) eine Auswertung vorhandener Literatur sowie lärmmedizinische Einschätzungen, die hinsichtlich des Schienenverkehrslärms lediglich thesenartig an in anderen tatsächlichen Zusammenhängen gewonnene Erkenntnisse anknüpfen.

65 d) Bei der Berechnung der Beurteilungspegel war auch der so genannte Schienenbonus zu berücksichtigen. Die Schall 03 1990 sieht vor, dass von den sich rechnerisch ergebenden Mittelungspegeln für den Tag und die Nacht ein Abschlag von 5 dB(A) vorzunehmen ist (Korrektursummand S der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV a.F.). Die Berücksichtigung des Schienenbonus ist mit § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG i.d.F. des Elften Gesetzes zur Änderung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes vom 2. Juli 2013 (BGBl. I S. 1943) vereinbar. Dies hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - (Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 67 ff.) im Einzelnen dargelegt. Hierauf wird verwiesen.

66 Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass es aus Gründen des Verfassungsrechts geboten war, den Schienenbonus abzuschaffen. Zwar ist nach dem Stand der Wirkungsforschung nicht zu bestreiten, dass langfristige Einwirkungen von Schienenverkehrsgeräuschen mitursächlich für Gesundheitsbeeinträchtigungen sein können. Jedoch ist im vorliegenden Zusammenhang nicht diese - vom Gesetzgeber geteilte - abstrakte Erkenntnis (vgl. BT-Drs. 17/10771, S. 4) entscheidungserheblich, sondern die Frage, ob grundrechtsrelevante Gefährdungen zu erwarten sind, wenn der Schienenbonus Bestandteil des Schutzkonzepts der §§ 41 ff. BImSchG ist. Diese Frage ist zu verneinen. Auch insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des 3. Senats des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1. 16 - (Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 67 ff.) vollinhaltlich an (vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Urteil vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 50 ff.).

67 e) Nach allem bedarf es zu den Fragen der Vereinbarkeit der nach der Schall 03 1990 festgelegten Berechnungsverfahren, des Schienenbonus bzw. des Normprogramms zur Bewältigung von Schienenverkehrslärm insgesamt mit höherrangigem Recht entgegen der Vorlageanregung 2, Unterpunkte 1 und 2 der Kläger keiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG. Hinsichtlich der weiteren Anregung (Vorlageanregung 2, Unterpunkt 3) zur Beweispflicht der Beigeladenen zeigen die Kläger schon die spezifisch verfassungsrechtlichen Bezüge der angeregten Fragestellung nicht auf. Die Frage ist darüber hinaus nicht entscheidungserheblich.

68 Die zur Schall 03 1990 gestellten Teilbeweisanträge 1 und 2 des Beweisantrags 2 der Kläger waren mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Wie dargelegt, sind die an die Wirksamkeit der Schall 03 1990 anzulegenden Maßstäbe nicht - wie die Kläger meinen - der Stand der Technik oder weltweit anerkannte Schallausbreitungsregeln, sondern ob diese mit § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gesundheitsschutzes vereinbar ist. Damit beziehen sich die Teilbeweisanträge zugleich auf dem Tatsachenbeweis nicht zugängliche Rechtsfragen. Auch der Teilbeweisantrag 3 des Beweisantrags 2 zu den Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung ist nicht entscheidungserheblich. Die Berechnungsmethoden für die Schallausbreitung sind normativ verbindlich vorgegeben und nicht willkürlich. Der Teilbeweisantrag 4 des Beweisantrags 2, mit dem behauptet wird, die Kläger zu 4 bis 7 seien von grundrechtsrelevanten Lärmbeeinträchtigungen betroffen, ist ins Blaue hinein formuliert.

69 5. Die im Auftrag der Beigeladenen von der A.I.T GmbH durchgeführte schalltechnische Untersuchung in Gestalt der Neuberechnung vom 28. Juni 2016 (PFA, Anlage 15.1), auf der das Schallschutzkonzept basiert, ist keinen durchgreifenden Bedenken ausgesetzt.

70 a) Dies gilt zunächst hinsichtlich der von den Klägern infrage gestellten Sachkunde und Unparteilichkeit der von der Beigeladenen mit der Erstellung der Untersuchung beauftragten A.I.T GmbH. Die Behauptung der Kläger, diese sei zu einer objektiven Beurteilung der Schallimmissionen nicht in der Lage, ist unsubstantiiert. Die insoweit behaupteten Tatsachen - insbesondere, dass die Aufträge der Beigeladenen die wesentliche Einnahmequelle der Gutachterin darstellen - vermögen diese Schlussfolgerung nicht zu tragen. Eine solche Schlussfolgerung kann sich auch nicht auf den von den Klägern vorgelegten Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 8. Juni 2016 (5 W 46/16 - nicht veröffentlicht) stützen. Dieser Beschluss bezieht sich auf die Ablehnung eines vom Gericht bestellten Sachverständigen, dessen Unternehmen 30 % ihres Umsatzes mit einem der Verfahrensbeteiligten erzielt. Um die Erstellung eines gerichtlichen Gutachtens bzw. die Abfassung eines Obergutachtens geht es vorliegend jedoch nicht. Die Einholung eines solchen stünde erst inmitten, wenn der Senat zu der Überzeugung gelangt wäre, dass die Voraussetzungen für die Verwertbarkeit eines vorliegenden Gutachtens nicht gegeben sind (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 - 7 B 4.17 - juris Rn. 12 m.w.N.). Dies ist jedoch nicht der Fall.

71 b) Auch in sachlicher Hinsicht wird das von der A.I.T GmbH vorgelegte Gutachten durch das von den Klägern in Auftrag gegebene Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 28. Oktober 2019 nicht erschüttert. Erkennbare Mängel des Gutachtens der A.I.T GmbH vermögen die Kläger nicht aufzuzeigen.

72 aa) Die Verwendung der Software S. in der Version 6.5 aus dem Jahr 2008 für die Schalluntersuchung unterliegt keinen Bedenken. Anders als von den Klägern behauptet, enthält das bei den Akten befindliche Schreiben der B. GmbH, der Entwicklerin der Software S., vom 6. Juni 2014 an die A.I.T GmbH keine Warnung davor, für die für das planfestgestellte Vorhaben durchzuführenden Berechnungen die Software in der Version 6.5 heranzuziehen. Vielmehr wird in dem Schreiben unter "Schlussfolgerungen" (S. 6) ausgeführt, dass das Rechenmodell der A.I.T GmbH für in sich stimmig gehalten werde und die Software S. sowohl in der Version 6.5 als auch in der Version 7.3 die Testaufgaben der Schall 03 1990 erfülle.

73 Soweit die Kläger die generelle Eignung der Software zur Durchführung von Berechnungen auf der Grundlage der Schall 03 1990 in Zweifel ziehen, bleibt dies unsubstantiiert. Allein daraus, dass zwischenzeitlich neuere Versionen der Software S. bzw. Updates zur Verfügung stehen, lässt sich nicht auf die Ungeeignetheit der Version 6.5 schließen. Dagegen spricht schon, dass die nach der Schall 03 1990 anzustellenden Berechnungen auf einem bereits im Jahr 1990 vorgelegten Regelwerk fußen. Soweit die Kläger die Geeignetheit der vom Hersteller abgegebenen Konformitätserklärung bemängeln, ist festzuhalten, dass die Schall 03 1990 schon keine solche Konformitätserklärung fordert (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 77).

74 bb) Hinsichtlich der Funktionalitäten der Software S. Version 6.5 behaupten die Kläger, dass Schallreflexionen keine Berücksichtigung finden und dies zu Defiziten der Begutachtung führe. Demgegenüber erläutert die Beigeladene nachvollziehbar, dass bei den der Planfeststellung zugrunde gelegten Schallneuberechnungen aus dem Jahr 2016 eine Berechnung ohne Berücksichtigung von Abschirmungswirkungen und Reflexionen stattgefunden habe und eine Berechnung von Reflexionen nicht erforderlich gewesen sei, weil beiderseits des Schienenweges durchgängig hochabsorbierende Schallschutzwände vorgesehen seien.

75 Bei der erforderlichen Berechnung der Seiten- und Rückseitenpegel an Gebäuden kann deren Eigenabschirmung im Rahmen der Software S. Version 6.5 Berücksichtigung finden. Hierfür steht die Funktionalität "Einfallswinkel durch die Fassade begrenzt" zur Verfügung. Insoweit bedarf es der seitens der Kläger als zur Berücksichtigung der Eigenabschirmung der einzelnen Gebäude für ungeeignet erachteten händischen Winkelkorrektur nicht. Im Übrigen bestehen keine normativen Vorgaben, wie genau die Seiten- und Rückseitenpegel eines Gebäudes im Rahmen der Schall 03 1990 zu ermitteln sind; es fehlen Anweisungen dazu, wie die Gebäudegeometrie hierbei zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 1999 - 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 S. 26).

