Verfahrensinformation

Die erstinstanzlichen Klageverfahren beim Bundesverwaltungsgericht betreffen das Recht der Anlegung von Schienenwegen, konkret den Neubau der Schnellbahnlinie S4 (Ost) Hamburg-Bad Oldesloe im Planfeststellungsabschnitt 1 von Hasselbrook bis Luetkensallee.


Die Kläger sind Eigentümer von im Planfeststellungsabschnitt 1 liegenden Grundstücken, die teilweise für die Durchführung der festgestellten Planung vorübergehend und auch dauerhaft in Anspruch genommen werden sollen (Enteignung) oder aber im Nahbereich des Planfeststellungsabschnittes liegen. Die Kläger wenden sich unter Berufung auf ihre Eigentumsbetroffenheiten und ihre Betroffenheiten durch Immissionen (Lärm, Erschütterungen usw.) aber auch mit Blick auf die zu errichtenden Lärmschutzwände und mit dem Vorhaben einhergehende Straßenverkehrsprobleme gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Planfeststellungsabschnitt 1.


Pressemitteilung Nr. 63/2021 vom 05.10.2021

Klagen gegen den Neubau der S-Bahnlinie S4 (Ost) in Hamburg erfolglos

Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. August 2020 zum Neubau der Eisenbahnstrecke 1249 Hamburg-Hasselbrook - Ahrensburg-Gartenholz, Bau-km 100,000 bis 103,114 (Planfeststellungsabschnitt 1), ist rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der S-Bahnlinie 4 in Hamburg, Planungsabschnitt 1. Die Deutsche Bahn plant den Bau der S-Bahnlinie 4 von Hamburg Hasselbrook bis Ahrensburg-Gartenholz. Die insgesamt ca. 17 km lange Strecke wird in drei Abschnitten geplant, von denen der erste eine Teilstrecke von ca. 3 km umfasst (Hamburg-Hasselbrook bis Luetkensallee in Wandsbek). Der Bau der S-Bahnlinie S4 ist Bestandteil der Maßnahmen zur Engpassbeseitigung im Großknoten Hamburg. Grundlage für die Planung der S-Bahn-Infrastruktur ist das prognostizierte Fahrgastaufkommen, zu dessen Bewältigung ein 10-Minuten-Takt bis Ahrensburg während der Hauptverkehrszeit vorgesehen ist.


Auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses sollen Grundstücke von Klägern dauerhaft oder bauzeitlich in Anspruch genommen werden. Die übrigen Kläger wenden sich gegen befürchtete Immissionen durch Lärm, Luftschadstoffe und Erschütterungen.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Es hat erst- und letztinstanzlich über den streitigen Teil der S-Bahnlinie S4 entschieden. Der Neubau der Eisenbahnstrecke ist vom Begriff des Gr0ßknotens Hamburg im Bundesbedarfsplan gedeckt.


Der Planfeststellungsbeschluss weist keine Verfahrensfehler auf. Insbesondere waren alle notwendigen Unterlagen im Planfeststellungsverfahren bekannt gemacht worden. Die (gesetzliche) Planrechtfertigung für das Vorhaben liegt vor. Sie ist auf Entmischung des Nahverkehrs von anderen Eisenbahnverkehren und auf die baulichen Voraussetzungen für den angestrebten Fahrplantakt ausgerichtet. Die Auffassung der Kläger, der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verknüpfe Teile mehrerer Vorhaben (Neubau einer zweigleisigen S-Bahnstrecke, Erweiterung der Horner Verbindungskurve sowie die Verlängerung von Gleisen im Güterbahnhof Wandsbek) unzulässig zu einem Gesamtvorhaben, blieb ohne Erfolg. Die Verwirklichung der Teilziele ist erforderlich, um das Vorhaben als Teil des Großknotens Hamburg umsetzen zu können.


Da keine FFH-Gebiete im streitigen Planfeststellungsabschnitt oder dessen Einwirkungsbereich liegen, war nur ein vorläufiges positives Gesamturteil erforderlich, dass in den Folgeabschnitten, in denen sich FFH-Gebiete befinden, insoweit keine unüberwindbaren naturschutzrechtlichen Hindernisse bestehen. Eine plausible Einschätzung hierzu liegt vor. Der Schutz von Fledermäusen und anderen Tieren ist im Planfeststellungsverfahren ebenfalls hinreichend beachtet worden.


Die Abwägung mit planerischen Varianten zum Ausbau der Neubaustrecke ist rechtsfehlerfrei. Soweit eine Null-Variante geltend gemacht wurde, haben die Kläger nicht aufgezeigt, dass durch die Nutzung etwa schon bestehender Strecken und den Einbau von weiteren Weichen die planerischen Ziele hätten erreicht werden können. Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde gegen einen von den Klägern für eindeutig vorzugswürdig gehaltenen Neubau einer zweigleisigen Güterverkehrstrecke zwischen Hamburg und Lübeck entlang der Bundesautobahn 1 ("Variante A1") ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Diese Variante würde ein anderes Vorhaben (Aliud) betreffen, so dass von einer Alternative nicht mehr gesprochen werden kann.


Soweit eine fehlerhafte Planung der Horner Verbindungskurve beanstandet wurde, hat die Beklagte im Planfeststellungsbeschluss die Erforderlichkeit des zweigleisigen Ausbaus der Kurve für das Vorhaben und seine Eignung, die entstehenden Verkehre zu bewältigen, plausibel dargelegt. Zudem haben die Kläger die der Planung zugrundeliegenden Verkehrsprognosen nicht erschüttert; dies gilt auch für die Prognosen hinsichtlich des Fahrgastaufkommens an den neu geplanten Haltepunkten. Schließlich war der geplante Bau von Wendehämmern an einer von dem Vorhaben berührten Straße rechtlich nicht zu beanstanden.


BVerwG 7 A 13.20 - Urteil vom 05. Oktober 2021

BVerwG 7 A 14.20 - Urteil vom 05. Oktober 2021

BVerwG 7 A 16.20 - Urteil vom 05. Oktober 2021

BVerwG 7 A 17.20 - Urteil vom 05. Oktober 2021


Beschluss vom 29.10.2020 -
BVerwG 7 VR 7.20ECLI:DE:BVerwG:2020:291020B7VR7.20.1

Vorhaben des potenziellen Bedarfs

Leitsatz:

Der Aufstieg eines Eisenbahnvorhabens des potenziellen Bedarfs in den vordringlichen Bedarf kann durch eine auf der Internetseite des Bundesverkehrsministeriums dokumentierte und abrufbare Bekanntmachung verlautbart werden (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 30. August 2012 - 7 VR 6.12 - Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 2).

  • Rechtsquellen
    AEG § 18e
    VwGO § 50 Abs. 1 Nr. 6, § 80 Abs. 5
    BSWAG Anlage zu § 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.10.2020 - 7 VR 7.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:291020B7VR7.20.1]

Beschluss

BVerwG 7 VR 7.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Oktober 2020
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Der Antrag auf Feststellung, hilfsweise auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. August 2020 wird abgelehnt.
  2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen der Antragsteller zu 1 und die Antragsteller zu 2 und 3 - diese als Gesamtschuldner - je zur Hälfte.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Die Antragsteller wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. August 2020 für das Vorhaben "Neubau S-Bahnlinie S4 (Ost) Hamburg - Bad Oldesloe, Planungsabschnitt 1 Hasselbrook - Luetkensallee in der Freien und Hansestadt Hamburg im Bezirk Wandsbek". Sie beantragen die Feststellung, dass ihre hiergegen erhobene Klage aufschiebende Wirkung hat, hilfsweise begehren sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

2 Die Antragsteller sind Eigentümer von im Planungsabschnitt 1 liegenden selbstgenutzten Wohngrundstücken, die an die vorhandene Trasse angrenzen. Sie machen insbesondere gesundheitsbedingte Beeinträchtigungen durch Lärm während der Bauphase und den Verlust von wertvollem Baumbestand durch die Baustelleneinrichtung geltend.

3 Mit ihrer Klage (BVerwG 7 A 17.20 ) begehren die Antragsteller die Aufhebung, hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

II

4 1. Der Antrag ist zulässig.

5 1. 1. Die Antragsteller zu 2 und 3 sind als Eigentumsbetroffene antragsbefugt. Teile ihres Grundstücks sollen für das planfestgestellte Vorhaben dauerhaft bzw. zumindest vorübergehend in Anspruch genommen werden. Als Grundstückseigentümer können sie geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluss unmittelbar in ihren Rechten aus Art. 14 GG verletzt zu sein (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 19 sowie Beschluss vom 19. Dezember 2019 - 7 VR 6.19 - juris Rn. 6). Der Antragsteller zu 1 ist als Lärmbetroffener gleichfalls antragsbefugt. Er kann die Verletzung gerade ihn schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung seiner geschützten Privatbelange rügen (etwa BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 92).

6 1.2. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. Nr. 41 der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuständig. Der Neubau der S-Bahnlinie S4 (Ost) Hamburg - Bad Oldesloe ist im Bundesverkehrswegeplan als Teilmaßnahme des Knotens Hamburg aufgeführt und näher beschrieben. Der Knoten Hamburg ist seinerseits in der Anlage zu § 1 Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz - BSWAG) vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3221) - Bedarfsplan für die Bundesschienenwege - unter Nr. 39 als "Vorhaben des Potenziellen Bedarfs, die in den VB aufsteigen können" ausgewiesen. Durch die am 5. November 2018 bekanntgegebene Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Bundesverkehrsministeriums) über die Bewertung der Schienenausbauvorhaben des potenziellen Bedarfs ist er in den vordringlichen Bedarf aufgestiegen und Teil des in der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG unter Nr. 41 und gleichzeitig im Bedarfsplan für Bundesschienenwege in Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 unter Nr. 25 als vordringlicher Bedarf ausgewiesenen Großknotens Hamburg geworden.

7 Entgegen der von den Antragstellern vorgebrachten Zweifel, stellt die Bekanntgabe der "Bewertung der Schienenwegeausbauvorhaben des Potenziellen Bedarfs" vom 5. November 2018 durch das Bundesverkehrsministerium eine hinreichende Verlautbarung der Aufnahme in den vordringlichen Bedarf dar (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 30. August 2012 - 7 VR 6.12 - Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 2). Eine Veröffentlichung in einem Amtsblatt oder auf ähnliche Weise ist auch im Hinblick auf die Bedeutung der Entscheidung für den gerichtlichen Rechtsschutz nicht erforderlich. Es genügt insoweit jede Form der Verlautbarung, die eine sichere Kenntniserlangung der Öffentlichkeit ermöglicht. Das ist hier der Fall. Die Entscheidung ist auf der Internetseite des Bundesverkehrsministeriums dokumentiert und im Volltext abrufbar.

8 1.3. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG kraft gesetzlicher Anordnung sofort vollziehbar. Danach hat die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss für den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes, für die nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz vordringlicher Bedarf festgestellt ist, keine aufschiebende Wirkung. Das Vorhaben ist - wie gezeigt - im Bundesbedarfsplan in Abschnitt 2, Unterabschnitt 1 unter Nr. 25 als vordringlicher Bedarf ausgewiesen.

