Verfahrensinformation

Klagen gegen die Planfeststellung für den 2. Bauabschnitt der Verlegung der B 173 in Flöha


Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für die 3. Planänderung der Verlegung der B 173 in Flöha vom 29. August 2023.


Die Kläger im Verfahren 9 A 9.23 sind anerkannte Umweltverbände. Ihre Klagen gegen den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss für die Verlegung der B 173 in Flöha vom 11. Dezember 2007 führten zu einem gerichtlichen Vergleich. Danach sollte der Planfeststellungsbeschluss in dem Teilbereich der B 173, auf den sich der Planfeststellungsbeschluss für die 3. Planänderung vom 29. August 2023 als 2. Bauabschnitt bezieht, nicht vollzogen werden. Insoweit wurde ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren durchgeführt, dessen Ergebnis der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 2023 ist. Der darin planfestgestellte 1.720 m lange 2. Bauabschnitt der B 173 überquert das Flöhatal mit einer 575 m langen Talbrücke. Die Trasse kreuzt dabei geradlinig das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Flöhatal. Sie zerschneidet außerdem ein Grundstück des Klägers zu 1 im Verfahren 9 A 13.23, das dieser als Erweiterungsfläche für den angrenzenden Gewerbebetrieb der Klägerin zu 2 in diesem Verfahren erworben hatte. Der Gewerbebetrieb befindet sich im Gewerbegebiet Falkenau auf einem Grundstück der Klägerin zu 3 in diesem Verfahren.


Im Verfahren 9 A 9.23 machen die klagenden Umweltverbände vor allem Verstöße gegen das Habitat- und Artenschutzrecht, das Wasser- und Klimaschutzrecht sowie gegen das Abwägungsgebot bei der Auswahl der Trasse geltend. Die Kläger im Verfahren 9 A 13.23 rügen neben Verfahrensfehlern ebenfalls die Abwägungsfehlerhaftigkeit der Trassenwahl.


Pressemitteilung Nr. 9/2025 vom 19.02.2025

Planfeststellung der Ortsumgehung Flöha ganz überwiegend rechtmäßig

Der Planfeststellungsbeschluss für den 2. Bauabschnitt der Verlegung der B 173 in Flöha (Sachsen) ist nur insoweit rechtswidrig, als nicht ausreichend geprüft wurde, ob das Vorhaben hinsichtlich der Einleitung von Straßenabwässern in die Zschopau mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot vereinbar ist. Er ist deshalb nicht vollziehbar, bis diese Prüfung nachgeholt worden ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Das Vorhaben betrifft den 1,7 km langen 2. Bauabschnitt einer im Übrigen bereits abgeschlossenen Straßenbaumaßnahme. Das planfestgestellte Straßenstück beginnt östlich von Flöha und überquert das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Flöhatal mit einer 575 m langen Talbrücke, bevor es bei Falkenau in die bestehende B 173 mündet. Die Kläger sind anerkannte Umweltverbände. Einem der Kläger gehört außerdem ein von der Talbrücke überquertes Grundstück auf der sogenannten Flöhainsel, das er auf Grund einer Genehmigung aus dem Jahr 2005 aufgeforstet hat.


In der mündlichen Verhandlung hat die beklagte Planfeststellungsbehörde vier Protokollerklärungen zum Planfeststellungsbeschluss abgegeben. Diese ergänzen und ändern artenschutz- und wasserrechtliche Nebenbestimmungen und erteilen im Einvernehmen mit der unteren Wasserbehörde wasserrechtliche Erlaubnisse für die breitflächige Versickerung von Straßenabwässern.


Das Bundesverwaltungsgericht hat den Planfeststellungsbeschluss nur wegen der teilweise unzureichenden Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt. Alle übrigen Einwände der Kläger, die Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, den Habitatschutz, den Biotopschutz, den Artenschutz, das Wasserrecht, die Trassenwahl und den Klimaschutz betrafen, hatten unter Berücksichtigung der Protokollerklärungen keinen Erfolg. Insbesondere hat das Bundesverwaltungsgericht eine erhebliche Beeinträchtigung des Flora-Fauna-Habitat-Gebiets Flöhatal durch die Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf die Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel verneint. Diese Fläche erfüllt nicht die unionsrechtlichen Anforderungen an einen Weichholzauenwald des prioritären Lebensraumtyps 91E0*.


BVerwG 9 A 9.23 - Urteil vom 19. Februar 2025


Urteil vom 19.02.2025 -
BVerwG 9 A 9.23ECLI:DE:BVerwG:2025:190225U9A9.23.0

Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für den 2. Bauabschnitt der Ortsumfahrung Flöha

Leitsätze:

1. Die Entscheidung über die habitatschutzrechtliche Zulässigkeit nach § 34 BNatSchG bedarf im Planfeststellungsverfahren nach §§ 17 ff. FStrG nicht des Einvernehmens mit der Naturschutzbehörde nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG. Die Planfeststellungsbehörde kann von fachlichen Stellungnahmen der Naturschutzbehörden abweichen. Wegen deren besonderer Fachkompetenz bedarf dies jedoch eines erhöhten Argumentationsaufwands.

2. Vertritt ein Sachbearbeiter im Verwaltungsverfahren eine bestimmte Rechtsauffassung, rechtfertigt dies die Besorgnis seiner Befangenheit (§ 21 VwVfG) nur dann, wenn er von vornherein jeglichen Gegeneinwänden per se die Berechtigung abspricht oder er sich begründeten Gegeneinwänden hartnäckig widersetzt.

3. Das Vorliegen des Lebensraumtyps 91E0* nach Anhang I FFH-RL in seiner Ausprägung als Weichholzauenwald setzt eine im Wechsel der Jahreszeiten mit dem jährlichen Anstieg des Fluss- oder Bachpegels erfolgende Überflutung voraus.

4. Ist eine erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis im Planfeststellungsbeschluss entgegen § 19 Abs. 1 WHG nicht enthalten oder rechtswidrig erteilt worden, führt dies nur dann zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, wenn die Gewässerbenutzung an einer unüberwindlichen rechtlichen Hürde scheitert, das Vorhaben sich ohne sie nicht verwirklichen lässt und es sich deshalb im Sinne des Planungsrechts nicht als erforderlich erweist.

5. Verstößt die Planfeststellungsbehörde gegen ihre Verpflichtung nach Art. 4 Abs. 1 WRRL, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot und dem Verbesserungsgebot nach der Wasserrahmenrichtlinie vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen, steht dies nicht nur der Rechtmäßigkeit der Erlaubnisse für die mit dem Vorhaben verbundene Gewässerbenutzungen entgegen, sondern hat auch die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge (im Anschluss an BVerwG, Hinweisbeschluss vom 25. April 2018 - 9 A 16.16 - juris Rn. 47).

6. Eine nur rechnerische Erhöhung der Schadstoffkonzentration im Gewässerkörper begründet keine Verschlechterung dessen Zustands; diese muss vielmehr auch messtechnisch nachweisbar sein (im Anschluss an stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 7 A 1.18 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 18 Rn. 109 f.; Vorlagebeschluss vom 25. April 2018 - 9 A 16.16 - juris Rn. 49).

7. § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG gebietet das Einstellen der ermittelten klimarelevanten Auswirkungen in die Abwägung ohne gesetzlich vorgegebene Gewichtung oder Bindungswirkung. Ein etwaiges Verfehlen der Klimaziele für den Verkehrssektor ohne schlüssiges Minderungskonzept führt nicht dazu, dass Vorhaben im Verkehrsbereich nicht mehr ohne Verstoß gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG zugelassen werden können.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 67 Abs. 4 Satz 1
    UmwRG § 2 Abs. 4, § 3
    VwVfG § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 24 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, §§ 26, 73 Abs. 3a Satz 1 und 2, § 75 Abs. 1 Satz 1
    UVPG § 6 Abs. 3 Satz 3, § 9 Abs. 1 Satz 4, Abs. 1a Nr. 5
    FStrG a. F. § 17 Abs. 1 Satz 1 und 3
    FStrG § 9a Abs. 1 Satz 1, § 17e Abs. 3 Satz 1 und 2
    BNatSchG § 30 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 und 8, § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3, Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 2, Abs. 7 Satz 1 und 2, § 44 Abs. 1 Nr. 1
    WHG § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 11 Abs. 1, §§ 13, 18, 19 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, § 58 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 68 Abs. 1 und 3
    KSG §§ 3, 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6, § 13 Abs. 1 Satz 1, Anlage 1
    OGewV § 5 Abs. 3, Anlage 3 Nr. 1, Anlage 5 Nr. 1, Anlage 6 Nr. 32 und 67, Anlage 7, Anlage 8 Tab. 2 Nr. 6, 15 und 28, Anlage 9 Nr. 1.2, Nr. 1.3
    GrwV § 4 Abs. 1 und 2 Nr. 2 Buchst. c, § 5 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1, § 9 Abs. 1, Anlage 2, Anlage 4 Nr. 1.1
    SächsNatSchG § 23 Abs. 1 Satz 1 und 2
    FFH-RL Art. 1 Buchst. a, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 3 Satz 2, Art. 6 Abs. 4
    VS-RL Art. 4 Abs. 1 und 2
    WRRL Art. 4 Abs. 1 Buchst. a und b, Art. 8 Abs. 3, Anhang V Nr. 1.3, Nr. 2.4.1 Satz 2
    EUV Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 19.02.2025 - 9 A 9.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:190225U9A9.23.0]

Urteil

BVerwG 9 A 9.23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Plog am 19. Februar 2025 für Recht erkannt:

  1. Der Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen vom 29. August 2023 für das Vorhaben "B 173 Verlegung in Flöha 3. Planänderung" in der Fassung des Begründungsergänzungsbeschlusses vom 9. Dezember 2024 und der Protokollerklärungen vom 11. Februar 2025 ist rechtswidrig und nicht vollziehbar.
  2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für die 3. Planänderung der Verlegung der Bundesstraße B 173 in Flöha vom 29. August 2023.

2 Der Planfeststellungsbeschluss betrifft den 1 720 m langen 2. Bauabschnitt der im Übrigen bereits fertiggestellten Verlegung der B 173 in Flöha. Der planfestgestellte Straßenabschnitt verläuft vom Knotenpunkt 3 östlich von Flöha, der die B 173 mit der Staatsstraße S 223 verknüpft, geradlinig durch das FFH-Gebiet Flöhatal nach Nordosten. Er überquert dabei das Flöhatal und die sogenannte Flöhainsel mit einer 575 m langen Talbrücke. Bei Falkenau mündet er in die bestehende B 173.

3 Die Kläger sind nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigungen. Der Kläger zu 2 ist außerdem Eigentümer des 100 070 m² großen Flurstücks a der Gemarkung ... auf der Flöhainsel, das bis 2002 als Ackerfläche genutzt und auf der Grundlage einer Genehmigung vom 30. März 2005 aufgeforstet wurde. 1 570 m² des Flurstücks sollen nach dem Planfeststellungsbeschluss erworben, 1 235 m² dauerhaft belastet und 6 205 m² vorübergehend in Anspruch genommen werden.

4 Die beim Bundesverwaltungsgericht erhobenen Klagen der Kläger (9 A 16.08 und 9 A 11.08 ) gegen den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss für die Verlegung der B 173 in Flöha vom 11. Dezember 2007 mündeten am 11. November 2009 in einen gerichtlichen Vergleich. Danach sollte der Planfeststellungsbeschluss vom 11. Dezember 2007 in der Fassung einer Änderungs- und -ergänzungsgenehmigung vom 4. November 2009 für den vorliegenden Abschnitt nicht vollzogen werden. Stattdessen sollte für diesen Bereich ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren einschließlich einer ergebnisoffenen erneuten Variantenprüfung durchgeführt werden.

5 Mit Schreiben vom 29. Juli 2015 beantragte der Vorhabenträger die Planfeststellung für eine 3. Planänderung, die die seitdem als 2. Bauabschnitt bezeichnete Teilstrecke betrifft, auf die sich der Vergleich bezieht. Die Vorzugsvariante 100 optimiert (im Folgenden: 100 opt.), für die die Planfeststellung beantragt wurde, soll auf derselben Trasse verlaufen wie die im Planfeststellungsbeschluss vom 11. Dezember 2007 planfestgestellte Vorzugsvariante. Jedoch wurde die Brücke zur Querung des Flöhatals und des darin liegenden FFH-Gebiets modifiziert.

6 Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 2023 haben die Kläger am 5. Oktober 2023 Klage erhoben. Sie rügen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften sowie gegen das Habitatschutzrecht, das Biotopschutzrecht, das Artenschutzrecht, das Wasserrecht und das Klimaschutzrecht. Außerdem halten sie die Variantenprüfung für fehlerhaft.

7 Während des Klageverfahrens hat der Beklagte die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses mit Begründungsergänzungsbeschluss vom 9. Dezember 2024 um Ausführungen zur Offenlegung des Klimaschutzbeitrags ergänzt und die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erhobenen Einwendungen der Kläger zurückgewiesen.

8 In der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2025 hat der Beklagte vier Protokollerklärungen abgegeben. Diese ergänzen und ändern artenschutz- und wasserrechtliche Nebenbestimmungen und erteilen im Einvernehmen mit der unteren Wasserbehörde wasserrechtliche Erlaubnisse für die breitflächige Versickerung von Straßenabwässern. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

9 Die Kläger beantragen,

  1. den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen vom 29. August 2023 für das Vorhaben "B 173 Verlegung in Flöha 3. Planänderung" in der Fassung des Begründungsergänzungsbeschlusses vom 9. Dezember 2024 und der Protokollerklärungen vom 11. Februar 2025 aufzuheben,

  1. hilfsweise, festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.

10 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

11 Er verteidigt den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss.

12 Die Vertreterin des Bundesinteresses hat sich nicht am Verfahren beteiligt.

II

13 Die zulässige Klage ist nach § 2 Abs. 4 UmwRG begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt gegen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung über die Zulassung des Straßenbauvorhabens, das einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, von Bedeutung sind. Der Verstoß berührt auch Belange, die zu den satzungsmäßigen Zielen der Kläger gehören (A). Der Planfeststellungsbeschluss ist deshalb zwar für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären, aber nicht aufzuheben (B). Insoweit ist die Klage abzuweisen.

14 Der Senat hat sämtliche Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Im Hinblick auf deren Umfang müssen sich die Entscheidungsgründe allerdings auf das wesentliche Vorbringen und die wesentlichen, die Entscheidung tragenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen beschränken.

15 A) Der Planfeststellungsbeschluss verletzt nur insoweit entscheidungserhebliche Rechtsvorschriften, als er die Vereinbarkeit der Auswirkungen des Vorhabens auf den Oberflächenwasserkörper Zschopau 2 mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot nicht geprüft hat. Im Übrigen liegen die geltend gemachten Rechtsverstöße nicht vor.

16 I. Die Rügen, mit denen die Kläger die formelle Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in Frage stellen, greifen nicht durch.

17 1. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht deshalb rechtswidrig, weil die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BNatSchG gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde zu treffen oder deren fachliche Auffassung jedenfalls in besonderem Maß zu berücksichtigen gewesen wäre.

18 a) § 23 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG verlangt keine Entscheidung im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde.

19 Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG ist das Straßenbauvorhaben vor seiner Zulassung oder Durchführung auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets Flöhatal zu überprüfen. Zwar sieht § 23 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG vor, dass die Zulassungsbehörde im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde entscheidet. Diese Regelung greift jedoch nicht, wenn wie hier die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 und 3 FStrG in der nach § 24 Abs. 13 FStrG anzuwendenden, vor dem 13. März 2020 geltenden Fassung (im Folgenden: FStrG a. F.) im Planfeststellungsverfahren festgestellt wird und deshalb andere behördliche Entscheidungen daneben nicht erforderlich sind.

20 Zwar umfasst § 23 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG seinem Wortlaut nach auch Planfeststellungsverfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. aber zur Folge, dass sich das Verwaltungsverfahren allein nach den Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren richtet und die Planfeststellungsbehörde nicht an die besonderen Verfahrensvorschriften für die durch den Planfeststellungsbeschluss ersetzten Entscheidungen gebunden ist. Soweit die Naturschutzgesetze der Länder für die Prüfung der FFH-Verträglichkeit und die nach § 34 BNatSchG erforderlichen Beurteilungen das Einvernehmen einer Landesnaturschutzbehörde vorschreiben, sind solche Verfahrensregelungen nur zu beachten, wenn sie sich einen Regelungsanspruch für bundesrechtlich geregelte Planfeststellungsverfahren beimessen (BVerwG, Urteil vom 11. August 2016 ‌- 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 54). Dies ist bei § 23 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG nicht der Fall.

21 § 23 SächsNatSchG fasst die Verfahrensvorschriften der früheren §§ 22b und 22c SächsNatSchG zusammen. § 23 Abs. 1 SächsNatSchG soll dabei die in § 22b Abs. 7 SächsNatSchG enthaltene Konzentration der Zuständigkeit bei der verfahrensführenden Behörde bewirken, die die Verträglichkeitsprüfung im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde durchzuführen hat (LT-Drs. 5/10657 S. 15). Nach § 22b Abs. 7 Satz 1 SächsNatSchG war die für die Zulassung des Projekts zuständige Behörde auch für die Prüfung der in § 22b Abs. 1 bis 5 SächsNatSchG geregelten und § 34 Abs. 1 bis 5 BNatSchG entsprechenden habitatschutzrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen zuständig. Dabei galt nach § 22b Abs. 7 Satz 2 SächsNatSchG § 10 Abs. 1 bis 3 SächsNatSchG entsprechend. Nach § 22b Abs. 7 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 2 SächsNatSchG war die Entscheidung deshalb im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde der gleichen Verwaltungsebene zu erlassen, soweit nicht Bundesrecht entgegenstand. Der Herstellung des Einvernehmens bedurfte es nach § 22b Abs. 7 Satz 2 i. V. m. § 10 Abs. 2 SächsNatSchG allerdings gerade bei Entscheidungen im Planfeststellungsverfahren nicht.

22 Dem lag nach der Gesetzesbegründung zu § 10 SächsNatSchG (im Gesetzentwurf noch § 9 SächsNatSchG; LT-Drs. 1/1625 S. 18 <Gesetzestext>) die Überlegung zugrunde, dass die Naturschutzbehörde im Planfeststellungsverfahren als Trägerin öffentlicher Belange ohnehin zu beteiligen sei und ihre Forderungen dort angemessen berücksichtigt würden (LT-Drs. 1/1625 S. 12 <Gesetzesbegründung>). Anhaltspunkte dafür, dass § 23 SächsNatSchG anders als die §§ 22b und 22c SächsNatSchG das Einvernehmenserfordernis auf Planfeststellungsverfahren erstrecken sollte, sind der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen (LT-Drs. 5/10657 S. 15). Dies gilt umso mehr, als die Stellungnahmen der Naturschutzbehörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt ist, weiterhin nach § 73 Abs. 2 VwVfG und § 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfZG) i. V. m. § 73 Abs. 2 VwVfG im Planfeststellungsverfahren zu beteiligen und ihre Stellungnahmen, insbesondere soweit die vorgebrachten Belange für die Rechtmäßigkeit des Vorhabens von Bedeutung sind, nach § 73 Abs. 3a Satz 2 VwVfG von der Planfeststellungsbehörde selbst dann zu berücksichtigen sind, wenn sie erst nach Ablauf der von der Planfeststellungsbehörde gesetzten Frist erfolgen.

23 b) Der Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht deshalb formell rechtswidrig, weil die Planfeststellungsbehörde die Stellungnahmen der zuständigen Naturschutzbehörde nicht in besonderem Maß berücksichtigt hätte.

24 Eine solche besondere Berücksichtigungspflicht enthalten die §§ 72 ff. VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. nicht. Zwar verleiht die bei den Naturschutzbehörden vorhandene besondere Sachkompetenz ihren fachlichen Stellungnahmen faktisch einen hohen Stellenwert, sodass eine Abweichung davon einen erhöhten Argumentationsaufwand erfordert. Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. aber im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt. Die Planfeststellungsbehörde hat ihre Zulassungsentscheidung deshalb nach § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG a. F. unter Berücksichtigung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung in eigener Verantwortung zu treffen (BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1988 - 4 C 11.85 und 4 C 12.85 - NVwZ 1988, 1122 <1123 f.>). Sie hat den Sachverhalt nach § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. i. V. m. § 72 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 und 2 VwVfG von Amts wegen zu ermitteln. Dabei ist sie weder auf die fachlichen Stellungnahmen der Naturschutzbehörden beschränkt noch an sie gebunden (BVerwG, Urteil vom 25. April 2024 - 7 A 9.23 - UPR 2025, 56 Rn. 64 <in BVerwGE 182, 252 insoweit nicht abgedruckt>). Vielmehr kann sie sich nach § 26 VwVfG weiterer Beweismittel bedienen und insbesondere Sachverständigengutachten einholen.

25 c) Das Fehlen eines Einvernehmenserfordernisses oder einer besonderen Berücksichtigungspflicht verstößt auch weder gegen die Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 S. 7; im Folgenden: FFH-RL) noch gegen das unionsrechtliche Effektivitätsgebot.

26 aa) Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. dem Projekt unter Berücksichtigung der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich Art. 6 Abs. 4 FFH-RL nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird. Mit der Bezugnahme auf die zuständigen einzelstaatlichen Behörden überlässt die Regelung deren Bestimmung den Mitgliedstaaten. Vorgeschrieben ist weder, dass die für die Entscheidung über die Projektzulassung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde entscheiden muss, noch, dass deren fachliche Auffassung in besonderem Maß oder mit besonderem Gewicht zu berücksichtigen wäre.

27 bb) Auch das unionsrechtliche Effektivitätsgebot, nach dem das nationale Verwaltungsverfahrensrecht so ausgestaltet sein muss, dass die Verwirklichung des Unionsrechts nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird, wird nicht verletzt. Vielmehr ist die nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 EUV von den Mitgliedstaaten insbesondere bei der Umsetzung von Richtlinien zu gewährleistende volle praktische Wirksamkeit des Unionsrechts (vgl. Kahl, in: Callies/​Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 4 EUV Rn. 118 ff.) dadurch gewährleistet, dass die Pflicht der Planfeststellungsbehörde gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. i. V. m. § 72 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwVfG, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und dabei alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen, die Prüfung der Gebietsverträglichkeit einschließt.

28 2. Der Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht wegen Besorgnis der Befangenheit des zuständigen Sachbearbeiters rechtswidrig.

29 Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. i. V. m. § 72 Abs. 1 und § 21 VwVfG hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten, wenn ein Grund vorliegt oder von einem Beteiligten behauptet wird, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen. Ist eine solche Entscheidung wie hier unterblieben, können die Beteiligten den Einwand, es habe ein Amtsträger mitgewirkt, bei dem die Besorgnis der Befangenheit bestehe, im Zusammenhang mit der Anfechtung der Endentscheidung geltend machen (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2021 - 6 C 8.20 - BVerwGE 174, 1 Rn. 76).