76 cc) Das von den Klägern zur Erschütterung der Untersuchungen der Gutachterin der Beigeladenen vorgelegte Gutachten des Sachverständigen Dr. N. vom 28. Oktober 2019 geht im Übrigen insoweit ins Leere, als die dort geäußerte Kritik am Gutachten der A.I.T GmbH maßgeblich an deren ursprünglichen Berechnungen ansetzt, die durch die Neuberechnung vom 28. Juni 2016 ersetzt und der Planfeststellung nicht mehr zugrunde gelegt worden sind (vgl. etwa S. 21 ff. des Gutachtens Dr. N. vom 28. Oktober 2019). Die insoweit nicht gewürdigte Neuberechnung vom 28. Juni 2016 berücksichtigt keine abschirmende Wirkung von Gebäuden und sonstigen Hindernissen, sondern lediglich die Eigenabschirmung der Gebäude im Wege der Ermittlung der Front-, Seiten- und Rückseitenpegel anhand der im Kataster dokumentierten Grundrisse bei einer angenommenen Gebäudehöhe von null Metern (vgl. im Einzelnen Erläuterungsbericht zur schalltechnischen Untersuchung, insbesondere S. 5 ff. und 21, PFA, Anlage 15.1). Im Ergebnis führt diese Vorgehensweise - was die Kläger unberücksichtigt lassen - zu einer deutlich höheren Zahl von Schallschutzansprüchen Betroffener gegenüber der ursprünglich durchgeführten Berechnung. Soweit in Folge dieser Neuberechnung in einer deutlich geringeren Zahl Ansprüche Betroffener auf passiven Schallschutz entfallen würden, bleiben die auf der Grundlage der ursprünglichen Berechnungen ermittelten Berechtigungen im Zuge der von der Beklagten getroffenen Meistbegünstigungsregelung erhalten (vgl. hierzu PFB, S. 22 und 101 f. sowie Planunterlage 15.9 - Pegelvergleichsliste Meistbegünstigungsregelung).

77 Zudem erscheint es dem Senat entsprechend der nachvollziehbaren Darlegungen der Beigeladenen plausibel, dass der Gutachter Dr. N. bei seinen Berechnungen die Eigenabschirmung der Gebäude in methodisch unzutreffender Weise unberücksichtigt gelassen hat. In der Konsequenz gelangt der Gutachter der Kläger zu nahezu gleichen und mithin nicht wirklichkeitsgerechten Immissionswerten für die verschiedenen Fassadenseiten der jeweiligen Gebäude. Abweichungen gegenüber den Berechnungen der Gutachterin der Beigeladenen ergeben sich folgerichtig insbesondere bezüglich von Seiten- und Rückseitenpegeln.

78 dd) Auch die weitere an der schalltechnischen Untersuchung der Beigeladenen geübte Kritik greift nicht durch. Soweit die Kläger eine Berücksichtigung von Sonderobjekten fordern, ist dies zwar nach Anlage 2 zu § 3 Satz 1 der 16. BImSchV in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung erforderlich. Jedoch ist nicht dargetan, dass eine solche Berücksichtigung - soweit sie die Schall 03 1990 vorsieht - nicht erfolgt ist. Namentlich wurde bei der Begutachtung der Zuschlag für Bahnübergänge nach Ziffer 5.7 der Schall 03 1990 in Höhe von 5 dB(A) nicht übergangen. Nach den nachvollziehbaren Darlegungen der Beigeladenen wurde neben dem durchgängig angewandten Zuschlag für Betonschwellen in Höhe von 2 dB(A) insoweit ein weiterer Zuschlag von 3 dB(A) aufaddiert. Der Anwendung eines Kurvenzuschlags nach Ziffer 5.8 der Schall 03 1990 bedurfte es mangels entsprechend kleiner Kurvenradien unter 500 m im Planfeststellungsbereich nicht. Auch das der schalltechnischen Untersuchung zugrunde gelegte Zugmengengerüst unter Einschluss von ICE-Zügen hat die Beigeladene mit Blick auf die teilweise Nutzung der Strecke 1522 durch Züge der Strecke 1520 nachvollziehbar erläutert.

79 Entgegen der Behauptung der Kläger wurde im Rahmen der schalltechnischen Untersuchung eine Kosten-Nutzen-Analyse der planfestgestellten Schallschutzmaßnahmen vorgenommen (vgl. Erläuterungsbericht zur schalltechnischen Untersuchung, S. 26 ff.). Dass die Lage der Immissionsorte von der Gutachterin nicht beschrieben und Topographieänderungen nicht dargestellt worden seien, substantiieren die Kläger nicht. Soweit die Kläger die Grundlagen der Berechnung vermissen und behaupten, es würde als Eingangsdaten lediglich ein Zugprogramm und als Ergebnis lediglich die Pegelliste dargestellt, ist diese Rüge mit Blick auf den Erläuterungsbericht zur schalltechnischen Untersuchung (vgl. Erläuterungsbericht zur schalltechnischen Untersuchung, S. 13 ff., PFA, Anlage 15.1) nicht nachvollziehbar.

80 Soweit von den Klägern eine Darstellung und Erläuterung des Rechenwegs zur Kontrolle der Rechenschritte und der Plausibilität des Ergebnisses der schalltechnischen Untersuchung gefordert wird, geht dies über bestehende Erfordernisse hinaus. Rechtlich erforderlich ist nicht, dass aus den planfestgestellten Unterlagen jeder Rechenschritt nachvollziehbar hervorgeht oder ein Außenstehender die Beurteilungspegel auf der Grundlage des Gutachtens selbst nachrechnen kann. Vielmehr genügt eine Plausibilisierung dahin, dass die rechnerischen Anforderungen der Schall 03 1990, insbesondere was die nötigen Eingangsdaten angeht, erfüllt worden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 78). Das ist hier der Fall. Rechenfehler konnten die Kläger nicht aufzeigen. Für die geforderte Annahme eines Unsicherheitszuschlages in Höhe von 2 dB(A) fehlt eine rechtliche Grundlage (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 72).

81 Im Übrigen vermögen die Kläger auch nicht darzulegen, wo sich die von ihnen behaupteten Fehler der schalltechnischen Begutachtung - auch unter Berücksichtigung der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Meistbegünstigungsregelung - auf den den Betroffenen zu gewährenden Schutzstandard negativ auswirken würden. Dies gilt auch hinsichtlich der Wohngebäude der Kläger. Für das von den Klägern ebenfalls angesprochene, nahe der Pferdemarktbrücke gelegene Hotel R. besteht ebenfalls ein Anspruch auf passiven Schallschutz.

82 ee) Hinsichtlich des Wohnhauses der Klägerin zu 2 (S.straße ...) hat die Beigeladene die zunächst fehlende Berechnung für das zweite Obergeschoss im Klageverfahren nachgereicht. Eine Erweiterung der bestehenden Ansprüche auf passiven Lärmschutz ist auf der Grundlage der für das zweite Obergeschoss ermittelten Immissionswerte, die im Bereich der Belastung von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss liegen, nicht ersichtlich. Der hinsichtlich der Betroffenheit ihres Grundstücks von künftigen vorhabenbedingten Schallimmissionen auf Neuverbescheidung gerichtete Hilfsantrag der Klägerin zu 2 ist deshalb unbegründet.

83 Auch die weiteren zur vorhabenbedingten Lärmbelastung gestellten Hilfsanträge sind unbegründet. Soweit die Kläger bezüglich gegebenenfalls noch zu treffender (weiterer) Immissionsschutzmaßnahmen einen Entscheidungsvorbehalt - wohl im Sinne von § 74 Abs. 3 VwVfG - und Schutzauflagen - wohl im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG - fordern, und dies insbesondere damit begründen, dass die Verkehrsprognose grob unsicher sei, hat sich diese den Hilfsanträgen zugrunde gelegte Behauptung - wie dargelegt - nicht bestätigt. Entsprechendes gilt hinsichtlich der behaupteten Fehlerhaftigkeit der schalltechnischen Untersuchung der Beigeladenen und des hierauf beruhenden planfestgestellten Schallschutzkonzepts. Insoweit fehlt den Hilfsanträgen 1 und 2 sowie 4 und 5 (soweit sich letzterer auf die Frage der Lärmbelastung bezieht) jeweils die tatsächliche Grundlage. Weitere Maßnahmen des Schallschutzes - wie etwa die Anordnung einer Streckenhöchstgeschwindigkeit für Güterzüge (so der Hilfsantrag 5 der Kläger) - kommen hiernach ebenfalls nicht in Betracht.

84 Im Übrigen kommt ein Entscheidungsvorbehalt - wie er mit den Hilfsanträgen 1, 2 und 4 von den Klägern verfolgt wird - in rechtlicher Hinsicht nach § 74 Abs. 3 VwVfG ohnedies nur in Betracht, soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist. Andernfalls hat der Planfeststellungsbeschluss nach der Entscheidung des Gesetzgebers und des im Planfeststellungsrecht geltenden Grundsatzes der Problembewältigung eine abschließende verbindliche Entscheidung über das Vorhaben und die erforderlichen Schutzvorkehrungen zu treffen. Das auch vorliegend inmitten stehende allgemeine Prognoserisiko, dass es anders kommen kann als prognostiziert, ist kein Fall der Unmöglichkeit einer abschließenden Entscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221 <224 ff.> m.w.N.). Auch insoweit kann den auf Entscheidungsvorbehalte gerichteten Hilfsanträgen nicht gefolgt werden.