9 2. Der Antrag ist nicht begründet.

10 2.1. Der auf die Feststellung der aufschiebenden Wirkung gerichtete Hauptantrag bleibt ohne Erfolg, da der Planfeststellungsbeschluss ein Vorhaben des vordringlichen Bedarfs betrifft und die Klage daher keine aufschiebende Wirkung hat.

11 2.2. Auch der Hilfsantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bleibt ohne Erfolg. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG sofort vollziehbaren Planfeststellungsbeschluss anordnen.

12 In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es - wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung oder wegen der Komplexität der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen - nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Januar 2015 - 7 VR 6.14 - NVwZ-RR 2015, 250 Rn. 8 m.w.N. sowie vom 19. Dezember 2019 - 7 VR 6.19 - juris Rn. 9).

13 Bei der Gewichtung der einander gegenüberstehenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist von maßgeblicher Bedeutung, dass der Gesetzgeber ausweislich des § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG dem Vollzugsinteresse - und damit der beschleunigten Umsetzung eisenbahnrechtlicher Planungsentscheidungen - erhebliches Gewicht beimisst (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. April 2005 - 4 VR 1005.04 - BVerwGE 123, 241 <244>, vom 6. März 2014 - 9 VR 1.14 - juris Rn. 7 und vom 5. Juli 2018 - 9 VR 1.18 - NVwZ 2018, 1653 Rn. 10). Eine längere Dauer des vorangegangenen Planfeststellungsverfahrens schmälert das Gewicht dieses Vollzugsinteresses nicht.

14 Auch der Umstand, dass es sich bei dem angegriffenen Abschnitt um den letzten und kürzesten Abschnitt des Gesamtvorhabens handelt, ist entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht geeignet, das gesetzlich angeordnete Vollzugsinteresse zu vermindern. Die Zulässigkeit einer Abschnittsbildung ist in der Rechtsprechung seit langem geklärt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass ein planerisches Gesamtkonzept angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, häufig nur in Teilabschnitten verwirklicht werden kann. Die Planfeststellungsbehörde verfügt dabei über ein planerisches Ermessen, in das sie unter anderem Gesichtspunkte einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung einbeziehen kann (zuletzt BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - juris Rn. 64 zur Abschnittsbildung im Straßenrecht). Dass sie die Grenzen dieses Ermessens überschritten hätte, ist nicht erkennbar. Dies folgt insbesondere nicht daraus, dass der Abschnitt 1 seine (volle) Verkehrsfunktion erst mit der Fertigstellung weiterer Abschnitte und Vorhaben erlangt. Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem geklärt, dass eine Abschnittsbildung im Eisenbahnrecht - anders als im Recht des Baus von Fernstraßen - nicht voraussetzt, dass jedem Planfeststellungsabschnitt eine eigenständige Verkehrsfunktion zukommt (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1995 - 11 VR 6.95 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 8 S. 26 und vom 9. September 2013 - 7 B 2.13 - juris Rn. 12).

15 Vorliegend sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten. Zum einen verträgt die Entscheidung über den Antrag keinen Aufschub. Zum anderen werden von den Antragstellern Sach- und Rechtsfragen aufgeworfen, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.

16 Die Entscheidung über den Antrag ist dringlich. Dies folgt aus dem Beschleunigungsgebot, das sich aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit - und damit zugunsten der unverzüglichen Umsetzung - von Planfeststellungsbeschlüssen für Bauvorhaben des vordringlichen Bedarfs ergibt. Zudem folgt eine besondere Eilbedürftigkeit daraus, dass zur Baufeldfreimachung die Beigeladene Rodungsarbeiten durchführen muss, die aus naturschutzrechtlichen Gründen nur bis Ende Februar durchgeführt werden dürfen. Falls die vorgesehenen Rodungsarbeiten nicht bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen sind, hätte dies eine deutliche Verzögerung der Umsetzung des Vorhabens von einem Jahr zur Folge.

17 Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses stellen sich zudem Sach- und Rechtsfragen, die erst im Zuge der Durchführung des Hauptsacheverfahrens geklärt werden können. Dies gilt namentlich im Hinblick auf die von den Antragstellern geltend gemachten Verfahrensfehler, die gerügte fehlende Planrechtfertigung und die geltend gemachten Defizite der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung sowie Verstöße gegen naturschutzrechtliche Vorschriften und gegen das Abwägungsgebot, insbesondere die Alternativenprüfung.

18 2.3. Das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und der Beigeladenen überwiegen das Suspensivinteresse der Antragsteller. Ausgehend von der gesetzgeberischen Grundentscheidung nach § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit ist hierfür maßgeblich, dass mit einer Fortsetzung der von der Beigeladenen begonnenen Arbeiten keine irreparablen bzw. nicht rückgängig zu machenden Folgen zulasten Drittbetroffener eintreten. Vollendete Tatsachen werden nicht geschaffen. Sollten sich die bis zu einer Entscheidung des Senats in der Hauptsache durchgeführten bauvorbereitenden Maßnahmen bzw. Baumaßnahmen als rechtswidrig erweisen, ließen sich die eingetretenen Folgen im Wege des Rückbaues und der Wiederbepflanzung gerodeter Flächen beseitigen bzw. rückgängig machen. Entsprechendes gilt für die bei den Antragstellern zu 2 und 3 vorgesehenen dauerhaften Inanspruchnahmen.

19 Dem steht nicht entgegen, dass nach einer Wiederbepflanzung gerodeter Flächen vor dem Erreichen des ursprünglichen Zustands Neuanpflanzungen zunächst noch eine Anwachsphase durchlaufen müssen (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2019 - 7 VR 6.19 - juris Rn. 15). Der Gesetzgeber setzt Ausgleich und Ersatz für Eingriffe in Natur und Landschaft (vgl. § 15 Abs. 2 BNatSchG) nicht mit einer Naturalrestitution im naturwissenschaftlichen Sinne gleich. Vielmehr nimmt er im Rahmen der Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft eine vorübergehende Verschlechterung des ökologischen Zustands hin, weil es auf der Hand liegt, dass etwa ein ausgewachsener Baum erst Jahre später gleichwertig substituiert werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2012 - 9 A 17.11 - juris Rn. 149 m.w.N. [insoweit in BVerwGE 145, 40 nicht abgedruckt]). Für eine Rückgängigmachung von Eingriffen in Natur und Landschaft kann nichts anderes gelten. Entsprechendes gilt auch für die Rückgängigmachung von etwaigen Eingriffen in Hausgärten.

20 Auch die Lärmbelästigungen während der Bauphase rechtfertigen nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Die Antragsgegnerin hat durch umfangreiche Auflagen sichergestellt, dass durch die baubedingten Lärmimmissionen unzumutbare Belastungen der Anwohner vermieden werden. Neben der Anordnung der Geltung der AVV Baulärm sind weitere vom Vorhabenträger zu treffende Schallschutzmaßnahmen, insbesondere bei der Einrichtung der Baustellen und der Durchführung der Bauarbeiten, in den Planfeststellungsbeschluss aufgenommen worden (PFB, A.4.10.1.2). Um sicherzustellen, dass die Auflagen eingehalten werden, hat die Vorhabenträgerin regelmäßige Baustellenkontrollen vorzunehmen und einen unabhängigen Sachverständigen als Baulärmverantwortlichen zu bestellen (PFB, A.4.10.1.4). Schließlich ist der Vorhabenträger verpflichtet, ein akustisches Baustellenmonitoring zur Ermittlung der in der Nachbarschaft zu erwartenden baubedingten Lärmimmissionen einzurichten und zu betreiben (PFB, A.4.10.1.6). Anwohner, bei denen das Baustellenmonitoring Beurteilungspegel tags von mehr als 70 dB(A) bezogen auf Wohnräume und nachts von mehr als 60 dB(A) auf Schlafräume ergibt, können die Bereitstellung von Ersatzwohnraum verlangen (PFB, A.4.10.1.7.). Unterhalb dieser Beurteilungspegel stehen den Anwohnern, gestaffelt nach Höhe, Zeitpunkt und Dauer der Überschreitung, Entschädigungsansprüche in Geld zu. Damit sind bei der hier allein möglichen überschlägigen Prüfung unzumutbare Lärmbelästigungen während der Bauphase nicht zu erwarten.

21 Vor dem Hintergrund, dass die Entscheidung des Senats in der Hauptsache voraussichtlich im Jahr 2021 und mithin während der laufenden Ausbaumaßnahmen erfolgen soll, ist vor der Entscheidung über die erhobene Klage auch mit keinen dem planfestgestellten Ausbau zuzurechnenden betriebsbedingten Beeinträchtigungen der Antragsteller zu rechnen.

22 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 und 2 i.V.m. § 100 Abs. 1 und 4 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.

Urteil vom 05.10.2021 -
BVerwG 7 A 17.20ECLI:DE:BVerwG:2021:051021U7A17.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 05.10.2021 - 7 A 17.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:051021U7A17.20.0]

Urteil

BVerwG 7 A 17.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2021
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Schemmer, Dr. Günther, Dr. Löffelbein und Dr. Wöckel
am 5. Oktober 2021 für Recht erkannt:

  1. Die Klagen werden abgewiesen.
  2. Von den Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen der Kläger zu 1 und 4 sowie die Kläger zu 2 und 3 als Gesamtschuldner jeweils 1/3.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. August 2020 für das Vorhaben "Neubau S-Bahnlinie S4 (Ost) Hamburg-Bad Oldesloe Planungsabschnitt 1 Hasselbrook-Luetkensallee in der Freien und Hansestadt Hamburg im Bezirk Wandsbek".

2 Die beigeladene DB Netz AG plant den Bau der S-Bahnlinie S4 von Hamburg-Hasselbrook bis Ahrensburg-Gartenholz. Die insgesamt ca. 17 km lange Strecke wird in drei Abschnitte aufgeteilt, von denen der erste eine Teilstrecke von ca. 3 km umfasst (Hamburg-Hasselbrook bis Luetkensallee in Hamburg-Wandsbek). Der Bau der S-Bahnlinie S4 ist Bestandteil der Maßnahmen zur Engpassbeseitigung im Großknoten Hamburg. Grundlage für die Planung der S-Bahn-Infrastruktur ist das prognostizierte Fahrgastaufkommen, zu dessen Bewältigung ein 10-Minuten-Takt bis Ahrensburg während der Hauptverkehrszeit vorgesehen ist.

3 Von Hamburg-Hasselbrook bis Ahrensburg soll die Strecke zweigleisig und von Ahrensburg bis Ahrensburg-Gartenholz eingleisig gebaut werden; im Übrigen soll die S-Bahn die bestehenden Gleise nutzen. Daneben sollen zugunsten des Güterverkehrs Anpassungen einschließlich teilweiser Neuerrichtungen der bestehenden Gleisführungen erfolgen.

4 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der 1. Planfeststellungsabschnitt, dessen Feststellung die Beigeladene im August 2016 beantragte. Am 24. August 2020 wurde der Planfeststellungsbeschluss in der Fassung der 4. Planänderung erlassen und im Amtlichen Anzeiger der Stadt Hamburg am 15. September 2020 öffentlich bekannt gemacht.

