Verfahrensinformation

Streitgegenstand beider Verfahren, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, ist der Planfeststellungsbeschluss zum 6-streifigen Ausbau der Bundesautobahn A 46 zwischen Düsseldorf und Wuppertal im Abschnitt vom Bauwerk Brücke Westring und dem Sonnborner Kreuz. Die Klägerin des Verfahrens BVerwG 9 A 22.18, die Stadt Wuppertal, bezieht sich u.a. auf eine Schule und Kindertagesstätten im Einwirkungsbereich der Autobahn. Sie hält die Verkehrsprognose für fehlerhaft und meint, die Luftschadstoffbelastung werde unterschätzt. Deshalb seien die vorgesehenen Schutzmaßnahmen unzureichend. Die Klägerin des Verfahrens BVerwG 9 A 24.18 ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Gebäude - ein Hochhaus - in unmittelbarer Nähe zur Ausbaustrecke liegt und dessen höhere Etagen durch Lärmschutzwände nicht geschützt werden können. Sie hält die vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen ebenfalls für ungenügend und möchte eine Untertunnelung der Autobahn erreichen.


Pressemitteilung Nr. 28/2019 vom 10.04.2019

Ausbau der A 46 in Wuppertal: Bundesverwaltungsgericht weist Klagen ab

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute zwei Klagen abgewiesen, die den Ausbau der Bundesautobahn A 46 im Stadtgebiet von Wuppertal betrafen.


Der rund 2,8 km lange, im Bedarfsplan des Bundes als vordringlicher Bedarf ausgewiesene Abschnitt schließt den 6-streifigen Ausbau der A 46 zwischen Düsseldorf und Wuppertal (Sonnborner Kreuz) ab. Der Plan sieht die Erweiterung um je einen durchgehenden Fahrstreifen in beide Richtungen sowie zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen, insbesondere höhere Lärmschutzwände, vor. Geklagt hatten die Stadt Wuppertal sowie die Eigentümergemeinschaft eines mehrgeschossigen Wohnhauses, das sich neben der Autobahn befindet. Beide Kläger hatten einen weitergehenden Immissionsschutz verlangt. Die Klagen blieben ohne Erfolg.


Schutzwürdige Belange der Stadt Wuppertal werden durch die Planung nicht verletzt, zumal sich die bestehende Lärmsituation dank der vorgesehenen Schutzmaßnahmen insgesamt merklich bessert. Die maßgeblichen Grenzwerte für Luftschadstoffe werden eingehalten. Das Wohngebäude der klagenden Eigentümergemeinschaft ließe sich wegen seiner exponierten Lage oberhalb der Autobahn nur durch einen Lärmschutztunnel wirksam abschirmen. Die dafür erforderlichen Mehrkosten durften, auch aufgrund der bestehenden Vorbelastung, als unverhältnismäßig abgelehnt werden.


BVerwG 9 A 22.18 - Urteil vom 10. April 2019

BVerwG 9 A 24.18 - Urteil vom 10. April 2019


Urteil vom 10.04.2019 -
BVerwG 9 A 22.18ECLI:DE:BVerwG:2019:100419U9A22.18.0

6-streifiger Ausbau der A 46 in Wuppertal

Leitsätze:

1. Eine Gemeinde ist nicht befugt, die Luftreinhalteinteressen ihrer Bewohner gerichtlich geltend zu machen; ihre Rügebefugnis umfasst nicht den Belang der Luftreinhaltung ohne Bezug zu einer kommunalen Rechtsposition.

2. Lärm- oder Luftschadstoffbelastungen eines Vorhabens, die auf eine außerhalb des Planfeststellungsabschnitts, aber im Ausstrahlungsbereich des Vorhabens gelegene gemeindliche Einrichtung einwirken, sind im Rahmen der allgemeinen planerischen Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG zu berücksichtigen.

3. Die erhebliche Beeinträchtigung einer gemeindlichen Einrichtung kommt in Betracht, wenn an der Einrichtung vorhabenbedingt die Lärmgrenzwerte der 16. BImSchV überschritten werden.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 28 Abs. 2
    VwGO § 42 Abs. 2
    16. BImSchV § 2 Abs. 1 Nr. 1
    39. BImSchV §§ 3, 4, 5
    FStrG § 17 Abs. 1 Satz 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 10.04.2019 - 9 A 22.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:100419U9A22.18.0]

Urteil

BVerwG 9 A 22.18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler, Dr. Martini und
Dr. Dieterich
am 10. April 2019 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Die Stadt Wuppertal wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Juli 2018 zum 6-streifigen Ausbau der A 46 auf ihrem Gebiet zwischen der Brücke Westring und dem Sonnborner Kreuz.

2 Der rund 2,8 km lange Abschnitt, der im Bedarfsplan des Bundes als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist, stellt den letzten Bauabschnitt für den 6-streifigen Ausbau der A 46 zwischen Düsseldorf und Wuppertal dar. Derzeit wird die Belastungsgrenze des Streckenabschnitts durch das Verkehrsaufkommen von bis zu 93 000 Kraftfahrzeugen pro Tag häufig überschritten. Für das Jahr 2025 wird eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke von 100 000 Kraftfahrzeugen prognostiziert. Das im Planfeststellungsabschnitt liegende Brückenbauwerk Westring wird wegen dringenden Erneuerungsbedarfs außerhalb des Planfeststellungsverfahrens erneuert. Nach den Lärmberechnungen des Vorhabenträgers nimmt die Lärmbelastung im Stadtgebiet der Klägerin gemessen an der Anzahl von Immissionsorten mit Grenzwertüberschreitungen vorhabenbedingt nicht zu.

3 Die Planunterlagen lagen nach ortsüblicher Bekanntmachung aus. Die Klägerin beteiligte sich im Verfahren sowohl als Trägerin öffentlicher Belange als auch mit Einwendungen. Der Planfeststellungsbeschluss lag vom 29. August bis zum 12. September 2018 aus.