30 Ein Grund, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, liegt vor, wenn aufgrund objektiv feststellbarer Tatsachen für die Beteiligten bei verständiger Würdigung aller Umstände die Besorgnis nicht auszuschließen ist, der Amtsträger werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht nicht aus (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 Rn. 33 und vom 20. Oktober 2021 - 6 C 8.20 - BVerwGE 174, 1 Rn. 76 m. w. N.). Grundsätzlich genügt es auch nicht, dass ein Amtsträger eine bestimmte Rechtsauffassung vertritt oder im Verfahren äußert (Ramsauer/​Schlatmann, in: Kopp/​Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 21 Rn. 14 m. w. N.). Eine Besorgnis der Befangenheit ist aber begründet, wenn ein Sachbearbeiter von vornherein derart festgelegt erscheint, dass er jeglichen Gegeneinwänden per se und schon, ohne von ihnen Kenntnis genommen oder sie überdacht zu haben, die Berechtigung abspricht oder er sich begründeten Gegeneinwänden hartnäckig widersetzt (Steinkühler, in: Mann/​Sennekamp/​Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 21 Rn. 44 m. w. N.).

31 Nach diesen Maßstäben begründen die von den Klägern vorgetragenen Tatsachen weder für sich genommen noch bei einer Gesamtschau die Besorgnis der Befangenheit des zuständigen Sachbearbeiters.

32 a) Ein Grund, Misstrauen gegen dessen unparteiische Amtsführung zu rechtfertigen, ergibt sich nicht daraus, dass der Ortstermin am 28. April 2016 trotz des Schreibens des sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 11. Januar 2015 (richtig: 2016) stattgefunden hat, nach dem die Kartierung weiter Teile der Flöhainsel als Lebensraumtyp (LRT) 91E0* aus dem Jahr 2013 der weiteren Planung im Rahmen einer Worst-Case-Betrachtung zugrunde gelegt werden sollte. Gleiches gilt, soweit die Änderungswünsche des Staatsbetriebs Sachsenforst nicht in das Protokoll über den Ortstermin eingearbeitet, sondern ihm als Anhang beigefügt worden sind. Denn beides hatte nicht der für das Planfeststellungsverfahren zuständige Sachbearbeiter veranlasst.

33 Die Einladung zum Ortstermin erfolgte nach dem Einladungsschreiben vom 15. März 2016 auf Empfehlung des sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft durch die vom Vorhabenträger beauftragte D. Auch das Protokoll über den Ortstermin fertigte nicht der Sachbearbeiter, sondern die für den Vorhabenträger tätige T.

34 b) Auch der Aktenvermerk des Sachbearbeiters über den Ortstermin und die sich daran anschließende Besprechung rechtfertigen keine Besorgnis der Befangenheit. Soweit in dem Vermerk ausgeführt wird, dass die Schwarzerlen auf der Aufforstungsfläche "naturfern in Reih und Glied schachbrettartig" angepflanzt worden seien, entspricht dies den Fotos, die dem Vermerk beigefügt sind. Dass die Aufforstung beim Sachbearbeiter den Eindruck einer "indonesischen Nutzplantage" erweckt hat, ist nicht Ausdruck seiner Voreingenommenheit, sondern gibt die Assoziation wieder, die der Schwarzerlenbestand bei ihm ausgelöst hat. Eine Besorgnis der Befangenheit folgt auch nicht daraus, dass der Sachbearbeiter der Auffassung des Staatsbetriebs Sachsenforst nicht folgt, maßgeblich für die Einordnung der Aufforstungsfläche als LRT 91E0* sei nicht die regelmäßige Überflutung, sondern die Vernässung durch nach oben austretendes Grundwasser. Denn der Sachbearbeiter setzt sich mit dieser Argumentation sachlich auseinander und begründet seine abweichende Auffassung mit der Wahrnehmung, dass die Aufforstungsfläche deutlich höher liege als der Pegel der Flöha.

35 c) Die Mitarbeit des Sachbearbeiters an dem Entwurf eines Schreibens des Präsidenten der Planfeststellungsbehörde an den Präsidenten des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie und an dem statt des Entwurfs versandten Schreiben vom 27. Juni 2016 rechtfertigt ebenfalls keine Besorgnis der Befangenheit. Soweit darin die Ansicht vertreten wird, die Aufforstung der Flöhainsel sei wegen Verstoßes gegen eine Veränderungssperre rechtswidrig und dürfe bei einer Kartierung nicht berücksichtigt werden, und eine dem widersprechende Neukartierung solle vor einer weiteren Begutachtung nicht veröffentlicht werden, liegt darin nach Überzeugung des Senats nicht der Versuch einer unzulässigen Einflussnahme auf das Kartierergebnis, die auf eine Voreingenommenheit des Sachbearbeiters hindeuten könnte. Vielmehr sind beide Schreiben lediglich Ausdruck der Rechtsauffassung des Sachbearbeiters, die dieser auch gegenüber den für die Kartierung zuständigen Stellen engagiert vertritt, um eine aus seiner Sicht ordnungsgemäße Neukartierung zu gewährleisten.

36 d) Ein Misstrauensgrund ergibt sich auch nicht aus einem Vermerk des Sachbearbeiters vom 13. Oktober 2016, mit dem er den Präsidenten der Planfeststellungsbehörde über das Ergebnis einer Kontaktaufnahme mit dem sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr unterrichtet. Der Vermerk gibt lediglich die Auffassung und den Vorschlag des Ministeriums wieder, statt der Einholung eines weiteren Gutachtens die Kartierung der Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel zu akzeptieren und die D. zu einer entsprechenden Änderung der Pläne zu veranlassen. Ebenso wenig wie aus den Ausführungen des Vermerks zur weiteren Vorgehensweise, die den Vorschlag des Ministeriums aufgreifen, ergeben sich daraus Anhaltspunkte dafür, dass der Sachbearbeiter derart festgelegt gewesen wäre, dass er sich auch begründeten Gegeneinwänden verschlossen hätte.

37 e) Auch das Verhalten des Sachbearbeiters im Erörterungstermin vom 5. Juni 2019 ist nicht geeignet, Misstrauen gegen seine unparteiische Amtsführung zu rechtfertigen. Soweit er dort darlegt, dass die Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel nicht die Anforderungen eines LRT 91E0* erfülle, gibt er lediglich seine Rechtsauffassung wieder. Soweit er die Ansicht der oberen Naturschutzbehörde, der LRT 91E0* müsse auch ohne ausreichende Überflutungsdynamik anerkannt werden, weil es ihn sonst in Sachsen nicht gebe, als lächerlich bezeichnet hat, ist dies nach Überzeugung des Senats erneut Ausdruck des Engagements, mit dem er seine in sachlicher Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen der Fachbehörden gebildete Rechtsauffassung im Erörterungstermin vertreten hat.

38 f) Nichts anderes ergibt sich aus der Anfrage an die Landestalsperrenverwaltung vom 4. März 2020. Zwar erläutert der Sachbearbeiter darin seine Rechtsauffassung, dass die Einordnung der Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel als LRT 91E0* eine jährliche oder nahezu jährliche Überflutung erfordere. Er bittet aber nicht um Bestätigung seiner Annahme, dass eine solche Überflutung nicht stattfinde, sondern um deren fachbehördliche Überprüfung.

39 g) Schließlich rechtfertigen die von den Klägern ins Feld geführten Umstände auch in ihrer Gesamtheit nicht die Besorgnis der Befangenheit. Vielmehr zeigt sich darin wie auch in der Gesamtschau zur Überzeugung des Senats, dass sich der Sachbearbeiter seine Rechtsauffassung zwar bereits in einem frühen Stadium des Planfeststellungsverfahrens gebildet hatte, dass er aber weiterhin bereit war, sich mit Einwänden sachlich auseinanderzusetzen.

40 3. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an Bekanntmachungs- und Auslegungsmängeln im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung.

41 a) Er ist nicht deshalb rechtswidrig, weil in der Bekanntmachung der Auslegung der Tektur A vom 23. April bis 22. Mai 2018 auf den Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie vom 27. September 2017 nicht ausdrücklich hingewiesen worden ist.

42 Nach § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG in der vor dem 16. Mai 2017 geltenden Fassung (im Folgenden: UVPG a. F.), die hier nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 UVPG anzuwenden ist, weil die Unterlagen nach § 6 UVPG a. F. bereits mit dem Antrag auf Planfeststellung vom 29. Juli 2015 vorgelegt wurden, hat die zuständige Behörde bei der Bekanntmachung zu Beginn des Beteiligungsverfahrens die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten, welche Unterlagen nach § 6 UVPG a. F. vorgelegt wurden. Zu den Unterlagen nach § 6 UVPG a. F. zählen die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG a. F. vorzulegenden entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens (BVerwG, Urteile vom 4. April 2019 ‌- 4 A 6.18 - juris Rn. 14 und vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 19). Mit dem Hinweis auf diese Unterlagen wird das Ziel verfolgt, die betroffene Öffentlichkeit über die wesentlichen vom Vorhabenträger vorgelegten umweltrelevanten Planunterlagen zu informieren und ihr dadurch einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Umweltbelange vom Vorhabenträger einer Prüfung unterzogen wurden und mit welchen Detailinformationen sie im Rahmen der Auslegung rechnen kann (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 ‌- 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 21, vom 4. April 2019 - 4 A 6.18 - juris Rn. 14 und vom 12. November 2020 - 4 A 13.18 - juris Rn. 23). § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG a. F. fordert dabei keine vollständige Auflistung aller vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen, sondern lässt einen aussagekräftigen Überblick genügen (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 21, vom 26. Juni 2019 - 4 A 5.18 - Buchholz 451.17 § 43 EnwG Nr. 10 Rn. 20, vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 20 und vom 7. Juli 2022 ‌- 9 A 1.21 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 84 Rn. 22 <insoweit in BVerwGE 176, 94 nicht abgedruckt>).

43 Dies zugrunde gelegt, genügt die Auslegungsbekanntmachung den Anforderungen von § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG a. F. Zwar ist der Fachbeitrag in der Auslegungsbekanntmachung nicht ausdrücklich aufgeführt, sondern gehört zu den nicht im Einzelnen aufgezählten sonstigen Gutachten. Die Gewässerbelange sind dort aber mit den wassertechnischen Untersuchungen angesprochen. Die Öffentlichkeit konnte deshalb nicht nur erkennen, dass solche Belange geprüft worden sind, sondern auch damit rechnen, bei einer Einsichtnahme in die ausgelegten Unterlagen hierzu Detailinformationen zu erhalten. Dies gilt umso mehr, als die Auslegungsbekanntmachung ausdrücklich darauf hinweist, dass die ausgelegten Unterlagen die nach § 6 Abs. 3 UVPG a. F. notwendigen Angaben für die Umweltverträglichkeitsprüfung enthalten. Denn dazu gehören auch die Angaben, die erforderlich sind, um die Auswirkungen des Vorhabens auf die betroffenen Grund- und Oberflächenwasserkörper und ihre Vereinbarkeit mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot nach der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1; im Folgenden: WRRL) prüfen zu können (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 [ECLI:​​EU:​​C:​​2020:​​391] - Rn. 86 und 90). Gerade auf diese Angaben bezieht sich der Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie, der nicht zuletzt die Auswirkungen der in den wassertechnischen Untersuchungen beschriebenen Straßenentwässerung auf die betroffenen Grund- und Oberflächenwasserkörper zum Gegenstand hat.

44 b) Rechtswidrig ist der Planfeststellungsbeschluss auch nicht deshalb, weil die zur Überprüfung der Plausibilität des Fachbeitrags Wasserrahmenrichtlinie erstellte Ergänzungsunterlage vom 25. Oktober 2022 zum Fachbeitrag (im Folgenden: Ergänzungsunterlage) nicht ausgelegt worden ist.

45 Ändert der Träger des Vorhabens die nach § 6 UVPG a. F. entscheidungserheblichen Unterlagen im Laufe des Verfahrens, so kann nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nur abgesehen werden, soweit keine zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Eine erneute Auslegung ist deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich, wenn nach den geänderten Unterlagen bestimmte Umweltbelange erstmals oder stärker berührt werden oder wenn in ihnen eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen wird, die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist und ihren Niederschlag in einer neuen entscheidungserheblichen Unterlage über die Umweltauswirkungen des Vorhabens findet (BVerwG, Urteile vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 34 und vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - BVerwGE 169, 94 Rn. 22). Nicht ausgelegt werden müssen Dokumente, die bereits ausgelegte Unterlagen lediglich aktualisieren und deren Ergebnis bestätigen (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 ‌- 9 A 1.21 - Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 84 Rn. 25 <insoweit in BVerwGE 176, 94 nicht abgedruckt>).

46 Ob eine über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung vorgenommen wird, beurteilt sich danach, ob bereits die ursprünglichen Unterlagen die nach § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG a. F. nötige Anstoßwirkung entfalten oder ob eine solche erstmalig von den neuen Unterlagen ausgeht (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 28). Unterlagen, die die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Wasserrahmenrichtlinie betreffen, vermitteln nur dann die erforderliche Anstoßwirkung, wenn die Informationen, die der Öffentlichkeit durch ihre Auslegung zugänglich gemacht werden, die Angaben enthalten, die erforderlich sind, um die Auswirkungen des Projekts auf die Gewässer anhand der insbesondere in Art. 4 Abs. 1 WRRL vorgesehenen Kriterien und Pflichten zu beurteilen, die Verschlechterung des Zustands der Oberflächen- und Grundwasserkörper zu verhindern und diesen Zustand zu verbessern (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 76 und 84; BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2021 - 9 A 8.20 - Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 80 Rn. 23 <insoweit in BVerwGE 171, 346 nicht abgedruckt>).

47 Nach diesen Maßstäben konnte von einer Auslegung der Ergänzungsunterlage nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. abgesehen werden.

48 aa) Umweltbelange, die im Vergleich zum Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie erstmals oder stärker berührt werden, sind nicht ersichtlich. Die Wirkpfade, über die sich das Vorhaben auf die Gewässerkörper auswirken kann, sind unverändert. Der Ergänzungsunterlage liegt nach ihren Vorbemerkungen (S. 7) dieselbe Entwässerungsplanung wie dem Fachbeitrag aus dem Jahr 2017 zugrunde. Danach werden die Straßenabwässer entweder in den Oberflächenwasserkörper Flöha 2 eingeleitet oder gelangen durch Versickerung in den Grundwasserkörper Untere Flöha (Ergänzungsunterlage, S. 7 f.).

49 bb) Die Ergänzungsunterlage nimmt auch keine nach Gegenstand, Methodik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vor. Zwar wurden die Mischungsrechnungen zur Beurteilung der Auswirkungen der Straßenentwässerung auf den Zustand der betroffenen Wasserkörper nach der im Vergleich zum Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie veränderten Methodik des Merkblatts der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung, Ausgabe 2021 (im Folgenden: M WRRL), vorgenommen. Außerdem decken sich die untersuchten Stoffe nicht vollständig mit denjenigen im Fachbeitrag. Insbesondere erfolgte erstmals eine Mischungsrechnung für Fluoranthen. Gegenstand der Untersuchung blieben jedoch unverändert die Auswirkungen der Straßenentwässerung auf den Oberflächenwasserkörper Flöha 2 und den Grundwasserkörper Untere Flöha sowie die Vereinbarkeit dieser Auswirkungen mit der Wasserrahmenrichtlinie.

50 Der Sache nach nimmt die Ergänzungsunterlage damit lediglich eine Aktualisierung der wasserrechtlichen Prüfung vor. Sie gelangt dabei wie der Fachbeitrag von 2017 zu dem Ergebnis, dass eine Verschlechterung des Gewässerzustands nicht eintritt und das Vorhaben mit dem Verbesserungsgebot vereinbar ist, und geht über dessen Anstoßwirkung nicht hinaus. Dieser enthielt bereits die Informationen, die erforderlich sind, um die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Anforderungen der Wasserrahmenrichtlinie zu beurteilen. Er ermittelt die betroffenen Oberflächen- und Grundwasserkörper, beschreibt und bewertet deren Zustand, benennt die zur Verwirklichung der Bewirtschaftungsziele nach der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen Maßnahmen und prüft die Auswirkungen des Vorhabens auf den ökologischen und chemischen Zustand bzw. mengenmäßigen und chemischen Zustand der betroffenen Oberflächen- und Grundwasserkörper. Dass er dabei nach Ansicht der Kläger Mängel aufweist, steht einer ausreichenden Anstoßwirkung nicht entgegen. Denn nach dem Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung, durch Einbeziehung von Meinungsäußerungen und Bedenken der Öffentlichkeit zu Umweltbelangen den behördlichen Entscheidungsprozess besser und transparenter zu gestalten (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 28 m. w. N.), soll die Auslegung der Öffentlichkeit gerade die Möglichkeit eröffnen, auf Unzulänglichkeiten der entscheidungserheblichen Unterlagen hinzuweisen.

51 II. Auch soweit die Kläger Verstöße gegen materielles Recht geltend machen, haben ihre Rügen überwiegend keinen Erfolg.

52 1. Der Planfeststellungsbeschluss steht nicht im Widerspruch zum Habitatschutzrecht.

53 Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und wie hier nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Ergibt die Prüfung, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig. Abweichend davon darf es nur nach Maßgabe von § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG zugelassen werden. § 34 BNatSchG setzt insoweit Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL in nationales Recht um.

54 Das Vorhaben ist nicht nach § 34 Abs. 2 BNatSchG unzulässig. Es führt nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Flöhatal in Bestandteilen, die für die in § 3 Abs. 1 der Verordnung der Landesdirektion Chemnitz zur Bestimmung des Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung "Flöhatal" vom 31. Januar 2011 (im Folgenden: GrSVO) i. V. m. Anlage 1 GrSVO festgelegten Erhaltungsziele maßgeblich sind.

55 a) Die Beseitigung von Bäumen im Bereich der Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel zur Anlegung der für die Errichtung der Talbrücke erforderlichen Baustraße stellt keine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets hinsichtlich des Erhaltungsziels der Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands des im Gebiet vorkommenden prioritären LRT 91E0* Erlen-, Eschen- und Weichholzauenwälder einschließlich der für einen günstigen Erhaltungszustand charakteristischen Artenausstattung nach § 3 Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 Nr. 2 Abs. 1 und 2 GrSVO dar. Denn der Waldbestand auf der Aufforstungsfläche ist nicht dem LRT 91E0* zuzuordnen.

56 aa) In Anhang I FFH-Richtlinie wird als Orientierungshilfe für die Auslegung der natürlichen Lebensraumtypen auf das "Interpretationshandbuch der Lebensräume der Europäischen Union" ("Interpretation Manual of European Union Habitats"; im Folgenden: Interpretationshandbuch) verwiesen, das durch den nach Art. 20 FFH-RL eingesetzten Ausschuss ("Habitat-Ausschuss") befürwortet und durch die Kommission veröffentlicht wurde.

57 Der LRT 91E0* Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae) oder Erlen-, Eschen- und Weichholzauenwälder (vgl. Ssymank u. a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, BfN-Handbuch zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie <92/43/EWG> und der Vogelschutzrichtlinie <2009/147/EG>, Band 2.2, 2. Aufl. 2022, S. 715 ff.; im Folgenden: BfN-Handbuch) nach Anhang I FFH-RL wird im Interpretationshandbuch wie folgt umschrieben: "All types occur on heavy soils (generally rich in alluvial deposits) periodically inundated by the annual rise of the river (or brook) level, but otherwise well-drained and aerated during low-water." Alle Arten dieses Lebensraumtyps sind also dadurch gekennzeichnet, dass sie periodisch bzw. in regelmäßigen Abständen durch den jährlichen Anstieg des Fluss- (oder Bach-)pegels überflutet werden, aber bei Niedrigwasser gut drainiert und belüftet sind. Erforderlich ist daher nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine vom Wechsel der Jahreszeiten abhängige Überflutungsdynamik (BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 104). Standortvoraussetzung ist dabei nach dem BfN-Handbuch eine mehr oder weniger regelmäßige Überflutung in der Aue. Die entsprechende Vegetation muss durchschnittlich mindestens einmal jährlich oder periodisch überflutet werden (BfN-Handbuch, S. 716).

58 bb) Dies zugrunde gelegt, stellt die mit Erlen und Weiden bepflanzte Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel keinen LRT 91E0* dar.

59 aaa) Der Bereich der Aufforstungsfläche wird nicht im Wechsel der Jahreszeiten mit dem jährlichen Anstieg des Flusspegels überflutet. Nach dem Erläuterungsbericht zu einer 2-dimensionalen Berechnung der Überflutungsflächen der Flöha vom 24. September 2009 und den ihm als Anlage beigefügten Karten zu den Überschwemmungstiefen wird bei einem zweijährigen Hochwasser (HQ 2) zwar das Zweitbett der Flöha bordvoll durchflossen, das die Flöha mit dem Mühlgraben verbindet und das im Jahr 2002 durch den Bruch eines Deiches entstanden ist, der das damals im Bereich der heutigen Aufforstungsfläche gelegene Ackerland schützen sollte. Zu einer Überflutung der an das Flöhazweitbett angrenzenden, höher gelegenen Aufforstungsfläche kommt es jedoch nicht. Diese bleibt vielmehr vollständig hochwasserfrei. Erst bei einem fünfjährigen Hochwasser (HQ 5) wird auch der Bereich der Flöhainsel, auf dem sich die Aufforstungsfläche befindet, weitgehend überflutet (S. 13). Die für den Hochwasserschutz zuständige Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen hat dies in ihrer Stellungnahme vom 25. März 2020 bestätigt und eine jährliche Überflutung dieses Bereichs ausdrücklich verneint.

60 Etwas anderes folgt auch nicht aus der von den Klägern vorgelegten Dokumentation "Auwaldentwicklung und Hochwasserereignisse". Denn sie belegt nicht, dass die Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel bereits bei einem zweijährigen (HQ 2) oder statistisch häufiger (< HQ 2) auftretenden Hochwasser weitgehend überflutet würde.

61 Die Fotos zum als < HQ 2 eingestuften Hochwasser im März 1998, bei dem nach den Angaben der Dokumentation die Flöhainsel vom Mühlgraben her überflutet wurde, zeigen zwar, dass einzelne, an den Mühlgraben angrenzende Bereiche überschwemmt wurden. Sie lassen aber nicht erkennen, dass gerade die heutige Aufforstungsfläche in weitem Umfang überflutet worden wäre. Für die als < HQ 2 oder HQ 2 eingestuften Hochwasserereignisse im Januar 2003, April 2008, September 2010, Januar 2013 und Februar 2017 wird eine Überflutung der Aufforstungsfläche weder erwähnt noch durch Fotos belegt. Das Hochwasser vom 24. bis zum 26. Dezember 2023 stuft die Dokumentation selbst als fünfjähriges Hochwasser (HQ 5) ein. Dass an dem Tag vor und nach dem Hochwasserscheitel am 25. Dezember 2023 jeweils vorübergehend Wasserstände und -abflüsse geherrscht haben, die einem zweijährigen Hochwasser (HQ 2) entsprachen, rechtfertigt nach Überzeugung des Senats nicht den Schluss, dass die Flöhainsel bereits bei einem solchen Hochwasser nahezu vollständig überflutet würde. Denn die Überflutungen am 24. und 26. Dezember 2023 waren nur Teil eines einheitlichen fünfjährigen Hochwasserereignisses.