85 ff) Für den Schutz gegen nicht voraussehbare Wirkungen müssen sich die davon gegebenenfalls Betroffenen auf die Ansprüche verweisen lassen, die ihnen § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses - und mithin außerhalb des Verfahrensgegenstandes - gewährt. Das betrifft auch solche nachteiligen Wirkungen, deren zukünftiger Eintritt zwar theoretisch denkbar ist, sich aber mangels besonderer Anhaltspunkte noch nicht konkret absehen lässt. Verständiger Weise ist nur mit solchen Wirkungen zu rechnen, deren Eintritt sich nicht nur als abstrakte, sondern als konkrete Möglichkeit abzeichnet. Anderenfalls bliebe für die Anwendung des § 75 Abs. 2 Satz 2 bis 4 VwVfG praktisch kein Raum (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221 <226> m.w.N.).

86 Soweit die Kläger mit den Hilfsanträgen 6 und 7 die Verpflichtung der Projektträgerin zur Erstattung bestimmter Kostenpositionen im Zusammenhang mit der Anschaffung und dem Betrieb von Einrichtungen des passiven Schallschutzes beantragen, bedarf es keiner diesbezüglichen Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss. Dieser beschränkt sich insoweit zu Recht darauf, den Entschädigungsanspruch für Maßnahmen des passiven Schallschutzes für die betroffenen Gebäude dem Grunde nach festzustellen (vgl. PFB, S. 22). Die Höhe der jeweils zu leistenden Entschädigung bestimmt sich nach § 42 Abs. 2 BImSchG i.V.m. der Verkehrswege-Schallschutzmaßnahmenverordnung (24. BImSchV). Im Streitfall erfolgt eine behördliche Festsetzung der Entschädigung durch schriftlichen Bescheid (§ 42 Abs. 3 Satz 1 BImSchG).

87 gg) Die von den Klägern zur schalltechnischen Untersuchung gestellten Beweisanträge (Beweisantrag 1, Beweisfragen 1 bis 5 und Beweisantrag 2, Beweisfrage 4) waren ebenfalls abzulehnen. Ob die von der Firma A.I.T GmbH erarbeiteten Schallimmissionsprognosen aus den von den Klägern behaupteten Gründen nicht brauchbar oder nicht nachvollziehbar sind, unterliegt der - oben dargelegten - rechtlichen Beurteilung durch den Senat. Die Behauptung, die A.I.T GmbH sei zu einer objektiven Beurteilung der Schallimmissionen nicht in der Lage, ist - wie dargelegt - unsubstantiiert. Ob die der Schallimmissionsprognose der Gutachterin zugrundeliegende Schallausbreitung nach den Vorgaben der Schall 03 1990 erstellt worden ist, ist - abgesehen davon, dass der Beweisantrag insoweit nur Vermutungen enthält - ebenfalls eine Rechtsfrage. Dies gilt auch für die Frage der Erforderlichkeit einer Konformitätserklärung für die von der A.I.T GmbH verwendete Software. Die Behauptung, die verwendete Software S. in der Version 6.5 sei zur Berechnung nach der Schall 03 1990 ungeeignet, ist unsubstantiiert. Soweit die Kläger ein Schreiben des Herstellers der Software S. an den Geschäftsführer der A.I.T GmbH vom 6. Juni 2014 in Bezug nehmen, handelt es sich um einen Aktenbestandteil, dessen Bewertung einer Beweiserhebung nicht zugänglich ist. Das Schreiben enthält im Übrigen - wie dargelegt - nicht die von den Klägern behauptete Warnung, die Software nicht mehr zu verwenden. Die Behauptung im Beweisantrag 2, Beweisfrage 4, die Lärmbelastungswerte hinsichtlich der Kläger zu 4 bis 7 würden selbst bei folgerichtiger Anwendung der Schall 03 1990 die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle überschreiten, entbehrt jeder Grundlage und erfolgt mithin in unzulässiger Weise ins Blaue hinein.

88 Nach allem bedarf es - abgesehen davon, dass die Kläger mit ihrer Vorlageanregung 3 zur Billigung des Schallschutzkonzepts der Beigeladenen durch die Beklagte schon nicht die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung behaupten, sondern das exekutive Vorgehen der Planfeststellungsbehörde kritisieren - auch keiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG.

89 6. Defizite des Planfeststellungsbeschlusses bei der Bewältigung der zu erwartenden betriebsbedingten Erschütterungen bestehen nicht.

90 Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Belastungen, die die plangegebene Vorbelastung nicht übersteigen, grundsätzlich hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 - 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 45). Dies gilt auch für Belastungen mit Erschütterungen. Die Zumutbarkeitsschwelle für Erschütterungsbelastungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sogar erst dann überschritten, wenn sich die Vorbelastung vorhabenbedingt um 25 % oder mehr erhöht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 3 A 17.15 - BVerwGE 164, 127 Rn. 55 m.w.N.). Bei diesem Wert handelt es sich um eine Wahrnehmungsschwelle, die sich auf empirisch hinreichend abgesicherte Erkenntnisse stützen kann (vgl. hierzu näher BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 7 A 14.09 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 81 Rn. 31 ff.).

91 Auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen Verkehrsprognose 2030 ist gegenüber der plangegebenen Vorbelastung eine vorhabenbedingt niedrigere Erschütterungsbelastung zu erwarten. Die prognostizierte Verkehrsbelegung liegt um insgesamt sieben Züge unterhalb der plangegebenen Vorbelastung. Die Zahl der gegenüber Personenzügen erschütterungsintensiveren Güterzüge bleibt mit 39 sogar deutlich hinter der bei 50 Güterzügen liegenden plangegebenen Vorbelastung zurück. Für eine Überschreitung der grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle ist nichts ersichtlich.

92 Dessen ungeachtet begegnet auch das von der Beigeladenen auf der Grundlage der höheren Verkehrsprognose 2025 in Auftrag gegebene Erschütterungsgutachten der Baudynamik Heiland & Mistler GmbH vom 3. November 2015 (PFA, Anlage 18) keinen Bedenken. Hinsichtlich der Gesamtzahl zu erwartender Züge (121 gegenüber 87 Zügen) und insbesondere auch hinsichtlich der Zahl der erschütterungsintensiveren Güterzüge (77 gegenüber 39 Güterzügen) geht die Verkehrsprognose 2025 gegenüber der Verkehrsprognose 2030 von einer deutlich intensiveren Verkehrszunahme aus, so dass das Erschütterungsgutachten wegen dieser prognostischen Grundlagen auf der sicheren Seite steht. Dass das Gutachten von falschen rechtlichen Grundlagen ausginge oder anderweitige erhebliche Tatsachen unzutreffend ermittelt worden wären, legen die Kläger schon nicht substantiiert dar. Entsprechendes gilt auch für die geäußerten Zweifel an der Wirksamkeit der auf der Grundlage der Erschütterungsanalyse planfestgestellten erschütterungsmindernden Maßnahmen in Gestalt so genannter Schwellenbesohlungen, wie sie im gesamten Planfeststellungsabschnitt vorgesehen sind. Diese Maßnahmen führen dazu, dass auch unter Zugrundelegung der Verkehrsprognose 2025 die Zumutbarkeitsschwelle für Erschütterungsbelastungen an keinem Immissionsort erreicht oder überschritten wird (vgl. Erschütterungsgutachten vom 3. November 2015, S. 60 ff., PFA, Anlage 18).

93 Auch hinsichtlich des Immissionsortes M0170 und der (nur) auf der Grundlage der Verkehrsprognose 2025 dort festzustellenden Überschreitung des KBFTr-Wertes (Beurteilungsschwingstärke) von 0,23 ergeben sich keine rechtlichen Defizite des Planfeststellungsbeschlusses. Nachdem die ermittelte plangegebene Vorbelastung nach den unwidersprochenen Angaben der Beigeladenen bei 0,22 liegt, wird eine Erhöhung der plangegebenen Vorbelastung um 25 % oder mehr auch an diesem Immissionsort selbst unter Zugrundelegung der Verkehrsprognose 2025 nicht erreicht.

94 Ausgeschlossen werden kann schließlich auch, dass sich unter Berücksichtigung einer nach neueren Prognosegrundlagen höheren Zahl zu erwartender Personenzüge (56 statt 48 Personenzüge täglich), die die Beigeladene im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt hat, am Abwägungsergebnis etwas ändert. Gegenüber der dem Erschütterungsgutachten zugrunde gelegten Verkehrsprognose 2025 bleibt die prognostizierte Streckenbelastung nämlich auch dann weit zurück (95 gegenüber 121 Zügen insgesamt). Zudem wird die plangegebene Vorbelastung lediglich geringfügig überschritten (95 gegenüber 94 Zügen). Die Zahl der gegenüber Personenzügen erschütterungsintensiveren Güterzüge bleibt von den nur die Zahl der Personenzüge betreffenden neueren Prognosegrundlagen im Übrigen ohnedies unberührt.

