Beschluss vom 01.11.2022 -
BVerwG 1 B 57.22ECLI:DE:BVerwG:2022:011122B1B57.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 01.11.2022 - 1 B 57.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:011122B1B57.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 57.22

  • VG Köln - 16.06.2020 - AZ: 7 K 14283/17
  • OVG Münster - 09.05.2022 - AZ: 11 A 2097/20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. November 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Fleuß und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

  1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Mai 2022 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) (1.), auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) (2.) und auf eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) (3.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg, weil sie bezüglich sämtlicher Zulassungsgründe nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen von der Beschwerde geltend gemachter Verfahrensmängel zuzulassen, weil das Vorliegen dieses Revisionszulassungsgrundes nicht in einer § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt ist.

3 Ein Verfahrensmangel nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f. und vom 15. Juli 2022 - 4 B 32.21 - juris Rn. 18). Das Bezeichnungserfordernis schließt die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit ein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2021 - 1 B 62.21 - juris Rn. 2).

4 a) Für die Bezeichnung der von der Beschwerde erhobenen Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs bedeutet dies insbesondere, dass es der substantiierten Darlegung dessen bedarf, was der Verfahrensbeteiligte bei ausreichender Gehörsgewährung vorgetragen hätte und inwieweit dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre oder zu einer anderen Entscheidung des Gerichts hätte führen können (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 1991 - 9 B 56.91 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 25 S. 12, vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 15, vom 11. März 1999 - 9 B 981.98 - Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 54 S. 1 und vom 7. Oktober 2004 - 3 B 62.04 - juris Rn. 7). Das Erfordernis der substantiierten Bezeichnung der für die Gehörsverletzung maßgeblichen Umstände setzt bei einer Gehörsverletzung durch das Ergehen einer Überraschungsentscheidung zudem die detaillierte Darlegung voraus, auf welche nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte die Vorinstanz die angegriffene Entscheidung gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht zu rechnen brauchte (BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2008 - 6 PB 10.08 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 81 Rn. 2; vgl. zu den Begriffsmerkmalen der Überraschungsentscheidung BVerfG, Beschluss vom 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14 - NJW 2017, 3218 Rn. 51 sowie BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2017 - 6 B 52.17 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> Nr. 114 Rn. 6 und vom 28. Juli 2022 - 7 B 15.21 - juris Rn. 39). Diesen Vorgaben wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5 Ohne Erfolg rügt die Beschwerdebegründung, das Berufungsgericht habe das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es der angefochtenen Entscheidung ohne vorherigen Hinweis als maßgeblichen Stichtag für das deutsche Volkstumsbekenntnis nicht den 22. Juni 1941, sondern auf der Grundlage historisch unhaltbarer Annahmen zu Odessa, dem Herkunftsort der Klägerin, den Zeitraum von 1943 bis März/April 1944 zugrunde gelegt habe. Dieser Annahme des Berufungsgerichts liege ein vollständig neuer Sachverhalt zugrunde, zu dem die Klägerin keine Gelegenheit zur Äußerung erhalten habe. Das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, dass die westlich des Dnjepr lebenden Deutschen, und damit insbesondere auch diejenigen im Schwarzmeergebiet, zunächst in ihren Gebieten hätten verbleiben dürfen, jedoch nach dem Rückzug der deutschen Truppen und der Zivilverwaltung ab November 1943 in zwei Trecks aus dem Schwarzmeergebiet und ab Januar 1944 aus dem damaligen Transnistrien geflohen seien. Wäre der Klägerin rechtliches Gehör gewährt worden, so hätte sie klargestellt, dass ihr Urgroßvater und ihr Großvater nicht in Transnistrien, sondern im Raum Odessa gelebt hätten, dass von dort seit dem Jahre 1939 aufgrund des Nichtangriffsvertrags zwischen Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken durch die Nationalsozialisten Umsiedlungen der deutschen Bevölkerung ins Deutsche Reich bewirkt worden seien, die nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) i. d. F. der Bekanntmachung vom 10. August 2007, zuletzt geändert durch Art. 162 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) (BVFG) als Vertreibungstatbestand anzusehen seien, und dass in Bezug auf die ehemalige Sowjetunion einheitlich vom Stichtag des 22. Juni 1941 auszugehen sei, weil das Gesetz maßgeblich auf den Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen abstelle. Ein Verhalten nach dem maßgeblichen Zeitpunkt sei irrelevant. Hätte das Berufungsgericht auf den zwingend erscheinenden Stichtag des 22. Juni 1941 abgestellt, so hätte es das Bekenntnis der Bezugspersonen der Klägerin zum deutschen Volkstum bejahen müssen. Dieses werde aufgrund der objektiven Bestätigungsmerkmale der die Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis indizierenden deutschen Muttersprache, der Pflege deutscher Kultur, Sitten und Gebräuche in der Familie vermutet. Somit könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht aufgrund der Bekenntnisvermutung zu einer für die Klägerin günstigen Entscheidung gelangt wäre (vgl. Nr. II.2. bis 12. der Beschwerdebegründungsschrift).