62 bbb) Soweit nach dem BfN-Handbuch die Standortbedingungen für den LRT 91E0* erfüllt sind, wenn die Vegetation durchschnittlich mindestens einmal jährlich "oder periodisch" überflutet wird (BfN-Handbuch, S. 716), folgt daraus nicht, dass eine Überflutung der Aufforstungsfläche bei einem fünfjährigen Hochwasser ausreichend wäre.

63 Zwar umfasst eine periodische Überflutung nach der Auskunft des Bundesamts für Naturschutz vom 3. Februar 2025 auch Fälle, in denen die Vegetation nur bei einem fünfjährigen Hochwasserereignis (HQ 5) überflutet wird, weil dem LRT 91E0* auch Subtypen zugeordnet werden, die relativ selten überflutet werden. Dies betrifft jedoch die in der Auskunft beschriebenen Subtypen der ash-alder-woods of springs and their rivers (Carici remotae-Fraxinetum) und der ash-alder-woods of fast-flowing rivers (Stellario-Alnetum glutinosae) des Interpretationshandbuchs, die den im BfN-Handbuch genannten Subtypen Bach-Eschenwald und Schwarzerlenwald entsprechen. Der Subtyp Carici remotae-Fraxinetum kommt dabei im Oberlauf der Bäche vor, in dem ein Bachlauf noch nicht erkennbar ist, weil es sich um Quellbereiche mit oberflächennahem ziehenden Grundwasser oder an der Oberfläche vorhandenem, diffus sickerndem Quellwasser handelt. Er wird praktisch nie überflutet. Auch der Subtyp Stellario-Alnetum glutinosae beinhaltet quellwasserbeeinflusste, durchsickerte Typen, die nur sehr selten vollständig überflutet werden.

64 Abgesehen davon, dass die Definition des Interpretationshandbuchs ihrem klaren Wortlaut nach für alle Typen des LRT 91E0* eine periodische Überflutung mit dem jährlichen Anstieg des Fluss- oder Bachpegels voraussetzt, kommt für die Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel keiner der in der Auskunft des Bundesamts für Naturschutz beschriebenen, nur selten überfluteten Subtypen in Betracht. Denn wie der vom Beklagten zugezogene externe Fachgutachter in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, scheiden solche quellwasserbeeinflussten Subtypen für die Aufforstungsfläche aus. Sie setzen den Zustrom von Grundwasser voraus, der wegen der erhöhten Lage der Aufforstung ausgeschlossen ist (Dokumentation Abgrenzung des prioritären Auwalds <LRT 91E0*> auf der Flöhainsel, Anlage 1 zum Sitzungsprotokoll).

65 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Sachverständigen der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos, die aus dem Schotterbett der Flöhainsel ausströmendes Druckwasser zeigen (Dokumentation zu den Merkmalen des Lebensraumtyps 91E0* Erlen-, Eschen- und Weichholzauenwälder der Flöha-Insel, Anlage 5 zum Sitzungsprotokoll). Denn die Druckwasseraustritte befinden sich offensichtlich nicht im Bereich der Aufforstungsfläche. Auch das Foto eines Hänge-Segge-Vorkommens im Bereich eines einzelnen Quelltopfs, dessen genaue Lage unklar geblieben ist, lässt nicht darauf schließen, dass es sich bei dem Waldbestand auf der Aufforstungsfläche um einen der quellbeeinflussten Subtypen des LRT 91E0* handelt.

66 Es kommt deshalb nur der Subtyp Weichholzauenwald in Frage, der an Strömen und Flüssen des Tief- und Berglands bis zu einer Höhe von 1 bis 2 m über der Mittelwasserlinie der Gewässer vorkommt und gerade auf die von der Definition des Interpretationshandbuchs geforderte Überflutungsdynamik angewiesen ist (BfN-Handbuch, S. 717). Die regelmäßige Überschwemmung ist vor allem Voraussetzung für die Naturverjüngung, weil sie durch Erosion, Anlandungen und Übererdungen Rohbodenstandorte schafft und bei längeren Überstauungen zum Absterben konkurrierender Vegetation führt (BfN-Handbuch, S. 736 f.). Außerdem verhindern die mit den Überflutungen verbundenen mechanischen Belastungen das Aufkommen eines Hartholzauenwalds (BfN-Handbuch, S. 716 f.).

67 ccc) Die Voraussetzung einer Überflutung mit dem jährlichen Anstieg des Fluss- oder Bachpegels im Wechsel der Jahreszeiten ist hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil der Kartier- und Bewertungsschlüssel für Wald-Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (Stand Februar 2009; im Folgenden: LfULG-Kartierschlüssel) die Erfassung als LRT 91E0* auch bei eingeschränkter oder fehlender natürlicher Gewässerdynamik zulässt (Stellungnahme der Landesdirektion Sachsen als Obere Naturschutzbehörde vom 7. Oktober 2015, S. 6 f.).

68 Abgesehen davon, dass das Überflutungserfordernis durch Anhang I FFH-RL i. V. m. dem Interpretationshandbuch unionsrechtlich vorgegeben ist, knüpft auch der Kartierschlüssel daran an (vgl. Allgemeine Erläuterungen zum LfULG-Kartierschlüssel, S. 5). Als LRT 91E0* erfasst werden danach Weichholzauenwälder mit intaktem Überflutungsregime (LfULG-Kartierschlüssel, S. 53). Dass dabei auch Weichholzauenwälder an verbauten Gewässern ohne natürliche Gewässerdynamik berücksichtigt werden, trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass nach Art. 1 Buchst. a FFH-RL die Erhaltung der natürlichen Lebensräume, zu der die FFH-Richtlinie nach Art. 2 Abs. 1 FFH-RL beitragen soll, nicht nur die Erhaltung, sondern auch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands umfasst (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 422). Kartiert werden können deshalb auch Weichholzauenwälder, deren günstiger Erhaltungszustand sich durch Verbauung des Gewässers verschlechtert hat und durch eine Beseitigung der Gewässerverbauung wiederhergestellt werden könnte. Um einen solchen Auenwald handelt es sich bei der aufgeforsteten ehemaligen Ackerfläche auf der Flöhainsel jedoch nicht.

69 ddd) Eine Überflutung mit dem jährlichen Anstieg des Fluss- oder Bachpegels ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil ein Weichholzauenwald auf der Flöhainsel der potenziellen natürlichen Vegetation entspricht.

70 Die potenzielle natürliche Vegetation als Endzustand der Vegetation in einem Lebensraum, der langfristig aufgrund des Klimas und anderer natürlicher Faktoren, aber ohne menschliche Eingriffe entsteht, kann sich nur einstellen, wenn die dafür erforderlichen Standortfaktoren erfüllt sind (Gutachterliche Stellungnahme zu der Bewertung des LRT 91E0* Erlen-, Eschen- und Weichholzauenwälder im Planfeststellungsbeschluss B 173 Verlegung in Flöha <3. Planänderung> vom 29. August 2023, S. 7, Anlage K 16; Merkmale des Lebensraumtyps 91E0* Erlen-, Eschen- und Weichholzauenwälder der "Flöha-Insel", S. 21, Anlage 5 zum Sitzungsprotokoll). Die Entstehung von Weichholzauenwäldern setzt insoweit eine mit dem jährlichen Anstieg des Fluss- oder Bachpegels verbundene Überflutungsdynamik voraus, wie sie auf der Aufforstungsfläche gerade nicht vorhanden ist.

71 eee) Stellt der Erlen- und Weidenbestand auf dieser Fläche damit schon deshalb keinen LRT 91E0* dar, weil er nicht im Wechsel der Jahreszeiten mit dem jährlichen Anstieg des Flusspegels überflutet wird, so kommt es nicht mehr darauf an, ob die Bodenverhältnisse die Anforderungen des Interpretationshandbuchs erfüllen oder die Vegetation hinreichend lebensraumtypische Arten aufweist (vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2002 - 4 A 15.01 - juris Rn. 52 <insoweit in Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 104 nicht vollständig abgedruckt>). Nicht entscheidungserheblich sind daher die Rügen der Kläger, die Planfeststellungsbehörde habe ihrer Entscheidung deshalb nicht die besten wissenschaftlichen Erkenntnisse zugrunde gelegt, weil sie die Kartierung der Aufforstungsfläche als LRT 91E0* aus dem Jahr 2013 wegen Befangenheit des Sachbearbeiters nicht berücksichtigt, eine methodengerechte Untersuchung der Bodenbeschaffenheit nicht vorgenommen und Erkenntnisse über das Entwicklungspotential für den Lebensraumtyp auf der Flöhainsel außer Acht gelassen habe. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Aufforstung der Flöhainsel durch den Kläger zu 2 wegen einer Veränderungssperre nach § 9a Abs. 1 Satz 1 FStrG nicht hätte vorgenommen werden dürfen und die Planfeststellungsbehörde für sich eine Einschätzungsprärogative in Anspruch nehmen durfte, statt "in dubio pro prioritären Lebensraum" vom Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets auszugehen.

72 b) Soweit das Vorhaben Auswirkungen auf Bereiche hat, die unstreitig dem LRT 91E0* zuzuordnen sind, beeinträchtigt es das FFH-Gebiet Flöhatal ebenfalls nicht erheblich in Bestandteilen, die für das Erhaltungsziel für diesen Lebensraumtyp und dessen charakteristische Artenausstattung nach § 3 Abs. 1 i. V. m. Anlage 1 Nr. 2 Abs. 1 und 2 GrSVO maßgeblich sind.

73 Entscheidendes Beurteilungskriterium ist insoweit der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten. Dieser muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben; ein bestehender schlechter Erhaltungszustand darf jedenfalls nicht weiter verschlechtert werden. Ein Projekt ist dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, d. h. nach Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Die Prüfung darf nicht lückenhaft sein und muss vollständige, präzise und endgültige Feststellungen enthalten. Zugunsten des Projekts dürfen die vom Vorhabenträger geplanten oder von der Planfeststellungsbehörde angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (BVerwG, Urteile vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 364 und vom 3. November 2020 ‌- 9 A 9.19 - BVerwGE 170, 210 Rn. 61, jeweils m. w. N.).

74 aa) Das FFH-Gebiet wird nicht dadurch erheblich beeinträchtigt, dass mit dem Vorhaben ein Verlust an Flächen des LRT 91E0* einhergeht.

75 aaa) Zwar sind die Orientierungswerte der Fachkonvention nach Lambrecht und Trautner, Endbericht zum Teil Fachkonventionen des FuE-Vorhabens Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP, Schlussstand Juni 2007 (im Folgenden: Lambrecht und Trautner), die mangels besserer Erkenntnisse im Regelfall zur Beurteilung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung von FFH-Gebieten durch Flächenverluste anzuwenden sind (BVerwG, Urteile vom 25. April 2014 ‌- 9 A 25.12 - BVerwGE 149, 289 Rn. 66 und vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 373), überschritten, soweit man nach Straub und Trautner, Die Querung des FFH-Lebensraumtyps '"Auwald" (*91E0) durch Brückenbauwerke, Fachkonvention zur Beurteilung bestimmter indirekter Auswirkungen im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung in Baden-Württemberg, Endbericht Juli 2012 mit ergänzender Vorbemerkung Dezember 2013 (im Folgenden: Straub und Trautner), die indirekten Wirkungen des Brückenbauwerks, die durch standörtliche Veränderungen bzw. Beschattung oder durch strukturelle Veränderungen zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht verursacht werden, als Flächenverluste erfasst. Jedoch kann auf die Unterlage von Straub und Trautner hier entgegen der Ansicht der Kläger nicht zurückgegriffen werden.

76 (1) Der Vorschlag von Straub und Trautner sieht im Rahmen der Anwendung der Fachkonvention von Lambrecht und Trautner vor, dass bei annähernd geradem Gewässerverlauf das Brückenbauwerk und eine angrenzende Zone von 4 m beidseitig der Brücke mit 100 % Qualitätsminderung oder einem vollständigen Lebensraumverlust anzusetzen sind. An das Brückenbauwerk angrenzend ist außerdem eine weitere Zone mit gradueller Funktionsminderung in Ansatz zu bringen.

77 (2) Der Vorschlag kann jedoch zur Beurteilung der Erheblichkeit der mit der Talbrücke verbundenen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Flöhatal nicht herangezogen werden.

78 Dies folgt zwar nicht schon daraus, dass es sich hierbei nicht um eine Fachkonvention handelt, weil der Vorschlag nicht in einem längeren Abstimmungsprozess unter Beteiligung der Öffentlichkeit und unter Einbeziehung maßgeblicher Expertenkreise einschließlich der Naturschutzverbände und staatlicher Fachgremien erstellt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juni 2019 - 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 64). Denn auf Forschungsvorhaben beruhende Konventionsvorschläge können, auch wenn sie mangels eines solchen Abstimmungsprozesses keine Fachkonvention darstellen, zu den besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen gehören, die der Verträglichkeitsprüfung zugrunde zu legen sind. Gegen die Heranziehung spricht aber, dass der Vorschlag für das streitgegenständliche Straßenbauvorhaben selbst keine Geltung beansprucht.

79 Er weist im Zusammenhang mit der anzusetzenden Qualitätsminderung ausdrücklich darauf hin, dass dies nicht für sehr hohe Talbrücken gelte, "unter denen eine durchgehende Ausprägung des Lebensraumtyps vorkommt bzw. Beeinträchtigungen der hier betrachteten Art und Intensität möglicherweise nicht auftreten können". Begründet wird dies damit, dass solche Brücken nicht bearbeitet worden seien und deshalb für sie auch keine Anhaltswerte bestünden (Straub und Trautner, S. 26, Fn. 9).

80 Der Konventionsvorschlag zielt auf Brücken, die nicht eine lichte Höhe, sondern eine Bauwerkshöhe von 8 m bis 15 m aufweisen (Straub und Trautner, S. 11). Die höchste untersuchte Brücke hatte eine Höhe von 17 m (Straub und Trautner, Anhang, S. 41, Tabelle 5, lfd. Nr. 11). Zum Kreis dieser Brückenbauwerke gehört die hier planfestgestellte Talbrücke nicht. Ihre lichte Höhe reicht von 13 m bis 15,15 m (Planfeststellungsbeschluss, S. 105). Die Bauwerkshöhe beträgt dabei nach dem planfestgestellten Höhenplan (Unterlage 6.1 Blatt 3) in den Bereichen, in denen die Brücke den LRT 91E0* quert, zwischen 17 m und 19,5 m. Sie ist damit größer als die für den Konventionsvorschlag untersuchten Brücken. Im Übrigen sind Beeinträchtigungen wie Müllablagerungen, auf die in der Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse hingewiesen wird (Straub und Trautner, S. 21), wegen der 4 m hohen Blend- und Irritationsschutzwände auf der Brücke nicht zu erwarten.

81 bbb) Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die unmittelbaren Auswirkungen des Vorhabens auf den vorhandenen Waldbestand des LRT 91E0* das FFH-Gebiet Flöhatal erheblich in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen beeinträchtigen.

82 (1) Dies stellen zunächst die Schutzmaßnahmen sicher, die der Vorhabenträger in der planfestgestellten Unterlage 19.2 A zur FFH-Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet Flöhatal vorgesehen hat.

83 Die Maßnahme M 1.1 zur Ausweisung einer Bauausschlussfläche im Bereich des LRT 91E0* verhindert, dass Teile der Lebensraumflächen entlang der Flöha und des durch den Deichbruch im Jahr 2002 entstandenen Flöhazweitbetts im Rahmen der Bauarbeiten zur Errichtung der Brückenpfeiler in Anspruch genommen werden (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 117).

84 Die Behelfsbrücke über die Flöha, die in einer Bestandslücke errichtet werden soll, erfordert neben dem Rückschnitt einer Erle nur, dass eine Strauchweide auf den Stock gesetzt wird (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 83). Die Gehölze unterhalb der geplanten Talbrücke müssen bis auf eine mehrstämmige Weide und eine Schwarzerle hingegen nicht zurückgeschnitten werden (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 84). Für sie sieht die geplante Maßnahme M 1.2 einen ökologisch optimierten Rückschnitt vor. Die Schnittmaßnahmen werden dabei so durchgeführt, dass sie den jeweiligen Baum in seiner Entwicklung fördern. Sie erfolgen ohne Fahrzeugeinsatz. Dies gewährleistet, dass es zu keiner Bodenschädigung kommt und die Gehölze wieder austreiben können (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 118). Dass der Planfeststellungsbeschluss die mit dem Rückschnitt verbundene Beeinträchtigung des im Bereich der Talbrücke vorhandenen LRT 91E0* im Hinblick auf diese Maßnahmen und die hohe Regenerationsfähigkeit der betroffenen Baumbestände als nicht erheblich eingestuft hat (Planfeststellungsbeschluss, S. 104), ist nicht zu beanstanden.

85 Für die gebietsschutzrechtliche Relevanz vorübergehender Störungen ist gerade auch die natürliche Regenerationsfähigkeit des betroffenen Lebensraumtyps von Bedeutung (BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 369 m. w. N.; Lambrecht und Trautner, S. 27 und 67). Soweit die Kläger erstmals nach Ablauf der Klagebegründungsfrist nach § 17e Abs. 3 Satz 1 FStrG (damals § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG) in ihrer Replik eine weitergehende Beeinträchtigung des LRT 91E0* durch das geplante Brückenbauwerk und die Behelfsbrücke mit der Begründung geltend machen, dass eine Bestandslücke für die Behelfsbrücke nicht erkennbar sei und die im Querungsbereich der Talbrücke vorhandenen Schwarz- und Alterlen inzwischen eine Höhe von 15 m und 20 m erreicht hätten, sind sie mit diesem Vorbringen nach § 17e Abs. 3 Satz 2 FStrG (damals § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG) ausgeschlossen.

86 Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Planfeststellungsbehörde den Rückschnitt des Baumbestands unter und im Nahbereich der künftigen Talbrücke, der jeweils vor der alle fünf Jahre stattfindenden Brückenprüfung erfolgen muss, nicht als erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Flöhatal angesehen hat. Die Maßnahme M 1.5 sieht einen ökologisch optimierten Kronenschnitt vor, der so durchgeführt wird, dass er den jeweiligen Baum in seiner Entwicklung fördert (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 119). Der mit dem Rückschnitt verbundenen Funktionsminderung kann selbst bei niedrigeren Brückenbauwerken durch einen solchen Pflegeschnitt entgegengewirkt werden (Straub und Trautner, S. 30 f.). Mit den Gründen, aus denen die FFH-Verträglichkeitsprüfung (S. 119) und der Planfeststellungsbeschluss (S. 105 f.) insoweit eine erhebliche Beeinträchtigung verneinen, setzen sich die Kläger nicht auseinander.

87 (2) Mangels hinreichender Substantiierung ist eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets auch nicht ersichtlich, soweit die Kläger geltend machen, dass Einträge aus Stickstoff- und Salzverbindungen im Bereich des LRT 91E0* bei der FFH-Verträglichkeitsprüfung ebenso hätten berücksichtigt werden müssen wie die Zerschneidungswirkung der Talbrücke für wenig mobile Arten.

88 bb) Eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen ergibt sich nicht aus den Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf die charakteristischen Arten des LRT 91E0*.

89 In die Verträglichkeitsprüfung einzubeziehen sind auch die in den als Erhaltungsziel festgesetzten Lebensraumtypen charakteristisch vorkommenden Arten. Charakteristische Arten sind dabei solche Pflanzen- und Tierarten, anhand derer die konkrete Ausprägung eines Lebensraums und dessen günstiger Erhaltungszustand in einem konkreten Gebiet − und nicht nur ein Lebensraumtyp im Allgemeinen − gekennzeichnet wird. Jedoch können im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung nicht alle charakteristischen Arten der Lebensgemeinschaft eines Lebensraums untersucht werden. Es sind vielmehr nur diejenigen auszuwählen, die einen deutlichen Vorkommensschwerpunkt im jeweiligen Lebensraumtyp aufweisen oder deren Populationserhaltung unmittelbar an den Erhalt des jeweiligen Lebensraumtyps gebunden ist. Die Arten müssen zudem für das Erkennen und Bewerten von Beeinträchtigungen relevant sein, d. h. es sind Arten auszuwählen, die eine Indikatorfunktion für potenzielle Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraumtyp besitzen und deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird (BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 394 m. w. N.).

90 Der vorgenannte Prüfungsmaßstab steht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Einklang. Denn auch danach sind Lebensraumtypen und charakteristische Arten, für die ein Gebiet nicht ausgewiesen ist, nur dann in die angemessene Prüfung der Verträglichkeit einzubeziehen, wenn sie zur Erhaltung der für das geschützte Gebiet ausgewiesenen Lebensräume und Arten erforderlich sind, die Auswirkungen auf sie also geeignet sind, die Erhaltungsziele des Gebiets zu beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 7. November 2018 - C-461/17 [ECLI:​​EU:​​C:​​2018:​​883] - Rn. 39 f.).

91 Etwas anderes folgt nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. September 2024 - C-66/23 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​733] -. Zwar sind danach Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26. Januar 2010 S. 7; im Folgenden: VS-RL) und Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL dahin auszulegen, dass sie den Mitgliedstaaten aufgeben, für jedes einzelne Schutzgebiet hinsichtlich aller geschützten Arten und ihres Lebensraums Ziele und Schutzmaßnahmen festzulegen, wobei es den Mitgliedstaaten obliegt, nach Maßgabe der Bedeutung dieser Maßnahmen für die Verwirklichung der Erhaltungsziele für alle diese Arten Prioritäten festzulegen (EuGH, Urteil vom 12. September 2024 - C-66/23 - Rn. 59). Erhaltungsziele sind dabei nicht nur für diejenigen Arten, für die ein Vogelschutzgebiet ausgewiesen ist, sondern für alle nach Art. 4 VS-RL schutzwürdigen und in dem betreffenden Gebiet in erheblicher Menge vorkommenden Vogelarten festzulegen, auch wenn das Schutzgebiet für sie nicht ausgewiesen ist (EuGH, Urteil vom 12. September 2024 - C-66/23 - Rn. 48 f.). Selbst wenn man diese zu Vogelschutzgebieten ergangene Entscheidung auf FFH-Gebiete übertragen wollte, ergäbe sich daraus jedoch allenfalls, dass auch in FFH-Gebieten Erhaltungsziele nicht nur für die Lebensraumtypen nach Anhang I und Arten nach Anhang II FFH-RL, für die das Gebiet ausgewiesen ist, sondern für alle dort in erheblichem Umfang vorkommenden Lebensraumtypen und Arten festgelegt werden müssten. Nicht hingegen lässt sich daraus ableiten, dass bei der Prüfung der erheblichen Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets hinsichtlich eines zu erhaltenden Lebensraumtyps die Auswirkungen auf alle charakteristischen Arten berücksichtigt werden müssten.