95 Nach allem war der Hilfsantrag 3, mit dem die Kläger begehren, die Strecke zur Ermöglichung eines erschütterungsfreien Betriebs durchgängig in einen Betontrog einzubetten, in dem die Schienen auf Unterschottermatten liegen, als unbegründet abzulehnen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Hilfsantrags 5 der Kläger, soweit er sich darauf bezieht, zum Schutz vor Erschütterungen auf der Strecke innerhalb der geschlossenen Ortschaft Oldenburg eine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h für alle Güterzüge anzuordnen.

96 7. Auch die in der Bauphase auftretenden Lärm- und Erschütterungsbelastungen werden von der Planfeststellung ohne Rechtsfehler bewältigt.

97 Hinsichtlich dieser Belastungen war die Beigeladene insbesondere nicht verpflichtet, der Planfeststellungsbehörde schon mit den Planunterlagen ein detailliertes Baugutachten oder einen konkreten Bauablaufplan vorzulegen. Ein Baulärm- oder Bauimmissionsgutachten setzt vielmehr eine Ausführungsplanung voraus, die ein Vorhabenträger ohne gesicherte Rechtsposition, die er erst mit dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erlangt, grundsätzlich nicht erstellen muss (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 29 und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 42).

98 Die auf Belastungen mit Lärm und Erschütterungen während der Bauphase bezogenen Hilfsanträge 11 bis 15 der Kläger waren als unbegründet abzulehnen. Die mit dem Hilfsantrag 11 eingeforderte Prognose der im Verlauf der Bauarbeiten zu erwartenden Immissionen ist bereits Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses. Nach Ziffer A.5.2.1 Nr. 4 des Planfeststellungsbeschlusses ist zum Schutz vor baubedingten Lärmimmissionen insoweit bestimmt, dass der Vorhabenträger quartalsweise für die jeweils anstehenden Bauarbeiten auf der Grundlage der geplanten Bauabläufe und Maschineneinsätze eine schalltechnische Prognose für den Baulärm zu erstellen hat (PFB, S. 24).

99 Der mit dem Hilfsantrag 12 geforderten Verpflichtung eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für den Bereich Lärm bedarf es nicht. Nach Ziffer A.5.2.1 Nr. 6 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 25) ist die Vorhabenträgerin - entsprechend einer von ihr gegebenen Zusage - verpflichtet, einen bekannt gegebenen Sachverständigen oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Immissionsschutz als Baulärmbeauftragten einzusetzen.

100 Auch die mit dem Hilfsantrag 13 begehrten Maßgaben hinsichtlich nächtlicher Bauarbeiten sind nicht geboten. Insoweit bestimmt der Planfeststellungsbeschluss (S. 23) in Ziffer A.5.2.1 Nr. 1, dass die Vorhabenträgerin bei der Baudurchführung dafür Sorge zu tragen hat, dass Bauarbeiten in der Nähe von schutzwürdiger Bebauung von 22.00 bis 6.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen auf das unumgänglich notwendige Mindestmaß beschränkt werden. Unabhängig hiervon ist zudem stets die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm vom 19. August 1970 (AVV Baulärm) zu beachten. Eines Genehmigungsvorbehalts für nächtliche Bauarbeiten zur Wahrung von Lärmschutzbelangen bedarf es hiernach nicht. Etwaige, von den Klägern vorgetragene Defizite bei der Beachtung von Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses oder der Vorgaben der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm bei der Baudurchführung sind im Übrigen eine Frage des Vollzugs und können die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht in Zweifel ziehen.

101 Hinsichtlich des Schutzes vor baubedingten Erschütterungen erscheinen die getroffenen Vorkehrungen ebenfalls als hinreichend. Der Planfeststellungsbeschluss (S. 26) gibt der Beigeladenen in Ziffer A.5.2.2 auf, im Bereich vorhandener Bebauung nach dem Stand der Technik möglichst erschütterungsarme Bauverfahren anzuwenden sowie durch nach dem Stand der Technik geeignete Schutzmaßnahmen etwaigen Schäden an der Bebauung vorzubeugen. Erschütterungsintensivere Arbeiten sind im Bereich von Wohnbebauung nach Möglichkeit in den Tagstunden durchzuführen. Über die Durchführung von erschütterungsintensiven Arbeiten und deren Dauer hat die Vorhabenträgerin die Anwohner in dem jeweils betroffenen Bereich zudem rechtzeitig vor Beginn der Arbeiten in geeigneter Weise zu informieren. Zum Schutz von Menschen in Gebäuden hat die Vorhabenträgerin dafür Sorge zu tragen, dass bei Erschütterungseinwirkungen während der Bauarbeiten die jeweiligen Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 2 eingehalten werden. Hinsichtlich der Einwirkungen von Erschütterungen auf bauliche Anlagen während der Baudurchführung hat die Vorhabenträgerin dafür zu sorgen, dass die Anhaltswerte der DIN 4150 Teil 3 gewahrt bleiben. Darüber hinaus hat sich die Beigeladene gegenüber der Planfeststellungsbehörde verpflichtet, an Gebäuden in der Nähe der Bahnbaustelle Beweissicherungsverfahren sowie bei erschütterungsintensiven Arbeiten baubegleitende Erschütterungsmessungen durchzuführen (vgl. PFB, S. 26 f.). Dieses mehrgliedrige Schutzregime für die Bauphase wahrt die Belange der Kläger hinreichend. Den mit den Hilfsanträgen 14 und 15 beantragten (weiteren) Vorkehrungen zum bauzeitlichen Erschütterungsschutz bedarf es hiernach nicht.

102 8. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen Mängeln der fachplanerischen Abwägung.

103 Das fachplanungsrechtliche Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie - auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials - die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 23 f. m.w.N.).

104 a) Ein Abwägungsausfall wegen des Unterlassens einer Alternativenprüfung liegt nicht vor. Zwar können die Kläger zu Recht darauf verweisen, dass der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Reichweite der Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung (§ 1 Abs. 2 BSWAG) unzutreffende rechtliche Annahmen zugrunde legt. Dies führt jedoch zu keinem Abwägungsausfall, weil die Planfeststellungsbehörde jedenfalls hilfsweise eine Alternativenprüfung durchgeführt hat.

105 Der Planfeststellungsbeschluss (S. 96 f.) geht, im Anschluss an eine Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach mit der Festschreibung eines Vorhabens im gesetzlichen Bedarfsplan als Ausbaustrecke nur eine Streckenalternative in Betracht kommt, die als Ausbau der vorhandenen Strecke angesehen werden kann (BVerwG, Beschluss vom 2. August 1994 - 7 VR 3.94 - NVwZ 1994, 1000 <1001> = juris Rn. 19, davon aus, dass wegen der Listung der Bahnstrecke "Oldenburg - Wilhelmshaven/Langwedel - Uelzen" als Ausbaustrecke ("ABS") im Bedarfsplan (Abschnitt 1 lfd. Nr. 28 der Anlage zu § 1 BSWAG), die den von der Planfeststellung betroffenen Streckenabschnitt umfasst, eine großräumige Umfahrung von Oldenburg schon deswegen nicht in Betracht komme, weil ein solches Projekt keinen Streckenausbau mehr darstelle und mithin der gesetzlichen Vorgabe zuwiderlaufe. Diese Auffassung geht fehl.