5 Das bebaute Grundstück des Klägers zu 1 liegt ca. 70 m nördlich der geplanten Bahntrasse und soll nicht unmittelbar in Anspruch genommen werden. Die Kläger zu 2 und 3 sind Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das zu 1/3 vorübergehend für eine Baustelleneinrichtungsfläche und eine Baustraße in Anspruch genommen werden soll. Die Klägerin zu 4 ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks, das in einer Entfernung von 170 m zur Bahntrasse liegt.

6 Die Kläger haben gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben. Die ebenfalls beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat der Senat mit Beschluss vom 29. Oktober 2020 (BVerwG 7 VR 7.20 ) abgelehnt. Erste Bauarbeiten finden statt.

7 Die Kläger machen geltend: Die Bezeichnung des Vorhabens in der Auslegungsbekanntmachung verfehle die Anstoßfunktion, weil der Umfang des Vorhabens verschwiegen werde. Die ausgelegten Unterlagen seien wegen eines fehlenden wasserrechtlichen Fachbeitrags unvollständig gewesen. Aufgrund der Änderung von Planunterlagen sei zudem eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich gewesen. Es würden drei verschiedene Vorhaben im Sinne des Bundesschienenwegeausbaugesetzes unzulässig miteinander verknüpft. Die Abschnittsbildung sei fehlerhaft. Die Beklagte habe einen kurzen Planungsabschnitt 1 geschaffen, um habitatrechtliche Probleme ungelöst auf die weiteren Abschnitte zu verlagern. Der Gesamtplanung stünden FFH-Gebiete entgegen. Die Umweltverträglichkeitsstudie sei unzureichend. Es fehle an einer Ermittlung, Zusammenstellung und Bewertung für den jeweils einzelnen Abschnitt. Das zeige sich insbesondere am Schutzgut Wasser. Den im Planungsabschnitt 1 verknüpften verschiedenen Einzelvorhaben fehle die Planrechtfertigung. Das Projekt "Knoten Hamburg" sei nicht gesetzeskonform vom Potenziellen in den Vordringlichen Bedarf aufgestiegen. Die Alternativenprüfung sei fehlerhaft, insbesondere im Hinblick auf die "Variante A1" sowie die Null-Variante. Es fehle eine Abwägung der Inanspruchnahme privaten Eigentums für die einzelnen Alternativen. Wasserrecht und Artenschutzrecht seien verletzt. Es fehle an einem wirksamen Baulärmschutzkonzept. In der Betriebsphase seien unzumutbare Schall- und Erschütterungsimmissionen zu erwarten. Zudem sei der Bedarf für das Vorhaben fehlgewichtet worden. Nachteilige Auswirkungen des Neubaus der Station Claudiusstraße sowie Grundstückswertverluste seien unberücksichtigt geblieben.

8 Die Kläger beantragen,
den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 24. August 2020 für das Vorhaben "Neubau S-Bahnlinie S4 (Ost) Hamburg-Bad Oldesloe Planungsabschnitt 1 Hasselbrook-Luetkensallee in der Freien und Hansestadt Hamburg im Bezirk Wandsbek" aufzuheben,
hilfsweise,
ihn für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten, erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über Schutzauflagen zugunsten der Kläger insbesondere über weitergehende Maßnahmen des aktiven und passiven Lärmschutzes, des Schutzes vor Luftschadstoffen und des Schutzes vor Erschütterungen sowie über Entschädigung zu befinden.

9 Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klagen abzuweisen.

10 Sie treten dem Vorbringen der Kläger entgegen.

II

11 Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Er leidet nicht an Fehlern, die zu seiner Aufhebung, zur Feststellung seiner Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit oder - im Sinne des Hilfsantrags - zu der Verpflichtung der Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um weitere Schutzauflagen führen.

12 A. Das Bundesverwaltungsgericht ist als erstinstanzliches Gericht zuständig.

13 Dies folgt aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. Nr. 41 der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG in der vor dem 13. März 2020 geltenden Fassung (vgl. § 38 Abs. 8 AEG). Gemäß § 18e Abs. 1 Nr. 5 AEG gilt § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG, soweit die Vorhaben Schienenwege betreffen, die wegen der besonderen Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe in der Anlage 1 aufgeführt sind. Diese Anlage weist die dort genannten Schienenwege ausdrücklich der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu. Die Zuweisung richtet sich nach der Vorhabenbezeichnung in der Anlage. Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist an die Aufnahme des Vorhabens in die Anlage zum Allgemeinen Eisenbahngesetz geknüpft, selbst wenn sie fehlerhaft sein sollte (vgl. Kramer, Allgemeines Eisenbahngesetz, 1. Aufl. 2012, § 18e Rn. 2). Die Vorhabenbezeichnungen entstammen dem Bedarfsplan des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (vgl. Schütz, in: Hermes/Sellner, Beck'scher AEG-Kommentar, 2. Aufl. 2014, § 18e AEG Rn. 17). In Nr. 41 der Anlage 1 ist der Großknoten Hamburg aufgeführt.

14 Die Zuweisung von Rechtsstreitigkeiten an das Bundesverwaltungsgericht als erst- und letztinstanzliches Gericht bedarf der hinreichenden Begründung. Die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Gerichte des Bundes von denen der Länder berührt den föderalen Aufbau des Gerichtswesens und damit die Aufgabenverteilung im Bundesstaat (Art. 92 Halbs. 2, Art. 20 Abs. 1 GG). Bei der Beurteilung, ob die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, ist dem Gesetzgeber, weil damit oft (verkehrs-, wirtschafts- und rechts-)politische Wertungen verbunden sind, ein weiter Einschätzungsspielraum zuzugestehen. Ein hinreichender Grund für die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist gegeben. Die hier in Rede stehende Neuregelung betrifft Verkehrsprojekte, deren Fertigstellung der Gesetzgeber wegen eines gesamtstaatlichen Interesses, das über eine bloß regionale Bedeutung der Projekte hinausgeht und die Bundesebene berührt, für besonders eilbedürftig hält (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 31 ff.; Bier, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 50 Rn. 17).

15 Der Katalog der Schienenwege mit erstinstanzlicher Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG knüpft begrifflich wie inhaltlich an den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege in der Anlage zu § 1 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) an (vgl. BT-Drs. 19/4459 S. 43). Dort werden "Großknoten" einschließlich des Großknotens Hamburg in Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 unter der lfd. Nr. 25 als (neue) Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs - Engpassbeseitigung (VB-E) eingestuft. Eine nähere Bestimmung der einem Großknoten zuzuordnenden Teile des Schienenwegenetzes der Eisenbahnen des Bundes (vgl. § 1 Abs. 1 BSWAG) findet sich an dieser Stelle nicht. Vielmehr hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, den Begriff des Großknotens näher zu bestimmen. Er hat diesen lediglich aus dem Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) übernommen, der dem Bedarfsplan für die Bundesschienenwege zugrunde liegt (vgl. BT-Drs. 18/9524 S. 12, 22 f.). Der Bundesverkehrswegeplan stellt zu den Großknoten-Projekten fest, diese könnten voraussichtlich einen wichtigen Beitrag zur Engpassauflösung im Schienennetz leisten, und sieht hierfür ein besonderes Budget vor, behält jedoch aufgrund der verkehrlichen Komplexität die Identifizierung der notwendigen konkreten Maßnahmen in den Knoten sowie den Nachweis ihrer Wirtschaftlichkeit einer nachfolgenden Untersuchung vor (vgl. BVWP S. 39). Dementsprechend listet der Bedarfsplan die Knoten Frankfurt, Hamburg, Hannover, Köln, Mannheim und München in Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 lfd. Nr. 38 bis 43 als Vorhaben des Potenziellen Bedarfs, die in den Vordringlichen Bedarf aufsteigen können und nach Satz 2 der Vorbemerkungen in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen werden, sobald sie die Kriterien dafür nachweislich erfüllen. Die Listung der Großknoten Frankfurt, Hamburg, Köln, Mannheim und München als Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs in Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 unter der lfd. Nr. 25 des Bedarfsplans erfüllt insoweit - ebenso wie lfd. Nr. 24 ("Projekte des Potenziellen Bedarfs <Streckenmaßnahmen>"), Nr. 26 ("Projekte des Potenziellen Bedarfs <weitere Knoten, mikroskopische Maßnahmen>") und Nr. 27 ("Kombinierter Verkehr/Rangierbahnhöfe") im Hinblick auf die entsprechenden Vorhaben des Potenziellen Bedarfs nach Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 - die Funktion einer Öffnungsklausel bzw. eines "Platzhalters" (vgl. auch BVWP S. 39: "Im Vordringlichen Bedarf ist ein Budget als Platzhalter für die Projekte des Potenziellen Bedarfs vorgesehen."). Auf diese Weise werden die Vorhaben unter dem Vorbehalt weiterer Prüfung dem Vordringlichen Bedarf bereits gesetzlich zugeordnet (vgl. auch schon BVerwG, Beschluss vom 30. August 2012 - 7 VR 6.12 - Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 2 Rn. 4).

16 Es bedarf deshalb für den Aufstieg eines Vorhabens vom Potenziellen in den Vordringlichen Bedarf nicht erst noch einer Anpassung des Bedarfsplans, für die § 4 Abs. 1 Satz 2 BSWAG ein Gesetz voraussetzt. Ausreichend ist vielmehr eine hinreichend verlautbarte Verwaltungsentscheidung, wie sie hier für den Knoten Hamburg mit der im November 2018 bekanntgegebenen Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zum Aufstieg in den Vordringlichen Bedarf erfolgt ist (vgl. BMVI, Bewertung der Schienenwegeausbauvorhaben des Potenziellen Bedarfs, 5. November 2018, S. 30; Kurzbericht über die Bewertungsergebnisse für die Schienenprojekte des Potenziellen Bedarfs aus dem Bundesverkehrswegeplan 2030, 6. November 2018, S. 1 f.; vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 2020 - 7 VR 7.20 - Buchholz 442.09 § 18e AEG Nr. 4 Rn. 6). Dabei führt die Bewertung der Schienenwegeausbauvorhaben des Potenziellen Bedarfs zum Knoten Hamburg (lfd. Nr. 39) aus (Bewertung S. 30), dass der Planfall u.a. auch die S4 Ost umfasst (unter 3: Ausbau S4 Hasselbrook-Ahrensburg). Des Weiteren wird zum Potenziellen Bedarf der Ausbaustrecke Hamburg-Ahrensburg (lfd. Nr. 25) dargelegt, dass das Projekt S4 Ost als Teil des Knotens Hamburg effektiver die Verkehrsbedürfnisse als ein dreigleisiger Ausbau erfüllt (Bewertung S. 31). Zudem verweist der Kurzbericht über die Bewertungsergebnisse für die Schienenprojekte des Potenziellen Bedarfs aus dem Bundesverkehrswegeplan im Zusammenhang mit dem Knoten Hamburg auch auf die mitumfasste S4 Ost (S. 2). Diese Zuordnung von Ausbau- und Neubauvorhaben zum Großknoten Hamburg ist nicht zu beanstanden.