92 Dies zugrunde gelegt, folgt aus dem Vorbringen der Kläger nicht, dass das FFH-Gebiet wegen der Auswirkungen des Vorhabens auf zu berücksichtigende charakteristische Arten des LRT 91E0* in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigt ist.

93 aaa) Die Ausführungen der Kläger zu den Auswirkungen auf die charakteristischen Vogelarten Pirol, Grauspecht, Mittelspecht, Gelbspötter, Waldschnepfe und Schwarzstorch lassen eine solche Beeinträchtigung nicht erkennen.

94 (1) Nicht zu beanstanden ist, dass die FFH-Verträglichkeitsprüfung als charakteristische Arten den Pirol und die Weidenmeise, nicht aber Grauspecht, Mittelspecht, Gelbspötter, Waldschnepfe oder Schwarzstorch ausgewählt hat.

95 Die Auswahl des Pirols hat die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf dessen mittlere Lärmempfindlichkeit gestützt. Den Rückgriff auf die Weidenmeise hat sie damit begründet, dass für diesen Vogel − wie für die meisten charakteristischen Arten − Lärm nur eine untergeordnete Rolle spiele und visuelle Störreize und Zerschneidungs- und Randeffekte von größerer Relevanz seien (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 90). Damit setzen sich die Kläger nicht auseinander. Insbesondere legen sie nicht substantiiert dar, dass die von ihnen genannten Arten eine Indikatorfunktion für potenzielle Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraumtyp besitzen, die Pirol und Weidenmeise nicht zukommt.

96 Soweit die Kläger darauf hinweisen, dass die Waldschnepfe durch die über die Talbrücke verlaufende Straße in ihren Balzflügen oberhalb der Baumkronen erheblich gestört werde, lässt dies eine Indikatorfunktion nicht erkennen. Insbesondere legen die Kläger nicht dar, warum die damit verbundene Kollisionsgefahr nicht durch die als Maßnahme 4.1 vorgesehenen 4 m hohen Blend- und Irritationsschutzwände, die Kollisionen von Vögeln mit dem fließenden Verkehr verhindern sollen (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 121 f.), ausgeschlossen wird.

97 Für die große Fluchtdistanz des Schwarzstorchs, auf die die Kläger Bezug nehmen und die nach der von Garniel und Mierwald bearbeiteten Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Ausgabe 2010 (im Folgenden: Garniel und Mierwald), 500 m beträgt, sind optische Signale entscheidend (Garniel und Mierwald, S. 30). Auch insoweit lässt der Vortrag der Kläger nicht erkennen, weshalb solche Signale durch die genannten Blend- und Irritationsschutzwände nicht ausgeschlossen werden.

98 (2) Die Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Pirol ist rechtlich nicht zu beanstanden.

99 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Fachkonvention von Lambrecht und Trautner bei graduellen Funktionsverlusten eines Lebensraums für charakteristische Arten angewendet werden, wenn die jeweilige Intensität des Wirkfaktors − wie etwa bei Lärm − skaliert werden kann. Die betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens können dabei anhand der Arbeitshilfe von Garniel und Mierwald ermittelt und bewertet werden (BVerwG, Urteil vom 28. März 2013 - 9 A 22.11 - BVerwGE 146, 145 Rn. 83 f.). Eine danach gegebene Beeinträchtigung von Habitaten charakteristischer Arten ist allerdings dann nicht erheblich, wenn aufgrund der Größe eines nur randlich betroffenen Reviers genügend Ausweichmöglichkeiten in benachbarten Waldgebieten desselben Lebensraumtyps bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2013 - 9 A 22.11 - BVerwGE 146, 145 Rn. 89). Dies zugrunde gelegt, stellen sich auch die betriebsbedingten Auswirkungen der Talbrücke auf den Pirol nicht als erhebliche Beeinträchtigung des LRT 91E0* dar.

100 Zwar machen die Kläger geltend, dass die Abnahme der Habitateignung im Bereich von 0 bis 100 m vom Fahrbahnrand bei Straßen mit einer Verkehrsstärke von 10 000 bis 20 000 Kfz/24 h für den Pirol 40 % beträgt (vgl. Garniel und Mierwald, S. 16 f.). Sie errechnen daraus auf der Grundlage einer betroffenen Fläche von 0,723 ha einen Äquivalenzwert für den Flächenverlust (vgl. Lambrecht und Trautner, S. 83) von 0,29 ha. Nach Auskunft des Beklagten hat die betroffene Fläche eine Größe von 0,97 ha, sodass sich ein Äquivalenzwert von 0,388 ha errechnen würde. Bei einer Gesamtfläche des LRT 91E0* von 6,516 ha oder des Subtyps Weichholzauenwald von 3,286 ha entspräche dies einem Flächenverlust von 5,95 % bzw. 11,8 %. Der Orientierungswert "quantitativ-relativer Flächenverlust" von 1 % der Gesamtfläche des Lebensraumtyps wäre überschritten (Lambrecht und Trautner, S. 33). Jedoch zwingt dies gleichwohl nicht zur Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des FFH-Gebiets. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung geht zumindest für die Bereiche des LRT 91E0* am Flöhadurchbruch davon aus, dass es bis zu einer Entfernung von 100 m zu einer lärmbedingten Minderung der Habitateignung für den Pirol kommen kann. Sie hält dies jedoch für eine nur geringe Beeinträchtigung, weil der Pirol aufgrund seines großen Aktionsraums mit einem Aktionsradius von bis zu 110 ha seine Reviernutzung nicht ändere, gegebenenfalls eine Verschiebung des Brutplatzes innerhalb des Reviers möglich sei und die Funktion des Lebensraums als Nahrungshabitat auch im Nahbereich der Brücke erhalten bleibe (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 90). Mit dieser Bewertung, die der Sache nach an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anknüpft, setzen sich die Kläger nicht auseinander.

101 bbb) Auch die Einwände der Kläger gegen die Prüfung charakteristischer Fledermausarten greifen nicht durch.

102 Die FFH-Verträglichkeitsprüfung hält zwar Irritationen nachtaktiver charakteristischer Arten wie der Wasserfledermaus durch die Baustellenbeleuchtung für möglich. Sie sieht aber von einer weiteren Prüfung mit der Begründung ab, die Ergebnisse der Prüfung des Großen Mausohrs als Erhaltungsziel könnten auf die betroffenen charakteristischen Fledermausarten übertragen werden (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 86).

103 Die Schadensbegrenzungsmaßnahmen M 3.2 und M 2.2 begrenzen die nächtliche Beleuchtung des Baustellenbereichs sowie die nächtlichen Bauarbeiten, die nur an zehn nicht aufeinanderfolgenden Nächten in der Zeit zwischen 0:00 Uhr und 4:00 Uhr stattfinden dürfen (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 101 und S. 120 f.). Die betriebsbedingte Kollisionsgefahr für die charakteristischen Arten wie die Fransenfledermaus, die sich bei ihren Transferflügen auch an den Baumkronenstrukturen orientiert, soll durch die Maßnahme 4.1 vermieden werden, die 4 m hohe Blend- und Irritationsschutzwände auf der Talbrücke beinhaltet (FFH-Verträglichkeitsprüfung, S. 91 und S. 121 f.).

104 Damit setzen sich die Kläger nicht substantiiert auseinander. Insbesondere legen sie nicht dar, warum Große Bartfledermaus, Großer Abendsegler, Mopsfledermaus, Rauhautfledermaus und Wasserfledermaus für das Erkennen und Bewerten von Beeinträchtigungen des LRT 91E0* relevant gewesen wären. Die Bechsteinfledermaus ist, wie die Kläger selbst vortragen, schon keine charakteristische Art des LRT 91E0* (vgl. BfN-Handbuch, S. 722). Auf den nicht weiter substantiierten Einwand der Kläger, die Bechsteinfledermaus werde durch verlärmte Bereiche im Umfeld von Straßen bei der Nahrungssuche erheblich beeinträchtigt, kommt es deshalb ebenso wenig an wie auf die Eignung von Nistkästen für diese Fledermausart.

105 Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt auch nicht deshalb vor, weil bei Baumfällarbeiten im Winterquartier aufgefundene Fledermäuse aufgrund der Nebenbestimmung 9.9 zum Planfeststellungsbeschluss dem LRT 91E0* und der Population seiner charakteristischen Arten entzogen würden. Dass die Tiere danach an einen "für diese Art lebensraumtypischen Ort" verbracht werden, stellt gerade sicher, dass sie im Bereich des Lebensraumtyps verbleiben. Dies entspricht offenbar auch dem Verständnis des Beklagten (vgl. Anlage B 3, S. 7).

106 ccc) Dass die FFH-Verträglichkeitsprüfung die Auswirkungen des Vorhabens auf den Biber als charakteristische Art nicht berücksichtigt, verstößt ebenfalls nicht gegen das Habitatschutzrecht.

107 Zwar ist der Biber eine charakteristische Art des LRT 91E0* (vgl. BfN-Handbuch, S. 722). Er hat wohl inzwischen in den vom Vorhaben betroffenen Bereichen des LRT 91E0* auch einen Vorkommensschwerpunkt. Es ist aber weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich, dass eine Einbeziehung des Bibers in die FFH-Verträglichkeitsprüfung zu Erkenntnissen über die Beeinträchtigung dieses Lebensraumtyps geführt hätte, die bei dessen Prüfung als Ganzes nicht erfasst worden wären. Inwieweit der LRT 91E0* von der Waldumbaufähigkeit des Bibers gerade hinsichtlich der Geschwindigkeit seiner Entwicklung profitieren soll, legen die Kläger nicht näher dar. Außerdem werden im Bereich des LRT 91E0* keine Bäume gefällt. Soweit im Bereich der Behelfsbrücke über die Flöha eine Weide auf den Stock gesetzt wird und zur Errichtung der Talbrücke ein Stamm einer mehrstämmigen Weide entfernt werden muss, handelt es sich um Beeinträchtigungen, die bereits durch die Prüfung des Lebensraums als Ganzes erfasst worden sind. Im Übrigen sind erhebliche Beeinträchtigungen des Bibers, die nicht durch die vorgesehenen Schutzmaßnahmen (vgl. Nebenbestimmungen 9.11, 9.12 und 9.13 des Planfeststellungsbeschlusses) weitgehend vermieden werden, nicht ersichtlich.

108 c) Eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets Flöhatal in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen ist auch hinsichtlich der Arten nach Anhang II FFH-Richtlinie nicht ersichtlich.

109 aa) Dies gilt zunächst für den in Anhang II FFH-RL genannten Biber (castor fiber), auch wenn seine Beeinträchtigung durch das Vorhaben nicht Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung war. Denn mangels Auseinandersetzung mit dem Planfeststellungsbeschluss fehlt es insoweit an einem hinreichend substantiierten Klagevorbringen.

110 Dabei kann offenbleiben, ob § 3 Abs. 1 i. V. m. Nr. 3 Abs. 1 GrSVO, der als Erhaltungsziel die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der im FFH-Gebiet Flöhatal vorkommenden Populationen der Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlicher Bedeutung gemäß Anhang II sowie ihrer Habitate im Sinne von Art. 1 Buchst. f FFH-RL festlegt, den Biber umfasst, der in § 3 Abs. 1 i. V. m. Nr. 3 Abs. 2 GrSVO nicht als im Gebiet zum Stand 2004 nachgewiesene Art aufgeführt ist. Ebenso bedarf keiner Entscheidung, ob für ihn nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. September 2024 - C-66/23 - ein entsprechendes Erhaltungsziel hätte festgelegt werden müssen. Denn die zunächst unterbliebene FFH-Verträglichkeitsprüfung ist im Planfeststellungsbeschluss mit dem Ergebnis nachgeholt worden, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des Bibers nicht zu besorgen sei (Planfeststellungsbeschluss, S. 108 und S. 110 f.). Damit setzen sich die Kläger nicht auseinander.

111 bb) Nach § 17e Abs. 3 Satz 1 FStrG (damals § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG) verspätet und zudem nicht hinreichend substantiiert ist das Klagevorbringen, soweit die Kläger erstmals in der Replik geltend machen, dass nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. September 2024 - C-66/23 - neben dem Großen Mausohr auch die Anhang-II-Arten Mopsfledermaus und Bechsteinfledermaus als Erhaltungsziel zu berücksichtigen gewesen seien.

112 2. Das Vorhaben führt zu keiner nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG verbotenen Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung von Auenwaldbiotopen.

113 Während die Zerstörung die irreparable Schädigung mit der Folge eines gänzlichen Verlusts eines Biotops beschreibt, erfasst der Begriff der sonstigen erheblichen Beeinträchtigung Veränderungen, die den Wert und die Eignung des Biotops als Lebensraum mindern. Aus der Formulierung "oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung" folgt dabei, dass das Maß der Beeinträchtigung demjenigen der Zerstörung zwar nicht entsprechen muss, ihm jedoch angenähert ist. Neben der Art, dem Umfang und der Schwere der Auswirkungen kommt es daher auch auf deren Dauer an; eine erhebliche Beeinträchtigung liegt folglich nicht vor, wenn sich das Biotop in absehbarer Zeit von den Folgen der Einwirkung erholt (BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 636 m. w. N.). Eine hier allein in Betracht kommende sonstige erhebliche Beeinträchtigung als Biotop geschützter Auenwaldbereiche ist danach nicht ersichtlich.

114 Die bau- und betriebsbedingten Einwirkungen auf den Auenwald bleiben in ihrem Ausmaß weit hinter einer Zerstörung zurück. Die von der Behelfsbrücke über die Flöha betroffenen Bereiche können sich nach deren Beseitigung in absehbarer Zeit erholen. Die zurückgeschnittene Erle und die auf den Stock gesetzte Strauchweide können wieder austreiben. Die übrige geschädigte Vegetation kann sich regenerieren. Auch der zur Errichtung und Unterhaltung der Talbrücke erforderliche Rückschnitt von Bäumen erreicht nicht annähernd das Ausmaß einer Zerstörung. Bis auf die Beseitigung eines Stamms einer mehrstämmigen Weide bleiben sämtliche Bäume erhalten und werden lediglich einem ihre Entwicklung fördernden ökologischen Kronenschnitt unterzogen.

115 Der Wertungswiderspruch zwischen Habitat- und Biotopschutzrecht, den die Kläger darin sehen, dass Biotope nach § 30 Abs. 2 BNatSchG außerhalb eines FFH-Gebiets besser geschützt seien als innerhalb, kommt hier schon deshalb nicht zum Tragen, weil die Auswirkungen des Vorhabens auf die im FFH-Gebiet Flöhatal gelegenen Bereiche des LRT 91E0* weder im Sinne von § 34 Abs. 2 BNatSchG zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bereichen noch im Sinne von § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG zu einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung dieser Auenwaldbereiche als Biotop führen. Im Übrigen gilt § 30 Abs. 2 BNatSchG auch innerhalb von FFH-Gebieten neben den Regelungen des § 34 BNatSchG. Er gewährleistet für die in § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG genannten Biotope einen Mindestschutz (Hendrischke/​Blanke, in: Schlacke, BNatSchG, 3. Aufl. 2024, § 30 Rn. 33) und lässt deshalb nach § 30 Abs. 8 BNatSchG weitergehende Schutzvorschriften unberührt. Nach § 34 Abs. 7 Satz 1 und 2 BNatSchG ist § 34 Abs. 1 bis 6 BNatSchG sogar auf gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 BNatSchG nur insoweit anzuwenden, als diese Schutzvorschrift, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthält, wobei die Verpflichtungen zur Beteiligung und Unterrichtung der Kommission nach § 34 Abs. 4 Satz 2 und § 34 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG unberührt bleiben.

116 3. Die klägerischen Rügen zum Artenschutz bleiben im Ergebnis ohne Erfolg. Die Darstellung des Artenschutzes im Planfeststellungsbeschluss ist rechtlich nicht zu beanstanden (a); auch die in Bezug auf verschiedene Arten (Biber, Fledermäuse, Kleiner Wasserfrosch, Avifauna, Reptilien) vorgebrachte inhaltliche Kritik der Kläger greift nicht durch (b - f).

117 a) Der Planfeststellungsbeschluss befasst sich nur knapp mit artenschutzrechtlichen Fragen und differenziert nicht nach den Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Stattdessen listet er im Wesentlichen lediglich die verschiedenen im Landschaftspflegerischen Begleitplan (im Folgenden: LBP) festgesetzten Maßnahmen auf und verweist im Übrigen auf den Fachbeitrag zum Artenschutz (im Folgenden: AFB; vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 118 bis 127). Zudem enthält er im verfügenden Teil unter "9. Naturschutz und Landschaftspflege" (Planfeststellungsbeschluss, S. 16 f.) verschiedene konkretisierende Nebenbestimmungen. Dieses Vorgehen mag die Verständlichkeit des Planfeststellungsbeschlusses erschweren, ist aber rechtlich nicht zu beanstanden, da sich aus der Zusammenschau der genannten Unterlagen und Regelungen das artenschutzrechtliche Konzept der Planung hinreichend deutlich ergibt.

118 b) Bezüglich des Bibers erkennen die Kläger an, dass sich der Planfeststellungsbeschluss durch die Maßnahme 9.11 (vgl. S. 17) um einen Schutz der Tiere vor Störungen während der Fortpflanzungszeit bemühe, wenden aber ein, dass die Biber ganzjährig anwesend seien und gestört würden. Zudem gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht von einer nur kurzen Bauzeit aus; Brückenarbeiten dauerten erfahrungsgemäß länger. Schließlich bleibe unklar, wie die als konfliktvermeidende Maßnahme (kvM) 12 des Fachbeitrags zum Artenschutz vorgesehene "entsprechende Lageoptimierung (Umverlegung) der bauzeitlichen Behelfsbrücke über den Mühlgraben" ohne Planänderung realisiert werden solle.

119 Sämtliche Bedenken sind unbegründet: Die Hauptaktivitätsphasen des Bibers liegen in der Dämmerung und in der Nacht. Dies berücksichtigt das Biberschutzkonzept durch verschiedene Maßnahmen, insbesondere durch das angeordnete nächtliche Bauverbot und das Baustellenbeleuchtungsverbot (vgl. kvM 1); es wird ein "dunkler Korridor" errichtet. Hierdurch ist sichergestellt, dass die Biber sich weitgehend ungestört bewegen und fortpflanzen können. Ausnahmen vom Nachtbauverbot sowie vom Verbot der Baustellenbeleuchtung sind ausschließlich während des Taktschiebeverfahrens zur Herstellung des Brückenoberbaus zugelassen. Aufgrund der zeitlichen Befristung (zehn Nächte an nicht aufeinanderfolgenden Tagen von ca. 0:00 Uhr bis 04:00 Uhr) und des geringen Ausmaßes ergeben sich hierdurch nachvollziehbar keine erheblichen Störungen. Demgegenüber erfolgt die Herstellung des Brückenunterbaus nur zu taghellen Zeiten (vgl. Anlage B 3, S. 12 sowie Maßnahmenblätter im LBP, S. 51 ff.). Die pauschale Behauptung der Kläger, auch tagsüber würden die Biber in ihrer Ruhephase gestört, bleibt vor diesem Hintergrund unsubstantiiert, zumal Biber nicht besonders störanfällig gegenüber menschlichen Aktivitäten sind (vgl. Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz, Steckbrief Europäischer Biber <Castor fiber> https://natura2000-bwp-sb.naturschutz.rlp.de/​steckbrief_arten.php?sba_code=1337).

120 Für die in der Maßnahme kvM 12 erwähnte etwaige Umverlegung der bauzeitlichen Brücke über den Mühlgraben sind bereits Flächen gesichert. Dies ergibt sich aus dem Grunderwerbsplan (vgl. Ordner 2 Unterlage 10/2 C). Je nachdem, wo man im Zuge der Bauarbeiten Biberbaue entdeckt, lässt sich ein Planänderungsverfahren zwar nicht mit Sicherheit vermeiden, da die Baustraße über die Behelfsbrücke hinaus angebunden werden muss. Hieraus ergibt sich allerdings kein Mangel der bisherigen Planung, sondern allenfalls das Erfordernis einer späteren Planänderung.

121 c) Auch bezüglich der Fledermäuse enthält der Planfeststellungsbeschluss ein umfangreiches Maßnahmenkonzept (vgl. LBP, S. 44: kvM 2 <u.a. Bauzeitenregelung, bestimmte Vorgaben zum Absuchen und Markieren der Bäume im Trassenbereich, ggf. Verschluss oder Entwertung von unbesetzten Quartieren> sowie LBP, S. 24 ff.: Maßnahmen A 17 - A 19 <Bereitstellung von verschiedenen Ausweichquartieren>).

122 Soweit die Kläger in den Maßnahmenblättern enthaltene Begriffe wie "Obhut", "Verbringen", "Mitwirkung der Naturschutzbehörde" oder "Verschluss oder Entwertung" als unklar kritisieren, hat der Beklagte diese in seiner Erwiderung sowie in der beigefügten Anlage B 3 überzeugend näher erläutert. Hierauf wird Bezug genommen. Zudem weist der Beklagte darauf hin, dass die Fällung besetzter oder möglicherweise besetzter Quartiere verschoben werde oder ein Einwegverschluss der Höhlen (Kunststoffröhre oder Folie) erfolge, bei denen die Fledermäuse hinaus-, aber nicht hineinkämen; Fotos dieser Einwegverschlüsse wurden in der mündlichen Verhandlung gezeigt. Es komme sogar ein abschnittsweises Fällen eines Baumes in Betracht, um Verletzungen oder Tötungen zu vermeiden. Da die Einzelfallentscheidungen vor Ort erfahrenen Fachgutachtern obliegen (vgl. etwa Planfeststellungsbeschluss, S. 17 oder S. 321 f.), hat der Senat keine Zweifel an der Beachtung der artenschutzrechtlichen Vorgaben. Die beschriebenen Einwegverschlüsse stellen bei ordnungsgemäßer Anbringung durch Fachleute keine Beschädigung von Lebensstätten dar. Vielmehr dienen sie der Vermeidung von Tötungen oder Verletzung bei Baumfällarbeiten. Damit handelt es sich um erforderliche und unvermeidbare Maßnahmen, die gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG auch nicht gegen das Fangverbot verstoßen (BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - BVerwGE 176, 94 Rn. 99). Ein Verschluss von Baumhöhlen mit Bauschaum entspricht nicht aktuellen fachlichen Standards. Die zeitliche Abfolge der vorgesehenen Maßnahmen für Fledermäuse wird übersichtlich in der Präsentation "Artenschutz" (S. 5) dargestellt, die in der mündlichen Verhandlung (Anlage 4 zum Sitzungsprotokoll) überreicht wurde.

123 Die im Zusammenhang mit der vorgesehenen Bereitstellung von Ausweichquartieren vorgebrachte Kritik konnte der Beklagte ausräumen. Die Kläger haben insofern das Fehlen einer ordnungsgemäßen Bestandsaufnahme und einer artbezogenen Prüfung in Bezug auf die Annahme der Nistkästen beanstandet.