106 Unabhängig davon, dass es im Einzelfall ohnehin nicht immer einfach sein wird, Streckenneubau und Streckenausbau voneinander abzugrenzen, fordert das fachplanerische Abwägungsgebot bei der Planfeststellung eines im Bedarfsplan als Ausbauvorhaben ausgewiesenen Vorhabens auch solche planerischen Alternativen in die Prüfung einzubeziehen, die als Streckenneubau zu qualifizieren wären. Die Ausweisung einer Strecke als Ausbaustrecke ("ABS") im Bedarfsplan rechtfertigt keine Verkürzung der Alternativenprüfung. Derartige Rechtswirkungen ergeben sich aus einer solchen Festsetzung im Bedarfsplan nicht. Mit den Festsetzungen des Bedarfsplans wird gemäß § 1 Abs. 2 BSWAG der verkehrliche Bedarf für die bezeichneten Verbindungen für ein nachfolgendes Planfeststellungsverfahren verbindlich festgestellt (vgl. auch BT-Drs. 18/9524 S. 22). Mithin hat der Gesetzgeber darüber entschieden, ob ein als Neubau- oder als Ausbauvorhaben beschriebenes Projekt planerisch weiter zu verfolgen ist (vgl. BT-Drs. 15/1656 S. 12). Im Rahmen der Planfeststellung hat dies - stellt sich die gesetzliche Bedarfsfeststellung nicht im Ausnahmefall als evident unsachlich dar (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 25 m.w.N.) - zur Konsequenz, dass die Planrechtfertigung für ein entsprechendes Neubau- bzw. Ausbauvorhaben gegeben ist. Demgegenüber kann der Bedarfsplan Entscheidungen auf den der Generalplanungsebene nachfolgenden Planungsstufen - namentlich der Planfeststellung durch die zuständige Planfeststellungsbehörde - darüber, wie ein Projekt konkret realisiert werden soll, nicht vorwegnehmen (vgl. BT-Drs. 15/1656 S. 12 f.). Der Planungsträger ist durch den Bedarfsplan deshalb nicht gehindert, statt des Ausbaus einer Bestandsstrecke eine Neubaustrecke als Trassenalternative zu erwägen (so zum Fernstraßenbau BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171 S. 134 m.w.N.). Auch kann eine unter verkehrlichen Gesichtspunkten optimale oder vorzugswürdige Trasse an entgegenstehenden öffentlichen Belangen, etwa solchen des Naturschutzes, oder entgegenstehenden privaten Belangen, etwa wesentlich schwerwiegenderen Eingriffen in privates Eigentum, scheitern (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. Juni 1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <346 f.>). In diesem Sinne führt auch das Bundesverfassungsgericht aus, dass die Festlegungen im Bedarfsplan von der fachgerichtlichen Rechtsprechung zu Recht nicht auch für die konkrete Linienbestimmung und Trassierung oder für die Abwägung als verbindlich angesehen werden (vgl. - zu einer Eisenbahn-Ausbaustrecke - BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 19. Juli 1995 - 2 BvR 2397/94 - NVwZ 1996, 261 m.w.N. und - zu einer Eisenbahn-Neubaustrecke - vom 8. Juni 1998 - 1 BvR 650/97 - NVwZ 1998, 1060).

107 b) Nach allem besteht hinsichtlich der Gebotenheit einer fachplanerischen Alternativenprüfung kein unionsrechtlicher Klärungsbedarf. Der angeregten Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV bedarf es deshalb nicht. Es ist zum einen nicht ersichtlich, dass die von den Klägern der Sache nach bezeichnete Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABl. L 348 S. 1) dem Ausbau eines durch - wie hier - dicht besiedelte Wohngebiete führenden Schienenverkehrsweges entgegenstehen könnte. Die Vorschrift regelt lediglich, dass im Rahmen des angestrebten (weiteren) Aufbaus eines transeuropäischen Verkehrsnetzes Maßnahmen besondere Beachtung finden sollten, die für die Verringerung der Belastung städtischer Gebiete durch die negativen Auswirkungen des Schienen- und Straßen-Durchgangsverkehrs erforderlich sind. Planerische Beschränkungen für den Ausbau innerstädtischer Trassenführungen ergeben sich hieraus nicht. Zum anderen legen die Kläger den hinsichtlich der genannten Verordnung weiter angeregten Fragen die - wie soeben dargelegt - unzutreffende Annahme zugrunde, die Listung des planfestgestellten Vorhabens als Ausbaustrecke ("ABS") im Bedarfsplan führe dazu, dass im Rahmen der fachplanerischen Abwägung auf eine Alternativenprüfung verzichtet werden dürfte oder müsste. Auch mit Blick auf die Vorlageanregung zu Art. 2 ff. und 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - UVP-RL - (ABl. L 26 S. 1) gehen die Kläger von dieser unzutreffenden Prämisse aus. Aus dem gleichen Grund bedarf es zur Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Beschränkung der fachplanerischen Alternativenprüfung entgegen der Vorlageanregung 1 (Unterpunkt 1) auch keiner Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG an das Bundesverfassungsgericht.

108 c) Die von der Planfeststellungsbehörde hilfsweise durchgeführte fachplanerische Alternativenprüfung weist keine Mängel auf.

109 aa) Die Planfeststellungsbehörde durfte ihrer Trassenwahl den im Planfeststellungsabschnitt vorzufindenden Ausbauzustand der Strecke als rechtmäßig zugrunde legen, ohne dass zum Beleg hierfür Zulassungsdokumente zum historischen oder derzeitigen Bauzustand und Betrieb vorgelegt werden mussten. Vernünftige Zweifel an der Zulässigkeit dieses Betriebs bestehen - ungeachtet der Nichtverfügbarkeit diesbezüglicher (historischer) Unterlagen - nicht. Der Schienenweg wurde bereits in den 1860er Jahren - also vor etwa 160 Jahren - errichtet und dient seitdem ununterbrochen dem Bahnverkehr.

110 bb) Die von der Planfeststellungsbehörde der Alternativenprüfung und der übrigen Abwägungsentscheidung zugrunde gelegte Verkehrsprognose 2030 ist nicht zu beanstanden.

111 Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Prognose ist dann nicht zu beanstanden, wenn sie nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, der ihr zugrundeliegende Sachverhalt zutreffend ermittelt und das Ergebnis einleuchtend begründet ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 - 4 B 53.17 - juris Rn. 36 m.w.N.). Diesen Maßgaben wird die hier zugrunde gelegte Verkehrsprognose 2030, die im Rahmen der Arbeiten zur Bundesverkehrswegeplanung im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur erstellt wurde, gerecht.

112 (1) Der gewählte Prognosehorizont 2030 ist in methodischer Sicht nicht zu bemängeln. Für die Prognose der Verkehrsentwicklung gibt der Gesetzgeber keinen festen Zeitrahmen vor. Als Prognosehorizont üblich und nicht zu beanstanden ist ein Zeitraum von (mindestens) zehn Jahren ab der Planfeststellung, der hinsichtlich der Verkehrsprognose 2030 gewahrt ist. Auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme ist - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 87 m.w.N.). Die lediglich noch hinsichtlich der Bewältigung des Schienenverkehrslärms zugrunde zu legende Verkehrsprognose 2025, die von einer deutlich stärkeren Verkehrssteigerung ausgegangen ist, unterschreitet den üblichen Prognosehorizont. Aus der weiteren Heranziehung dieser Prognose lediglich als Grundlage des planfestgestellten Schallschutzkonzepts entsprechend der gesetzlichen Vorgabe des § 18g Satz 2 AEG ergeben sich jedoch keine belastenden Auswirkungen. Die Heranziehung führt vielmehr zu einem höheren Niveau des Schallschutzes, als dies bei einer Zugrundelegung der niedrigeren Verkehrsprognose 2030 der Fall sein würde.

113 (2) Soweit die Kläger mit Blick auf eine diesbezügliche E-Mail-Nachricht zwischen Beigeladener und Beklagter vom 13. November 2018 wiederholt den Vorwurf erheben, es handele sich bei der Verkehrsprognose 2030 lediglich um eine bereits als solche defizitäre "E-Mail-Prognose", geht dies schon insoweit fehl, als die genannte elektronische Nachricht lediglich eine Erläuterung der Verkehrsprognose 2030 enthält, die ihrerseits aus den Prognosedaten der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr erstellten Bundesverkehrswegeplanung abgeleitet worden ist. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses (S. 79) teilte die Beigeladene die aktualisierten Prognosezahlen der Beklagten mit Schreiben vom 24. August 2018 mit und legte sie mit Schreiben vom 25. April 2019 (dem Planfeststellungsantrag als Anlage 20 beigefügt) näher dar. Das letztgenannte Erläuterungsschreiben zitiert die E-Mail-Nachricht vom 13. November 2018, die der Planfeststellung nicht als Unterlage zugrunde gelegt worden ist.

114 (3) Der der Verkehrsprognose 2030 zugrundeliegende Sachverhalt wurde zutreffend und ohne methodische Mängel ermittelt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der für die Entwicklung des Schienengüterverkehrs vom und zum Seehafen Wilhelmshaven maßgeblichen Seeverkehrsprognose und die für den Güterumschlag in Wilhelmshaven getroffenen Annahmen. Hierbei wurde nach den nachvollziehbaren Erläuterungen des Gutachters der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung methodisch besonders berücksichtigt, dass mit dem im Jahr 2012 in Betrieb genommenen "Jade-Weser-Port" eine neue Verkehrsquelle eröffnet worden ist. Insoweit wurden alle relevanten deutschen Häfen - einschließlich der Binnenhäfen - in die Seeverkehrsprognose einbezogen und auch Verlagerungen bestehender Verkehre ermittelt.

115 Die für den Seehafen Wilhelmshaven von dem Gutachterbüro T. GmbH angenommenen Umschlagsmengen erscheinen nicht als zu niedrig. Der Gutachter der Beigeladenen erläutert nachvollziehbar, dass sich die von weiteren Gutachtern selbstständig prognostizierte Gesamtentwicklung des Seehafenumschlags in Wilhelmshaven als plausibel oder sogar als leicht optimistisch erweist. Die generelle Entwicklung im Containerverkehr der deutschen Häfen verläuft insgesamt niedriger als erwartet (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 10). Zudem ist - ungeachtet einer überdurchschnittlichen Wirtschaftsentwicklung in Deutschland insgesamt - der Seeverkehrsumschlag speziell in Wilhelmshaven zurückgegangen (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 13).