17 Die Zuordnung hat vom Begriff des "Großknotens" her zu erfolgen, dessen Gehalt anhand objektiver Kriterien durch Auslegung zu bestimmen ist. Dabei kommt auch dem Beschleunigungszweck, der gleichermaßen § 18e Abs. 1 AEG wie dem Bundesschienenwegeausbaugesetz zugrunde liegt, Bedeutung zu. Neben einem räumlichen Zusammenhang mit einer der genannten Knoten-Standorte kommt es danach wesentlich auf die Verknüpfungs- und Verflechtungsfunktion an, wie sie für Verkehrsknoten, an denen zahlreiche Verkehrsströme mit unterschiedlichen Schienenverkehrsarten (Fern- und Nahverkehr, Personen- und Güterverkehr) zusammenfließen, charakteristisch ist. Das jeweilige Vorhaben muss einen funktionalen Beitrag zu dieser Verknüpfungs- und Verflechtungsfunktion des betreffenden Knotens leisten. Es muss eine knotentypische Verknüpfungsfunktion gegeben sein, was bei hinreichender räumlicher Nähe und Einbindung in das am jeweiligen Knoten bereits existierende Schienenwegenetz regelmäßig der Fall sein wird. So liegt es auch hier.

18 Der Neubau der im Hamburger Stadtgebiet beginnenden S-Bahnstrecke zielt neben einer verbesserten Anbindung des Hamburger Ostens und des südöstlichen Teils Schleswig-Holsteins im Schienenpersonennahverkehr auf eine zumindest teilweise Entflechtung der knotentypisch gewachsenen Parallelnutzung der Bestandsanlagen durch Nah- und Fernverkehr sowie Personen- und Güterverkehr und, in der Folge, auf eine Taktverdichtung im S-Bahnverkehr. Zugleich sollen im Hauptbahnhof Hamburg die Fernbahnsteige entlastet und insoweit freie Kapazitäten geschaffen werden. Auch wird aufgrund vereinfachter Umstiege zu anderen S-Bahnen und der Möglichkeit einer direkten Weiterfahrt zu Zielen in der Hamburger Innenstadt eine Entlastung von Bahnsteigen, Treppenanlagen und anderen Wegen im Hauptbahnhof bezweckt. Die neuen Haltepunkte Claudiusstraße und Bovestraße zielen darauf, einen größeren Personenkreis als bislang zur Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu veranlassen.

19 Auch der Ausbau der Horner Kurve ist dem Großknoten Hamburg zuzurechnen. Der Umstand, dass die Horner Kurve im BVWP 2030 (S. 168) als Bestandteil des unter Nr. 25 aufgeführten Vorhabens Ausbaustrecke Hamburg-Ahrensburg des Potenziellen Bedarfs erwähnt wird, steht dem nicht entgegen. Es handelt sich hierbei, wie sich aus der als Anlage 2 dem BVWP 2030 beigefügten Projektliste ergibt, lediglich um eine vorläufige Beschreibung der Maßnahme, die keine konstitutive Bedeutung hat. Sie steht daher einer Realisierung im Rahmen eines anderen Vorhabens - hier des Vordringlichen Bedarfs - nicht entgegen, sofern eine räumlich-funktionale Einbindung in das andere Vorhaben gegeben ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie hier - um eine Teilmaßnahme handelt, die weder die Identität des neuen Gesamtvorhabens betrifft noch dessen Wirtschaftlichkeitsbeurteilung erheblich verändert.

20 Angesichts der hiernach bestehenden räumlich-funktionalen Einbindung des streitigen Vorhabens in das Hamburger Schienenwegenetz spricht auch der vom Gesetzgeber mit der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts verfolgte Beschleunigungszweck für seine - einheitliche - Zuordnung zum "Großknoten Hamburg" im Sinne der lfd. Nr. 41 der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG.

21 B. Die Anfechtungsklagen sowie die hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklagen sind zulässig.

22 Die Kläger zu 2 und 3 sind als Eigentümer von Grundstücken, die im Bereich des 1. Planfeststellungsabschnittes liegen, klagebefugt. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung besteht danach mindestens im Hinblick auf ihr Eigentum, so dass sie einen "Vollüberprüfungsanspruch" geltend machen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 25 ff., Beschluss vom 23. Januar 2015 - 7 VR 6.14 - NVwZ-RR 2015, 250 Rn. 11 f. m.w.N.). Die Kläger zu 1 und 4 sind als Lärmbetroffene gleichfalls klagebefugt. Sie können die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - BVerwGE 169, 94 Rn. 92 sowie Beschluss vom 28. Oktober 2020 - 7 VR 3.20 - juris Rn. 6).

23 C. Die Klagen sind mit den Haupt- und den Hilfsanträgen unbegründet.

24 I. Der auf § 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 AEG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gestützte Planfeststellungsbeschluss ist frei von Verfahrensmängeln.

25 1. Die Anstoßfunktion des Bekanntmachungstitels ist gewahrt.

26 Die Frage, ob die Bekanntmachung eine hinreichende Anstoßfunktion wahrt, kann nicht nur mit Blick auf die Hauptüberschrift beantwortet werden, es ist auch der Bekanntmachungstext in den Blick zu nehmen. Er soll die Betroffenheit hinreichend deutlich erkennen lassen, so dass die Betroffenen ermuntert werden, sich für die Planung zu interessieren und die Planunterlagen einzusehen (BVerwG, Urteil vom 16. August 1995 - 11 A 2.95 - Buchholz 407.3 § 3 VerkPBG Nr. 1 S. 5 f.; Beschluss vom 1. April 2005 - 9 VR 5.05 - juris Rn. 4). Aus der Bekanntmachung muss sich insbesondere der Standort, die Trasse und die Art des Vorhabens ergeben (vgl. Weiß, in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2021, § 73 VwVfG Rn. 171). Diesen Voraussetzungen entspricht die Bekanntmachung der Planunterlagen.

27 Die Bekanntmachung im Amtlichen Anzeiger Nr. 42 vom 30. Mai 2017 bezieht sich auf den 1. Planfeststellungsabschnitt "Hamburg-Hasselbrook-Luetkensallee" und beschreibt das Vorhaben als "zusätzliche Errichtung zweier S-Bahngleise beziehungsweise eines S-Bahngleises zwischen Hamburg-Hasselbrook und Ahrensburg-Gartenholz parallel zu der bestehenden Fernbahnstrecke 1120", die "abschnittsweise die Verschwenkung und Anpassung dieser Bestandsstrecke" erfordert, weshalb das Vorhaben "sowohl nordwestlich als auch südöstlich der Bestandstrasse mit Auswirkungen verbunden ist". Danach ist dem Bekanntmachungstext mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass Anwohner nordwestlich und südöstlich der Bestandsstrecke möglicherweise von Auswirkungen des Eisenbahnvorhabens betroffen sind. Aus der Überschrift folgt zudem, dass das Vorhaben den Neubau einer S-Bahnstrecke unter Änderung bestehender Bahnstrecken (Fernbahnstrecke 1120, Güterzugstrecke 1242, "S-Bahnstrecke" 1249, Güterzugstrecke 1241) umfasst, so dass Bezüge des Vorhabens zum Schienengüterverkehr erkennbar waren. Dass nicht nur eine S-Bahn-bezogene Planung in Rede gestanden hat, ergibt sich auch aus der erneuten Bekanntmachung vom 13. Juni 2017 im Amtlichen Anzeiger Nr. 46. Die dortige Überschrift wies ebenfalls ausdrücklich auf die Änderung der Fernbahnstrecke 1120 und der Güterzugstrecken 1241 und 1242 hin.

28 Die Bekanntmachung der Auslegung der 1. Planänderung verfehlte die gebotene Anstoßwirkung nicht deshalb, weil darin nicht ausdrücklich auf Änderungen im Erläuterungsbericht zur Untersuchung zu betriebsbedingten Schallimmissionen (Planunterlage 15.1) hingewiesen wurde. Gegenstand der 1. Planänderung waren der Wegfall eines zunächst geplanten bahnparallelen Verbindungswegs zwischen Claudiusstraße und der Straße Schloßgarten sowie die Herstellung zweier Wendehämmer in beiden Straßen (vgl. PFB S. 117; Planunterlagen 3.3 und 3.5 ; Erläuterungsbericht, Planunterlage 1 S. 81 f.). Planunterlage 15.1 wurde dergestalt an die Änderung angepasst, dass sämtliche den Verbindungsweg betreffenden Passagen gestrichen wurden (vgl. S. 1, 5, 9, 10, 17, 19 und 52 der Planunterlage 15.1). Auf den Gegenstand der Planänderung wurde in der Bekanntmachung ebenso hingewiesen wie darauf, dass "die Planunterlagen, aus denen sich Art und Umfang des Vorhabens" sowie dessen Änderungen einschließlich der Umweltauswirkungen ergeben, zur Einsicht ausgelegt würden. Unmittelbar im Anschluss verweist die Bekanntmachung hierzu u.a. auf "die Untersuchung zu betriebsbedingten Schallimmissionen". Das genügte, um Betroffene auch im Hinblick auf die in der Planunterlage 15.1 behandelte Schallproblematik für die Vorhabenänderung zu interessieren und zur Einsichtnahme zu veranlassen, um gegebenenfalls Einwendungen zu erheben.

29 2. Die ausgelegten Unterlagen waren nicht unvollständig.

30 Die erforderliche Auslegung von Planunterlagen nach § 18a AEG i.V.m. § 73 Abs. 2 VwVfG umfasst nicht alle Unterlagen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abzuschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst zu machen. Welche Unterlagen hierzu gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Unterlagen sind grundsätzlich dann auszulegen, wenn sich erst aus ihnen abwägungserhebliche Auswirkungen auf die Belange potenziell Betroffener oder anerkannter Vereinigungen ergeben; ergänzt eine Unterlage dagegen nur ausgelegte Planungsunterlagen, muss sie nicht mit ausgelegt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 92 Rn. 16 m.w.N.).

31 Handelt es sich - wie hier - um ein Vorhaben, für das die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ergeben sich weitere Anforderungen in Bezug auf die Auslegung von Unterlagen aus § 9 Abs. 1b Satz 1 UVPG in der hier noch nach der Übergangsvorschrift des § 74 Abs. 2 UVPG anzuwendenden Fassung vom 24. Februar 2010 - UVPG 2010 (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UVPG n.F.). Es sind die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens nach § 6 UVPG 2010 und diejenigen "entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen (...), die der zuständigen Behörde zum Zeitpunkt des Beginns des Beteiligungsverfahrens vorgelegen haben", zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen. Danach müssen die neben den Unterlagen der UVP-Prüfung "wichtigsten Berichte und Empfehlungen" zugänglich gemacht werden. Vor diesem Hintergrund kann es an der Entscheidungserheblichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 fehlen, wenn bestimmte Unterlagen lediglich Detailfragen betreffen oder auf sie in anderen - ihrerseits ausgelegten - Unterlagen Bezug genommen wird. Solche Unterlagen gehören nicht zu den wichtigsten Berichten und Empfehlungen im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2011/92/EU vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - UVP-RL - (BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 92 Rn. 17 m.w.N.).