124 Auch insoweit hält der Senat die Erwiderung des Beklagten und die Stellungnahme von T. (Anlage B 3) für überzeugend. Darin wird ausgeführt, dass der Umfang der quartierstättengeeigneten Gehölze erstens bekannt und zweitens gering sei. Wegen der weitlumigen Talbrücke gebe es nur einen geringfügigen Verlust an quartiergeeigneten Bäumen. Es erfolge lediglich ein randlicher Anschnitt eines Laubmischwalds (Flächenverlust baubedingt 500 m², anlagebedingt 590 m² in Höhe des südlichen Widerlagers sowie von Einzelgehölzen im Bereich des gequerten Mühlgrabens sowie eine Erle am linken Flöhaufer). Die Aufforstungsfläche auf der Flöhainsel und die vorhandenen Weidengebüsche seien aufgrund des geringen Alters des Baumholzes für Fledermäuse keine geeigneten Quartiere. Auch das Artenspektrum sei bekannt.

125 Zwar weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass die letzten Bestandsaufnahmen der Fledermäuse aus den Jahren 2010 und 2014 stammen. Eine 2021 durchgeführte Begehung ergab aber, dass die der Maßnahmenplanung zugrundeliegenden floristischen und faunistischen Aussagen mangels relevanter Änderungen der Lebensraumausstattung weiterhin Bestand haben (vgl. die Dokumentation im Verwaltungsvorgang, S. 1474 ff.: "Plausibilisierung der Biotop- und Lebensraumausstattung/​Habitateignung für planungsrelevante Arten (Stand: 13.7.2021)" - im Folgenden: Plausibilisierungsunterlage). Angesichts des beschriebenen relativ geringen Umfangs von Baumfällungen reichte die vorgenommene Aktualisierung nach Überzeugung des Senats aus.

126 Hinsichtlich der Annahme von Fledermauskästen verweist der Beklagte darauf, dass für jede der im Untersuchungsgebiet angetroffenen Fledermausarten die Annahme in der Fachliteratur belegt werden konnte (vgl. Anlage B 3, S. 8 ff. Nr. 1.3, Tab. 1); zudem hat er in der mündlichen Verhandlung auf die mittlerweile vorliegenden guten Erfahrungen mit seminatürlichen Fledermaushöhlen hingewiesen (vgl. Präsentation "Artenschutz", S. 9 f.). Dem Einwand der Kläger, dass speziell die Bechsteinfledermaus Nistkästen schlecht annehme, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine Protokollerklärung Rechnung getragen. Danach sind die die Fledermauskästen betreffenden Maßnahmen nach der Umsetzung auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Hierzu ist der Planfeststellungsbehörde und der unteren Naturschutzbehörde im Zuge der Ausführungsplanung ein Konzept zu übermitteln. Soweit sich die Maßnahmen als nicht hinreichend wirksam erweisen, sind in Abstimmung mit der Planfeststellungsbehörde und der unteren Naturschutzbehörde habitatverbessernde Maßnahmen zu planen und durchzuführen. Durch diese Erklärung sind nach Auffassung des Senats etwaige Zweifel an der Bereitstellung von Ausweichquartieren ausgeräumt; das Konzept muss - wie in der mündlichen Verhandlung erläutert wurde - in der Ausführungsplanung, also noch vor Baubeginn, vorgelegt werden.

127 Soweit die Kläger die Wirksamkeit der 4 m hohen Kollisions- und Irritationsschutzwände mit der Begründung in Frage stellen, im Sommer würden die aufgeheizte und bis in die Nachtstunden erwärmte Straßenoberfläche sowie die Scheinwerferlichter der Fahrzeuge Insekten und damit weniger strukturgebunden jagende Fledermäuse anlocken, verkennen sie, dass die hohe Brücke mit einer lichten Weite von 550 m von allen im Talraum nachgewiesenen Fledermausarten gefahrlos unterflogen werden kann. Durch die blickdichten Schutzwände werden zudem störende Lichtimmissionen in das Flöhatal vermieden; die Brücke erhält auch keine stationäre Beleuchtung. Die Schutzwände entsprechen im Übrigen den geforderten Dimensionierungen der einschlägigen Leitfäden (Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen - Ausgabe 2022 sowie Arbeitshilfe Fledermäuse und Straßenverkehr des BMDV, Ausgabe 2023). Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch insoweit keinen Zweifel an der Wirksamkeit des vorgesehenen Schutzkonzepts.

128 d) In Bezug auf den Kleinen Wasserfrosch kritisieren die Kläger die Nebenbestimmung 9.8 im Planfeststellungsbeschluss (S. 17); hierbei handele es sich um eine unzulässige Verlagerung sowohl der Sachverhaltsermittlung als auch der damit verbundenen Frage nach einer Ausnahmeprüfung in die Bauausführung. Diese Kritik überzeugt nicht.

129 Die Nebenbestimmung bezieht sich auf die bereits umgesetzte Maßnahme A 3.7 aus dem Vorabschnitt (Herstellung von Teichen). Die Nebenbestimmung regelt, dass mit Bauarbeiten im Bereich dieser Ausgleichsmaßnahme erst begonnen werden darf, wenn nach der Sicherung der Hauptlebensraumflächen die gesicherte Fläche (gemeint ist die Maßnahmenfläche) durch einen Fachgutachter auf das Vorkommen des Kleinen Wasserfrosches untersucht wurde. Sollte das Vorkommen nachgewiesen werden, ist die weitere Vorgehensweise mit der Unteren Naturschutzbehörde abzustimmen. Weshalb die Kläger bei dieser Sachlage von einer unzulässigen Verschiebung in die Ausführungsplanung ausgehen, ist nicht nachvollziehbar. Die Teiche sind potenzielle Laichgewässer für den Kleinen Wasserfrosch, allerdings bislang noch nicht besiedelt. Deshalb trifft der Planfeststellungsbeschluss Vorkehrungen für den Fall einer etwaigen späteren Besiedlung; gegebenenfalls müssen rechtzeitig bauzeitliche Schutzzäune zur Vermeidung einer Einwanderung in das Baufeld aufgestellt werden. Da in den Bereich der Teiche nicht eingegriffen wird, ist schon jetzt absehbar, dass eine artenschutzrechtliche Ausnahmeprüfung nicht erforderlich wird.

130 Des Weiteren halten die Kläger die Maßnahme kvM 4 (Aufstellung von mobilen Amphibienleiteinrichtungen, vgl. AFB, S. 60) für unwirksam, da die Einrichtungen übersprungen werden könnten. Dies habe auch die Naturschutzbehörde kritisiert. Der Beklagte hat hierzu erwidert, der Zaun müsse aufgrund des Spring- und Klettervermögens der Amphibien mindestens 40 cm hoch sein, bei Springfroschvorkommen sogar 60 cm; er werde überklettersicher ausgebildet. Hieran muss sich der Beklagte festhalten lassen.

131 e) Die Kläger haben auch in Bezug auf die Avifauna keine durchgreifenden Fehler aufgezeigt.

132 Der Schwarzstorch ist im Untersuchungsgebiet nicht nachgewiesen, sodass nicht näher auf ihn eingegangen werden musste. Hinsichtlich der Datenlage verhält es sich ähnlich wie bei den Fledermäusen. Der Vorhabenträger hat durch die 2021 durchgeführte Begehung belegen können, dass die Annahmen aus der schon länger zurückliegenden Bestandserfassung (2014) immer noch zutrafen. Zwar sind von den sich jährlich ändernden Habitatbedingungen aufgrund der Fruchtfolgen besonders Brutvögel betroffen. Dies stellt aber keine Änderung im Vergleich zu früher dar. Vielmehr wurde bereits im Rahmen des Artenschutzfachbeitrags berücksichtigt, dass ein Großteil der Offenlandarten nicht brutstättentreu ist. Der Bereich der Erstaufforstung wurde als homogen und wenig strukturreich bewertet; wesentliche Änderungen konnten mit Blick auf die vorkommenden Arten nicht festgestellt werden (vgl. zum Vorstehenden Plausibilisierungsunterlage, S. 1474 ff. sowie AFB, S. 314). Die der Dokumentation beigefügten Fotos belegen dies. Sie sprechen gegen die Annahme der Kläger, die Artenzusammensetzung habe sich "in dem schnellwüchsigen Weiden-Auwald (91E0*) bis 2023 deutlich verändert."

133 Die Kritik zur angeblich fehlenden Betrachtung der Minderung des Reproduktionserfolgs bleibt unsubstantiiert; beim Schwarzspecht wurde z. B. − unter Anwendung der Effektdistanzen nach Garniel und Mierwald − durchaus eine Prüfung vorgenommen (vgl. AFB, S. 261).

134 f) Auch das Schutzkonzept für die Reptilien hält der klägerischen Kritik stand.

135 Das Konzept umfasst die Aufstellung von mobilen Amphibienleiteinrichtungen (SB 3 kvM 4), die Vergrämung/​Anlockung der im Baufeld vorkommenden Reptilien in angrenzende Habitate (SB 6 kvM 5) sowie die Herstellung und Optimierung von Reptilienhabitaten (A 16 CEF 4). Auf den Einwand, es fehlten klare zeitliche Angaben für die beiden erstgenannten Maßnahmen, hat der Beklagte auf Tabelle 13 des Artenschutzfachbeitrags verwiesen und die zeitliche Abfolge zudem in der mündlichen Verhandlung in der überreichten Präsentation "Artenschutz" (S. 13 und 15) näher dargestellt. Da hiernach im Oktober alle Jungtiere geschlüpft seien, sei das Absammeln von Eiern nicht erforderlich. Den weiteren Einwänden zur Maßnahmengröße (ein Absammeln sei nicht zu schaffen) und zum nicht berücksichtigten Stress der Tiere durch die Vergrämung/​Umsiedlung hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung überzeugend entgegengehalten, dass die Umsiedlung von Zauneidechsen eine fachlich anerkannte und vielfach erprobte Standardmaßnahme darstellt. Sie soll auch im vorliegenden Fall nach aktuellen Methodenstandards (vgl. hierzu genauer Präsentation "Artenschutz", S. 16 f.) durch qualifizierte Experten (Feldherpetologen) durchgeführt werden. Ein Verstoß gegen das Verbot des Fangens und Umsiedelns nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG liegt damit auch hier gem. § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG nicht vor. Durch die vorgezogene Vergrämung bzw. das Absammeln und Umsiedeln kann die Zahl der im Baufeld vorkommenden Individuen auf das unvermeidbare Maß reduziert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - BVerwGE 176, 94 Rn. 100).

136 4. Gegen wasserrechtliche Rechtsvorschriften verstößt der Planfeststellungsbeschluss lediglich, soweit er die Zulässigkeit der Einleitung von Straßenabwässern in den Oberflächenwasserkörper Zschopau 2 nicht geprüft hat.

137 a) Soweit die Kläger das Fehlen wasserrechtlicher Erlaubnisse, Genehmigungen und Planfeststellungen und ihrer Erteilungsvoraussetzungen rügen, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

138 aa) Offenbleiben kann, ob die breitflächige Versickerung von Straßenabwässern im Entwässerungsabschnitt 3 und die Versickerung von Straßenabwasser in einer Geländesenke im Bereich des Südwiderlagers der Talbrücke (vgl. Wassertechnische Untersuchungen, Planunterlage 18.1 C, S. 8 f.) als Einleiten von Stoffen in das Grundwasser nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG eine Gewässerbenutzung darstellt, die gemäß § 8 Abs. 1 WHG der Erlaubnis bedarf (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1973 - 4 C 44.69 - NJW 1974, 815 <815>, wonach das Hineingelangen von Stoffen in ein Gewässer erst dadurch zum Einleiten wird, dass es Folge einer zweckgerichteten menschlichen Handlung ist; für eine Erlaubnispflichtigkeit der Versickerung von Straßenabwässern vgl. etwa: Knopp/​Müller, in: Sieder/​Zeitler/​Dahme/​Knopp, WHG, Stand August 2024, § 9 Rn. 56; Nisipeanu, NuR 1993, 407 <408>; OVG Koblenz, Urteil vom 26. November 2002 ‌- 6 A 11379/02.OVG - BeckRS 2002, 169441 Rn. 21; a. A. etwa: Bulling/​Finkenbeiner/​Eckardt/​Kibele, WG BW, 3. Aufl. 2014, § 14 Rn. 40; Heiland, BWGZ 1999, 385 <387>). Denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2025 die Protokollerklärung Nr. 2 abgegeben und darin die betreffenden Erlaubnisse nach § 19 Abs. 3 WHG im Einvernehmen mit der Unteren Wasserbehörde als Nr. IV.7 und 8 des Planfeststellungsbeschlusses erteilt, wobei die Bereiche, in denen das zu versickernde Niederschlagswasser anfällt, ebenso bezeichnet werden wie die Flurstücke, auf denen die Versickerung erfolgt (Sitzungsprotokoll, S. 6).

139 Die Erlaubnisse genügen auch den Anforderungen von § 11 Abs. 1 WHG. Zwar können danach Erlaubnisse für ein Vorhaben, das wie hier nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, nur in einem Verfahren erteilt werden, das den Anforderungen dieses Gesetzes genügt. Im Hinblick darauf, dass nach § 19 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde über die wasserrechtliche Erlaubnis entscheidet, die Erlaubniserteilung dadurch in das Planfeststellungsverfahren eingebunden wird und sich das Verfahren damit insgesamt nach den Vorschriften des jeweils einschlägigen Planfeststellungsrechts richtet (BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 450 und vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 32), waren die in der mündlichen Verhandlung erlaubten Versickerungen Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens, gegen dessen Vereinbarkeit mit den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung die Kläger, wie ausgeführt, keine durchgreifenden Einwände erhoben haben.

140 Im Übrigen hätte das Fehlen oder die Rechtswidrigkeit der Erlaubnisse auch nicht die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge. Nach § 19 Abs. 1 WHG entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Erteilung der wasserrechtlichen Erlaubnis; diese ist danach abweichend von § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. neben der Planfeststellung erforderlich. Die Erlaubnis wird deshalb nicht von der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses erfasst, sondern tritt, auch wenn sie im Planfeststellungsbeschluss erteilt wird, als rechtlich selbständiges Element neben die Planfeststellung und führt dieser gegenüber ein rechtliches Eigenleben (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 450 und 454, vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 32 und vom 23. Juni 2020 - 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 56). Sie macht dabei den Weg für die Gewässerbenutzung frei. Ohne sie kann das planfestgestellte Vorhaben nicht ausgeführt werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 ‌- 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 454 und vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 35). Rechtswidrig wäre ein Planfeststellungsbeschluss wegen des Fehlens oder der Rechtswidrigkeit einer erforderlichen Erlaubnis lediglich dann, wenn das Vorhaben unzulässig ist, weil die mit ihm verbundene Gewässerbenutzung an einer unüberwindbaren wasserrechtlichen Zulassungshürde scheitert, das Vorhaben sich ohne die Gewässerbenutzung nicht verwirklichen lässt und es sich deshalb im Sinne des Planungsrechts als nicht erforderlich erweist (BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 452 und 454 sowie vom 18. März 2009 - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 35). Derartige Gründe sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

141 bb) Rechtswidrig ist der Planfeststellungsbeschluss auch nicht, soweit die Planfeststellungsbehörde keine Erlaubnis für die Grundwasser- und Oberflächengewässerbenutzungen im Rahmen der Bauwasserhaltung erteilt, sondern dem Vorhabenträger oder den Bauausführenden in der Nebenbestimmung Nr. 14.11 (Planfeststellungsbeschluss, S. 20) aufgegeben hat, mindestens einen Monat vor Baubeginn eine wasserrechtliche Erlaubnis bei der Unteren Wasserbehörde zu beantragen. Denn der Beklagte hat mit seiner in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Protokollerklärung Nr. 3 § 19 Abs. 1 WHG Rechnung getragen. Damit hat er die Nebenbestimmung Nr. 14.11 des Planfeststellungsbeschlusses dahingehend geändert, dass die Erlaubnis nunmehr bei der Planfeststellungsbehörde zu beantragen ist (Sitzungsprotokoll, S. 6).

142 Dass die erforderliche Erlaubnis weder im Planfeststellungsbeschluss noch in der Protokollerklärung erteilt worden ist, hat wegen der rechtlichen Selbständigkeit der Erlaubnis und des Fehlens von Anhaltspunkten für unüberwindbare wasserrechtliche Zulassungshürden nicht die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge. Es führt vielmehr lediglich dazu, dass mit der Verwirklichung des Vorhabens und insbesondere den Brückenbaumaßnahmen, für die die Wasserhaltung erforderlich ist, nicht vor Erteilung der Erlaubnis begonnen werden darf. Auf die Frage, ob die Verlagerung der Entscheidung über die Erlaubniserteilung in die Phase der Ausführungsplanung im Hinblick auf das für den Planfeststellungsbeschluss in § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwVfG verankerte Gebot der Konfliktbewältigung zulässig gewesen wäre, kommt es daher nicht an.

143 Keine Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses hat auch § 11 Abs. 1 WHG. Ob danach die noch zu beantragende Erlaubnis für die Bauwasserhaltung nur in einem Verfahren erteilt werden kann, das den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, ist eine Frage des noch durchzuführenden Erlaubnisverfahrens.

144 cc) Rechtswidrig ist der Planfeststellungsbeschluss auch nicht deshalb, weil er eine Erlaubnis für das Einleiten von Straßenabwässern aus dem Entwässerungsabschnitt 1 über das bestehende Regenrückhaltebecken 4 in den Schweddeybach, für das bereits der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss vom 11. Dezember 2007 eine Erlaubnis enthält, nicht erteilt hat.

145 Keiner Klärung bedarf insoweit, ob die Zulassungsvoraussetzungen für diese Gewässerbenutzung im vorliegenden Planfeststellungsverfahren erneut hätten geprüft werden müssen. Denn im Hinblick auf die rechtliche Selbständigkeit der Erlaubnis und das Fehlen von Anhaltspunkten für unüberwindbare wasserrechtliche Zulassungshürden hätte ein fehlerhafter Verzicht auf diese Prüfung nicht die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge.

146 Im Übrigen liegt der rechtlichen Selbständigkeit der Erlaubnis gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss die Erwägung zugrunde, dass im Wasserrecht flexibel handhabbare Instrumente unverzichtbar sind. Die Regelungen des Wasserrechts zur Anordnung nachträglicher Inhalts- und Nebenbestimmungen (§ 13 WHG) und zum Widerruf von Erlaubnissen und Bewilligungen (§ 18 WHG) sollen es ermöglichen, auf veränderte Situationen effektiv zu reagieren, ohne zugleich ein förmliches Planfeststellungsverfahren einleiten zu müssen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 - 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 56). Etwaigen Veränderungen, die sich für die Einleitung von Straßenabwässern in den Schweddeybach über das Regenrückhaltebecken 4 ergeben, kann die Planfeststellungsbehörde, die nach § 19 Abs. 4 Satz 1 WHG über den Widerruf der Erlaubnis und den Erlass nachträglicher Inhalts- und Nebenbestimmungen entscheidet, daher auch im Nachhinein Rechnung tragen.

147 dd) Der Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Einleitung der Straßenabwässer in den Falkenauer Wiesenbach und in den Zschan- oder Schindelbach nicht den Anforderungen von § 57 Abs. 1 WHG genügt.

148 Zwar darf nach dieser Regelung eine Erlaubnis zum Einleiten von Abwasser in Gewässer (Direkteinleitung) unter anderem nur erteilt werden, wenn die Menge und Schädlichkeit des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist (§ 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG) und die Einleitung mit den Anforderungen an die Gewässereigenschaften und sonstigen rechtlichen Anforderungen vereinbar ist (§ 57 Abs. 1 Nr. 2 WHG). Die insoweit von den Klägern erhobenen Einwände greifen jedoch nicht durch.

149 aaa) Bei den Einleitungen von Straßenabwässern aus den Entwässerungsabschnitten 5 und 6 an der Einleitstelle N in den Zschan- oder Schindelbach und an der Einleitstelle Q in den Falkenauer Wiesenbach wird die Menge und Schädlichkeit des Abwassers so gering gehalten, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist.

150 Zwar soll Straßenabwasser, das wie hier auf Außerortsstraßen der Kategorie II mit einer durchschnittlichen Tagesverkehrsstärke von 2 000 bis 15 000 Kfz/​Tag anfällt, als mäßig belastet nach den Richtlinien der FGSV für die Entwässerung von Straßen, Ausgabe 2021 (im Folgenden: REwS 2021), vor der Einleitung in ein Gewässer behandelt werden (REwS 2021, S. 54). Jedoch kann eine solche Behandlung auch durch die Ableitung der Straßenabwässer über begrünte Böschungen, Mulden und Gräben erfolgen, über die das Oberflächenwasser durch die bewachsene Bodenzone versickern kann. Denn der nicht versickernde verbleibende Abfluss wird hierdurch erheblich vorentfrachtet (REwS 2021, S. 53 und 57). Ein solches Vorgehen ist hier geplant (Wassertechnische Untersuchungen, Planunterlage 18.1 C, S. 8 und 9). Wie der Fachgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert hat, ist eine weitere Behandlung der Straßenabwässer etwa durch ein Absetzbecken daneben nicht erforderlich, weil so geringe Abwassermengen wie die in den Entwässerungsabschnitten 5 und 6 anfallenden gut durch Mulden vorgefiltert werden können.

151 bbb) Auch die Einleitung von Straßenabwässern aus den Entwässerungsabschnitten 2 und 4 über das Regenrückhaltebecken 5 in den Falkenauer Wiesenbach erfüllt die Anforderungen des § 57 Abs. 1 WHG.

152 Zwar sollen Retentionsbodenfilter, die neben Flächenversickerungen und Versickerungsanlagen für die Feinfraktion abfiltrierbarer Stoffe (0,45 bis 63 µm) mit einem Wirkungsgrad von 95 % (REwS 2021, S. 55 Tab. 9) die größte Reinigungsleistung haben (REwS 2021, S. 53 und S. 56), aus wasser- und betriebswirtschaftlicher Sicht bevorzugt eingesetzt werden. Werden sie eingesetzt, kann bei entsprechender Ausgestaltung die notwendige Regenwasserrückhaltung auch in der Bodenfilteranlage erfolgen (REwS 2021, S. 56). Auch die mit dem Regenrückhaltebecken 5 gewählte Lösung eines kombinierten offenen Absetz- und Speicherbeckens mit Tauchwand im Dauerstau (Wassertechnische Untersuchungen, Planunterlage 18.1 C, S. 12) hat aber mit einem Wirkungsgrad des Absetzbeckens von 70 % (REwS 2021, S. 55 Tab. 9) eine Reinigungsleistung, die den Wirkungsgrad von 25 %, der für die Behandlung der Abwässer von Straßen der hier vorliegenden Kategorie II erforderlich ist (REwS 2021, S. 54), deutlich übersteigt. Dass dies die Anforderungen der Richtlinien für die Entwässerung von Straßen erfüllt, hat auch der Fachgutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

153 ccc) Der weitere Einwand der Kläger, die Einleitungen in den Falkenauer Wiesenbach und den Zschan- oder Schindelbach seien nicht mit den Anforderungen an die Gewässereigenschaften vereinbar, weil sie zu Abwassergräben deklassiert würden, greift nicht durch.