116 Die von der Klägerin hinsichtlich der zu erwartenden Umschlagsmengen vorgelegte Untersuchung des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) aus dem Jahr 2016, wonach der Hafenumschlag bis 2030 auf 83 Mio. t (T. GmbH: 47,6 Mio. t) und die Transportmenge per Bahn auf ca. 7,4 Mio. t (T. GmbH: ca. 4,2 Mio. t) ansteigen werde, spricht insoweit lediglich von Umschlagspotenzialen und hält selbst fest, dass es sich bei der Untersuchung um eine insgesamt optimistische Herangehensweise handele und ein Risiko bestehe, dass sich eingerechnete Potenziale nicht vollständig parallel verwirklichen ließen (vgl. ISL, Perspektivpapier Hafen Wilhelmshaven, Management Summary, Juli 2016, S. 7). Zudem weist der Gutachter der Beigeladenen zu Recht darauf hin, dass einer der Hafenentwicklung dienende Perspektiveinschätzung notwendigerweise die Objektivität einer gesamtdeutschen Prognose fehle, auf der die Verkehrsprognose 2030 basiere (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 14 f.).

117 Hinsichtlich der im Rahmen der Verkehrsverflechtungsprognose angenommenen negativen Bevölkerungsentwicklung verweist die T. GmbH darauf, dass aktuelle Prognosen der Europäischen Union ebenfalls von einem Rückgang der Bevölkerungszahl in Deutschland von aktuell 83 Mio. auf ca. 80 Mio. ausgehen. Die der Verkehrsprognose zugrunde gelegten im Bundesverkehrswegeplan angenommenen ca. 78 Mio. Einwohner lägen zwar etwa 3 % darunter. Selbst bei einer Annahme von 84,9 Mio. Einwohnern (Maximalfall) würde jedoch die Wirkung hinsichtlich des zusätzlichen Gesamtverkehrsaufkommens vernachlässigbar gering sein. Veränderte Einwohnerzahlen wirkten sich im Wirtschaftsverkehr gegenüber dem Personenverkehr geringfügiger aus, was aus der Verkehrsverflechtungsprognose entnommen werden könne (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 14). Auch diese Erläuterungen sind für den Senat nachvollziehbar.

118 Soweit die Kläger meinen, es könne nicht unterstellt werden, dass die für 2030 prognostizierte Güterverkehrsmenge im Durchschnitt die gleiche Anzahl von Güterzügen benötige wie die 2025 prognostizierte Menge, geht diese Kritik ins Leere. Der Gutachter der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung insoweit nachvollziehbar erläutert, dass die Zugzahlen (39 Güterverkehrszüge täglich) im Rahmen eines komplexen, seit Jahrzehnten im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung eingesetzten Modellierungs- und Umlegungsprozesses ermittelt worden sind, der unter anderem Beladungsstrukturen nach Gütergruppen und Produktionssystemen sowie infrastrukturelle Restriktionen berücksichtigt. Ergänzend finde zudem eine Abstimmung mit den Verladern und Zugoperateuren im Schienengüterverkehr statt (vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 6 ff.). In der Folge wurden in den Verkehrsprognosen 2025 bzw. 2030 auch unterschiedliche Beladungsmengen pro Güterzug angenommen (namentlich 360 Netto-Tonnen in der Verkehrsprognose 2025 und ca. 470 Netto-Tonnen in der Verkehrsprognose 2030; vgl. Schreiben T. GmbH vom 2. Dezember 2019, S. 13).

119 Der Gutachter der Beigeladenen vermochte in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar darzulegen, dass Lokleerfahrten und sonstige Fahrten im Planfeststellungsabschnitt (etwa zum Streckenunterhalt) bei der Verkehrsprognose 2030 als Grundlast Berücksichtigung gefunden haben. Auf den Einwand der Kläger, verstärkte politische Bemühungen um den Klimaschutz ließen eine Zunahme des Bahnverkehrs erwarten, hat der Gutachter der Beigeladenen nachvollziehbar erläutert, dass es nicht der methodisch korrekten Herangehensweise bei der Erstellung einer Verkehrsprognose entspricht, programmatische politische Zielsetzungen zu berücksichtigen.

120 (4) Hinsichtlich des im Prognosefall 2030 zu erwartenden Personenzugverkehrs hat die Beigeladene im gerichtlichen Verfahren mitgeteilt, dass sich aus der im Laufe des Jahres 2018 fortgeschriebenen Zugzahlengrundlage für den Schienenpersonennahverkehr ergibt, dass (seit dem 1. November 2018) statt 48 täglichen Personenzügen nach der Verkehrsprognose 2030 nunmehr 56 Personenzüge angenommen werden. Diese von der Verkehrsprognose 2030 abweichende Annahme fußt auf der zuletzt entsprechend erhöhten Bestellung des Landes Niedersachsen für den Schienenpersonennahverkehr. Es kann offenbleiben, ob die Planfeststellungsbehörde verpflichtet gewesen wäre, auch diese in der Verkehrsprognose 2030 noch nicht abgebildete Zugzahlengrundlage für den Schienenpersonennahverkehr zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine laufende Anpassungspflicht der Planfeststellungsbehörde an neue Prognosen (BVerwG, Urteile vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 74 und vom 30. Mai 2012 - 9 A 35.10 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225 Rn. 25). Dies gilt jedenfalls so lange, wie die der Planfeststellung zugrunde gelegte Datenbasis nicht offensichtlich durch neuere Erkenntnisse überholt ist. Ein Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde sind nicht verpflichtet, selbst laufend die Datenbasis "unter Kontrolle zu halten" (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 2010 - 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 77). Ob die Datenbasis der Verkehrsprognose 2030 hinsichtlich des Personenzugverkehrs vorliegend offensichtlich durch neuere Erkenntnisse überholt gewesen ist und insoweit ausnahmsweise eine Anpassungspflicht bestanden hätte, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Wie im jeweiligen Sachzusammenhang dargelegt wird, wirkt sich die Zugrundelegung der höheren Personenzugzahl nicht auf das Ergebnis der Planfeststellung aus.

121 Für eine von den Klägern behauptete (noch) weit höhere Personenzugzahl im Prognosefall 2030 fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten. Insbesondere kann insoweit nicht der Zielfahrplan "Deutschlandtakt" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zugrunde gelegt werden. Der angestrebte "Deutschlandtakt" setzt auf den Infrastrukturmaßnahmen des Bundesverkehrswegeplans 2030 auf, stellt jedoch keine Prognose, sondern lediglich eine "konkrete Angebotsvision" dar, deren Umsetzung von zahlreichen Faktoren abhängt. Zudem gelten die Zielannahmen des "Deutschlandtakts" erst für die Jahre ab 2030, so dass für den hier zugrunde gelegten Prognosehorizont bis zum Jahr 2030 aus diesen Unterlagen auch insoweit keine maßgeblichen Ableitungen getroffen werden können. Der "Deutschlandtakt" bildet nur ein Grundgerüst für den wirtschaftlichen Ausbau sowie eine optimale Nutzung der Schieneninfrastruktur; der Zielfahrplan beinhaltet hierbei nur Mustertrassen (vgl. BT-Drs. 19/11254 S. 3). Auch trifft der "Deutschlandtakt" keine Festlegungen zur Finanzierung der zu seiner Umsetzung erforderlichen Infrastruktur und legt kein rechtlich verbindliches Bedienangebot fest (vgl. Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Zielfahrplan Deutschlandtakt - Informationen zum dritten Gutachterentwurf, 30. Juni 2020, S. 4 f.).

122 Aus der Zahl der Personenzüge im Fahrplanjahr 2020 (55 Personenzüge) bzw. der Zahl der von der Stadt Oldenburg aktuell gezählten Personenzüge (nach deren Angaben in der mündlichen Verhandlung 56) ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine weit höhere Zahl von Personenzügen im Prognosefall 2030. Von einer zukünftigen Steigerung der Zugzahlen kann nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Die Beigeladene kann insoweit vielmehr auf die weitgehende Stabilität der Zugzahlen in den letzten Fahrplanjahren verweisen.

123 cc) Die Planfeststellungsbehörde hat die von den Klägern bevorzugte Umgehungsvariante ohne Rechtsverstoß bereits im Rahmen einer Grobprüfung ausgeschieden.

124 (1) Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen einerseits alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt werden. Eine Planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde in Folge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist.

125 Die Planfeststellungsbehörde ist dabei nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 75 m.w.N.). Die ausweislich der Festsetzungen im Bedarfsplan erkennbare Bedarfsstruktur ist bei der Trassenwahl als gesetzgeberische Wertung in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen (vgl. - zum Fernstraßenbau - BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002 - 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171 S. 134). Diesen Maßgaben wird die durchgeführte Alternativenprüfung gerecht.

126 (2) Die Alternativenprüfung durch die Planfeststellungsbehörde knüpft in zulässiger Weise an die Variantenuntersuchung der Vorhabenträgerin an (vgl. insbesondere Erläuterungsbericht, S. 32 ff. sowie technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018, PFA, Anlage 19) und bezieht, neben der Ostumfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg, eine Reihe weiterer denkbarer Planungsvarianten - wie eine westliche Umfahrung oder eine Tunnellösung - mit ein. Die Ergebnisse dieser Prüfung werden im Planfeststellungsbeschluss (S. 97 ff.) auch nachvollziehbar dargestellt.