32 a) Dass ein wasserrechtlicher Fachbeitrag nicht ausgelegt wurde, begründet danach keinen Auslegungsfehler. Der Europäische Gerichtshof hat zwar mit Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 [ECLI:​EU:​C:​2020:​391] - (Rn. 90) Art. 6 UVP-RL dahin ausgelegt, dass die Informationen, die der Öffentlichkeit im Laufe des Projektgenehmigungsverfahrens zugänglich zu machen sind, die Angaben umfassen müssen, die erforderlich sind, um die wasserbezogenen Auswirkungen des Projekts anhand der insbesondere in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik - WRRL - (ABl. L 327 S. 1) vorgesehenen Kriterien und Pflichten zu beurteilen. Allerdings müssen die Angaben, anhand deren die Auswirkungen eines Projekts auf die Gewässer beurteilt werden können, nicht in einem einzigen Dokument wie einem technischen Bericht oder einer technischen Studie enthalten sein (EuGH, a.a.O., Rn. 85). Daher sind die Umweltverträglichkeitsuntersuchung (Umweltverträglichkeitsstudie, Erläuterungsbericht S. 57 zu 2.5 ), der Landschaftspflegerische Begleitplan (Erläuterungsbericht S. 38 ff. und 65 ff. sowie 84) und die begleitenden Fachunterlagen zur Umweltverträglichkeitsuntersuchung, die sämtlich ausgelegt wurden, geeignetes Unterlagenmaterial.

33 b) Soweit die Kläger eine fehlende Auslegung der Verkehrsprognose rügen, führt dies ebenfalls nicht auf einen Verfahrensfehler. Zwar gehört die einem Vorhaben zugrunde gelegte Verkehrsprognose regelmäßig zu den auszulegenden Unterlagen im Sinne von § 73 VwVfG bzw. den entscheidungserheblichen Berichten und Empfehlungen, die von § 9 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 UVPG 2010 erfasst werden (BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 92 Rn. 19). Insoweit ist dem Auslegungserfordernis aber dadurch entsprochen worden, dass der Erläuterungsbericht Angaben zu dem künftig erwarteten Passagieraufkommen im S-Bahnverkehr sowie den Zugzahlen enthält (Planunterlage 1 S. 15, 23). Dem Erläuterungsbericht (S. 15 f.) ist ferner zu entnehmen, dass dem eine Eisenbahnbetriebswissenschaftliche Untersuchung (EBWU) zugrunde liegt. Hierin liegt die notwendige (BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 a.a.O.) Angabe darüber, auf welcher Grundlage die Prognose erstellt worden ist. Aus der EBWU geht hervor, dass sie sich auf Prognosezahlen des Bundesverkehrsministeriums stützt (vgl. EBWU-Ergebnisbericht u.a. S. 2, 5 f., 13). Damit hat die Auslegung des Erläuterungsberichts, der in seinem Anhang I (S. 2) zudem auf die "Bundesprognose 2025" Bezug nimmt, hinreichende Anstoßwirkung in Bezug auf die Grundlagen der Verkehrsprognose erzeugt.

34 3. Es bedurfte entgegen der Auffassung der Kläger nicht deshalb einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung, weil nach Abschluss der Auslegung der 1. Planänderung der Landschaftspflegerische Begleitplan geändert worden ist.

35 Dass lediglich solche Unterlagen ausgelegt werden müssen, die aus der Sicht der potenziell Betroffenen erforderlich sind, um ihnen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen, gilt auch für nachträglich erstellte oder überarbeitete Planunterlagen (BVerwG, Urteil vom 18. März 2009 - 9 A 31.07 - NVwZ 2010, 63 Rn. 31 <insoweit in Buchholz nicht abgedruckt>). Bei UVP-pflichtigen Vorhaben bestimmt darüber hinaus § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG 2010, dass dann, wenn der Vorhabenträger die nach § 6 UVPG 2010 erforderlichen Unterlagen im Laufe des Verfahrens ändert, von einer erneuten Beteiligung der Öffentlichkeit - nur - abgesehen werden kann, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Unabhängig davon muss die Öffentlichkeit nach § 9 Abs. 1 UVPG 2010 dann neu beteiligt werden, wenn eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung von Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird. Dies beurteilt sich danach, ob bereits die ursprünglichen Unterlagen die nach § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG 2010 nötige Anstoßwirkung entfalten oder ob eine solche erstmalig von den neuen Unterlagen ausgeht. Die Anstoßwirkung soll den Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung sicherstellen, durch Einbeziehung von Meinungsäußerungen und Bedenken der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen den behördlichen Entscheidungsprozess besser und transparenter zu gestalten. Sie setzt voraus, dass die Unterlagen potenziell Betroffenen und den anerkannten Vereinigungen die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang ihre Belange oder ihre satzungsgemäßen Interessen von den Umweltauswirkungen betroffen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 28 m.w.N.).

36 Gemessen daran war hier eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung nicht geboten. Die nachträglichen Änderungen des Landschaftspflegerischen Begleitplans betrafen bloße Ergänzungen, Aktualisierungen und Vertiefungen bereits zuvor angestellter Untersuchungen, ohne wesentlich über diese hinauszugehen oder zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen besorgen zu lassen. Dies gilt für die Ergänzung der Bestandserfassung der Biotoptypen und Lebensräume einschließlich u.a. des Wandsbeker Gehölzes (vgl. LBP Nr. 6.1.2 S. 22) um ein Kapitel zu Einzelbäumen dort (LBP Nr. 6.1.3 S. 28 ff.) sowie die Ergänzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und weitere Ausgleichspflanzungen von Einzelbäumen (LBP Nr. 8.3 Maßnahme A 4, S. 108 f.), ebenso für die Aktualisierung der Angaben zu einem etwaigen Vorkommen des Grauschnäppers (LBP Nr. 6.2.4 S. 35), zu Auswirkungen des Vorhabens auf Fledermausvorkommen und Vögel (LBP Nr. 7.3.2 S. 66 ff.) sowie zur Ermittlung des Kompensationsbedarfs in Bezug auf Biotope, Arten und Lebensgemeinschaften (LBP Nr. 8.2.1 S. 96 ff.). Schließlich war auch im Hinblick auf die nachträgliche Aufnahme eines Kapitels zum besonderen Artenschutz (LBP Nr. 9 S. 140 ff.) sowie Änderungen und Ergänzungen der Artenblätter zur Ermittlung der Schädigungen und Störungen artenschutzrechtlich relevanter Arten im Anhang 1 des Landschaftspflegerischen Begleitplans keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung geboten. Bereits in der Fassung, die Gegenstand der Auslegung war, verhielt sich der Landschaftspflegerische Begleitplan zur Relevanz der artenschutzrechtlichen Verbote und Kompensationserfordernisse im Hinblick auf von dem Vorhaben tatsächlich oder potenziell betroffene Fledermaus- und Vogelarten (LBP Nr. 6.2.3 und 6.2 .4 S. 32 ff.) sowie zu darauf bezogenen Kompensationsmaßnahmen (LBP Nr. 8.3 S. 105 ff., insb. S. 109, 137 i.V.m. Maßnahmenblättern, Planunterlage 14.6). Gegenstand der Auslegung waren auch mehrere der Artenblätter, in denen jeweils bezogen auf einzelne Arten eine Bestandsbeschreibung, gegebenenfalls notwendige Maßnahmen sowie das Ergebnis der Prüfung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände dargestellt sind. Das nachträglich aufgenommene Kapitel zum besonderen Artenschutz sowie die zusätzlichen oder überarbeiteten Artenblätter ergänzen, vertiefen und aktualisieren diese Angaben lediglich, ohne dabei thematisch oder methodisch über den durch die Anstoßwirkung der ausgelegten Planunterlagen abgesteckten Rahmen hinauszugehen.

37 4. Ohne Erfolg rügen die Kläger, die Umweltverträglichkeitsprüfung sei deshalb fehlerhaft, weil sie für alle drei Planungsabschnitte gemeinsam vorgenommen worden und dabei der Planungsabschnitt 1 nur unzureichend betrachtet worden sei.

38 Die verfahrens- und materiell-rechtlichen Anforderungen an die Planfeststellung sind bei einer abschnittsweisen Planung eines Gesamtvorhabens einheitlich auf denselben Abschnitt als Vorhaben im fachplanungsrechtlichen Sinne zu beziehen. Dies gilt auch für die Umweltverträglichkeitsprüfung. Erforderlich, aber ausreichend ist eine Vorausschau auf die Folgeabschnitte, die nach Art eines vorläufig positiven Gesamturteils im Hinblick auf die Umweltauswirkungen eine Verknüpfung der Abschnitte gewährleistet. Die Prognose muss ergeben, dass dem Vorhaben auch im weiteren Verlauf keine von vornherein unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 43 m.w.N.).

39 Die hier durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung genügt diesen Anforderungen. Sie ist für den Planungsabschnitt 1, also bezogen auf die in diesem Abschnitt zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt durchgeführt worden. Das ergibt sich deutlich aus dem Planfeststellungsbeschluss (S. 133 ff.) sowie der Umweltverträglichkeitsstudie (Planunterlage 13.1). Diese nimmt zwar auch die weiteren Planungsabschnitte in den Blick. Die jeweiligen Umweltauswirkungen werden jedoch für jeden der Abschnitte gesondert beschrieben (Planunterlage 13.1 S. 116 ff.). Gegen eine solche Zusammenfassung hinreichend abschnittsbezogener Betrachtungen in einem einheitlichen Dokument ist nichts zu erinnern. Vielmehr liegt hierin gerade ein geeignetes Vorgehen, um eine Grundlage für die gebotene Vorausschau auf die Umweltauswirkungen in den Folgeabschnitten zu gewinnen.

40 5. Ein Mangel der Umweltverträglichkeitsprüfung ergibt sich entgegen dem Vorbringen der Kläger auch nicht daraus, dass sich der Planfeststellungsbeschluss mit dem Neubau der zweigleisigen S-Bahnstrecke, der Erweiterung der Horner Verbindungskurve um ein zweites Gleis sowie der Verlängerung der Gleise 3 und 4 im Güterbahnhof Wandsbek auf drei selbständige Vorhaben bezöge, für die jeweils eigene Umweltverträglichkeitsprüfungen hätten durchgeführt werden müssen. Der hiermit der Sache nach gerügte Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 11 f. UVPG 2010 (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 32 ff.) liegt nicht vor. Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses ist, wie sogleich noch näher auszuführen ist (vgl. C.II.1.), ein einziges Vorhaben im fachplanungsrechtlichen sowie im - regelmäßig deckungsgleichen (vgl. BVerwG a.a.O. Rn. 34) - Sinne des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

41 II. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen materiellen Fehlern.

42 1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt.