154 Soweit die Kläger aus Aussagen der wassertechnischen Untersuchungen schließen, dass die Abwassereinleitmenge dem natürlichen Abfluss entspreche und deshalb die betroffenen Oberflächengewässer vollständig aus Straßenabwässern bestünden, trifft dies nicht zu. Aus den wassertechnischen Untersuchungen geht lediglich hervor, dass der Vorflut durch die Realisierung der Straßenbaumaßnahme nicht wesentlich mehr Wasser zugeführt werde als bisher (Wassertechnische Untersuchungen, Planunterlage 18.1 C, S. 2). Dies bedeutet aber nicht, dass die zugeführte Wassermenge künftig vollständig durch Straßenabwässer ersetzt wird. Vielmehr wird das Straßenabwasser jeweils gemeinsam mit dem Geländewasser eingeleitet (Wassertechnische Untersuchungen, Planunterlage 18.1 C, S. 7 und 9).

155 ee) Der Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil es sich bei der Ersatzmaßnahme E 3.5, die die Renaturierung eines Abschnitts des Falkenauer Wiesenbachs durch Öffnung und Beseitigung einer Verrohrung und Anlegung eines naturnahen Bachlaufs vorsieht, um eine nach § 67 Abs. 2 Satz 1 und § 68 Abs. 1 WHG als Gewässerausbau planfeststellungspflichtige wesentliche Umgestaltung eines Gewässers handelt und die Planfeststellungsvoraussetzungen nach § 68 Abs. 3 WHG im streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss nicht geprüft worden wären.

156 aaa) Eine eigene Planfeststellung für die Renaturierung des Falkenauer Wiesenbachs ist neben der Planfeststellung für den 2. Bauabschnitt der Verlegung der B 173 nicht erforderlich. Vielmehr umfasst die Planfeststellung für das Straßenbauvorhaben nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. mit der planfestgestellten Unterlage 9.3 B und dem darin enthaltenen Maßnahmenblatt (Planunterlage 9.3 B, S. 36) auch die Ersatzmaßnahme E 3.5. Dass die Planfeststellungsvoraussetzungen nach § 68 Abs. 3 WHG nicht vorlägen, insbesondere mit der Renaturierung des Falkenauer Wiesenbachs eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit verbunden wäre, machen die Kläger nicht substantiiert geltend.

157 bbb) Unschädlich ist auch, dass nach dem Maßnahmenblatt die Vermessung und wassertechnische Berechnung der Ersatzmaßnahme im Rahmen der Ausführungsplanung erfolgt und diese im Vorfeld mit der Unteren Wasserbehörde abzustimmen ist (Planunterlage 9.3 B, S. 36).

158 Die technische Ausführungsplanung kann aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, wenn sie nach dem Stand der Technik beherrschbar ist, die entsprechenden Vorgaben beachtet und keine abwägungsbeachtlichen Belange berührt werden (BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 50 und vom 11. Oktober 2017 - 9 A 14.16 - BVerwGE 160, 78 Rn. 114; Beschluss vom 7. August 2014 - 9 VR 2.14 - juris Rn. 4). Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen nicht vorlägen, sind nicht ersichtlich.

159 Ob in solchen Fällen dem Vorhabenträger aufzugeben ist, vor Baubeginn seine Ausführungsplanung der Planfeststellungsbehörde zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen, damit sie im Hinblick auf ihre Letztverantwortung für sämtliche Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. November 1994 - 7 C 25.93 - BVerwGE 97, 143 <148 f.> und vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 747) beurteilen kann, ob rein technische Probleme oder aber abwägungsbeachtliche Belange berührt werden, über die nicht im Rahmen der Bauausführung, sondern nur im Rahmen der Planfeststellung entschieden werden kann (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‌- 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 50; Beschluss vom 7. August 2014 ‌- 9 VR 2.14 - juris Rn. 4), oder ob eine Verpflichtung zur Vorlage der Ausführungsplanung entfallen oder auf einzelne Punkte beschränkt werden kann, um die Planfeststellungsbehörde nicht zu überfordern (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 747), kann dahinstehen.

160 Der Beklagte hat die Nebenbestimmung 9.1 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 16) in der mündlichen Verhandlung durch die Protokollerklärung Nr. 4 dahingehend ergänzt, dass abweichend vom Maßnahmenblatt für die Maßnahme E 3.5 (Planunterlage 9.3 B, S. 36) und von einer entsprechenden Zusage (Planfeststellungsbeschluss, S. 236) der Vorhabenträger die Vermessung und wassertechnische Berechnung der Renaturierungsmaßnahme mit der Planfeststellungsbehörde abzustimmen hat. Damit muss die Ausführungsplanung der Sache nach der Planfeststellungsbehörde vorgelegt und von ihr genehmigt werden. Denn nur eine Ausführungsplanung, die die Zustimmung der Planfeststellungsbehörde gefunden hat, ist mit ihr abgestimmt.

161 ff) Der Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Herstellung des Regenrückhaltebeckens 5 als Gewässerausbau nach § 67 Abs. 2 Satz 1 und § 68 Abs. 1 WHG der Planfeststellung bedurft hätte und die Planfeststellungsvoraussetzungen nach § 68 Abs. 3 WHG nicht geprüft worden sind. Das Regenrückhaltebecken gehört unabhängig davon, ob es sich dabei um ein oberirdisches Gewässer handelt, als Entwässerungsanlage gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG zur Bundesfernstraße und ist deshalb Teil des planfestzustellenden Straßenbauvorhabens (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 170). Seine Planfeststellungsbedürftigkeit beruht deshalb allein auf § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG a. F. Dementsprechend ist es mit den Lageplänen der Planunterlagen 5.2 C und 5.3 C planfestgestellt (Planfeststellungsbeschluss, S. 8).

162 gg) Die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses folgt auch nicht daraus, dass die Planfeststellungsbehörde für das Regenrückhaltebecken 5 und die Renaturierungsmaßnahme E 3.5 keine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Nr. 13.18.1 und Nr. 13.18.2 Anlage 1 UVPG a. F. durchgeführt hat und deshalb wesentliche Umweltauswirkungen in der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht beachtet worden wären.

163 Das Vorhaben, das der Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, ist das konkrete Projekt, für das der Vorhabenträger einen Antrag stellt (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 43). Das ist hier der planfestgestellte 2. Bauabschnitt der Verlegung der B 173 in Flöha. Dieses Vorhaben umfasst nicht nur das Regenrückhaltebecken 5, sondern nach § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. auch die als Ersatzmaßnahme E 3.5 vorgesehene Teilrenaturierung des Falkenauer Wiesenbachs. Es unterliegt als sonstige Bundesstraße nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Nr. 14.6 Anlage 1 UVPG a. F. insgesamt einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls, als deren Ergebnis die Planfeststellungsbehörde eine Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich gehalten hat (Planfeststellungsbeschluss, S. 32). Welche Umweltauswirkungen des Vorhabens im Zusammenhang mit der Renaturierungsmaßnahme E 3.5 und dem Regenrückhaltebecken 5 in der Umweltverträglichkeitsprüfung nicht berücksichtigt worden sein sollen, legen die Kläger weder substantiiert dar, noch ist es sonst ersichtlich.

164 hh) Soweit die Kläger geltend machen, es sei weder die Genehmigung für das Einleiten der im Entwässerungsabschnitt 7 anfallenden Straßenabwässer in einen vorhandenen Regenwasserkanal nach § 58 WHG erteilt worden noch eine Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erfolgt, führt dies ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Einer Genehmigung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 WHG bedarf es nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. neben der Planfeststellung für das Straßenbauvorhaben nicht. Welche Genehmigungsvoraussetzungen nach § 58 Abs. 2 WHG die Einleitung in den Regenwasserkanal nicht erfüllen soll, ist weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich.

165 b) Gegen die §§ 27 und 47 WHG sowie das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot nach Art. 4 WRRL verstößt der Planfeststellungsbeschluss nur, soweit die Planfeststellungsbehörde die Einhaltung der sich daraus ergebenden Anforderungen für den Oberflächenwasserköper Zschopau 2 nicht geprüft hat.

166 aa) Die Planfeststellungsbehörde ist nach Art. 4 Abs. 1 WRRL verpflichtet, im Laufe des Planfeststellungsverfahrens und somit vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen, ob das Vorhaben negative Auswirkungen auf die Gewässer haben kann, die den Pflichten zuwiderlaufen, die Verschlechterung des Zustands der Oberflächen- und Grundwasserkörper zu verhindern und diesen Zustand zu verbessern (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 76).

167 Dies zugrunde gelegt, ist der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig, soweit im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden ist, ob die Auswirkungen des Vorhabens auf den Oberflächenwasserkörper Zschopau 2, die sich aus der Zuleitung der Straßenabwässer aus dem Entwässerungsabschnitt 1 über das Regenrückhaltebecken 4 und den Schweddeybach ergeben, mit dem Verschlechterungsverbot und dem Verbesserungsgebot vereinbar sind.

168 Bei diesen Auswirkungen handelt es sich um einen wasserrechtlichen Konflikt, der durch das als 2. Bauabschnitt der Verlegung der B 173 in Flöha planfestgestellte streitgegenständliche Straßenbauvorhaben ausgelöst wird und deshalb nach dem in § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. verankerten Gebot der Konfliktbewältigung im Planfeststellungsverfahren für diesen Abschnitt zu bewältigen ist. Die verfahrens- und materiell-rechtlichen Anforderungen sind grundsätzlich einheitlich auf dasselbe Vorhaben anzuwenden. Eine Aufteilung von Entscheidungen zu demselben Abschnitt oder derselben Teilstrecke auf unterschiedliche Planfeststellungsverfahren zu verschiedenen Abschnitten ist grundsätzlich ausgeschlossen (BVerwG, Hinweisbeschluss vom 25. April 2018 - 9 A 16.16 - juris Rn. 49 m. w. N.).

169 Eine Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Oberflächenwasserkörper Zschopau 2 und deren Vereinbarkeit mit dem Verschlechterungsverbot und dem Verbesserungsgebot nehmen weder der Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie vom 27. September 2017 noch die Ergänzungsunterlage zu diesem Fachbeitrag vom 25. Oktober 2022 oder der Planfeststellungsbeschluss vor. Sie war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die vorhabenbedingten Auswirkungen bereits im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss für die Verlegung der B 173 in Flöha vom 11. Dezember 2007 bewältigt worden wären. Zwar sind dort bestandskräftig das Regenrückhaltebecken 4 planfestgestellt und eine Erlaubnis für eine Einleitung der dort behandelten Straßenabwässer in den Schweddeybach erteilt worden. Eine Prüfung der Vereinbarkeit mit den Anforderungen der §§ 27 und 47 WHG und des Art. 4 Abs. 1 WRRL ist jedoch im ursprünglichen Planfeststellungsverfahren nicht erfolgt.

170 Ein Verstoß gegen die Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde nach Art. 4 Abs. 1 WRRL, eine solche Prüfung im Laufe des Projektgenehmigungsverfahrens und somit vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vorzunehmen, steht dabei nicht nur der Rechtmäßigkeit von wasserrechtlichen Erlaubnissen für Gewässerbenutzungen entgegen, die mit dem planfestzustellenden Vorhaben verbunden sind. Er hat vielmehr als Verfahrensfehler, der zudem einen Verstoß gegen die materiell-rechtlichen Anforderungen des Wasserrechts möglich erscheinen lässt (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2020 - 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 54), auch die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge (BVerwG, Hinweisbeschluss vom 25. April 2018 - 9 A 16.16 - juris Rn. 47 m. w. N.). Denn nach Art. 4 Abs. 1 WRRL ist die Genehmigung eines konkreten Vorhabens zu versagen, wenn es geeignet wäre, den Zustand eines Oberflächenwasserkörpers zu verschlechtern oder die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächenwasserkörpers zu gefährden (EuGH, Urteile vom 1. Juli 2015 ‌- C-461/13 [ECLI:​​EU:​​C:​​2015:​​433] - Rn. 50 und vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 74).

171 Die laut Angabe des Beklagten in der mündlichen Verhandlung "nur gedanklich vorgenommene" Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Oberflächenwasserkörper Zschopau 2 reicht nicht aus. Die Informationen, die der Öffentlichkeit nach der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 vom 28. Januar 2012 S. 1; im Folgenden: UVP-RL) zur Verfügung zu stellen sind, müssen die Angaben umfassen, die erforderlich sind, um die Auswirkungen des zu genehmigenden Projekts auf die Gewässer anhand der insbesondere in Art. 4 Abs. 1 WRRL vorgesehenen Kriterien und Pflichten zu beurteilen. Die bereitgestellten Angaben müssen erkennen lassen, ob das fragliche Projekt zur Verschlechterung eines Wasserkörpers führen kann (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 84 und 86). Dies wird durch eine nur gedanklich vorgenommene Prüfung nicht gewährleistet.

172 bb) Der Einwand der Kläger, die Vereinbarkeit der Auswirkungen des Vorhabens auf den Grundwasserkörper Mittlere Zschopau mit dem Verschlechterungsverbot und dem Verbesserungsgebot seien im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden, greift mangels hinreichender Substantiierung innerhalb der Klagebegründungsfrist nach § 17e Abs. 3 Satz 1 FStrG (damals § 17e Abs. 5 Satz 1 FStrG) nicht durch. Die Klagebegründung erläutert die geltend gemachte Betroffenheit des außerhalb des planfestgestellten 2. Bauabschnitts gelegenen Grundwasserkörpers durch Flächeninanspruchnahme und Einleitung nicht näher.

173 cc) Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Auswirkungen des Vorhabens auf den Falkenauer Wiesenbach, den Schindel- oder Zschanbach und den Mühlgraben bei der Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verschlechterungsverbot und dem Verbesserungsgebot nicht eigens berücksichtigt worden sind. Dem Verschlechterungsverbot und dem Verbesserungsgebot für Kleingewässer, die einen Einzugsbereich von weniger als 10 km² haben und deshalb nicht Gegenstand eines Bewirtschaftungsplans sind, kann dadurch Rechnung getragen werden, dass sie so bewirtschaftet werden, dass der festgelegte Oberflächenwasserkörper die Bewirtschaftungsziele erreicht (BVerwG, Urteile vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 103 ff. und vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 43 f.). Auswirkungen eines Vorhabens auf solche Kleingewässer sind deshalb nur dann mit dem Verschlechterungsverbot oder dem Verbesserungsgebot nicht vereinbar, wenn sie mit den Bewirtschaftungszielen unvereinbare Auswirkungen auf den festgelegten Oberflächenwasserkörper haben (BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 ‌- 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 105). Ebenso ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Genehmigung für ein konkretes Vorhaben zu versagen, wenn das Vorhaben wegen seiner Auswirkungen auf ein Gewässer, das nicht Gegenstand einer Beschreibung nach Art. 5 und Anhang II WRRL war und für das kein Programm zur Überwachung nach Art. 8 und Anhang V WRRL erstellt wurde, geeignet ist, eine Verschlechterung des Zustands eines anderen Oberflächenwasserkörpers zu verursachen, der als "Typ" eines Oberflächenwasserkörpers ausgewiesen wurde oder hätte ausgewiesen werden müssen, oder die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers zu gefährden (EuGH, Urteil vom 25. April 2024 - C-301/22 [ECLI:​​EU:​​C:​​2024:​​347] - Rn. 58).

174 dd) Ohne Erfolg rügen die Kläger Verstöße gegen das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot bei der Prüfung der Auswirkungen des Vorhabens auf den Oberflächenwasserkörper Flöha 2.

175 aaa) Der Einwand der Kläger, die Prüfung gehe von einem veralteten Ist-Zustand und einem überholten Maßnahmenprogramm aus, greift nicht durch.

176 Zwar setzt eine ordnungsgemäße Prüfung des Verschlechterungsverbots, die für alle vorhabenbedingten Wirkpfade zu erfolgen hat, eine Ermittlung des Ist-Zustands der zu bewertenden Wasserkörper voraus, wobei bei fehlender Einstufung des Wasserkörpers oder lückenhafter, unzureichender oder veralteter Datenlage gegebenenfalls weitere Untersuchungen erforderlich sind (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 160 m. w. N.). Jedoch trägt dem die Ergänzungsunterlage zum Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie Rechnung, die der Aktualisierung der veralteten Datengrundlage des Fachbeitrags dient. Sie überprüft die Ergebnisse des Fachbeitrags auf der Grundlage aktueller Untersuchungsergebnisse für die betroffenen Gewässerkörper und die darauf beruhenden Bewertungen im 3. Bewirtschaftungsplan (Ergänzungsunterlage, S. 6 f.; zu den Einzelheiten des ökologischen und chemischen Zustands vgl. Ergänzungsunterlage, S. 19 Tab. 9). Insbesondere hat sie für die relevanten straßenspezifischen Stoffe eine Auswirkungsprognose im Wege einer Mischungsrechnung auf der Grundlage der aktuellen, bei der repräsentativen Messstelle für den Oberflächenwasserkörper Flöha 2 vollständig vorhandenen Daten zu den flussgebietsspezifischen Schadstoffen nach Anlage 6 zur Oberflächengewässerverordnung (im Folgenden: OGewV), den Parametern nach Anlage 7 OGewV und den Stoffen des chemischen Zustands nach Anlage 8 OGewV vorgenommen (Ergänzungsunterlage, S. 11 f. und S. 14).

177 Auch die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Verbesserungsgebot ist in der Ergänzungsunterlage nicht anhand des überholten Maßnahmenprogramms für den 2. Bewirtschaftungszeitraum erfolgt. Vielmehr sind ihr ausdrücklich die Maßnahmen für den 3. Bewirtschaftungszeitraum zugrunde gelegt worden (Ergänzungsunterlage, S. 20 Tab. 10).

178 Im Übrigen hat der Senat die gesamte Kritik der Kläger am Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Soweit sie durch die Ergänzungsunterlage überholt und deshalb nicht entscheidungserheblich ist, sieht er von einer näheren Behandlung in den Entscheidungsgründen ab.

179 bbb) Nicht zu beanstanden ist darüber hinaus, dass die Ergänzungsunterlage eine Verschlechterung der allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten des ökologischen Zustands sowie des chemischen Zustands des Oberflächenwasserkörpers Flöha 2 trotz einer rechnerisch weiteren vorhabenbedingten Überschreitung der Orientierungswerte für Orthophosphat- und Gesamtphosphor nach Anlage 7 OGewV und der Jahresdurchschnitts-Umweltqualitätsnormen (JD-UQN) zur Bestimmung des chemischen Zustands für Cadmium, Fluoranthen und Benzo(a)pyren nach Anlage 8 Tab. 2 Nr. 6, 15 und 28 OGewV, die jeweils bereits im Ist-Zustand nicht eingehalten waren, mangels messtechnischer Nachweisbarkeit verneint hat. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können nur messtechnisch erfass- bzw. nachweisbare Erhöhungen der Schadstoffkonzentration zu einer Verschlechterung der betroffenen Qualitätskomponente und damit des Zustands eines Wasserkörpers führen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 68 Rn. 109 <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt>, vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 580, vom 27. November 2018 - 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 50, vom 12. Juni 2019 - 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 144, vom 11. Juli 2019 - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 225 und vom 4. Juni 2020 - 7 A 1.18 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 18 Rn. 109 f.; Vorlagebeschluss vom 25. April 2018 - 9 A 16.16 - juris Rn. 49).

180 (1) Dies steht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Einklang.

181 Zwar widerspräche danach die Annahme, Beeinträchtigungen des Gewässerkörpers verstießen im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann gegen das Verschlechterungsverbot, wenn sie sich nach einer Abwägung der negativen Auswirkungen auf das Gewässer gegen die wasserwirtschaftlichen Interessen als erheblich darstellten, Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i WRRL (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - Rn. 68). Denn für Erheblichkeitsschwellen, die sich aus einer Interessenabwägung ergeben, ist kein Raum. Nicht ausgeschlossen sind jedoch fachlich begründete Erheblichkeitsgrenzen, die sich auf die praktische Messbarkeit bzw. Nachweisbarkeit von Auswirkungen beziehen (BVerwG, Urteile vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 Europ.UmweltR Nr. 68 Rn. 109 <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt> und vom 12. Juni 2019 - 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 144). Das Verschlechterungsverbot knüpft mit der Erhöhung der Konzentration von Schadstoffen im Gewässerkörper an eine nachteilige Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse an, sodass es auf eine nur rechnerisch ableitbare, gegebenenfalls minimale Erhöhung des Schadstoffgehalts nicht ankommen kann. Mit dem Erfordernis, dass nur Erhöhungen der Schadstoffkonzentration, die messtechnisch nachweisbar sind und damit im Tatsächlichen ihren Niederschlag finden, als Verschlechterung rechtlich beachtlich sein können, werden keine auf einer Interessenabwägung beruhenden, unzulässigen Erheblichkeitsschwellen begründet. Vielmehr wird durch den Bezug auf die Messbarkeit den durch die verfügbaren naturwissenschaftlichen Methoden bedingten Grenzen der empirischen Erkennbarkeit einer Veränderung von Schadstoffkonzentrationen Rechnung getragen (BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 7 A 1.18 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 18 Rn. 110).

182 Auch aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - lässt sich nichts anderes ableiten. Von durch die verfügbaren naturwissenschaftlichen Methoden bedingten Grenzen der empirischen Erkennbarkeit geht ersichtlich auch der Gerichtshof aus. Denn er macht ohne weitere Erläuterung die Verschlechterung des chemischen Zustands davon abhängig, dass eine Umweltqualitätsnorm oder ein Schwellenwert überschritten wird oder dass sich die Konzentration eines Schadstoffs, dessen Schwellenwert bereits überschritten ist, voraussichtlich erhöhen wird (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 119), obwohl der Vorlagebeschluss des Senats ausdrücklich danach gefragt hat, ob dann, wenn für einen Schadstoff der maßgebliche Schwellenwert bereits überschritten ist, jede weitere (messbare) Erhöhung eine Verschlechterung darstellt (BVerwG, Vorlagebeschluss vom 25. April 2018 - 9 A 16.16 - juris Tenor Vorlagefrage 3). Der Gerichtshof setzt damit offenbar das Tatbestandsmerkmal der Messbarkeit als selbstverständlich voraus und sieht deshalb keinen Anlass, es näher zu problematisieren (BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2020 - 7 A 1.18 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 18 Rn. 110).

183 (2) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beurteilung, ob eine Qualitätsnorm oder ein Schwellenwert überschritten wird oder sich die Konzentration eines Schadstoffs, für den die Umweltqualitätsnorm oder der Schwellenwert bereits überschritten ist, voraussichtlich erhöhen wird, eine Auswirkungsprognose voraussetzt, die anhand einer Mischungsrechnung erfolgt. Denn kann nur eine messbare Konzentrationserhöhung zu einer Verschlechterung des Gewässerzustands führen, umfasst die Prognose nicht nur die etwaige, sich aus der Mischungsrechnung ergebende rechnerische Erhöhung der Schadstoffkonzentration, sondern auch deren Messbarkeit.

184 Das Messbarkeitserfordernis steht auch nicht im Widerspruch dazu, dass sich die Prognose, ob das Vorhaben eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers bewirken kann, nach dem allgemeinen ordnungsrechtlichen Maßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts beurteilt, nach dem eine Verschlechterung nicht ausgeschlossen, aber auch nicht sicher zu erwarten sein muss (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 ‌- 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 480). Vielmehr tritt eine Verschlechterung nach diesem Maßstab nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit ein, wenn sich aus der Mischungsrechnung eine nicht messbare Konzentrationserhöhung ergibt.

185 (3) Das Erfordernis der messtechnischen Nachweisbarkeit läuft auch nicht dem Verbesserungsgebot zuwider.

186 Zwar ist dieses Gebot verletzt, wenn das Vorhaben die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Wasserrahmenrichtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 -‌ Rn. 51). Nach dem auch insoweit maßgeblichen allgemeinen ordnungsrechtlichen Maßstab hinreichender Wahrscheinlichkeit reicht dazu weder aus, dass das Bewirtschaftungsziel eines guten Zustands möglicherweise verspätet erreicht wird, noch muss die Zielverfehlung gewiss sein (BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 582). Das Ziel eines guten Zustands ist aber nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit gefährdet, wenn eine rechnerisch prognostizierte Erhöhung der Schadstoffkonzentration messtechnisch nicht erfasst werden kann.

187 (4) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Ergänzungsunterlage von Nachweisgrenzen für Orthophosphat-Phosphor von 15 %, für Gesamt-Phosphor von 10 %, für Fluoranthen und Benzo(a)pyren von 20 % und für Cadmium von 5 % des Medians der Vorbelastung ausgegangen ist und auf dieser Grundlage eine Verschlechterung der allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponente des ökologischen Zustands bzw. des chemischen Zustands verneint hat (Ergänzungsunterlage, S. 16 f.).

188 Dies entspricht dem FGSV-Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung. Das Merkblatt trifft eine Konvention zur Bewertung der Messbarkeit, die deren Grenzen anhand für die relevanten Parameter tabellarisch aufgelisteter Messunsicherheiten definiert und insoweit den aktuellen Stand der Technik wiedergibt. Bezugsgröße der Messunsicherheiten der Jahresdurchschnitts-Umweltqualitätsnorm ist dabei der Median der im Oberflächenwasserkörper als Vorbelastung gemessenen Werte. Angegeben werden die Messunsicherheiten als Prozentsatz des Medians dieser Messwerte. Der jeweilige Prozentsatz gilt unabhängig von der Ausgangskonzentration im Oberflächenwasserkörper. Die Messunsicherheiten nehmen Bezug auf die Ergebnisse von "anspruchsvollen Laboren"(vgl. zum Ganzen M WRRL, S. 33).

189 Die Einwände der Kläger stellen dieses Vorgehen nicht in Frage. Zwar hat die Bestimmung der Messbarkeitsgrenze anhand von Messunsicherheiten, die durch einen gleichbleibenden Prozentsatz des Medians der Vorbelastung definiert sind, zur Folge, dass die Messunsicherheiten mit der Vorbelastung zunehmen. Je größer die Vorbelastung ist, desto größer wird auch die messtechnisch nicht erfassbare rechnerische Erhöhung der Schadstoffkonzentration, die keine Verschlechterung des Gewässerzustands darstellt. Dies entspricht jedoch nach der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Überzeugung des Senats den technischen Gegebenheiten, weil die als Prozentsatz angegebene relative Messunsicherheit in Bereichen, die wie hier weit genug oberhalb der Nachweisgrenze (Bestimmungsgrenze; vgl. Anlage 9 Nr. 1.3 OGewV) liegen, unabhängig von der Stoffkonzentration konstant ist, während die absolute Messunsicherheit proportional zur Konzentration zunimmt (Anlage 9 zum Sitzungsprotokoll, S. 3).

190 Außerdem genügen sämtliche im FGSV-Merkblatt zur Bestimmung der Messbarkeitsgrenze zugrunde gelegten Messunsicherheiten (M WRRL, S. 33 Tab. 11) ohne Weiteres den Anforderungen von Anlage 9 Nr. 1.2 OGewV und des auf der Grundlage von Art. 8 Abs. 3 WRRL erlassenen Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2009/90/EG der Kommission vom 31. Juli 2009 zur Festlegung technischer Spezifikationen für die chemische Analyse und die Überwachung des Gewässerzustands gemäß der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 201 S. 36). Denn danach darf die Messunsicherheit sogar bis zu 50 %, gemessen an der jeweiligen Umweltqualitätsnorm, betragen. Nach Erwägungsgrund 19 der Richtlinie 2013/39/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 zur Änderung der Richtlinien 2000/60/EG und 2008/105/EG in Bezug auf prioritäre Stoffe im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 226 S. 1) werden damit Analysemethoden verlangt, die empfindlich genug sind, um jegliche Überschreitung der Umweltqualitätsnormen zuverlässig festzustellen und zu messen.

191 (5) Angesichts dessen bestehen keine Zweifel, dass Art. 4 Abs. 1 WRRL als acte clair so auszulegen ist, dass nur messbare Konzentrationserhöhungen gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen können. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es daher nicht.

192 Eine Vorlage ist auch nicht im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs vom 5. Mai 2022 - C-525/20 [ECLI:​​EU:​​C:​​2022:​​350] - geboten. Denn dass danach bei der Beurteilung, ob ein konkretes Vorhaben mit dem Ziel der Verhinderung einer Verschlechterung der Wasserqualität vereinbar ist, vorübergehende Auswirkungen von kurzer Dauer und ohne langfristige Folgen für die Gewässer nicht unberücksichtigt bleiben dürfen (EuGH, Urteil vom 5. Mai 2022 - C-525/20 - Rn. 45), lässt nicht erkennen, dass mit der auf Dauer angelegten Straßenentwässerung verbundene rechnerische Erhöhungen der Schadstoffkonzentration unabhängig von ihrer messtechnischen Nachweisbarkeit ebenfalls Berücksichtigung finden müssten.

193 ccc) Die Verneinung einer Verschlechterung der biologischen und der hydromorphologischen Qualitätskomponenten des ökologischen Zustands des Oberflächenwasserkörpers Flöha 2 ist nicht zu beanstanden. Auswirkungen des Vorhabens, die eine Verschlechterung dieser Qualitätskomponenten zur Folge haben könnten, sind nicht ersichtlich.

194 (1) Dies gilt zunächst für eine Erhöhung der Schadstoffkonzentration, die sich negativ auf die biologischen Qualitätskomponenten nach Anlage 3 Nr. 1 OGewV auswirken könnte. Denn soweit Straßenabwässer eingeleitet werden, die im Vergleich zum bisherigen Zustand von größeren Straßenflächen abfließen oder größere Abflussmengen aufweisen und deshalb eine Verschlechterung der Wasserqualität zur Folge haben könnten, hat die Ergänzungsunterlage Mischungsrechnungen vorgenommen. Danach verschlechtern sich weder die chemischen oder allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten des ökologischen Zustands noch der chemische Zustand des Oberflächenwasserkörpers (Ergänzungsunterlage, S. 16 f. und Anlage 1). Insbesondere erhöht sich die Chloridkonzentration nicht, wobei selbst der Orientierungswert für den sehr guten Zustand nach Anlage 7 Nr. 1.1.2 OGewV von 50 mg/l deutlich unterschritten ist (Ergänzungsunterlage, Anlage 1 S. 7). Für Cadmium ergibt die Mischungsrechnung keine messtechnisch nachweisbare Konzentrationserhöhung (Ergänzungsunterlage, S. 17 und Anlage 1 S. 14). Auch die Erhöhung der Konzentration von Kupfer und Zink liegt unter der Nachweisgrenze von 5 % des Medians der Vorbelastung (M WRRL, S. 33 Tab. 11). Dabei werden die Jahresdurchschnitts-Umweltqualitätsnormen von 160 mg/kg für Kupfer und von 800 mg/kg für Zink nach Anlage 6 Nr. 32 und 67 OGewV eingehalten (Ergänzungsunterlage, S. 16 und Anlage 1 S. 8 und 9).

195 (2) Die verbal-argumentative Verneinung einer Verschlechterung der biologischen und hydromorphologischen Qualitätskomponenten durch bauzeitliche Auswirkungen des Vorhabens ist nicht zu beanstanden.

196 Zwar lässt es Art. 4 Abs. 1 WRRL nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht zu, bei der Beurteilung, ob ein konkretes Vorhaben mit dem Ziel der Verhinderung einer Verschlechterung der Wasserqualität vereinbar ist, vorübergehende Auswirkungen von kurzer Dauer und ohne langfristige Folgen für die Gewässer nicht zu berücksichtigen. Dies gilt aber dann nicht, wenn diese Auswirkungen sich ihrem Wesen nach offensichtlich nur geringfügig auf den Zustand der betroffenen Wasserkörper auswirken und im Sinne dieser Bestimmung nicht zu einer "Verschlechterung" ihres Zustands führen können (EuGH, Urteil vom 5. Mai 2022 - C-525/20 - Rn. 45). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Ausreichend substantiiert ist in diesem Zusammenhang allenfalls die Kritik der Kläger, in der Bauphase könne sich das Vorhaben auf die biologischen Qualitätskomponenten durch Wassertrübungen in Folge der Aufwirbelung von Feinsedimenten auswirken. Letztere treten punktuell beim Einsetzen und Entnehmen zweier jeweils 1 m² des Flöhabetts in Anspruch nehmender Hilfsstützen auf. Diese Auswirkungen auf den 46,47 km langen Oberflächenwasserkörper sind − ebenso wie die übrigen im Fachbeitrag Wasserrahmenrichtlinie (S. 63 f., 67 und 69) behandelten bauzeitlichen Folgen − ihrem Wesen nach offensichtlich nur geringfügig und können zu keiner Verschlechterung führen.

197 ddd) Ein Verstoß gegen das Verbesserungsgebot ist nicht ersichtlich.

198 Mangels messtechnisch nachweisbarer Erhöhungen der Schadstoffkonzentration steht das Vorhaben weder einer Verbesserung des chemischen Zustands und der chemischen oder allgemeinen physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten des ökologischen Zustands des Oberflächenwasserkörpers Flöha 2 noch Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung mit Nährstoffen aus diffusen Quellen entgegen. Die Kläger legen auch nicht substantiiert dar, dass andere im Maßnahmenprogramm für das Erreichen eines guten Zustands vorgesehene Maßnahmen ganz oder teilweise behindert oder erschwert würden. Ihren Ausführungen ist nicht zu entnehmen, warum das Vorhaben, das das Flöhatal mittels einer hohen Talbrücke überquert, zum Verlust von Uferrandstreifen führt oder die eigendynamische Entwicklung des Gewässers durch anlagebedingte Flächeninanspruchnahme einschränkt. Soweit die Beseitigung einer Wehranlage am Mühlgraben durch den Planfeststellungsbeschluss verhindert würde, beträfe dies keine Maßnahme zur Verbesserung der Durchgängigkeit des Oberflächenwasserkörpers Flöha 2.

199 ee) Der Prüfung einer Verschlechterung des Oberflächenwasserkörpers Zschopau 3, in den der Oberflächenwasserkörper Flöha 2 mündet, bedurfte es nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass Straßenabwässer, die im Oberflächenwasserkörper Flöha 2, in den sie eingeleitet werden, nicht zu einer messbaren Erhöhung der Schadstoffkonzentration führen, in dem weiter flussabwärts gelegenen Oberflächenwasserkörper Zschopau 3 aber eine solche Konzentrationserhöhung verursachen könnten.

200 ff) Die Kritik der Kläger an der wasserrahmenrechtlichen Prüfung des Grundwasserkörpers Untere Flöha greift ebenfalls nicht durch.

201 aaa) Soweit sie die Prüfung einer Verschlechterung des chemischen Zustands des Grundwasserkörpers auf den mit der dezentralen Versickerung verbundenen Eintrag von Chlorid beschränkt, begründet die Ergänzungsunterlage dies damit, dass sämtliche anderen Stoffe bei der Versickerung der Straßenabwässer über die belebte Bodenzone im Untergrund zurückgehalten oder abgebaut würden. Für diese Stoffe könnten deshalb unabhängig von der Vorbelastung des Grundwassers Schwellenwertüberschreitungen oder weitere Erhöhungen von bereits über dem Schwellenwert der Grundwasserverordnung (im Folgenden: GrwV) liegenden Schadstoffkonzentrationen nicht eintreten (Ergänzungsunterlage, S. 8). Abgesehen davon, dass dies dem FGSV-Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung entspricht (vgl. M WRRL, S. 22), setzen sich die Kläger damit auch nicht substantiiert auseinander.

202 bbb) Die Prüfung einer Verschlechterung des chemischen Zustands ist auch nicht deshalb unzureichend, weil sie nur auf eine repräsentative Grundwassermessstelle bezogen ist.

203 Zwar ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i WRRL schon dann festzustellen, wenn eine Qualitätskomponente an nur einer Überwachungsstelle nicht erfüllt wird. Dabei sind die an jeder Überwachungsstelle gemessenen Werte individuell zu berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 118 f.; BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 ‌- 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 38). Mit diesen Überwachungsstellen sind die Messstellen gemeint, die Teil des Überwachungsnetzes sind, das nach Anhang V Nr. 2.4.1 Abs. 1 Satz 2 WRRL und § 9 Abs. 1 i. V. m. Anlage 4 Nr. 1.2 GrwV so auszuweisen bzw. zu errichten und zu betreiben ist, dass eine kohärente, umfassende und repräsentative Übersicht über den chemischen Zustand des Grundwassers in jedem Einzugsgebiet bzw. für jeden Grundwasserkörper gegeben und das Vorhandensein langfristiger anthropogener Trends zur Zunahme von Schadstoffen festgestellt werden kann (BVerwG, Urteil vom 21. November 2023 - 9 A 11.21 - NVwZ 2024, 589 Rn. 49 <insoweit in BVerwGE 181, 85 nicht abgedruckt>). Schon die Nichterfüllung einer Qualitätskomponente oder eine weitere Erhöhung einer den Schwellenwert bereits überschreitenden Schadstoffkonzentration an einer dieser Messstellen zeigt daher, dass zumindest an einem erheblichen Teil eines Grundwasserkörpers eine Verschlechterung des chemischen Zustands im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i WRRL vorliegt (EuGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - Rn. 115).

204 Die Kläger legen jedoch nicht dar, welche weiteren Messstellen für den Grundwasserkörper Untere Flöha zu berücksichtigen gewesen wären, an denen sich eine Verschlechterung hätte ergeben können. Angesichts der Einhaltung des Schwellenwerts im Nahbereich der Trasse, sind solche Messstellen auch nicht ersichtlich.

205 Gleiches gilt im Übrigen, soweit die Kläger die Fehlerhaftigkeit der Auswahl der Messstelle für den Oberflächenwasserkörper Flöha 2 kritisieren. Denn auch insoweit legen sie nicht dar, welche Messstellen des nach Anhang V Nr. 1.3 WRRL auch zur Überwachung des ökologischen und chemischen Zustands von Oberflächenwasserkörpern einzurichtenden Überwachungsnetzes im Rahmen der Prüfung zusätzlich zu berücksichtigen gewesen wären.

206 ccc) Unsubstantiiert ist auch das Klägervorbringen, die wasserrahmenrechtliche Prüfung habe nicht berücksichtigt, dass sich die Fläche des Grundwasserkörpers Untere Flöha von 281,55 km² auf 281,67 km² vergrößert habe und dass es durch die Errichtung des Talbrückenwiderlagers auf einem Auenstandort zu einer Störung der Verbindung des Grundwassers zum Oberflächenwasserkörper und damit zu einer Schädigung grundwasserabhängiger Landökosysteme kommen könne, die nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c GrwV bei der Einstufung des Grundwasserkörpers als gut oder schlecht zu berücksichtigen sei. Ebenfalls unsubstantiiert ist angesichts der Flächenzunahme des Grundwasserkörpers um 120 000 m² das Vorbringen der Kläger, die zusätzliche Versiegelung von 12 000 m² durch die Straße führe zu einer Verringerung der Grundwasserneubildungsrate und damit zu einer Verschlechterung des mengenmäßigen Zustands.

207 5. Der Planfeststellungsbeschluss weist keinen Abwägungsfehler bei der Variantenprüfung auf.

208 Die Alternativenprüfung ist Teil des aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung folgenden Abwägungsgebots. Dieses verlangt, dass die von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen werden. Dabei müssen auch sich ernsthaft anbietende Alternativlösungen bei der Zusammenstellung des abwägungserheblichen Materials berücksichtigt werden und mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange Eingang finden. Eine Planfeststellungsbehörde handelt allerdings nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Lösung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Februar 2016 ‌- 9 A 1.15 - BVerwGE 154, 153 Rn. 14 und vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 660 jeweils m. w. N.). Hat die Planfeststellungsbehörde in einer Lage, in der es keine eindeutig überlegene Variante gibt, das Gewicht der Belange fehlerfrei bestimmt, liegt jede Vorzugswahl innerhalb des gerichtlich nicht zu beanstandenden Entscheidungsspielraums (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 153).

209 Im vorliegenden Verfahren ist zudem der gerichtliche Vergleich vom 11. November 2009 im Verfahren 9 A 14.08 zu beachten. Darin hatte sich der Beklagte verpflichtet, "ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren einschließlich einer erneuten Variantenprüfung durch(zu)führen, das mit einer erneuten, ergebnisoffenen Entscheidung über die Planfeststellung in diesem Bereich abschließt".

210 Gemessen an den vorgenannten Vorgaben wird die von der Planfeststellungsbehörde bestätigte Auswahlentscheidung des Vorhabenträgers zugunsten der Variante 100 opt. durch die Kläger nicht durchgreifend in Frage gestellt. Dabei kann dahinstehen, ob das vom Vorhabenträger gewählte mathematisierte Konzept zur Begründung der Vorzugsvariante überzeugt, denn die Planfeststellungsbehörde hat sich diesem Konzept nicht angeschlossen, sondern eine eigene - verbal argumentative - Begründung vorgenommen, gegen die die Kläger keine durchgreifende Kritik vorgebracht haben.

211 a) Der Vorhabenträger hatte sich in seinen Planunterlagen zur Begründung der Vorzugstrasse 100 opt. auf ein mathematisiertes Modell mit vier Hauptkriterien (Zielfelder) gestützt, denen bestimmte Gewichtungen zugeordnet wurden: Raumentwicklung (10 %) sowie Verkehrssicherheit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit (jeweils 30 %). Jedes Zielfeld war in verschiedene Unterziele − wiederum mit genauen prozentualen Anteilen − unterteilt. Am Ende wurden die betrachteten Varianten mit Punkten versehen, die entsprechend der festgelegten Prozentanteile der Haupt- und Unterziele gewichtet wurden. Ausgewählt wurde schließlich die Variante mit den meisten Punkten, hier die gerade verlaufende Variante 100 opt.

212 Die Kläger haben die Herangehensweise im Einzelnen kritisiert. Sie haben insbesondere vorgetragen, die prozentuale Gewichtung der Haupt- und Unterziele sei nicht nachvollziehbar, die umweltfachlichen Bewertungen seien nicht haltbar und die Prüfung der Wirtschaftlichkeit sei in sich widersprüchlich und veraltet.

213 b) Ob diese Kritik berechtigt ist, kann der Senat offenlassen, denn die Planfeststellungsbehörde hat sich im Planfeststellungsbeschluss − wenngleich an versteckter Stelle − dem mathematisierten Konzept des Vorhabenträgers ausdrücklich nicht angeschlossen. So heißt es auf Seite 286 im Zusammenhang mit der Einwendung eines Privatklägers: "Zur Begründung wird insoweit auf die Ausführungen dieses Beschlusses zur Variantenuntersuchung verwiesen. Die Bewertung der Varianten erfolgte im Übrigen dort nicht nach einem Punktesystem, sondern beruht auf der Wertung der Betroffenheit bei den jeweiligen Rechtsgütern." Die in Bezug genommenen Ausführungen finden sich auf den Seiten 41 ff. des Planfeststellungsbeschlusses, in denen − nach einer überblicksartigen Beschreibung der vertieft betrachteten Varianten (S. 37 ff.) − deren Auswirkungen auf die verschiedenen Schutzgüter betrachtet werden (Schutzgüter Mensch, Tiere/​Pflanzen/​biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Landschaftsbild, Kulturgüter und sonstige Sachgüter, Verkehr und Umweltverträglichkeit). Unter der Überschrift "Zusammenfassung der Variantengegenüberstellung" folgt sodann ab Seite 57 unten eine verbal-argumentative Begründung der Vorzugstrasse 100 opt. Diese weicht nicht nur formal durch die Abkehr von dem Punktesystem, sondern auch inhaltlich von der Bewertung des Vorhabenträgers ab. So spielt z. B. die Wirtschaftlichkeit der Trasse keine entscheidende Rolle; sie wird nur sehr knapp erwähnt (vgl. S. 57 unten).

214 Im Ergebnis ist die Planfeststellungsbehörde nach Abwägung aller Vor- und Nachteile sämtlicher Varianten zu der Auffassung gelangt, dass die Variante 100 opt. gegenüber den anderen Varianten als vorzugswürdig zu bewerten sei. Zusammenfassend sei vor allem positiv gewichtet worden, dass diese Variante mit den geringsten Eingriffen in bestehende oder geplante Gewerbeflächen sowie mit der höchsten Verkehrssicherheit verbunden sei. Auch unter Einbeziehung von Aspekten der Umweltverträglichkeit seien die mit der Variante 100 opt. verbundenen Nachteile gegenüber den anderen Varianten nicht so gewichtig, dass einer anderen Variante der Vorzug hätte gegeben werden müssen (Planfeststellungsbeschluss, S. 60).

215 c) Diese Bewertung der Planfeststellungsbehörde ist nicht zu beanstanden. Weder hat sie einzelne Belange in rechtlich erheblicher Weise fehlerhaft ermittelt, bewertet oder gewichtet (aa) noch drängt sich unter Berücksichtigung aller relevanten Belange eine andere Trassenführung auf (bb).