4 Am 7. September 2018 hat die Klägerin Klage erhoben, die sie am 17. Oktober 2018 begründet hat. Sie sieht sich durch den Planfeststellungsbeschluss in ihren Rechten verletzt, weil in von ihr ausgewiesenen Baugebieten die Lärmgrenzwerte überschritten seien und mit weiterem Lärmzuwachs gerechnet werden müsse. Dies sei gesundheitsgefährdend, deshalb müssten Lärmschutzwände erhöht und zusätzlich auf dem Mittelstreifen angebracht werden, selbst wenn damit nur eine geringfügige Verbesserung erreichbar sei. Der zusätzliche Verkehr durch den vorgesehenen Lückenschluss der L 419 zur A 1 sei nicht berücksichtigt und auf den die A 46 kreuzenden Straßen sei ein zu geringes Verkehrsaufkommen angenommen worden. Die Untersuchung der Lärmbelastung hätte auch auf die umliegenden Straßen und auf Bereiche außerhalb des Planfeststellungsabschnitts erstreckt werden müssen. Der zugesagte Einbau des lärmmindernden Fahrbahnbelags mit einem Korrekturwert von -5 dB(A) auf der Brücke Westring sei im Planfeststellungsbeschluss nicht angeordnet. Bei der Luftschadstoffberechnung hätte nicht der zu weit in der Zukunft liegende Prognosezeitpunkt 2025 betrachtet werden dürfen. Die Schadstoffbelastung an der Pina-Bausch-Gesamtschule hätte untersucht werden müssen. Das Regenklärbecken mit Dauerstau entspreche nicht einer zukunftsorientierten Bauweise. Es habe zur Folge, dass während der Standzeiten nach einem Regenereignis eine massive Sauerstoffzehrung auftrete. Mit einer Verschlechterung der Wasserqualität der Wupper sei deshalb zu rechnen.

5 Die Klägerin beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Juli 2018 für den 6-streifigen Ausbau der Autobahn A 46 zwischen Wuppertal/Bauwerk Westring und dem Sonnborner Kreuz aufzuheben,
hilfsweise: festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf,
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche Schutzauflagen zur Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen und unzumutbaren Schadstoffbelastungen zu ergänzen,
hilfsweise: den Beklagten zu verpflichten, über weitergehende Schutzauflagen zur Vermeidung von Lärmbeeinträchtigungen und unzumutbaren Schadstoffbelastungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

6 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

7 Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss.

II

8 A. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin klagebefugt. Sie kann im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, ihre kommunale Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) werde dadurch verletzt, dass von ihr ausgewiesene Baugebiete vorhabenbedingt durch Lärmzuwachs erheblich beeinträchtigt werden. Sie kann ferner geltend machen, es seien Vorkehrungen gegen die Luftschadstoffbelastung an einer in ihrer Trägerschaft stehenden Schule erforderlich. Ob diese Belange tatsächlich abwägungsbeachtlich sind und ob sie fehlerfrei berücksichtigt wurden, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der Klage (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 27. April 2017 - 9 A 30.15 - BVerwGE 159, 1 Rn. 12 m.w.N.).

9 B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin kann weder die Aufhebung oder die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses noch die Verpflichtung des Beklagten zur Ergänzung des Beschlusses um zusätzliche Schutzauflagen oder zur Neubescheidung hierzu beanspruchen, denn der Planfeststellungsbeschluss weist hinsichtlich der kommunalen Planungshoheit der Klägerin keinen Abwägungsfehler auf.

10 1. Die gemeindliche Planungshoheit vermittelt eine wehrfähige, in die Abwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört, wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder gemeindliche Einrichtungen erheblich beeinträchtigt (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteile vom 27. April 2017 - 9 A 30.15 - BVerwGE 159, 1 Rn. 17 und vom 9. November 2017 - 3 A 2.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 79 Rn. 30).

11 Eine Gemeinde ist dagegen nicht befugt, die Lärmschutz- oder Luftreinhalteinteressen der Bewohner in ihren Baugebieten gerichtlich geltend zu machen. Ihre Rügebefugnis umfasst nicht den Belang der Luftreinhaltung ohne Bezug zu einer gemeindlichen Rechtsposition; Art. 28 Abs. 2 GG vermittelt den Kommunen keinen Anspruch auf Lärmsanierung im Einflussbereich von Straßenbauvorhaben in ihrem Gemeindegebiet anlässlich eines solchen Vorhabens (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 - BVerwGE 157, 73 Rn. 13 m.w.N. und vom 9. November 2017 - 3 A 2.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 79 Rn. 26). Deshalb kann die Klägerin hier nicht geltend machen, die Verkehrsbelastung auf den über die A 46 hinweggeführten Straßen sei zu gering angesetzt worden und die Bewohner im Geltungsbereich ihrer Bebauungspläne mit Wohnnutzung seien teilweise gesundheitsgefährdenden Lärmbeeinträchtigungen durch den Straßenverkehr ausgesetzt. Entsprechendes gilt für die ohne Bezug zu kommunalen Einrichtungen erhobene Rüge, zusätzliche Schutzmaßnahmen wie die Erhöhung oder Anbringung von Lärmschutzwänden auf dem Mittelstreifen seien zu Unrecht nicht angeordnet worden. Ebenso gilt dies für die generelle Kritik am Prognosezeitpunkt für die Luftschadstoffberechnung und für den Einwand, der Einbau des lärmminderndem Fahrbahnbelags mit einem Korrekturwert von -5 dB(A) auf der Brücke Westring sei im Planfeststellungsbeschluss nicht angeordnet. Im Übrigen trifft letztgenannter Einwand auch nicht zu. Die Planfeststellungsbehörde hat dem Vorhabenträger im verfügenden Teil des Beschlusses (S. 31) aufgegeben, auch auf dem Brückenbauwerk Westring den angesprochenen Fahrbahnbelag aufzubringen.

12 2. Eine nachhaltige Störung der kommunalen Planungshoheit kann dann vorliegen, wenn sich ein vorhabenbedingter erheblicher Lärmzuwachs auf wesentliche Teile von Baugebieten auswirkt, die in Bebauungsplänen ausgewiesen sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 27. April 2017 - 9 A 30.15 - BVerwGE 159, 1 Rn. 19). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Klägerin hat bereits nicht dargetan, konkrete Änderungsplanungen für die bereits abgeschlossene Bauleitplanung in ihren Wohngebieten entlang des Vorhabens zu haben, die beeinträchtigt werden könnten.

13 Im Übrigen können Gemeinden zwar auch das Interesse an der Bewahrung der in der Bauleitplanung zum Ausdruck gekommenen städtebaulichen Ordnung vor nachhaltigen Störungen als eigenen abwägungserheblichen Belang geltend machen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 - 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152). Dies setzt jedoch voraus, dass die ausgewiesenen Baugebiete durch vorhabenbedingten Lärmzuwachs nachhaltigen Störungen ausgesetzt sind. Daran fehlt es hier. Die vorhandene hohe Lärmbelastung entlang der A 46 im Stadtgebiet der Klägerin nimmt durch das Vorhaben nicht zu, sondern verringert sich durch die vorgesehenen aktiven Lärmschutzmaßnahmen. Das Vorhaben führt hiernach insgesamt zu einer Verbesserung der Lärmsituation im Stadtgebiet im Vergleich zum derzeitigen Zustand.

14 Diese Annahme des Planfeststellungsbeschlusses (S. 138) kann die Klägerin durch ihr Vorbringen zur Verkehrsuntersuchung nicht in Zweifel ziehen. Ihre Kritik, der Lückenschluss der L 419 zur A 1 führe zu einer nicht in den Blick genommenen Verkehrszunahme auf der A 46, ist unberechtigt. In der Verkehrsuntersuchung ist ausdrücklich festgestellt, dass die Bedeutung des Lückenschlussvorhabens für den Verkehr auf der A 46 berücksichtigt ist. Davon geht auch der Planfeststellungsbeschluss aus (S. 123).