43 Die Planrechtfertigung als ungeschriebenes Erfordernis jeder Fachplanung und Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 26. April 2007 - 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 45 m.w.N. und vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 92 Rn. 33), liegt für das planfestgestellte Vorhaben vor. Die Planrechtfertigung kann sich aus einer gesetzlichen Bedarfsfeststellung nach dem Bundesschienenwegeausbaugesetz ergeben, die für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich ist und grundsätzlich die Nachprüfung ausschließt, ob für das geplante Vorhaben ein Verkehrsbedarf vorhanden ist (§ 1 Abs. 2 BSWAG; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - a.a.O.). Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss (S. 180 ff.) zutreffend davon aus, dass das Vorhaben gemessen an den Zielen des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, ein attraktives Verkehrsangebot auf der Schiene zu gewährleisten, und der gesetzlichen Bedarfsfeststellung vernünftigerweise geboten ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 58 und Beschluss vom 17. September 2004 - 9 VR 3.04 - Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 13 S. 7 m.w.N.). Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, es also für das Vorhaben offensichtlich keinerlei Bedarf gibt, der die Annahme des Gesetzgebers rechtfertigen könnte (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1995 - 2 BvR 2397/94 - NVwZ 1996, 261), liegen nicht vor. Die von den Klägern erhobenen Rügen greifen nicht durch.

44 Sie meinen zu Unrecht, es bedürfe für die mitgeplanten Änderungen an den für den Fern- und Güterverkehr bestimmten Gleisen einer eigenen Planrechtfertigung im engeren Sinne. Als Teile eines einheitlichen Vorhabens nehmen sie an dessen planerischer Rechtfertigung teil.

45 Grundsätzlich bestimmt der Träger eines Vorhabens dessen Gegenstand. Er ist dabei aber rechtlichen Grenzen aufgrund des materiellen Planungsrechts unterworfen, die sich namentlich aus den Zielen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes und dem Abwägungsgebot ergeben. Die Aussagekraft der Abwägung darf insbesondere nicht durch Zusammenfassung mehrerer Planungen beeinträchtigt werden. Grenzen des Bestimmungsrechts des Vorhabenträgers bestehen deshalb, wenn zwei oder mehr geplante Maßnahmen von ihm als ein Vorhaben behandelt werden. Verfolgt der Vorhabenträger mit mehreren Maßnahmen verschiedene Planungsziele und können diese Maßnahmen unabhängig voneinander verwirklicht werden, ohne dass die Erreichung der Ziele einer Maßnahme durch den Verzicht auf die anderen Maßnahmen auch nur teilweise vereitelt würde, so handelt es sich um mehrere Vorhaben. Der Vorhabenträger darf dann nicht mehrere Vorhaben als ein Vorhaben bezeichnen und damit verhindern, dass über die Zulässigkeit jedes der Vorhaben von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen einer gesonderten fachplanerischen Abwägung der für und gegen das einzelne Vorhaben sprechenden Belange entschieden wird. Die mit der Behandlung als ein Vorhaben einhergehende Abwägung der kumulierten Vorteile gegen die kumulierten Nachteile könnte nämlich dazu führen, dass ein Vorhaben ein anderes "mitzieht", obwohl dessen Verkehrsbedeutung bei isolierter Betrachtung die Umweltauswirkungen der allein durch es verursachten Baumaßnahme nicht rechtfertigen würde. Die Rechtmäßigkeit einer Planung kann aber nicht davon abhängen, ob der Vorhabenträger seine Planungsziele mit getrennten Planfeststellungsanträgen verfolgt oder die Ziele und Maßnahmen in einem Antrag bündelt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 35).

46 Hieran gemessen stellen die drei Maßnahmen "Neubau einer zweigleisigen S-Bahnstrecke", "Erweiterung der Horner Verbindungskurve um ein zweites Gleis" und "Verlängerung der Gleise 3 und 4 im Güterbahnhof Wandsbek" ein einziges Vorhaben im fachplanungsrechtlichen Sinne dar.

47 Die mit der geplanten S-Bahn-Neubaustrecke verfolgten Ziele wären ohne den zweigleisigen Ausbau der Verbindungskurve und die Gleisverlängerungen im Güterbahnhof Wandsbek nicht in vollem Umfang erreichbar. Der Neubau der S-Bahnstrecke zielt wesentlich auf eine Entflechtung des Personennahverkehrs vom Fern- und Güterverkehr ab (PFB S. 181, 330; Erläuterungsbericht, Planunterlage 1 S. 14). Die Erweiterung der Verbindungskurve um ein zweites Gleis gleicht den Entfall der bislang vorhandenen Güterverkehrsinfrastruktur aus, die für die Errichtung der zwei neuen S-Bahngleise zurückgebaut werden muss (vgl. bereits BVerwG, Beschluss vom 11. November 2020 - 7 VR 5.20 - juris Rn. 20). Die durch den S-Bahn-Neubau zwischen den neuen S-Bahnstationen Claudiusstraße und Bovestraße notwendig werdende Verlegung der Gleise der Bestandsstrecke 1120 nach Süden zieht ihrerseits einen Teilrückbau und damit eine Verkürzung der südlich der Strecke 1120 parallel dazu verlaufenden Güterzugstrecke 1242 nach sich (PFB S. 96 f., 201; Lagepläne, Planunterlagen 3.5 und 3.6 ). Im Güterbahnhof Wandsbek werden durch den Neubau der S-Bahngleise Überholungsgleise "verdrängt" (PFB S. 201). Die hieraus folgenden Kapazitätsverluste auf der vorhandenen Strecke sollen durch den zweigleisigen Ausbau der Verbindungskurve und die Verlängerung der als Güterzugüberholungsgleise dienenden Gleise 3 und 4 im Güterbahnhof Wandsbek abgewendet werden (PFB S. 97, 201). Soweit mit den Maßnahmen in ihrer Gesamtheit auch das Ziel verfolgt wird, infolge der Verlagerung des Personennahverkehrs auf separate S-Bahngleise freiwerdende Kapazitäten auf der Bestandsstrecke 1120 für zusätzliche Fern- und insbesondere Güterverkehre zur Verfügung zu stellen (PFB S. 181, 201, 203; Erläuterungsbericht, Planunterlage 1 S. 14, 23), entspricht dies dem Sinn und Zweck einer Entflechtung unterschiedlicher Verkehre. Damit trägt die Planung dem vom Gesetzgeber für den Großknoten Hamburg grundsätzlich festgestellten Bedarf an einer Engpassbeseitigung (vgl. Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 lfd. Nr. 25 der Anlage zu § 1 BSWAG) Rechnung. Dies geschieht gerade in der Kombination der einzelnen Maßnahmen, die jeweils für sich genommen allenfalls einen geringeren Beitrag zur Verkehrsentflechtung und Engpassbeseitigung zu leisten in der Lage wären.

48 2. Wasserrechtliche Bestimmungen stehen dem Vorhaben nicht entgegen.

49 Ein von den Klägern gerügter Verstoß gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot (§ 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG), das zwingendes, im Rahmen der Planfeststellung strikt zu beachtendes Recht darstellt (BVerwG, Urteile vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 160 und vom 24. Februar 2021 - 9 A 8.20 - Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 80 Rn. 22 f.), ist nicht ersichtlich. Auch aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich nicht, dass eine Verschlechterung des Zustands eines oberirdischen Gewässers oder des Grundwassers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 7 A 1.18 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 18 Rn. 13 ff.) zu erwarten stünde.

50 Hinsichtlich möglicher Schadstoffeinträge oder Verunreinigungen aus dem Baustellenbereich in den Gehölzgraben und von dort in die Wandse liegt dem Planfeststellungsbeschluss die Einschätzung zugrunde, dass bei konsequenter Umsetzung der Auflagen zur Wasserwirtschaft und zum Gewässerschutz (PFB S. 55 ff., Nebenbestimmungen A.4.5) keine nachteiligen baubedingten Auswirkungen auf den Oberflächenwasserkörper al_13 zu erwarten seien; für anlage- oder betriebsbedingte Auswirkungen bestünden keinerlei Anhaltspunkte (PFB S. 238 f.). Auch für den Grundwasserkörper sei weder in mengenmäßiger noch in chemischer Hinsicht mit einer Zustandsverschlechterung zu rechnen (PFB S. 239 f.). Diese auf umfangreiche Untersuchungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung, insbesondere ein hydrogeologisches Gutachten (Planunterlage 19.1), gestützte Einschätzung ist nicht zu beanstanden und wird von den Klägern, die die einschlägigen Planunterlagen lediglich selektiv zitieren, nicht substantiiert angegriffen.

51 3. Das Vorhaben begegnet keinen habitatrechtlichen Bedenken.

52 Im 1. Planfeststellungsabschnitt liegen keine FFH-Gebiete. Eine Betroffenheit des im Planfeststellungsabschnitt 2 gelegenen FFH-Gebiets "Stellmoorer Tunneltal/Höltigbaum DE 2327-302" und des im Planfeststellungsabschnitt 3 liegenden FFH-Gebiets "Kammmolchgebiet Höltigbaum/Stellmoor DE 2327-301" ist aufgrund der Entfernung vom Abschnittsende des Planfeststellungsabschnitts 1 ausgeschlossen. Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss daher davon aus, dass in dem 1. Planungsabschnitt lediglich eine summarische Prüfung erforderlich ist, ob im weiteren Verlauf eine erhebliche Beeinträchtigung der Gebiete bestehen könnte und ob gegebenenfalls für die Planfeststellungsabschnitte 2 und 3 die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 34 Abs. 3 BNatSchG bestehen (PFB S. 218 ff.). Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach ist eine summarische Prüfung erforderlich, aber auch ausreichend, ob der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 115 und vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 68 Rn. 32 <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt>).

53 Auf der Basis der vorliegenden Umweltverträglichkeitsuntersuchung und der im Zeitpunkt der Planfeststellung bereits vorliegenden FFH-Verträglichkeitsprüfung und FFH-Ausnahmeprüfung für den Planfeststellungsabschnitt 2 war für den Streckenverlauf die Prognose zulässig, dass Gebietsschutzrecht dem Vorhaben nicht entgegensteht. Die Kläger haben nicht substantiiert dargetan, dass dem Gesamtvorhaben in den Folgeabschnitten ein unüberwindbares naturschutzrechtliches Planungshindernis entgegensteht. Soweit sie beanstanden, die diesbezüglichen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 218 ff.) ließen eine nachvollziehbare Begründung vermissen und die von der Beklagten für den Planungsabschnitt 2 durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung genüge mit Blick auf die Zulässigkeit einer Abweichung gemäß § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht den rechtlichen Anforderungen, verfehlen sie bereits den hier relevanten Maßstab. Umstände, die aufgrund einer summarischen Sachverhaltswürdigung den Schluss auf das Bestehen unüberwindbarer habitatschutzrechtlicher Hindernisse rechtfertigen würden, zeigen sie damit nicht auf. Der von ihnen für vorzugswürdig gehaltene Neubau einer zweigleisigen Güterverkehrsstrecke zwischen Hamburg und Lübeck entlang der Bundesautobahnen A 1 und A 24 ("Variante A1") stellt schon deshalb keine schonendere Alternative im Sinne von § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG dar, weil es sich dabei um ein anderes Vorhaben handeln würde (hierzu unter C.II.6.a)bb)).