6 Mit diesem Vorbringen bezeichnet die Beschwerde den Verfahrensmangel der Versagung rechtlichen Gehörs in der Einkleidung weder der Verletzung der gerichtlichen Hinweis- und Erörterungspflicht noch des Ergehens einer Überraschungsentscheidung. Zwar trägt die Beschwerde vor, die Klägerin hätte im Berufungsverfahren in mehrerlei Hinsicht - nämlich bezüglich des Wohnortes ihres Urgroßvaters und Großvaters, der Umsiedlungen im Rahmen des sog. Hitler-Stalin-Paktes und des maßgeblichen Bekenntnisstichtages - Klarstellungen und Hinweise vorgenommen, wenn ihr das Berufungsgericht seine Auffassung über den maßgeblichen Stichtag für das Bekenntnis zum deutschen Volkstum mitgeteilt hätte. Dem Beschwerdevorbringen ist aber die darüber hinaus zur Bezeichnung eines jeden Gehörsverstoßes erforderliche substantiierte Angabe nicht zu entnehmen, weshalb gerade dieser weitere Vortrag zu einer abweichenden Entscheidung hätte führen können. Die Beschwerdebegründung belässt die Schlussfolgerungen, die das Berufungsgericht aus diesen Klarstellungen und Hinweisen für die Entscheidung im Falle der Klägerin zu ihren Gunsten hätte ziehen können, letztlich bei der bloßen Behauptung einer für sie möglicherweise günstigen Entscheidung. Es hätte ihr oblegen, nicht nur den (vermeintlich) abgeschnittenen Vortrag zu benennen, sondern diesen auch in dessen Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens hinreichend nachvollziehbar einzuordnen. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund geboten gewesen, dass nichts dafür erkennbar ist, dass das Berufungsgericht zu irgendeinem Zeitpunkt von einem unzutreffenden Wohnort des Urgroßvaters und des Großvaters der Klägerin ausgegangen ist.

7 Die Beschwerdebegründung legt nicht substantiiert dar, inwiefern die ihr durch die Verfahrensweise des Berufungsgerichts vermeintlich abgeschnittene Gelegenheit zum Hinweis auf die Maßgeblichkeit des in der Rechtsprechung für die ehemalige Sowjetunion angenommenen Stichtags des 22. Juni 1941 Einfluss auf das Entscheidungsergebnis hätte nehmen können. Dazu genügt nicht das Vorbringen, das Berufungsgericht wäre bei der zwingend erscheinenden Heranziehung des Bekenntnisstichtags des 22. Juni 1941 zu einem für die Klägerin günstigen Entscheidungsergebnis gelangt, weil das Bekenntnis ihrer Bezugspersonen zum deutschen Volkstum zwar nicht ausdrücklich, aber aufgrund der auf objektiven Bekenntnismerkmalen beruhenden Vermutung festzustellen sei. Die Beschwerdebegründung lässt eine hinreichend substantiierte Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der Bestimmung des maßgeblichen Stichtages vermissen. Dem Beschwerdevorbringen fehlt es an der Darlegung, welche objektiven Bestätigungsmerkmale, die die Grundlage der Bekenntnisvermutung bilden sollen, an dem von der Beschwerde für richtig gehaltenen Stichtag im Gegensatz zu der Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu beurteilen gewesen wären. Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise entnehmen, inwiefern gerade der aus Sicht der Beschwerdebegründung zutreffende Bekenntnisstichtag zu einer anderen Beurteilung der Voraussetzungen für die geltend gemachte Bekenntnisvermutung Veranlassung gegeben hätte.

8 Dementsprechend fehlt es auch an einer im Hinblick auf die geltend gemachte Gehörsverletzung durch Überraschungsentscheidung erforderlichen Substantiierung der Wendung, die der Rechtsstreit durch die Zugrundelegung des unerörtert gebliebenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkts erfahren haben soll. Eine solche Wendung des Verfahrens, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassung nicht zu rechnen brauchte, ergibt sich im Übrigen nicht aus dem der Sache nach zutreffenden Verweis der Beschwerde darauf, dass die deutsche Volkszugehörigkeit von Personen aus Vielvölkerstaaten zu vermuten war, wenn objektive Bestätigungsmerkmale im Sinne des § 6 BVFG in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden und für die Beurteilung der deutschen Volkszugehörigkeit der bekenntnisfähigen Vorfahren (Urgroßvater und Großvater) der Klägerin maßgeblichen Fassung (im Folgenden: BVFG a. F.) vorliegen, die hinreichend für ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum sprechen. Zu den Indizien, aus denen ein Bekenntnissachverhalt hergeleitet werden kann, gehören auch die in § 6 BVFG a. F. bezeichneten Bestätigungsmerkmale. Diesen kommt neben der Funktion der Bestätigung eines abgegebenen Bekenntnisses zum deutschen Volkstum auch eine wichtige Indizfunktion in Bezug auf ein nicht unmittelbar nachzuweisendes Volkstumsbekenntnis zu (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1981 - 1 BvR 898/79 u. a. - BVerfGE 59, 128 <158>; BVerwG, Urteil vom 23. März 2000 - 5 C 9.99 - Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 56 S. 1 <3> m. w. N.). Danach kann auch die deutsche Sprache als Muttersprache oder als bevorzugte Umgangssprache ein gewichtiges Indiz für das Bekenntnis zum deutschen Volkstum sein. In der Regel war von der deutschen Volkszugehörigkeit auszugehen, wenn Deutsch die Muttersprache geworden ist, weil dies regelmäßig eine deutsche Erziehung und die Zugehörigkeit zum deutschen Kulturkreis indiziert (BVerwG, Urteil vom 23. März 2000 - 5 C 9.99 - Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 56 S. 1 <4>). Abgesehen davon, dass die Annahme einer Indizwirkung der "Deutschsprachigkeit" voraussetzt, dass die deutsche Sprache im maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns der allgemeinen Vertreibungs- und Verfolgungsmaßnahmen gegen Deutsche im jeweiligen Vertreibungsgebiet für Dritte erkennbar gebraucht worden ist, für den Bekenntnischarakter der deutschen Sprache es also gerade nicht ausreicht, wenn sie nur im Umgang mit nahen Verwandten gebraucht wird, ohne nach außen zu dringen und in der Öffentlichkeit oder zumindest in der Umgebung wahrgenommen zu werden (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 28. März 2002 - 5 B 90.01 - juris Rn. 3 und 5), wendet sich die Beschwerde mit dem Vorbringen zur Bekenntnisvermutung im Kern gegen die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung. Mit der Rüge einer fehlerhaften Auslegung und/oder Anwendung des materiellen Rechts kann indes ein Verfahrensmangel nicht begründet werden. Sinn der Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Kontrolle des Verfahrensgangs, nicht der Rechtsfindung (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 2. November 1995 - 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 15. Juli 2022 - 4 B 32.21 - juris Rn. 18).

9 b) Sollte die Beschwerde darüber hinaus eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend machen, so genügt die Begründung auch dieser Rüge nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

10 Hierfür muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen Beweisantrag hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. Februar 2013 - 8 B 58.12 - ZOV 2013, 40 und vom 12. Juli 2018 - 7 B 15.17 - Buchholz 451.224 § 36 KrWG Nr. 1 Rn. 23).

11 Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung ersichtlich nicht gerecht. Sie hat schon keine Ermittlungsmaßnahmen aufgezeigt, die das Berufungsgericht pflichtwidrig unterlassen haben soll, und auch nicht vorgetragen, welche tatsächlichen Feststellungen bei deren Vornahme voraussichtlich getroffen worden wären. Zudem ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass die Klägerin durch einen Beweisantrag oder eine hinreichend bestimmte Beweisanregung im Berufungsverfahren auf eine Beweiserhebung hingewirkt hätte oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Berufungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.

12 2. Ebenso wenig ist die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

13 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf (BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 5 B 18.18 - juris Rn. 3). Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. April 2012 - 5 B 58.11 - juris Rn. 2 und vom 12. März 2018 - 5 B 26.17 D - juris Rn. 3 m. w. N.).

14 Nach diesen Grundsätzen ist die Revision nicht im Hinblick auf die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Fragen zuzulassen,
"ob es für eine Person, die sich als deutsche Volkszugehörige zwischen dem 22.06.194[1] bis spätestens Ende April 1944 während der deutschen Besatzung in Odessa aufgehalten hat, der ... Stichtag ['März bis April 1944'] zur Beurteilung des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum ergibt" und
"ob der Stichtag für die Feststellung des Bekenntnisses eines deutschen Volkszugehörigen im Sinne des § 6 Abs. 1 BVFG in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten und insbesondere in dem Gebiet Odessa nicht der Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen in der UdSSR (22.06.1941)[,] sondern ein Zeitpunkt im März/April 1944 ist".