15 Die Klägerin kann die Lärmermittlung auch nicht mit dem Argument erschüttern, der Verkehr im nachgeordneten Straßennetz sei zu niedrig angesetzt worden. Die Verkehrsuntersuchung berücksichtigt den Verkehr auf klassifizierten Straßen, soweit dieser Verkehr über die Zu- und Abfahrten die Verkehrszahlen auf der Autobahn beeinflusst. Von vornherein unerheblich für die Betrachtung der von dem Ausbau verursachten Lärmbelastung sind dagegen die Verkehre auf den über die Autobahn ohne Zu- bzw. Abfahrt hinweggeführten Straßen.

16 3. Die von der Klägerin angesprochenen kommunalen Einrichtungen werden durch die vom Vorhaben ausgehende Lärm- und Luftschadstoffbelastung nicht erheblich beeinträchtigt.

17 a) Eine erhebliche Beeinträchtigung kommt in Betracht, wenn die Lärmberechnung nach der 16. BImSchV zu einer Überschreitung der jeweils maßgeblichen Grenzwerte führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. März 2008 - 9 VR 5.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 197 Rn. 13 ff.). Das ist hier nicht der Fall. Für die von der Klägerin betriebene Pina-Bausch-Gesamtschule errechnet die schalltechnische Untersuchung unter Berücksichtigung der vorgesehenen neuen Lärmschutzmaßnahmen den höchsten Pegel an der Südostfassade im dritten Obergeschoss mit 55 dB(A). Damit wird der für Schulen allgemein gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 16. BImSchV maßgebliche Tagesgrenzwert von 57 dB(A) eingehalten.

18 b) Allerdings liegt die Pina-Bausch-Gesamtschule nicht mehr im Planfeststellungsabschnitt, sondern im Auswirkungsbereich des Vorhabens jenseits des östlichen Endes der Planfeststellung. Der dort durch den Verkehr entstehende Lärm strahlt jedoch auf die Schule aus. Für diese Situation sieht die Methodik nach Nr. 27 der Verkehrslärmschutzrichtlinien 1997 vor, dass bei der Ermittlung des Beurteilungspegels im Bauabschnitt die volle Verkehrsstärke (d.h. die Verkehrsbelastung des Bauabschnittes und diejenige des sich anschließenden, nicht veränderten Bereichs) zugrunde gelegt wird, während für die Ermittlung des Beurteilungspegels des nicht geänderten Bereichs nur die Verkehrsbelastung des Bauabschnitts maßgeblich ist. Die Verkehrsbelastung des sich anschließenden, nicht geänderten Bereichs der vorhandenen Straße ist hiernach außer Acht zu lassen, d.h. mit "Null" anzusetzen.

19 Diese Methode, die der schalltechnischen Untersuchung zugrunde liegt, ist nicht zu beanstanden. Die 16. BImSchV gilt nur für den Lärm, der von der zu ändernden Straße selbst ausgeht (BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 - 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <155>), also im Planfeststellungsabschnitt entsteht. Sie findet demgegenüber keine Anwendung im weiteren "Ausstrahlungsbereich" des Vorhabens. Die Wirkungen solchen ausstrahlenden Lärms sind jedoch im Wege der allgemeinen Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG zu berücksichtigen.

20 Danach lässt sich eine erhebliche Beeinträchtigung der kommunalen Einrichtung nicht feststellen. Der Beklagte hat ermittelt, dass dann, wenn abweichend von der Methodik der Verkehrslärmschutzrichtlinien auch die Verkehrsbelastung im Ausstrahlungsbereich berücksichtigt wird, der oben genannte Grenzwert für Schulen an zwei Immissionspunkten in der dritten Etage des Schulgebäudes zwischen 0,2 und 1,6 dB(A) geringfügig überschritten wird, wobei die vorgesehenen aktiven Schallschutzmaßnahmen im Planfeststellungsabschnitt zu Pegelverbesserungen an der Schule zwischen 1 und 8 dB(A) führen. Unter diesen Umständen kann von einer erheblichen Beeinträchtigung der kommunalen Einrichtung nicht die Rede sein.

21 c) Entsprechendes gilt für die im Planfeststellungsabschnitt gelegenen Einrichtungen Kindertagesstätte Rappenweg 35 und die Kleingartenanlagen im Bereich Hippenhaus. Es kommen lediglich marginale Grenzwertüberschreitungen in Betracht. Im Übrigen fehlt eine substantiierte Auseinandersetzung der Klägerin mit dem planfestgestellten Lärmschutzkonzept für diese Bereiche.

22 d) Auch in Bezug auf die Luftschadstoffbelastung lässt sich keine erhebliche Beeinträchtigung der Pina-Bausch-Gesamtschule feststellen. Die maßgeblichen Grenzwerte aus der 39. BImSchV werden an der Schule eingehalten.

23 Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. Allerdings ist das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebots (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG) verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Ansonsten geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 38 und vom 11. Oktober 2017 - 9 A 14.16 - BVerwGE 160, 78 Rn. 120).

24 Der Planfeststellungsbeschluss (S. 186) nimmt an, dass die Grenzwerte der 39. BImSchV für die hier maßgeblichen Luftschadstoffe Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10 sowie PM2,5) an allen beurteilungsrelevanten Fassaden nicht überschritten werden.

25 Zu Unrecht kritisiert die Klägerin, dass die Luftschadstoffuntersuchung mit dem Prognosehorizont des Jahres 2025 erstellt worden ist. Sie ist der Auffassung, es müsse der voraussichtliche Zeitpunkt der Inbetriebnahme des ausgebauten Abschnitts im Herbst 2020 zugrunde gelegt werden, weil erst aufgrund der technologischen Fortentwicklung in der Zukunft mit einer Reduzierung der Schadstoffemissionen zu rechnen sei.