54 4. Auch einen Verstoß gegen artenschutzrechtliche Regelungen zeigen die Kläger nicht auf. Sie rügen das Fehlen einer methodengerechten Bestandserfassung von Fledermausarten; der Landschaftspflegerische Begleitplan (Planunterlage 14.1) enthalte keinerlei Angaben zu Art und Umfang durchgeführter Kartierungen. Damit dringen die Kläger nicht durch. Im Planfeststellungsbeschluss wird zu dem Vorgehen bei der Fledermaus-Bestandserfassung mitgeteilt, dass die Kartierung hinsichtlich des Untersuchungsgebiets und der Methode in einem Scoping-Termin abgestimmt und gemäß EBA-Umweltleitfaden durchgeführt worden sei; zum Einsatz seien Sichtbeobachtung, Detektor und Horchboxen gekommen; nach einem ersten Durchgang zur Biotopeinschätzung sei mit der Naturschutzbehörde abgestimmt worden, welche Gebiete als Jagdgebiete genauer erfasst und bewertet würden (PFB S. 221). Die Beigeladene hat mitgeteilt, dass Zeitpunkt, Methoden, Rahmenbedingungen und Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen in Kartierberichten dokumentiert seien. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.

55 5. Der rechtlich gebotene Lärm- und Erschütterungsschutz ist sowohl für die Bauzeit als auch für die vom Betrieb des Schienenweges ausgehenden Immissionen gewahrt.

56 a) Dass der nach Maßgabe von §§ 41 ff. BImSchG und der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) gebotene Lärmschutz gegen die von dem Betrieb des Planfeststellungsabschnitts ausgehenden Schienenverkehrsgeräusche nicht gewahrt wäre, zeigen die Kläger nicht substantiiert auf. Sie können daher mit Blick auf den Schienenverkehrslärm weder die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch die mit dem zweiten Hilfsantrag geltend gemachten weitergehenden Schutzmaßnahmen beanspruchen.

57 Ohne Erfolg rügen sie, die nach der Prognose 2030 geringeren Güterverkehrszahlen als nach der - hier gemäß § 18g Satz 1 und 2 AEG für die Lärmbewertung grundsätzlich maßgeblichen - Prognose 2025 seien in Anbetracht der bevorstehenden Inbetriebnahme der Festen Fehmarnbeltquerung unplausibel und nicht nachvollziehbar. Das Vorbringen verfängt nicht. Nach Angaben der Beigeladenen berücksichtigt schon die Prognose 2025 Verkehrszuwächse aus der Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung, die im Zeitpunkt der Erstellung dieser Prognose bereits für das Jahr 2025 erwartet worden sei. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.

58 Soweit die Kläger die Aussagekraft der im Rahmen der Schalltechnischen Untersuchung erstellten Schallprognose unter Hinweis auf die konkreten betrieblichen Rahmenbedingungen in Zweifel zu ziehen suchen, ist ein Verstoß gegen die insoweit maßgeblichen rechtlichen Vorgaben für die Berechnung des Beurteilungspegels gemäß § 4 der 16. BImSchV i.V.m. Anlage 2 (Schall 03) nicht erkennbar. Das gilt für die Berücksichtigung der Windverhältnisse gemäß Anmerkung 1 zu Nr. 6.1 der Schall 03. Möglichen höheren Fahrgeräuschen beim Durchfahren der Horner Verbindungskurve ("Kurvenquietschen") begegnet der Planfeststellungsbeschluss, der Schalltechnischen Untersuchung folgend (vgl. Planunterlage 15.1 S. 18, 26, 34, 36, 49, 53) und gestützt auf Nr. 4.9 Satz 2 der Schall 03, mit einer Auflage zum Einsatz von Schienenschmiereinrichtungen (PFB S. 72, 265). Hinsichtlich der beim Überfahren von Weichen auftretenden besonderen (impulshaltigen) Geräusche ist auf Nr. 4.3 der Schall 03 zu verweisen. Danach werden diese Geräusche (u.a.) durch Ansatz einer Mindestfahrgeschwindigkeit von 70 km/h berücksichtigt. Allerdings gilt diese Regelung nur im Bereich von (Personen-)Bahnhöfen (innerhalb der Einfahrsignale) und an Haltepunkten bzw. in Haltestellenbereichen (Bahnsteiglänge zuzüglich auf jeder Seite 100 m) und somit nicht für die außerhalb dieses Bereichs liegenden Weichen der Horner Verbindungskurve. Im Übrigen ist der Schall 03 für Weichenüberfahrten kein besonderer Lästigkeitszuschlag zu entnehmen.

59 b) Der Vortrag der Kläger zu schienenverkehrsbedingten Erschütterungen ist unsubstantiiert. Sie setzen sich mit den einschlägigen Nebenbestimmungen und dem ihnen zugrunde liegenden Schutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses (A.4.10.4 und B.4.20.4, S. 77 ff., 273 ff.) nicht auseinander. Soweit die Kläger höhere Güterverkehrszahlen jedenfalls nach Fertigstellung der Festen Fehmarnbeltquerung befürchten, ist eine solche Verkehrszunahme in der auch dem Erschütterungsgutachten (Erläuterungsbericht, Planunterlagen 16.1) zugrunde liegenden Verkehrsprognose 2025 nach der unwidersprochen gebliebenen Angabe der Beigeladenen bereits berücksichtigt worden. Die in dem Gutachten (Erläuterungsbericht, Planunterlagen 16.1 S. 29) ausgewiesenen Fälle einer erheblichen Zunahme von Erschütterungswirkungen, auf die sich die Kläger beziehen, betreffen die Situation, dass keine Gegenmaßnahmen ergriffen würden, wie sie der Planfeststellungsbeschluss aber gerade vorsieht.

60 c) Die Kläger haben keinen Anspruch auf Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um zusätzliche Schutzvorkehrungen gegen baubedingte Geräuschimmissionen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG oder weitergehende diesbezügliche Entschädigungsregelungen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfG. Es ist nicht zu erkennen, dass das planfestgestellte Schutzkonzept (vgl. PFB A.4.10.1 und B.4.20.1 S. 66 ff., 246 ff.) den rechtlichen Anforderungen, wie sie sich insbesondere aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG i.V.m. der gemäß § 66 Abs. 2 BImSchG maßgeblichen AVV Baulärm ergeben, nicht genügen würde.

61 Die Kläger ziehen das Schutzkonzept nicht substantiiert in Zweifel. Dass die Beklagte von unzutreffenden tatsächlichen Annahmen in Bezug auf die Ausführung lärmintensiver Arbeiten auch in der Nacht sowie hinsichtlich der Dauer der Geräuscheinwirkungen auf einzelne Anwohner (Stichwort: "Wanderbaustelle") ausgegangen wäre, trifft nicht zu. Die vorgesehene Entschädigungsregelung (PFB A.4.10.1.7, S. 70 f.) ist in einem für die Planfeststellung hinreichenden Maße bestimmt.

62 d) Das Vorbringen der Kläger zu nachteiligen Wirkungen, namentlich unzumutbaren Geräuschimmissionen durch Bauarbeiten, S-Bahnzüge und Pkw-Verkehr aufgrund des Neubaus der S-Bahn-Station "Claudiusstraße" greift nicht durch. Zu Recht weist die Beigeladene darauf hin, dass das Vorbringen keine eigene immissionsschutzrechtliche Prüfung nach sich ziehen kann, sondern insbesondere auch im Rahmen der Schallprognosen bereits in die Abwägung der Folgen des Vorhabens eingestellt ist. Auf die Beibehaltung einer besonderen Verkehrssituation im Umfeld haben die Kläger ohnehin keinen Anspruch. Hat eine Planung die Verschlechterung der für ein Grundstück bisher bestehenden Verkehrsverhältnisse zur Folge, so wird der Anlieger dadurch in aller Regel nicht in seinen Rechten verletzt (BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2004 - 9 A 27.03 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 59 S. 44). Dass hier eine Ausnahme anzunehmen wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

63 6. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinen Mängeln der fachplanerischen Abwägung.

64 a) Die Alternativenprüfung ist nicht zu beanstanden.

65 Das fachplanerische Abwägungsgebot (§ 18 Abs. 1 Satz 2 AEG a.F.) verlangt, sich ernsthaft anbietende Alternativlösungen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials zu berücksichtigen und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen (BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 2018 - 7 B 15.17 - Buchholz 451.224 § 36 KrWG Nr. 1 Rn. 16). Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit wären nur überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge fehlerhafter Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen wäre oder sich eine andere Variante unter Berücksichtigung aller Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - NVwZ 2014, 1008 Rn. 117 <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 149, 31>).

66 aa) Die Nullvariante hat die Beklagte zu Recht ausgeschieden.

67 Sie hatte insoweit zu prüfen, ob das Gewicht der Belange, die dem Vorhaben entgegenstehen, einen Verzicht auf das Vorhaben erzwingt (vgl. Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 74 VwVfG Rn. 128). Dieser Pflicht ist die Beklagte nachgekommen (vgl. PFB S. 202 ff.).

68 Die Planfeststellungsbehörde hat die mit der Verwirklichung des Vorhabens verbundenen Vorteile für die Verkehrsverhältnisse in der Metropolregion Hamburg für bedeutend genug erachtet, um die Nachteile bei Verwirklichung des Vorhabens aufzuwiegen. Hierbei hat sie die vorherrschenden Beeinträchtigungen durch Immissionen und Grundstücksinanspruchnahmen sowie die Beeinträchtigungen des Naturhaushalts ihrem Ausmaß nach erkannt und gewichtet, ihnen aber kein solches Gewicht beigemessen, dass sie einen Entfall des Vorhabens erzwingen. Dies ist von ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit gedeckt. Die Kläger übersehen, dass die gesetzliche Bedarfsfeststellung auch bei der Prüfung, ob zwingende Gründe den Verzicht auf die Planung erzwingen, zu beachten ist. Die durch die Aufnahme in den Bedarfsplan für die Bundesschienenwege ("Knoten Hamburg") getroffene Feststellung, dass ein verkehrlicher Bedarf besteht, ist für die Planfeststellung verbindlich und so auch als Belang in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2005 - 4 A 4.04 - BVerwGE 123, 37 <43>).

69 Eine Optimierung der RB81-Linie als Nullvariante ist entgegen der Auffassung der Kläger bei der mit dem S-Bahnausbau angestrebten Steigerung der Fahrgastzahlen bis 2030 nicht geeignet, den Personennahverkehr zwischen Bad Oldesloe und Hamburg Hauptbahnhof zu verbessern. Während im Prognosenullfall (Bezugsfall; RE8, RE80 und RB81) werktags mit 40 300 Ein- und Aussteigern zu rechnen ist, erhöht sich deren Anzahl bei Umsetzung des Planvorhabens (Planfall; RE8, RE80 und S4) auf 64 000. Eine entsprechende Erhöhung der Zugzahlen bzw. Zuglängen ist auf der bestehenden und bereits jetzt stark ausgelasteten Strecke nicht möglich (vgl. PFB S. 203). Eine Erhöhung der Zugzahlen des Schienenpersonennahverkehrs auf der Bestandsstrecke würde weder die angestrebte Zurverfügungstellung von mehr Trassen für den schnellen Nahverkehr sowie den Fern- und Güterverkehr bewirken noch zu einer Entlastung des Hamburger Hauptbahnhofs führen (vgl. PFB S. 203).