216 (aa) Mit Blick auf die gebiets- und artenschutzrechtlichen Belange liegen keine fehlerhaften Ermittlungen vor; insoweit kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Hinsichtlich der Gewichtung der einzelnen Belange kommt dem Vorhabenträger ein großer Spielraum zu. Hier sollte die Variante 100 opt. vorgezogen werden, weil sie insbesondere wegen des geradlinigen Verlaufs der Trasse, der eine Überholsichtweite von 400 m gewährleisten kann, unter Verkehrssicherheitsaspekten am besten abschneidet. Dass verkehrliche Belange bei der Trassenwahl einer Straße eine besonders große Rolle spielen, liegt auf der Hand. Konkret sollte der planfestgestellte Abschnitt ein Überholen ermöglichen, um bis dahin aufgrund fehlender Überholmöglichkeiten eingetretene Verzögerungen aufzulösen. Das ist nachvollziehbar. Positiv bewertet wurde auch, dass die Trasse 100 opt. keine Gewerbegebiete zerschneidet und keine Wohnbebauung beeinträchtigt; insbesondere hält sie − anders als etwa die Trassen 660 und 780 − einen ausreichenden Abstand (175 m) zum Ferienhof F. ein. Auch diese Belange sind legitim und nicht zu beanstanden. Der Verlust landwirtschaftlich nutzbarer Flächen liegt mit ca. 2,5 ha im "guten Mittelfeld" sämtlicher Varianten (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 58); ihm kommt damit keine entscheidende Bedeutung bei der Abwägung zu. Negativ fällt bei der Vorzugstrasse zwar ins Gewicht, dass sie ein mit dem Flächennaturdenkmal "Wandernder Berg" räumlich verbundenes Waldgebiet anschneidet. Da die Beeinträchtigung aber nur randlich erfolgt, ist die Einschätzung des Planfeststellungsbeschlusses, es handele sich insoweit um einen als eher gering zu bewertenden Eingriff, plausibel. Dass auch die Tangierung der Habitate von Feldlerchen und Kiebitzen sowie die Querung der Flöha und des Flöhadurchbruchs wegen der Beeinträchtigung von Flächen des LRT 91E0* negativ zu bewerten sind, erkennt der Planfeststellungsbeschluss an. Er verweist insoweit aber auf die Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen, durch die die Querung FFH-verträglich gestaltet werden könne. Da diese Einschätzung der gerichtlichen Kontrolle stand hält (s. o.), ist auch diese Bewertung nicht zu beanstanden.

217 Dass die Planfeststellungsbehörde trotz der eingeräumten leichten Vorteile in Bezug auf die Umweltverträglichkeit nicht der Variante 960 den Vorzug einräumt, ist ebenfalls von ihrem Auswahlermessen gedeckt. Sie durfte insoweit dem Umstand Rechnung tragen, dass diese Variante zu einer Beeinträchtigung des Gewerbegebiets Golfplatz führen würde und zudem hinsichtlich der Verkehrssicherheit schlechter abschneidet.

218 (bb) Angesichts des Umstands, dass alle vertieft untersuchten Trassenvarianten das FFH-Gebiet durchqueren, drängt sich unter Umweltaspekten keine der anderen Trassen als eindeutig vorzugswürdig auf. Hiervon gehen auch die Kläger aus. Soweit sie dennoch andeuten, dass sie am ehesten die Varianten 780 oder 820 oder eine Kombination aus beiden favorisieren, weil diese das FFH-Gebiet an seiner schmalsten Stelle schneiden (Klagebegründung, S. 226), ist darauf hinzuweisen, dass die Trassenvariante 780 nachvollziehbar wegen ihrer Lärmbeeinträchtigung des Ferienhofs F. und von Wohngebäuden in der Ortslage Flöha und die Variante 820 ebenfalls wegen ihrer Lärmbeeinträchtigung des Ferienhofs F. als nachrangig angesehen wurden (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 58 f.).

219 6. Die Abwägung der Klimabelange im Begründungsergänzungsbeschluss vom 9. Dezember 2024 ist nicht zu beanstanden (c). Dabei legt der Senat seiner gerichtlichen Prüfung diejenigen Maßstäbe zugrunde, die er im Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - (BVerwGE 175, 312 Rn. 83) zum Berücksichtigungsgebot des § 13 Abs. 1 KSG entwickelt hat (a), und an denen er − trotz der Kritik der Kläger − weiterhin festhält (b).

220 a) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG haben die Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - (BVerwGE 175, 312 Rn. 83) bereits näher konkretisiert, welche Pflichten sich aus diesem Berücksichtigungsgebot für die Planfeststellungsbehörde im Zusammenhang mit einem straßenrechtlichen Vorhaben ergeben (aa). Das Urteil bezog sich auf das Bundes-Klimaschutzgesetz in der seit dem 31. August 2021 geltenden Fassung vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3905; vgl. genauer BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 79), das auch im vorliegenden Verfahren zur Anwendung kommt (bb).

221 aa) Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG muss die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung prüfen, ob und inwieweit diese Einfluss auf die Treibhausgasemissionen hat und die Erreichung der Klimaziele gefährden kann. Dabei dürfen die Anforderungen angesichts des weitgehenden Fehlens von untergesetzlichen Regelungen oder zumindest Handlungsempfehlungen oder Leitfäden nicht überspannt werden; der Behörde ist kein unzumutbarer Aufwand abzuverlangen. Sie hat vielmehr mit einem − bezogen auf die konkrete Planungssituation − vertretbaren Aufwand zu ermitteln, welche CO2-relevanten Auswirkungen das Vorhaben hat und welche Folgen sich daraus für die Klimaziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes ergeben. Die Berücksichtigungspflicht ist sektorübergreifend im Sinne einer Gesamtbilanz zu verstehen. Klimarelevant sind dabei nicht nur die in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 KSG genannten Sektoren, die als potenziell emissionsverursachende Sektoren den Minderungszielen des § 3 KSG unterworfen sind, sondern alle in Anlage 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes genannten Sektoren.

222 Für die Bewertung des Ergebnisses im Rahmen der Abwägungsentscheidung gilt, dass § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG eine Berücksichtigungspflicht, aber keine gesteigerte Beachtenspflicht formuliert und nicht im Sinne eines Optimierungsgebots zu verstehen ist. Bei dem Berücksichtigungsgebot bleibt es auch im Lichte der gesetzlichen Planfeststellung im Bundesverkehrswegeplan 2030. Ihr kann keine Vorfestlegung zugunsten des Projekts entnommen werden, weil die konkreten Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes nicht Gegenstand dieser Entscheidung waren und insbesondere der Aspekt der Landnutzungsänderung auf dieser übergeordneten Ebene nicht sinnvoll betrachtet werden konnte. Zusammenfassend gebietet § 13 KSG demnach das Einstellen der ermittelten klimarelevanten Auswirkungen in die Abwägung ohne gesetzlich vorgegebene Gewichtung oder Bindungswirkung. Maßgebend sind sektorübergreifend die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls, nach denen sich gegebenenfalls auch konträre abwägungsrelevante Belange und Interessen durchsetzen können (vgl. ausführlich zum Vorstehenden BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 76 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2023 - 7 A 9.22 - BVerwGE 179, 239 Rn. 43 ff.).

223 bb) Da der Begründungsergänzungsbeschluss vom 9. Dezember 2024 den Planfeststellungsbeschluss vom 29. August 2023 lediglich − gestützt auf § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG − punktuell ergänzt, indem er das Beteiligungsverfahren zur Unterlage "Schlussbericht vom 03.02.2023 - B 173 OU Flöha - Ausführungen zum Klimaschutz" (im Folgenden: Fachbeitrag Klimaschutz) in den Sachverhalt und die Entscheidungsgründe des Planfeststellungsbeschlusses einbezieht, ist auf das Bundes-Klimaschutzgesetz in der o. g. Fassung aus dem Jahre 2021, die noch sektorenbezogene jährliche Minderungsziele vorsah (vgl. § 4 Abs. 1 KSG), und nicht auf die inzwischen durch Art. 1 des Gesetzes vom 15. Juli 2024 (BGBl. I Nr. 235) beschlossene Neufassung, derzufolge es nicht mehr auf die zulässigen Jahresemissionsmengen je Sektor, sondern auf die Gesamtmengen ankommt, abzustellen (vgl. zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei Planänderungs- und -ergänzungsbeschlüssen BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - BVerwGE 176, 94 Rn. 163 m. w. N.).

224 b) Der Senat hält an den vorgenannten Maßstäben zur Prüfung der Berücksichtigungspflicht des § 13 KSG fest.

225 Die Kläger haben angeregt, der Senat möge seine bisherige Rechtsprechung zu § 13 KSG überdenken. Ihrer Auffassung nach ist eine Gefährdung der Zielerreichung jedenfalls dann gegeben, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung in dem betrachteten Sektor die Vorgaben aus Anlage 2 zu § 4 KSG überschritten sind, hier also die Vorgaben für den Verkehrssektor nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 KSG. Denn in diesem Fall trügen die vorhabenbedingten Emissionen unweigerlich zu einer (weiteren) Überschreitung der Jahresemissionsmengen bei. In einer solchen Situation müsse die Planfeststellungsbehörde nachsehen, ob ein schlüssiges Minderungskonzept vorliege, z. B. ein konkretes Sofortprogramm, das die Billigung des Expertenrats für Klimafragen nach §§ 11, 12 KSG gefunden habe. Sei dies nicht der Fall, könne die Gefährdung der Klimaziele durch das konkrete Projekt nicht verneint werden (vgl. zu diesem Ansatz auch Verheyen/​Heß u. a., NVwZ 2023, 113 ff.; vgl. zur Kritik an der Senatsrechtsprechung auch Sangenstedt, NVwZ 2025, 142 <144, 149>). Nicht beachtlich sei in diesem Zusammenhang das Argument, die von dem Vorhaben verursachte Treibhausgasmenge liege im Promillebereich (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 23. März 2022 - 1 BvR 1187/17 - BVerfGE 161, 63 Rn. 143 sowie Britz, NVwZ 2022, 825 <830> "unzulässiger Fundamentaleinwand"). Dass die Klimaziele im Verkehrssektor in den Jahren 2021 und 2022 verfehlt worden seien, ergebe sich aus dem Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 30. November 2023 - 11 A 1/23 - (juris Rn. 2 und 6).

226 Diese Erwägungen rechtfertigen keine Neuausrichtung der Senatsrechtsprechung. Wie in der mündlichen Verhandlung bereits ausgeführt wurde, hat der Senat mit dem von den Klägern kritisierten Hinweis auf "einen äußerst untergeordneten Anteil von höchstens einem Zehntel Promille" in seinem Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - (BVerwGE 175, 312 Rn. 96) lediglich das Beklagtenvorbringen in indirekter Rede wiedergegeben; in der nachfolgenden zusammenfassenden Begründung derjenigen Erwägungen, die nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden waren, wird das Promilleargument demgegenüber nicht wiederholt. Entscheidungstragend wird vielmehr auf Folgendes abgestellt (BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 97):
"Der Beklagte hat zutreffend erkannt, dass das Projekt nicht zum Klimaschutz beiträgt, sondern den Klimaschutzzielen vielmehr entgegenwirkt. Dass er dies nicht zum Anlass genommen hat, von der Planung Abstand zu nehmen, und dem Klimaschutzgebot keine Beschränkung auf die Planfeststellung ausschließlich klimaneutraler Straßenvorhaben entnommen hat, ist nicht abwägungsfehlerhaft. Das Bundes-Klimaschutzgesetz und die in ihm festgelegten konkreten Klimaschutzziele richten sich in erster Linie an den Gesetzgeber, in dessen Entscheidung es liegt, wie er innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit in den einzelnen Sektoren die Klimaziele erreichen will. Ein Verzicht auf den Bau von Straßen ist kein im Rahmen der politischen und umweltschutzfachlichen Klimaschutzdiskussionen besonders propagiertes Ziel; erst recht hat es im Bundes-Klimaschutzgesetz keinen Niederschlag gefunden. Für den Verkehrssektor sind als Steuerungsmaßnahmen für einen klimagerechten Verkehr acht Bausteine im Gespräch, die ordnungsrechtliche, ökonomische und infrastrukturelle Instrumente umfassen und die Elektrifizierung und Effizienz von Pkw und Lkw, den Abbau klimaschädlicher Subventionen, eine verursachergerechte Bepreisung, Geschwindigkeitsbegrenzungen, den Ausbau des Schienenverkehrs, die Stärkung des Öffentlichen Nahverkehrs, Rad- und Fußverkehrs sowie postfossile Brennstoffe betreffen (vgl. Umweltbundesamt, Klimaschutzinstrumente im Verkehr, Bausteine für einen klimagerechten Verkehr, Stand 19. Mai 2022, veröffentlicht auf der Webseite des Umweltbundesamtes www.umweltbundesamt.de); die Reduzierung des Baus neuer Straßen gehört nicht dazu. Das Erfordernis von Infrastruktur auch für den Individualverkehr wird als solches nicht in Frage gestellt. In der anstehenden Bedarfsplanüberprüfung sollen künftig auch die möglichen Auswirkungen des Bundes-Klimaschutzgesetzes in geeigneter Weise berücksichtigt werden (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 29. Oktober 2020 auf eine Kleine Anfrage, BT-Drs. 19/23823 S. 3); es gibt aber kein Moratorium für den im Bundesverkehrswegeplan 2030 vorgesehenen Straßenbau. Hierüber zu entscheiden ist Aufgabe des Gesetzgebers und nicht der einzelnen Planfeststellung. Deswegen stellt es auch kein Abwägungsdefizit dar, dass der Planergänzungsbeschluss die voraussichtliche Verfehlung der Klimaziele im Verkehrssektor nicht eigens erwähnt."

227 An diesen Annahmen hält der Senat fest. Selbst wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses die Zielverfehlung im Verkehrssektor festgestanden und kein schlüssiges Minderungskonzept vorgelegen hätte, führte dies nicht automatisch dazu, dass jedes Vorhaben im Verkehrsbereich gegen § 13 KSG verstößt. Eine solche Schlussfolgerung war im Bundes-Klimaschutzgesetz in der hier maßgeblichen Fassung − wie ausgeführt − nicht angelegt. Dieses sah bei Zielverfehlungen andere Instrumentarien vor, insbesondere Sofortprogramme nach § 8 KSG, nicht aber eine vorübergehende Aussetzung von Genehmigungen (Moratorium) oder gar eine endgültige Nichtzulassung jedes weiteren klimaschädlichen Projekts im Verkehrsbereich.

228 Es bleibt somit dabei, dass die Klimaschädlichkeit des Vorhabens nach § 13 KSG, insbesondere auch in Bezug auf die Auswirkungen auf den Landnutzungssektor, bei der konkreten Abwägung berücksichtigt werden musste. Ebenso bleibt es dabei, dass es für die Bewertung dieser Auswirkungen bislang keine rechtlichen Vorgaben gibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 102). Immerhin liegen aber inzwischen erste Leitfäden und Handreichungen vor, an denen sich die Planfeststellungsbehörde orientieren kann (vgl. zum Umgang von Behörden und Gerichten mit "in den einschlägigen Fachkreisen und der einschlägigen Wissenschaft <...> allgemein anerkannten Maßstäben und Methoden" sowie zum Umgang mit einem fachwissenschaftlichen "Erkenntnisvakuum" BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 1 BvR 2523/13 u. a. - BVerfGE 149, 407 Rn. 25 ff.). Zu nennen sind insbesondere das Ad-hoc-Arbeitspapier der FGSV zur Berücksichtigung von großräumigen Klimawirkungen bei Straßenbauvorhaben (Stand Dezember 2023, im Folgenden: Ad-hoc-Arbeitspapier) und die Hinweise des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr zur Berücksichtigung der großräumigen Klimawirkungen in der Vorhabenzulassung, die sich auf die dem vorgenannten Arbeitspapier zugrundeliegenden Forschungsvorhaben beziehen (Stand 16. Dezember 2022, VkBl. 2023, 70 ff., im Folgenden: BMDV-Hinweise).

229 c) Hiervon ausgehend greift die Kritik der Kläger gegen den Begründungsergänzungsbeschluss vom 9. Dezember 2024 bzw. gegen den diesem zugrundeliegenden Fachbeitrag Klimaschutz nicht durch.

230 aa) Die von den Klägern im Fachbeitrag vermissten Ausführungen zur Möglichkeit der CO2 mindernden Bauausführung (etwa konkrete Vorgaben zu den zu verwendenden Rohmaterialien wie Bitumen, Splitt und Brechsand, die wesentlich zur Umweltbilanz von Asphaltbelägen beitragen, oder Vorgaben zur Verwendung von Recycling-Asphalt oder Niedrigtemperaturasphalt) betreffen Fragen der späteren Bauausführungsplanung. Sie gehören deshalb nicht zwingend schon in den Planfeststellungsbeschluss bzw. in die planfestgestellten Unterlagen, auch wenn entsprechende Vorgaben durchaus zweckdienlich erscheinen. Hiervon gehen auch die o. g. Leitfäden und Handreichungen aus (vgl. BMDV-Hinweise unter IV <VkBl. 2023, 74> sowie Ad-hoc-Arbeitspapier, S. 30 f.).

231 Ebenso wenig überzeugt die Rüge der Kläger, die Angaben im Fachbeitrag Klimaschutz auf Seite 19 und in Tabelle 4-4 zum Sinken der Fahrleistung des Leichtverkehrs im Prognose-Planfall seien unplausibel, denn sie stünden in diametralem Gegensatz zu der von der Planfeststellungsbehörde angenommenen Verlagerung von Verkehrsströmen durch die verkehrliche Aufwertung der Strecke und damit der Erhöhung des Pendlerpotentials. Der Beklagte hat hierzu nachvollziehbar erwidert, dass der Planfeststellungsbeschluss an der von den Klägern angegebenen Stelle (S. 362 f.) erläutere, dass es zwar durch die demographische Entwicklung zu einem Rückgang der Verkehrsbelastungen kommen werde, dieser aber durch mit der verkehrlichen Aufwertung und dem erhöhten Pendleraufkommen verbundene Verkehrsströme "im Wesentlichen wieder ausgeglichen" werde. Hierzu stehe die Aussage im Fachbeitrag nicht im Widerspruch, denn es gehe um ein marginales Sinken, nämlich um einen Rückgang von 1,5 % im Vergleich zum Prognosenullfall.

232 Das Fehlen einer Betrachtung verschiedener Szenarien für den Leichtverkehr hat der Beklagte ebenfalls plausibel erläutert. Da es nur beim Schwerverkehr zu einem erheblichen Anstieg komme (Verdoppelung der Verkehrsmengen), war die Betrachtung nur hier, nicht aber auch beim Leichtverkehr, geboten. Zum anderen folge der Fachbeitrag für Leicht- und Schwerverkehr derselben fachgerechten Methodik, indem er auf die in Tabelle 4-4 dargestellte Fahrleistung in Betriebskilometern pro Tag abstelle. Dies entspreche den Vorgaben der einschlägigen Fachleitfäden bzw. Arbeitspapiere.

233 Des Weiteren machen die Kläger methodische Mängel bei der Bewertung der Lebenszyklusemissionen geltend. So gehe der Fachbeitrag Klimaschutz methodisch nach Mottschall und Bergmann (2013) vor, obwohl er auf Seite 9 selbst angebe, dass die Herleitung der Emissionsfaktoren nach dieser Methode aktualisierungsbedürftig und mit Unschärfen verbunden sei und es deshalb alternative Ansätze gebe. Die Kritik überzeugt nicht. Die Ausführungen müssen vor dem Hintergrund der dem Fachbeitrag zugrundeliegenden "Arbeitshilfe zur Erstellung eines Fachbeitrags Klimaschutz für Straßenbauvorhaben in Mecklenburg-Vorpommern - Ad-Hoc Arbeitshilfe Klimaschutz" vom 31. März 2022 gesehen werden. Dort wird auf Seite 32 ausgeführt, dass aktuell für Mecklenburg-Vorpommern keine besseren Zahlen vorliegen, sodass trotz der im Fachbeitrag angesprochenen Defizite die Orientierung an Mottschall und Bergmann weiterhin eine geeignete fachspezifische Methode darstelle. An dieser Arbeitshilfe durfte sich der Fachbeitrag Klimaschutz orientieren.

234 bb) In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger ergänzend vorgetragen, im Begründungsergänzungsbeschluss fehle eine Auseinandersetzung mit der Frage der Klimazielverträglichkeit in Bezug auf die Landnutzung; dies stehe im Widerspruch zu den BMDV-Hinweisen.

235 Das Vorbringen ist angesichts der prozessualen Besonderheiten (erst später in das Verfahren eingeführter Begründungsergänzungsbeschluss) nicht verspätet, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

236 Den BMDV-Hinweisen zufolge ist eine Inanspruchnahme von für den Klimaschutz wertvollen Böden und Biotopen zu vermeiden. Hierbei geht es um CO2-Senken und -speicher; konkret genannt werden Moore, Grünland, Wälder und Gehölze. Nähere Angaben werden in den Hinweisen allerdings nur zu Mooren gemacht; insoweit wird eine Orientierung an der sechsstufigen Skala in Anlage 1 zur Bundeskompensationsverordnung empfohlen. Demgegenüber wird von einer Bilanzierung der Biomasse von Wäldern und anderen gehölzdominierten Biotopen abgeraten, da diese abhängig vom Standort stark variierten. Es folgen Vorschläge zur Kompensation nicht vermeidbarer Eingriffe. Würden durch das Straßenvorhaben Böden oder Biotope mit Funktionen als Treibhausgasspeicher oder Treibhausgassenke (vgl. Anlage 1 zur Bundeskompensationsverordnung) tangiert, sei dieser Belang im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zu berücksichtigen (vgl. genauer BMDV-Hinweise, VkBl. 023, S. 78 f.).

237 Hiervon ausgehend greift die Begründung im Ergänzungsbeschluss zwar zu kurz, denn dieser stellt allein darauf ab, dass das derzeit maßgebliche Ad-hoc-Arbeitspapier aus Dezember 2023 eine Berücksichtigung landnutzungsbedingter Treibhausgasemissionen nur vorsehe, wenn das Vorhaben besonders hochwertige Böden, Vegetationskomplexe oder Biotope in Anspruch nehme; dies sei im Untersuchungsgebiet nicht der Fall, wie sich im Einzelnen aus dem Klimaschutzbeitrag (S. 31 ff.) ergebe. Richtigerweise hätte sich der Begründungsergänzungsbeschluss auch mit den in den BMDV-Hinweisen genannten Kompensationsfragen befassen müssen. Insoweit bestehen aber keine Anhaltspunkte für einen durchgreifenden Rechtsfehler, denn die Kompensation wird typischerweise schon mit der Eingriffsregelung abgedeckt, worauf der Fachbeitrag Klimaschutz zutreffend hinweist (vgl. S. 35 unten). Dass hier unter Klimaschutzaspekten Besonderheiten bestanden, weil etwa Moore oder Wälder mit besonderer Klimafunktion beeinträchtigt werden, haben die Kläger nicht vorgetragen.

238 7. Der festgestellte Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a WRRL und § 27 Abs. 1 WHG berührt ohne Weiteres im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwRG Belange, die zu den Zielen gehören, die die Kläger nach ihrer Satzung fördern. Außerdem besteht die nach § 2 Abs. 4 Satz 2 UmwRG für die Begründetheit der Klage erforderliche Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung.

239 B) Der Verstoß führt nach § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 3 FStrG a. F. nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern hat zur Folge, dass dieser für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären ist. Denn der Mangel kann durch ein ergänzendes Verfahren, in dem die unterbliebene Prüfung nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a WRRL und § 27 Abs. 1 WHG hinsichtlich des Oberflächenwasserkörpers Zschopau 2 nachgeholt wird, sowie durch Planergänzung geheilt werden, wenn sich dies nach dem Prüfungsergebnis als notwendig erweist.

240 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.