26 Dem kann nicht gefolgt werden. Der Bezugspunkt des Jahres 2025 ist nicht zu beanstanden, weil die Bewältigung der Luftschadstoffbelastung prognostisch auf die Zukunft ausgerichtet sein muss. Ein Prognosehorizont zwischen 10 und 15 Jahren wird in der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Zusammenhang mit Verkehrsprognosen als sachgerecht angesehen (vgl. Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 23 ff. und vom 15. Februar 2018 - 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 16). Nichts anderes kann für Luftschadstoffprognosen gelten. Es wäre im Gegenteil zu kurz gegriffen, wenn die Planfeststellungsbehörde lediglich auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme abstellen würde. Im Übrigen geht die Aktualisierung der Schadstoffuntersuchung aus dem Jahr 2016 bereits von einer weniger günstigen Einschätzung der Schadstoffsituation bis zum Jahre 2025 aus, indem ein stagnierender Trend aus den für die Jahre 2015/2016 angesetzten Hintergrundwerten zugrunde gelegt wird (PFB S. 180 f.). Auch mit diesem Ansatz werden die Grenzwerte für Stickstoffdioxid und Feinstaub jedoch an keinem repräsentativen Messpunkt erreicht. Bei Stickstoffdioxid schöpft die Hintergrundbelastung den Grenzwert für den Jahresmittelwert zu 70 % aus, vorhabenbedingt treten lediglich Belastungen in Höhe von 8 % des Grenzwerts hinzu. Noch günstiger sind die Verhältnisse bei der Feinstaubbelastung mit einem Gesamtausschöpfungsgrad (Hintergrundbelastung plus vorhabenbedingte Belastung) für die Jahresmittelwerte von 62 % bzw. 64 % der jeweiligen Grenzwerte (PFB S. 182).

27 Auch die Rüge, die Luftschadstoffbelastung an der Pina-Bausch-Gesamtschule sei nicht ermittelt, sondern lediglich aus einem anderen vom Beklagten als repräsentativ angesehenen Messpunkt abgeleitet worden, führt auf keinen erheblichen Fehler der Planung.

28 Der Planfeststellungsbeschluss (S. 186) nimmt allerdings zu Unrecht an, eine Schule müsse schon deshalb nicht als Immissionspunkt in der Luftschadstoffuntersuchung gewählt werden, weil sie nicht zum ständigen Aufenthalt von Menschen diene. Die Grenzwerte der 39. BImSchV bezwecken den Schutz der menschlichen Gesundheit. Von vornherein außer Betracht bleiben lediglich Orte, die zum Aufenthalt von Menschen ungeeignet sind. Zu untersuchen sind daher auch Bereiche, die zwar nicht zum Daueraufenthalt dienen, in denen der Einzelne sich aber nicht nur vorübergehend aufhält, sondern über einen längeren Zeitraum Schadstoffen ausgesetzt ist (BVerwG, Urteile vom 10. Oktober 2012 - 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 42 und vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 160). Dazu gehören auch Schulen.

29 Der Beklagte sieht den im Planfeststellungsabschnitt liegenden Aufpunkt 08 als repräsentativ für die bereits außerhalb des Abschnitts belegene Pina-Bausch-Gesamtschule an und legt zugrunde, dass die Schadstoffsituation an der Schule nicht ungünstiger ist. An dem Referenzpunkt werden die Luftschadstoffgrenzwerte eingehalten. Darüber hinaus hat der Beklagte, wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, unabhängig davon auch für Fassadenaufpunkte an der Schule Berechnungen erstellt, die zu dem Ergebnis kommen, dass am ungünstigsten Aufpunkt mit einem konservativen Ansatz die Grenzwerte für Stickstoffdioxid sowie für PM10 und PM2,5 nicht erreicht werden. Die Belastung mit Stickstoffdioxid beträgt weniger als 34 µg/m³ bei einem Grenzwert von 40 µg/m³ für das Jahresmittel gemäß § 3 Abs. 2 der 39. BImSchV, die Zahl der zugelassenen Überschreitungen des Stundenmittels von 200 µg/m³ vier Stunden pro Jahr bei einer gemäß § 3 Abs. 1 der 39. BImSchV zugelassenen Überschreitungshäufigkeit von 18 Stunden pro Jahr. Auch für die Feinstaubpartikel PM10 und PM2,5 werden die Grenzwerte gemäß §§ 4, 5 der 39. BImSchV eingehalten. Bei PM10 ist im Jahresmittel mit einer Belastung von weniger als 27 µg/m³ gegenüber einem Grenzwert von 40 µg/m³ (§ 4 Abs. 2 39. BImSchV) zu rechnen, bei PM2,5 wird eine Belastung von weniger als 17 µg/m³ im Jahresmittel bei einem Grenzwert von 25 µg/m³ (§ 5 Abs. 1 der 39. BImSchV) prognostiziert.

30 4. Die Art der Ausführung des Regenklärbeckens kann die Klägerin im Rahmen ihrer Rechtsposition nach Art. 28 Abs. 2 GG nicht rügen.

31 C. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Urteil vom 10.04.2019 -
BVerwG 9 A 24.18ECLI:DE:BVerwG:2019:100419U9A24.18.0

6-streifiger Ausbau der A 46 in Wuppertal

Leitsätze:

1. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist prozessführungsbefugt für die Geltendmachung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte in Ansehung eines Planfeststellungsbeschlusses, wenn ihr diese Rechte durch Beschluss der Eigentümer zur Ausübung übertragen wurden.

2. Eine bauliche Erweiterung einer Straße um einen durchgehenden Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV liegt vor, wenn auf der gesamten Länge des Vorhabens ein bisher nicht den konstruktiven Anforderungen für einen Fahrstreifen entsprechender Standstreifen durch bauliche Maßnahmen ertüchtigt wird.

3. Die Führung einer Straße in einem Tunnel kann eine aktive Lärmschutzmaßnahme im Sinne des § 41 BImSchG darstellen, wenn der Überdeckelung neben dem Lärmschutz keine weitere Funktion zukommt und die konkreten Vorhabenziele davon unberührt bleiben (Bestätigung von BVerwG, Urteil vom 23. November 2001 - 4 A 46.99 - LKV 2002, 275).

  • Rechtsquellen
    VwGO § 61 Nr. 1
    VwVfG § 46, § 75 Abs. 1a
    UmwRG § 4 Abs. 1a Satz 1
    UVPG a.F. § 6 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1a Nr. 5
    WEG § 10 Abs. 6 Satz 3, § 10 Abs. 6 Satz 5
    BImSchG § 3 Abs. 1, § 41
    16. BImSchV § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
    FStrG § 1 Abs. 4

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 10.04.2019 - 9 A 24.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:100419U9A24.18.0]

Urteil

BVerwG 9 A 24.18

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler, Dr. Martini und Dr. Dieterich
am 10. April 2019 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf vom 31. Juli 2018 zum 6-streifigen Ausbau der A 46 auf dem Gebiet der Stadt Wuppertal zwischen der Brücke Westring und dem Sonnborner Kreuz.

2 Der rund 2,8 km lange Abschnitt, der im Bedarfsplan des Bundes als vordringlicher Bedarf ausgewiesen ist, stellt den letzten Bauabschnitt für den 6-streifigen Ausbau der A 46 zwischen Düsseldorf und Wuppertal dar. Derzeit wird die Belastungsgrenze des Streckenabschnitts durch das Verkehrsaufkommen von bis zu 93 000 Kraftfahrzeugen pro Tag häufig überschritten. Für das Jahr 2025 wird eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke von 100 000 Kraftfahrzeugen prognostiziert.

3 Das Hochhaus auf dem Grundstück der Klägerin weist 15 Etagen mit rund 70 Wohnungen auf. Der Abstand vom Rand der befestigten Fahrbahn beträgt etwa 35 m, die Autobahn verläuft dort in einem Einschnitt. Das Gebäude ist derzeit durch eine mit Gehölz bewachsene Böschung von der Autobahn getrennt. Die Herstellung zusätzlicher Fahrstreifen erfolgt überwiegend auf den bisherigen Standstreifen. Auf der gesamten Länge des Abschnitts wird in Fahrtrichtung Wuppertal der bisherige Standstreifen durch bauliche Maßnahmen zu einem vollwertigen Fahrstreifen umgestaltet. Das im Planfeststellungsabschnitt liegende Brückenbauwerk Westring wird wegen dringenden Erneuerungsbedarfs außerhalb des Planfeststellungsverfahrens erneuert.

4 Die Planunterlagen lagen nach ortsüblicher Bekanntmachung in der Stadt Wuppertal aus. Die Klägerin erhob Einwendungen, die im Planfeststellungsbeschluss zurückgewiesen wurden.

5 Für den Bereich des Hochhauses der Klägerin sieht das planfestgestellte Lärmschutzkonzept die Anlage einer Lärmschutzwand mit einer Höhe von 7,5 m über Gradiente vor. Darüber hinaus bewirkt die Aufbringung von offenporigem Asphalt mit einem Korrekturfaktor von -5 dB(A) im gesamten Planabschnitt einschließlich des Bauwerks Westring eine Verbesserung der Lärmsituation. Durch diese Maßnahmen wird teilweise auf der von der Straße abgewandten Südseite des Gebäudes der Klägerin und vereinzelt in den unteren Etagen auf den anderen Seiten eine Einhaltung der maßgeblichen Lärmgrenzwerte erreicht. Im Übrigen wird für die Wohnungen im Hochhaus Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen sowie dem Grunde nach Entschädigung wegen Beeinträchtigungen der Außenwohnbereiche angeordnet.

6 Am 12. Oktober 2018 hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben und diese am 23. November 2018 begründet. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Beschlusses rufe die irrige Vorstellung hervor, dass die Klagefrist nur bei einer Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses, nicht aber bei einer schlichten Bekanntgabe in Lauf gesetzt werde. In der Bekanntmachung der Planauslegung sei auf die Umweltauswirkungen des Vorhabens nicht hingewiesen worden. Die vorgesehenen Lärmschutzmaßnahmen seien unzureichend; die Lärmschutzwände führten trotz hoher Kosten zu keiner nennenswerten Verbesserung der Lärmsituation. Ein akzeptabler Gesundheits- und Eigentumsschutz sei nur mit dem Bau eines Tunnels erreichbar; dem stehe die Unverhältnismäßigkeit der Kosten nicht entgegen. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße außerdem gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot.

7 Nach Klageerhebung hat die Klägerin einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgelegt, wonach die Klägerbevollmächtigte beauftragt wird, die Gemeinschaft im anhängigen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu vertreten.

8 Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, über weitergehende Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes zugunsten ihres Grundstücks unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

9 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

10 Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss.

II

11 A. Die Klage ist zulässig.

12 Die Klägerin ist beteiligtenfähig gemäß § 10 Abs. 6 Satz 5 WEG; diese Norm ist als spezielle Regelung gegenüber § 61 Nr. 1 und 2 VwGO anzusehen. Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin ergibt sich aus § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 2 WEG. Danach übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer sowie sonstige Rechte aus, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können.

13 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt der Umstand, dass die einzelnen Wohnungseigentümer bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums Beschränkungen durch die Rechte des Verwalters und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer unterliegen, ihre Befugnis unberührt, baurechtliche Nachbaransprüche gerichtlich geltend zu machen (BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 - 4 B 92.92 - Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110 S. 87). Entsprechend stellen auch die subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte in Ansehung eines Planfeststellungsbeschlusses keine ausschließlich gemeinschaftsbezogenen Rechte im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 1 WEG dar, die allein durch die Gemeinschaft geltend gemacht werden können ("geborene" Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft). Vielmehr ist die Wohnungseigentümergemeinschaft nur dann prozessführungsbefugt, wenn ihr die Ausübung dieser Rechte von den Wohnungseigentümern durch einen Beschluss übertragen worden ist ("gekorene" Ausübungsbefugnis nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 2 WEG, vgl. BGH, Urteile vom 22. Januar 2016 - V ZR 116/15 - ZMR 2016, 382 Rn. 17 und vom 26. Oktober 2018 - V ZR 328/17 - ZfIR 2019, 203 Rn. 6 zu Ansprüchen wegen Störungen des Gemeinschaftseigentums gemäß § 1004 Abs. 1 BGB sowie VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2017 - 5 S 2602/15 - DVBl 2017, 1506 <1508> zu subjektiv-öffentlichen Rechten im Baunachbarstreit).

14 Dieses Erfordernis muss im gerichtlichen Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erfüllt werden (Timme, in: BeckOK WEG, 36. Edition, Stand 1. Februar 2019, § 10 Rn. 497a). Wird ein Mehrheitsbeschluss gefasst, wonach bestimmte gemeinschaftsbezogene Individualansprüche der Wohnungseigentümer, für die eine geborene Ausübungsbefugnis des Verbands nicht besteht, im Wege der Klage durchgesetzt werden sollen, wird im Zweifel eine gekorene Ausübungsbefugnis des Verbands begründet (BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 169/14 - ZMR 2015, 947 Rn. 5).

15 Der von der Klägerin vorgelegte Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 14. März 2019, wonach die Klägerbevollmächtigte beauftragt wird, die Wohnungseigentümergemeinschaft im gerichtlichen Verfahren 9 A 24.18 wegen des Ausbaus der A 46 zwischen der Brücke Westring und dem Sonnborner Kreuz vor dem Bundesverwaltungsgericht zu vertreten, holt bei sachgerechter Auslegung (§§ 133, 157 BGB) das Erfordernis der Vergemeinschaftung der Angelegenheit nach. Zwar ist in ihm nicht ausdrücklich formuliert, dass der Verband die Rechtsausübung übernimmt. Ein anderer Sinngehalt kann ihm jedoch nicht beigemessen werden, weil eine Kompetenz der Eigentümer nur für die Vergemeinschaftung der Individualansprüche besteht und die Wohnungseigentümer im Zweifel einen wirksamen Beschluss fassen wollen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 169/14 - ZMR 2015, 947 Rn. 5).

16 Bei diesem auf Verbesserung des Lärmschutzes für das gemeinschaftliche Grundstück gerichteten Begehren handelt es sich auch um keine Angelegenheit, die ausschließlich das Sondereigentum einzelner Wohnungseigentümer betrifft und deshalb nicht Gegenstand einer Vergemeinschaftung sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2014 - V ZR 5/14 - BGHZ 203, 327 Rn. 19). Denn die Verkehrsemissionen wirken auch auf das Grundstück im Ganzen und die im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Flächen ein. Es wäre daher nicht förderlich darauf abzustellen, welche Betroffenheiten zum Sondereigentum gehören und welche zum Gemeinschaftseigentum; eine gemeinschaftliche Geltendmachung im gerichtlichen Verfahren ist jedenfalls sinnvoll (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 26. Juli 2017 - 1 KN 171/16 - ZMR 2018, 94 <95>).

17 B. Die Klage ist jedoch unbegründet.

18 1. Der Planfeststellungsbeschluss ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb formell rechtswidrig, weil seine Rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend ist. Eine nicht den Anforderungen des § 58 VwGO entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung macht den davon betroffenen Verwaltungsakt nicht rechtswidrig (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 58 Rn. 3). Im Übrigen ruft die Formulierung, gegen den Beschluss könne innerhalb eines Monats "nach dessen Zustellung" Klage erhoben werden, auch nicht die falsche Vorstellung hervor, die Klagefrist werde nur bei einer förmlichen Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses in Lauf gesetzt. Denn in der Rechtsbehelfsbelehrung wird ausdrücklich auf den Wortlaut des § 74 Abs. 4 VwVfG hingewiesen, wonach mit dem Ende der Auslegungsfrist der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt gilt.

19 2. Ob der von der Klägerin gerügte Verfahrensfehler einer unzureichenden Auslegungsbekanntmachung (§ 9 Abs. 1a Nr. 5 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010, BGBl. I S. 94) vorliegt und ob er erheblich ist (§ 46 VwVfG i.V.m. § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG), hat offen zu bleiben. Denn dieser Mangel könnte allenfalls zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen, die die Klägerin allerdings nicht beantragt hat. Er trägt das mit dem Klageantrag zur Prüfung gestellte Klagebegehren auf Verpflichtung der Beklagten, über weitergehende Lärmschutzmaßnahmen zu entscheiden, dagegen nicht. Vielmehr würde umgekehrt eine Wiederholung der betreffenden Verfahrensschritte die von der Klägerin allein erstrebte Verbesserung der Lärmsituation verzögern.

20 3. Auch der gerügte Mangel der wasserrechtlichen Prüfung würde höchstens zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen und ist deshalb für das Klagebegehren ohne Bedeutung. Unabhängig davon zeigt die Klagebegründung auch keinen Verstoß gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot auf. Die Klägerin beschränkt sich auf die Behauptung, eine Minderung der Grundwasserneubildung durch Neuversiegelung liege vor. Sie setzt sich jedoch nicht mit der ausführlichen Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 198 f.) zur Bewirtschaftung des Grundwassers auseinander. Dort ist ausgeführt, dass keine wesentliche Verringerung der Grundwasserneubildungsrate durch die zusätzliche Versiegelung zu befürchten sei. Das Niederschlagswasser komme bereits jetzt aufgrund der teilweise steilen und verdichteten Böschungsflächen und den schon vorhandenen Entwässerungseinrichtungen nicht in relevantem Umfang der Grundwasserneubildung zugute.

21 4. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Neubescheidung über weitergehende Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes zugunsten ihres Grundstücks zu.

22 Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass Lärmschutz nach Maßgabe des § 41 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV zu gewähren ist, weil die A 46 durch das Vorhaben gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV um einen durchgehenden Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird (a). Da das Vorhaben zu Grenzwertüberschreitungen führt (b), waren die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 und 2 BImSchG näher zu prüfen (c). Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Neubescheidung nicht zu; insbesondere durfte der Beklagte die von der Klägerin bevorzugten Tunnel- bzw. Galerievarianten schon im Wege einer Grobprüfung verwerfen (d).

23 a) Durch das Vorhaben wird die A 46 gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der 16. BImSchV um einen durchgehenden Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert.

24 Das Merkmal der "Erweiterung" um einen durchgehenden Fahrstreifen legt nach seinem Wortlaut nahe, dass ein Tatbestand der Lärmvorsorge dann gegeben sein soll, wenn die Kapazität der Straße zur Aufnahme von zusätzlichem Verkehr erhöht wird. Dies ist zunächst der Fall, wenn ein zusätzlicher Fahrstreifen zwischen verschiedenen Verknüpfungen mit dem übrigen Straßennetz, also zwischen mindestens zwei Anschlussstellen, geschaffen wird (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 - 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <337>). Darüber hinaus liegt ein Fall der Erweiterung um einen durchgehenden Fahrstreifen aber auch vor, wenn ein zusätzlicher Fahrstreifen im gesamten Planungsabschnitt geschaffen wird und im Nachbarabschnitt eine Verknüpfung mit dem übrigen Straßennetz besteht (s. Bracher, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2018, 16. BImSchV § 1 Rn. 3). Denn die Anwendung der 16. BImSchV kann nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass die durchgängige Erweiterung einer Straße um einen Fahrstreifen derart auf verschiedene Vorhaben aufgeteilt wird, dass eine Verknüpfung mit dem übrigen Straßennetz in einem Planungsabschnitt vermieden wird.

25 Danach stellt das Vorhaben eine Erweiterung um einen durchgehenden Fahrstreifen dar. Auf der gesamten Länge des Abschnitts von 2,8 km wird in Fahrtrichtung Wuppertal der bisherige Standstreifen zu einem vollwertigen Fahrstreifen umgestaltet und so die Verkehrsfunktion der Straße erweitert. Die Aufnahme von zusätzlichem Verkehr wird ermöglicht, weil im Nachbarabschnitt sowie am Sonnborner Kreuz eine Verknüpfung mit dem übrigen Straßennetz besteht.

26 Es liegt auch eine bauliche Erweiterung der Straße vor und nicht nur eine Veränderung der Aufteilung des vorhandenen Straßenkörpers (§ 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG) durch eine bloße Ummarkierung eines Seitenstreifens zu einem Fahrstreifen (vgl. zur Abgrenzung VGH München, Urteil vom 1. Februar 2000 - 8 B 99.10 69 - juris Rn. 17). Nach den Erläuterungen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung entspricht der bisherige Unterbau des Standstreifens nicht den konstruktiven Anforderungen für einen Fahrstreifen. Deshalb wird der Streifen auf der gesamten Länge des Vorhabens dadurch ertüchtigt, dass er aufgenommen und mit einer entsprechenden Qualität des Unterbaus als Fahrspur neu errichtet wird.

27 b) Die Berechnungen des Beklagten zeigen, dass am Gebäude der Klägerin die hier nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV maßgeblichen Immissionsgrenzwerte von 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht sowohl derzeit als auch nach Durchführung des Vorhabens im Prognosejahr 2025 teilweise erheblich überschritten werden. Außer an den auf der verkehrsabgewandten Südseite des Gebäudes gelegenen Immissionsorten werden in den oberen Etagen der übrigen Fassaden des Gebäudes ungeachtet der Lärmschutzwand und der Aufbringung von offenporigem Asphalt teilweise noch Lärmpegel von 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts erreicht.

28 c) In dieser Situation hat der Vorhabenträger grundsätzlich nach § 41 Abs. 1 BImSchG durch Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes sicherzustellen, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden. Nach § 41 Abs. 2 BImSchG gilt das nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden. Auf letztere Bestimmung beruft sich der Beklagte hier zu Recht, soweit er über die planfestgestellte Kombination von aktiven und passiven Lärmschutzmaßnahmen hinaus die Führung der Straße in einem Tunnel oder in Form einer Galerie ablehnt.

29 Die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 2 BImSchG vollzieht sich auf der Grundlage einer mit begrenzten Spielräumen verbundenen planerischen Abwägung. Deren Bestandteil ist namentlich die Auswahl zwischen verschiedenen in Betracht kommenden Schallschutzmaßnahmen, die typischerweise, bezogen auf die Schutzwirkung, ihre Stärken und Schwächen haben, verschieden hohe Kosten verursachen und andere Belange in unterschiedlicher Weise tangieren. Die daraus folgenden Zielkonflikte lassen sich nur planend bewältigen, wobei die planerische Gestaltungsfreiheit lediglich in den durch § 41 Abs. 2 BImSchG gezogenen Grenzen besteht. Die Planfeststellungsbehörde hat sich am Vorrang des aktiven Schallschutzes vor Maßnahmen passiven Schallschutzes zu orientieren und im Rahmen ihrer Prüfung eine hinreichend differenzierte Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 3. März 2004 - 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 109 f. sowie vom 14. April 2010 - 9 A 43.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 56 S. 52). Grundsätzlich ist dabei zunächst zu untersuchen, welcher Betrag für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sichernde Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind ausgehend hiervon schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles (BVerwG, Urteile vom 13. Mai 2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 63 f. und vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 32 ff.).

30 Die Planfeststellungsbehörde muss dabei nicht alle denkbaren Maßnahmenkombinationen in gleicher Tiefe untersuchen. Eine genaue Kosten-Nutzen-Analyse für den Vollschutz kann entbehrlich sein, soweit die Unverhältnismäßigkeit auch ohne eine solche genauere Prüfung erkennbar ist. Eine Grobprüfung ist ausreichend, soweit sich bereits auf deren Grundlage die Vorzugswürdigkeit eines bestimmten Konzepts abzeichnet (Urteile vom 3. März 2004 - 9 A 15.03 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 40 S. 110 und vom 18. Juli 2013 - 7 A 9.12 - juris Rn. 31).

31 Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebiets, die Zahl der lärmbetroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke. Innerhalb von Baugebieten sind bei der Kosten-Nutzen-Analyse insbesondere Differenzierungen nach der Zahl der Lärmbetroffenen zulässig und geboten (Betrachtung der Kosten je Schutzfall). So wird bei einer stark verdichteten Bebauung eher ein nennenswerter Schutzeffekt zu erzielen sein als bei einer aufgelockerten Bebauung, die auf eine entsprechend geringe Zahl von Bewohnern schließen lässt (BVerwG, Urteile vom 15. März 2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <383> und vom 13. Mai 2009 - 9 A 72.07 - BVerwGE 134, 45 Rn. 64). Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint (BVerwG, Urteile vom 15. März 2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 <382> und vom 24. September 2003 - 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 103).

32 d) Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht der Klägerin kein Anspruch auf Neubescheidung hinsichtlich weiterer Lärmschutzmaßnahmen zu. Dabei kann offen bleiben, ob das Lärmschutzkonzept der Beklagten den Anforderungen der Rechtsprechung in jeder Hinsicht genügt (aa), denn es war jedenfalls im vorliegenden Fall ausreichend, um die mit dem Klagebegehren angestrebten Tunnel- bzw. Galerievarianten bereits im Wege der Grobanalyse zu verwerfen (bb).

33 aa) Das Lärmschutzkonzept des Beklagten hält die oben genannten Voraussetzungen möglicherweise nicht in jeder Hinsicht ein.

34 Auf der Grundlage der Immissionsuntersuchungen des Beklagten steht fest, dass das Hochhaus der Klägerin durch eine weitere Erhöhung der Lärmschutzwände nicht besser geschützt werden kann und die einzige infrage kommende Möglichkeit zur Einhaltung der Grenzwerte in den oberen Etagen eine Straßenführung im Tunnel oder in Form einer Galerie darstellt. Der Beklagte geht dabei davon aus, dass eine solche Maßnahme die konkreten Vorhabenziele unberührt lässt und ordnet sie deshalb zutreffend dem Lärmschutzkonzept zu (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. November 2001 - 4 A 46.99 - LKV 2002, 275 <277 f.> und vom 17. November 2016 - 3 C 5.15 - BVerwGE 156, 306 Rn. 20; ferner etwa Storost, in: Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, § 41 BImSchG Rn. C 27). Denn neben dem Lärmschutz käme einer Überdeckelung keine weitere Funktion zu.

35 Der Beklagte hat für die Bewertung nach § 41 Abs. 2 BImSchG allerdings keine auf die Zahl der zu schützenden Wohnungen bezogene Kosten-Nutzen-Analyse erstellt. Vielmehr hat er die in den Ergebnissen der schalltechnischen Untersuchung verwendeten Immissionsorte auch für die Erstellung des Lärmschutzkonzepts und für die Kosten-Nutzen-Analyse herangezogen. Er beruft sich für diese Vorgehensweise auf die Erwähnung der Immissionsorte in Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV, wonach sich der maßgebende Immissionsort nach den Umständen im Einzelfall richtet; vor Gebäuden liegt er in Höhe der Geschossdecke des zu schützenden Raumes.

36 Der Senat hat Zweifel, ob dieses Vorgehen stets zu sachgerechten Ergebnissen führt. Zwar muss die genaue Zahl der lärmbetroffenen Personen in der Nachbarschaft nicht ermittelt werden; vielmehr ist die Anzahl der Wohneinheiten ein hinreichender sowie verlässlich feststellbarer und deshalb funktional geeigneter Maßstab für die Bemessung des Nutzens des aktiven Lärmschutzes (BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 7 A 9.12 - juris Rn. 28). Die hiervon abweichende Methode des Beklagten führt möglicherweise zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Lärmbetroffenen, weil die Anzahl der Immissionsorte nicht mit der Anzahl der Wohnungen korreliert. So befinden sich im Hochhaus der Klägerin etwa 62 Immissionsorte bei rund 70 Wohnungen. Bei Einfamilienhäusern dürfte dagegen die Zahl der nach der Methode des Beklagten herangezogenen Immissionsorte typischerweise die Zahl der Wohnungen übersteigen.

37 Der Beklagte hat zur Rechtfertigung seines Konzepts in der mündlichen Verhandlung allerdings ausgeführt, bei Verwendung einer hinreichend großen Zahl von Immissionsorten könne ein ebenso tragfähiges Schutzkonzept wie mit der Zahl der Wohnungen erstellt werden. Es kann offen bleiben, ob dies zutrifft und auch dann gilt, wenn es bei der Erarbeitung des Lärmschutzkonzepts auf die Darstellung von schrittweisen Abschlägen vom Konzept eines Vollschutzes und dabei auf eine genauere Abschätzung der mit einer bestimmten Maßnahme noch zusätzlich zu schützenden Wohnungen ankommt (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 24. September 2003 - 9 A 69.02 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 39 S. 101 f.). Denn vorliegend war das Fehlen einer auf die Zahl der zu schützenden Wohnungen bezogenen Kosten-Nutzen-Analyse jedenfalls deshalb unerheblich, weil der Beklagte die Unverhältnismäßigkeit der von der Klägerin begehrten aktiven Lärmschutzmaßnahmen auch ohne eine solche Prüfung annehmen durfte.

38 bb) Der Beklagte durfte die mit dem Klagebegehren angestrebten Tunnel- bzw. Galerievarianten bereits im Wege der Grobanalyse verwerfen.

39 Der Beklagte hat in einer Grobanalyse eine Überdeckelung der Autobahn sowohl in einem längeren als auch in einem kürzeren Tunnel erwogen. Durch den längeren Tunnel würden die meisten Immissionsorte im Planfeststellungsabschnitt Vollschutz erhalten. Der Beklagte durfte diese Lärmschutzvariante jedoch ohne Weiteres aufgrund ihrer Kosten von rund 47,6 Millionen € ausscheiden. Er hat dargestellt, dass sein Lärmschutzkonzept mit Kosten von rund 6,93 Millionen € bereits eine erhebliche Reduzierung der Zahl von Grenzwertüberschreitungen betroffener Immissionsorte leistet. Ohne aktive Lärmschutzmaßnahmen würden tags an 842 und nachts an 1 596 Immissionsorten die Grenzwerte nicht eingehalten. Durch das planfestgestellte Konzept kann dies bereits auf 203 bzw. 524 Immissionsorte reduziert werden. Bei einem rund sieben Mal so hohen Kostenaufwand für den längeren Tunnel würden im Tageszeitraum 151 bzw. im Nachtzeitraum 338 Immissionsorte noch zusätzlich Vollschutz erhalten. Diese Kosten-Nutzen-Relation rechtfertigt ohne Weiteres die Ablehnung im Wege der Grobanalyse.

40 Durch den kürzeren Tunnel würden zusätzlich zum planfestgestellten Konzept in erster Linie beim Hochhaus der Klägerin in den oberen Etagen und ferner in benachbarten mehrgeschossigen Wohnhäusern weitestgehend die Grenzwerte eingehalten. Es blieben im Planfeststellungsabschnitt jedoch 157 Immissionsorte mit Grenzwertüberschreitungen tags und 478 Immissionsorte mit Grenzwertüberschreitungen nachts.

41 Unter den gegebenen Umständen durfte der Beklagte auch den kürzeren Tunnel bereits im Wege der Grobanalyse wegen unverhältnismäßiger Mehrkosten verwerfen. Zwar können für dieses Ergebnis nicht allein die im Planfeststellungsbeschluss benannten Kostenrelationen zu Grunde gelegt werden, weil sie veraltet sind und nicht den letztlich planfestgestellten aktiven Schallschutzmaßnahmen entsprechen. Dem Beklagten ist es jedoch im gerichtlichen Verfahren gelungen, die Kostenabschätzungen zu aktualisieren und zu plausibilisieren.

42 Danach betragen die Lärmschutzkosten bei der Variante des kürzeren Tunnels insgesamt rund 16,23 Millionen €. Davon entfallen auf den eigentlichen Tunnelbau 11,2 Millionen €, für weiterhin erforderliche Lärmschutzwände in den übrigen Bereichen rund 3,6 Millionen € sowie auf offenporigen Asphalt 710 000 €. Dazu kommen Kosten für weiterhin erforderliche passive Schallschutzmaßnahmen in Höhe von 717 000 €. Für das planfestgestellte Lärmschutzkonzept sind demgegenüber insgesamt rund 6,93 Millionen € aufzubringen. Davon entfallen auf Lärmschutzwände 5,28 Millionen € und auf offenporigen Asphalt 864 000 €. Hinzu kommen Kosten für passiven Schallschutz in Höhe von 786 000 €. Dies bedeutet, dass die Überdeckelung in einem kürzeren Tunnel in absoluten Zahlen betrachtet gut 9 Millionen € zusätzlich erfordert und in Relation zum planfestgestellten Lärmschutzkonzept deutlich mehr als doppelt so teuer ist.

43 Der Beklagte durfte bei seiner Bewertung des Schutzzwecks ferner berücksichtigen, dass das Hochhaus der Klägerin mit 15 Etagen als solitäres Gebäude aus seiner Umgebung herausragt und zum Zeitpunkt seiner Errichtung die jetzige Autobahn dort bereits als 4-streifige Bundesstraße vorhanden war. Das Hochhaus kann in seinen oberen Etagen auch durch Lärmschutzwände überhaupt nicht wirksam geschützt werden. Dagegen kann für die übrigen bis zu 6-stöckigen Geschosswohnungsbauten in der Nachbarschaft und für die unteren Etagen des Hochhauses auch ohne Tunnel bereits überwiegend eine Einhaltung der Grenzwerte erreicht werden. Schließlich kommt hinzu, dass nach den plausiblen Erläuterungen des Lärmsachverständigen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 142 f.) dargestellt - bei einer Tunnellösung an einigen Gebäuden im Bereich der Portale erhöhte Lärmbelastungen auftreten würden, wobei der Sachverständige aufgrund seiner Erfahrungen und Kenntnisse annimmt, dass dies mehr als die nach den geltenden Regelwerken errechnete zusätzliche Belastung von 1 dB(A) im Vergleich zum planfestgestellten Konzept ausmachen könnte. Was schließlich die von der Klägerin angesprochene "Galerielösung" anlangt, musste der Beklagte auch dieser Variante nicht näher treten. Nach seinen plausiblen Erläuterungen würde solch ein halboffenes Bauwerk dazu führen, dass sich die Immissionen namentlich in dem dem Gebäude der Klägerin gegenüber liegenden Bereich an der Erkrather Straße signifikant erhöhen würden. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten.

44 C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.