127 Die Planfeststellungsbehörde durfte zur Begründung für das Ausscheiden insbesondere einer Ostumfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg entscheidungstragend darauf abstellen, dass der hierfür erforderliche Trassenneubau mit unverhältnismäßig starken und erstmaligen Eingriffen sowohl in privates, nach Art. 14 GG verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum als auch in Natur und Landschaft verbunden wäre, wohingegen der planfestgestellte Ausbau der Bestandsstrecke auf eine bereits langjährig eisenbahngeprägte Umgebung trifft (vgl. PFB, S. 100). Vor diesem Hintergrund durfte - auch wenn es nicht ferngelegen hätte, eine konkrete Kostenschätzung vorzunehmen - die Frage der Mehrkosten einer Ostumfahrung gegenüber der planfestgestellten Variante offengelassen werden. Dessen ungeachtet stellen auch die Kläger nicht grundlegend in Abrede, dass der für eine Umfahrung erforderliche Neubau mit höheren Kosten verbunden sein dürfte als der planfestgestellte Ausbau der Bestandsstrecke.

128 Zur Quantifizierung der zu erwartenden Eingriffe in Eigentum sowie in Natur und Landschaft im Zuge der Errichtung einer Ostumfahrung beziffert die Beigeladene den Flächenbedarf auf 35 ha, ohne hierbei erforderliche weitere Flächen für naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen zu berücksichtigen. Zudem würde die Umfahrungstrasse fast auf gesamter Länge die Landschaftsschutzgebiete "Kulturlandschaft Wahnbäke" und "Oldenburg-Rasteder Geestrand" neu durchschneiden (vgl. Erläuterungsbericht, S. 36 f.) sowie das FFH-Gebiet "Mittlere und Untere Hunte" queren.

129 Das hohe Eingriffspotenzial einer Ostumfahrung und die Wertigkeit der von einer solchen Umfahrungstrasse betroffenen Naturräume zeigt sich auch ausweislich des Landschaftsrahmenplans der Stadt Oldenburg vom November 2016 (S. 631), der darlegt, dass die Trasse mit einem erheblichen Eingriff in das Landschaftsschutzgebiet "Oldenburg-Rasteder Geestrand" verbunden wäre, dass Bereiche betroffen sein würden, die die Voraussetzungen zur Ausweisung als Naturschutzgebiet erfüllten (Donnerschweer Wiesen, Blankenburger Holz) und dass wertvolle Biotope und Gehölzbestände verlorengingen. Die Beigeladene erachtet zudem die Entstehung artenschutzrechtlicher Konflikte für sehr wahrscheinlich (vgl. technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018, S. 11, PFA, Anlage 19).

130 (3) Die Planfeststellungsbehörde hat bei der Variantenprüfung auch die Vorteile einer Umfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg nicht übersehen. Namentlich erkennt der Planfeststellungsbeschluss (S. 99) die auch von den Klägern besonders hervorgehobene Minderung der Schallimmissionen innerhalb des dicht besiedelten Stadtgebietes als bedeutendes, wenn auch im Ergebnis nicht durchschlagendes Argument zugunsten der Neuerrichtung einer Umgehungstrasse an.

131 Auch weitere Gesichtspunkte, die zugunsten einer Umfahrungstrasse angeführt werden können, hat die Planfeststellungsbehörde gewürdigt und sich in zulässiger Weise den Erwägungen der Vorhabenträgerin in deren technischer Stellungnahme vom 11. Oktober 2018 angeschlossen. Insbesondere gilt dies für verkehrliche Vorteile einer im Zuge einer Ostumfahrung des Stadtgebietes von Oldenburg zu errichtenden neuen Huntebrücke mit der Durchfahrtsmöglichkeit für Binnenschiffe ohne Öffnung, geringere Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs durch den Entfall niveaugleicher Kreuzungen sowie betriebliche Vorteile einer Umgehungsstrecke (wie einer Erhöhung der Streckenhöchstgeschwindigkeit). Zu erwartenden kürzeren Fahrzeiten im Schienengüterverkehr stünden nach plausibler Einschätzung von Beigeladener und Beklagter allerdings nicht unerhebliche Nachteile für den Schienenpersonenverkehr, wie eine Fahrzeitenverlängerung und der Ausschluss etwaiger neuer Haltepunkte an der Bestandsstrecke, gegenüber. Die Planfeststellungsbehörde würdigt auch die mögliche Einstellung des Bahnverkehrs auf der Bestandstrasse, die ca. 17 ha Fläche wieder verfügbar machte, und übersieht ebenfalls nicht, dass die Umfahrungstrasse Befürchtungen hinsichtlich von Gefahrguttransporten innerhalb des Stadtgebietes begegnete sowie das Stadtgebiet von Oldenburg nicht nur von Lärm, sondern auch von Erschütterungen entlastete (vgl. zum Ganzen näher technische Stellungnahme vom 11. Oktober 2018, S. 9 ff., PFA, Anlage 19).

132 Schließlich würdigt die Planfeststellungsbehörde zugunsten des Ausbauvorhabens ohne Rechtsfehler, dass sich nach der maßgeblichen Verkehrsprognose 2030 - anders als nach der Verkehrsprognose 2025 - der auf der Bestandstrasse zu erwartende Schienenverkehr im Rahmen der plangegebenen Vorbelastung hält und dass sowohl die Stadtlandschaft Oldenburgs als auch die nachbarschaftlichen Verhältnisse im Stadtgebiet von der seit dem 19. Jahrhundert vorhandenen Bahntrasse vorgeprägt sind (vgl. PFB, S. 99 f.).

133 Ausgeschlossen werden kann, dass sich unter Berücksichtigung einer nach neueren Prognosegrundlagen höheren Zahl von Personenzügen (56 statt 48 Personenzüge täglich) am Abwägungsergebnis etwas ändert. Zum einen wird die plangegebene Vorbelastung lediglich ganz geringfügig überschritten (95 gegenüber 94 Zügen). Zum anderen macht die Planfeststellungsbehörde deutlich, dass sie auch auf der Grundlage der höheren Verkehrserwartungen der Verkehrsprognose 2025 zu keinem anderen Ergebnis der Variantenuntersuchung gelangt wäre (vgl. PFB, S. 99 f.).

134 In verfahrensmäßiger Hinsicht bedarf es im Rahmen der durchgeführten Grobanalyse keiner förmlichen Beteiligung mit Bezug auf Gemeinden, die von einer bereits auf dieser frühen Stufe ausgeschiedenen alternativen Trassenführung betroffen wären.

135 d) Die Planfeststellungsbehörde hat keine im Rahmen der Planfeststellung zu bewältigenden Konflikte übersehen oder unbewältigt gelassen.

136 Die von den Klägern insoweit benannten Konflikte mussten von der Beklagten nicht im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Planfeststellung gelöst werden. Namentlich betrifft dies die von längeren Schrankenschließzeiten geprägte Verkehrssituation an einer Reihe von Bahnübergängen, die Bewältigung des Schienenverkehrs von und nach Leer, die (technische) Belastbarkeit der Pferdemarktbrücke und der außerhalb des von der Planfeststellung umfassten Streckenabschnittes liegenden Huntebrücke sowie die Durchfahrtsituation im Hauptbahnhof Oldenburg.

137 Hinsichtlich der benannten Konflikte gilt, dass sich auf der maßgeblichen Grundlage der Verkehrsprognose 2030 im Planfeststellungsabschnitt selbst wie auch in angrenzenden Abschnitten des Schienenweges keine vorhabenbedingten verkehrlichen Mehrbelastungen gegenüber der plangegebenen Vorbelastung ergeben (87 Zugfahrten gegenüber einer plangegebenen Vorbelastung von 94 Zügen; vgl. hierzu auch PFB, S. 94). Es sind auch keine dem planfestgestellten Vorhaben zurechenbaren Konflikte hinsichtlich der Verkehrssituation an Bahnübergängen oder mit Blick auf die Belastbarkeit der vorhandenen Eisenbahninfrastruktur zu erwarten. Vor diesem Hintergrund besteht keine planungsrechtliche Notwendigkeit, die verkehrliche Infrastruktur zu optimieren. Nicht erkennbar ist schließlich, dass - wie von den Klägern vorgetragen - die planfestgestellte Streckenertüchtigung Zwangspunkte außerhalb des Planfeststellungsabschnittes, etwa im Bereich des Hauptbahnhofes, setzte.