70 Vor diesem Hintergrund gehen die Überlegungen der Kläger zu alternativen Konzepten der RB81 ins Leere.

71 Dies gilt auch für den Bau eines dritten Fernbahngleises bei gleichzeitigem Verzicht auf den Neubau der S-Bahngleise, der zu Recht bereits bei einer Grobbetrachtung ausgeschieden worden ist. Der Planfeststellungsbeschluss weist insoweit darauf hin, dass der Ausbau eines dritten Gleises als Teilmaßnahme des Projekts "ABS Hamburg-Ahrensburg" nicht in den Vordringlichen Bedarf aufgestiegen sei, während die EBWU die gewählte Lösung eines zweigleisigen Neubaus der S-Bahngleise als robust und nachhaltig bewertet habe. Dass der Ausbau nur eines weiteren Fernbahngleises nicht in der Lage ist, die verschiedenen Verkehre zu entflechten und den Hamburger Hauptbahnhof zu entlasten, wird im Planfeststellungsbeschluss ebenfalls überzeugend dargelegt (PFB S. 203 f.). Ergänzend haben die Sachbeistände der Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass ohne eine separate Trasse für den Personennahverkehr der über mindestens 7 Stunden angestrebte 10-Minuten-Takt der S-Bahn aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenzen zwischen den verschiedenen Personenverkehren einerseits und zwischen Güterverkehr und Personenverkehr andererseits, nicht realisierbar sei. Bei einer gemeinsamen Trassennutzung durch den Personennah- und -fernverkehr sowie den Güterverkehr seien Zugkreuzungen und Überholungen mit den dadurch verursachten Nachteilen wie Verspätungsübertragungen unvermeidlich.

72 bb) Umfahrungsvarianten hat die Planfeststellungsbehörde zu Recht ausgeschlossen.

73 Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen einerseits alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt werden. Eine Planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. Die Planfeststellungsbehörde ist dabei nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offenzuhalten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen oder von dritter Seite vorgeschlagenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Sie braucht den Sachverhalt nur so weit zu klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist; Alternativen, die ihr aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Ergibt sich dagegen nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials die Vorzugswürdigkeit einer Trasse, so muss die Behörde die dann noch ernsthaft in Betracht kommenden Trassenalternativen im weiteren Planungsverfahren detaillierter untersuchen und vergleichen. Die ausweislich der Festsetzungen im Bedarfsplan erkennbare Bedarfsstruktur ist bei der Trassenwahl als gesetzgeberische Wertung in der planerischen Abwägung zu berücksichtigen (hierzu BVerwG, Urteil vom 15. Oktober 2020 - 7 A 9.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 92 Rn. 124 f. m.w.N.).

74 Läuft eine Variante auf ein anderes Projekt hinaus, kann von einer Alternative aber nicht mehr gesprochen werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Mai 1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <13 f.>, vom 17. Mai 2002 - 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <259 ff.>, vom 3. Mai 2013 - 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 85 und vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 138). Solche Varianten brauchen nicht näher geprüft zu werden.

75 Ob eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft, ist anhand der mit dem Vorhaben zulässigerweise verfolgten Planungsziele zu beurteilen. Durch die Zieldefinition kann der Vorhabenträger die in Betracht kommenden Alternativen eingrenzen. Dabei entfalten gesetzliche Bedarfsfeststellungen anders als nur politisch vorgegebene Ziele ein höheres Gewicht, das sich auf der Zulassungsebene "alternativenbegrenzend" auswirken kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2009 - 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 16 und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 411; vgl. Hösch, UPR 2014, S. 401 <402>). Entsprechendes gilt für die Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zum Aufstieg des Knotens Hamburg in den Vordringlichen Bedarf, in der der Ausbau der S4 Ost zwischen Hasselbrook und Ahrensburg als Planziel (Planfall) festgestellt wird. Die darin zum Ausdruck kommende Konkretisierung der Planungsziele beruht auf der gesetzlichen Ermächtigung in Abschnitt 2, Unterabschnitt 2 der Anlage zu § 1 BSWAG.

76 Gemessen an diesen Maßstäben scheidet die von den Klägern unter Berufung auf die Ausarbeitungen der V. GmbH Innovative Verkehrsberatung favorisierte Güterumfahrungsvariante entlang der Bundesautobahn A 1 von vornherein aus. Zwar könnte das Planungsziel einer Entflechtung der Verkehre auch auf diese Weise erreicht werden. Es würde sich aber gleichwohl um ein anderes Projekt handeln, das die Gesamtkonzeption des Vorhabens "Neubau S4 (Ost) Hamburg-Bad Oldesloe" und die vielfältigen damit verbundenen Ziele nicht in einem Vorhaben verwirklicht, sondern in zwei Vorhaben aufspaltet. Diese "Konzeptalternative" setzt die in der Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums und der ihr zugrunde liegenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung festgelegten Planungsziele nicht durch den dort vorgesehenen Neubau der S4 um, sondern versucht sie auf eine grundsätzlich andere Weise zu erreichen. Sie wahrt nicht die Identität des Vorhabens und stellt ein Aliud gegenüber der vorgegebenen Planung dar (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 139 und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 412). Hierdurch unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung auch von derjenigen, die der Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 2020 zur Ausbaustrecke Oldenburg-Wilhelmshaven (BVerwG 7 A 9.19 ) zugrunde lag. Die dort getroffene Aussage, dass das fachplanerische Abwägungsgebot bei der Planfeststellung eines im Bedarfsplan als Ausbauvorhaben ausgewiesenen Schienenwegevorhabens verlangt, auch solche planerischen Alternativen in die Alternativenprüfung einzubeziehen, die als Streckenneubau zu qualifizieren wären, ändert nichts daran, dass nur solche Neubauvorhaben zu prüfen sind, die sich nicht als planerisches Aliud darstellen.

77 cc) Ohne Erfolg rügen die Kläger das Fehlen einer Alternativenprüfung zum zweigleisigen Ausbau der Horner Verbindungskurve. Mit ihrer Kritik an der Leistungsfähigkeit der zweigleisigen Kurve vermögen sie nicht durchzudringen. Sie setzen sich schon nicht substantiiert damit auseinander, dass die EBWU eine wirtschaftlich optimale Betriebsqualität der geplanten Infrastruktur ergeben hat. Überdies weist die Beigeladene überzeugend darauf hin, dass selbst eine aufgrund der notwendig werdenden Zugkreuzungen unterstellte Reduktion der Leistungsfähigkeit der Strecke 1120 von 12 auf 6 Güterzüge pro Stunde zu keiner Gefährdung des geplanten Betriebsprogramms führte. Dies gelte sowohl bei Zugrundelegung der Prognose 2025 und 2030 als auch des Deutschlandtaktes. Abgesehen davon führt der planfestgestellte Bau einer separaten S-Bahn-Trasse zu einem gewissen Ausgleich für die vorhabenbedingte Einschränkung der Strecke 1120. Den Verzicht auf einen (vollständigen) Erhalt der Strecke 1242 als fünftes Gleis begründet der Planfeststellungsbeschluss in nicht zu beanstandender Weise mit der Vermeidung des ansonsten bestehenden zusätzlichen Flächenbedarfs unter Inanspruchnahme privaten Eigentums (PFB S. 227). Eine mit Blick auf die Optimierung der Verkehrsflüsse eindeutig vorzugswürdige Variante zeigen die Kläger nicht auf.

78 b) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, die Abschnittsbildung verstoße gegen den Grundsatz der Konfliktbewältigung, weil der Planungsabschnitt 1 im Vergleich zu den weiteren Abschnitten deutlich kürzer gebildet worden sei, um die Problematik der Natura 2000-Gebietsverträglichkeit auf die Folgeabschnitte zu verlagern.

79 Einen Rechtsfehler der Abschnittsbildung, deren grundsätzliche Zulässigkeit in der Rechtsprechung geklärt ist (BVerwG, Beschluss vom 11. November 2020 - 7 VR 5.20 - juris Rn. 15 m.w.N.), zeigen die Kläger nicht auf. Es ist nicht erkennbar, dass die Planfeststellungsbehörde das ihr insoweit zukommende Ermessen überschritten hat, namentlich sachwidrige Motive verfolgt haben könnte. Die Aufteilung der beiden innerhalb Hamburgs gelegenen ersten beiden Planungsabschnitte hat sie mit der technischen Komplexität der Baumaßnahmen, die gerade im kürzeren Planungsabschnitt 1 sehr ausgeprägt sei, begründet (PFB S. 197). Diese Erwägung ist mit Rücksicht auf die Planunterlagen nachvollziehbar und sachgerecht. Die gewählte Abschnittsbildung führt auch nicht dazu, dass durch das Gesamtvorhaben ausgelöste Probleme unbewältigt blieben oder Rechtsschutz unmöglich gemacht oder unzumutbar erschwert würde (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 50 m.w.N.). Die Prüfung der von den Klägern angesprochenen Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen erst in den Planungsabschnitten 2 und 3 betroffener Natura 2000-Gebiete kann ohne Verstoß gegen den Grundsatz der Konfliktbewältigung der Planung dieser Folgeabschnitte vorbehalten bleiben. Für die Rechtmäßigkeit der den Planungsabschnitt 1 betreffenden Planung ist es insoweit ausreichend aber auch notwendig, dass nach einer summarischen Prüfung der Verwirklichung des Gesamtvorhabens auch im weiteren Verlauf keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen (BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2013 a.a.O.). So liegt es hier (vgl. oben C.II.3.).

80 c) Ohne Erfolg bleibt der von den Klägern zu 2 und 3 in Bezug auf die Inanspruchnahme gerade ihres Grundstücks erhobene Einwand, die bauzeitliche teilweise Inanspruchnahme als Baustelleneinrichtungsfläche und für eine Baustraße sei nicht erforderlich. Die Kläger verweisen hierzu lediglich darauf, dass in der unmittelbaren Nachbarschaft mit dem Flurstück X (R.straße 28) ein aufgrund seines Zuschnitts und im Hinblick auf das Bodenniveau besser geeignetes Grundstück zur Verfügung stehe. Der Einwand verfängt nicht. Insbesondere ist das Flurstück X, das im Übrigen seinerseits bereits teilweise bauzeitlich (und auch dauerhaft) in Anspruch genommen wird (vgl. Grunderwerbsplan, Planunterlage 5.3; Grunderwerbsverzeichnis, Planunterlage 6, lfd. Nr. ...), kleiner als das klägerische Grundstück. Die Vertreter der Beklagten und der Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert, dass unterschiedliche Bodenniveaus der Grundstücke den zur Herstellung von Baustelleneinrichtungsfläche und Baustraße nötigen Aufwand nicht wesentlich beeinflussen. Die Kläger zu 2 und 3 zeigen nicht substantiiert auf, dass die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde, die beabsichtigte Flächeninanspruchnahme sei für die temporäre Anlegung der Baustelleneinrichtungsfläche und der Baustraße zwingend notwendig (PFB B.4.38.25 S. 400 f.), gleichwohl abwägungsfehlerhaft sein könnte.

81 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO. Die gesamtschuldnerische Haftung der Kläger zu 2 und 3 folgt aus § 159 Satz 2 VwGO.