15 Die Beschwerde legt nicht substantiiert dar, dass die zu klärende Rechtsfrage für den zu entscheidenden Streitfall entscheidungserheblich ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Dezember 2021 - 1 B 62.21 - juris Rn. 2 und vom 10. Januar 2022 - 1 B 65.21 - juris Rn. 3).

16 Die Beschwerdebegründung stellt den von dem Oberverwaltungsgericht für die Abgabe des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum für die Herkunftsregion der Klägerin als maßgeblich herangezogenen Zeitraum in Frage, erläutert dabei aber nicht in der erforderlichen Weise nachvollziehbar, inwiefern der festgestellte Sachverhalt bei Anwendung des von ihr favorisierten Bekenntnisstichtages des 22. Juni 1941 eine andere Bewertung der Volkszugehörigkeit der Bezugspersonen der Klägerin nach § 6 BVFG a. F. verlangt. Stattdessen führt sie etwa aus, dass, auch wenn von der Stichtagssetzung des Berufungsgerichts auszugehen wäre, aufgrund der von dem Gericht festgestellten Tatsache, dass nur deutsch gesprochen worden sei und deutsche Festtage nach deutschen Sitten begangen worden seien, von der Vermutung des Bekenntnisses aufgrund der objektiven Bestätigungsmerkmale auszugehen gewesen wäre.

17 3. Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO scheidet ebenfalls aus.

18 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn das Urteil von einer Entscheidung u. a. des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine hiernach die Revision eröffnende Abweichung setzt voraus, dass sich das Berufungsgericht in Anwendung derselben Vorschrift des revisiblen Rechts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz zu einem ebensolchen abstrakten Rechtssatz eines der divergenzfähigen Gerichte in Widerspruch gesetzt hat (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1988 - 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32 S. 5 und vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Zu einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Bezeichnung der Abweichung muss die Beschwerde den der angefochtenen Entscheidung tragend zugrunde gelegten abstrakten Rechtssatz inhaltlich bestimmt und zweifelsfrei benennen und dem divergenzfähigen Rechtssatz, dem die Vorinstanz ausdrücklich oder zumindest konkludent widersprochen hat, gegenüberstellen. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Rechtsanwendung reicht zur Bezeichnung einer Abweichung nicht. Die Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze ist für Bezeichnung der Abweichung unverzichtbar (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712 <713> und vom 8. Juli 2011 - 5 B 22.11 - juris Rn. 4). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

19 Die Beschwerdebegründung versäumt es, dem von ihr herausgearbeiteten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, dass von einer im Vertreibungsgebiet lebenden Person, die im Wesentlichen die objektiven Bestätigungsmerkmale des § 6 BVFG erfüllt, nach dem Beginn der Vertreibungsmaßnahmen ein für Dritte wahrnehmbares subjektives Bekenntnis zum deutschen Volkstum nicht zu verlangen ist, weil nach diesem Zeitpunkt Verfolgungsmaßnahmen schlechthin für alle Deutsche zu befürchten gewesen sind (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1987 - 3 C 39.86 - BVerwGE 77, 65 <68>; ebenso BVerwG, Beschluss vom 5. Februar 1973 - 8 B 77.72 - Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 22 S. 10 f.), einen von dem Oberverwaltungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz gegenüberzustellen, der von dem vorbezeichneten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Soweit die Beschwerdebegründung ausführt, das Berufungsgericht weiche von dem höchstrichterlichen Rechtssatz dadurch ab, dass es nicht nur auf bekenntnisrelevante Sachverhalte bis zum maßgeblichen Zeitpunkt zur Begründung des Bekenntnisses eines Bekenntnisfähigen, sondern auf Tatsachen abstelle, die erst nach Beginn der allgemeinen bzw. spezieller Vertreibungsmaßnahmen eingetreten seien, umschreibt sie die Konsequenzen aus der Argumentation des Berufungsgerichts, ohne indes einen abstrakten rechtlichen Maßstab herauszuarbeiten, von dem das Oberverwaltungsgericht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgegangen ist. Soweit sie im Übrigen bemängelt, die angefochtene Entscheidung sei mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Einklang zu bringen, wendet sie sich der Sache nach gegen nach ihrer Ansicht fehlerhafte Rechtsanwendung des Berufungsgerichts, auf die indes auch eine Divergenzrüge nicht gestützt werden kann.

20 4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

21 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.