138 Bei Zugrundelegung einer nach neueren Prognosegrundlagen höheren Zahl von Personenzügen (56 statt 48 Personenzüge täglich) ergibt sich kein anderes Ergebnis. Die plangegebene Vorbelastung wird dann lediglich ganz geringfügig überschritten (95 gegenüber 94 Zügen). Insbesondere folgen hieraus keine längeren Schrankenschließzeiten. Die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Schrankenschließzeiten auch unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Personenzüge hinter der plangegebenen Vorbelastung zurückbleiben. Ausschlaggebend hierfür ist, dass die Schließzeiten bei durchfahrenden Güterzügen, deren Zahl nach der Verkehrsprognose 2030 deutlich hinter der plangegebenen Vorbelastung zurückbleibt (39 gegenüber 50 Güterzügen), wegen deren meist deutlich größerer Zuglänge und deren geringerer Geschwindigkeit länger sind als die Schließzeiten bei durchfahrenden Personenzügen.

139 Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 und §§ 159, 162 Abs. 3 VwGO. Die gesamtschuldnerische Haftung der Kläger zu 5 und 6 folgt aus § 159 Satz 2 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO. Bezüglich des Klägers zu 3 beruht die Kostenentscheidung auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO. Es entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes im Zeitpunkt der Teilerledigung, diesem die Kosten bezüglich des erledigten Verfahrensteiles aufzuerlegen. Bei streitiger Entscheidung wäre er aus denselben Gründen unterlegen wie die übrigen Kläger.

Beschluss vom 22.03.2021 -
BVerwG 7 A 1.21ECLI:DE:BVerwG:2021:220321B7A1.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.03.2021 - 7 A 1.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:220321B7A1.21.0]

Beschluss

BVerwG 7 A 1.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. März 2021
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
Prof. Dr. Korbmacher und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Löffelbein und Dr. Wöckel
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers zu 3 gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - wird verworfen. Im Übrigen wird die Anhörungsrüge zurückgewiesen.
  2. Von den Kosten des Rügeverfahrens tragen der Kläger zu 1 zwei Fünftel, die Kläger zu 2 bis 4 und zu 7 und 8 jeweils ein Zehntel und die Kläger zu 5 und 6 als Gesamtschuldner ein Zehntel.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge des Klägers zu 3 ist unzulässig. Er legt entgegen § 152a Abs. 2 Satz 6 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO nicht dar, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Hinsichtlich des Klägers zu 3 hat der Senat das Verfahren nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eingestellt. Die Begründung der im Aktivrubrum unbeschränkten ("Bundesvereinigung gegen Schienenlärm e.V. u.a.") sowie eine Verletzung prozessualer Grundrechte pauschal "der Kläger" beanstandenden und somit auch im Namen des Klägers zu 3 erhobenen Anhörungsrüge richtet sich ausschließlich gegen Erwägungen, mit denen der Senat die Klage der übrigen Kläger zurückgewiesen hat.

2 Die zulässige Anhörungsrüge der Kläger zu 1, 2 und 4 bis 8 ist unbegründet. Das Rügevorbringen lässt nicht erkennen, dass der Senat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

3 Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, aus seiner Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch dazu, sich deren Rechtsauffassung anzuschließen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 11. November 2020 - 9 B 32.20 - juris Rn. 2 m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, liegt ein Gehörsverstoß nicht vor.

4 1. Soweit sich die Kläger hinsichtlich der von ihnen aufgeworfenen Frage, ob die Anhörungsbehörde den Plan bei seiner Einreichung hätte zurückweisen müssen, gegen den Hinweis des Senats wenden, dass es an jeder Substantiierung der Behauptung der Kläger, die Antragstellung sei überhastet erfolgt, gefehlt habe (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 12), war dies schon nicht entscheidungserheblich. Maßgeblich hat der Senat darauf abgestellt, dass die Ausnutzung einer durch den Gesetzgeber dem Vorhabenträger eingeräumten Übergangsfrist weder in verfahrensrechtlicher noch in materiell-rechtlicher Hinsicht Bedenken begegnet. Zugleich spielte auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats für die Frage einer Zurückweisung des Plans durch die Anhörungsbehörde keine Rolle, ob der Lärmgutachter hinreichend qualifiziert oder von der Beigeladenen wirtschaftlich abhängig ist. Schon insoweit hatte der Senat auch keinen Anlass zu diesbezüglichen Hinweisen.

5 2. Im Zusammenhang mit der - zwischen den Beteiligten auch schriftsätzlich erörterten - Auslegungsbedürftigkeit der Verkehrsprognose 2030 (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 22 ff.) hat der Senat ebenfalls keine Hinweispflichten verletzt. In der Sache rügen die Kläger, dass die im Urteil vom 15. Oktober 2020 dargelegte Rechtsauffassung mit Unionsrecht nicht in Einklang stehe. Dies kann der Anhörungsrüge nicht zum Erfolg verhelfen. Der Schutzbereich des rechtlichen Gehörs erstreckt sich nicht auf Fragen der inhaltlichen Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2020 - 7 VR 8.20 - juris Rn. 5 m.w.N.). Die aus materiell-rechtlichen Gründen unterbliebene Vorlage nach Art. 267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union verletzt den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör insoweit ebenfalls nicht.

6 3. Nichts Anderes gilt hinsichtlich der im Urteil erörterten Auslegung etwaiger historischer Genehmigungen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 27 f.). Auch diesbezüglich machen die Kläger der Sache nach geltend, der Senat sei ihrem Vorbringen nicht gefolgt. Darin liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang weiter rügen, der Senat habe sich nicht ernsthaft um die Aufklärung des Sachverhalts bemüht, wird ein Verstoß gegen die gerichtliche Verpflichtung zur Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend gemacht. Hierauf kann eine Gehörsrüge ebenfalls nicht gestützt werden (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2020 - 7 B 12.20 - juris Rn. 3). Im Übrigen ist der Senat davon ausgegangen, dass solche Dokumente mangels Verfügbarkeit nicht vorgelegt und somit auch nicht ausgelegt werden konnten.

7 4. Auch soweit der Senat behördliche Verfahrensfehler in seinem Urteil für nach § 46 VwVfG unbeachtlich gehalten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 30 f.), ist ein Gehörsverstoß nicht erkennbar. Die Kläger rügen in der Sache wiederum eine unzutreffende Anwendung materiellen Rechts; hierfür ist die Anhörungsrüge nicht statthaft. Für eine Überraschungsentscheidung ist nichts ersichtlich. Mit der Bejahung der Unbeachtlichkeit behördlicher Verfahrensfehler hat das Gericht keine Rechtsauffassung vertreten, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 2020 - 7 B 12.20 - juris Rn. 2 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>). Für einen gewissenhaften und kundigen Prozessbeteiligten, zumal wenn er - wie die Kläger - Verfahrensfehler geltend macht, ist ohne Weiteres erkennbar, dass sich im Falle der Bejahung solcher Fehler die Frage nach den Fehlerfolgen stellt; hinzukommt, dass sich auch die Beigeladene mit Schriftsatz vom 10. Februar 2020 (S. 13 f.) zu dieser Rechtsfrage geäußert hatte.

8 5. Soweit die Kläger eine mangelnde Sachaufklärung hinsichtlich der Prognose des vom Schienenweg ausgehenden Verkehrslärms rügen, ist ein weiteres Mal darauf zu verweisen, dass die Gehörsrüge nicht auf einen Verstoß gegen die Verpflichtung des Gerichts zur Amtsermittlung gestützt werden kann. Schon aus diesem Grund hilft der diesbezügliche Verweis der Kläger auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Gesuch eines Bußgeldpflichtigen, Zugang zu nicht in der Bußgeldakte befindlichen Unterlagen zu erhalten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. November 2020 - 2 BvR 1616/18 - NJW 2021, 455), in diesem Kontext nicht weiter. Eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung im Übrigen nicht festgestellt.

9 Hinsichtlich der Behandlung der zur Frage des Schallschutzes gestellten Beweisanträge (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 87) vermögen die Kläger nicht deutlich zu machen, dass der Senat tatsächlichen oder rechtlichen Vortrag übergangen hätte. Ob sich das Gericht den von ihm zur Kenntnis genommenen und gewürdigten Ausführungen der Kläger zu ihren Beweisanträgen anschließt ist - wie dargelegt - keine Frage der Gewährung rechtlichen Gehörs. Ein Gesuch auf Zugang zu weiteren, nicht bei den Gerichts- und Behördenakten befindlichen Unterlagen im Kontext der Verkehrslärmprognose, das der Senat hätte übergehen können, haben die Kläger nicht gestellt. Soweit diesbezüglich Aufklärungsdefizite geltend gemacht werden, kann eine Gehörsrüge - wie dargelegt - hierauf nicht gestützt werden.

10 6. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Berechnung der Beurteilungspegel für Schienenverkehrsgeräusche (noch) auf der Grundlage der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S. 1036) - Schall 03 1990 - legen die Kläger lediglich nochmals ihre Rechtsansicht dar, mit der sich das Gericht in den Urteilsgründen im Einzelnen auseinandergesetzt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - juris Rn. 57 ff.). Dass sich der Senat der Rechtsauffassung der Kläger nicht angeschlossen hat, stellt - wie dargelegt - keinen Gehörsverstoß dar.

11 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO. Die gesamtschuldnerische Haftung der Kläger zu 5 und 6 folgt aus § 159 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 4 ZPO. Die Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG; einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht.